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Letzte Änderung 03.07.2021, 10:10
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp10,lts1912,lt1912,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 9. Sitzung am 17. Oktober 1912 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannstellvertreters Martin Thurnher. Gegenwärtig 23 Abgeordnete. - Abwesend die Herren: Landeshauptmann Rhomberg, Hochwst. Fürstbischof Dr. Franz Egger, Dekan Mayer. Regierungsvertreter: Herr k. k. Hofrat Rudolf Graf von Thun - Hohenstein. Vertreter des k. k. Ackerbauministeriums: Herr Sektionsrat Dr. Wilhelm Freiherr von Alter und Herr Ministerialvizesekretär Dr. Heinrich Deutschmann. Beginn der Sitzung um 9 Uhr 40 Minuten vormittags. Landeshauptmannstellvertreter: In Vertretung des Herrn Landeshauptmannes eröffne ich die heutige Sitzung. Ich habe als Regierungsvertreter, nämlich als Vertreter des k. k. Ackerbauministeriums, dem hohen Hause vorzustellen: Herrn Sektionsrat Dr. Wilhelm Freiherr von Alter und Ministerialsekretär Dr. Heinrich Deutschmann. Ich ersuche um Verlesung des Protokolles. (Sekretär lieft.) Hat jemand gegen die Fassung des Protokolles eine Einwendung zu erheben? Es ist nicht der Fall. Ich erkläre dasselbe als genehmigt. Ein Einkauf ist nicht vorhanden; wir gehen deshalb zur Tagesordnung über. Der erste Gegenstand ist der Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über die Regierungsvorlage betreffend das Wasserrecht. Berichterstatter ist der Herr Abgeordnete Jodok Fink. Ich ersuche ihn, das Wort zu ergreifen. Jodok Fink: Hohes Haus! Ich werde mir erlauben, den Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses zur Verlesung zu bringen und dabei dann auch auf einige Druckfehler aufmerksam zu machen. 9. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. (Liest Bericht und Antrag aus Beilage 39.) In der zweiten Zeile soll es heißen 13 Artikel statt 12 Artikel; in Zeile 11 statt haben: hat. Im sechsten Absätze soll das Anführungszeichen nach "Zivilgesetzgebung treffen" (Zeile 4 dieses Absatzes) gesetzt werden statt am Schlüsse. Das Wort "Grundwasser" ist auch fett gedruckt, was auch ein Versehen ist. Seite 321, Zeile 26 von oben wird es heißen müssen § 10 Absatz 2 und Zeile 29 wird das "auch" nach "wurde" zu streichen sein; in Zeile 4 von unten wird es heißen müssen "konnte" statt "könnte". Auf Seite 322 Zeile 19 von unten ist der Beistrich nach "erwiesen" zu setzen und nach erschien zu streichen; Zeile 6 von unten wird es anstatt § 87 § 85 heißen müssen; Zeile 2 ist anstatt im in zu schreiben. Seite 323 Zeile 15 von oben muß es heißen "ein instanzliches Verfahren". Der Schluß des Absatzes 3 auf dieser Seite soll lauten: "...., da wohl wenige Verordnungen von so großem Einfluß auf die Gestaltung der landeskulturellen Verhältnisse sein können, wie die Durchführungsverordnung zum Wasserrechtsgesetze". Ich empfehle dem hohen Hause die Annahme dieser Anträge. Landeshauptmannstellvertreter: Das hohe Haus hat den Bericht und Antrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses vernommen. Ich eröffne über diesen Gegenstand die Debatte. Wünscht jemand das Wort? - Das Wort hat der Herr Abgeordnete Rüsch. Rusch: Hohes Haus! Unter Hinweisung darauf, daß ich in den Beratungen des volkswirtschaftlichen Ausschusses bemüht war, die Anschauungen in demselben zum Durchbruch< zu bringen, welche die Enquete gebracht hat, was mir leider nicht möglich war, ist es begreiflich, daß der heutige Bericht und die Gesetzesvorlage unseren Beifall nicht finden können. Es ist speziell auch im Berichte betont worden, daß die mittlere Linie zwischen Landwirtschaft und Industrie eingehalten sei, was nach meiner Anschauung jetzt nicht mehr vorhanden ist. Nachdem auch der Herr Berichterstatter leibst seinem Berichte weiter nichts mehr hinzugefügt hat, obliegt es mir, namens der Minorität nur noch folgende Erklärung abzugeben: "Anläßlich der Beratung der Negierungsvorlage betreffend das neue Wasserrechtsgesetz ließ sich der Landesausschuß von Vorarlberg von dem anerkennenswerten Bestreben leiten, in Form einer Enquete alle interessierten Kreise des Landes zur Vorberatung dieser Gesetzesvorlage heranzuziehen, um ein möglichst richtiges Bild der Erwartungen und Wünsche zu erlangen, welche die verschiedenen Interessentengruppen dieses Gesetz betreffend hegen. An diesen Vorberatungen beteiligten sich außer dem Landeshauptmanne als Vorsitzenden die Landesausschußmitglieder Dr. Karl Drexel, Jodok Fink, Franz Loser und Engelbert Luger, während die interessierten Kreise, als: der Landeskulturrat durch seinen Präsidenten Theodor Rhomberg, die Handels- und Gewerbekammer für Vorarlberg durch ihren Sekretär Dr. Bruno Karrer, die Sektion Vorarlberg des Bundes österreichischer Industrieller durch ihren Obmann Julius Rhomberg und das Vorarlberger Wasserkraftkomitee durch seinen Obmannstellvertreter Albert Loacker und durch den in Wasserrechtsfragen besonders bewanderten Präsidenten der Advokatenkammer Dr. Josef Peer vertreten waren. Außerdem nahm an allen diesen Vorberatungen in sehr dankenswerter Weise Hofrat Graf Thun-Hohenstein teil. Bei dieser die interessierten Kreise umfassenden Zusammensetzung des vorbereitenden Komitees ließ sich erwarten, daß das Für und Wider dieser wichtigen Gesetzesvorlage sachlich geklärt und gegensätzlich ausgeglichen werde, so daß ein gediegenes, allen Verhältnissen Rechnung tragendes Elaborat zur Beratung vorgelegt werden könne. Und so geschah es. Wenn nun auch der Referentenbericht nach Beilage 25 A aus den Vorberatungen des volkswirtschaftlichen Ausschusses nicht mit allen jenen Änderungen der Regierungsvorlage herauskam, die in der Enquete beantragt und gewissermaßen als genehmigt betrachtet wurden, so war der Minoritätsvertreter doch der Meinung, daß es möglich sein werde, dem Standpunkte der Enquete auch im Landtage selbst Anerkennung zu verschaffen. Leider kam es anders. Die vom t k. Ackerbauministerium zur Vertretung der Regierungsvorlage bei den Landtagsverhandlungen hieher entsendeten Herren: Sektionsrat Dr. Wilhelm Freiherr von Alter und MinisterialVizesekretär Dr. Heinrich Deutschmann haben es verstanden, durch übermäßige Hervorhebung eines Schutzes des landwirtschaftlichen Grundbesitzes 9. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. 3 gegenüber gewerblichen und industriellen Interessen es dahin zu bringen, daß mit ganz wenig Ausnahmen der Gesetzentwurf, entgegen dem EnqueteErgebnisse und den ersten Beratungen des volkswirtschaftlichen Ausschusses, in der Form der Regierungsvorlage wieder hergestellt wurde. Die einzige wesentliche Abweichung vom Regierungsentwurfe (§ 87) ist eine unzweckmäßige Verschärfung des Vorrechtes von Staat, Land und Gemeinden den Privatunternehmern gegenüber. Alles dies trotz des Hinweises des Minoritätsvertreters auf die früheren Beratungen und gewonnenen Anschauungen und trotz dessen Vorstellung, daß die geographische und wirtschaftliche Lage des Landes Vorarlberg mit seinem von anderen Kronländern unabhängigen Flußgebiete demselben eine exzeptionelle (Stellung einräumt, daß ferner die Industrie Vorarlbergs mit ihren hohen Löhnen, exorbitanten Frachten und schier unerschwinglichen Kohlenpreisen, den anderen Industrien Österreichs gegenüber so ungünstig situiert ist, und daß endlich Vorarlberg sogar noch mehr als andere Alpenländer mit seiner alten und neuen Industrie bei der sonstigen Ungunst der Verhältnisse auf billige Wasserkräfte angewiesen sei und daß man daher keine Gesetze schaffen dürfe, welche den Ausbau der Wasserkräfte erschweren, wie dies nach der neuesten Wendung der Fall sein würde. Außerdem verwies der Minoritätsvertreter darauf, daß gerade im Vorarlberger Landtage wiederholt nachdrücklichst und einstimmig betont wurde, daß die vorarlbergische Bevölkerung, sowohl die agrarische als die gewerbliche und industrielle, wirtschaftlich gleiche Interessen besitze. Alle vorgebrachten Argumente allgemeiner und besonderer Natur nützten aber leider nichts. Sogar ein Vertagungsantrag, welcher weitere Verhandlungen mit der Regierung ermöglicht hätte, wurde kurz abgelehnt. In dieser Stellungnahme der Regierung sowohl, als der Mehrheit des volkswirtschaftlichen Ausschusses erblicken wir einen bedauerlichen Mangel gebotenen Verständnisses für die tatsächlichen Bedürfnisse des Landes. Wie nun der endgiltige Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses und die Gesetzesvorlage nach Beilagen 39 und 39 A dartun, ist wohl auch in diesem Falle nicht daran zu denken, daß im Plenum des hohen Landtages eine andere beziehungsweise die frühere Anschauung zum Durchbrüche gelangen könne und eine nur teilweise Rückkehr zu den früheren Beratungsergebnissen würde uns als nicht befriedigend erscheinen und es hat deshalb für die Minorität keinen Zweck mehr, an diesen Beratungen sich zu beteiligen, weshalb wir uns entschlossen haben, zum Zeichen unserer tiefen Mißstimmung über die Art und Weise der Behandlung dieser wichtigen Gesetzesvorlage und als Protest gegen die wirtschaftliche Schädigung, welche dem Lande für die Zukunft angetan wird, von der weiteren Teilnahme an der Beratung dieses Gesetzes abzusehen. Bregenz, am 17. Oktober 1912. Jg. Rüsch, m. p. Frz. Natter, m. p. Ich bitte um Einverleibung dieser Erklärung ins Protokoll (Die Minorität verläßt den Sitzungssaal.) (Ölz: Wollen Sie nicht hören, was der Herr Regierungsvertreter sagt?) Landeshauptmannstellvertreter: Das Wort hat der Herr Regierungsvertreter Dr. Wilhelm Freiherr von Alter. Dr. Freiherr von Alter: Die scharfe Kritik, welche die Regierungsvorlage und die Beschlüsse des volkswirtschaftlichen Ausschusses durch die Herren Vertreter der Minorität hier im hohen Hause gefunden haben, veranlaßt mich, einige Worte allgemeiner Natur zur Abwehr des Vorwurfes zu machen, daß die Bestimmungen des Entwurfes eine einseitige und ungerechte Bevorzugung der Landwirtschaft beinhalten. AIs sich die Regierung im Vorjahre entschloß, den Landtagen der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder den Entwurf eines neuen Wasserrechtsgesetzes zur Beschlußfassung vorzulegen, ist sie nur einem allgemeinen Wunsche gefolgt, Der allenthalben, aus den Kreisen der Landwirtschaft sowohl als auch aus jenen der Industrie laut geworden ist. Die geltenden Wasserrechtsgesetze stammen aus der klassischen Zeit der österreichischen Gesetzgebung. Es wird wenige Länder geben, die ein den Verhältnissen der Zeit so angepaßtes Wasserrechtsgesetz gehabt haben, wie die österreichischen Kronländer. Es wäre aber ein trauriges Zeichen unserer volkswirtschaftlichen Entwicklung in den letzten 50 Jahren, wenn unser heutiges Wasserrechtsgesetz noch allen Verhältnissen entsprechen würde. 4 9. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. Ich glaube, mich dabei nicht lange aufhalten zu sollen, es genügt wohl darauf hinzuweisen, daß tatsächlich ein gewaltiger Umschwung hinsichtlich der Verwendungsmöglichkeiten der Wasserkräfte eingetreten ist. Zur Zeit, als die heute in Geltung stehenden Wasserrechtsgesetze entstanden, war der Zug der Industrie aus den Alpenländern in die Kohlengebiete. Die kolossalen Fortschritte der Technik speziell auf dem Gebiete der Elektrizität und ihrer Anwendung in der Industrie haben es mit sich gebracht, daß die Wasserkräfte, dieser große Nationalreichtum der Alpenländer, eine lohnendere Ausbeute erhoffen lassen. Und so kam es, daß die Gesetze, die heute die wasserrechtlichen Verhältnisse in Österreich zu regeln bestimmt sind, zu enge sind, um jenen Weiterungen zu folgen, die die Entwicklung der Volkswirtschaft mit sich gebracht hat. Die Neukodifikation eines solchen Gesetzes, wie es das Wasserrechtsgesetz ist, ist immer ein schwieriges Problem. Es handelt sich hier um den Ausgleich von so wahnsinnig viel weit auseinander gehender Interessen, daß man schon von allem Anfang an, wenn man zur Arbeit schreitet, sich dessen bewußt ist, daß niemand imstande ist, alle Sonderwünsche voll zu befriedigen. Es ist selbstverständlich, daß die Erstellung eines Gesetzes, das so tief in die Produktionsverhältnisse eingreift, das jeder Produktionsfaktor so ganz und gar nach seinem Leisten zugeschnitten zu haben wünscht, viele Schwierigkeiten bietet. Es kann daher nicht Wunder nehmen, wenn der vorliegende Entwurf, vom Standpunkte einer Interessentengruppe besehen, zur Kritik herausfordert, da der Entwurf als ein Kompromißwerk erscheint, das niemanden voll befriedigen kann, da es für alle Interessen Vorsorge zu treffen hat. Alle Produktionsfaktoren sind ja so aufeinander angewiesen, daß eine einseitige Bevorzugung eines zum Nachteile der anderen ausschlagen muß. Sie sind so voneinander abhängig, daß sie nur dann sich günstig fortentwickeln können, wenn jedem der Produktionsfaktoren, speziell auf dem Gebiete der Wasserwirtschaft, die nötigen Existenzbedingungen gewährleistet sind. Wie dem nachzukommen ist, hat uns die Natur vorgezeichnet. Es gibt hier kein Protektorat gegen die Natur. Man muß sich vor Augen halten, für welche Zwecke das Wasser zunächst von der Natur bestimmt ist: zur Befriedigung der Lebensbedürfnisse von Menschen und Tieren. Dem Naturgesetze folgend mußte daher jenen Bestimmungen der Vorrang eingeräumt werden, welche dafür Vorsorge zu treffen haben, daß Mensch und Tier das nötige Trink- und Nutzwasser erhalten. Wie ein roter Faden zieht sich daher der Grundsatz durch die Bestimmungen des Entwurfes, daß in jedem Falle jeder andere Nutzungszweck dem ersten Prinzipalen weichen muß. Die natürlichen Verhältnisse bedingen es auch, daß die Landwirtschaft an zweiter Stelle zu reihen ist Sie ist auf dieses Element mit einer Ausschließlichkeit angewiesen, die für die Industrie nicht, zumindestens nicht in gleichem Maße gilt. Ich bin mir wohl bewußt, daß die Industrie ebenso des Wassers bedarf wie die Landwirtschaft, aber der landwirtschaftliche Betrieb benötigt dieses Element immer an dem bestimmten Punkte, an den er gebunden ist; die Landwirtschaft kann es an dem Standorte eines bestimmten Betriebes nicht entbehren. Die Industrie ist freizügiger; findet fie die Existenzbedingungen nicht an dem einen Orte, so kann sie sich an einem anderen Punkte niederlassen, an dem günstigere Produktionsbedingungen gegeben find. Findet ein landwirtschaftlicher Betrieb nicht alle Voraussetzungen für sein Gedeihen an seinem durch die Natur gegebenen Standorte, so ist es um ihn geschehen. Feld und Wald lassen sich nicht übertragen, Fabriken wohl. Wenn die Vertreter der Regierung heute hier vor dem hohen Hause so wie im volkswirtschaftlichen Ausschusse des hohen Landtages diesen Standpunkt vertreten, so glaube ich kaum, daß es gerechtfertigt ist, ihnen einen bedauerlichen Mangel an Verständnis für die Bedürfnisse des Landes vorzuwerfen, wie es der sehr geehrte Herr Vertreter der Minorität getan hat. Der früher erörterte Grundgedanke, der sich, wie ich mir darzutun erlaubte, wie ein roter Faden durch den ganzen Entwurf hindurchzieht, ist nicht von der Regierung, nicht von jenen, die an der Fertigstellung der dem hohen Hause nun vorliegenden Vorlage beteiligt waren, zum Zwecke einer einseitigen Bevorzugung der Landwirtschaft erfunden worden, er ist vielmehr von der Natur selbst vorgeschrieben. Wenn die Mehrheit des volkswirtschaftlichen Ausschusses und die Vertreter der Regierung an diesem Naturgesetze festhielten, so haben sie nur ihre Pflicht getan und daran festgehalten, was für die gedeihliche Entwicklung der beiden Produktionsfaktoren, der Landwirtschaft wie der Industrie nötig ist. Denn in dem Augenblicke, in welchem im Interesse der Förderung der Industrie der Landwirtschaft die Möglichkeit einer gedeihlichen Entwicklung entzogen wird, hätte bei. dem engen Zusammenhange beider Produktionsfaktoren nicht nur 9. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. 5 die Landwirtschaft eine Niederlage erlitten, es wäre der Industrie selbst eine der Grundbedingungen ihrer Existenz entzogen worden. Denn der Niedergang der Landwirtschaft beinhaltet für die Industrie doch zweifellos den Untergang eines ihrer hauptsächlichen Konsumenten. Ich glaube mich zur Entkräftigung des Vorwürfe? einer ungerechten Bevorzugung der landwirtschaftlichen Interessen auf diese Ausführungen allgemeiner Natur beschränken zu können- Ich möchte mir aber noch erlauben darauf hinzuweisen, daß die Industrie in dem Entwürfe denn doch nicht so als Stiefkind behandelt wird, wie der verehrte Herr Abgeordnete der Handels- und Gewerbekammer vermeint. Auch die Industrie wird, wenn der Entwurf zum Gesetze wird, große und wichtige Vorteile erhalten. So bringen schon allein die Bestimmungen der Paragraphe 25 und 53 der Industrie so große Vorteile, daß die Lasten, welche ihr auferlegt werden, daneben kaum sehr in Betracht kommen. Der Entwurf hat als Ziel ja nicht die Förderung der Landwirtschaft, nicht bloß die Hebung der Industrie, sondern er ist von dem Bestreben geleitet, für alle Produktionsfaktoren auf dem Gebiete der Wasserwirtschaft die Basis einer gedeihlichen Entwicklung zu schaffen. Es ist mir wohl auch noch verstattet, die von dem Herrn Abgeordneten der Handels- und Gewerbekammer im volkswirtschaftlichen Ausschusse gegen die Bestimmungen der Regierungsvorlage vorgebrachten hauptsächlichsten Gravamina hier vor dem hohen Hause zu besprechen, damit ich den schweren Vorwurf, welcher sowohl gegen die Vertreter der Regierung als gegen die Mehrheit des volkswirtschaftlichen Ausschusses soeben erhoben wurde, zu entkräften in der Lage bin. Da kommen zunächst die Bestimmungen des § 26 in Betracht. Diese statuieren den Grundsatz der Haftpflicht für die Unternehmer einer Wasseranlage. Ich will nicht in Abrede stellen, daß die Einführung dieses Grundsatzes in die Wasserrechtsgesetzgebung in erster Linie für die Industrie Härten mit sich bringt. Dennoch muß dieser Grundsatz als voll berechtigt bezeichnet werden. Die heutigen Zustände sind unhaltbar. Die Wasserwerke verursachen insbesondere dem landwirtschaftlichen Grundbesitze schwere Schäden, sie verursachen diese Schäden also jenen, welche die Veränderung der natürlichen Verhältnisse nicht hervorgerufen haben und welche auch aus der Anlage keinen Nutzen ziehen. Ist es gerecht, diese die Schäden tragen zu lassen oder entspringt der in dem Entwürfe statuierte Grundsatz nicht dem simpelsten Gebote der Billigkeit, daß jener der die natürlichen Verhältnisse willkürlich ändert, der aus dieser Veränderung jahrzehntelang großen Nutzen zieht, auch und zwar unbedingt für jene Schäden zu haften hat, welche durch die Anlage hervorgerufen werden? Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, hat sich der verehrte Herr Abgeordnete der Handels- und Gewerbekammer auch nicht unbedingt gegen die Statuierung der Haftpflicht, vielmehr nur unbedingt dagegen gewendet, daß die Haftpflicht selbst im Falle einer vis maior, im Falle des Eintrittes einer Elementarkatastrophe platzgreifen soll. Gegen diese Einschränkung nun mußten die Regierungsvertreter Stellung nehmen. Denn damit wären ja die hauptsächlichsten Fälle der Haftpflicht ausgeschlossen worden. Unter normalen Verhältnissen wird ja eine Anlage sich leicht als zureichend erweisen. Meistens wird der Schaden durch die Anlagen erst beim Eintritte außergewöhnlicher Verhältnisse hervorgerufen werden. Ein Wehr, das den normalen Wasserzuflüssen nicht Stand halten kann, dürfte wohl nie projektiert, gewiß aber nie konsentiert werden. Aber jener Fall kommt leider nicht allzu selten vor, daß die Anlagen nicht so erstellt werden, daß sie auch den Hochwasserzuflüssen Widerstand leisten. Soll nun in diesen Fällen der arme Grundbesitzer den Schaden tragen ober ist es nicht auch in diesen Fällen nur gerecht und billig, daß der Unternehmer, der ja auch den Nutzen davon trug, für den Schaden zu haften hat, sobald der Schaden nur durch die Anlage, durch die Veränderung der natürlichen Verhältnisse, wenn auch infolge des Hinzutrittes außerordentlicher Ereignisse entstanden ist. Ich erlaube mir aber ausdrücklich die Aufmerksamkeit des hohen Hauses darauf zu lenken, daß auch nach der Fassung der Regierungsvorlage, welche vom volkswirtschaftlichen Ausschusse akzeptiert wurde, immer ein Zusammenhang zwischen dem Bestände der Anlage und dem eingetretenen Schaden gegeben sein muß. Wird der Schaden nicht durch die Anlage verursacht, d. h. wäre er auch ohne den Bestand der Anlage entstanden, so hat der Unternehmer für ihn natürlich nicht zu haften. Ich habe mir erlaubt, schon früher zu bemerken, daß die Bestimmungen des § 26 Härten für die Industrie mit sich bringen, Härten, die sich leider nicht vermeiden lassen. Jemand muß diesen Schaden tragen; daß ihn so wie bisher jene zu tragen haben, die gar keine Schuld trifft, ist gewiß mehr als unbillig. Wenn diese Bestimmungen wie gesagt auch Härten beinhalten. 6 9. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. den Ruin insbesondere der Wasserkraftindustrie beinhalten sie sicher nicht. Andere Staaten und zwar speziell solche, in welchen die industrielle Wasserwirtschaft sehr hoch entwickelt ist, gehen noch viel weiter. Sie statuieren einfach die Möglichkeit des Widerrufes gegenüber Anlagen, die sich aus welchem Grunde immer in der Zukunft als schädlich erweisen. Der vorliegende Gesetzentwurf schützt die. Wasserwerksunternehmer unbedingt vor dem Widerrufe, ja mehr als das, er legt ihnen nicht einmal die unbedingte Verpflichtung zur Abänderung schädlich sich erweisender Anlagen auf, er begnügt sich damit, die Unternehmer für jene Schäden haften zu lassen, die durch die von ihnen errichteten Anlagen verursacht wurden. Also auch hier sehen wir, daß der Entwurf die Industrie nicht als Stiefkind behandelt, daß er ihr nur so viel an Lasten auferlegt, als zur Beschaffung der notwendigen Existenzbedingungen für die Landwirtschaft geboten ist. Der weitere hauptsächlichste Vorwurf gegen die Regierungsvorlage wurde vom Herrn Abgeordneten der Handels- und Gewerbekammer gegen die Bestimmungen des § 24 erhoben. Auch hier war die Einsprache, wenn ich richtig verstanden habe, keine unbedingte. Ein Zusatz hätte nach Anschauung des Herrn Abgeordneten der Handels- und Gewerbekammer auch diesen Paragraphen für die Minorität wenigstens akzeptabel gemacht. Durch diesen Zusatz hätte die Möglichkeit geboten werden sollen, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen die Konzessionsdauer statt mit 60 mit 90 Jahren zu bemessen. Die Aufnahme dieser Bestimmung hätte aber tatsächlich keine Änderung herbeigeführt. Wenn die Regierung den Entwurf dem hohen Landtage mit der unbedingten Beschränkung der Konzessionsdauer für private Unternehmer auf 60 Jahre vorlegt, so ist sie jedenfalls der Meinung, daß mit diesen 60 Jahren in allen Fällen das Auskommen gefunden werden kann. Wenn nun an dieser gesetzlichen Bestimmung durch den Beschluß des hohen Landtages nichts anderes geändert werden soll, als daß der Regierung die Möglichkeit geboten werden soll, darüber hinaus zu gehen, so ist damit für die Industrie noch nichts erreicht worden. Denn wenn die Regierung prinzipiell auf dem früher gekennzeichneten Standpunkte steht, dürfte sie wohl derartigen Ansuchen keine Folge geben. Ich glaube also, daß die erörterten hauptsächlichsten Gravamina nicht so schwer ins Gewicht fallen können und daß die erstrebten Änderungen nicht so inhaltsschwer sind, um den so schweren Vorwurf, den die Herrn Vertreter der Minorität erhoben haben, begründet erscheinen zu lassen. Auch wenn der hohe Landtag die erörterten Einwendungen der Herren Vertreter der Minorität nicht berücksichtigen und den Entwurf in der vom volkswirtschaftlichen Ausschusse vorgelegten Fassung zum Beschlusse erheben wird, wird er nach meiner Überzeugung mit diesem seinem Beschlusse nicht zum Schaden des Landes gehandelt, sondern im Gegenteile zum Segen des Landes für die zukünftige wasserwirtschaftliche Entwicklung Vorarlbergs ein Wesentliches beigetragen haben. (Lebhafter Beifall, Bravorufe!) Landeshauptmannstellvertreter: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Loser. Loser: Hohes Haus! Die Herren Kollegen werden sich vielleicht noch erinnern, daß zur Zeit der letzten Landtagstagung im Frühjahre im Rathaussaale der Stadt Bregenz eine Besprechung stattgefunden hat über die Regierungsvorlage betreffend das Wasserrechtsgesetz. An jener Besprechung, die eine sehr gründliche war, haben teilgenommen: eine große Anzahl von Landtagsabgeordneten, Mitglieder des Wasserkraftkomitees, Angehörige des Unternehmertums aus verschiedenen Kreisen des Landes. Bei dieser Gelegenheit hat Herr Dr. Peer, der, wie der Herr Abgeordnete Ignaz Rüsch sagt, in wasserrechtlichen Fragen ganz besonders bewanderte, juristische Anwalt des Wasserkraftkomitees, ein sehr ausführliches, etwa anderthalbstündiges Referat gehalten. Ich erlaube mir jetzt die Herren daran zu erinnern, daß bei dieser Gelegenheit der Herr Dr. Peer, der ganz besonders sachkundige Vertreter in Wasserrechtssachen, auf die Regierungsvorlage eine förmliche Lobeshymne gesungen hat, sodaß mir beinahe etwas bange geworden ist, und ich Zweifel bekam, ob wir wohl so ohne weiteres dieser Vorlage zustimmen dürfen, nachdem Herr Dr. Peer sie so außerordentlich angepriesen hat, weil ich befürchtete, es könnten die im Gesetze enthaltenen Bestimmungen doch hauptsächlich etwa nur im Interesse des Unternehmertums gelegen sein. Dr. Peer pries die Regierungsvorlage geradezu als Ideal, wobei er erklärte - der Herr Regierungsvertreter möge entschuldigen - nicht alle Vorlagen unserer Regierung seien so gut und so id al wie der Wasserrechtsentwurf; er wünsche, hat Herr Dr. Peer gesagt, daß der Landtag an dieser Vorlage nicht viele Änderungen vornehmen möge. Ich kann mich nicht erinnern, daß 9. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. Herr Dr. Peer später als Experte bei Beratung der Vorlage im Subkomitee sich gegen einzelne Paragraphen in irgendwie bestimmter Form gewendet und sie als schädlich bezeichnet hätte. Ich lasse mich ja korrigieren, wenn es der Fall sein sollte. Ich kann auch nicht annehmen, daß der Herr Dr. Peer damals lediglich im Interesse und vom Standpunkte des kleinen Grundbesitzes gesprochen habe, sondern ich meine schon, daß er bei dem Lobe, das er über die Regierungsvorlage gesprochen hat, auch einigermaßen die Interessen des Unternehmertums vor Augen gehabt habe. Ich möchte nur noch darauf hinweisen, daß vom Subkomitee und vom volkswirtschaftlichen Ausschusse die Regierungsvorlage in keiner Weise verschlechtert wurde. Es sind nicht viele wesentliche Änderungen vorgenommen worden und das, was vorgenommen wurde - ich bedaure, daß nunmehr die Herren der Minorität nicht mehr hier sind bedeutet eine Verbesserung. Die Änderungen, die vorgenommen wurden, sind zum großen Teile auch vom Subkomitee im allgemeinen angenommen worden. Dasjenige, was der Herr Rüsch so energisch bekämpft, das ist alles streng genommen schon zu jener Zeit in der Vorlage enthalten und somit bekannt gewesen, als der Herr Dr. Peer seine Lobeshymne gehalten hat. Ich will nur noch bemerken, daß dieses Gesetz nach vielen Richtungen eine bessere Ausnutzung der Wasserkräfte ermöglicht, namentlich inbezug auf das in der Vorlage vorgesehene Enteignungsverfahren. Es ist daher nicht mehr als billig, daß das Unternehmertum auch jene Pflichten auf sich nimmt, die ihm durch dieses Gesetz im Hinblicke auf die Vorteile, die es bietet, auferlegt werden. Zum Schlüsse bemerke ich, daß dieses Gesetz meines Wissens auch in anderen Kronländern schon beschlossen worden ist und zwar in Kärnten von den Gesinnungsgenossen jener Herren, welche soeben den Sitzungssaal verlassen haben. Landeshauptmannstellvertreter: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Drexel. Dr. Drexel: Die in unserem Vorarlberger Landtage ungewöhnliche Haltung der Minorität einem Gesetze gegenüber veranlaßt mich, zu diesem Vorgehen einige Worte zu sagen. Daß wir in Österreich und in unterem Lande ein Wasserrechtsgesetz brauchen, dafür spricht eine ganze Reihe von Umständen und es war deswegen sehr zu begrüßen, daß die Regierung mit einer Vorlage gekommen ist, welche vom Ackerbauministerium herausgegeben, die, von den anderen Ministerien - es sind fast alle mitbeteiligt - durchberaten und mit deren grundsätzlichen Zustimmung versehen, den Ländern zur Beratung vorgelegt wurde. Es war damit die Aussicht geboten, in absehbarer Zeit auf diesem Gebiete eine neue Regelung zu erhalten. Gestatten Sie mir nun einige Bemerkungen über den Vorgang, welchen wir bei der Vorberatung eingehalten haben. Ein Subkomitee erhielt vom Landesausschusse zunächst die Aufgabe, diesen Regierungsentwurf durchzuberaten und entsprechende Anträge vorzulegen. Das Subkomitee begann mit seinen Sitzungen und wurde, wie der verehrte Herr Vorredner schon bemerkt hat, verstärkt durch einige Vertreter verschiedener Korporationen. Wenn man aber die Liste dieser Korporationen näher ansieht, konnte man voraussehen - und es bestätigte sich im Laufe der Verhandlungen - daß dabei die Industrie fast als einziger Experte erschienen war. Es war wohl auch vertreten der Fischereiverein des Landes Vorarlberg; aber dieser beschränkte seine Wünsche und Bedenken auf einige nebensächliche Paragraphen. Auch der Vertreter des Landeskulturrates war da und bei aller aufrichtigen Anerkennung für das, was der Landwirtschaftsverein für unsere Landwirte geleistet hat, es darf doch nicht übersehen werden, daß der Präsident des Landeskulturrates in seiner Eigenschaft als Privatmann Großindustrieller ist. Es ist infolgedessen auch da selbstverständlich, daß sein Urteil, sein Gutdünken, seine Mitberatungen nicht ganz allein beeinflußt waren von den Interessen der Landwirtschaft, sondern daß er bei allen Abstimmungen und dort, wo es sich rein um industrielle Fragen handelte, selbstverständlich auch als Industrieller mitdachte. Es kamen aber die landwirtschaftlichen Kreise in größerem Maße nicht zum Worte dabei und so kamen vorerst die Wünsche der Großindustrie mehr zum Ausdrucke. Ich begrüße den Umstand; wir hatten so im Subkomitee Gelegenheit, die Wünsche der Großindustrie unseres Landes gründlich kennen zu lernen. Was wir wollten, was wir wünschten, haben wir erreicht, ohne aber damit zugeben zu wollen, daß das, was in den Beratungen dieser Kreise für gut befunden wurde, unbedingt in der Landtagsverhandlung als Beschluß und Antrag der Landtagsmehrheit oder gar des ganzen Landtages gelten werde. Denn ein Faktor fehlte; es war jener Teil, der das Gesetz vorlegte, die Vertreter des Ackerbauministeriums. Es war schon von Anfang an. 8 9. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. schon seit einem Jahre feststehend, es seien die Vertreter des Ackerbauministeriums zu den Verhandlungen hier im Hause einzuladen und diese Einladung erfolgte, als im volkswirtschaftlichen Ausschusse, dem einerseits das Elaborat des Subkomitees, in dem die Großindustrie ihre Wünsche brachte, und andererseits der Regierungsentwurf vorlag, die Beratungen aufgenommen wurden. Da kam nun die Auffassung und die Meinung und Auslegung derjenigen zum Worte, welche das Gesetz der Hauptsache nach geschaffen hatten und da muß jetzt festgehalten werden, daß gegen das eine oder andere Bedenken, auch gegen einzelne Wünsche, welche die Industrie vorlegte, eine andere Meinung so stark auftrat, daß wir nicht umhin konnten, der Auffassung der Regierungsvorlage in der Hauptsache nachzugeben. Es möchte nun die Meinung wachgerufen werden durch den heutigen Vorgang in unserer Landtagssitzung, daß es sich da um ganz große Interessen der Industrie handle. Es möchte die Meinung auskommen, daß die Industrie zum Tode verurteilt sei, daß sie sich nicht mehr entwickeln könne; es wurde gesagt, man habe kein Verständnis für die Entwicklung und für die Bedürfnisse des Landes Das ist ein sehr hartes Urteil über die Mehrheit. Ich glaube, es ist gut, gleich hier in der Generaldebatte die Punkte zu besprechen, welche eigentlich heute Streitpunkte sind. Der eine Streitpunkt ist die Frage der Konzessionsdauer. Aus wie lange Zeit soll man dem Privatunternehmer eine Wasserrechtskonzession geben? Auf 60 oder 90 Jahre? Die Regierungsvorlage sagt, daß Staat, Land und Gemeinden eine 90jährige Dauer bekommen, die Privatunternehmer eine 60 jährige- Nun muß hier vorher festgestellt werden, daß eine 60 jährige Konzessionsdauer gewiß eine ausgiebige Zeit ist, um die Frage beantworten zu können, soll ich ein Unternehmen bauen oder soll ich nicht bauen? Die Amortisationsquote muß in Wirklichkeit mit einer kürzeren Amortisationsfrist rechnen, mit andern Worten: Der Unternehmer muß trachten, in kürzerer Zeit die Amortisation des ganzen Werkes durchzuführen. Es tritt da als entgegengesetzte Kraft herein der Standpunkt, es kann sich im Laufe von 60 Jahren in technischer Beziehung, in der Entwicklung des Landes selbst, in den Bedürfnissen des Landes sich soviel ändern, daß es nach 60 Jahren für das Land besser erscheint, diese Wasserkräfte in anderer Weise zu verwerten. Nun denn, wenn nach Ablauf der Konzessionsdauer ein Bewerber auftritt, welcher ein größeres Werk bauen will, oder daß eine andere Ausnützung der Volkswirtwirtschaft größere Vorteile für das Land herauszuziehen versteht, erst dann würde die Konzession auf einen andern übertragen werden; wenn aber der bisherige Inhaber ein gleichwertiges Projekt vorlegt, wie der andere Konkurrent, dann - sagt das Gesetz ausdrücklich - hat der bisherige Besitzer der Wasserkraft ein Vorzugsrecht. Meine Herren! Das sind keine Härten, damit sehe ich noch keine Industrie gefährdet. Derjenige, der das Wasserwerk übei nehmen will, muß dem Lande mehr bieten, muß der Volkswirtschaft eine größere Ausbeute garantieren, ja nach der Ausnützung muß auch der Industrie ein größerer Vorteil geboten werden, widrigenfalls seine Pläne, sein Projekt volkswirtschaftlich als minderwertig bezeichnet und infolgedessen auch nicht demjenigen genommen wird, der bisher die Konzession hatte. Als Konkurrenten können in solchen Fällen auftreten Staat, Land und Gemeinden. Da haben doch kleinere Vorberatungen der allerletzten Zeit den Beweis erbracht, daß es nicht ganz verfehlt wäre, daran zu denken, daß später einmal mehrere Gemeinden einzelne Gemeinden unseres Landes können ganz große Projekte nicht durchführen - zur Ausnützung großer Wasserkräfte schreiten können. Und wenn wir heute noch nicht so weit sind und eine Einigung der Gemeinden noch nicht da ist und nicht abzusehen ist, mit welchen Mitteln die Gemeinden, die alle stark belastet sind, an die Lösung einer solchen Frage herantreten würden, so müssen wir wenigstens vorsichtig bleiben, denn eine spätere Zeit kann eine Umwandlung bringen auch im Zusammenarbeiten der Gemeinden, die es verlangt, bei Schaffung eines Gesetzes doch einen absehbaren Termin festzusetzen, um die Gemeinden nicht in eine solche Situation zu bringen, wie schon einmal vor 10 Jahren, wo der Bregenzerwald ein großes Elektrizitätswerk erstehen sah. Es war dies der Besitz einer Unternehmung. Was haben wir heute? Heute ist ein Komitee beisammen aus Vertretern von Bregenz, Hard, Lustenau, Dornbirn und Hohenems. Was beraten diese? Sie beraten, ob es nicht möglich wäre, daß diese Gemeinden zusammen eine Gesellschaft bilden würden, um das große Andelsbucher Werk anzukaufen und in Eigenbetrieb zu übernehmen. Wir sehen praktisch jetzt schon, daß dort, wo weitab an einen Ablauf der Konzession nicht zu denken ist und wo man daher an einen Kauf denkt, jetzt schon die Gemeinden den 9. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. 9 Wunsch haben, ein derartig großes Werk möchte in den Besitz der Gemeinden selbst übernommen werden. Und wenn man vom Gedanken ausgeht, daß Luft, Wasser und die Schätze unter der Erde strenge genommen Besitz der Allgemeinheit sind und nicht einem einzelnen gehören, so muß der Standpunkt des Gesetzes gewürdigt bleiben, welches sagt, wenn niemand dasselbe ausnützt, so möge es ein Unternehmer tun, aber auf absehbare Zeit Wenn eine neue Entwicklung kommt, so muß dieser Kreis die Möglichkeit haben, diese Kraft und die Vorteile im Eigenbetriebe auszunützen. Aber ich sehe keinen Umstand, darin, in dieser Bestimmung des Gesetzes zu sagen, es sei die Industrie als solche gefährdet. Die Industrie, die Kraft braucht, hat gewiß keine Gefahr zu bestehen, wohl vielleicht jene, die mit Eigenspekulation ein solches Unternehmen für sich ausbeuten, nicht um Kraft abzulösen, sondern um aus der Wasserkraft möglichst viele Vorteile zu genießen. Erfährt jene Industrie eine Einschränkung, die sich um das Werk nicht kümmert, die aus der Wasserkraft kein Geld nehmen will, sondern mit der Kraft arbeitet und durch genügende Kraft in der Lage ist, auch in Kohlengebieten zu konkurrieren, so hat damit eine Industrie keine Gefährdung durch den Paragraphen zu erleiden, der eine Konzessionsdauer auf 60 Jahre festsetzt. Dies ist nun der eine Hauptpunkt unserer Differenzen. Der zweite Hauptpunkt beschränkt sich auf die Frage, was gilt dann, wenn durch eine Anlage ein großer Schaden zugefügt wird den Anrainern und jenen, die irgendwie mit solchen Anlagewerken in Verbindung stehen? Die Differenz war verhältnismäßig auch da nicht gar zu groß. Man war sich einig, daß dann, wenn durch Anlagen Schaden verursacht wird, der Besitzer des Unternehmens für den Schaden aufzukommen hat. Nur ein Streitpunkt blieb offen, nämlich die Differenz in der Anschauung, was hat dann zu geschehen, wenn eine fors maior, eine Elementarkatastrophe, ein Hochwasser, ein Erdbeben kommt? - Eine Feuersgefahr ist nicht in Betracht zu ziehen. - Wir hätten an und für sich zugegeben, es könne Fälle geben, es könne ein außerordentlicher, katastrophaler Fall eintreten, indem durch Naturereignisse Anlagen vernichtet werden; durch Eindringen des Wassers oder des Geschiebes können sie geschädigt werden, wobei es schwer zu sagen ist, ob der Besitzer allein für den Schaden aufkommen müsse Aber wir sagen auf der anderen Seite, es lasse sich die Grenze auch oft schwer feststellen zwischen katastrophalen und anderen Einwirkungen, womit der Unternehmer im voraus rechnen muß. So bin ich wohl der Meinung, daß einer, der eine Talsperre errichtet, diese so stark ausbauen muß, daß sie auch größerem Hochwasser gewachsen ist, wobei dies einen nicht viel stärkeren Druck bringt, wie die vollgefüllte Talsperre; das Wasser sprudelt über die Talsperre hinaus, diese muß aber dem Eindringen eines größeren Hochwassers standhalten; dies muß er in seinem Plane berechnen und mit einbeziehen. Es sind schon Meinungen gewesen, daß derartige Eingriffe der Natur mit eingezogen werden müssen in die Vorarbeiten und daß der Anlageplan dies auch vorsehen muß. Erdbeben. - Vorarlberg ist zwar kein Erdbebenherd, hat aber hie und da kleine Schwankungen erlebt; aber z. B. das Postgebäude, das Risse und Sprünge genug hat, bezüglich dessen man glaubt, daß es, wenn einmal ein Erdbeben komme, zusammenfalle, hat das letzte Erdbeben - nur einmal hat es auch ordentlich gerüttelt - noch ganz gut ausgehalten. Was ist dann, wenn ein kleines und verhältnismäßig leichtes Erdbeben ein etwas schwach gebautes Wasserwerk vernichtet; da läßt sich nicht feststellen, ob die Ursache im Erdbeben oder ob sie in der schwachen, alt gewordenen Mauer liegt; dies läßt sich wohl nicht leicht feststellen und da meine ich so: Mit allen Fällen, allen Ausnahmen und Möglichkeiten kann im Gesetze nicht argumentiert werden. Man müßte Absatz um Absatz machen, das Wenn und Aber würde so vielfach und zahlreich werden, daß wir schließlich gar kein Urteil und keine Übersicht mehr hätten, wie vorzugehen sei; deswegen sagt das Gesetz, daß der Werkbesitzer für den Schaden und die Folgen seiner Anlagen haftet; aber es ist auch im Paragraphen deutlich ausgedrückt, daß er nicht einfach verurteilt werden kann ohne weiteres, es muß der Nachweis erbracht werden, was seine Schuld ist und er kann den Nachweis erbringen, was nicht mit seiner Anlage zusammenhängt. Ich will im voraus bemerken, aus aller Erfahrung habe ich heute noch keine Anhaltspunkte dafür, daß es anders wird, daß ich heute bei der gegenwärtigen Fassung des Paragraphen den Schluß ziehe, daß dieser Anlagebesitzer in Zukunft nicht schlecht wegkommen wird; es werden vielmehr dem Kleinen die Mittel fehlen, um den Beweis zu erbringen, um schwierige Prozesse zu führen, sodaß der, welcher Protest erhebt, mehr Schaden erleiden muß als der Geldkräftigere, der besser Versierte, der 10 9. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. Größere, dem es in den meisten Fällen leicht möglich ist, nachzuweisen, daß in vielen Fällen andere Umstände mitgewirkt haben zu diesem Unglücke als seine Anlage ganz allein. Meine Herren! Nehmen Sie den Fall an und es gibt eine Anzahl, die wir in der letzten Zeit miterlebt haben, wo dies so schwer war, wo Stauungswassergenossenschaften sich verpflichtet haben, für allen Schaden aufzukommen- Fragen Sie dann bei unseren Forstleuten nach. die alljährlich einen großen Schaden an Holz haben; sie wissen nicht und es läßt sich auch nicht genau festfüllen, wo das Holz ist; es ist nicht da und man weiß nicht, wo es liegt, wo es steckt. Fragen Sie nach in Feldkirch, wo die Stauung im großen Frastanzer Ried infolge Schwellung der Ill eingetreten ist, wo die Bevölkerung der festen Meinung ist, die Stauung bei der Hämmerleschen Fabrik habe mitgewirkt zur erhöhten Überschwemmung in Feldkirch. Fragen Sie andere, bitte, sie werden Ihnen sagen, daß die ganze Anlage Ursache war von der großen Gefahr, deren Behebung heute Hunderttausende kostet. Lassen Sie aber die Richter feststellen, was die Schuld des Werkes ist, so werden sie sagen, ganz genau kann man dies nicht feststellen. Sie sehen also, meine Herren, daß auch dieser Paragraph, um den es sich handelt, in sich oft Schwierigkeiten bietet, von denen man sagen könnte, sie seien eine Unterdrückung des Unternehmertums, sie bedeuten eine Schädigung der Industrie; es ist eine Frage, die man auf das Kleinste hinaus nicht entscheiden kann. Es läßt sich ein großer Schaden vielleicht nie genau feststellen und auch hinsichtlich des Grundsatzes: Wer den Schaden angerichtet, wird ihn zahlen müssen, bin ich der Meinung, daß der Starke und Mächtige immer noch gewissen Schutz hat, der für ihn größer ist, als für den ganz Kleinen, dessen Grundbesitz zerstört und vernichtet ist. Man hat auch bei diesem Paragraphen die Frage aufgeworfen, was etwa zu machen wäre, wenn der Unternehmer sein Werk gut einrichten will, aber die Behörde Forderungen stellt, die zwar erfüllt werden müssen, aber in denen die Ursache des Unglückes oder Schadens liegt; es ist dieser Fall wohl nicht ganz ausgeschlossen. Es hat der verehrte Herr Vertreter der Handels- und Gewerbekammer für diesen Fall keine Formulierung gefunden, dies im Gesetze festzulegen. Es wurde hier letztes Jahr in unser Postgebäude K 200.000-- hineingebaut, um ein festeres Fundament zu bekommen. Wir finden, wenn man im Protokolle nachsieht, daß der Baumeister der Stadt Bregenz verlangt hat, das Fundament müsse tiefer und breiter gelegt werden und der Staatsingenieur hat erklärt, daß es dies nicht brauche und der Bregenzer Baumeister hat dann festgelegt, daß er die Verantwortung für dieses Haus ablehne, weil er der Meinung sei, daß das Fundament zu schwach sei. Man hat aber trotzdem gebaut und letztes Jahr bat man K 200.000'- hineingesteckt und dieses müßte man von rechtswegen bei den Ingenieuren holen, welche diese Bestimmung getroffen haben. Aber nachdem diese mit der Staatsverwaltung und den Ministerien so ziemlich identifiziert werden müssen, so zahlt nun der Staat diese K 200.000'- mehr, die man früher hätte ganz leicht in der Hauptsache ersparen können. Ich nehme wohl nicht an, daß Fehler vorkommen, wenn es sich um Privatunternehmen handelt, daß der Privatunternehmer stärker bauen will und der Vertreter der Behörde kommt und sagt: "Bauen Sie schwächer." Aber es ist doch der Fall denkbar, daß irgendwie Vorschriften gemacht werden, daß irgendein Bau aufgeführt werden soll, von dem die Ingenieure des Privatunternehmers die Meinung haben, daß dieser mehr schade als nütze. Solche Fälle können vorkommen und sind vorgekommen und sind hart, es sträubt sich das Empfinden dagegen. Aber wenn der Herr Abgeordnete Rüsch da wäre, so würde er mir zugeben: Wir haben für diesen Fall keine Formulierung gefunden. (Beifall) Einen analogen Fall habe ich erfahren. Es hatte vor einigen Jahren ein kleiner Dornbirner Mann gegen eine Ehrenbeleidigungsklage die Berufung eingelegt in Feldkirch. Nachdem er verurteilt worden war, bekommt er die Rechnung und siebt, daß in der Rechnung eine Summe eingesetzt ist für die Fahrt des Dornbirner Advokaten nach Feldkirch zu einer Verhandlung und deren Spesen, und er selbst weiß vom Termine gar nichts. Nun kümmerte er sich darum und da stellte es sich heraus, daß der Vertreter des Klägers, der Advokat des anderen, eine Einladung erhalten hatte nach Feldkirch hinauf. Dort kommt der Richter mit dem Advokaten des Klägers zusammen. Der Beklagte war nicht da und es stellte sich heraus, daß der Beklagte zur Verhandlung nicht eingeladen war. Nun war es doch die Meinung des Beklagten, daß er die Spesen des gegnerischen Advokaten nicht zu zahlen habe, nachdem er ja in gar keiner 9. Sitzung des Vorarlberger Landtages V. Session der 10. Periode 1912. 11 Verbindung gestanden sei mit dieser Post. Ich habe dem Manne die Berufung empfohlen und habe ihm auch geholfen und die Entscheidung lautete: Verurteilt zur Tragung sämtlicher Gerichtskosten und bei diesen Gerichtskosten war auch die Post des Advokaten der anderen Partei. Von rechtswegen hätte der betreffende Mann dies bezahlen müssen, der die Einladung vergessen hatte; so mußte aber doch der Verurteilte die ganzen Kosten schließlich decken. Dies sind Härten, denen gegenüber wird man nicht leicht auskommen. In diesem Falle, glaube ich, würde man noch leichter eine Lösung finden, als wo es sich um eine solche Bestimmung handelt, bei welcher alsdann, wenn eine Anlage vernichtet wird, man selten wird klar sagen können: Diese Stütze und die Mauer dort waren zu schwach, waren falsch und da liegt die Ursache des so großen Schadens. Ich habe nun über beide Differenzpunkte der Hauptsache nach gesprochen, über Konzessionsdauer sowohl als auch über die Haftpflicht; dies sind also nur unsere Differenzpunkte. Ich muß aber sagen, daß es mir auffallend erscheint, wie man wegen zwei solchen Differenzpunkten, bei welchen die Industrie gewiß keine Schädigung hat, bei der auch andere Industriegebiete, die gar nicht berücksichtigt wurden bisher, mehr Berücksichtigung gefunden haben, also wegen diesen zwei Punkten ein so hartes Urteil über die bisherigen Vorberatungen und auch über den Entwurf selbst fällen kann; wie man sagen kann, es werde eigentlich die Industrie des Landes vollständig unberücksichtigt gelassen und tiefe Mißstimmung herrsche in diesen Kreisen wegen dieser Art des Vorganges. Wenn ich alles überlege, so muß ich mir sagen, wir sind ganz korrekt vorgegangen, wir haben beide Teile gehört sowohl die Industrie als auch die geistigen Urheber des Gesetzes. Da muß es nun Sache der Abgeordneten sein, die dazu Gelegenheit haben, pro oder contra zu sprechen, Abänderungsanträge zu stellen, neue Auffassungen zu hören und darüber ibr Urteil zu bilden, daß sie ihre Meinung abgeben können und diese Meinung werden sie vor den Gemeinden vertreten können und werden sie auch gewiß vertreten. Es würde mir leid tun, wenn ich annehmen müßte, daß der Vertreter der hohen Regierung aus dem gegenwärtigen Zwischenfalle vielleicht mehr herausnehmen würde, als es ist. Es ist diese Art und Weise ungewöhnlich und wird vielleicht in keinem Landtage vorkommen, daß man die Teilnahme ganzer Beratungen ablehnt, wie es soeben geschehen ist. Es wäre besser gewesen, wenn die Vertreter der Minorität bei diesen einzelnen strittigen Punkten ihren Standpunkt vertreten hätten; dann könnte das Land urteilen, wer recht hat, und man würde auch sehen, wie klein die Differenzpunkte zwischen der einen und der anderen Anschauung sind. Ich habe das Empfinden und darf es auch äußern, daß nämlich die Minoniät selbst der Meinung war, daß schwere Argumente für die andere Anschauung und unserem Entwürfe gegenüber nicht vorliegen und daß sie sich durch ihr Fehlen ausschweigen, um in einem Teile der Bevölkerung die Meinung wach zu rufen, daß es sich um eine ganz schwere Schädigung der Industrie handle. Wir wären auch nicht einverstanden; denn wir sind selbst zu stark verwachsen in unseren Gemeinden mit der Industrie. Das Land hat starkes Verständnis für die Industrie, sodaß einzelne Gemeinden das Wasser so ausgenützt haben, daß sie nicht mehr genügend Trinkwasser haben. In Dornbirn z. B. wissen wir nicht mehr, wohin wir gehen sollen und wir müssen weit in den Bregenzerwald hineingehen, während wir ringsherum ein großes Gebiet voll von Quellen haben. Da sagt man noch, die Interessen der Industrie sollen auch etwas geschützt werden; dies ist selbstverständlich. Landeshauptmannstellvertreter: Wünscht in der Generaldebatte noch jemand das Wort? Wenn dies nicht der Fall ist, so ist die Generaldebatte geschlossen. Das Wort hat der Herr Berichterstatter. Jodok Fink: Meine Stellungnahme als Berichterstatter ist mir durch die Haltung der geehrten Minorität etwas erschwert. Die Herren haben die Erklärung abgegeben, haben uns Anschuldigungen an den Kopf geworfen, auch den Herren Regierungsvertretern, welche ich nicht zu verteidigen habe, die sich selbst zu verteidigen wissen, und haben, ich möchte sagen in wenig mutiger Weise, fast fluchtartig den Saal verlassen, und ich muß weiter konstatieren, daß es mir schwer fällt und wenig ritterlich erscheint, wenn ich auf die Ausführungen und besonders auf das zurückkomme, was diese in den Verhandlungen gesagt und welche Stellung sie dort eingenommen haben. Ich will nur ganz schlagwortartig auf einiges hinweisen und nicht weiter ausführen, weil sie eben nicht anwesend sind. Ich verweise nur darauf, daß der Vertreter der Industrie, der Techniker Kollega Rüsch gefragt worden ist: welches etwa die richtige 12 9. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session der 10. Periode 1912. Amortisationsdauer wäre und warum 60 Jahre nicht genügen, ob wirklich die Industrie mit einer längeren Amortisationsdauer rechnen müsse? Die Antwort ist er schuldig geblieben. Weilers möchte ich, im Anschlüsse an die Worte des Herrn Vorredners, bemerken, daß bezüglich des Vorrechtes, das der bisherige Inhaber einer Anlage hat, um Verlängerung derselben zu erhalten, die Regierung entschieden hat, es müsse sich um ein bedeutendes Unternehmen handeln und wir hineingesetzt haben, es müsse sich um ein wesentlich bedeutendes Unternehmen handeln, bis man es einem anderen gibt. Das ist im Interesse der Förderung der Industrie geschehen. Es ist auch erwähnt worden, unter dem übergroßen Eindrucke der Regierungsvertreter habe der Landesausschuß die Vorlage wieder geändert. Nun habe ich die Auffassung, man dürfe dem Regierungsvertreter keinen Vorwurf machen, wenn er die Regierungsvorlage nach bestem Wissen und Gewissen vertritt. Ich glaube, daß die von Seite der Minorität erfolgten Anwürfe gegen unseren Regierungsvertreter ihnen nicht schaden werden. (Drexel: Nein! Nein!) Vielleicht hat unser Herr Vorsitzender, als er sich versprochen und den Herrn Sektionsrat mit Nachsicht der Taxen zum Sektionschef ernannt hatte, recht gehabt; vielleicht war die> ein gutes Omen. Es wird unseren Regierungsvertretern nicht schaden, daß sie die Regierungsvorlage richtig vertreten haben; aber ich muß auch konstatieren, daß es nicht bloß der Einfluß der Regierungsvertreter war, daß wir in einigen Punkten wieder auf die Regierungsvorlage zurückgegangen sind, sondern es werden sich alle Ausschußmitglieder und Abgeordneten, die an der Beratung teilgenommen haben, erinnern, daß diese meist umstrittenen Paragraphen für uns in der einmal aufgenommenen Fassung nicht so feststehend als richtig erkannt worden sind. Dieses gilt bezüglich des Punktes der "Erfolghaftung" auch bei höheren Gewalten, wie Herr Dr. Drexel schon gesagt hat und ich will keine Wiederholung machen. Dort waren wir uns schon bei Einbringung des Antrages nicht so sicher; schon im Subkomitee hätten wir nicht abstimmen dürfen, ob man diesen Punkt hineinnehmen soll, da dort schon gleich die Meinung aufgetaucht ist: was ist mit Hochwasser- und anderen Wasserkatastrophen? Da konnte man sich nicht einigen und ebenso war es bei § 24, wo es sich um die Dauer von Konzessionen für Privatunternehmungen handelt. Da ich ritterlich sein und mit Abwesenden nicht polemisieren will, erlaube ich mir nur noch ein Argument anzuführen, was Herr Kollega Loser schon berührt hat, nämlich bezüglich der Stellungnahme des Herrn Dr. Peer. Ich will konstatieren, daß Herr Dr. Peer gesagt hat, es wäre zu versuchen, noch da und dort einiges zu ändern, daß er aber am Schlüsse der Beratung des Subkomitees erklärt hat: Für den Fall, daß gar keine Änderung vorgenommen wird, ist das neue Gesetz viel besser, als das bestehende; ich würde es auch annehmen und zur Annahme empfehlen ohne jegliche Änderung. Das muß uns genug sein, wenn der Mann, der im Landtage ebenso hoch als Jurist und Sachverständiger geachtet wird wie Herr Kollega Rüfch, einen solchen Ausspruch getan hat; ich sage noch einmal: das muß uns genügen. Ich empfehle daher noch einmal das Eingehen in die Spezialdebatte.