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Letzte Änderung 03.07.2021, 09:36
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp10,lts1913,lt1913,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 5. Sitzung am 30. September 1913 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 26 Abgeordnete. Regierungsvertreter: Herr k. k. Hofrat Rudolf Graf von Thun-Hohenstein. Beginn der Sitzung um 10 Uhr 40 Minuten vormittags. Landeshauptmann: Ich erkläre die heutige Sitzung für eröffnet und ersuche um Verlesung des Protokolles der letzten Sitzung. (Sekretär verliest dasselbe.) Hat jemand zur Fassung des soeben verlesenen Protokolles eine Bemerkung zu machen? Wenn dies nicht der Fall ist, betrachte ich dasselbe als genehmigt. Es ist mir ein Einlaufstück zugekommen, nämlich eine Eingabe der Stadtgemeinde Dornbirn, um Erwirkung der jährlichen Subvention aus Landesmitteln zu den Kosten der sachlichen Erfordernisse der Stickereifachschule, überreicht durch den Herrn Abgeordneten Engelbert Luger. Wegen der Kürze der uns noch zur Verfügung stehenden Zeit möchte ich die Anregung machen, daß dieser Gegenstand auf kurzem Wege dem volkswirtschaftlichen Ausschusse zur Vorberatung und Berichterstattung zugewiesen wird. Es wird keine Einwendung erhoben. Wir kommen nun zur Tagesordnung. Auf derselben steht als erster Punkt der Voranschlag des Landeskulturrates pro 1914. Dieser Gegenstand eignet sich seinem Wesen nach zur Zuweisung an den landwirtschaftlichen Ausschuß. Wenn keine Einwendung erhoben wird, nehme ich an, daß die Zustimmung gegeben ist. Wir kommen nun zum zweiten Punkte der Tagesordnung, zum Berichte des Finanzausschusses über den Rechenschaftsbericht des Landesausschusses und die Rechnungsabschlüsse der landschaftlichen Fonds. Berichterstatter in dieser Angelegenheit ist Herr Abgeordneter Müller; ich ersuche ihn, sich auf die Tribüne zu begeben und den Bericht vorzutragen. Bevor dies geschieht, möchte ich noch auseinandersetzen, wie ich konform den früheren Jahren vorzugehen gedenke. 5. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 10. Periode 1913/14. 2 Zuerst eröffne ich die Generaldebatte über den Bericht des Finanzausschusses über den Rechenschaftsbericht des Landesausschusses und die einzelnen Rechnungsabschlüsse. Wenn dieselbe durchgeführt ist oder sich niemand zum Worte meldet, wird der Herr Berichterstatter zu verlesen beginnen und zwar zunächst den Punkt A, wobei den Herren Abgeordneten Gelegenheit gegeben werden wird, Anträge und Anfragen zu stellen und Beschwerden zu führen. Dann werden wir übergehen zu Punkt C und bei diesem Punkte werden dann aus dem Rechenschaftsberichte des Landesausschusses schlagwortweise die einzelnen Punkte der Ausführung der Beschlüsse dieser Rubrik angerufen werden, damit auch hier die Herren Gelegenheit haben zu Anfragen, Anträgen und Beschwerden. Sodann werde ich übergehen zu den Rechnungsabschlüssen der einzelnen landschaftlichen Fonds, die unter einem gemeinsamen Antrage erledigt wurden. Dort werde ich nur beim Landesfonds, welcher der wichtigste ist - falls es nicht auch bei anderen Fonds verlangt wird - die Hauptrubriken anrufen lassen, um auch dort den Herren Gelegenheit zu geben zu Anfragen, Anträgen und Beschwerden. Nach diesen kurzen Erläuterungen, wie ich als Vorsitzender vorzugehen gedenke, eröffne ich zuerst über den Rechenschaftsbericht des Finanzausschusses, wie er Ihnen vorliegt, die Generaldebatte. Wenn niemand sich zum Worte meldet, ersuche ich den Herrn Berichterstatter, mit der Verlesung des Berichtes zu beginnen und zwar A. Müller: (Liest aus Beilage 24, I. A, bis Punkt 4 auf Seite 100.) Dieser Gesetzentwurf hat mittlerweile auch die Allerhöchste Sanktion erhalten. (Liest weiter bis B und fügt bei:) Hier muß ich noch bemerken, daß es heißen soll "der IV. und V. Session", weil wir eben zwei Abteilungen haben. Landeshauptmann: Bevor ich frage, ob einer der Herren das Wort wünscht, möchte ich selbst mir noch etwas anzuführen erlauben. Unter den Gesetzentwürfen, welche die Allerhöchste Sanktion noch nicht erhalten haben, beziehungsweise bei denen diese noch aussteht, befindet sich unter Punkt 3 auch der Gesetzentwurf, betreffend die Regelung des Waldaufsichtsdienstes. Es wäre nun außerordentlich wünschenswert. daß endlich einmal seitens der k. k. Statthalterei diesbezüglich eine Mitteilung an den Landesausschuß käme, ob dieser Gesetzentwurf Aussicht hat, in der gegenwärtigen Session des Landtages die Allerhöchste Sanktion zu erhalten oder nicht. Sollte das letztere der Fall sein. dann sollten dem Landesausschusse die Gründe angegeben werden, welche der Allerhöchsten Sanktion entgegenstehen. Es wäre sehr wünschenswert, daß dies bald geschieht, damit der hohe Landtag in seiner späteren Tagung, wenn er im Jänner oder Februar neuerdings zusammentritt, Gelegenheit hat, Stellung zu nehmen und jene Hindernisse beschlußweise zu beseitigen, die etwa noch der Erreichung der Allerhöchsten Sanktion entgegenstehen. Ich werde nicht ermangeln, namens des Landesausschusses die baldige Erledigung der Vorlage des Gesetzentwurfes bei der Statthalterei zu betreiben. Wünscht jemand das Wort zu A? Wenn das nicht der Fall ist, schreite ich zur Abstimmung und ersuche jene Herren, die dem Antrage mit der Korrektur, daß es heißen muß "der IV. und V. Session", die Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Müller: (Liest B und C.) Landeshauptmann: Ich möchte hier den Herrn Berichterstatter ersuchen, auch im Rechenschaftsberichte des Landesausschusses die Punkte anzurufen; ich werde immer eine kleine Pause eintreten lassen, damit die Herren Gelegenheit haben zu Anfragen, Anträgen und Beschwerden. Müller: (Liest aus Beilage 11 C, den Sperrdruck bis 2 c.) Landeshauptmann: Bezüglich des letzten Punktes der Abhaltung eines Instruktionskurses für den Verein für christliche Kunst und Wiflenschaft habe ich zu bemerken, daß dieser Kurs im heurigen Jahre nicht abgehalten werden konnte und möglicherweise erst kommendes Jahr zur Ausführung gelangen wird. Müller: (Liest weiter bis 5.) Landeshauptmann: Hier möchte ich nur bemerken - es steht im Rechenschaftsberichte und den Herren ist es bekannt -, daß in der letzten Session 5. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 10. Periode 1913/14. 3 von der Behandlung des bereits ausgearbeiteten Gesetzentwurfes, betreffend Schaffung eines Gesetzes zur Besteuerung der Kraftfahrzeuge aus dem Grunde Umgang genommen und derselbe vertagt wurde, weil die Erledigung des kleinen Finanzplanes im Parlamente in Verhandlung stand, bei welchem auch eine Reichsautomobilabgabe als eigene Steuer in einem separaten Gesetzentwürfe enthalten ist. Wenn nun der kleine Finanzplan, auf den alle, nicht nur wir in Vorarlberg, sondern auch andere Kronländer mit Schmerzen warten, seine Erledigung finden sollte, so haben von uns aus weitere Schritte in Sachen der Besteuerung der Automobile nicht zu erfolgen. Sollte aber bis zu jenem Termine, wie man denkt, die Erledigung des kleinen Finanzplanes überhaupt nicht zustandekommen, so bin ich der Anschauung, daß der Landesausschuß nicht mehr zuwarten, sondern im Wege eines Landesgesetzes eine Automobilsteuer zu erwirken suchen solle, nachdem die Kraftfahrzeuge stetig zunehmen und die Straßen sehr in Anspruch nehmen. Es wäre eine solche Steuer in dem jetzigen Stadium eine nicht zu verachtende Einnahmsquelle, welche hauptsächlich die bemittelten Kreise trifft. Müller: (Liest den Sperrdruck von Punkt 6.) Landeshauptmann: Zu diesem Punkte erlaube ich mir auch eine Bemerkung zu machen, daß nämlich in der letzten Session, wie den Herren bekannt ist, der diesbezügliche Antrag des Landesausschusses wegen Ergreifung von Schritten behufs Erwirkung einer eigenen politischen Landesstelle allgemeinen Beifall fand, von allen Richtungen des hohen Hauses begrüßt wurde und einstimmige Annahme fand, wie er auch bei der Bevölkerung des Landes lebhaften Widerhall gefunden hat. Run ist in jüngster Zeit eine Broschüre im Wege der Post an die Herren Abgeordneten und an meine Wenigkeit von einem gewissen Herrn Engelbert Keßler in Wien erschienen, betitelt: "Zur Beleuchtung der Lostrennungsbestrebungen Vorarlbergs von Tirol." Ich bemerke, daß sich Herr Engelbert Keßler als Vorarlberger gegen die einstimmige Kundgebung des Landtages auf Errichtung einer politischen Landesstelle wehrt und dabei sich zu dem Satze versteigt, es sei zwar die Einmütigkeit der Vorarlberger Abgeordneten vorhanden, man dürfe sich aber doch die bescheidene Frage erlauben: "Gibt es denn keinen Gerechten unter ihnen?" (Heiterkeit.) Null es steht mir nicht zu, von diesem Platze aus gegen die Arbeit des Herrn Engelbert Keßler zu polemisieren. Ich konstatiere nur, daß Herr Keßler seit vielen Jahrzehnten vom Lande abwesend ist und daher schwerlich in der Lage sein dürfte, ein richtiges und unbefangenes Urteil über unsere Bestrebungen zu fällen. Meine Pflicht als Vorsitzender des Landesausschusses ist es nur, zwei Punkte hier richtig zu stellen, die von Herrn Keßler in seiner Broschüre berührt wurden. In erster Linie wehrt er sich, und zwar gegen einen Korrespondenten der Reuen Freien Presse, welcher unseren Standpunkt energisch vertreten hat und sagt, ob man überhaupt auch ausgerechnet habe, was die Mehrkosten einer solchen eigenen politischen Verwaltung betragen, daß sie zum mindesten K 50.000"- bis 80.000"- auch bei noch so weitgehender Sparsamkeit ausmachen. Er rechnet gleich mit zwei Hofräten und verschiedenem Personal und sagt, es sei nur zu verwundern, daß ein Volk, welches soviele Bedürfnisse des Landes aus Staatsmitteln decken nmß, bereit sein soll, eine so unproduktive Neubelastung auf sich zu nehmen und bringt weiter vor, daß man doch ganz andere Aufgaben hätte. Ich möchte konstatieren, daß Herr Engelbert Keßler hier in krasser Weise seine Unwissenheit dokumentiert; sonst hätte er wissen müssen, daß die Kosten einer selbständigen Verwaltung nicht vom Landesfonds bestritten werden, sondern einen Bestandteil des Staatsbudgets bilden. In zweiter Linie möchte ich noch bemerken, daß er sich beschwert, daß der Vorarlberger Landesausschuß den bereits bewilligten Beitrag für den neuen Straßenbau im kleinen Walsertale bisher nicht habe liquidieren können, weil er angeblich derzeit kein Geld habe für diese Zwecke. Gegen dies, meint er, habe er nichts einzuwenden, dagegen fragt er, wie sich dieser Umstand verhalte zur Bereiterklärung, für die Errichtung und die Betriebskosten einer unproduktiven Bureauwirtschaft selbst aufkommen zu wollen? Es ist das derselbe Vorwurf, den ich bereits widerlegt habe. Ich konstatiere nochmals, daß es eine Unwissenheit dokumentiert, wenn man sagen will, daß das Land Vorarlberg als solches aus Landesmitteln die Kosten einer Staatsverwaltung zu decken hat. Sonst muß ich erklären, daß Herr Keßler, auch was den Bau der Walsertalerstraße anbelangt, absolut nicht unterrichtet war. Der Straßenbau hat sich nicht verzögert aus Mangel an Landesmitteln, sondern weil 4 5. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 10. Periode 1913/14. die Verhandlungen mit der benachbarten Gemeinde Bayerns, mit Oberstdorf noch nicht zu einem Resultate gelangt sind. Das ist nicht unsere Schuld. Es ist eine bekannte Tatsache, daß durch ein unglückliches Privatabkommen, das seinerzeit zwischen Mittelberg, namens der Bevölkerung des kleinen Walsertales, und der Gemeinde Oberstdorf geschloffen wurde, Mittelberg für eine große, auf bayrischem Gebiete gelegene Strecke sogar die Herstellungs- und Erhaltungskosten zu 2/s zu übernehmen hätte. Das ist doch eine namenlose Unbilligkeit. Es ist bekannt, daß gerade die Straße von Oberstdorf weg auf bayrischen Gebiete bis zur Walserschanze kolossale Steigungsverhältnisse ausweist und am allernotwendigsten eine Regulierung und Neuanlage bedürfte. Ungezählte Verhandlungen sind schon geführt worden, aber stets sind wir auf Widerstand gestoßen und nun hat der Landesausschuß beschlossen, zwei Delegierte, das Landesausschußmitglied Herrn Jodok Fink und meine Wenigkeit, nach Augsburg zur bayrischen Kreisregierung und nach München zum bayrischen Ministerium zu entsenden, um bei der Regierung selbst eine energische Vorstellung machen zu können, daß von Regierungs wegen auf die in dieser Beziehung sehr eigensinnige Gemeinde Oberstdorf eingewirkt werde. Diese beiden Delegierten werden nach Schluß des Landtages dorthin gehen; inzwischen wird aber trotzdem noch ein Stück des Straßenbaues in Angriff genommen, nämlich von der Walserschanz hereinwärts ins Tal auf österreichischem Boden; allerdings leistet die Gemeinde Mittelberg, wie wir es bei verschiedenen derartigen Unternehmungen gegenwärtig tun müssen, vorderhand vorschußweise den erforderlichen Betrag. Ich muß noch einmal bemerken, um auf Oberstdorf zurückzukommen, daß diese Gemeinde nicht bloß nichts zahlen will, sondern auch bestrebt ist, obwohl Mittelberg alle Einkäufe dort zu machen gezwungen ist, den Fremdenverkehr gegen das Walsertal zu unterbinden, indem man den Fremden sagt, sie sollen nicht ins kleine Walsertal gehen, es sei dort nichts zu sehen. Ein schönes, freundnachbarliches Verhältnis! Das wollte ich meinerseits konstatieren gegenüber der Broschüre, die im Umlauf ist. Dr. Drexel: Ich bitte ums Wort. Landeshauptmann: Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Drexel. Dr. Drexel: Meine Herren! Es war ohne Zweifel sehr auffallend, daß auf die einmütige Stellungnahme des Landtages und auf die einmütige Übereinstimmung bei allen Parteien des Landes die der Beschlußfassung sichtlich folgte, ein alter Vorarlberger sich so reizen ließ, daß er nicht bloß Zeit und Mühe, sondern auch Geld opferte, um durch zwei Broschüren gegen diese Stellungnahme zu operieren. Gleichzeitig fast mit der zweiten Broschüre kam aus Tirol die Nachricht, daß auch die Italiener mit Rücksicht auf unseren Beschluß eine selbständige Landesstelle für Südtirol verlangten, und man sah gleich, daß in dieser Forderung der Südtiroler eine Schwierigkeit für unsere Aktion liege. Auf der anderen Seite gab es wieder Deutsche in Österreich, ja sogar vereinzelte Stimmen in Vorarlberg, die tatsächlich durch das Auftreten der Südtiroler die Furcht nicht mehr verheimlichen konnten, es könnte die Loslösung Vorarlbergs auf die Stellung der Deutschtiroler von ungünstigem Einflüsse sein. Diese Tatsache veranlaßt mich heute, auf dieses Kapitel, das uns schon zweimal hier beschäftigt hat, noch einmal zurückzukommen, ohne aber die Absicht zu haben, mich mit den Ausführungen der Herren Keßler und Schulrat Zösmair weiter zu befassen. Keßler hat in seiner Broschüre einige auffallende Unrichtigkeiten, so z. B. die bereits erwähnte Meinung, das Land habe die Kosten der Errichtung der Landesregierung zu tragen und daß wir mit der Behauptung gearbeitet hätten, Salzburg hätte, obwohl es eine geringere Einwohnerzahl habe, doch eine eigene Landesstelle. Davon sprach niemand Und es ist auch eine beleidigende Unterschiebung von Intentionen, wenn man sich so gibt, als ob Gefahr bestünde, daß Vorarlberg, wenn es eine eigene Landesstelle hätte, daran denken würde, sich gang von Österreich loszulösen, um eine selbständige Republik zu werden oder eine Verbindung mit der Schweiz oder dem Deutschen Reiche einzugehen. Was Herr Keßler mit der Drucklegung seiner Broschüre bezweckt, ist mir heute noch nicht klar. Er konnte unmöglich darauf rechnen, daß seine Argumente in Vorarlberg irgendwie Boden fassen könnten. Ich nehme aber an, daß in jenen Kreisen, welche diese Schrift berufsmäßig kennen lernen oder davon Notiz nehmen müssen, diese Arbeit unschwer richtig eingeschätzt wird. Keßler hat auch einen Zeitungsartikel des Herrn Schulrates Zösmair wieder ausgegraben, den dieser im Jahre 1907, also vor sechs Jahren gegen die erste derartige Aktion des Landtages geschrieben hat. Zösmair beschäftigt sich hauptsächlich 5. Sitzung des Vorarlberger Landtages, VI. Session der 10. Periode 1913/14. 5 mit der historischen Begründung, die damals im Landesausschußberichte als Einleitung zum ganzen Antrage gebracht wurde. Die historische Entwicklung unseres Vorarlberger Ländle inbezug auf seine Staatszugehörigkeit und Verwaltungsangliederung ist äußerst lebhaft und bunt; ich glaube, kein anderes Land in Österreich hat eine derartig bewegte Geschichte, wo es sich um so kleine Teile, Städte, Grafschaften, Herrschaften handelt, die wiederholt wie Kaufobjekte das einemal gekauft, das anderemal verkauft wurden. Aus der Geschichte eines solchen Ländchens kann man das eine oder andere herausfinden; der eine sucht Anhaltspunkte, welche für die Selbständigkeit des Landes sprechen, der andere Anhaltspunkte, die das Gegenteil beweisen, sodaß wir uns auch mit den Ausführungen des Professor Zösmair, die andere Anhaltspunkte aus der Vergangenheit sammeln, heute nicht weiter abgeben wollen, umsomehr als diese Ausführungen Jahre zurückliegen und man hie und da fast den Eindruck bekommt, als ob mehr die persönliche Verstimmung als der Historiker dabei gesprochen hätte. Das wichtigste Argument für eine selbständige Landesstelle liegt nicht in der Vergangenheit vor Hunderten von Jahren zurück, sondern in der Gegenwart. Ich will gar nicht untersuchen, ob die verschiedenen Meinungen, es seien zwischen Tirol und Vorarlberg volkliche, wirtschaftliche und geographische Gegensätze, richtig seien. Ich will das alles beiseite lasten und stütze mich lediglich auf das Hauptargument und das ist der eigene Landtag. Ein Land, welches einen eigenen Landtag hat, ist damit ein so losgetrennter, selbständiger Körper, daß eine eigene Landesstelle nicht mehr die Bedeutung einer Hauptsache hat, sondern eigentlich eine Konsequenz des Landtages sein sollte. Wir haben die Hauptsache, den Landtag und die Verbindung desselben mit einer eigenen Landesstelle ist nur eine Verbindung zweiter Gattung, die dazu kommt, nachdem das Land schon fast die ganze Selbstständigkeit als Kronland besitzt. Man möchte vermuten, es sei seinerzeit, als dem Lande der eigene Landtag gewährt wurde, der Gedanke aufgetaucht, es solle ihm mit dem Landtag nicht auch zugleich eine eigene Landesstelle gegeben werden, da Vorarlberg so ganz in fremde Grenzen eingebettet ist. Man wollte doch noch eine Verbindung in der Verwaltung haben, indem man es mit Innsbruck so eng zusammenschmiedete. Professor Zösmair sagt, wenn Vorarlberg heute nicht die Eisenbahn nach Tirol hätte, wenn der Arlberg nicht durchbrochen wäre, wenn keine Telegraphen- und Telephondrähte beständen, dann wäre eine selbständige Landesregierung begründet. Ich möchte fast sagen, weil wir das haben und weil wir sonst mit dem Nachbarlande Tirol genügend verbunden sind und dadurch auch mit dem übrigen Österreich, deswegen kann uns eine Landesstelle mit voller Berechtigung gegeben werden, weil jene Bedenken heute tatsächlich nicht mehr begründet sind- Unser Landtag kann Gesetze beschließen, wir haben hier einen ständigen Negierungsvertreter. Was bedeutet also die Statthalterei Innsbruck für uns? Es ist dies mehr eine Zwischenstation, welche von unseren ganzen Verhandlungen nur durch die Vermittlung des Regierungsvertreters Kenntnis bekommt, und ich finde beim besten Willen kein Argument, warum unser Hofrat als Vertreter der Regierung jedesmal noch diese Zwischenstation mühsam und langwierig informieren muß, warum der Regierungsvertreter nicht befähigt sein soll wie in anderen Ländern, die Regierung in Wien direkt zu verständigen und beim Ministerium die Vorlage der Gesetzentwürfe, welche der Landtag beschlossen hat, zur Allerhöchsten Sanktion zu erreichen. So liegt es in verschiedenen anderen Sachen. Ich möchte aber jetzt noch auf einen andern Umstand aufmerksam machen. Es wäre interessant zu erfahren, wieviel Vorarlberger es gibt, welche die einzelnen hohen Beamten der Statthalterei kenne>, nur die Namen jener, welche die verschiedenen Referate führen. Es wäre das gewiß ein so kleiner Prozentsatz, so daß auch diese Ziffer zeigen würde, wie wenig Kontakt eigentlich die Beamten der Statthalterei mit dem Lande haben. Sie werden die am weitest abgelegenen Täler Tirols sicher besser kennen als Vorarlberg. Das hängt vielleicht damit zusammen, daß wir vielfach durch den Landtag eine gewisse Trennung, eine gewisse Selbständigkeit haben und daß durch diese Trennung, die in vieler Beziehung besteht, jener Kontakt beeinträchtigt wird, welcher eigentlich zwischen der Statthalterei und den von ihr verwalteten Gebieten bestehen soll. Nun spricht man in der letzten Zeit viel von Verwaltungsreform und auch Keßler hat erwähnt, was werden die Herren sagen, die diese neue Institution schaffen wollen. Bis heute haben wir nur wenig Vorschläge einer Verwaltungsreform gehört und wenn man die durchsieht, findet man jedesmal einen Lösungsvorschlag, der für Vorarlberg eine eigene Landesstelle direkt vorsehen könnte. So kam vor wenigen Tagen der Bericht des Finanzkomitees jener Kommission von 6 5. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 10. Periode 1913/14. Professor Redlich heraus und dieser schlägt unter anderem vor, die Steuerreferate aufzulassen und dafür etwa vier Bezirkshauptmannschaften für ein Steuergebiet zusammenzufassen. Damit haben Sie das Land Vorarlberg. So könnte man heute ruhig sagen, daß Vorarlberg für eine neue, moderne Verwaltungsreform direkt der geeignete Platz wäre, um neue Versuche zu machen und sie praktisch durchzuführen. Dabei hat man in Österreich Gelegenheit genug zu beobachten, wie sich die Erfolge von kleineren oder größeren Verwaltungsgebieten gestalten. Ich glaube, keines der österreichischen Verwaltungsgebiete, sowohl der staatlichen wie der autonomen, wäre geeigneter für eine Reform als gerade Vorarlberg und man wird mir recht geben, wenn ich sage, je kleiner das Verwaltungsgebiet, desto größer der Erfolg. Würden Böhmen und andere Kronländer, wo es heute so starke Stauungen gibt, zerlegt werden in kleinere Verwaltungsgebiete mit ungefähr gleichartigen Interessen, mit einem Volke, das sich gegenseitig kennt, so müßte man ganz bestimmt zu besseren Resultaten kommen und, wenn ich heute darauf hinweise, daß der Vorarlberger Landtag und das Vorarlberger Volk überhaupt auf dem Gebiete der Verwaltung so schöne Resultate erzielten und dann gleich Salzburg kommt, so mache ich nicht den Fehler, das einzig und allein unserem Volke und seinen Vertretern oder den Salzburgern zuzuschreiben, sondern ich schreibe es der verhältnismäßig größeren Leichtigkeit zu, ein kleineres Verwaltungsgebiet ganz übersehen und leiten zu können. Das spricht dafür, daß man endlich auch bei uns den Versuch machen soll, neue Wege zu gehen, und Salzburg zeigt in dieser Beziehung deutlich darauf hin, daß der Versuch sich ganz bestimmt lohnen wird. Run sagt man, Vorarlberg sei zu klein, die Referate, die heute irr Innsbruck sind, würden zu klein werden, wenn sie in der Vorarlberger Landesregierung in gleicher Weise wieder geführt würden. Ich sehe nicht ein, warum nicht ein höherer Beamter als Referent mehrere Referate zugleich führen kann; der politische Beamte hat Gelegenheit, verschiedene Referate durch seine Lehrlingsjahre und die Jahre seiner Praxis hindurch kennen zu lernen. Geradeso wie ein Bürgermeister verschiedene Gebiete studieren, verfolgen und ein Mitglied des Landesausschusses sich in verschiedene Gebiete hineinarbeiten, mit verschiedenen Referaten sich abgeben und Anträge stellen muß, genau so wird es bei der Landesstelle eines kleines Landes fein, ohne daß eine zu große Mehrbelastung des Staatsbudgets notwendig wäre und ohne daß man gleich einen größeren Personalapparat einführen müßte, wie in einer großen Statthalterei. Das kleine Ländlein kann trotzdem sehr gut besorgt sein, besonders bei einem Volke, das selbst genügend Initiative hat, bei dem der Beamte fast mehr politischer Regulator und Unterstützer ist; bei einem solchen Volke kann man umso leichter den Versuch mit mehreren Referaten in einer Hand wagen. Sicher ist, daß z. B. unser Veterinärreferat nur gewinnen würde, wenn es von Tirol getrennt wäre, sicher ist, daß unser Gewerbereferat leichter arbeiten würde und daß das eigene Vorarlberger Gemeindereferat Vorteile brächte, die wir heute nicht genießen. Ohne daß ich auf die Vergangenheit von vielen Jahren zurückblicke, kann ich sagen, es wäre in der Entwicklung der Gemeindeverwaltungen manches nicht vorgekommen, wenn die Landesstelle mit dem politischen Gemeindeleben besser vertraut gewesen wäre. Dadurch, daß die Landesstelle so weit abliegt, weiter abliegt, möchte ich sagen, mehr in der gegenseitigen geistigen Verbindung als der örtlichen Distanz der Bahnlinie nach, haben sich Schwierigkeiten ergeben. Wenn man z. B. der Statistik unseres Landes nachgeht, findet man, daß es in 2/3 Fällen mit Tirol verknüpft ist, d. h. es heißt immer nur bei allen statistischen Daten "Tirol und Vorarlberg", so daß es unmöglich ist, Vorarlbergs Statistik kennen zu lernen. Erst in jüngster Zeit wird langsam hie und da in den statistischen Darstellungen Vorarlberg gesondert geführt, im großen ganzen aber immer noch im Zusammenhange mit Tirol, wodurch es unmöglich ist, mit dem Prozentsätze der Bevölkerung in einzelnen Ziffern den Anteil Vorarlbergs an der Gesamtsumme festzustellen. Auf allen Gebieten sind die Verhältnisse zwischen Tirol und Vorarlberg derartig verschiedene, daß der Schlüssel der Einwohnerzahl, auf Ziffern in einzelnen statistischen Gebieten angewendet, unhaltbar und nicht zu gebrauchen ist. Auch das spricht dafür und besonders der Umstand, daß man heutzutage mehr als früher für alle Aktionen zuerst das statistische Ziffernmaterial sich anschaut, um eine Basis für die Beurteilung zu bekommen. Umsomehr ist deshalb auch die Forderung berechtigt, es möge in allen Belangen Vorarlberg selbständig geführt werden. Von diesem Standpunkte aus möchte ich nun dieses Kapitel abschließen mit dem Satze: Vorarlberg braucht keine Zwischenstation in seinem Verkehre mit der Regierung. 5. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 10. Periode 1913/14. Ich komme nun noch auf ein anderes Argument, das bisher nicht berührt wurde, das aber sehr wichtig ist. Es wurde gesagt, daß Deutschtirol eine Schwächung erfahre, wenn Vorarlberg von Tirol losgelöst wird. Die Schwächung mag vielleicht sich ausdrücken, indem der eine oder andere Beamte in der Statthalterei Innsbruck weniger ist, der heute, wenn ich so sagen will, dem deutschen Status angehört, weil Vorarlberg auch dabei ist. Eine andere Rückwirkung auf die Verhältnisse von Deutschtirol zu Welschtirol kann ich aber nicht leicht finden, weil in Tirol die gegenseitigen Beziehungen schon so konsolidiert, so fest sind, daß Vorarlberg auf dieses Plus oder Minus keinen Einfluß ausüben kann. Ich will aber umgekehrt fragen: welchen Einfluß hat es auf Vorarlberg, daß wir zur Statthalterei eines gemischtsprachigen Landes gehören? Das ist gewiß ein Argument, daß Vorarlberg eine selbständige Landesstelle bekommen soll, um als rein deutsches Land charakterisiert zu sein. Meine Herren! Einige Ziffern! Wir haben als Resultat der letzten Volkszählung in Vorarlberg 4439 in Tirol Geborene und 1227 in Vorarlberg Geborene, die sich zur italienischen Umgangssprache bekennen. Wir sehen, daß, während wir früher oft damit rechneten, daß die Italiener, die hier geboren sind und in die Schule gingen, sich allmählich verdeutschen, unsere Sprache annehmen und dann bei der Volkszählung auch sich zur deutschen Umgangssprache bekennen, trotzdem noch 1227 in Vorarlberg Geborene sich zur italienischen Umgangssprache bekennen, und wir haben daher jetzt 5854 österreichische Italiener, die sich in Vorarlberg als Italiener bei der Volkszählung notieren ließen. Daneben haben wir sicher noch eine bedeutende Ziffer unter den 12.450 Ausländern, die sprachlich nicht spezifiziert sind, wobei ein großer Teil Reichsitaliener sein dürften. Bedenken Sie, meine Herren, daß das sehr bedeutende Ziffern sind bei 145.000 Gesamteinwohnern, bedenken Sie, daß nur noch 110.000 Deutsche sind, die in Vorarlberg geboren wurden und wenn ich einen Vergleich anstelle mit anderen deutschen Kronländern, mit Oberösterreich, Niederösterreich oder Salzburg, so zeigt sich ganz eklatant, daß der Verdeutschungsprozeß der Fremdsprachigen, die ins Land kommen, in Vorarlberg am schwersten ist. Die anderen Länder haben eine viel größere Kraft, die fremdsprachigen Elemente, die ins Land kommen, zu assimilieren und zu verdeutschen. Ich möchte fast sagen, daß die statistischen Resultate, die vor einigen Wochen herausgekommen sind, für uns in Vorarlberg eine ganz ernste Mahnung bilden, und eben hörte ich heute früh, daß in Bludenz 28% der gesamten Schulkinder Italiener seien. Meine Herren! Das sind direkt Gefahren. Es läßt sich in solchen Schulen ohne ganz große Schwierigkeiten nicht mehr unterrichten und nun kommt die Frage an uns, soll man bei uns nicht mehr als in anderen deutschen Ländern mit aller Energie darnach trachten, daß die Einsprachigkeit des Schulunterrichtes erhalten bleibe und damit hängt auch die Frage einer eigenen Landesstelle zusammen. Wenn ich der Ursache nachgehe, warum in unserem Lande die Verdeutschungskraft, wenn ich das Wort gebrauchen darf, zu schwach ist, so schreibe ich es auch dem Umstände zu, daß wir mit einer gemischtsprachigen Statthalterei verbunden sind. Da kommen die Landesgesetze alle zweisprachig heraus, ebenso die Verordnungen; wir bekommen von den Gemeinden von Südtirol italienische Zuschriften und es zeigt sich die Schwierigkeit, welche besonders darin besteht, daß die Südtiroler Gemeinden des gleichen Statthaltereigebietes deutsche Zuschriften von Gemeinden nicht anerkennen und annehmen wollen. In dem Augenblicke, wo wir eine selbständige Landesstelle besitzen, regelt sich selbstverständlich dieser Verkehr mit den Südtiroler Gemeinden, mit dem Sprachgebiete, welches so viele Kinder in unserem Lande hat, von selbst und die Schwierigkeit hängt viel damit zusammen, daß wir als einsprachiges Gebiet mit einer Statthalterei verbunden sind, welche als größeres Gebiet ein zweisprachiges zu besorgen hat. Diese Tatsache scheint mir so gewichtig zu sein, daß ich sage, die Bedenken, die geltend gemacht wurden bezüglich des Verhältnisses von Deutschtirol zu Welschtirol sind ganz klein, aber in Vorarlberg selbst haben wir allen Grund, Sorge zu tragen, um die Einsprachigkeit im Schulunterrichte zu erhalten und als eines der ersten und besten Mittel, um dem Lande die Einsprachigkeit zu erhalten, muß man auf alle Fälle eine einsprachige Landesstelle bezeichnen. Damit habe ich einige Gedanken zum Ausdrucke gebracht, von denen ich meine, daß sie gesagt werden müssen. Es war nicht denen gesagt, die im Lande sind, sondern es war denen gesagt, welche außerhalb des Landes sind, die vielleicht nicht begreifen, warum wir dies wollen, und es sei auch gesagt unserer hohen Regierung, dem Ministerium des Innern, daß dieses die ganze Angelegenheit der Errichtung einer eigenen Landesstelle mit Wohlwollen studiere. Wir wollen der k. k. Regierung auch sagen, daß wir schwere und 8 5. Sitzung des Vorarlberger Landtages. wichtige Gründe haben, diesen Wunsch vorzubringen, und daß wir es vor allem sehr begrüßen würden, wenn mit Vorarlberg, wie es ist und liegt, den Versuch gemacht werden sollte, eine neue moderne Verwaltungsreform praktisch durchzuführen. Landeshauptmann: Wünscht noch jemand das Wort? Der Herr Abgeordnete Loser. Loser: Hohes Haus! Ich möchte mir erlauben, zu den trefflichen Ausführungen des geehrten Herrn Nachbars nur noch einige Worte beizufügen und möchte gleich bei dieser Gelegenheit im vorhinein die Vorwürfe, welche Herr Engelbert Keßler in ganz unbegründeter und ungerechtfertigter Weise in bezug auf die Tätigkeit des Vorarlberger Landtages erhoben hat, mit aller Entschiedenheit zurückweisen. Es ist vom Herrn Vorsitzenden und meinem unmittelbaren Vorredner bereits daraus hingewiesen worden, rote oberflächlich Herr Keßler die Behauptung aufgestellt hat, daß das Land die Kosten der Verwaltung einer eigenen politischen Landesstelle zu tragen habe. Ähnlich verhält es sich mit den Ausführungen in bezug auf Straßenbau und die Behauptungen verschiedener anderer Angelegenheiten, die das Land und dessen Vertretung betreffen und durchaus nicht den Tatsachen entsprechen. Ich möchte nur kurz eines erwähnen. Ein Argument, das angeführt worden ist zugunsten einer eigenen Landessteile, ist die weite Entfernung von der Statthalterei Innsbruck, mit der man sehr häufig zu tun hat. Bekanntlich haben die Gemeinden und auch sehr viele verschiedene Parteien während des Jahres sehr viel mit der Zentralbehörde, mit der Statthalterei zu tun und es darf wohl gesagt werden, ohne einen besonderen Vorwarf erheben zu wollen, daß die Erledigung dieser verschiedenen Angelegenheiten seitens der Statthalterei ? nicht immer mit jener wünschenswerten Raschheit erfolgt, die von den Parteien oder Gemeinden erwartet wird. Es kommt daher sehr häufig vor, daß Gemeindevorsteher, Gemeindefunktionäre oder Vertreter verschiedener Korporationen, oder auch Privatparteien nach Innsbruck müssen, um ihre Angelegenheiten zu betreiben, um dort persönlich Aufklärung und Informationen zu geben. Diese Reise nach Innsbruck ist immer mit bedeutenden Kosten und Zeitversäumnis verbunden, was von jedem gewiß unangenehm empfunden wird; wenn es aber schon die Vorarlberger im allgemeinen unangenehm empfinden, so ist dies beim Bewohner des kleinen Walsertales naturgemäß doppelt der Fall. Mit Zuhilfenahme von Post und Bahn ist es bei raschester Verbindung den -Bewohnern des kleinen Walsertales nicht möglich, vor Ablauf von etwa 8 Stunden nach Bregenz zu kommen. Wenn einer vom kleinen Walsertale mit der politischen Behörde zu tun hat, ist es ihm tatsächlich unmöglich, dies an einem Tage zu machen; wenn er auch frühmorgens aufsteht und sich aus den Weg macht, kann er am Abend desselben Tages absolut nicht wieder daheim sein, sondern er benötigt hiezu zwei Tage. Dies scheint Herrn Keßler nicht zu genügen, es geniert ihn scheints nicht, wenn noch ein Tag mit weiteren Kosten für die Reife nach Innsbruck dazu kommt. Im kleinen Walsertal wird auch nicht immer alles klappen und wirb man auch dort öfter mit den Zentralbehörden zu tun haben. Wenn daher die politische Landesstelle näher gelegen wäre, würden dies gewiß auch die Walsertaler begrüßen. Herr Keßler, obwohl schon lange außer Landes, fühlt sich trotzdem sehr gerne als Vorarlberger, was ganz in Ordnung ist. Wegen seiner sehr langen Abwesenheit vom Lande scheint der Herr aber die Fühlung mit demselben und auch mit seiner engeren Heimat ziemlich verloren zu haben. Dies wollte ich hier nur kurz erwähnen. Landeshauptmann: Wünscht noch jemand das Wort? Wenn der Berichterstatter nichts beizufügen hat, so bitte ich, weiter zu fahren. Müller: (Liest Sperrdruck von Punkt 7 bis 14 a.) Landeshauptmann: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Bösch. 5. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 10. Periode 1918/14. 9 Bösch: Hohes Haus! Ich möchte bei diesem Punkte, betreffend die Revision des Landesgesetzes vom 27. Dezember 1882 zum Zwecke der Ermöglichung einer genaueren Kontrolle des Rechnungswesens der Gemeinden, den hohen Landesausschutz, aufmerksam machen oder vielmehr an denselben das Ersuchen richten, er möchte nicht säumen, dieses Gesetz einer gründlichen Revision zu unterziehen. Damit sollen jene Fälle, wie sie im Lande schon früher vorgekommen sind und besonders das letzte Jahr vorkamen, möglichst unterbleiben, und weiter soll ermöglicht werden, daß, wenn solche Fälle wieder vorkommen, die Gemeinde sich allenfalls nicht nur an den Kassier, der vielleicht wenig Vermögen hat, halten kann, sondern daß auch andere Faktoren, die durch grobe Vernachlässigung oder Unterlassung der nötigen Kontrolle Schuld daran tragen, daß die Gemeinde oder deren Mitglieder zu Schaden kommen, zur Verantwortung und zum Ersatz herangezogen werden können. Ich meine damit die Bürgermeister, Vorsteher oder auch andere zur Kontrolle berufene Organe, wenn ihnen eine Vernachlässigung zur Last fällt. Ich möchte nochmals den Landesausschutz bitten, daß er bis zur nächsten Tagung toten diesbezüglichen Gesetzentwurf in Vorlage bringen möchte. Landeshauptmann: Wünscht noch jemand das Wort zu diesem Kapitel? Wenn nicht, dann bitte ich weiter zu fahren. Müller: (Liest den Sperrdruck Punkt 14 b und c.). Landeshauptmann: In dieser Beziehung möchte ich dem hohen Hause die Mitteilung machen, daß die Angelegenheit der Abänderung der in diesem Rechenschaftsberichte erwähnten Paragraphe das Landesausschutz - Subkomitee wiederholt eingehend beschäftigt hat. Es wurde dann der k. I. Regierung ein Entwurf einer solchen Abänderung behufs Stellungnahme zufolge Landesausschutzbeschlusses übermittelt. Die erwähnte Stellungnahme der k. k. Regierung, beziehungsweise des k. k. Ministeriums des Innern ist noch nicht hieher gelangt und es war auch nicht möglich, weil erst Ende August oder anfangs September die betreffende Zuschrift des Landesausschusses an die Regierung abgegangen ist. In der Zwischenzeit ist dann sowohl eine neuerliche Eingabe der Herren Vertreter einzelner Gemeinden des Oberlandes, in welchen sich in hervorragender Weise Bürgernutzungen befinden, als auch eine neuerliche Eingabe der Parteien von damals an den Landesausschutz gelangt, die eine Abänderung dieser Paragraphen wünschen und es versteht sich von selbst, daß, wenn die Stellungnahme der Regierung einmal bekannt geworden ist, der Landesausschutz, beziehungsweise das Subkomitee bei der endgültigen Beratung nicht bloß die Stellungnahme der Regierung, sondern auch die Eingabe der Gemeinden sowie der Parteien in reifliche Erwägung ziehen wird, bevor ein Antrag an den hohen Landtag gelangen wird. Wünscht noch jemand das Wort in dieser Angelegenheit? Wenn nicht, dann bitte ich, weiter zu lesen. Müller: (Liest den Sperrdruck von Punkt 126 und e.) Landeshauptmann: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Amann. Amann: Meine Herren! Nach Erledigung dieses Rechenschaftsberichtes möchte ich das Wort nehmen, um eine dringende Angelegenheit der Gemeinde Hohenems zur Sprache zu bringen. Es betrifft dies die Regulierung des Unterkliebaches. Die Angelegenheit zieht sich darum in die Länge, weil vom k. k. Ackerbauministerium zum vorgelegten Projekte bisher noch nicht Stellung genommen, respektive keine Erledigung an den Landesausschutz herabgelangt ist. Ich habe schon in der Sitzung vom 19. Februar 1912 ausführlich darauf hingewiesen, wie dringend notwendig diese Verbauung ist, da bei jedem Regenwetter das Wasser einfach in die umliegenden Felder und Wiesen sich ergietzt. Das ist ein Zustand, dem unsere Grundbesitzer wirklich nicht mit ruhigem Gemüte zuschauen können. Wohl hat der Landesausschuh im März dieses Jahres über meine Intervention in dieser Angelegenheit bei der hohen Regierung die Erledigung urgiert, aber sie ist noch immer nicht eingetragen. Ich 10 5. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 10. Periode 1913/14. möchte daher das dringende Ersuchen stellen, nachstehendem Antrage die Zustimmung zu geben. Der hohe Landtag wolle beschließen: "Der Landesausschuß wird beauftragt, beim 1. Ackerbauministerium die Erledigung des Aktes, betreffend die Regulierung des Unterklienbaches in der Gemeinde Hohenems neuerlich zu urgieren, damit ehestens die weiteren Verhandlungen im Landtage und mit der Gemeinde Hohenems gepflogen werden können." Landeshauptmann: Wünscht zu diesem vom Herrn Abgeordneten Amann vorgebrachten Antrag jemand das Wort oder zu einer anbeten Angelegenheit, welche indirekt mit den Landtagsbeschlüssen im Zusammenhange steht? Wenn sich niemand meldet und der Berichterstatter nichts beizufügen hat, so möchte ich den Antrag nochmals verlesen und dann zur Abstimmung bringen. Der Antrag lautet: (Liest obigen Antrag). Ich ersuche jene Herren, welche diesem Antrage beistimmen wollen, sich gefälligst von ihren Sitzen erheben zu wollen. Angenommen. Gleichzeitig nehme ich an, nachdem gegen den Antrag des Finanzausschusses selbst keine Bemerkung gemacht wurde, daß das hohe Haus zustimmt. Wir werden weiterfahren zu Punkt II. Müller: (Liest II samt Antrag aus Beilage 11.) Landeshauptmann: Bevor ich über den Antrag abstimmen la>e, möchte ich den Berichterstatter ersuchen, die einzelnen Hauptrubriken des Rechnungsabschlusses des Landesfonds, des wichtigsten Fonds, anzurufen, damit auch hier alle Herren Gelegenheit bekommen zu Anfragen, Beschwerden und Anträgen. Ich glaube, indessen von der Anrufung der Einnahmen absehen zu können, da sich diese sowieso von selbst ergeben, und weil es nicht gewünscht wird; wenn es aber einet der Herren wünscht, wird es auch erfolgen. Müller: (Liest den Sperrdruck aus Beilage 1, Ausgaben.) Landeshauptmann: Es wünscht niemand zu den einzelnen Posten des Rechnungsabschlusses das Wort, somit kann von der Anrufung der übrigen Posten Umgang genommen werden, ausgenommen, es wird von irgendeiner Seite verlangt. Nachdem sich niemand zum Worte gemeldet, so betrachte ich auch den Antrag, der die Rechenschaftsabschlüsse sämtlicher Fonds umfaßt, als angenommen. Müller: (Liest III samt Antrag aus Beilage 24.) Landeshauptmann: Wünscht jemand zu III das Wort? Wenn nicht, so nehme ich. an, daß das hohe Haus zustimmt. Müller: (Liest IV samt Antrag aus Beilage 24.) Landeshauptmann: Hat einer der Herren eine Bemerkung zu machen zu "IV. Gemeindeangelegenheiten"? - Wenn dies nicht der Fall ist, so erkläre ich den vom Finanzausschüsse gestellten Antrag als mit ihrer Zustimmung versehen. Müller: (Liest V samt Antrag.) Landeshauptmann: Wünscht jemand das Wort? Wenn nicht, so nehme ich an, daß das hohe Haus zustimmt. Müller: (Liest den Schluß des Berichtes aus Beilage 24.) Landeshauptmann: Für die Worte der Anerkennung des Finanzausschusses gegenüber dem Landesausschusse spreche ich den Dank aus im Namen des Landesausschusses und übertrage die Anerkennung und den Dank auch auf die Beamtenschaft in der Kanzlei und im Bauamte, welche gemeinsam mit dem Landesausschusse tatkräftig und pflichtgetreu ihre Pflicht erfüllt haben. 5. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 10. Periode 1913/14. 11 Wir haben somit diesen Gegenstand erledigt und kommen zum dritten Punkte der Tagesordnung, zur Beschlußfassung über die Vorrückung einiger Landesbeamten in die nach Statut ihnen zukommende Vorrückung in die nächsthöhere Rangsklasse, welchen Gegenstand ich in vertraulicher Sitzung in Verhandlung ziehen möchte. Bevor ich. die öffentliche Sitzung schließe, möchte ich noch die Tagesordnung der nächsten Sitzung, die morgen vormittags um 10 Uhr stattfindet, bekanntgeben: 1. Eingabe des Stadtrates Dornbirn wegen Abänderung des Gesetzes betreffend Schlachthausgebühren. Drei Berichte des volkswirtschaftlichen Ausschusses, und zwar: 2. Über das Gesuch des Gewerbegenossenschaftsverbandes, um Bewilligung eines Landesbeitrages (Beilage 25); 3. über die Eingabe des Komitees für die kaufmännische Fortbildungsschule in Bregenz um Gewährung einer Subvention (Beilage 26). 4. Mündlicher Bericht über den Gesetzentwurf zum Schutze der Alpenflora. 5. Mündlicher Bericht des Finanzausschusses in Sachen der Eingabe der Sparkassen von Deutsch-Tirol und Vorarlberg in Sachen des Gebührenäquivalentes. 6. Bericht des Schulausschustes über das Gesuch der Gemeinde Klösterle um Gewährung eines 30%igen Beitrages zu den Lehrerbezügen an dortiger Privatschule (Beilage 27). 7. Bericht des Finanzausschusses über die Voranschläge der Landesirrenanstalt Valduna pro 1913/14. 8. Bericht des Finanzausschusses über den Voranschlag des Landesfonds pro 1914 (Beilage 28). Die Berichte sind, soweit es gedruckte Berichte sind, den Herren bereits zugestellt. Was den letzten Bericht des Landesfonds anlangt, so wird dieser Bericht im Laufe dieses Tages den Herren zugestellt werden. Ich glaube, diesen Punkt auf die Tagesordnung setzen zu können, da der Voranschlag selbst, welcher die Daten enthält, den Herren bereits seit Beginn der Session oder wenigstens in den ersten Tagen zugestellt wurde und der Bericht selbst nur eine weitere Behandlung dieses Voranschlages beinhaltet. Ich möchte dann dem hohen Hause noch mitteilen, daß der Herr Obmann des volkswirtschaftlichen Ausschusses beabsichtigt, morgen hier im Landtagssaale eine größere Sitzung dieses Ausschusses zu veranstalten und zu derselben sämtliche Herren Abgeordnete zur Teilnahme an der Sitzung, aber auch an der Debatte einzuladen, weil bei dieser Sitzung die Angelegenheit der Gewinnung der Wasserkräfte für elektrische Energie zur Verhandlung kommt und dabei zwei Vertreter des Wasserkraftkomitees zur Verhandlung erscheinen, nämlich Herr Bürgermeister Dr. Kinz und Herr Elektrotechniker Loacker von Bregenz, die in dieser Aktion einige Aufschlüsse erteilen werden. Die heutige öffentliche Sitzung ist geschlossen. (Schluß der Sitzung um 11 Uhr 58 Minuten vormittags.) Druck von J. N. Teutsch in Bregenz. Borarlberger Landtag. 5. Sitzung am 30. September 1913 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 26 Abgeordnete. Regierungsvertreter: Herr k. k. Hofrat Rudolf Graf von Thun-Hohenstein. Beginn der Sitzung um 10 Uhr 40 Minuten vormittags. Landeshauptmann: Ich erkläre die heutige Sitzung für eröffnet und ersuche um Verlesung des Protokolles der letzten Sitzung. (Sekretär verliest dasselbe.) Hat jemand zur Fassung des soeben verlesenen Protokolles eine Bemerkung zu machen? — Wenn dies nicht der Fall ist, betrachte ich dasselbe als genehmigt. Es ist mir ein Einlaufstück zugekommen, nämlich eine Eingabe der Stadtgemeinde Dornbirn, um Erwirkung der jährlichen Subvention aus Landesmitteln zu den Kosten der sachlichen Erfordernisse der Stickerei­ fachschule, überreicht durch den Herrn Abgeordneten Engelbert Luger. Wegen der Kürze der uns noch zur Verfügung stehenden Zeit möchte ich die Anregung machen, daß dieser Gegenstand auf kurzem Wege dem volkswirt­ schaftlichen Ausschusse zur Vorberatung und Bericht­ erstattung zugewiesen wird. — Es wird keine Einwendung erhoben. Wir kommen nun zur Tagesordnung. Auf der­ selben steht als erster Punkt der Voranschlag des Landeskulturrates pro 1914. Dieser Gegenstand eignet sich seinem Wesen nach zur Zuweisung an den landwirtschaftlichen Ausschuß. — Wenn keine Einwendung erhoben wird, nehme ich an, daß die Zustimmung gegeben ist. Wir kommen nun zum zweiten Punkte der Tages­ ordnung, zum Berichte des Finanzausschusses über den Rechenschaftsbericht des Landesaus­ schusses und die Rechnungsabschlüsse der landschaftlichen Fonds. Berichterstatter in dieser Angelegenheit ist Herr Abgeordneter Müller; ich ersuche ihn, sich auf die Tribüne zu begeben und den Bericht vorzutragen. Bevor dies geschieht, möchte ich noch auseinander­ setzen, wie ich konform den früheren Jahren vorzu­ gehen gedenke.