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Letzte Änderung 03.07.2021, 11:22
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp10,lts1914,lt1914,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 13. Sitzung am 22. Mai 1914 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig: 23 Abgeordnete. - Abwesend die Herren: Wegeler, Loser, Luger. Regierungsvertreter: Herr k. k. Hofrat Rudolf Graf von Thun-Hohenstein. Beginn der Sitzung um 10 Uhr 38 Minuten vormittags. Landeshauptmann: Ich erkläre die heutige Sitzung für eröffnet und ersuche um Verlesung des Protokolles der letzten Sitzung. (Sekretär Wachter verliest dasselbe.) Hat jemand eine Bemerkung zum verlesenen Protokolle zu machen? Wenn das nicht der Fall ist, so betrachte ich dasselbe als genehmigt. Es sind mir zwei Einlaufstücke zugekommen, das erste betrifft eine Eingabe des Verbandes für Fremdenverkehr für Vorarlberg und Liechtenstein, womit gegen die projektierte Erlassung eines Gesetzentwurfes betreffend die Einhebung einer Automobilsteuer Einwendung erhoben und insbesonders vom Standpunkte des Fremdenverkehrs ein derartiges Gesetz als nachteilig erklärt wird. Schließlich empfiehlt der Verband für Hebung des Fremdenverkehrs, wenn nicht von der Erlassung des Gesetzes ganz abzusehen sei, doch Erleichterungen im Gesetze einzuführen. Tiefe Eingabe ist an den Landesausschuß gelangt gerade zu einer Zeit, als der volkswirtschaftliche Ausschuß eine Sitzung abhielt, um sich mit diesem Gesetzentwürfe zu beschäftigen, und konnte daher noch zur Kenntnis gebracht, beziehungsweise wenigstens in einigen Punkten berücksichtigt werden. Ich glaube, es wird darauf verzichtet, eine formelle Behandlung dieser Eingabe erst noch vorzunehmen, nachdem dieser Gegenstand heute ja in Verhandlung steht, und ich werde mir erlauben, in meiner Eigenschaft als Berichterstatter des volkswirtschaftlichen Ausschusses auf diese Eingabe zurückzukommen. Desgleichen ist mir eine Eingabe zugekommen vom Vorarlberger Müilerverbande, überreicht durch die Herren Abgeordneten Franz Natter und Jodok Fink. Ich bitte, diese Eingabe zu verlesen. (Sekretär liest.) Tiefer Gegenstand eignet sich zur Vorberatung am besten im landwirtschaftlichen Ausschusse und ich möchte die Anregung geben, daß er sofort 2 13. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 10. Periode 1913/14. in formelle Behandlung gezogen und diesem Ausschusse zugewiesen werde. Es erfolgt feine Einwendung. Für die heutige Sitzung hat sich der Herr Abgeordnete Luger entschuldigt, da er bei einer wasserrechtlichen Verhandlung für die Stadt Dornbirn zu intervenieren hat und diese Verhandlung unaufschiebbar ist und seine Anwesenheit erfordert. Herr Abgeordneter Loser, der durch einige Zeit in unseren Verhandlungen tätig war, ist wieder zur Fortsetzung der Delegationssession nach Budapest abgereist. Wir kommen nun zur Tagesordnung. Bevor ich in dieselbe eingehe, bemerke ich, daß ich eine Ergänzung derselben vorgenommen habe. Ich habe noch zwischen dem 4. und 5. Punkte einen neuen 5. Punkt eingesetzt, den Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über die Sicherstellung der Regulierung der Dornbirnerach im Gemeindegebiete von Dornbirn sowie der Ill in den Gemeindegebieten von Schruns und Tschagguns (Schrunserfeld) und der Ill von der Kapfschlucht abwärts bis zur Mündung in den Rhein. Dieser Bericht ist den Herren schon zugekommen, ich möchte aber, wenn ein Widerspruch erhoben wird gegen diese nachträgliche Einfügung in die Tagesordnung, diesem Wunsche entsprechen, weil die Zeit eine kurze ist, seit die Herren im Besitze des Berichtes sind. Wenn aber kein Widerspruch erfolgt, werde ich ihn auf der Tagesordnung lassen und den bisherigen 5. als 6. Punkt derselben beifügen. Der erste Punkt unserer Tagesordnung ist der Bericht des Petitionsausschusses über das Gesuch des Kinderrettungsvereines auf Jagdberg um eine Subvention. Berichterstatter in dieser Angelegenheit ist der Herr Abgeordnete Dekan Mayer; ich erteile ihm das Wort. Dekan Mayer: Hohes Haus! Der Kinderrettungsverein in Jagdberg hat in früheren Jahren wiederholt den hohen Landtag beschäftigt. In den letzten Jahren hat sich in der Bevölkerung die Meinung ausgebildet, daß der Kinderrettungsverein materiell sehr gut stehe. Ein Gesuch um Unterstützung an den hohen Landesausschutz beweist das Gegenteil. Im vorliegenden Berichte wird nachgewiesen, daß der Kinderrettungsverein vollberechtigt war, ein Bittgesuch um Unterstützung an den hohen Landtag zu stellen, denn zunächst hat diesen Verein ein großes Brandunglück getroffen und hat er für ein Manko von K 10.893 74 aufzukommen. Ferner ist es dadurch, daß eine außerordentliche Sammlungstätigkeit in Vorarlberg -eingesetzt hat, gekommen, daß dem Vereine viele Mitgliederbeiträge entgangen sind, welcher Abgang in den letzten Jahren sich auf K 1800'- beziffert. Ferner weist das Gesuch darauf hin, daß im Besitze des Vereines die Ruine Jagdberg ist und daß der Verein im Laufe der Zeit in die Lage kommen wird, diese Ruine zu restaurieren. Der Petitionsausschutz, der diese Gründe gewürdigt hat, konnte nicht umhin, den Antrag zu stellen, daß eine namhafte Unterstützung mit einem einmaligen Beitrage von K 4000'- gewährt werde. Der Antrag lautet: Der hohe Landtag wolle beschließen: "Dem Kinderrettungsvereine in Vorarlberg wird aus Landesmitteln ein einmaliger Unterstützungsbeitrag oon K 4000' - für das Jahr 1915 gew äh rt." Ich bitte um Annahme dieses Antrages. Landeshauptmann: Indem ich die Debatte eröffne, erteile ich das Wort Sr. bischöflichen Gnaden, der sich schon vorher dazu gemeldet hat. Bischof Dr. Waitz: Hohes Haus! Das vorliegende Gesuch verdient wohl aus mehreren Gründen wärmste Unterstützung. Beide Anstalten, der Jagdberg und das Marienheim, sind errichtet worden von der privaten Wohltätigkeit. Es heißt im Berichte auch: "Bestünden die zwei Anstalten des Kinderrettungsvereines heute nicht, so müßten sie geschaffen werden." Man kann wohl hinzufügen, würden sie von der privaten Wohltätigkeit nicht geschaffen worden sein und nicht erhalten werden, so müßte das Land diese Anstalten errichten. In anderen Ländern können solche Anstalten der privaten Wohltätigkeit jährlich auf 13. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VL Session der 10. Periode 1913/14. 3 bestimmte Beiträge und Subventionen rechnen, vom Lande, von größeren Städten, von den Überschüssen der Sparkassen und dergleichen. Hier haben mir es mit einer Anstalt zu tun, welche mit sehr großen Opfern der privaten Wohltätigkeit bereits durch eine Reihe von Jahren erhalten wird. Würde das Land diese übernehmen und durchführen müssen, so würde man sehen, welche Summe von Arbeit und welche Summe von Opfern geleistet werden müßten. Es ist somit durch die private Wohltätigkeit eine bedeutende Entlastung für das Land geleistet worden. Das Bedürfnis dieser Anstalt läßt sich mit folgendem etwas näher beleuchten. Die eine ist eine Anstalt für schwachsinnige, die andere für verwahrloste Kinder, die schwachsinnigen Kinder, wie sie im Marienheim bei Bludenz unterrichtet, erzogen und ausgebildet werden, bedürfen einer besonders eifrigen Fürsorge. Man geht in verschiedenen Ländern daran, Schulen einzurichten, wo Lehrer eigens ausgebildet werden für die Heranbildung solcher Kinder, es werben eigene Kurse abgehalten für Lehrpersonen, welche sich der Erziehung und dem Unterrichte schwachsinniger Kinder widmen. Das Marienheim in Bludenz ist eine solche Anstalt, wo mit unermüdlichem Fleiße und mit unendlich vieler Mühe den schwachsinnigen Kindern das geboten wird, was wir mit menschenwürdiger Tätigkeit bezeichnen. Ich habe einmal Gelegenheit gehabt, bei einem Caritastag in Deutschland den Bericht des Direktors einer solchen Anstalt zu hören. Er schilderte in ergreifender Weise, was für eine Freude es sei, wenn es durch monatelange, ja jahrelange Tätigkeit erreicht werde, daß ein Kind, das bisher den Gebrauch der Vernunft nicht hatte, denselben nun erlange, wie das Aufleuchten des Menschengeistes die jahrelangen Bemühungen befriedige und belohne und den Lehrer reich beglücke, der durch seine Arbeit die schwachsinnigen Kinder zu menschenwürdiger Tätigkeit heranbildet. Es ist eine überaus große Wohltat und deshalb muß man es begrüßen, daß eine solche Anstalt in unserem Lande besteht und von der privaten Wohltätigkeit erhalten und durchgeführt wird. Das andere ist eine Anstalt für verwahrloste Kinder, die dem eigenen Familienheime entzogen werden müssen, weil sie in ihrem Elternhause eine Gefahr für die Sittlichkeit erfahren. Es ist ein trauriges Bild, wenn ein Kind von den Eltern das nicht hat, worauf die Natur selbst den Anspruch ins Herz legt. Solche Kinder können in Familien nicht untergebracht werden, sie müssen auch der Volksschule entzogen werden, weil sie für andere Kinder eine Gefahr bilden. Sind die schwachsinnigen Kinder gewöhnlich in gewisser Beziehung ein Hindernis für den regelmäßigen Unterricht, so sind die verwahrlosten Kinder ein viel größerer Schaden für eine solche Schule. Aus diesen Erwägungen ergibt sich, was für eine große Wohltat einerseits den Kindern, andererseits den Familien und endlich den Schulen und selbst den Gemeinden bereitet wird, wenn die private Wohltätigkeit eine solche Anstalt errichtet und durchführt und mit vielen Opfern auch erhält. Ich habe Gelegenheit genommen, beide Anstalten zu besichtigen, und ich will diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, ohne öffentlich meine Anerkennung auszusprechen dem Herrn Direktor dieser Anstalt sowie den Kreuzschwestern, die diese Anstalten durchführen. Wer immer diese Anstalten besucht und mit einigem Verständnis die Erziehungserfolge beobachtet, das, was hierin geleistet wird, würdigt, der wird einer solchen öffentlichen Anerkennung - es ist nicht oft Gelegenheit dazu geboten - seine Zustimmung enteilen. Ich will noch ein Wort hier sprechen über die Notlage, von der bereits geredet wurde. Derartige größere Anstalten haben immer damit zu rechnen, daß das anfänglich lebhafte Interesse nachläßt, weil andere Versammlungen und Vereine die Aufmerksamkeit davon ablenken. Es ist schwer, ein solches Interesse gleich lebhaft zu erhalten, außerdem sind solche von der privaten Wohltätigkeit erhaltene Anstalten nicht darauf eingerichtet, daß, auf außerordentliche Fälle Rücksicht genommen wird. Hier liegt das vor, daß nämlich infolge eines Brandunglückes ein neues Ökonomiegebäude errichtet werden mußte und daß durch die Versicherung die tatsächliche Summe der Kosten nicht gedeckt werden konnte, die durch den Neubau erwachsen sind. Aber nicht bloß diese außerordentlichen Ausgaben haben es nötig gemacht, eine Petition einzureichen, sondern auch die Schwankung im Jahresbudget, das Nachlassen des Eifers und 4 13. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 10. Periode 1913/14. der Umstand, daß in manchen Kreisen die Meinung besteht, diese Anstalt brauche nicht beständig derartige Fürsorge durch die private Wohltätigkeit. Wenn eine Anstalt mehrere Jahrzehnte besteht und wenn nahezu 100 Kinder immer dort erhalten werden, bildet sich die Meinung in der Bevölkerung, ja das geht von selbst, das geht immer so weiter, und man kümmert sich nicht, ob diese Mittel regelmäßig der Anstalt zufließen. Ich erachte es als meine Pflicht, bei dieser Gelegenheit den wärmsten Appell an die breite Öffentlichkeit zu richten, daß die private Wohltätigkeit beiden Anstalten sich lebhafter als bisher wieder zuwenden möge. Diese beiden Anstalten bilden eine Ehre für das Land Vorarlberg, andere Länder haben keine solchen Anstalten, sie würden sich aber glücklich schätzen, solche zu haben. Tie Anstalten brauchen die regelmäßige Mildtätigkeit und Wohltätigkeit, sie sind darauf angewiesen und es ist notwendig, von Zeit zu Zeit einen warmen Appell an die Bevölkerung zu richten. Tie Wohltat dieser Anstalten ist eine so große, daß es keiner weiteren Begründung mehr bedarf, und deshalb erneuere ich diesen Appell und bitte, das Subventionsgesuch günstig erledigen zu wollen. Landeshauptmann: Wer wünscht weiter das Wort? Wenn niemand sich meldet, ist die Debatte geschlossen und wenn der Herr Berichterstatter nichts mehr beizufügen wünscht, können wir zur Abstimmung schreiten. Ich ersuche alle jene Herren, die mit dem Antrage, wie er verlesen worden ist, einverstanden sind, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Damit ist dieser Gegenstand erledigt und es obliegt mir in meiner Eigenschaft als Vorstand dieses Kinderrettungsvereines, welche Stelle ich bereits seit seiner Gründung, also seit beinahe 30 Jahren bekleide, die Pflicht, den verbindlichsten Dank dem hohen Hause auszusprechen für den Beschluß, einen so ansehnlichen Beitrag im kommenden Jahre dem Vereine zuzuwenden. Gleichzeitig benütze ich die Gelegenheit, den Dank als Vorstand dieses Vereines jenen Damen und Herren gegenüber zum Ausdrucke zu bringen, welche im letzten Sommer durch die Veranstaltung des Blumentages in Bregenz und im ganzen Lande und durch die Zuweisung eines großen Teiles des Erträgnisses an den Kinderrettungsverein sehr namhaft für den Verein selbst gewirkt und gearbeitet haben. Wir kommen nun zum zweiten Gegenstände, das ist der mündliche Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über den Gesetzentwurf betreffend die Besteuerung der Kraftwagen. Ich ersuche den Herrn Landeshauptmannstellvertreter den Vorsitz zu übernehmen. (Landeshauptmannstellvertreter übernimmt den Vorsitz.) Landeshauptmannstellvertreter: Zu dem ihnen bereits vom Herrn Vorsitzenden mitgeteilten Verhandlungsgegenstande ersuche ich den Berichterstatter, den Herrn Landeshauptmann, die Debatte einzuleiten. Rhomberg: Hohes Haus! Der Landesausschuß hat dem hohen Hause gemeinsam mit einem Motivenberichte einen Gesetzentwurf in Vorlage gebracht betreffend die Einführung einer Abgabe für Kraftfahrzeuge. Der volkswirtschaftliche Ausschuß hat diesen Gesetzentwurf einer eingehenden Beratung unterzogen und mich beauftragt, einen mündlichen Bericht zu erstatten, wobei der Gesetzentwurf selbst, wie er in Beilage 39 A dem Motivenberichte des Landesausschusses beigegeben war, als Grundlage der Spezialberatung zu dienen hat, und ich werde mir nur erlauben, die Abänderungsanträge des volkswirtschaftlichen Ausschusses, die derselbe vorzunehmen befunden hat, dem hohen Hause bekannt zu geben. Im allgemeinen möchte ich mich berufen aus das, was im Motivenberichte bereits hervorgehoben ist; nur einige Momente will ich noch näher beleuchten, die teils im Motivenberichte enthalten sind, teils im volkswirtschaftlichen Ausschusse als notwendig zu erörtern befunden wurden. In erster Linie möchte ich kurz noch einmal die Tatsache betonen, daß die Landesgesetzgebung in dieser Frage unzweifelhaft zuständig ist. Schon die sogenannte Dezemberverfassung, 13. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 10. Periode 1913/14. 6 nämlich das Grundgesetz vom 21. Dezember 1867 hat die Bestimmung enthalten, wonach alle jene Gegenstände, welche nicht taxativ im zitierten Staatsgrundgesetze zur Kompetenz des Reichsrates gehörig ausgezählt sind, ausnahmslos der Kompetenz der Landesbehörde zustehen. Es braucht nun nicht eigens darauf hingewiesen zu werden, daß es in der damaligen Zeit noch gar keine Auto gab, und deshalb konnte auch die Besteuerung der Automobile nicht als in die Kompetenz des Reichsrates gehörig in die Dezemberverfassung eingefügt werden. Aber die Abänderung des Grundgesetzes vom 21. Dezember 1867, wie sie gelegentlich des Zustandekommens des gegenwärtig bestehenden Wahlrechtes für die Reichsvertretung beschlossen und Allerhöchst genehmigt wurde, spricht sich noch deutlicher aus. § 12 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung vom 21. Dezember 1867 wirb durch Artikel III des Gesetzes vom 26. Jänner 1907, R. E. BI. Nr. 15, in nachfolgender Weife ergänzt: Im ersten Absätze ist wörtlich herübergenommen, daß alle Gegenstände, welche nicht ausdrücklich dem Reichsrate vorbehalten sind, in den Wirkungskreis der Landtage gehören. Dann heißt es im zweiten Absätze wie folgt: "3n Angelegenheiten, welche hienach auf Grund der Landesordnungen und dieses Staatsgrundgesetzes zum Wirkungskreise der Landesgesetzgebung gehören, kann letztere die zur Regelung des Gegenstandes erforderlichen Bestimmungen auch auf dem Gebiete der Strafjustiz- und Polizeistraf- sowie der Zivilrechtsgesetzgebung treffen. In den Wirkungskreis der Landesgesetzgebung gehören auch solche Verfügungen über die Organisation der staatlichen Verwaltungsbehörden, welche durch die Kompetenz der Landesgesetzgebung zur Organisation der autonomen Verwaltungsbehörden bedingt sind und sich innerhalb der gemäß § 11, lit. I dieses Staatsgrundgesetzes der Reichsgesetzgebung vorbehaltenen Grundzüge bewegen." Es ist damit klar ausgedrückt, Gegenstände, welche an und für sich einigermaßen oder teilweise in die Kompetenz des Reichsrates gehören, könnten wie z. B. strafgesetzliche Bestimmungen nach Umständen doch fallweise der Kompetenz der Landtage überwiesen werden und daß dann von selbst die Kompetenz auch auf diesen gesetzgeberischen Teil ausgedehnt erscheint. Also es ist außer allem Zweifel, daß der Landtag kompetent ist zur Erlassung eines solchen Gesetzes. Es hat zwar auch das Parlament einen solchen Gesetzentwurf beraten und beschlossen; ohne Zweifel kann man die Kompetenz in diesem Falle auch dem Parlamente nicht absprechen, weil es sich Hiebei um Schaffung einer neuen Abgabe für das ganze Gebiet der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder handelt, während unser Gesetzentwurf selbstverständlich eine Abgabe nur für das Land Vorarlberg beinhaltet. Es ist aber dem hohen Hause bekannt und im Motivenbericht enthalten, daß infolge der divergierenden Beschlüsse beider Häuser im Reichsrate, wenn diese auch keine tiefeinschneidenden Verschiedenheiten auswiesen, der Gesetzentwurf der Allerhöchsten Sanktion nicht unterbreitet werden konnte und eine Übereinstimmung nicht mehr zustande zu bringen war infolge der mittlerweile mit Macht einsetzenden unglücklichen Obstruktion, die nicht bloß dies unmöglich macht, sondern auch einen zweiten, losen Teil des kleinen Finanzplanes, das Gesetz über die Besteuerung der Wetten und Buchmacher, zum Abschluß zu bringen verhinderte, wenn auch anzunehmen ist, daß bei geordneten Verhältnissen im Parlamente, was wir alle erhoffen, wenn auch nicht als sehr wahrscheinlich ansehen, diese beiden Gesetzentwürfe immer noch beschlossen werden und daß auf dem Wege der Reichsgesetzgebung dann eine Besteuerung der Kraftfahrzeuge doch noch platzgreifen wird. Im gegenwärtigen Augenblicke tangiert dieses in gar keiner Weise die Landesvertretung, nachdem es sich bei uns eben um eine Landesabgabe handelt. Ich glaube aber, - ich spreche hier nicht als Berichterstatter, sondern als Privatmann - daß dann, wenn die Regierung und beide Häuser des Reichsrates, besonders das Herrenhaus, dem ich anzugehören die Ehre habe, sich nochmals entschließen sollen, einen Gesetzentwurf zu beschließen, wonach eine Reichsabgabe von Kraftfahrzeugen geschaffen würde, wenn diese Abgabe entsprechend hoch ist und das Erträgnis auch den Straßen der Länder 13. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 10. Periode 1913/14. 6 zum Teile zugute kommt, der Vorarlberger Landtag fein Hindernis bilden würde, in einem solchen Falle den früher beschlossenen Gesetzentwurf eventuell aufzuheben oder entsprechend abzuändern, um die Wirksamkeit und den Effekt einer Besteuerung der Automobile auf reichsgesetzlichem Wege nicht zu beeinträchtigen. Die Besteuerung der Automobile ist eine Notwendigkeit. Ich muß bemerken, daß allüberall sich das Bestreben geltend macht, neue Einnahmsquellen für Länder, das Reich und auch für die Gemeinden zu schaffen. Unser Land selbst, das bis vor wenigen Jahren vollkommen geordnete Finanzverhältnisse hatte, ist durch die Hochwasserkatastrophe sehr schwer mitgenommen worden und mußten die bestehenden Steuern erhöht und neue eingeführt werden. Eine Abgabe auf Kraftfahrzeuge, hohes Haus, ist eine ganz eigenartige Besteuerung, die sich sehr wesentlich unterscheidet von allen Arten der gegenwärtigen direkten Steuern und Zuschläge; eine Steuer, welche die gut situierten Leute ganz hervorragend trifft, während kleine Leute soviel wie gar nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Denn, wenn jemand in der Lage ist, sich ein Kraftfahrzeug zu halten, gehört er unbedingt zu den besser situierten Leuten. Eine solche Besteuerung der Kraftfahrzeuge wird aber auch in Vorarlberg, wenn sie einmal durchgeführt ist, ein ganz anständiges Erträgnis geben und dieses soll dann nach dem Gesetzentwürfe zur Hälfte für die Reichsstraßen, auf denen der Automobilverkehr am stärksten ist, verwendet werden; die andere Hälfte für Gemeinde- und Konkurrenzstraßen, insoweit sie dem Automobilverkehr geöffnet sind. Eine Besteuerung ist also notwendig, weil sie eine neue Einnahmsquelle für das Land schafft. Andererseits fit es eine bekannte Tatsache, daß die Straßen und Wege, die von den Automobilen befahren werden dürfen, schon durch das Gewicht eines Kraftwagens ganz anders mitgenommen werden als durch eine gewöhnliche Equipage oder ein Fuhrwerk; ihre Erhaltung erfordert daher auch viel mehr Mittel und es ist deshalb umso wertvoller, .ein Äquivalent für solche Mehrkosten zu erhalten. Die Besteuerung wird von der Bevölkerung endlich auch dringend gewünscht. Man braucht nur die öffentlichen Blätter nachzulesen und zu verfolgen und wird finden, wie oft auf dieses Kapitel hingewiesen wird, besonders aus dem Grunde, weil leider auch viele Rücksichtslosigkeiten der Automobilisten vorkommen, welche unsere Gegenden förmlich durchrasen und vielfach ungestraft einer Übertretung der bestehenden polizeilichen Vorschriften sich schuldig machen, welche nur bestimmte Marimalgeschwindigkeiten in geschlossenen Ortschaften zulassen. Ich verweise ferner auf eine Eingabe vom 12. August 1911, welche von sämtlichen Gemeinden des Gerichtsbezirkes Feldkirch dem hohen Hause übermittelt und vom Landtage dem Landesausschusse mit allen anderen einschlägigen Gegenständen überwiesen wurde. In dieser Eingabe wurde unter Berücksichtigung der verschiedenen Momente bringend die Schaffung eines Automobilsteuergesetzes urgiert und verlangt. Dieser Eingabe gegenüber steht allerdings die heute schon am Eingang der Sitzung erwähnte Eingabe des Fremdenverkehrsverbandes für Vorarlberg und Liechtenstein, die vor einigen Tagen dem Landesausschusse übermittelt wurde. Die Verbandsvorstehung spricht sich darin gegen die Einhebung einer Abgabe für Automobile aus und zwar aus Gründen der Hebung des Fremdenverkehrs, welcher hiedurch namhaft geschädigt werden könnte, und weist darauf hin, daß die von Deutschland mit Kraftfahrzeugen kommenden Fremden durch die Besteuerung der Automobile abgehalten werden könnten, unser Land zu besuchen, wenn die Fremden hier eine neue Abgabe zu leisten hätten. Ich gehöre selbst dem Fremdenverkehrsverbände als Mitglied des Ausschusses seit Gründung an und habe im Ausschusse scholl öfters darauf hingewiesen und möchte das hier wiederholen, ich bin nämlich der Anschauung, daß es mindestens >ehr zweifelhaft ist, ob bei uns in Vorarlberg das zu starke Überhandnehmen der Automobile dem Fremdenverkehre besonders nütze. Ich habe darauf hingewiesen: wir sind ein kleines Land, das von den ausländischen Automobilisten einfach meist, ahne Aufenthalt darin zu nehmen, durchführen wird. Sie kommen über die Grenze herein und fahren einfach durch, in anderthalb Stunden - glaube ich - sind sie schon am Arlberg, und das Land hat von diesen Leuten gar nichts. Diejenigen Fremden, welche etwa mit Auto hieher kommen und einen Ausflug machen, 13. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 10. Periode 1913/11 1 kommen allerdings auch etwas in Betracht, diese werden aber dadurch nicht vom Besuche Vorarlbergs abgehalten, ebenso wie sich Automobilisten durch die Taxe in Deutschland oder der Schweiz nicht abhalten lassen, diese Länder zu besuchen. Nach den Beschlüssen des volkswirtschaftlichen Ausschusses iii nun für solche Fahrten eine Abgabe zu entrichten, welche wirklich minimal genannt werden muh und nicht ins Gewicht fallen wird. Ich konstatiere aber andererseits gerade vom Standpunkte des Fremdenverkehres aus, daß umgekehrt die allzustarke Benützung der Strafen mit Automobilen dem Fremdenverkehre in anderer Richtung sehr schädlich ist. Es gibt in Tirol und Vorarlberg eine Reihe von Orten, die früher sehr besuchte Sommerfrischorte waren, die aber heute vielfach gemieden werden, weil sie Tag für Tag von Hunderten von Automobilen durchsaust werden. Die Leute waren früher gewohnt, sich ein Plätzchen auszusuchen, wo sie ihre überreizten Nerven ausruhen lassen und sich gemütlich der Sommerfrisch hingeben konnten. Jetzt sehen sie Tag für Tag diese Staubplage vor sich und müssen schon früh morgen bis spät nachts das ewige Getute und sonstige Geräusch hören; der Fußgängerverkehr ist vielfach eine Unmöglichkeit geworden. Ich weise nur darauf hin, daß im Ampezzanertale früher außerordentlich besuchte Sommerfrischen bestanden, heute werden die Hotels in diesen Orten nur mehr von Passanten benützt, weil eben dort täglich 100-200 Automobile vorbeirasen. Ader nehmen wir unsere speziellen Vorarlberger Verhältnisse her, zum Beispiel Bregenz. Bis jetzt war es einer der schönsten Spaziergänge, den See entlang gegen Lochau und Lindau zu gehen. Heute ist vielfach dies zur Unmöglichkeit geworden, soll jemand nicht die ganze Lunge voll Staub mit nach Hause bringen. Man muß asphaltieren und sonst alle möglichen Vorkehrungen treffen, nur um die Möglichkeit der Benützung der Straße durch andere, nicht zu den Automobilisten gehörende gewöhnliche Sterbliche zu erhalten. Jede Sache hat zwei Seiten. Ich bin für den Fremdenverkehr schon tätig gewesen, als noch in dieser Richtung keine Vereinsbestrebungen im Lande bemerkbar waren, ich habe in Dornbirn in dieser Beziehung seinerzeit viel getan; ich bin aber der Überzeugung, wenn diese Steuer auch den einen oder anderen etwas trifft, überwiegt doch der Nachteil, den das zu starke Überhandnehmen der Automobile mit sich bringt, den ganz minimalen Entgang für einzelne Orte durch geringere Frequenz von Autos. Alle benachbarten Bodenseeuferstaaten, Württemberg, Baden und Bayern, oann einige Schweizer Kantone, wie St. Gallen, Thurgau, ja sogar das winzige Fürstentum Liechtenstein, haben bereits eine solche Abgabe in irgend einer Form, diese Gegenden sind gewiß aud) solche, in denen der Fremdenverkehr eine gewaltige Rolle spielt, wie gerade in den Bodenseeuferstaaten.. Dir Schweiz als Fremdenverkehrsland kat exochen hat solche Abgaben, und es gibt doch kein Land, in welchem für den Fremdenverkehr so viel getan wird, wie gerade dort, und die Schweiz geht noch viel weiter. Dort bestehen sehr strenge Bestimmungen in bezug auf die Übertretung der polizeilichen Vorschriften wegen zu schnellen Fahrens mit Kraftfahrzeugen, Verordnungen, die nicht bloß erlassen, sondern auch durchgeführt werden. Schnelles Fahren straft man dort gleich mit 200 bis 300 Franken, während man bei uns solche Wildlinge gemütlich weiterfahren läßt. Es gibt ferner in der Schweiz Gegenden, die vom Fremdenverkehr außerordentlich stark besucht werden, wie zum Beispiel das Engadin, in denen aber Automobilverkehr überhaupt nicht gestattet ist. Ebenso nicht auf den Übergängen über hohe Pässe; ich erinnere an den Klausenpaß, den Furkapaß und verschiedene andere. Warum soll jetzt das kleine Land Vorarlberg nicht auch eine Steuer erheben, wenn das winzige Liechtenstein für eine Fahrt pro Woche K 5 - und bis zur Dauer eines Jahres K 60 - einhebt bei Automobilen, die dieses Land berühren. Vorarlberg kann in dieser Frage für Österreich bahnbrechend werden. Es wäre das erste Kronland, welches ein Automobilsteuergesetz zustandegebracht hätte. Nachdem ich somit die Gründe alle entwickelt habe, die für eine selbständige Landesabgabe sprechen, empfehle ich dem hohen Hause die Annahme des Antrages des volkswirtschaftlichen Ausschusses, welcher lautet: "Dem beifolgenden Gesetzentwürfe betreffend die Einführung 8 13. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 10. Periode 1913/14. einer Abgabe von Kraftfahrzeugen wird die Zustimmung erteilt." Ich behalte mir vor, bei der Spezialdebatte jene Abänderungen zur Verlesung zu bringen, welche der volkswirtschaftliche Ausschuß bei den einzelnen Paragraphen des Gesetzentwurfes vorzunehmen beantragt hat, und welche dahin gehen, daß eine Herabsetzung der Taren gegenüber dem ersten Antrage des Landesausschusses platzgreifen soll, und anderseits auch eine passende Art der Einhebung der Abgaben von Ausländern, die in unser Land kommen, vorschlägt. Ich bemerke noch, dah, ich die Anträge bei den einzelnen Paragraphen bekannt geben werde. Landeshauptmannstellvertreter: Die Herren haben den Bericht und Antrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses gehört. Ich eröffne sowohl über den Bericht als auch über den Gesetzentwurf die Generaldebatte. Das Wort hat der Herr Regierungsvertreter. Regierungsvertreter: Hohes Haus! Ich möchte nur kurz mitteilen, dah, ich nicht in der Lage bin, zum Antrage namens der Regierung Stellung zu nehmen, weil ich weder von Innsbruck noch Wien Instruktionen erhalten habe, da die Zeit zu kurz war. Landeshauptmannstellvertreter: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Peer. Dr. Peer: Hohes Haus! Wir alle, die wir das Vergnügen haben, unseren verehrten Herrn Landeshauptmann zu kennen, wissen, daß das Automobil sein persönliches Schmerzenskind ist, und es ist deshalb nicht zu verwundern, wenn er dem vorliegenden Gesetzentwürfe jenes etwas weitergehende Mäh von Liebe zugewendet hat, das man einem Schoßkinde zuzuwenden pflegt. Ich glaube aber, der verehrte Herr Landeshauptmann geht in beiden Richtungen etwas zu weit. Wir werden das Automobil, das vielfach als Behinderung der alten Gemütlichkeit empfunden wird, gewiß nicht mehr los werden. Tas Automobil ist heute ebenso ein notwendiges Verkehrsmittel, wie die Eisenbahn und wenn bedauerlicherweise es unter den Automobilisten auch immer Wildlinge gibt, die sich förmlich zum Zwecke zu setzen scheinen, durch ihr Vehikel anderen Menschen das Leben so unangenehm als möglich zu machen, so dürfen dafür die manierlicheren nicht verantwortlich gemacht werden; und wenn heutzutage die Verkehrswege noch nicht derartig ausgestaltet sind, daß Fuhrwerke, Passanten und Automobile vollkommen unbehindert und gefahrlos nebeneinander verkehren können, so dürfte es doch höchst wahrscheinlich einer ferneren Zukunft beschieden sein, in dieser Beziehung ausgleichenden Wandel zu schaffen und eine Besserung herbeizuführen. Ich habe mit besonderem Vergnügen die Mühe verfolgt, die sich der verehrte Herr Landeshauptmann bei der Begründung jener Frage gegeben hat, ob der Landtag in verfassungstechnischer Hinsicht berechtigt ist, ein solches Gesetz zu beschließen, und ich pflichte den Ausführungen des Herrn Landeshauptmannes vollständig bei; aber es ist mir dabei eine kleine Anekdote durch den Sinn gegangen. Es ging einmal ein Tiroler Holzhacker mit seinem Sohne aus dem Walde nach Hause, wurde von der langen Arbeit hungrig und von der langen Zeit. Wie sie in die Nähe des Hauses kamen, sagte der Holzhacker: "So Gott will, kriegen wir heute Knödel." Darauf erwiderte der Kleine: "Wenn Gott lange will und die Mutter nicht, kriegen wir doch keine Knödel." So ähnlich steht es mit dem Gesetzentwurf und der Regierung. Wer Gelegenheit hatte, in letzter Zeit die Verhandlungen zwischen Regierung und dem Landtage auf einem anderen Gebiete zu verfolgen, konnte die Überzeugung gewinnen, daß trotz des nachhaltigsten Bestrebens des Landtages ein gewiß notwendiges Gesetz, das bereits ein- oder zweimal das Haus passiert hatte, nicht Gesetz wurde, weil die Regierung in bestimmten Punkten nicht nachgibt. Ich glaube, daß auch im vorliegenden Falle dieser Gesetzentwurf und eine Beschlußfassung des Landtages darüber ein ballon d'essay, ein Versuchsballon sein werden. Doch besteht wenigstens die Möglichkeit, daß diese Aktion die Wirkung hat, daß diese Angelegenheit bei der Reichsvertretung in etwas flottere Behandlung gezogen wird. Mit diesem Gesetzentwürfe glaube ich, werden wir erfahren, was wir auch bei dem Gesetzentwürfe über den Waldaufsichtsdienst erfahren 13. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 10. Periode 1913/14. 9 haben, daß die Regierung nicht zustimmt, weil sie fürchtet, daß sie früher oder später in Kollision mit der Reichsorganisation kommen durfte: wir werden erfahren, daß das Gesetz nie der Kaiserlichen Sanktion unterbreitet wird. Immerhin glaube ich, daß die Gedanken, die dem Gesetze zugrunde liegen und die der Referent im schriftlichen Berichte ausgeführt hat, derartig zutreffend sind, daß ruhig von Seiten des hohen Hauses in die Spezialberatung des Gesetzentwurfes eingegangen werden kann. Wenn anfänglich Härten aufgetreten sind, die auch sofort von Fachkreisen bemängelt worden sind, so haben dieselben im Zuge der Beratungen und Verhandlungen im volkswirtschaftlichen Ausschusse eine so weitgehende Milderung erfahren, daß von dieser Seite aus berechtigte Bedenken gegen den vorliegenden, durch Abänderungsanträge modifizierten Gesetzentwurf nicht mehr vorgebracht werden können. Es wird hiedurch der Notwendigkeit Rechnung getragen, oie Automobile zu einer Besteuerung heranzuziehen, da sie zum großen Teile die Schuld tragen, daß die Verkehrswege ab und zu in einen Zustand gebracht werden, dem aus allgemeinen Mitteln abgeholfen werden muß und andererseits ist durch den abgeänderten Gesetzentwurf dem Umstände Rechnung getragen, daß nicht durch allzuhohe Besteuerung die Automobile, die aus dem Auslande kommen und die einen notwendigen Bestandteil der Mittel zur Förderung des Fremdenverkehrs bilden, vom Besuche unseres Landes abgehalten werden. Ich glaube daher, daß konform dem Wunsche des Herrn Berichterstatters in die Spezialdebatte eingegangen werden soll. Landeshauptmannstellvertreter: Wünscht jemand weiter das Wort? >Es ist nicht der Fall, somit ist die Generaldebatte geschlossen. Das Wort hat der Herr Berichterstatter. Rhomberg: Ich möchte nur dem geehrten Herrn Abgeordneten Dr. Peer erwidern bezüglich des ersten Teiles seiner Ausführungen, worin er mich als keinen besonderen Freund der Automobile erklärt hat. Ich bin der gleichen Anschauung wie der Herr Abgeordnete Dr. Peer, daß das Automobil das Vehikel der Zukunft sein wird und daß wir diese Entwicklung aufzuhalten nicht in der Lage sind. Es geht mit den Kraftfahrzeugen geradeso wie mit allen anderen Erfindungen, die im Lause der Zeit ihre Entwicklung durchgemacht haben. Alles dieses aber hindert mich nicht, für die Besteuerung der Automobile einzutreten. Es gibt bei uns noch sehr viele Dinge, die außerordentlich notwendig sind, die längst schon existieren und die auch einer Besteuerung unterzogen wurden, während die Automobile bis jetzt noch keiner Abgabe unterliegen, obwohl sie unsere Straßen sehr in Mitleidenschaft ziehen und bedeutende Kosten für deren Erhaltung verursachen. Damit will ich aber durchaus nicht einer besonderen Freundschaft oder Feindschaft den Automobilen gegenüber Ausdruck geben. Was die verfassungsrechtlichen Auseinandersetzungen des geehrten Herrn Kollegen anbelangt, so ist es ja möglich, daß die Regierung diesem Gesetzentwürfe gegenüber ein "Nein" aussprechen wird, wie sie es bereits zweimal bei dem Gesetzentwürfe betreffend die Regelung des Waldaufsichtsdienstes getan hat. Aber ich glaube, daß uns das nicht abhalten kann, einen tüchtigen Griff nach dieser Richtung hin zu tun; wie an es das erstemal nicht geht - steter Tropfen höhlt den Stein, wird es ein zweitesmal besser gehen, wenn einmal die Regierung ihren Standpunkt gekennzeichnet hat. Sollte der Gesetzentwurf auch die Allerhöchste Sanktion nicht bekommen, die Regierung aber dadurch veranlaßt werden, den dem Reichsrate vorliegenden Gesetzentwurf und damit die beabsichtigte Besteuerung der Kraftfahrzeuge von staatswegen mit aller Energie durchzuführen, so haben wir auch nichts dagegen und werden das um so mehr begrüßen, wenn es wirklich zur Erledigung kommen sollte. Allerdings hege ich diesbezugs ernste Zweifel, die es als sehr wahrscheinlich ansehen lassen, daß ein solches Gesetz im Parlamente infolge der unerquicklichen Verhältnisse dortselbst nicht zustande kommt, die schon seit Jahren bestehen und ganz andere Sachen verhindert haben, als das Automobilgesetz. Ich beantrage also nochmals das Eingehen in die Spezialdebatte. 10 13. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 10. Periode 1913/14. Landeshauptmannstellvertreter: Wir kommen jetzt zur Spezialdebatte. Ich würde den Vorschlag machen, daß jene Paragraphen, die keine Änderung erfahren haben und deren Wortlaut den Herren Abgeordneten schon längst bekannt ist, nur angerufen werden, dagegen alle jene Paragraphen zur Verlesung kommen, bei denen der volkswirtschaftliche Ausschutz gegenüber dem Vorschlage des Landesausschusses eine Abänderung empfiehlt. Wird etwas dagegen eingewendet? Es ist nicht der Fall. Ich ersuche daher den Herrn Berichterstatter, die einzelnen Paragraphen anzurufen. Rhomberg: § 1. Landeshauptmannstellvertreter: Angenommen. Rhomberg: § 2. Landeshauptmannstellvertreter: Angenommen. Rhomberg: § 3. Landeshauptmannstellvertreter: Angenommen. Rhomberg: Bei § 4 beantragt Der volkswirtschaftliche Ausschutz eine Abänderung. Der erste Absatz wäre unverändert, ebenso der zweite, nur der 3. Absatz enthielt eine Abänderung, so daß der § 4, wenn ich den gesamten Wortlaut zur Verlesung bringe, jetzt lautet, wie folgt: "Die Abgabe ist regelmäßig von der Steuerbehörde erster Instanz desjenigen Bezirkes, in welchem sich der Standort des Kraftfahrzeuges befindet, zu bemessen. Die Einzahlung hat bei dem Steueramte am Sitze der Bemessungsbehörde zu erfolgen. Für die über die tirolisch-vorarlbergische oder über die liechtensteinisch-vorarlbergische Landesgrenze eintretenden Kraftfahrzeuge findet die Bemessung und Einzahlung bei jenem Steueramte statt, dessen Bezirk das Fahrzeug in der Richtung seiner Fahrt zunächst berührt." Landeshauptmannstellvertreter: Wünscht jemand zu Z 4 das Wort? Es ist nicht der Fall, eine Einwendung erfolgt nicht, somit erkläre ich § 4 in der neu vorgeschlagenen Fassung für angenommen. Rhomberg: § 5. Landeshauptmannstellvertreter: Angenommen. Rhomberg: Bei § 6 beantragt der volkswirtschaftliche Ausschutz lediglich die Einschaltung zweier Worte. Am Schlüsse des zweiten Absatzes sollen nach dem Worte Abgabenbemessung die beiden Wörter "und Einzahlung" eingeschoben werden. Das übrige bleibt gleich. Es muß hier daraus aufmerksam gemacht werden, daß ein Druckfehler zu berichtigen ist; es soll heißen: "bezieht", statt beziehen. Ich möchte also auch diese Druckfehlerberichtigung noch zur Kenntnis bringen. Landeshauptmannstellvertreter: Wünscht jemand das Wort? Keine Einwendung betrachte ich als Zustimmung und erkläre den § 6 mit der vom Berichterstatter vorgeschlagenen Ergänzung und Korrektur als angenommen. Rhomberg: Bei § 7 sind die Sätze der einzelnen Abgaben festgelegt und gegenüber jenen Abgaben, die ursprünglich im Gesetzentwurf enthalten waren und die genau jenen im Gesetzentwürfe, wie er von beiden Häusern des Reichsrates mit geringen Modifikationen angenommen wurde, entsprachen, herabgemindert. Nachdem es sich um ein kleines Land handelt und nicht um das ganze Reich, konnte diese Herabsetzung auch erfolgen und ich stimme als Berichterstatter diesen Änderungen auch zu, mache jedoch heute schon den Vorbehalt, daß mir das nicht in der Körperschaft des Parlamentes, der ich anzugehören die Ehre habe, etwa so angerechnet werde, als ob ich damit für die Herabsetzung der im Reichssteuergesetzentwurfe enthaltenen Taren wäre. (Heiterkeit.) 13. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 10. Periode 1913/14. 11 § 7 wird demnach folgendermaßen lauten: der erste Teil bleibt unverändert, bis dorthin, wo es heißt: III 1. Tann würde er weiter lauten: 2. Für andere Kraftwagen an Grundtaxe 50 K (früher 60 K). An Zuschlag für jede Pferdekraft bei Kraftwagen: a) bis zu 10 Pferdestärken 2 K, (früher 4 K); b) von über 10, aber nicht mehr als 30 (früher 25) Pferdestärken 5 K (früher 8 K); c) von über 30 (früher 25), aber nicht mehr als 50 (früher 30) Pferdestärken 8 K (früher 10 K); d) von über 50 Pferdestärken 10 K (früher 12 K). Das übrige fällt also weg. Es ist das eine geringere Unterteilung und eine größere Spannweite für die einzelnen Unterteilungen nach Pferdestärken. Dann kommt drittens eine neue Bestimmung. "Geschäftskraftfahrzeuge, welche zeitweilig auch zum Personentransporte benützt werden, unterliegen dem fünften Teile der Sätze ad III." Das übrige bleibt gleich. Dieser letzte Passus ist hineingekommen, weil es tatsächlich vorkommt, daß Lastenautos, welche nach den Bestimmungen eines späteren Paragraphen von der Abgabe überhaupt befreit sind, von den Besitzern hie und da zu kleineren Fahrten benützt werden, indem man die Karosserie ändert und sie dann zum Personentransporte verwendet. In einem solchen Falle kann man billigerweise nicht verlangen, daß solche Besitzer des Lastenfahrzeuges die ganze Taxe nach den Bestimmungen des § 7 entrichten, daher die Ausnahme. Landeshauptmannstellvertreter: Wünscht jemand das Wort? Es ist nicht der Falk. Es erfolgt auch keine Einwendung, somit erkläre ich den § 7 als vom Landtage angenommen. Rhomberg: § 8 hat Änderungen erlitten, welche ich schon teilweise eingangs bei der Generaldebatte hervorgehoben habe. Er behandelt die Taxen für Ausländer, für solche, welche nicht im Geltungsgebiete dieses Gesetzes, d. h. in Vorarlberg nicht ihren Wohnsitz haben. Er ist wesentlich abgeändert und gekürzt, weil die Bestimmungen der letzten 3 Absätze nicht mehr notwendig sind durch die geänderte Art der Taren. Die Taren, die hier festgesetzt sind, sind ähnlich den sogenannten Kilometer - Billetten, wie man sie oft auf Dampfschiffen bekommt, und eine ähnliche Einrichtung, wie sie für Kraftfahrzeuge heute schon besteht in Bayern, Württemberg und Baden und im ganzen übrigen Deutschen Reiche, nämlich so, daß eine gewisse Pauschalierung stattfindet, wobei für bestimmte Einzelfahrten innerhalb einer bestimmten Zeit eine gewisse Taxe zu zahlen ist. Der Paragraph ist jetzt ganz kurz und würde lauten: "Für Kraftfahrzeuge, welche ihren Standort und deren Eigentümer ihren Wohnsitz außerhalb des Geltungsgebietes dieses Gesetzes haben, sind bei vorübergehender Benützung des Kraftfahrzeuges im Geltungsgebiete dieses Gesetzes statt der im § 7 bezeichneten die folgenden Abgaben zu entrichten: 1. Für Krafträder mit und ohne Beiwagen pro Tag K 1 - . 2. Für Kraftwagen pro Tag K 2--." (Für eine Einzelfahrt pro Tag zahlt ein Auto bei uns 2 K, in Bayern 2 Mark.) "Außerdem werben für solche Kraftfahrzeuge Zeitkarten ausgegeben und zwar: a) Für 5 Fahrten innerhalb 30 Tagen pro Karte b) K 6 -, für 20 Fahrten innerhalb 90 Tagen pro Karte K 20'-, c) für 50 Fahrten innerhalb von 6 Monaten pro Karte K 40'-, d) für 100 Fahrten innerhalb eines Jahres pro Karte K 60'-. Die näheren Ausführungsbestimmungen werden im Verordnungswege durch die Statthalterei im Einvernehmen mit dem Landesausschusse erlassen." So lautet dieser Paragraph. Wenn nun jemand beispielsweise eine solche Karte löst für 20 Fahrten innerhalb 90 Tagen und absolviert 20 Fahrten lange bevor die 90 Tage abgelaufen sind und er möchte weitere Fahrten machen, so muß er neuerlich eine solche Karte lösen und bezahlt 12 13. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 10. Periode 1913/14 dann jedesmal 20 K, wenn auch die Zeit noch nicht verstrichen sein sollte. Im benachbarten Bayern gibt es auch solche Abmachungen; die Autobesitzer erhalten Blockkarten für eine bestimmte Anzahl von Fahrten, in denen die Anzahl von Tagen ersichtlich gemacht ist. Und dann wird jedesmal, so oft sie das Gebiet von Bayern berühren, der Block abgestempelt, so das; die einzelnen Fahrten ersichtlich gemacht werden können. Wir haben im vorliegenden Paragraph gegenüber