18640403_ltb00141864_Bericht_Gebäranstalt_und_Irrenhaus

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Letzte Änderung 03.07.2021, 06:05
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp01,ltb0,ltb1864,lt1864,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-28
Erscheinungsdatum 2021-06-28
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des über die Uebernahme der Gebär-Anstalt und des Irrenhauses eingesetzten Fünfer-Ausschusses. Hoher Landtag! Das Abgeordneten-Haus des Reichsrathes beschloß in seiner 76. Sitzung vom 25. Januar d. I. einen aus neun Paragraphen bestehenden Gesetz-Entwurf über die Verpflegs-Gebühren in öffentlichen Gebär- und Irren-Anstalten, welcher Gesetz-Entwurf nach Durchberathung im Herrenhause auch am 17. Februar d. I. die allerhöchste Sanction erlangte. Der §. 8 dieses Gesetzes, — in der ursprünglichen, blos zur Regelung der gedachten Verpflegsgebühren entworfene Regierungs-Vorlage nicht enthalten, — spricht jedoch bei dieser Gelegenheit auch noch mehr als diese bloße Regelung aus; er setzt fest, „daß mit dem Beginne der Wirksamkeit dieses Gesetzes d. h. am 1. Januar 1865 die Gebär- und Irrenanstalten auch bort wo es bisher nicht der Fall war in die Verwaltung der Landesvertreiungen überzugehen haben-" In Ausführung dieser gesetzlichen Bestimmungen hat die k. k. Statthalterei in Folge Weisung des k. k. Staatsministeriums vom 23. Februar d. I., Z. 1116 mit Zuschrift vom 7. März, Z. 5919 sich an den Tiroler Landesausschuß gewendet um seine Meinung hierüber zu vernehmen und hat demselben die anliegenden 7 Artikel übermittelt, unter denen die Ausfolgung dieser Anstalten vorzunehmen sein wird. Der Landesausschuß der gefürsteten Grafschaft Tirol hat mit Zuschrift v. 10. März, Z. 841 der Statt­ halterei vorgestellt, daß 1. im Lande Tirol ein Irrenhaus für heilbare Irren in Hall und ein — bisher stets mit der Administration des Findelhauses vereintes — Gebärhaus in Trient bestehe; 2. daß über die Modalitäten der Uebernahme dieser zwei bisher vereinten Anstalten von denen nur eine allein an die Landesvertretungüberzugehen hat, genaue Bestimmungen zu vereinbaren sein werden; daß 3. dem Landtage in Tirol die entscheidende Entschließung über die Annahme der fraglichen Insti­ tute, sowie deren Bedingungen vorbehalten werden müsse; und daß 4. da diese Institute den beiden Ländern Tirol und Vorarlberg gemeinschaftlich seien, auch die Aeußerung des Vorarlberger Landtages einzuholen sein werde. In Folge Zuschrift des k. k. Statthalterei Präsidiums vom 20. März, Z. 750 gelangten nun auch die voraufgeführten Schriftstücke an den hohen Landtag mit der Bemerkung, daß sich der Fürst-Statt­ Halter an das Staalsministerium mit der Anfrage wende, wie sich dem thatsächlichen Verhältnisse gegen­ über, daß zwei Landesvertretungen dabei betheiligt seien, und daß die Gebühr-Anstalt mit der Findel­ Anstalt unter einer Administration vereinigt sei, zu benehmen sei. E§ geht ferner aus der Auseinandersetzung des Tiroler Landesausschusses hervor, daß vor einigen Jahren ein Theil der Gebär-Anstalt von Trient nach Innsbruck, jedoch nur zu Unterrichtszwecken, ver­ legt, — administrativ aber stets mit der Trienter Anstalt vereint belasten wurde. Zur Beantwortung der vom k. k. Statthalterei-Präsidium gestellten Fragen enipfiehlt das Comite dem hohen Landtage auf folgende Punkte sein Hauptaugenmerk zu richten: A. „Welche Anstalten umfaßt der §. 8 des Gesetzes vom 17. Februar d. I.?" B. „Was heißt das Wort „Verwaltung" dieses Paragraphes, in welchem Sinne ist dasselbe zu „verstehen, und welche neue Pflichten werden hiedurch dem Lande Vorarlberg überbunden?" ad A. Das Gesetz vom 17. Februar kann in seinem achten Paragraphen in Tirol und Vorarlberg nur auf drei Anstalten Anwendung finden, nämlich: 1. Auf die Prov.-Jrren-Heilanstalt in Hall; 2 2. auf die mit einer nicht zu extradirenden Findelanstalt vereinte Gebär-Anstalt alle Laste bei Trient; 3. auf die von letzterer aus Unterrichtszwecken abgezweigte Gebär-Klinik in Innsbruck. Vom höchsten Interesse und vor Allem nothwendig ist es, der Genesis dieser Anstalten nachzugehen und dieselbe mit der Entstehungsgeschichte gleichartiger Institute in den meisten andern Kronländern zu vergleichen. Während diese Anstalten anderer Kronländer zumeist aus den eigenen Fonds eben dieser Länder errichtet und dotirt wurden, wie dieses aus den Verhandlungen des Abgeordneten-Hauses deut­ lich erhellet — und nur nach und nach im Laufe der Jahre, namentlich in einer gewissen Epoche der früheren Zeit, die der Selbstständigkeit der Gemeinden und Länder wenig hold war, in die Verwaltung der Regierungsorgane übergingen, verdanken die gedachten in Tirol befindlichen drei Anstalten ihre Entsteh­ ung und ihr Dasein einem ganz anderen Anlasse. Ueber diesen Anlaß geben die Gubern.-Circulare v. 22. August 1830, Z. 16, 412 bezüglich der Ir­ renanstalt und vom 14. Dezember 1832 (ohne Zahl) bezüglich des Gebärhauses enthalten in der Prov.Ges.-Samml. 17. und 19. B., S. 417 und 807 vollständigen über jeden Zweifel erhabenen Aufschluß. Bezüglich der Irren-Anstalt heißt es wörtlich: „. ... wird am 1. September d. I. die aus Aller­ höchster Gnade Sr. Majestät und aus Allerhöchst Dero besonderen Wohlwollen mit bedeutenden ganz aus dem Staatsschätze bestrittenen Kosten neu errichtete Prov.-Irrenanstalt zu Hall eröffnet. Bezüglich des Gebärhauses heißt es ... wird die Eröffnung der aus Allerhöchster Gnade Sr. Ma­ jestät und aus Allerhöchst Dero besonderen, von dieser Provinz aufs Dankbarste gefühltem Wohlwollen mit bedeutenden ganz aus dem Staatsschätze bestrittenen Kosten neu errichteten Gebär- und Findel-An­ stalt alle Laste bei Trient statthaben." Aus diesen für beide Anstalten fast wörtlich gleichlautendem Prologe geht hervor: 1. daß die Errichtung und Erhaltung derselben ein reiner Ausfluß der Gnade des Monarchen und ihre Entstehung und Fortdauer nur einem kaiserlichem Gnadenacte zu verdanken ist; 2. daß demgemäß ihre Dotation, sowie ihre Verwaltung stets und vollkommen aus dem Staats­ schätze bestritten wurde; daß daher 3. die Länder Tyrol und Vorarlberg eben in Folge und im Genusse dieses kaiserl. Gna­ denactes zu diesen Anstalten nie etwas beizutragen verpflichtet noch an ihrer Verwaltung Theil zu nehmen berechtigt waren, noch auch dieses je für sich verlangten oder verlangen konnten; daß somit 4. beide Anstalten unzweifelhaft reine Staatsanstalten sind. Was speciell die von alle Laste abgezweigte Gebär - Klinik in Innsbruck betrifft, so ist sie nur eine aus reinen Unterrichtszwecken an den Universitätssitz nach Innsbruck im Administrativwege übertragene Filiale des Trienter Gebührhauses und kommt daher mit diesem zu beurtheilen, obgleich, falls dieselbe wegen ihrer abgesonderten Existenz besondere Verwaltungs-Auslagen beanspruchen sollte, diese folgerichtig nur dem Universitätsfonde, somit dem Unterrichts-Budget zufallen können. Außer der Entstehungsgeschichte dieser Anstalten ist noch ein gewichtiger zur Aufhellung der Frage wesentlich beitragender Grund anzuführen: nämlich das Motiv, welches den Ausschuß des Abgeordneten-Hauses und in Folge dessen auch dieses Haus selbst bestimmte, den §. 8 in das Gesetz einzuschal­ ten; denn die Motive der Gesetze sind wesentliche Erklärungsgründe derselben. Seite 11 des gedruckten Ausschußberichtes heißt es wörtlich: „. . . . der Ausschuß fand den §. 8 des Inhaltes einzuschalten, daß mit dem Beginne der Wirksamkeit dieses Gesetzes die Gebär- und Irren-Anstalten auch dort, wo es bis­ her nicht der Fall war in die Verwaltung der Landesvertretungen überzugehen haben, indem, so­ bald diese Anstalten auf Landeskosten erhalten werden, es nur eine Folgerichtigkeit ist, daß den Landesvertretungen auch die Verwaltung derselben überlasien werde." Ferner heißt es in der münd­ lichen Begründung des Berichterstatters Dr. v. Mühlfeld: „Es schien dieß dem Ausschüsse eine natürliche Consequenz zu sein; — denn gerade, wie es der Staatsverwaltung nicht zuzumuthen ist, daß sie die Kosten bestreite, und die Verwaltung nicht hat, so ist es auch dem Lande nicht zuzumuthen, daß es die Kosten bestreite und der Verwaltung entbehre; wo das nicht bisher war, soll auch in Folge deffen der Uebergang der Anstalten in die Verwal­ tung der Landesvertretungen erfolgen." .Aus diesen Motivirungen geht klar und deutlich hervor, daß §. 8 des Gesetzes sich nur auf jene .Anstalten beziehen könne, welche bisher auf Landeskosten ganz oder theilweise erhalten wurden, deren .Verwaltung jedoch demungeachtet nicht bei der Landesvertretung war/ ad B. Bezüglich der Tragweite des Wortes „Verwaltung" kann dasselbe im Zusammenhalte mit dem vorgehend Gesagten in zwei Richtungen verstanden werden: % — 3 - I. Als „Verwaltung" im weitesten Sinne d. h. als gänzliche Dotirung der fraglichen Anstalten aus Landesmitteln und * II. als Administration ohne Dotirung jedoch mit Uebernahme der Administrationskosten, ad I. Es muß sich vor Allem klar gemacht werden, welche neuen bisher von dem Lande nicht zu tragenden Lasten demselben hiedurch würden aufgeladen werden. Das Reichs-Budget für das laufende Verwaltungsjahr enthält bezüglich der beiden Anstalten Tirols folgende Positionen: Gebährhaus st. 11, 070. Irrenhaus ............................ _. „ 33, 053. Summa . fl. 44, 123. Das nach Abzug der eigenen Einnahmen dieser Anstalten verbleibende aus Staatsmitteln zu deckende Deficit beträgt: Gebärhaus .............................fl. 9, 805. ’ Irrenhaus .. ........................................ „ 24, 334. Summe . fl. 34, 139. Wäre Verwaltung im ersten weitesten Sinne zu verstehen, so hätten Tprol und Vorarlberg jährlich circa fl. 34, 139 aus Landesmitteln zu decken, da dieses Deficit seit einer Reihe von Jahren sich ziem­ lich gleich geblieben ist. Vorarlberg allein beträfe es mit dem siebenten Theile jährliche fl. 4877 im Ganzen und für das Gebärhaus und Irren-Anstalt separat berechnet: ad Gebärhaus fl. 1400. ad Irrenhaus....................................... . „ 3476. einzubezahlen. Diese neue Bürde, an und für sich schon drückend, erscheint jedoch in ihren Folgen noch beschweren­ der, wenn man weiß in welch geringem Maße eigentlich dem Land Vorarlberg die Wohlthaten dieser Anstalten zu Theil geworden sind. Bezüglich des Irrenhauses liegt die ämtliche Erhebung vor, daß seit der Errichtung im Jahre 1830 somit durch 34 Jahre von Angehörigen dieses Landes in Verpflegung kamen: a) entgeltlich 29 Köpfe, b) unentgeltlich 78 Köpfe. Da die Mtzntgeltlich verpflegten Vorarlberger jedenfalls nicht einzubeziehen sind, nachdem für sie an die Anstalt volle Vergütung geleistet wurde, wofür dieselben ohnehin in jede andere Anstalt des In­ oder Auslandes hätten abgegeben werden können, so trifft es von 78 unentgeltlich Verpflegten auf das Jahr nahezu 23/10 Köpfe. Da ferner das Irrenhaus gleichfalls nahezu alljährlich dasselbe Deficit hat, so kosteten diese 2 7, 0 Köpfe aus Vorarlberg jährlich fl. 3476 und pr. Kopf und Jahr gerechnet fl. 1511 — eine Summe also, welche dieselben, gegen Entgelt selbst in der höchsten Klasse jeder Anstalt untergebracht, jedenfalls nicht gekostet haben würden. Würde es der Fall sein, daß Vorarlberg die genügende Anzahl heilbarer Irren während dieser 34 Jahre nicht aufgebracht hätte, so ließe sich obiges Ergebniß noch eher erklären; allein es muß Act davon genommen werden, daß es im hohen Grade schwer hielt, heilbare Irren unentgeltlich in Hall unterzubringen, und daß wegen Ueberfüllung der Anstalt vergleichsweise nur selten solche günstige Fälle eintraten. Hätte sonach im Sinne der weitesten Auslegung des Wortes „Verwaltung" Vorarlberg im ange­ führten Maße zu der Anstalt in Hall zu concurriren, so würde, das bisherige Verhältniß vorausgesetzt, dem Lande jeder einzelne unentgeltlich verpflegte Irre auf die enorme Summe von fl. 1511 zu stehen kommen. Bezüglich der Gebär-Anstalt in Trient kann eine ziffermäßige Darstellung nicht gegeben werden, da eine solche Erhebung wegen der Verheimlichungs-Vorschriften nicht so leicht ist. Indeß ist es eine noto­ rische Thatsache, daß von unentgeltlich verpflegten gebärenden Angehörigen dieses Landes — und nur von solchen kann hier die Rede sein — blos ein oder zwei Fälle bekannt sind. Die Hauptursache der geringen Benützung dieses Institutes von Seite Vorarlbergs liegt in der bedeutenden Entfernung der Anstalt. Dießbezüglich würde sich also der Kostendurchschnitt noch viel ungünstiger für das Land herausstellen. Uebrigens scheint die Frage noch zweifelhaft, wie weit das Wort „Verwaltung" zu verstehen sei, und der Herr Landeshauptmann hat daher unter dem 25. v. Mts. eine bis jetzt noch nicht beantwortete Anfrage gestellt, inwieferne darunter auch die Gesammterhaltung der Anstalten verstanden werden wollte. 4 Will man die Frage vollkommen erschöpfend behandeln, so muß auch die entsprechende ziffermäßige Dar­ stellung für jenen Fall in diesem Bericht ausgenommen werden, daß unter dem Worte „Verwaltung" im engeren Sinne die Administrationskosten zu verstehen seien. Aus dem vorliegenden Reichs-Budget ergeben sich an reinen Verwaltungs-Auslagen a) der Gebär - Anstalt 3904 fl. b) des Irrenhauses 12082 fl. Hievon den siebenten Theil auf Vorarlberg gerechnet, ergibt ad a)........................................................................................................................... 585 fl. ad b) 1726 fl. Rechnet man diese Summe nach dem obigen Kopf-Verhältniß des Jahres-Durchschnittes aus, so ergibt sich, daß ein unentgeltlich verpflegter Irre dem Lande an puren Verwaltungskosten auf 750 fl. zu stehen kommen würde. Vom Gebärhause gilt im vollen Umfange aus den schon früher angeführten Gründen das bereits vorstehend Gesagte. Lege man nun in das Wort „Verwaltung" was immer für einen Sinn, so ergibt sich unzweifelhaft, daß durch die Uebernahme dieser zwei Anstalten, welche nicht einmal innerhalb der Landesgrenzen liegen, dem Lande bedeutende, mit dem Werthe der Gegenleistungen und des erwachsenden Vortheiles in gar keinem Verhältnisse stehende Kosten aufgebürdet würden, welche um so unbilliger erscheinen dürften, als das Land mit bedeutend geringeren Auslagen auch in dieser Richtung für sich selbst zu sorgen im Stande ist. Der Landtag ist dem Gesagten zu Folge bereits jetzt schon in der Lage, die Tragweite des §. 8 des Gesetzes vom 17. Februar d. I. zu ermessen, daher, da in einer der beiden angedeuteten Richtungen die Entscheidung ausfallen muß, zur Genüge informirt, um einen Beschluß zu fassen. Es entsteht jedoch noch eine Frage von höchster Wichtigkeit, nemlich: „Ist das Gesetz vom 17. Februar auch im Paragraphe 8 obligatorisch für das Land Vorarlberg „oder nicht?" " . In Beantwortung dieser Frage geht der Ausschuß von dem Grundsätze aus, daß der §. 8 dieses Gesetzes für Vorarlberg insoferne keine verbindliche Kraft hat, als dasselbe auf Grund dieses Paragraphes nicht verhalten werden kann, die Verwaltung der zwei genannten Anstalten mitzuübernehmen, weder im weitern noch im engern Sinne. Obgleich schon der Tiroler Landesausschuß in seiner Zuschrift vom 10. v. Mts. an das k. k. Statt­ halterei-Präsidium sehr unverhohlen die Ansicht kund gibt, daß die Annahme der fraglichen Institute sowie der Modalitäten der Uebergabe der entscheidenden Entschließung des Landtages Vorbehalten bleiben müsse — somit derselbe gleichfalls der Meinung ist, daß §. 8 dieses Reichsgesetzes nicht geradezu bindend für den Landtag sein könne, so sieht man sich doch genöthigt, noch folgende Gründe dafür in's Feld zu führen: I. Bereits ad A wurde zur Evidenz dargethan, daß die beiden Anstalten ein Act des aller­ höchsten Wohlwollens und der kaiserlichen Gnade für das Land waren und noch sind. Es folgt daraus: a) Daß, da ein allerhöchster Gnadenact stets nur der Ausfluß eines ausschließlichen Rechtes der Krone, nemlich des allerhöchsten Gnadenrechtes sein kann, niemand außer nur Seine Majestät der Kaiser und zwar mittelst eines höchstpersönlichen Actes eine bereits ertheilte allerhöchste Gnade wieder zurücknehmen kann. Eine solche Zurücknahme kann und darf nur die spontane Aeußerung des allerhöchsten persönlichen Willens allein sein, kein Ergebniß des aus den drei Factoren der Legislative combinirten Gesetzes; es märe dieß eine nnconstitutionelle Beeinträchtigung der obersten Kronrechte. Dieses Motiv wird noch mehr durch die Betrachtung verstärkt, daß dieser Act der Gnade von einem erlauchten Vorfahren Seiner Majestät des regierenden Kaisers mit der Absicht der Fortdauer ausgeübt und zwar zu einer Zeit ausgeübt worden ist, wo Seiner Majestät das unbeschränkte Verfügungsrecht über den Staatsschatz verfassungsmäßig zustand. b) Der feierliche Ton der Einsetzung der beiden Anstalten beweist, daß damit dem Lande eine bleibende Anerkennung, ein immerwährender Beweis des kaiserlichen Wohlwollens Seiner Majestät des allerhöchst seligen Kaisers Franz gegeben werden wollte. Der Act der Gnade erhält dadurch den Charakter einer kaiserlichen Stiftung, was an und für sich den Begriff einer preeario modo gegebenen, daher widerruflichen Subvention gänzlich ausschließt. Solche Gnaden - Stiftungen, als bleibende Zeichen des allerhöchsten Wohlwollens für ein Land, dürfen in ihrem Bestände nicht angetastet, nicht alterirt werden.e) Selbst für den Fall aber, daß diese beiden Vordersätze nicht beachtet werden sollten, bleibt doch ö aufrecht, daß die Errichtung ein Gnadenact war; allein niemand ist verpflichtet, eine Gnade anzunehmen, jede Gnade kann dankend abgelehnt werden. Es folgt daraus, daß im Falle der Entziehung der Dotation von Seite des Staates, wodurch auch das Bestehen der Anstalt aufhört, eine Gnade für das Land zu sein, das Land gleichfalls und um so eher sich dieser Gnade entschlagen kann, als: 1. eine Verpflichtung für dasselbe, Jrrenheil- und Gebär-Anstalten zu errichten und zu erhalten, durch kein Gesetz vorgeschrieben ist; 2. ein eigentliches Bedürfniß nach beiden Richtungen im Lande in einem höheren Grade nicht vor­ handen, und endlich , 3. das Land selbst int Falle eines Bedürfnisses vollständig tn der Lage ist, dafür auf eine weit minder kostspielige und drückende Weise Vorsorge zu treffen. II. Der zweite Grund für den oben aufgestellten Grundsatz bilden die Motive des §. 8 in der Bericht­ erstattung an das Abgeordneten-Haus. Bezüglich dieser Begründung wird sich jedoch lediglich auf die Auseinandersetzung unter A, zweiter Absatz dieses Berichtes, berufen. Es erübriget nun schließlich noch darzuthun, daß das Land Vorarlberg im Falle eines Bedürfnisses selbst in der Lage ist, demselben für sich und innerhalb seiner Grenzen zu genügen. Bezüglich einer Gebär - Anstalt muß im Vornehinein die Nothwendigkeit eines derartigen Institutes im Lande entschieden verneint werden, theils wegen des entsprechenden höhern Grades von Sittlichkeit der Bevölkerung, theils weil alle Laste nicht in Anspruch genommen wurde, theils weil im benachbarten Auslande ähnliche Humanitäts-Anstalten in hinreichender Anzahl für die Wenigen, die deren bedürfen, bestehen. Sollte für eine Jrrenbewahr- und Heilanstalt, wofür mehr Bedürfniß sich nachweisen ließe, Vorsorge zu treffen sein, so könnte aber anch in dieser Richtung das Land genügen. Dieses erhellet ans nachstehender Darstellung: Der Statthalteri-Erlaß vom 31. Oktober 1855, Z. 19, 672, machte bemerklich, daß die Irren-Anstalt in Hall nur zur Aufnahme von heilbaren oder besonders gefährlichen Irren, deren Durchschnittszahl der Ziffer von täglichen 100 nicht überschreiten darf, bestimmt sei; daß hingegen, um den Bedürfnissen der Gemeinden in Unterbringung anderer, minder gefährlichen Irren oder blödsinnigen, der Abwartung be­ dürftigen Personen zu entsprechen, ein hinreichend geräumiges Versorgungshaus in Verbindung mit der Irren-Anstalt in Hall herzustellen beantragt werden sollte. Laut kreisamtlichen Berichtes vom 19. Dezember 1855, Z. 7433, befanden sich damals im Kreise 101 Personen zur obigen vorsorglichen Behandlung geeignet, nemlich in Bregenz 11, Dornbirn 24, Feldkirch 17, Bludenz 35, Bezau 5, Montafon 9. Unter Inaussichtstellung der Errichtung von 200 Stiftplätzen, welche auf die vier Kreise des Kronlandes nach dem Verhältnisse der Bevölkerung und der geleisteten Beiträge vertheilt werden sollten, wurden nun Subscriptionen der Gemeinden sowie jährliche Sammlungen von Haus zu Haus durch die k. k. Statthalterei angeordnet. Der gesammte bisher zu diesem Zwecke zu Stande gekommene Fond betrug für Tirol und Vorarlberg laut buchhalterischen Rech­ nungs-Abschlusses im Jahre 1863 in runder Summe 115, 327 fl. Bis zu dem Jahre 1860 hatte Vor­ arlberg an diesen Fond abgeführt............................. 11, 555 fl. und noch abzuführen........................................... • • • 3, 178 fl. Ferners wurden hiezu von Vorarlberg eingesendet aus dem Kassarest der ausgelösten Kreis-Concurrenz 524 fl., so daß sich das Gesammtguthaben Vorarlbergs an diesem fruchtbringend angelegten Fonde int Jahre 1860 auf 12, 080 fl. 4*/a kr. Conventions-Münze belief. Rechnet man hiezu die damals noch ausständigen, oben genannten Beiträge von 3178 fl. 63/4 kr., so ergibt sich ein Gesammtguthaben von 15, 258 fl. 117, kr. Conventions-Münze, welcher Betrag sich seither in den letzten vier Jahren durch weitere Haussammlungen und durch Zinseszinsen auf nahezu 20, 000 fl. Conventions - Münze erhöht haben dürfte. Würde das Land Vorarlberg beabsichtigen, eine ähnliche Anstalt im Lande selbst zu gründen, so unterliegt es wohl keinem Zweifel, daß die bisher aus Vorarlberg einbezahlten Beträge in ihrem jetzigen Bestände dem Lande ausgefolgt werden müssen, ebenso wie es gewiß ist, daß dieselben eine sehr ansehnliche Grundlage zu einer Vorarlbergischen Versorgungs­ Anstalt um so mehr abgeben werden, als eine bedeutende Vermehrung des Fondes in Folge der Errich­ tung der Anstalt im Lande mit allem Grunde zu erwarten steht. Auf Grund der vorstehenden Auseinandersetzung unterbreitet das in der neunten Sitzung vom 30. März d. I. bestellte Comite dem hohen Hause nachstehende — (i — Anträge: Der hohe Landtag wolle beschließen: A. „Es sei an den kaiserlichen Gnadenacten, wodurch das Gebärhaus in Trient und die Jrren„Anstalt in Hall für Tirol und Vorarlberg errichtet wurden, sowohl hinsichtlich ihrer Dotation als „ihrer Verwaltung ungeändert fest zu halten." B. „Wofern aber die ganze Dotation oder auch nur die Verwaltungskosten vom Lande Vorarlberg „nützubestreiten wären, fei die fernere Theilnahme an diesen Anstalten, welche bisher eine höchst „dankenswerthe Gnade waren, dann aber zu einer sehr drückenden Last würden, vom Lande Vor„arlberg abzulehnen." C. „Jedenfalls aber fei die aus dem Lande Vorarlberg vom Jahr 1856 bis jetzt eingeflossene, zur „Gründung eines Landes - Versvrgungshauses für unheilbare, gefährliche Irren in Hall bestimmte „noch unverwendet vorhandene Summe sammt Zinsen zur Ausführung des gleichen Zweckes im „Lande Vorarlberg demselben zurückzuerstatten." Bregenz, 3. April 1864. F. M. Wohltuend m. p., Obmann. Seyffertitz m. p., Berichterstatter. Gedruckt bei A. Fl atz in Bregenz.