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Letzte Änderung 03.07.2021, 10:10
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp10,lts1912,lt1912,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 8. Sitzung am 15. Oktober 1913 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 19 Abgeordnete. - Abwesend die Herren: Hochwst. Fürstbischof Dr. Franz Egger, Landeshauptmannstellvertreter Martin Thurnher, Dr. Konzett, Wette, Nachbauer, Dekan Mayer, Willi. Regierungsvertreter: Herr k. k. Hofrat Rudolf Graf von Thun - Hohenstein und Herr k. k. Statthaltereirat Rizzi. Beginn der Sitzung um 10 Uhr 37 Minuten vormittags. Landeshauptmann: Ich erkläre die heutige Sitzung für eröffnet und ersuche um Verlesung des Protokolles der gestrigen Sitzung. (Sekretär liest.) Hat jemand eine Bemerkung zum verlesenen Protokolle zu machen? Wenn das nicht der Fall ist, betrachte ich dasselbe für genehmigt. Der Herr Abgeordnete Dr. Konzett hat sich für die heutige Sitzung entschuldigt, weil heute und morgen in Nenzing die Protokollierung stattfindet in Angelegenheit der geplanten Elektrifizierung der Arlbergbahn, wobei Herr Dr. Konzett als Vertreter der Stadt Bludenz zu intervenieren hat. Wir kommen nun zur Tagesordnung und zwar zum Berichte des Schulausschusses über den Gesetzentwurf betreffend die Anstellung der Bezirksschulinspektoren als Staatsbeamte. Berichterstatter in dieser Angelegenheit ist der Herr Abgeordnete Dekan Fink; ich ersuche ihn, das Wort zu nehmen. Dekan Fink: Der Bericht befindet sich schon seit gestern in den Händen der Herren Abgeordneten und es ist vielleicht nicht notwendig, daß ich denselben zur Verlesung bringe. Ich will nur bekannt geben, was die Veranlassung war, daß diese Regierungsvorlage als Gesetzentwurf leingebracht wurde. Die Bezirksschulinspektoren aller Länder haben an die Regierung eine Denkschrift gerichtet, ersuchen in dieser um Verstaatlichung. Sie berufen sich zunächst auf das Gesetz vom 25. Mai 1868, in dessen Sinne es liegt, daß die Bezirksschul- 2 8. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. Inspektoren eine staatliche Anstellung erhalten. Dann erhoffen sie sich Aufbesserung ihrer Stellung und schließlich weisen sie darauf hin, daß die staatliche Anstellung sehr im Interesse der Schule liege, weil oas Amt eines Schulinspektors dadurch selbständiger werde. Die Regierung hat nun, diesem Wunsche der Bezirksschulinspektoren folgend, einen Gesetzentwurf eingebracht, jedoch soll nicht ohne weiteres durch dieses Gesetz die staatliche Anstellung festgesetzt, sondern nur die Möglichkeit geschaffen werden, daß die Bezirksschulinspektoren fallweise als Staatsbeamte angestellt werden können. Dem Gesetzentwürfe sind auch die Grundsätze beigegeben, welche für die Durchführung dieses Gesetzes in Betracht kommen. Diese sind bereits von der Regierung genehmigt. Aus dem Gesetzentwürfe möchte ich besonders hervorheben, daß die Anstellung eines Inspektors als Staatsbeamter nach 3 Jahren und erst nach bewährter, zufriedenstellender Dienstleistung definitiv erfolgen kann. Aber auch nach 3 jähriger und selbst nach zufriedenstellender Dienstleistung wird die staatliche Anstellung nicht etwa ohne weiteres verlangt werden können, sondern die Regierung hat noch eine weitere Beschränkung ausgenommen, indem die Anstellung erfolgt je nach den Mitteln, welche vom Reichsrate für diesen Zweck bewilligt werden. Was die materielle Aufbesserung anbelangt, so ist dieselbe, wie aus den grundsätzlichen Bestimmungen hervorgeht, ganz unwesentlich. Die Bezirksschulinspektoren können zwar in die 8. Rangsklasse vorrücken, jedoch nur durch Beförderung. Das ist so im wesentlichsten die Tendenz dieses Gesetzentwurfes. Abgeändert wird § 29. Das, was in § 29 des Schulgesetzes vom 28. August 1899 über die Anstellung der Schulinspektoren und über die Zuweisung der Bezirke festgesetzt ist, bleibt zwar unverändert. Die durch das Gesetz aufzuhebenden bisherigen Bestimmungen sind lediglich folgende: "1. Der Minister für Kultus und Unterricht kann nach Anhörung oder über Antrag des Landesschulrates den Bezirksschulinspektor jederzeit vom Amte entheben. 2. Wird der Bezirksschulinspektor dem Lehrpersonale der Volksschule entnommen, so wird ihm die bei auf nach Erfordernis vom Landesschulrate auf Dauer dieser Funktion die notwendige Aushilfe dem Unterrichte an der eigenen Schule Kosten des Normalschulfonds beigegeben." Das sind die beiden Bestimmungen, welche in diesem Gesetzentwürfe aufgehoben und durch andere ersetzt werden sollen. Auf Grund dieser Ausführungen bitte ich um Annahme des Antrages des Schulausschusses, der zunächst lautet: Der hohe Landtag wolle beschließen: "Dem vorliegenden Gesetzentwürfe betreffend die Anstellung der Bezirksschulinspektoren als Staatsbeamte wird die Zustimmung erteilt." Nun ist mir unmittelbar, bevor ich das Referat begonnen habe, vom Herrn Regierungsvertreter noch gesagt worden, es sei vielleicht besser und genauer, wenn der Antrag lauten würde: "Dem vorliegenden Gesetzentwürfe, womit einige Bestimmungen des Gesetzes vom 28. August 1899, L. E. Bl. Nr. 46, betreffend die Schulaufsicht. fallweise außer Wirksamkeit gesetzt werden, wird die Zustimmung erteilt." Ich meine, es ist nur eine Ergänzung, die eigentlich genau dasselbe sagt, was der Antrag des Schulausschusses besagt. Ich habe gegen diese Fassung keine Einwendung zu machen und stelle also den Antrag, wie er gewünscht wird und <genauer ist: Der hohe Landtag wolle beschließen: "Dem vorliegenden Gesetzentwürfe, womit einige Bestimmungen des Gesetzes vom 2 8. August 18 9 9, L. E. BI. Nr. 46, betreffend die Schulaussicht, fallweise außer Wirksamkeit gesetzt werden, wird die Zustimmung erteilt." Ich empfehle die Annahme dieses Antrages. Landeshauptmann: Ich eröffne über diesen Gesetzentwurf die Generaldebatte. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Natter. Natter: Meine Herren! Ich habe schon im Schulausschusse Gelegenheit genommen, verschiedene Für und Wider zu dieser Frage vorzubringen, und wenn ich heute im offenen Hause das Wort erbeten habe, so will ich mich in aller Kürze fassen. 8. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. 3 Vorausschicken will ich, daß es sich bei der ganzen Frage, wie schon der Herr Berichterstatter bemerkt hat, nicht um eine wesentliche materielle Besserstellung der Bezirksschulinspektoren handelt; umso leichter ist unser Standpunkt. Es wird für die Ständigkeit der Bezirksschulinspektoren, für ihre definitive Anstellung vor allem ins Feld geführt die Erfahrung, welche das Sprichwort beinhaltet: "Übung macht den Meister." Dieses erhebt besonders die Forderung, daß die Inspektoren Zeit gewinnen sollen, ihre Bezirke und ihre Lehrer kennen zu lernen. Besonders bei den Bezirksschulinspektoren ist es vor allem für ihre Wirksamkeit ausschlaggebend, daß sie Zeit und längere Gelegenheit gewinnen, sich in ihre Verhältnisse hineinzuleben. Es wird weiters gefordert, daß das wechselseitige Vertrauen reifen könne, das Vertrauen zwischen Lehrerschaft und Bevölkerung, wobei im letzteren Falle die Tätigkeit der Bezirksschulinspektoren hinsichtlich der Schulbauten und des Schulbesuches für die definitive Stellung sehr ausschlaggebend ist. Zu all dem müssen sie Zeit und die Sicherheit haben, daß sie ihren Dienst nicht nach kurzer Zeit wieder verlassen müssen. Endlich könnte noch angeführt werden, daß die definitive Anstellung mehr Ansehen und Gewinn bringt. Das sind, kurz zusammengefaßt, die Gründe dafür, soweit ich sie zusammengestellt habe. Dagegen spricht der Umstand, daß der ständige Inspektor ab- und ausgelöst wird vom Verbände seiner Lehrer und ich erhebe die Befürchtung, daß er in erhöhtem Grade der Gefahr ausgesetzt ist, Bureaukrat zu werden. Was er an Ansehen gewinnt bei der Bürgerschaft, büßt er in größerem Maße an Unabhängigkeit ein. Bei grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten mit der vorgesetzten Behörde wird er nicht entsetzt werden, aber man wird suchen, ihn zu beugen und, was durch die definitive Anstellung nähergerückt ist, man wird ihn auch versetzen können. Darum ist auch ein nichtständiger Bezirksschulinspektor, so merkwürdig es auch klingt, viel unabhängiger als ein ständiger. Im Konfliktsfalle wird er wieder in seine frühere Stellung einrücken und ein befreiter Mann sein. Wenn wir zu dieser Frage Stellung nehmen, können wir uns aus den vorgebrachten Gründen allein weder für die Zustimmung zum Gesetzentwürfe erwärmen, aber auch, ich betone dies noch einmal, nicht für die Ablehnung. Wir lehnen jedoch die Zustimmung zum Regierungsentwurfe ab mit Rücksicht auf den gegenwärtigen Stand der Schulaufsicht, dessen Stabilisierung wir nicht willkommen heißen können. Landeshauptmann: Das Wort hat weiter der Herr Regierungsvertreter. Regierungsvertreter: Hohes Haus! Nachdem der heute in Verhandlung stehende Gesetzentwurf eine Regierungsvorlage ist, möchte ich mir erlauben, zu dieser Vorlage zu sprechen, schon mit Rücksicht auf die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Natter. Herr Natter hat zwar keinen Gegenantrag gestellt, aber er hat das Für und Wider und besonders das Wider, welches gegen die Überführung der Inspektoren in den Stand der Staatsbeamten spricht, angeführt. Es ist gewiß manches richtig daran. Aber ich möchte hervorheben, daß die Bezirksschulinspektoren einen sehr schweren, verantwortungsvollen Dienst haben und, wie mir und den Herren bekannt ist, ihr Wunsch ist, daß sie s die Möglichkeit haben, als Staatsbeamte angestellt zu werden; ich sage: die Möglichkeit, denn das Gesetz sieht nichts weiter vor, als daß der Staat sich vorbehält, die Bezirksschulinspektoren, die über 3 Jahre gewirkt, und zwar zur vollsten Zufriedenheit gewirkt haben, definitiv zu übernehmen, und andererseits ist kein Bezirksschulinspektor gezwungen, diese Übernahme anzustreben. Der Landesschulrat hat immer noch freie Hand, diese Übernahme zu beantragen oder nicht, und sie wird auch nicht beantragt, wenn er nicht will. Es ist daher eigentlich keine besondere Gefahr bei Annahme des Gesetzentwurfs, weil, wie gesagt, den Herren Bezirksschulinspektoren, deren äußerst verdienstvolles Wirken immer anerkannt werden muß, die Möglichkeit gewährt ist, das eine oder das andere zu tun. Ein Inspektor, der sich die Rückkehr in das Lehramt wahren will, wird an Ansehen nicht leiden. Ich empfehle daher die Annahme des Ausschußantrages. Landeshauptmann: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Ölz. 4 8. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. Ölz: Meine Herren! Ich kann mich im allgemeinen auch nicht erwärmen, daß die Beamtenstellen verstaatlicht werden, aber in dem Falle können wir doch zustimmen. Es ist gewiß gut, wenn diese Stellen definitiv besetzt werden. Übrigens waren sie bis jetzt im Lande ja auch seit einer Reihe von Jahren definitiv besetzt. Einige Bezirksschulinspektoren sind deshalb weggekommen, nicht, weil sie keine Staatsbeamte waren, sondern weil sie selbst weggegangen sind. Also in der Beziehung wird es beim alten bleiben. Wenn die Herren Bezirksschulinspektoren nun wünschen, daß man ihnen entgegenkomme, meine ich, hätte der Herr Kollege Natter schon dafür sein können. Er füllte doch als Lehrer besonders Bezirksschulinspektoren gegenüber freundlich sein. Ich muß aufrichtig gestehen, ich verstehe nicht, daß er gesagt hat, er stimme nicht dafür, nachdem er doch auch ein Interesse daran hat; er ist ja auch einer der freisinnigen Herren, welche die Verstaatlichung der Schule wünschen, und nun verstaatlicht man ein Stück derselben, und jetzt ist er auch nicht einverstanden. Nun aber hat uns Herr Abgeordneter Natter ganz aufrichtig gesagt, warum er dagegen ist, wir brauchen da nicht lange nachzudenken. Die Inspektorenstellen sind dermalen halt nicht mit den richtigen Leuten besetzt. Ich glaube aber, sie seien ganz ausgezeichnet besetzt. Bei der ganzen Bevölkerung gelten die Herren Inspektoren als tüchtige Männer; aber einen Fehler haben sie, sie gehören nicht zur freisinnigen Partei. Das schauen wir aber nicht als einen Fehler an; die Hauptsache ist, daß sie befähigt sind, ihren Posten voll auszufüllen. Wir sind der Meinung, daß wir dafür den Herren Bezirksschulinspektoren entgegenkommen sollen, und ich glaube, wir werden den Antrag des Schulausschusses deshalb annehmen, und ich möchte schon den Herrn Abgeordneten Natter bitten, aus Freundschaft für diese Herren und aus freisinniger Gesinnung dafür zu sein, und nicht, weil einige christlichsozial sind, sich ablehnend zu verhalten. Ich glaube, das ist nicht gut. Landeshauptmann: Ich erteile das Wort dem Herrn Abgeordneten Natter. Natter: Ich möchte nur auf die Ausführungen des Herrn Vorredners erwidern, daß iches sehr begrüßen würde, wenn der Landtag auch jenen Wünschen gegenüber so schnell entsprechen würde, wie den Wünschen der Herren Bezirksschulinspektoren. Ich habe einleitend gesagt, wenn es sich um die materielle Frage handeln würde, wäre für uns die Sache erledigt. Die definitive Besetzung der Inspektorenstellen ist eine Frage, die selbst in jenen Kreisen keine einheitliche Lösung gesunden hat, bei denen man es erwarten sollte. Die Herren hier sind nicht bekannt mit der Literatur dieser Frage und nicht bekannt mit den Verhandlungen, wie sie in den Organisationen der Bezirksschulinspektoren und Lehrer gepflogen wurden. In dieser Hinsicht kann ich Ihnen erklären, daß die Frage, von Ort und Zeit losgelöst, keine befriedigende Lösung gefunden hat, daß in verschiedenen Kronländern verschiedene Verhältnisse bestehen, und daß es jeder Landesorganisation frei bleiben soll, die Lösung von ihrem Standpunkte aus zu berücksichtigen. Ich möchte nicht die Meinung aufkommen lassen, daß ich in meiner Zusammenstellungich halte das für selbstverständlich - einen Einwand gegen die Tätigkeit der Bezirksschulinspektoren erhoben habe. Ich kann aus meiner persönlichen Erfahrung erklären, daß ich nicht den geringsten Anlaß habe, irgendeine Einwendung gegen die Tätigkeit der Bezirksschulinspektoren zu erheben. Landeshauptmann: Wer wünscht weiter das Wort? Wenn sich niemand meldet, so ist die Debatte geschlossen. Das Wort hat der Herr Berichterstatter. Dekan Fink: Es ist von Seite des Herrn Abgeordneten Natter die Befürchtung ausgesprochen worden, daß es von Nachteil wäre, wenn es zur Verstaatlichung käme. Es ist dieses Bedenken schon einmal bei einer Sitzung des Schulausschusses ausgesprochen worden, und ich gestatte mir, demgegenüber darauf hinzuweisen, daß die staatliche Schulaussicht bei uns schon reichsgesetzlich festgelegt ist, und zwar geschah dies meines Wissens im Jahre 1868 durch ein besonderes Gesetz, das den anderen Schulgesetzen vorausgegangen ist. Durch dieses Gesetz wurde die Kirche von ihrer Schulaufsicht depossediert und dafür die staatliche Schulaufsicht festgelegt. Wir finden 8. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. überhaupt im Reichsschulgesetze von Österreich den Gedanken der Verstaatlichung mehr vertreten, als in den Reichsgesehen anderer Länder. Ich möchte ganz besonders aus England hinweisen; ich glaube, man kann dort gar nicht von staatlichen Schulen reden. Es sind eigentlich Privatschulen, die vorn Staate unterstützt, beaufsichtigt und kontrolliert werden, ob sie ihr Lehrziel erreichen. Es gibt auch dort eins Art von Inspektoren und diese Kommissäre sind staatliche Beamte, und alles andere im englischen Schulwesen ist, wir können sagen, nicht verstaatlicht. Gerade das, was bei uns nicht verstaatlicht ist, ist dort verstaatlicht, und was bei uns verstaatlicht ist, ist in England nicht verstaatlicht. Das ist so im allgemeinen. Herr Abgeordneter Natter hat verschiedene Bedenken geäußert, die er als Fachmann besser begründen konnte als ich. Ich stehe zwar der Schule auch nicht fern, ich komme alle Jahre etwa in 50 Klassen hinein und habe auch eine Art Inspektion auszuüben; aber der Gegenstand, den ich zu beaufsichtigen habe, ist ein ganz anderer. Ich gestatte mir, das Urteil eines Fachmannes demgegenüber bekannt zu geben. Trunk, der Volks- und Bürgerschullehrer und Bezirksschulinspektor ist, hat eine Schrift herausgegeben unter dem Titel: "Der Bezirksschulinspektor". Diese Schrift ist von den österreichischen Lehrerzeitungen sehr günstig rezensiert worden und auch von jenen, die nicht gerade christlichsozialer Richtung sind. Aus dieser Schrift erlaube ich mir, bezüglich des Bedenkens des Bureaukratismus etwas vorzulesen, mit Erlaubnis des Herrn Vorsitzenden. Es heißt hier: "Weiters sagt man, das Bewußtsein, im Inspektorate den Lebensberuf gefunden zu haben, berge die Gefahr einer Abkehr von der lebendigen Gemeinschaft mit den Lehrern in sich und führe leicht zur Verkennung und Mißachtung der Interessengemeinschaft beider Teile, auch liege die Gefahr nahe, daß der ständige Inspektor im Verkehr mit den Lehrern den rücksichtsvollen Ton verliere und das harmonische Zusammenwirken mit ihnen zum Schaden der Schule unterlasse. Auch dies ist eine Befürchtung, die möglicherweise zutreffen kann, aber auch beim Provisorium nicht ausgeschlossen ist. Was jedoch das Verhältnis zur Lehrerschaft betrifft, so bin ich der 5. Überzeugung, daß sich dieses beim ständigen Inspektor viel besser gestalten wird, als beim provisorischen. Das Provisorium ist eine Zwitterstellung, ein unklares Verhältnis, welches eine rechte Offenheit nicht aufkommen läßt. Beim ständigen Inspektor aber weiß man, mit wem man es zu tun hat, und auch er weiß ganz genau, wie er sich benehmen soll, was manchem provisorischen schwer fällt: einerseits möchte er den Vorgesetzten herauskehren, anderseits fürchtet er die Folgen strammen Auftretens, wenn er wieder in seine frühere Stellung zurückkehrt." An einer anderen Stelle heißt es: "Auch der Behauptung, daß durch einen ständigen Inspektor die Schule ganz den Händen der jeweiligen Regierung ausgeliefert werde, kann ich keine besondere Bedeutung beimessen, da in dieser Hinsicht zwischen einem ständigen und einem zeitweiligen Inspektor wohl kein großer Unterschied sein wird." 9Il)o, das sagt ein Fachmann. Ich habe ihn deshalb zitiert, weil ich nicht Fachmann bin. Was nun das letzte Bedenken, das vorgebracht wurde, anlangt, so ist der Bezirksschulinspektor in seiner Tätigkeit nichts anderes als ein Staatsbeamter. Er ist berechtigt, den Titel , , k. k." zu führen, ist also jetzt schon k. k. Schulinspektor, er hat die Agenden bei einem k. k. Amte zu führen, die ganze Schulaufsicht ist k. k., nur das eine ist nicht k. k., seine Einkünfte, und an dem, glaube ich, liegt es nicht mehr. Das Geld ist jo ziemlich farblos, und wenn alles andere k. k. ist, meine ich, daß auch die Anstellung k. k. sein dürfe, und daß die Bezüge von einem k. k. Amte besorg! werden. Ich empfehle nochmals den Antrag des Schulausschusses der Annahme des hohen Hauses. Landeshauptmann: Wir gehen nun zur Spezialdebatte über und, nachdem es sich nur um 2 Paragraphen handelt, ersuche ich den Herrn Berichterstatter, dieselben zu verlesen. Dekan Fink: t Liest § 1 aus Beilage 38A.) Landeshauptmann: Wünscht jemand das Wort zu § 1? Wenn das nicht der Fall ist, bringe ich denselben zur Abstimmung, damit Gelegenheit geboten ist für die Herren, welche 8. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. Widerspruch erhoben haben gegen die jetzige Fassung, durch Abstimmung pro oder contra Stellung zu nehmen. Ich ersuche jene Herren, welche mit § 1 einverstanden sind, sich gefälligst von ihren Sitzen zu erheben. Es ist die Majorität. Dekan Fink: (Liest § 2.) Landeshauptmann: Wenn gegen § 2 keine Einwendung erfolgt, betrachte ich denselben als angenommen. Dekan Fink: (Liest Titel und Eingang des Gesetzentwurfes.) Landeshauptmann: Wünscht jemand zu Titel und Eingang das Wort? Wenn das nicht der Fall ist, so mochte ich eine kleine Bemerkung machen. Es handelt sich hier um eine Regierungsvorlage und wir sollten bei der alten Gepflogenheit bleiben, daß der Eingang lauten soll: "mir Zustimmung des Landes Vorarlberg", während es bei Vorlagen, die aus der Initiative des Landesausschusses oder des Landtages hervorgehen, gewöhnlich heißt: "über Antrag des Landes Vorarlberg". Wenn der Herr Berichterstatter nichts dagegen hat, möchte ich diese Anregung machen. Dekan Fink: Ich erkläre mich mit dieser Änderung vollständig einverstanden. Landeshauptmann: Wünscht noch jemand das Wort? Wenn das nicht der Fall ist, nehme ich an, daß das hohe Haus Titel und Eingang und der von mir angeregter Abänderung zustimmt. Dekan Fink: Ich beantrage die sofortige Vornahme der dritten Lesung. Landeshauptmann: Wünscht jemand das Wort zu dem soeben gestellten Antrage? Wenn niemand sich dagegen ausspricht, werde ich zur dritten Lesung übergehen. Ich ersuche alle jene Herren, welche dem Gesetzentwürfe, >ie er aus der zweiten Lesung hervorgegangen ist, auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von ihren Sitzen zu erheben. Angenommen. Damit wäre dieser Gegenstand erledigt. Wir kommen nun zum nächsten Punkte der Tagesordnung zum Berichte des Finanzausschusses über den Rechenschaftsbericht des Landesausschusses und die Rechnungsabschlüsse der landschaftlichen Fonds sowie der Jahresrechnung der Landesirrenanstalt Valduna. Berichterstatter in dieser Angelegenheit ist der Herr Abgeordnete Müller, ich ersuche ihn, am Referententische zu erscheinen. Ich werde zunächst die Gepflogenheit auseinandersetzen, die ich bisher immer bei dieser Verhandlung geübt habe. Zunächst werde ich über den Rechenschaftsbericht des Landesausschusses und über den Bericht des Finanzausschusses die Generaldebatte eröffnen. Hernach wird der Herr Berichterstatter so freundlich sein, die einzelnen Punkte zu verlesen und ich werde überall, wo Anträge gestellt werden, darüber abstimmen lassen. Bei den einzelnen Punkten werde ich zudem den Herren Abgeordneten Gelegenheit geben, Bemerkungen und Anregungen zu machen, Anfragen und Anträge zu stellen, und insbesondere werde ich bei Punkt 2, Rechnungsabschlüsse der landschaftlichen Fonds pro 1911 noch speziell den wichtigsten dieser Fonds, den Landesfonds, in der Weise zur Verhandlung bringen, daß auch hier die einzelnen Punkte angerufen werden, um Gelegenheit zu bieten, zu Bemerkungen, Anfragen, Anträgen u. s. w. u. s. w. Nach diesem Vorgange eröffne ich die Generaldebatte über den Rechenschaftsbericht des Landesausschusses. Wenn sich niemand zum Worte meldet, so ersuche ich den Herrn Berichterstatter, mit der Verlesung zu beginnen. Müller: (Liest aus Beilage 301A und den Antrag.) 8. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. 7 Landeshauptmann: Wünscht jemand zu I A das Wort? - Wenn dies nicht der Fall ist, betrachte ich den Antrag des Finanzausschusses als angenommen. Ich- bitte, weiterzufahren. Müller: (Liest B.) Landeshauptmann: Wünscht jemand das Wort zu B? - Wenn das nicht der Fall ist, bitte ich, weiterzufahren. Müller: (Liest C.) Landeshauptmann: Ich möchte nun den Herren Berichterstatter zunächst ersuchen, die Punkte 1 bis 7 nur anzurufen, nämlich immer die Schlagworte. Ich werde jedesmal eins ganz kurze Pause eintreten lassen, damit die Herren Gelegenheit haben, Anfragen, Anträge usw. zu stellen. Müller: (Liest aus Beilage 1C, 1 den Sperrdruck a--d.) Landeshauptmann: Diese Anstellungen und Beförderungen unter 2 und 3 bis inklusive f) könnten wir unter einem vornehmen. Müller: (Liest den Sperrdruck von 3 g--t.) Landeshauptmann: Diese Auszahlungen unter 4 könnten wir ebenfalls unter einem vornehmen. Es sind nur die Auszahlungen von erfolgten Bewilligungen aus der Landeskassa. Wenn einer der Herren eine Bemerkung zu machen wünscht, bitte ich, dies zu tun. Es ist nicht der Falk, deshalb könnten wir übergehen zu Punkt 5. Müller: (Liest den Sperrdruck der Punkte 5-15.) Hier habe ich zu bemerken, daß die Genehmigung der hohen Regierung während der Tagung des Landtages eingetroffen ist. (Liest weiter den Sperrdruck 16-20.) Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Dekan Fink hat das Wort. Dekan Fink: Ich möchte mir nur die Anfrage erlauben, wie es jetzt mit dieser Sache steht? Landeshauptmann: Ich kann dem Herrn Abgeordneten ganz genaue Auskunft über diese Angelegenheit geben. Es wurde, wie die Herren wissen, im letzten Landtage zum erstenmale eine definitive Erledigung der schon seit so vielen Jahren beantragten Straßenfrage in der Weise herbeigeführt, daß der Landtag sich bereit erklärte, daß das Land unter der Bedingung, wenn der Staat einen in Prozenten ausgedrückten Beitrag leiste, auch einen Beitrag zu dieser Langenegger Straße übernehme. Es war aber noch notwendig, daß an Stelle der für viele Strecken vorhandenen generellen Projekte genau ausgearbeitete Detailprojekte der Regierung vorgelegt würden. Die Regierung hat das verlangt, bevor sie in die Lage komme, zur Leistung eines Staatsbeitrages Stellung zu nehmen. Die Herren Techniker des Landesbauamtes haben, wie die Herren Abgeordneten ja wissen, im Laufe des verflossenen Sommers noch derart mit der Sanierung der durch das Hochwasser verursachten Schäden und mit der Ausarbeitung ungezählter Projekte zu tun gehabt, daß sich diese Ärbeit etwas verzögerte. Sie war auch nicht so rasch zu bewältigen, weil, wie gesagt, die ganze Ausführung als Detailprojekt gedacht ist. Jetzt ist die Arbeit soweit gediehen, daß sie in den nächsten Tagen fir und fertig der Regierung übermittelt werden kann, und es ist dann Sache des Landesausschusses - es wird auch das Möglichste geschehen - zu sorgen, daß eine rascheste Stellungnahme der Regierung dem Landesausschusse bekanntgegeben werden kann. Herr Dekan Fink hat das Wort. Dekan Fink: Ich danke für diese Erklärung und gestatte mir, den Wunsch auszudrücken, daß vonseiten der Regierung diese Angelegenheit möglichst rasch durchgeführt werde. Landeshauptmann: Ich bitte, weiterzufahren. Müller: (Liest den Sperrdruck von 21-24). Landeshauptmann: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dekan Fink. 8 8. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. Dekan Fink: Weil diese Straße auch in der Nähe meines Heimatsortes liegt, gestatte ich mir, die Anfrage zu stellen, wie es mit diesem Straßenzuge steht? Landeshauptmann: Es wurde von feiten der Gemeinde Sulzberg zuerst angesucht, ob es nicht möglich wäre, auf eigenes Risiko durch Vorschießung der betreffenden Gelder den Bau insbesondere der dringendsten Strecken in Angriff zu nehmen. Der Landesausschuß konnte die Bewilligung hiezu aber nicht erteilen, weil eben von feiten der Regierung noch gar keine Stellungnahme bezüglich des zu leistenden Staatsbeitrages vorliegt. Auch hier wurde ganz ähnlich wie bei der Strecke Müselbach-Krumbach-Reichsgrenze das generelle Projekt im Detail ausgearbeitet, wenigstens für die Strecke Fahl-Eschau. Dieses Projekt ist bereits an die k. k. Statthalterei abgegangen, so daß zu erwarten steht, daß noch im Laufe dieses Jahres die endgültige Stellungnahme der Regierung eintrifft und daß dann vielleicht schon im nächsten Winter, je nachdem er gelind ist, eine Inangriffnahme dieser dringenden Straße erfolgen kann. Wünscht noch jemand weiter das Wort? Es ist nicht der Fall; ich bitte, weiterzufahren. Müller: Bei Punkt 27 sind 8 Punkte. (Ruft sie einzeln an.) Landeshauptmann: Es ist jetzt Gelegenheit geboten, zu allen diesen Punkten unter einem zu sprechen. - Das Wort hat der Herr Abgeordnete Allgäuer. Allgäuer: Zu dem Punkte 5 dieses Absatzes möchte ich das Wort ergreifen. Das Projekt der Illregulierung vom Kapf abwärts bis zur Mündung ist eines der dringendsten, das noch der Erledigung harrt. Es droht den Ortschaften Nofels, Bangs, Gisingen und ganz besonders Meiningen eine allmähliche Versumpfung und zugleich ist es für diese Gemeinden eine ständige Gefahr, wenn der Zustand so bleibt, wie er jetzt ist. Weiter bringt der jetzige Zustand eine vollständige Verwilderung des Unterlaufes mit sich, die durch die getroffenen Schutzbauten durchaus nicht aufgehoben werden kann, wenigstens nicht auf die Dauer. Wenn diese Verwilderung des Unterlaufes eintritt, werden dadurch die Kosten einer späteren Regulierung ins Unermeßliche wachsen und weiter auch wahrscheinlich den Oberlauf und Mittellauf beeinträchtigen und es würden auch die dort getroffenen Maßnahmen an ihrem Werte verlieren. Zudem kommt noch in Betracht, daß das Projekt der Illschluchterweiterung in ein neues Stadium getreten ist und sehr betrieben wird und dieses Projekt könnte eine neue Gefahr für die Gemeinden im Unterlaufe mit sich bringen. Denn durch die noch raschere und reichlichere Abfuhr des Kieses muß die Verwilderung im Unterlaufe viel rascher noch herbeigeführt werden und ich glaube deshalb, es werde von diesen Gesichtspunkten aus die Sache zu studieren sein, ob ein Projekt ohne das andere ausgeführt werden könne. Wenigstens in den besprochenen Gemeinden ist man sehr beunruhigt und der Ansicht, es dürfe das eine Projekt nicht ohne das andere ausgeführt werden, weil das obere Projekt der Illschluchterweiterung nur auf Kosten des anderen ausgeführt werden kann. Ich bin nicht Fachmann und kann das daher nicht beurteilen, in der Bevölkerung in diesem Bezirke herrscht aber, wie gesagt, allgemein große Beunruhigung und Erregung. Ich möchte deshalb die Anfrage stellen, in welchem Stadium sich die Verhandlungen bezüglich dieses Projektes gegenwärtig befinden? Landeshauptmann: Nachdem der Referent des Landesausschusses in Wasserbauangelegenheiten nicht hier ist, hat vielleicht der Herr Abgeordnete Jodok Fink, der mit der k. k. Regierung in Wien mündlich Verhandlungen gepflogen hat, die Freundlichkeit, darüber Auskunft zu geben. Jodok Fink: Hohes Haus! Ich glaube, daß ich bei der Beantwortung der Frage des Herrn Vorredners in möglichster Kürze auch im allgemeinen auf das zurückkommen kann, was der Landesausschuß in Sachen der Fortsetzung der Behebung der durch das Hochwasser verursachten Schäden getan hat und wie die Angelegenheiten heute stehen. Der Landesausschuß hat mit der Regierung mündlich und schriftlich verhandelt. Es konnten in der letzten Landtagssession vier große Projekte gesetzlich noch nicht sichergestellt werden, nämlich die Illregulierung im Schrunser Feld, die Illschluchterweiterung in Feldkirch, die Illregulierung vom Hämmerleschen Wehr abwärts 8. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. 9 im Gebiete der Gemeinden Altenstadt und Meiningen, dann die Regulierung der Dornbirner Ache. Weiter hat es sich gezeigt, daß man nicht überall mit dem in den früheren beiden Elementarwasserbauprogrammen sicher gestellten Beträgen auskommen könne und namentlich sind auch ein paar Rechenfehler unterlaufen, und da hat der Landesausschuß anläßlich der Verhandlungen, welche die Regierung mit den Alpenländern eingeleitet hat bezüglich Kompensationen an die Alpenländer aus Anlaß der Errichtung von Wasserstraßen in Österreich, auf alle diese Angelegenheiten hingewiesen und mit der Regierung so quasi ein Programm vereinbart, wie diese Angelegenheiten geregelt werden sollen. Die Regierung hat nach der Wasserstraßenvorlage in Aussicht genommen, den Wasserstraßenländern für diese Projekte vom Staate aus 60% zu geben. Was wir heute in der Regel in den Alpenländern bekommen vom Meliorationsfonds bei Regulierungen in diesen Alpenländern, das ist in der Regel der Höchstbetrag von 50 %. Weil man nun den Wasserstraßenländern vom Staate mehr zuwenden wollte, hat auch die Regierung anerkannt, daß es nur gerecht und billig sei, wenn man auch bei Wasserbauten der Alpenländer größere Beiträge gebe. Es ist bei diesen Verhandlungen in Aussicht genommen worden, einerseits den Meliorationsfonds im Ackerbauministerium um jährlich sechs Millionen auf die Dauer von 15 Jahren, anderseits die Wasserbaudotation, die beim Ministerium für öffentliche Arbeiten ressortiert, um jährlich zwei Millionen zu erhöhen. Auch den beiden Fonds, aus denen die Regierung bis jetzt Unterstützungen leistet bei Wasserversorgung, nämlich dem einen beim Ackerbauministerium, soferne es sich um Wasserversorgung für landwirtschaftliche Zwecke handelt, und beim Ministerium des Innern, sofern es sich um sanitäre Maßnahmen handelt; jedem dieser Fonds ist ein einmaliger Zuschuß von etwa sechs Millionen zuzuwenden in Aussicht genommen. Bei diesen Verhandlungen hat die Regierung dann gesagt, daß bei unserem Programme für diese vier großen Regulierungen der Staat bereit wäre, aus dem Meliorationsfonds und aus der Wasserbaudotation beziehungsweise einem außerordentlichen Zuschußfonds, der in Aussicht genommen ist, zusammen 65-70% zu geben, so daß wir dann von Land und Gemeinden zusammen nur 30- 35 % zu zahlen hätten. So stand die Angelegenheit, als die Sitzungen des Reichsrates im Juli geschloffen wurden. Wir haben dann mittlerweile auch einen Gesetzentwurf für die Frutzregulierung vorgelegt, haben aber darauf keine Antwort bekommen; und da hat der Landesausschuß mich beauftragt, in Wien Verhandlungen zu pflegen, wie nun die gesetzliche Sicherstellung aller dieser Angelegenheiten für die nächste Tagung zu bewerkstelligen sei. Ich habe im Ackerbauministerium verhandelt und dort hat man mir folgendes mitgeteilt: Das Land Vorarlberg habe durch die letzten Zuweisungen insbesondere den Meliorationsfonds an sich, aber auch andern Ländern gegenüber sehr stark belastet und in Anspruch genommen, sodaß es dem Ackerbauministerium schwer gehalten habe, die Sanktion der vom Landtage beschlossenen 13 Gesetze durchzusetzen. Die Sache liegt nun heute so, daß in der kommenden Tagung, (in der wir uns jetzt befinden), es ganz ausgeschlossen sei, daß im Momente neue gesetzliche Sicherstellungen vorgenommen werden können. Außer dem angeführten Grunde kommt noch dazu, daß der Meliorationsfondsvoranschlag für 1913 heute schon mit 3 Millionen passiv ist und daß man aus diesem Fonds neue Unternehmungen im Jahre 1913 nur dann subventionieren könne, wenn die Wasserstraßenaktion zustande käme und jährlich neue Zuwendungen gesetzlich beschlossen würden. Der Referent hat mir damals auch die Akten hervorgeholt von der Frutzregulierung und hat mir gesagt: "Wir sind auch nicht in der Lage, jetzt den Akt so zu erledigen, daß wir zugeben können, daß dies Projekt im Landtage in der Herbsttagung gesetzlich sichergestellt werden kann. Zuerst müssen im Reichsrate die Mittel beschafft werden für die Zuwendung größerer Mittel an den Meliorationsfonds und dann kann man wieder weiter reden. Man hat damals gesagt, wenn die Sache bezüglich der Finanzreform und der Wasserstraßenaktion weiterginge, wäre es denkbar, daß im Jahre 1913, weil man den Voranschlag für den Meliorationsfonds wie bisher immer erst im Mai festsetzt, daß dann vielleicht irgend etwas möglich wäre; aber heute könne man uns nach der Richtung gar nichts versprechen. So steht momentan die Angelegenheit. Es wird, hoffe ich, eine Zeit kommen, - sie muß nach meiner Überzeugung kommen, daß wir die Aktion fortsetzen können; 10 8. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. aber im Momente können wir im Landtage nichts machen. Landeshauptmann: Wer wünscht weiter das Wort sowohl zu diesem Gegenstände als auch zu den andern verlesenen Punkten. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Amann. Amann: Ich möchte noch eine Angelegenheit berühren, die im Rechenschaftsberichte zwar nicht enthalten, aber für Hohenems von großer Bedeutung ist. Das ist die Regulierung des Unterklien- beziehungsweise Steckenwegbaches. In der Sitzung des Landtages vom 19. Februar d. I. habe ich auf die dringende Notwendigkeit einer Regulierung des Unterklienbaches beziehungsweise Steckenwegbaches hingewiesen und den Landesausschuß ersucht, derselbe möge durch das Landesbauamt ehestens Hlan und Kostenvoranschlag ausarbeiten lassen und hierauf mit der Regierung die nötigen Verhandlungen bezüglich Ausführung der Bauten einleiten. Am 17. Juni 1912 fand eine kommissionelle Begehung an Ort und Stelle im Beisein des Ingenieur Bachmann als Delegierter des Landesbauamtes statt. Hiebei stellte sich als notwendig heraus, es müssen sofort Maßnahmen getroffen werden, welche bezwecken, daß das den Häusern und Wiesen zuströmende Wasser abgeleitet und in das alte Bachgerinne eingeleitet werde. Dies wurde laut Protokoll als ein Teil der Vorarbeiten für das gesamte Projekt bezeichnet. Die Marktgemeinde Hohenems hat nun im Einvernehmen mit dem Landesbauamte diese Vorarbeit durchgeführt. Ende August ging ein Hochgewitter über das Niederschlagsgebiet des Steckenwegbaches nieder, wobei ein neuerlicher Ausbruch des Unterlaufes erfolgte und das Wasser seinen Weg in die Felder und zu den Häusern nahm. Dadurch gestaltete sich die Ausführung des gesamten Projektes überaus dringlich. Angesichts dieser Sachlage gestatte ich mir, an den Landesausschuß die Anfrage zu richten, ob das Projekt bereits ausgearbeitet ist und den Verhandlungen mit der Regierung eingeleitet worden sind. Landeshauptmann: Ich werde dem Herrn Amann Antwort geben können an Stelle des Herrn Landeshauptmannstellvertreter, des Referenten in dieser Angelegenheit. Aus dem mir vorliegenden Akte kann ich mitteilen, daß der Landesausschuß nach dem Beschlusse der Sitzung vom 28. August ein vom Landesbauamte ausgearbeitetes Projekt betreffs Regulierung des Unterklienbaches der Statthalterei behufs Zustimmung zum Projekte und Genehmigung desselben übermittelt und gleichzeitig zugestimmt hat, daß an die k. k. Regierung das Ansuchen zu stellen sei, zur Deckung der heute mit K 9000 - festgesetzten Kosten einen 50%igen Staatsbeitrag aus der Kreditpost "Meliorationen" zu bewilligen, wogegen dann dem Landtage ein Ansuchen um Gewährung eines 30%igm Landesbeitrages unterbreitet werden soll. Es ist von feiten der Statthalterei auf diese Zuschrift samt Projekt unter dem 2. Oktober eine Zuschrift eingelaufen, wonach einige Teile dieses Projektes einer Ergänzung, beziehungsweise Abänderung zu unterziehen seien. Diese Arbeit ist gegenwärtig beim Bauamte und wird in nächster Zeit gemacht werden, so daß die Angelegenheit für die nächste Tagung des Landtages spruchreif wird. Wünscht noch jemand das Wort? - Wenn nicht, bitte ich weiter zu fahren. Müller: (liest II. a mit Antrag.) Landeshauptmann: Wünscht jemand zu dem vorgelesenen Antrage das Wort zu nehmen? Ich möchte hier den Herren Gelegenheit geben, zu den einzelnen Posten des Jahresrechnungsabschlusses des Landesfonds Stellung zu nehmen, Anträge zu stellen, Bemerkungen zu machen usw. usw. Ich ersuche deshalb den Herrn Berichterstatter, diesbezüglich aus Beilage 1 die einzelnen Posten anzurufen, wobei ich die Zustimmung des hohen Hauses voraussetze, wenn wir die Einnahmen unter einem behandeln, ohne daß ein spezieller Aufruf derselben zu erfolgen hätte. Müller: (liest die Einnahmen aus Beilage 1.) Landeshauptmann: Wünscht zu den Einnahmen jemand das Wort? Wer das Wort wünscht, möge sich melden! - Ich bitte also, die einzelnen Titel der Ausgaben anzurufen. Müller: (liest die einzelnen Punkte der Ausgaben aus Beilage 1.) 8. Sitzung des Vorarlberger Landtages V. Session der 10. Periode 1912. 11 Landeshauptmann: Es meldet sich zu den einzelnen Posten niemand zum Worte, deshalb schreite ich zur Abstimmung. Da es sich hier um einen wichtigen Fonds handelt, möchten sich die Herren bemühen, ihre Zustimmung durch Aufstehen von den Sitzen kundzutun. - Der Antrag ist angenommen. Müller: (liest II. b mit Antrag aus Beilage 30.) Landeshauptmann: Ich möchte an das hohe Haus die Frage stellen, ob einer der Herren auf der Spezifizierung der übrigen Fonds besteht? Wenn nur ein einziger der Herren es wünscht, werde ich sie vornehmen lassen. - Es wird nicht verlangt. Dann nehme ich an, wenn sonst niemand das Wort ergreift, daß das hohe Haus dem Antrage des Finanzausschusses zustimmt. Müller: (liest c mit Antrag.) Landeshauptmann: Wünscht jemand das Wort? - Wenn es nicht der Fall ist, nehme ich an, daß auch dieser Antrag mit Ihrer Genehmigung versehen ist. Müller: (liest d mit Antrag.) Landeshauptmann: Wünscht jemand das Wort. - Es meldet sich niemand, somit nehme ich an, daß der Antrag ihre Zustimmung gefunden hat. Müller: (liest e mit Antrag.) Landeshauptmann: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Luger. Luger: Hohes Haus! Sie finden in diesem Rechnungsabschlüsse des Vorarlberger Feuerwehrfonds eine Post unter den Ausgaben: Die vierte Rate zur Einführung der Einheitskuppelung mit K 3000--. Dazu möchte ich bemerken, daß Heuer die Durchführung dieser Kuppelung gegenüber dem Vorjahre ganz bedeutende Mehrausgaben verursachen wird. Für das lausende Jahr 1912 ist eine höhere Summe eingesetzt, nämlich K 4500--. Es ist bis heute zur Durchführung der Einheitskuppelung ein Betrag von K 14-15.000-- aufgewendet worden oder eigentlich noch etwas mehr. weil die Metz'schen Gewinde, die bei der Einführung der Einheitskuppelung ausgewechselt werden, wieder abgesetzt werden können und der Materialwert ebenfalls zu dieser Anschaffung benutzt wird. Durchgeführt ist diese Kuppelung im Bregenzerwald, Montafon und Klostertal. Nun kommt man ins Rheintal in die größeren Gemeinden, und da muß diese Sache etwas rascher vor sich gehen. Es ist ein solcher Übergang immer eine etwas bedenkliche Sache und ist halt bei größeren Bränden in großen Gemeinden eine Feuerwehr, die mit andern Gewinden versehen ist, nicht imstande, Hilfe zu leisten. Das gleiche Schlauchende ist die erste Bedingung rascher Bereitschaft und schneller Hilfe. Im Laufe der nächsten Jahre wird für diese Kuppelung ein ganz bedeutender Teil des Feuerwehrfonds verwendet werden müssen, damit diese Angelegenheit endlich einmal zum Abschlüsse kommt. Ich komme nun auf eine andere Angelegenheit zu sprechen, die ebenfalls mit dem Feuerlöschwesen im Zusammenhange steht. Es ist vonseiten des Vorarlberger Feuerwehrgauverbandes schon im Jahre 1910 das Ansuchen an den Landtag gestellt worden, es möge ein Landesgesetz zur Einführung einer allgemeinen Feuerversicherungspflicht geschaffen werden. Mit dem Ansuchen vom 7. Oktober d. I. kommt der Vorarlberger Feuerwehrgauverband neuerdings auf diese Angelegenheit zurück und stellt das Ersuchen, es möge im Landtage ein prinzipieller Beschluß gefaßt und ein Komitee bestellt werden, das mit der Aufgabe betraut werde, die nötigen Grundlagen und eine geeignete Gesetzesvorlage zu schaffen und diese in der nächsten Tagung dem hohen Hause vorzulegen. Zu dieser Angelegenheit möchte ich bemerken, daß sich der Vorarlberger Landtag schon vorn Jahre 1862 an mit dieser Frage befaßt hat. Die Frage der Schaffung einer Landes-Assekuranz mit Versicherungspflicht wurde seinerzeit sehr eingehend studiert. In der ersten Epoche bis 1879 hat man lange mit großem Auswande daran herumgearbeitet, die Angelegenheit ist aber nicht durchgeführt worden, weil sich die Bevölkerung zuwenig daran beteiligt hat. Es wurden nämlich Probeanmeldungen durchgeführt; diese sind ganz schlecht ausgefallen. In der Zeit von 1884-87 wurde die Frage neuerlich in Verhandlung gezogen über Anregung des Feuerwehrgauverbandes. Es 12 8. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. wurde diesbezüglich dem hohen Hause ein Antrag unterbreitet und im Landtage ein Gesetzentwurf beschlossen auf die Einführung einer Landesassekuranz für Feuerversicherung mit Versicherungspflicht. Aber dieser Gesetzentwurf wurde der Allerhöchsten kaiserlichen Sanktion nicht vorgelegt. Im Jahre 1888 hat der Regierungsvertreter im hohen Hause erklärt, daß es nicht in der Kompetenz des Landtages liege, eine Versicherungspflicht einzuführen und daß zur Schaffung eines solchen Gesetzes ein Reichsrahmengesetz notwendig sei. So wie damals die Verhältnisse lagen, so ist es auch heute noch der Fall. Auch heute fehlt uns noch die Grundlage zur Schaffung einer Feuerversicherungsassekuranz mit Versicherungspflicht. Ich habe in dieser Angelegenheit im Laufe der letzten Jahre im Ministerium des Innern verkehrt und da ist mir gesagt worden, daß von keiner anderen Seite, von keinem anderen Lande eine Einführung der Versicherungspflicht gewünscht werde. Ein hervorragender Fachmann im Ministerium des Innern hat sich dahin ausgesprochen, daß unter den heutigen Verhältnissen die Versicherungspflicht nicht mehr zeitgemäß sei, weil sich das Versicherungswesen innerhalb der letzten 10 bis 20 Jahre viel zu weit entwickelt habe. Von Versicherungspflicht hätte man früher sprechen können; heute würde man auf große Schwierigkeiten stoßen, dies im Lande durchzuführen. Ein weiterer Umstand, den wir in Betracht ziehen müssen, ist, daß im Laufe der letzten Jahre eine ganz bedenkliche Zahl von Bränden vorgekommen sind und verschiedene Versicherungsgesellschaften sich von unserem Lande zurückziehen. Die Wiener wechselseitige Versicherungsgesellschaft soll Verträge im Lande gelöst haben. Auch die allerbesten Risken im Lande wurden von dieser Gesellschaft gekündiget. Ich möchte hinweisen, daß die Stadt Dornbirn mit einem Betrage von über K 600.000-- versichert war und zwar mit ganz massiven Gebäuden, die Stadtsparkasse und das Realschulgebäude. Diese Gebäude sind nun gekündigt worden. Die