18640330_ltb00121864_Komiteebericht_Heereserg_nzungsgesetz

Dateigröße 734.1 KB
Aktenzahl/Geschäftszahl
Letzte Änderung 03.07.2021, 06:07
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp01,ltb0,ltb1864,lt1864,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-28
Erscheinungsdatum 2021-06-28
Unterausschüsse
Kommissionen/Kuratorien
Verbände/Konkurrenzen
Verträge
Publikationen Landtag-Komiteebericht
Aktenplan
Anhänge
Inhalt des Dokuments

Lomite-Rerichl über den Antrag betreffend, die Abänderung des Heeresergänzungs-Gesetzes, die Gestattung des Lostausches, so wie des Taxerlages bis nach vollzogener Losung. Hoher Landtag! Immer lauter und eindringlicher erhebt das Volk seine Stimme gegen das seit seinem sechsjährigen Bestände immer drückender fallende Heeresergäuzungs-Gesetz vom 29. September 1858 und den diesem angehängten provisorischen Amtsunterricht. Willig stellte das Land seine Söhne zur Leistung der Militärpflicht im Dienste des Kaiserjäger-Regi­ ments nach Vorschrift der für die Completirung dieses Regiments gegebenen Instruction vom Jahre 1819 und des dazu erschienenen Amtsunterrichtes vom Jahr 1828, wornach den speciellen Verhältniffen des Landes die gebührende Rechnung getragen; klar und einfach, schnell und unpartheiisch das Geschäft der jährlichen Regiments - Completirung zur allgemeinen Zufrieoenheit abgewickelt und dieses Regiment aus Elementen zusammengesetzt wurde, die ihm eine hervorragende Stellung in den Reihen unserer tapfe­ ren Armee einräumten. Um es mit Einem Worte zu sagen, die Kaiserjäger wußten sich der höchsten Auszeichnung, daß ihr Regiment den Namen Sr. k. k. apostolischen Majestät führen durfte, stets würdig zu machen. Es hat sich der Glaube thatsächlich begründet, daß jene Institutionen, die ein so ausgezeichnetes Regiment zu schaffen vermochten, in ihrer Einführung oder Adaptirung auf das ganze Reich von segenrei­ chen Folgen begleitet sein müßten. Dagegen erfüllt nun Mißstimmung das Land und jeden, der es weil Oesterreich aufrichtig meint, darüber, daß durch das System des neuen Heeresergänzungs-Gesetzes mit mehr, als es die Reichseinheit erfordert, die speciellen Verhältniffe des Landes gänzlich bei Seite gesetzt und die Reinheit und Tüchtig­ keit des Reglements durch Einfügung fremdartiger Bestandtheile verkümmert werde. Daher fühlte sich das Comile verpflichtet, den ihm zur Berathung vorliegenden Antrag auf Erlas­ sung eines neuen Heeresergänzungs-Gesetzes auf Grundlage der früheren erfahrungsgemäß erprobten Normen zur Ergänzung des Kaiser Franz Josef I- Tiroler Jägerregimentes einem ernsten Studium zu unterziehen und glaubt zur näheren Begründung dieses Antrages auf nachstehende hervorragende Uebelstände des gegenwärtigen Gesetzes um so mehr Hinweisen zu sollen, als sowohl der hohe Landtag als sämmtliche k. k. politische Behörden des Landes schon seit Jahren mit allem Nachdrucke in dieser Lebensfrage des Landes, gleichwohl vergebens gegen die meisten dieser Uebelstände ihre Stimme erhoben. I. Das gegenwärtige Gesetz klammert sich an höchst complicirte, zeitraubende und kostspielige Manipu­ lationen: ' a) in Zusammensetzung der Commissionen, b) in Anfertigung der Tabellen und Ausweise. ad a) Während früher nur Eine einzige Commission, bestehend aus einem politischen Commissär in loco, sohin ohne Kosten und einem Subaltern-Officier mit geringen Diäten nebst ärztlichen Personale die Assentirung vornahm: sind nach dem gegenwärtigen Gesetze zwei verschiedene Commissionen, nemlich; 1. zur Entscheidung über die Befreiungsansprüche, und 2. zur Vornahme der Stellung aus einem Hauptmann und Subaltern-Officier und einem eigenen Statthalterei-Commissär nebst ärztlichen Personale zusammen gesetzt, welche die politischen Bezirke brrei- seil und wochenlange Verhandlungen Pflegen, da doch früher das ganze Geschäft in wenig Tagen ab­ gewickelt war. ad b) Der provisorische Amtsunterricht zum neuen Heeresergänzungs-Gesetz erscheint durch Vor­ schreibung von 32 Formularien mit 482 Rubriken als eine nutzlose Geisel für die mit Ausführung des Stellungs-Geschäfts betrauten Organe gegenüber den früheren einfachen Vorschriften zur Ergänzung des Kaiserjäger-Regiments, welche nur sechs Ausweise, nemlich: die Geburtslisten, Classiftcations-Listen, Lo­ sungslisten, Affentlisten, Widmungsrollen und eine einfache statistische Nachweisung kennen. II. Während früher die politischen Behörden im geregelten Jnstanzenzuge über die in privatrechtlichen und politischen Verhältnissen wurzelnden Befreiungstitel entschieden, haben nach gegenwärtigem Heeresergänzungs-Gesetze die militärischen Mitglieder der Kommission, die von den in Frage stehenden Verhältnissen gar keine Kenntniß haben, und sich daher nur auf die Ansichten der übrigen Commissions-Mitglieder stützen müssen, eine entscheidende Stimme. III. Während nach den §§. 11 und 18 des Amts-Unterrichtes vom Jahre 1828 die Befreiungstitel in erster Instanz vom Landgerichte, in zweiter Instanz vom Kreisamt und in dritter Instanz von dem Landes-Gubernium gewürdigt wurden; ist die Ausscheidung der zum Militärdienst nicht Qualiftcirten Sei­ tens der ersten Instanz durch den §. 26 des Heeresergänzungs-Gesetzes und §. 12 der bezüglichen provisorischen Amtsinstruction auf ein solches Minimum reducirt, daß sehr viele zur Losung zugelassen werden, von denen jedermann von Vornherein einsieht, daß sie zum Militärdienst nicht qualificirt sind und im Falle eines Treffloses jedenfalls ausgeworfen werden, wodurch es geschieht, daß auch die höheren Losnummern nicht annäherungsweise Sicherheit gewähren. Diese Procedur ist dem Volke verhaßt und auch der Land­ tag unseres Nachbarlandes Tirol hat um Modification der citirten zwei Paragraphen petitionirt. Es will dem praktischen Verständniß des Landmannes nicht in denn Sinn, warum denn jener Losungspflich­ tige, der nach dem einstimmigen Erklären des ganzen, in dieser Beziehung gewiß sehr difficilen Losungsdistricts zum Militärdienst nicht qualificirt ist, dennoch mitlosen soll, um auf diese Art eine peinliche Un­ sicherheit in den Losungsvorgang zu bringen. Es darf ferner hier nicht unerwähnt bleiben, daß während sonst in allen übrigen politischen An­ gelegenheiten auch der geringfügigsten Art bei verschiedenartigen Entscheidungen ein dreifacher Instanzen­ zug offen steht, in einer oft für das ganze Leben so wichtigen Angelegenheit nur der Ausspruch zweier Instanzen, nemlich der Befreiungs-Commission und der k. k. Statthalterei, ja bei dkfferirenden Ansichten nur der zweiten, mit der Sachlage weniger vertrauten Instanz, mit Ausschluß jeden weiteren Recurses maßgebend ist. IV. Die Bestimmungen der Befreiungstitel des §. 13 des Heeresergänzungs-Gesetzes erscheinen, insbe­ sondere den speciellen Verhältnissen des Landes gegenüber viel zu strenge und in ihrer Ausführung un­ genügend, da die Norm, daß die Erhaltung der Familie vom Sohne abhängen muß, sehr elastischer Natur ist. Die Gesetzgebung selbst fühlte diesen Uebelstand, der die allerhöchste Entschließung vom 15. Decbr. 1858 provocirte, wornach vom Buchstaben des Gesetzes abgegangen und mehr nach dem Geiste des Gesetzes entschieden werden sollte. Doch kann man sich nicht verhehlen, daß durch diesen verblüm­ ten Rückzug von der Härte des Gesetzes der Willkühr Thür und Thor geöffnet, und die entscheidenden Organe selbst in eine peinliche Lage versetzt werden. Diesem gegenüber erscheinen die präcisen dießfälligen Bestimmungen der früheren CompletirungsJnstruction im vortheilhaftesten Lichte. V. Die Normen des §. 21 des Heeresergänzungs-Gesetzes sind für das Land Vorarlberg, in welchem untheilbare Bauerngüter eine Ausnahme, hingegen aus walzenden Grundstücken gebildete Bauerngüter die Regel sind, gänzlich ungenügend. Dagegen bilden die bezüglichen Bestimmungen des Amtsunterrichtes vom Jahre 1828, welche den aufgeführten Verhältnissen Rechnung tragen, ein schätzbares Materiale für eine künftige Norm darüber, unter welchen Bedingungen Bauerngutsbesitzer im Vorarlberg vom Militärdienste zu befreien sind. VI. Die im §. 20, Z. 17, lit. a des Heeresergänzungs-Gesetzes vorkommende Bestimmung, daß Studie­ 3 rende, um vom Militärdienste befreit zu sein, aus allen Fächern die Vorzugsklasie nachzuweisen haben, ist eine so rücksichtslos strenge, daß hierdurch die bezügliche Militärbefreiung für sie fast ganz ausgehoben wird. Der Erhalt der Vorzugsklasie aus allen Fächern ist oft weit mehr Sache des Zufalls, als des -Talentes und Fleißes; er ist eine seltene Erscheinung und es ist eine der härtesten Maßregeln, einen Jüngling nach so bedeutenden Opfern an Geld und Zeit, bei Talent und Fleiß seinem Beruf zu ent­ ziehen. Ganz zweckmäßig erscheinen dagegen die Normen des früheren Gesetzes vom Jahre 1828 und es ist dem obersten Grundsätze: „Gleichheit Aller unter gleichen Verhältnisien vor dem Gesetze" entsprechend, wenn die Studierenden überhaupt so behandelt werden, wie dieß der §. 14, lit. b des Heeresergänzungs­ Gesetzes für die Theologen vorschreibt. Oder sollte es der Wichtigkeit des Berufes eines Volkslehrers, zu welchem sich der Theologe her­ anbildet, entsprechen, daß nur diesem Zweige des Studiums allein minderbefähigte Leute erhalten bleiben? Erkennt aber das Gesetz hinsichtlich der Theologie diejenigen für genügend befähigt an, um sie ihrem Berufe zu erhalten, welche sich in allen Fächern mit der ersten Fortgangsklasie ausweisen können: so ist kein haltbarer Grund vorhanden, warum man nicht auch bei anderen Universitätsstudien nach diesem Grundsätze vorgehen sollte. VII. Der §. 42, lit. e des Heeresergänzungs- Gesetzes, wornach der für einen Abwesenden eventuell assentirte Nachmann, wenn sein Vormann erst nach Ablauf von vier Monaten zu Stande gebracht und affentirt wird, nicht mehr entlassen werden soll, ist eine so gegen alles Billigkeits-Gefühl verstoßende Bestimmung, daß sich deren Aufrechthaltung ohne die wichtigsten Gründe nimmermehr rechtfertigen läßt. Umsonst sieht sich der praktische Sinn unseres Volkes nach solchen Gründen um; es wollen ihm keine solchen einleuchten, weil ungeachtet des Mangels dieser strengen Bestimmung die Completirung des Kaiserjäger-Regiments ehemals in vollkommen entsprechender Weise erfolgte. Man hört hin und wieder als Grund bezeichnen, daß der eventuell asientirte Nachmann während der ersten vier Monate einiges Exercitium erhält, dessen Nachholung, wenn er später entlassen und statt seiner ein Neuling eintreten würde, Störung verursachen könnte. Dagegen wäre aber zu erinnern, daß solche eventuell asientirte Nachmänner ohnedieß auf vier Monate beurlaubt zu werden pflegen, daher erst nach Ablauf derselben die Erlernung des Exercitiums mit ihnen beginnen kann, und daß überhaupt dieser Grund zu wenig important ist, um damit eine so strenge Maßregel rechtfertigen zu können. VIII. Eine der größten Calamitäten, die das neue Heeresergänzungs-Gesetz über unser Land verhängt hat, ist wohl die Aufhebung der im §. 16 der Vorschriften zur Ergänzung des Kaiserjäger-Regiments enthaltenen Bewilligung zum Lostausche. Die in diesem Paragraph enthaltenen Bedingungen des Lostausches sind von der Art, daß sie 'jedes gegen denselben vorzubringende Bedenken zu heben geeignet sind. Das Comite kann nicht umhin, diesen wichtigen Gegenstand einer näheren Erörterung zu unterziehen und stellt de lege ferenda den Grundsatz auf: Der Lostausch ist in ein Heeresergänzungs-Gesetz aufzunehmen, wenn er der Kriegstüchtigkeit des Regimentes einerseits keinen Abbruch thut und andererseits dem Lande bei Prästation der Wehrpflicht eine bedeutende Erleichterung gewährt. Der Lostausch thut der Kriegstüchtigkeit des Regimentes keinen Abbruch; weil 1. ohnehin beide Lostauscher zum Eintritt in das Militär berufen sind, und nur der blinde Zufall die Entscheidung bringt, welcher von beiden zu assentiren ist. 2. Derjenige, welcher, um zum Militärdienste eintreten zu können, mit einem Andern das Los tauscht, fühlt in eben dem Grade mehr Lust und Liebe und Tüchtigkeit zu diesem Beruf, als sein Gegner, welcher aus angeborner Abneigung oder jm Gefühle seiner physischen oder moralischen Schwäche, oder durch ander­ weitige Verhältnisse von dem Beruf eines Militärs abgezogen, alles aufbietet, sich dem Kriegsdienste zu entziehen. Aus Ersterem bildet sich ein Berufssoldat heran, während der Letztere nie Liebe zu diesem Berufe fühlen' wird. Daß aber Berufssoldaten die Armee kriegstüchtiger machen als Zwangssoldaten, bedarf wohl keines weiteren Beweises. 3. Daß der Lostausch der Kriegstüchtigkeit keinen Abbruch thut, bestätigen ferner die Annalen der Geschichte des Kaiserjäger-Regimentes, welches auch in jenen Perioden, als der Lostausch gesetzlich zu­ lässig war, den Waffenruhm der österreichischen Armee glänzend bewährte. Und schallt man hin auf jene Männer, welche in den Reihen des Kaiserjäger-Regiments vor anderen hervorragten, so finden wir unter 4 ihnen eine namhafte Zahl solcher, die mittelst Lostausch, den Verns eines Soldaten'in sich fühlend, nach dem Drange ihres Herzens sich demselben Hingaben. 4. Da in Gemäßheit des §. 95 des Amtsunterrichtes zum Heeresergänzungs-Gesetze sogar abgestrafte Verbrecher, wenn sie das Los trifft, ohne Unterschied assentirt werden müssen, so kann die hin und wieder vorgebrachte Einwendung, daß man durch den Lostausch minder verläßliche Leute für die Armee erhalte, um so weniger statthaft sein, als ja 5. die Annahme des Lostauschers ganz in die Hände des Militärs gelegt werden kann, welches nur einen solchen Mann, der in physischer und moralischer Beziehung allen Anforderungen vollkommen entspricht, anzunehmen braucht. In der Praxis kam hiebei der Fall nicht selten vor, daß die als Los­ tauscher Angenommenen weit schönere und für den Kriegsdienst besser qualificirte Leute waren, als die­ jenigen, welche das Los zur wirklichen Einreihung getroffen hatte. 6. Man suchte zwar durch Werbung von Freiwilligen im Lande dem durch Ausschließung des Los­ tausches hervorgerufenen Uebelstand einiger Maßen zu begegnen; allein hierdurch geht jedes Gefühl der persönlichen Wehrpflicht im Volke ganz verloren; auch stehen die Freiwilligen den Lostauschern in ihrer Qualification häufig nach und können nicht einmal wie diese so leicht zurückgewiesen werden. 7. Endlich kann auch der Einwendung, daß durch den Lostausch das Regiment demoralisirt werde, indem der Lostauscher das für den Eintritt in das Militär erhaltene Geld meistens verschlemme, durch eine ähnliche Vorsichtsmaßregel wie früher bei den Einstandsmännern bezüglich der Einstands-Kapitalien, leicht vorgebeugt werden, wornach dem Manne nur die Renten der für den Lostausch erhaltenen Summe zur freien Disposition gestellt, die Verwendung des Kapitals selbst aber für die Dienstdauer an höhere Bewilligung gebunden wird. Andererseits ergaben sich aus dem Institute des Lostausches für das Land, dann für die Familien und Angehörigen der Lostauscher bedeutende Vortheile, wie sich aus nachstehender Darstellung ergibt: 1. Nach Aufhebung des Lostausches gab es für diejenigen, denen es ihre Verhältnisse nicht gestatteten, in den Militärdienst zu treten, oder die vor diesem Berufe eine unüberwindliche Abneigung hatten, kein anderes Mittel als den Taxerlag, welcher aber bei der Höhe des dießfälligen Ansatzes ein den Wohlstand des Landes selbst in bedrohlicher Weise gefährdender Geldabzugs-Canal genannt werden muß, wie nach­ stehende statistische Uebersicht darthut: Berzeichniß der seit dem Jahre 1859 aus Vorarlberg abgeflossenen Militärbefreiungstaxcn. Nr. t 2 3 4 5 Losungsjahr. Anzahl der Tarerleger. Gesammtsumme der erlegten Tarbeträge in fl. ö. W. Anmerkung. 1859/60 1860/61 1861/62 1862/63 1863/64 8 100 42 32 16 12, 000 120, 000 50, 000 38, 400 19, 200 Die Taxe betrug per Kopf 1500 fl. ö. W. Die Taxe betrug per Kopf 1200 fl. ö. W detto. detto. detlo. 198 240, 000 Summa . Diese Summe überschreitet die Leistungsfähigkeit eines Landes von nicht viel mehr als 100, 000 Seelen im weiteren Hinblick auf den Umstand, daß dieses Capital größtentheils der bäuerlichen Bevöl­ kerung entnommen ist, deren Grundbesitz in der Regel gering und vielfältig eingeschuldet ist. 2. Dagegen blieben jene Capitalien, welche den Lostauschern für ihren Eintritt in den Militärdienst zufielen, im Lande, und dienten dazu, daß der Lostauscher nach Beendigung der Militärdienstzeit sich eine Existenz gründen oder seinen Angehörigen eine bedeutende Stütze in Aufrechthaltung ihrer Bauern = wirthschaften zuwenden konnte. Dieser wichtige Zweck kann um so mehr durch Einführung der oben unter Z. 7 angedeuteten Vorsichtsmaßregeln erreicht werden. 3. Durch den Lostausch wird jenen Losungspflichtigen, welche eine besondere Abneigung vor dem Kriegsdienst haben, oder allenfalls einen nicht ganz anerkannten oder nicht zu erweisenden Vefreiungstitel besitzen, selbst nach gezogenem Tresfloose ein Ausweg eröffnet, der sie aus einer oft qualvollen und für ihre Familie verhängnißvollen Situation erlöst. Es erleichtert in dieser Beziehung der Lostausch auch die für einen gewissenhaften Mann sehr heikle Beurtheilung der Befreiungstitel. Die ganze Bevölkerung des Landes hängt an der bereits eingebürgerten Uebung des Lostausches, 5 und da derselbe gezeigter Maßen in keiner Beziehung einen nachtheiligen Einfluß äußert, dagegen von sehr wohlthätigen Wirkungen begleitet ist, so glaubt das Comite, daß die hohe Regierung nicht aus bloßem Vorurtheile dem Lostausche entgegentreten, sondern die früher hierüber bestandenen so wohlthätigen gesetzlichen Bestimmungen reactiviren solle. Der tiefgefühlteste einstimmige Dank des ganzen Volkes würde diesem Zugeständnisse gewiß sein. Die hohe Regierung scheint auch anfänglich selbst obige Ansichten getheilt zu haben, da dem Ver­ nehmen nach in dem ursprünglichen Entwürfe des Heeresergänzungs-Gesetzes in dem dritten Hauptstücke desselben die Gestattung des Lostausches enthalten war. Zwar wurde der bezügliche Passus aus dem Entwürfe gestrichen, ohne jedoch ein Verbot des Lostausches in das Heeresergänzungs ­ Gesetz aufzunehmen, daher selbes noch gegenwärtig durch kein Reichsgesetz direct ausgesprochen ist. Denn als ein solches definitives Reichsgesetz kann mau wohl den im Anhänge zu selbem erschienenen Amtsunterricht, der im §. 28 den Lostausch nun nicht mehr gestattet, nicht betrachten, da er eben nur ein Unterricht ist und sich selbst als nur „provisorisch" erklärt, daher jederzeit ohne Erlassung oder Modificirung eines Reichsgesetzes im administrativen Wege geändert werden kaun und um so mehr zu ändern ist, als er in dieser Beziehung offenbar weiter gebt, als das Heeresergünzungs - Gesetz selbst, obwohl er seiner Natur nach demselben nicht präjudiciren sollte. Wenn auch in den übrigen Ländern des Reichs, in denen die erhöhte Contingents-Stellung fast alle Jünglinge der aufgerufenen Altersklassen absorbirt, eben deßhalb die Nichtgestattuug des Lostausches koine so erheblichen Folgen nach sich zog: so treten dieselben jedoch in den Ländern Tirol und Vorarlberg bei ihren speziellen Wehrverhältnissen desto greller zu Tage, weßhalb der hohe Landtag schon in der 27. Sitzung des Jahres 1863 coniorm mit dem Tiroler Landtage dießfalls die dringendsten Petite aller­ höchsten Orts unterbreitet hat, welche ihrer gnädigen Gewährung entgegenharreu. IX. In innigem Zusammenhänge mit dem Heeresergänzungs - Gesetze stehen die Vorschriften über die Stellvertretung von Militär-Dienstpflichtigen mittelst Erlag der Befreiungstaxe. Mit allerhöchster Entschließung vom 10. Dezember 1849, Ministerial-Erlaß vom 23. Dezbr. 1849, Z. 5, de anno 1850 wurde wörtlich Folgendes verordnet: „Dagegen solle es auch künftig unter friedlichen Verhältnissen jedem zum Militär-Dienste Ver„pflichteten gestattet sein, sich zu was immer für einer Zeit vor oder selbst drei Tage nach „seiner Bestimmung zum Eintritt in den Militär-Dienst durch den baaren Erlag einer „Taxe von dieser Verpflichtung zu befreien." Mit hoher Ministerial-Verordnnng vom 21. Februar 1856, Nr. 27 (nachträglicher Erläuterung vom 23. Juni 1860, Z. 158) wurde in §§. 5 und 7 obige Bestimmung dahin abgeäudert, daß die Bewilligung zum Erlag der Militär-Befreiungs-Taxe schon in dem der Losung vorangehenden Monat October erwirkt werden müsse, und mit hoher Ministerial-Verordnung vom 27. Febr. 1856, Z. 31, wurde der Termin zum Taxerlag bis zum Anfangstag der Rekrutirung in dem Losungsbezirke des betreffenden Befreinngswerbers ausgedehnt. Seit solcher Zeit wurde der Taxerlag nach Vollzug der Losung in keinem Falle mehr gestattet. Die Staatsverwaltung zwingt sohin den Losungspflichtigen zum Abschluß eines Glückvertrags, statt ihm, im Falle er durch das Los zur wirklichen Einreihung in die Armee bestimmt ist, durch die Bewil­ ligung des Taxerlages jene Wohlthat zuzuwenden, die ihm die früheren Gesetze durch die Unterstellung eines Ersatzmannes gewährten. Dieser Vorgang, da er wohl hauptsächlich in dem Bestreben wurzelt, eine möglichst große Summe von Militär-Befreiungs-Taxen zu erzielen, macht den allerübelsten Eindruck auf das Volk, er erreicht aber auch andererseits diesen seinen Zweck nicht mehr, da, wie aus der sub VIII aufgeführten statistischen Nachweisung über die Taxerläge der letzten fünf Jahre zur Evidenz hervorgeht, dieselben in außerordent­ lichem Maßstabe sinken, indem die finanziellen Kräfte den Abschluß von derlei verderblichen Glücksver­ trägen in größerer Zahl nicht mehr gestatten. Auf diese Wei e wird aber auch die Reengagirung gedienter Leute immer seltener, daher es nicht nur den Anforderungen der Gerechtigkeit und Billigkeit, sondern selbst den spezifisch-militärischen Interessen entspricht, wenn mit Außerkraftsetzung der späteren Bestimmungen die ursprüngliche Norm der allerhöchsten Entschließung vom 10. Dezember 1849 reactivirt würde, wornach der Taxerlag auch drei Tage nach der Losung gestattet ist. Damals war die Befreiungs-Taxe auf 600 fl. sixirt, was zur Folge hatte, daß die erforderliche Zahl von Soldaten nicht zu Stande gebracht werden konnte. 6 Diese Folge lag aber nicht in dem Umstand, daß der Taxerlag anch nach der Losung gestattet war, sondern in der geringen Höhe der Befreiuugs-Taxe. Nachdem aber nunmehr dieselbe bis auf die nam­ hafte Summe von 1200 fl. erhöht wurde, deren Erlag ohnehin nur Wenigen möglich ist, und nachdem noch außerdem durch Verordnungen bestimmt werden kann, daß die Bewilligung zum Taxerlag nur den­ jenigen ertheilt werden soll, deren Vermögens-Verhältnisse, ohne sich finanziell zu ruiniren, die Bezahlung eines solchen Betrages erlauben, so dürsten wohl alle Bedenken gegen die Bewilligung zum Erlag der Befreiungs-Taxe nach der Losung behoben sein. Außer den bisher aufgeführten Gebrechen int Heeresergänzungs - Wesen haben sich bei Vergleichung der gegenwärtigen und früheren Gesetze wohl noch andere Jnconvenienzen herausgestellt, z. B. die An­ ordnung, daß sämmtliche Militär-Befreiungs-Ansprüche schon vor der Losung ausgetragen sein müssen, was eine Menge nutzloser und für die Partheien oft kostspieliger Erhebungen verursacht, das Geschäft der Heeresergänzung ungemein complicirt und erschwert, während es doch der Natur der Sache ange­ messen ist und durch den Amts-Unterricht vom Jahre 1828 (§. 18) zweckmäßig normirt wurde, daß die Befreiungs-Gesuche gleich nach der Losung angebracht werden, wodurch sich deren Zahl auf ein Minimum reducirt, weil von jenen, die Befreiungs-Ansprüche haben, oft nur wenige durch das Los getroffen werden, die Uebrigen aber keine Veranlassung haben, über ihre Befreiungs-Ansprüche eine Verhandlung und Entscheidung hervorzurufen. Das Comite will jedoch durch die detaillirte Anführung minder wichtiger Mängel seinen Bericht nicht noch mehr ausdehnen, und hält die bereits aufgeführten Gründe für wichtig genug, die Annahmedes nachstehenden Antrages des Abgeordneten Herrn Baron Sepffertitz dringendst zu empehlen, welcher lautet: Der hohe Landtag wolle beschließen: „Es feie die hohe Negierung zu ersuchen, in der nächsten Session des Reichsrathes ein neues Heeresergänzungs - Gesetz mit zu Grundelegung des im I. 1828 erschienen .Amtsunterrichtes zur Ergänzung des Kaiserjäger-Regiments' und der nachgefolgten Verordnungen in Vorlage zu bringen; — jedenfalls aber auf Grund des §. 19, a, der Landesordnung zu ge­ statten, daß schon bei der nächsten Stellung in Vorarlberg der Lostausch, wie derselbe bis zur Einführung des neuen Heeresergänzungs - Gesetzes v. I. 1858 im Lande bestanden hat, und der Erlag der Befreiungstaxe auch nach der Losung Platz greife." Bregenz, den 30. März 1864. Wilhelm Rhomberg m. p. Alois Riedl m. p., Berichterstatter. Gedruckt bei A. Flax in Bregen;.