19101003_lts007

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Letzte Änderung 03.07.2021, 09:43
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp10,lts1910,lt1910,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 7. Sitzung am 3 Oktober 1910 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 23 Abgeordnete. - Abwesend die Herren Hochwst. Bischof Dr. Egger, Wegeler und Dekan Mayer. Regierungsvertreter: Herr k. k. Statthaltereirat Dr. Rudolf Graf von Meran. Beginn der Sitzung um 10 Uhr 45 Minuten vormittags. Landeshauptmann: Ich erkläre die heutige Sitzung für eröffnet und es mögen die Herren Abgeordneten von der Verlesung des Protokolls der letzten Sitzung Kenntnis nehmen. (Sekretär liest.) Hat irgendjemand der Herren bezüglich der Fassung des Protokolls eine Bemerkung zu machen? - Wenn es nicht der Fall ist, betrachte ich es für genehmigt. Hohes Haus! Am morgigen Tage feiern die Völker und Nationen der Monarchie in freudiger Begeisterung und mit Gefühlen innigen Dankes das Allerhöchste Namensfest Seiner Majestät unseres Jubelkaisers. Vereint mit den Millionen treuer Untertanen unseres gemeinsamen Vaterlandes, wird auch das kaisertreue Vorarlberger Volk morgen beim Festgottesdienste in allen Kirchen des Landes seine Gebete zum Allmächtigen emporsenden, daß er Se. Majestät bis zur höchsten Grenze menschlichen Alters als wahren Vater des Vaterlandes erhalten möge. Der hohe Landtag wird sich zum Dolmetsch dieser Gesinnung des Vorarlberger Volkes machen und ich erachte mich Ihrer Zustimmung im Voraus sicher, wenn ich Sie ersuche, mich zu ermächtigen, die patriotischen Glückwünsche der Bevölkerung vor dem Arlberge und ihrer verfassungsmäßigen Vertretung auf geeignete Weise an die Stufen des Allerhöchsten Thrones gelangen zu lassen. (Das hohe Haus hatte diesen Worten stehend zugehört.) Ich glaube, im Anschlüsse an das soeben Gesagte dem hohen Hause noch mitteilen zu müssen, daß morgen 9 Uhr Vormittag in der hiesigen Stadtpfarrkirche ein Festgottesdienst für Seine Majestät abgehalten werden wird, und lade daher alle jene Herren Abgeordneten, die nicht in der Eigenschaft als Gemeindevorsteher oder Bürgermeister oder in anderer amtlicher Eigenschaft in ihren betreffenden Gemeinden dem dortigen Gottesdienste beizuwohnen haben, freundlichst ein, dem hiesigen Gottesdienste beizuwohnen. Es ist mir am Samstag noch ein Einlaufstück zugekommen; ein Gesuch der Gemeinde Bolgenach um einen Beitrag zu den Schulauslagen im Sinne des § 33 des Schulerhaltungsgesetzes. Das Gesuch ist 2 7. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. eigentlich verspätet eingelangt, indem nach einem Beschlusse des Landtages von früher nur innerhalb 8 Tagen Gesuche um Geldbewilligungen an den Landtag gelangen können. Nachdem aber nun schon eine Reihe von diesbezüglichen Gesuchen von Gemeinden den Schulausschuß beschäftigt haben, so wird vielleicht keine Einwendung erfolgen, wenn ich ausnahmsweise noch dieses Gesuch zur Verhandlung ziehen möchte und die Anregung mache, daß es auf kurzem Wege dem Schulausschusse zugewiesen werde. Ich erteile dem Herrn Landeshauptmannstellvertreter das Wort. Thurnher: Ich möchte beantragen, daß dieses Gesuch dem Schulausschusse zur mündlichen Berichterstattung zugewiesen werde. Landeshauptmann: Es ist beantragt, daß dieses Gesuch dem Schulausschusse zur mündlichen Berichterstattung zugewiesen wird, wobei ich noch bemerke, daß nunmehr die Frist abgelaufen ist und neue Gesuche in keinem Falle mehr von Seite der Landesvertretung zur Behandlung entgegen genommen werden können. Wird eine Einwendung erhoben? - Es ist nicht der Fall. Ferner ist ein Antrag eingelaufen, unterfertigt von den Herrn Abgeordneten Thurnher, Fink, Loser und meiner Wenigkeit. Den Antrag bitte ich zu verlesen. (Sekretär liest.) Nach § 24 der Geschäftsordnung wären selbständige Anträge vorerst in Druck zu legen und erst dann könnte die erste Lesung vorgenommen werden. Ich werde diesen Antrag auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zur formellen Behandlung stellen, möchte aber fragen, ob irgend einer der Herren vorher die Drucklegung dieses Gesetzentwurfes wünscht; ist dies der Fall, so muß dieselbe in Vollzug gesetzt werden, wenn ober davon abgesehen wird, würde allerdings lediglich der Antrag samt Gesetzentwurf der formellen Behandlung unterzogen werden. Es wird von keiner Seite die Drucklegung verlangt und daher in diesem Sinne vorgegangen werden. Wir kommen nun zur Tagesordnung; auf derselben steht als erster Gegenstand: Akt betreffend die Rickenbach- und Schwarzachregulierung. Diese Gegenstände, soweit sie Bach-, Flußregulierungen und Straßenbauten betreffen, sind immer dem volkswirtschaftlichen Ausschusse zur Vorberatung zugewiesen worden. Ich möchte daher die Anregung machen, daß auch dieser Akt an den volkswirtschaftlichen Ausschuß gelange. Herr Abgeordneter Dlz hat das Wort. Ölz: Ich möchte mir eine Bitte erlauben. Der Landesausschuß hat letzthin in Ausführung des Auftrages des vorjährigen Landtages eine Eingabe an die Regierung gemacht und den Gesetzentwurf eingesandt bezüglich der Regulierung dieser Bäche. Ich habe gehört, daß die erwähnte Eingabe zurückgekommen ist, und es wäre von Interesse, dieselben zu hören. Landeshauptmann: Ich sann dem Wunsche des Herrn Abgeordneten entsprechen und zunächst nur mitteilen, daß die betreffende Zuschrift, die der Landesausschuß an das k. k. Ackerbauministerium vom 3. September gerichtet hat, eine dringliche Behandlung dieser Angelegenheit negiert und das Ansuchen der hohen Regierung unterbreitet, einen 50 % Beitrag aus dem Meliorationsfonds zu leisten, während der Landesausschuß bereit sei, im hohen Landtage die Gewährung von 30% in Antrag zu bringen, der Rest von 20% wäre bann von einer zu bildenden Wassergenossenschaft, die schon fast sichergestellt ist, unter Mitwirkung der Gemeinden Wolfurt und Schwarzach sicher zu stellen. Hierüber ist unter dem 24. September folgende Zuschrift des k. k. Ackerbauministeriums eingelaufen, welche ich auf Wunsch des Herrn Abgeordneten Ölz zu verlesen bitte. (Sekretär liest.) Hat jemand eine Einwendung zu erheben gegen die Bemerkung, die gemacht wurde, bezüglich der Zuweisung dieses Gegenstandes an den volkswirtschaftlichen Ausschuß? Es ist nicht der Fall. Somit wird in diesem Sinne vorgegangen werden. Wir kommen nun zur Fortsetzung unserer Tagesordnung, nämlich zu zwei Berichten des landwirtschaftlichen Ausschusses und zwar: In Sachen der Subventionierung der landwirtschaftlichen Zentralstelle in Wien und betreffend die Gewährung eines Landesbeitrages an den Verband landwirtschaftlicher Genossenschaften. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter des ersten Berichtes, das Wort zu ergreifen. 7. Sitzung des Vorarlberg> Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. 3 Dietrich: (Liest Bericht und Antrag aus Beilage 30.) Ich ersuche, dem Antrage beizustimmen. Landeshauptmann: Wünscht jemand zu Bericht und Antrag das Wort zu ergreifen? Der Herr Abgeordnete Rüsch hat das Wort. Rüsch: Als Vertreter der Handels- und Gewerbekammer für Vorarlberg in dieser hohen Körperschaft habe ich selbstverständlich für die Interessen von Handel, Gewerbe und der Industrie Sorge zu tragen; es ist nun wohl bekannt, daß die Zentralstelle durch die Leitung des Herrn Reichsritters von Hohenblum anläßlich der Abschließung der Handelsverträge eine Stellung eingenommen hat, die unseren Interessen im Lande, seien sie nun agrarischer oder gewerblicher und industrieller Natur, entgegen treten. Ich hoffe nun, daß sie mir nicht den Vorwurf machen werden, wenn ich zu diesem Gegenstand das Wort ergriffen habe, daß ich etwa gegen berechtigt agrarische Interessen sprechen werde; das will ich sicher in keiner Weise. Ich werde gerne für andere agrarische Anträge, die vorliege>, meine Stimme abgeben; aber in diesem Falle ist es etwas anderes; es handelt sich nach meiner Ansicht um eine prinzipielle Stellungnahme und es ist vielleicht geradezu notwendig, daß auch in dieser Körperschaft sich eine Stimme erhebt, die sich über übermäßige agrarischen Angriffe ausspricht, und ich muß daher erklären und zwar mit der Begründung, die ich bereits auch schon im Teuerungsantrage gebracht habe, daß die agrarischen Interessen, wie sie bei uns im Lande Vorarlberg sind, mit den Interessen des Gewerbes, des Handels und der Industrie geradezu zusammenfallen, daß es sich für uns nicht empfiehlt, eine Stelle zu subventionieren, die durch die seinerzeitige Stellungnahme des Herrn Reichsritters von Hohenblum in unseren Kreisen eine so unangenehme und aufsehenerregende Erscheinung war. Ich muß daher erklären und kann auch für meinen Herrn Kollegen dasselbe tun, daß wir gegen diesen Antrag stimmen werden. Landehauptmann: Wer wünscht weiter das Wort? Herr Abgeordneter Fink hat das Wort? Fink: Ja, ich will den Ausführungen des sehr geehrten Herrn Vorredners nur insoweit etwas beifügen, daß ich konstatieren möchte, daß die Zentralstelle zur Wahrung der land- und forstwirtschaftlichen Interessen in Wien bei Abschluß der Handelsverträge errichtet wurde und zwar zu dem Zwecke, wie der Titel besagt, nämlich, daß die land- und forstwirtschaftlichen Interessen bei Abschluß der Handelsverträge gewahrt werden. Ich halte die Institution für berechtigt und es brauchen deshalb noch andere Interessenvertreter nicht zu meine>, daß eine solche Zentralstelle nicht am Platze wäre; denn es ist auch notwendig, daß in der Richtung das statistische Material gesammelt und verarbeitet wird. Damit will ich nicht sagen, daß ich alles und jedes, was der Reichsritter von Hohenblum als Hauptreferent getan hat, gutheiße. Jene Herren Abgeordneten, die länger dem Landtage angehören, wissen, daß ich selber als Referent über diese Angelegenheit beantragt habe, es sei zwar der Beitrag zu geben, es sei aber auch auszusprechen, daß der Landtag mit der Art und Weise, wie der Herr Referent, Ritter von Hohenblum, auf die Mitglieder von Vertretungskörpern einzuwirken sucht, nicht einverstanden sei, andererseits muß ich aber doch noch sagen, daß der Bund der Industriellen seinerzeit dem Ritter von Hohenblum ein großes Lob ausgesprochen und erklärt hat, sie würden nur wünschen, daß sie einen gleich energischen, tatkräftigen Referenten zur Vertretung der industriellen Interessen hätten, wie der Ritter von Hohenblum es sei. (Heiterkeit) Weiters wissen die Herren ja auch, daß der Bund der Industriellen und die Vertreter der agrarischen Interessen und der Zentralstelle schon wiederholt gemeinsame Aktionen unternommen haben, namentlich in Rücksicht auf die amerikanische Konkurrenz. Und ich will den Herrn Vorredner nicht so verstanden haben, daß er gegen die Anstalt selbst gesprochen, nämlich gegen die Zentralstelle, sondern vielmehr nur gegen die Person des Herrn Referenten; Hohenblum hat sich viele Verdienste um die österreichische Landwirtschaft erworben, er hat aber auch hie und da über das Ziel geschossen. Landeshauptmann: Wer wünscht weiter das Wort? Da sich niemand mehr meldet, hat der Herr Berichterstatter das Wort. Dietrich: Ich habe nichts mehr zu sagen. Landeshauptmann: Run schreiten wir zur Abstimmung; ich ersuche jene Herren, die dem Antrage des landwirtschaftlichen Ausschusses, wie er verlesen 4 7. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. worden ist, ihre Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Der nächste Gegenstand der Tagesordnung ist der 2. Bericht des landwirtschaftlichen Ausschusses betreffend die Gewährung eines Landesbeitrages an den Verband landwirtschaftlicher Genossenschaften. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter, Herrn Abgeordneter Nachbaue, das Wort zu ergreifen. Nachbaue: (Liest Bericht und Antrag aus Beilage 29.) Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag die Debatte. Wenn niemand sich zum Worte meldet, schreite ich zur Abstimmung. Ich ersuche jene Herren, die dem Antrage des landwirtschaftlichen Ausschusses, wie er verlesen worden ist, ihre Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Wir kommen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung, der ist: Bericht des Petitionsausschusses über sechs ihm zur Vorberatung zugewiesene Gesuche von Vereinen. Berichterstatter in dieser Angelegenheit ist Herr Abgeordneter Kennerknecht und ich erteile ihm das Wort. Kennerknecht: Hoher Landtag! Zum vorliegenden gedruckten Berichte, der sich schon seit längerer Zeit in den Händen der Herrn Abgeordneten befindet, nämlich über die 6 Gesuche, die dem Petitionsausschusse zur Beratung und Berichterstattung zugewiesen waren, möchte ich vielleicht noch folgendes bemerken: Der Blindenfürsorgeverein erstreckt sich bekanntlich nicht nur über Tirol, sondern auch über Vorarlberg und es sind gegenwärtig auch bereits sechs Kinder aus dem Lande Vorarlberg in Pflege und Ausbildung vom Vereine übernommen worden. Von diesen Kindern sind zwei aus St. Gallenkirch und je eines aus Wolfurt, Schwarzach, Bildstein und Übersaxen. Von diesen sechs Kindern sind drei heuer das erste Jahr, die andern seit drei Jahren in Pflege des Vereines. Diese sechs Kinder allein verursachen dem Vereine mindestens eine Ausgabe von K 1800'- im Jahre; und sind diese Kinder infolge ihrer ärmlichen Verhältnisse nicht in der Lage, dem Vereine irgend welche Entschädigung zu bieten und muß der Verein für den ganzen Betrag aufkommen- Der Petitionsausschuß glaubte daher, daß die Subventionierung dieses Vereins vollauf gerechtfertigt sei und wir beantragen, dem Vereine den Betrag von K 200 - aus Landesmitteln zu gewähren. Der Vorarlberger Unterstützungsverein hat schon bisher aus Landesmitteln jährlich eine Subvention von K 100'- erhalten. Der Verein unterstützt nicht nur arme Studenten aufs eifrigste, sondern hat auch anläßlich des letzten Landesunglückes eine sehr wohltätige Wirkung dadurch entfaltet, daß er als erste Hilfe K 500 - aus seinem sehr kleinen Reservefonds entnommen und durch den Vorstand des Vereines und besonders durch dessen Frau eine Sammlung eingeleitet wurde, durch die der gewiß nicht geringe Betrag von K 4000 - einging, welche Summe den Überschwemmten zugewiesen wurde. Auch diesen Verein glaubt der Petitionsausschuß subventionieren zu sollen und beantragt deshalb einen Betrag von K 100 für den Vorarlberger Unterstützungsverein in Innsbruck. Ferner liegt ein Gesuch des Vereines gegen Mißbrauch geistiger Getränke in Vorarlberg vor, der um eine erhöhte Subvention ansucht. Schon im abgelaufenen Jahre hat dieser Verein aus Landesmitteln K 100"- erhalten. Ich glaube, es ist wohl nicht notwendig, auf die humanitären Bestrebungen und auf die Notwendigkeit eines derartigen Vereines hinzuweisen. Wir brauchen nur zu sehen, wie gerade gegenwärtig auch in Vorarlberg der übermäßige Alkoholgenuß immer mehr überhandnimmt, und glaubt der Petitionsausschuß, es sei sehr zu begrüßen, wenn einem derartigen Vereine durch eine Subvention ein intensives Wirken besonders auf die Jugenderziehung ermöglicht wird. Ich glaube, wenn es dem Vereine gegen Mißbrauch geistiger Getränke in Vorarlberg ermöglicht wird, eine wirksame Tätigkeit zu entfalten, wird auch der Wohlstand und die Gesundheit unter dem Volke wieder mehr gehoben werden und dadurch die Steuerkraft des Landes ganz bedeutend gebessert. Daher erscheint die Subventionierung des Vereines vollauf gerechtfertigt. Von einer Erhöhung der Subvention um K 100'- glaubte der Ausschuß in Anbetracht der finanziellen Lage im heurigen Jahre absehen zu müssen. Bezüglich der "Ostmark" möchte ich nur auf den Bericht, welcher im vorigen Jahre anläßlich der 7. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. 5 Subventionierung derselben erstattet worden ist, und auf die dabei geführte Debatte verweisen. Die Ostmark hat in nationaler Beziehung auch im heurigen Jahre ihre Pflicht voll und ganz erfüllt; sie hat den Stand der Ortsgruppen und die Mitgliederzahl bedeutend vermehrt und zwar so, daß die Zentralleitung sich veranlaßt sieht, eine eigene regelrechte Kanzlei einzurichten, was mit größeren Kosten verbunden sein wird. Auch bei dem heurigen Landesunglücke hat sie ihr kleines Scherflein beigetragen, indem sie K 1000'den: Landeshilfskomitee für die Überschwemmte> zugewiesen hat Im Petitionsausschusse wurde einstimmig beschlossen, diesem Vereine auch heuer wieder eine Subvention zukommen zu lassen, und zwar in Erwägung des Umstandes, daß derselbe als Mittel zur Erreichung seines Zweckes die Gründung, Erhaltung und Förderung von Schulen an der Sprachgrenze vorgesehen hat, zu diesem Zwecke allein e neu Beitrag von K 200"-. Durch diese separate Zuweisung würde auch dem Gesuche des "Deutschen Schulvereines“ im Prinzipe entsprochen, nachdem aus dasselbe vom Petitionsausschusse in Anbetracht der finanziellen Lage und der großen Ausgaben nicht separat eingegangen werden konnte. Ferner konnte auf das Gesuch des Exekutivkomitees des musikpädagogische> Kongresses in Wien 1911 um eine Subvention aus gleichen Gründen nicht eingegangen werden. Der Petitionsausschuß erlaubt sich daher, die Anträge zu stellen. (Liest Anträge aus Beilage 31.) Ich empfehle diese Anträge der Annahme durch das hohe Haus. Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Anträge die Debatte. Das Wort erteile ich dem Herrn Abgeordneten Dr. Kinz. Dr. Kinz: Hohes Haus! Der "Deutsche Schulverein" hat auch heuer wieder um eine Subvention im bescheidenen Betrage von K 100 - angesucht. Der Petitionsausschuß hat einstimmig, wie ich höre, - der Herr Abgeordnete Rüsch hatte der Sitzung nicht beigewohnt - beschlossen, auf diesen Antrag nicht einzugehen und zwar mit der Begründung, daß das Ansuchen des "Deutschen Schulvereines" seine Erledigung finde in dem Antrage auf Subventionierung der Ostmark, nachdem dortselbst ein separater Betrag zu Schulzwecken beantragt werde. Meine Herren! Wenn Sie dieselbe Begründung angewandt hätten für den Antrag zur Unterstützung der landwirtschaftlichen Zentralstelle, so hätte nur das besser gefallen, wenn Sie vielleicht einer andern landwirtschaftlichen Zentralstelle diesen Betrag zugewendet hätten. In diesem Falle hinkt die Begründung wohl. Die "Ostmark" ist ein junger Verein, der bisher auf dem Gebiete der nationalen Schutzarbeit so viel wie gar nichts geleistet hat und mit Rücksicht auf den jungen Bestand nichts leisten konnte. Andererseits halte ich es für überflüssig, ausführlich anzuführen, wie der "Deutsche Schulverein" an den Sprachgrenzen durch Jahrzehnte hindurch in diesem Sinne tätig war. Diejenigen Herren, die Interesse an der Sache haben, haben ja Gelegenheit, aus den umfangreichen Jahresberichten des "Deutschen Schulvereines" Kenntnisse zu schöpfen Während andererseits die "Ostmark" eine parteipolitische Gründung ist, ist der "Deutsche Schulverein" ein parteiloser Verein (Zwischenrufe: Oho, oho!) und ich glaube nicht, jemals gehört zu haben, daß einem Christlichsozialen der Eintritt in den "Deutschen Schulverein" verwehrt worden wäre. Der "Deutsche Schulverein", der letztes Jahr über seine normalen Einnahmen hinaus einen Betrag von über zwei Millionen Kronen in emsiger Arbeit für nationale Schutzarbeit gesammelt, ist gewiß aller Anerkennung und Unterstützung würdig und ich halte es für eine tieftraurige Erscheinung, daß der Landtag eines rein deutschen Kronlandes, wie Vorarlberg, dem "Deutschen Schulvereine" den kleinen Beitrag von K 100"- wieder mit dem Hinweise auf seine prekäre Lage, die in solchen Fällen zur Begründung immer herangezogen wird, entzieht. Ich halte es für überflüssig, weitere Worte zu verlieren. Der Antrag ist ja einstimmig vom Petitionsausschusse gestellt worden und wird auch im Hause von der Majorität einstimmig angenommen werden. Ich erlaube mir nun den Gegenantrag zu stellen: "Der hohe Landtag wolle dem "Deutschen Schulvereine" den bisher gewährten Beitrag von K 100"- aus Landesmitteln bewilligen." Landeshauptmann: Wer wünscht noch weiter das Wort? Der Herr Abgeordnete Loser hat dasselbe. 6 7. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. Loser: Hohes Hans! Es wäre wohl wünschenswert, wenn die Sache mit den nationalen Schutzvereinen sich so verhalten würde, daß jede Körperschaft in der Lage wäre, diesem nationalen Schutzvereinen ein Scherflein zuzuwenden. Es muß nun aber allerdings gesagt werden, daß manchen nationalen Schutzvereinen, in erster Linie dem nationalen Schutzvereine "Südmark" und zu gewissen Teilen auch dem nationalen Schutzvereine "Deutscher Schulverein", daß diesen Vereinen eigentlich das Zeugnis vollständiger Objektivität - und das gilt besonders bei ersterem - nicht ausgestellt werden kann. Was die "Südmark" anbelangt, so möchte ich, wenigstens wenn ich die Verhältnisse in unserem Lande im Auge habe, darauf hinweisen, daß die freisinnige Partei hier im Lande eigentlich nicht mehr sonderlich viele eigentlich politische Veranstaltungen abhält. Wir hören gar nicht viel davon. Sie hat ihre ganze Tätigkeit auf den angeblich nationalen und nicht politischen Schutzverein "Südmark" gelegt, und wenn sie das Organ des Vorarlberger Freisinnes lesen, finden Sie allerdings lediglich die weitläufigsten Berichte mit sehr politischem Anstriche, daß ein angeblich neutraler Turnverein oder die "Südmark" irgend eine Veranstaltung abhält, sehr selten aber finden Sie nur Berichte von einer wirklich politischen Organisation. Und die Veranstaltungen dieser Vereine zeigen eigentlich den Charakter der "Südmark". Ich gebe zu, daß etwas weniger Tendenz beim "Deutschen Schulvereine" vorhanden ist, jedoch kann auch er nicht freigesprochen werden, daß mancherorts im "Deutschen Schulvereine" freisinnige Tendenz getrieben wird. Allein ich will ohne weiteres sagen, daß ich nicht in erster Linie die Hauptleitung beschuldigen möchte, ich erkenne an, daß der Obmann der Hauptleitung, der Herr Abgeordnete Groß, sich doch ab und zu Mühe gegeben hat, die immer mehr in den Ortsgruppen zutage tretende politische Tendenz abzuhalten, was leider nicht mit dem erwünschten Erfolge geschehen ist. Denn mancherorts in den Ortsgruppen ist es zutage getreten, daß nicht nur nationale Schutzarbeit geleistet wird, sondern wohl noch etwas anderes, was mit Hinweis darauf begründet werden kann, daß bei Werbung von Mitgliedern z. B. bei uns ausdrücklich erklärt worden ist, es handle sich um einen parteipolitischen, beziehungsweise einen freisinnigen Verein. Wenn diese nationalen Schutzvereine, "Südmark" und "Deutscher Schulverein", lediglich und ausschließlich nur den ihnen ursprünglich zugedachten Zweck, nur nationale Schutzarbeit zu leisten, erfüllt hätten, dann wäre die Gründung der "Ostmark" nicht notwendig gewesen. Ich gebe es ohneweiteres zu, daß wir es hier mit einer Erscheinung zu tun haben, wo dieser vielleicht anfänglich wirklich gut gemeinte Verein allmählich immer mehr und mehr zu parteipolitischen Zwecken verwendet - um nicht das Wort "mißbraucht" zu gebrauchen - wurde- In diesem Sinne ist die Gründung der "Ostmark" gewiß außerordentlich zu begrüßen und muß als eine nationale Tat bezeichnet werden. Dadurch ist es endlich ermöglicht, daß hier jeder Deutsche mittun kann, auch jener, der auf dem Boden christlicher Weltanschauung steht, was bisher noch nicht der Fall war, weil einer, der auf dem Boden christlicher Weltanschauung steht, innerhalb dieser Schutzvereine als minderwertiges Mitglied, als Mitglied zweiter Klasse oder Kategorie betrachtet (Rufe: sehr richtig) und tatsächlich auch in der Presse in solcher Weise behandelt wird. Wäre es nicht so, dann wäre die Gründung der "Ostmark" nicht nötig gewesen und dieser Gegensatz nicht zum Ausdrucke gekommen. Wenn Herr Bürgermeister Dr. Kinz gesagt hat, die "Ostmark" habe noch nichts geleistet, so möchte auch ich sagen, daß auch die "Südmark" in ihrem Anfange nicht besonders große Leistungen auszuweisen hatte und der Bundesobmann der "Ostmark", Herr Abgeordneter Dr. Josef Schlegel, der in den letzten Tagen hier war, hat wiederholt darauf hingewiesen, daß die "Ostmark" während ihres anderthalbjährigen Bestandes erwiesenermaßen mehr geleistet hat - was mit Zahlen nachzuweisen ist - als die "Südmark" in vier Jahren ihres Bestandes. Wenn sie in diesen anderthalb Jahren vermöge ihrer unzulänglichen Mittel noch nicht jene ausgedehnte Tätigkeit entfalten konnte, wie wir alle wünschen möchten, so fehlt es eben an den Mitteln und so würde ich es für ganz gerechtfertigt finden, wenn wir ihr Mittel zuwenden. Zur Entfaltung ihrer Tätigkeit braucht die "Ostmark" eben Mittel und es wäre nicht konsequent, es so zu machen, wie Herr Dr. Kinz es getan hat. nämlich einerseits darüber Klage zu führen, daß sie nichts leiste, andererseits ihr aber die Mittel zu verweigern. Daher wollen wir, damit sie auch fernerhin nicht in der Lage ist, nichts leisten zu können - denn wenn wir nichts geben, wird sie allerdings nichts leisten können - mit doppelter Freude bewilligen, um sie eben in die Lage zu versetzen, mehr leisten zu können. Nachdem nun die "Ostmark" nach ihren Satzungen die Aufgabe hat, die deutschen Schulen an den Sprachgrenzen 7. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. 7 zu unterstützen und zu fördern, hebt der Bericht nicht mit Unrecht hervor, daß dadurch, daß ihr ein separater Betrag zu Schulzwecken bewilligt wird, auch das Ansuchen des "Deutschen Schulvereines", welcher ja auch die Unterstützung und Förderung deutscher Schulen an den Sprachgrenzen anstrebt, erledigt erscheint. Die "Ostmark" wird mit diesen K 200'- derartige Schulen unterstützen. Da der Herr Vorredner gesagt hat, daß der "Deutsche Schulverein" auch diesen Zweck habe, kann es dem "Deutschen Schulverein" auch nur recht sein, wenn die "Ostmark" unterstützt wird, was, wenn auch auf dem Umwege durch die "Ostmark", zum gleichen Ziele führt. Daher stimme ich vollständig und gerne dem Antrage des Petitionsausschusses zu, weil ich überzeugt bin, daß hier ohne parteipolitische Tendenz, wie es der Herr Bürgermeister dargestellt hat, und in lediglich nationaler Arbeit gewirkt und das Geld verwendet wird. Landeshauptmann: Wer wünscht noch weiter das Wort? Herr Abgeordneter Ölz. Ölz: Hohes Haus! Ich möchte nur noch bemerken, daß der Herr Bürgermeister gesagt hat, es sei eine tieftraurige Erscheinung, daß ein deutscher Landtag für einen deutschen Schutz verein nichts gebe. Nun halte ich nicht diese Tatsache, daß ein deutscher Landtag nichts gibt, für eine tieftraurige Tatsache, sondern ich halte die parteipolitische Ausnützung dieser Schutzvereine für eine tieftraurige Tatsache. (Rufe: Sehr richtig!) Dieses ist eine tieftraurige Tatsache! Die politische Ausnützung ist daran schuld, daß wir nichts geben können. Ich habe ja doch auch mitgelebt in der politischen Weit und ich glaube, es ist immer so gewesen, dieser "Deutsche Schulverein" war halt immer von A bis Z ein liberaler Verein. Man hat ihm dann aber doch nicht mehr so viel Aufmerksamkeit gewidmet und er hat nicht so gezogen, so daß man sich bemüßigt gefühlt hat, eine "Freie Schule" zu gründen. Diese "Freie Schule" ist aber auch nicht weiter gekommen und diese Idee hat im Publikum keinen besondern Anklang gefunden. Nun was hat man jetzt im Lande gemacht? - Jetzt ist man auf den Gedanken gekommen: Ja, wir haben ja den "Deutschen Schulverein" in der Hand und mit dem können wir machen, was wir wollen. Und da agitierte man und gründete Ortsgruppen für den "Deutschen Schulverein", und wie hat man es dabei gemacht? - Ich weiß, hier in Bregenz ist man herumgegangen und hat ausdrücklich gesagt, es sei ein freisinniger Verein. Und wie hat man es an anderen Orten gemacht? Da hat man gesagt, der Landtag habe ja auch eine Subvention gegeben und deshalb müsse man ihm ja beitreten. - Damit dieser Mißbrauch nicht mehr stattfinden kann, bin ich auch ganz dafür, daß der "Deutsche Schulverein" nicht mehr subventioniert wird, daß man für Schulzwecke allerdings etwas widnie und der "Ostmark" einen separaten Betrag zu diesem Zwecke bewillige. Ich konstatiere nochmals, daß es eine tieftraurige Tatsache ist, nicht, daß wir dem "Deutschen Schulvereine" nichts geben, sondern daß es eine tieftraurige Tatsache ist, daß seitens dieser Herren die nationalen Schutzvereine zu nationalen Kampfvereinen gemacht worden sind. Landeshauptmann: Wünscht noch jemand das Wort zu ergreifen? Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Dr. Kinz das Wort. Dr. Kinz: Ich halte meine Behauptung aufrecht, daß es eine tieftraurige Erscheinung ist, daß ein rein deutsches Kronland wie Vorarlberg einem deutschen Schulvereine eine Unterstützung, die bisher gewährt wurde, entzieht. Es ist eine tieftraurige Tatsache, daß der Vorarlberger der einzige Landtag von den Landtagen der vier rein deutschen Provinzen ist, der dem "Deutschen Schulvereine" eine bisher gewährte Unterstützung entzieht. Der "Deutsche Schulverein" ist, ich wiederhole es, kein politischer Verein, - wir werden uns gegenseitig nie überzeugen können. Tatsache aber ist, daß keinem Christlichsozialen der Eintritt verwehrt worden ist, und es ist eine merkwürdige Erscheinung, daß Sie erst vor zwei Jahren, als in Österreich die Fluten nationaler Kämpfe höher gingen, auf den Gedanken kamen, auch einen Schutzverein zu gründen. Jahrzehntelang sind Sie diesen Schul- und Schutzvereinen ferne gestanden, obwohl Sie auch ganz gut beim "Deutschen Schulvereine" hätten mittun können und ich finde es unbegreiflich, daß der Landtag sich heuer bemüßigt fühlt, dem "Deutschen Schulvereine", der so anerkannt große Verdienste für die deutschen Schutzbestrebungen erzielt hat, die bisher gewährte Subvention zu entziehen. Landeshauptmann: Wünscht niemand mehr das Wort? - 8 7. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. Ich erteile dasselbe dem Herrn Abgeordneten Dr. Drexel. Dr. Drexel: Der hochgeehrte Herr Bürgermeister von Bregenz hat mit den letzten Worten kein neues Argument angeführt. Ich fühle mich veranlaßt durch seine früheren Ausführungen, ein klein wenig auf den Gegenstand zurückzukommen. Es handelt sich im gegebenen Falle nicht um eine Subvention, die mit Rücksicht der Kassa eine Bedeutung hat, sondern die K 100'-, um die es sich im gegebenen Falle handelt, sind vom Standpunkte des Landesbudgets aus eigentlich nichts anderes, als ein gewisser Ausdruck der Sympathie. Daher haben wir es im gegebenen Falle nicht so aufzufassen, als ob wir eventuell den "Deutschen Schulverein" schädigen würden, wenn wir ihm den Beitrag nicht bewilligten. Besonders in Anbetracht des Umstandes, daß durch die Roseggerstiftung ihm zwei Millionen zugekommen sind, spielen diese K 100'- gar keine Rolle mehr und ich fasse die gegenwärtige Debatte nicht von dem Standpunkte auf, ' als ob ei> deutsches Land die deutschen Interessen besonders im Schutzgebiete irgendwie schädigen, würde, wenn in der bisherigen Haltung des Landtages eine Änderung vor sich geht. Es handelt sich lediglich nur um die Frage, soll der Landtag unter den gegebenen Verhältnissen, ich will ausdrücklich betonen, unter den gegebenen Verhältnissen, unter den gegebenen politischen Verhältnissen diese Sympathiekundgebung in Form einer Spende von K 100'- beschließen oder nicht. - Wie sind die gegebenen Verhältnisse? Ich muß zu meinem größten Bedauern konstatieren, daß die deutsche Nation die einzige ist, unter welcher es nicht möglich ist, die nationalen Momente einheitlich in gleicher Weise zu betreiben, wie bei den Polen, Tschechen und Slovenen. (Zwischenrufe: Sehr richtig!) Diese haben in Österreich in nationalen Fragen politische Momente ausgeschaltet und sind hierin völlig einig. Die Deutschen in Österreich sind leider nicht auf diesem Standpunkte, hauptsächlich aus dem Grunde, weil politische Vereine das nationale Moment zum Schlagworte gemacht haben und mangels eines wirtschaftlichen Programmes und klarer und fester Tendenz in allgemeinen politischen Fragen ihre Tätigkeit auf dieses einzige politische Moment verlegt haben. Deswegen ist es erklärlich, daß heute einzelne Parteien gezwungen sind, mit aller Kraft sich auf dieses Prinzip zu verlegen. Daher schließen sie alle anderen Volksgenossen aus und zwingen sie, entweder im Hintertreffen zu bleiben oder eigene Schutzvereine zu gründen. Herr Bürgermeister, was sagen Sie, wenn in einem Gemeindeblatte, in dem von Dornbirn, steht: "Heute abend deutscher Familienabend". Es ist direkt lächerlich zu sagen "deutscher Familienabend" in einer rein deutschen Gegend. In Rom, in Paris hat das einen Zweck. Aber sagen sie entweder "deutschfreisinniger“, oder "Familienabend", aber nicht "deutscher Familienabend". (Zwischenruf des Herrn Dr. Kinz: das ist meines Wissens bei der Ankündigung der Ostmark auch geschehen.) Ich weiß nicht, was andere gemacht haben; ich will nur ein Beispiel bringen und ein kleines Bild aus unserem nationalen Leben heraussuchen. Es muß verbittern und verstimmen, - nachdem wir alle Deutsche sind, nachdem ganz Vorarlberg deutsch ist und nachdem wir ferner mangels besonderer Erscheinungen bisher nicht das Bedürfnis gehabt haben, jenes Temperament zu entwickeln, sagen wir, das die Deutschen in Böhmen und Krain entwickelt haben, wenn gesagt wird, Vorarlberg habe weniger nationales Pflichtbewußtsein. Ich bebaute, daß in rein deutschen Ländern das deutschnationale Motiv beinahe zum einzigen Parteiwort geworden ist. Deshalb sind wir gezwungen worden, daß wir für unsere Betätigung in nationaler Beziehung uns Formen schaffen, wo wir uns betätigen können, und schließlich wird auch heute von andern Schutzvereinen zugegeben, daß der Effekt dadurch, daß ein neuer Schutzverein dazugekommen und ein Zusammenschluß aller deutschen Österreicher möglich geworden ist, heute ein größerer ist, wie früher. Nachdem die Vereinigung aller Deutschen in einem Schutzvereine wie bei den Tschechen, Polen, Italienern und Slovenen nicht möglich war, ist kein anderer Weg möglich und steht kein anderer Weg offen, als daß die einzelnen Gruppen eigene nationale Schutzvereine schaffen. Was den "Deutschen Schulverein" betrifft, halte ich dessen Tätigkeit, - ich mache kein Hehl daraus - sehr hoch und weiß auch, daß in demselben Priester tätig sind, und weiß auch, daß der "Deutsche Schulverein" die Bestrebungen der "Freien Schule" in seinen Schulen nie eingeführt hat. Und es geben auch Leute zu, daß der "Deutsche Schulverein" an den Grenzen in deutschen Priestern eine starke Stütze hat und auch bei den Generalversammlungen Vertreter von christlichen Organisationen anwesend sind. Gerade in rein deutschen Ländern wird uns die nationale Schutzarbeit so erschwert, weil man hier den politischen 7, Sitzung des Vorarlberger Landtages. 11. Session der 10. Periode 1910. 9 Kampf in das Nationale hinübergeführt hat und der politische Kampf, der ja in den anderen Ländern auch ist, mit dem Schlagworte "deutsch" geführt wird. Das ist nicht zu leugnen. Die Herrn Oberdirektor Ölz und Loser haben in ihren Ausführungen bereits betont, daß hier im Lande Vorarlberg die Ortsgruppen des "Deutschen Schulvereines" stark politische Färbung angenommen haben und diese Ortsgruppen politischen Zwecken dienen. Wenn ich auch in vielen Beziehungen dem "Deutschen Schulvereine" wegen seiner großen Tätigkeit meine Hochachtung immer widmen werde, gebe ich doch zu, daß in Vorarlberg Gründe vorhanden sind, daß wir sagen können: "Wir widmen zu Schulzwecken Spenden, die mit der Tätigkeit des "Deutschen Schulvereines" zusammenfallen und die schließlich dieselbe Schule treffen und von der schließlich dieselbe Schule den Vorteil hat". Es sind also politische Gründe, daß der Landtag, ich möchte sagen, um eine Verwirrung fernzuhalten, klar und deutlich konstatiert, daß die Ortsgruppen des "Deutschen Schulvereines" in Vorarlberg eine politische Färbung haben, die unserer Richtung entgegengesetzt ist. Wir wollen hier gar nicht Verstecken spielen - es ist ganz gewöhnliche politische Raison, wenn wir den Vorgang wählen, den wir eben gewählt haben. Den "Deutschen Schulverein" wollen wir nicht treffen, die Spende wird in ihrem Effekte sowieso mit dem des "Deutschen Schulvereines" zusammenfließen. Aber wir müssen doch schließlich einmal klar und deutlich sagen, daß wir mit der Art und Weise, wie der "Deutsche Schulverein" in einzelnen Orten unseres Landes arbeitet, nicht einverstanden sind. Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Dr. Kinz wünscht noch das Wort. Ich erteile ihm dasselbe. Dr. Kinz: Ich gehe vollständig eins mit dem Herrn Vorredner, wenn er sagt, diese Zuwendung von K 100'- an den "Deutschen Schulverein" soll ein Zeichen der Sympathie sein für die Bestrebungen des "Deutschen Schulvereines". Run möchte ich fragen: Was hat sich beim Deutschen Schulvereine seit dem letzten Jahre geändert? Warum können die Christlichsozialen des Landtages plötzlich heuer das nicht mehr gewähren, was sie ihm früher als Zeichen der Sympathie gegeben haben? Das kann doch nicht maßgebend sein, daß jetzt neben dem "Deutschen Schulvereine" auch die "Ostmark" gegründet wurde, da ja diese bereits das letzte Jahr bestanden hat und letztes Jahr haben Sie ja auch K 100'- dem "Deutschen Schulvereine" gegeben. Noch mehr aber, als die Zuwendung von K 100'- ein Zeichen der Sympathie ist, ist die Entziehung einer solchen bereits gewährten Subvention ein Zeichen, daß man direkt gegen die Bestrebungen dieses Vereines ist. Ich sehe daher nicht ein, daß Sie erst heuer zur Kenntnis kommen, daß der "Deutsche Schulverein" einer solchen Unterstützung unwürdig sein soll. Sie selbst erkennen ja die Tätigkeit dieses Schulvereines auf dem Gebiete nationaler Schutzarbeit an und, wenn Sie sagen, Sie erkennen sie an, so können Sie doch als Zeichen der Sympathie ihm die K 100"- gewähren. Landeshauptmann: Das Wort hat Herr Abgeordneter Loser. Loser: Hohes Haus! Wenn sich in unseren Kreisen immer mehr und mehr ein gewisser Unmut zeigt über die Behandlung, welche von nationalen Schutzvereinen uns namentlich in der diesen Vereinen nahestehenden Presse zuteil wird, ist dieser Unmut nur zu sehr begründet. Wir sehen, daß prinzipiell von einzelnen Funktionären, ich sage nicht von allen, auch nicht von der Hauptleitung, wie schon vorhin gesagt wurde, fortwährend mit einer Zähigkeit und Ausdauer, die einer bessern Sache würdig wäre, das ganze Jahr darauf hingearbeitet wird, die deutschen Volksgenossen von dieser Organisation abzustoßen und fern zu halten, eine Erscheinung, die in unserem Lande Vorarlberg in besonders hohem Grade in den Vordergrund tritt. Ich habe bereits schon einmal gesagt, daß sie unablässig bemüht sind, uns als Deutsche zweiter Gattung hinzustellen. Dagegen sehen wir, daß die Herren, die da uns immer als minderwertige Deutsche und Römlinge bezeichnen, eine ausgesprochen, ich sage es mit Betonung, eine ausgesprochen politische Organisation bilden und vielfach im Lande mit anderen Elementen zusammengehen, sei es mit der internationalen Sozialdemokratie oder andern Elementen, deren Wiege nicht im Alemannenlande gestanden ist. Wir sehen, daß sie sich diesen gegenüber zu ganz besonderen Leistungen verpflichten und heranziehen lassen, und dort finden sie, - und haben nichts dagegen einzuwenden, während sie sonst ihre eigenen Volksgenossen verdächtigen, - daß sie kein nationales 10 7. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. Empfinden haben; andererseits machen sich diese Herren gar nichts daraus, mit Elementen zusammenzugehen, wenn es gegen uns loszustürmen gilt, und heißen einen jeden willkommen. Das gilt im Kleinen bei uns in Vorarlberg, das gilt im Großen im Reiche. Ich kenne da einen sehr tätigen Abgeordneten, der jetzt einen deutschen Namen führt und früher in seiner Studienzeit einen Namen hatte, der sehr schwer auszusprechen ist und den er damals mit Vorliebe geschrieben hat, wie Napojedl und Vrbodafatel ("Bravo"Rufe.) Heute ist er nun nationaler Vorkämpfer, der natürlich vollkommen anerkannt wird, und die Herren finden gar nichts Sonderliches darin. Wir werden immer als Deutsche zweiter Klasse geschildert Landeshauptmann: Wer wünscht weiter das Wort? Ich erteile dasselbe dem Herrn Abgeordneten Ölz. Ich möchte doch noch dem Herrn Bürgermeister Dr. Kinz etwas entgegnen. Er frägt, warum wir das machen. Ich habe ausdrücklich erkannt, daß in Vorarlberg die Herrn der freien Schule und ihre Freunde, nachdem sie auf dem einen Wege des "Deutschen Schulvereines" nicht vorwärts gekommen sind, den Weg der "freien Schule" eingeschlagen haben. Als da auch nichts zu machen war, sind sie wieder auf den "Deutschen Schulverein" zurückgekommen und zwar nicht blos hier in der Stadt, wo jetzt auch Frauenortsgruppen gegründet werden. Sie wollen ja auch die Frauen in ihre Fangarme hereinbringen, um sie aus den Fangarmen der Klerikalen, wie im "Vorarlberger Volksfreund" gestanden ist, zu befreien, was man auf dem Wege bezweckte; und zwar hat das nicht bloß hier stattgefunden, sondern sie sind sogar bis in den innersten Bregenzerwald hineingegangen und haben es dort auch so gemacht und versucht, Ortsgruppen zu gründen. Und dort haben sie uns als Mittel zum Zweck benützt; dort hat der christlichsoziale Landtag herhalten müssen und da hat man gesagt, der deutsche Schulverein sei ja auch vom christlichsozialen Landtage von Vorarlberg subventioniert worden; da hat man leicht machen. Und weil das eben mißbraucht wurde, aus dem Grunde sind wir dagegen, daß wir weiter etwas geben. Landeshauptmann: Wünscht noch jemand das Wort? Wenn es nicht der Fall ist, so wird die Debatte als geschloffen angesehen. Hat der Herr Berichterstatter noch etwas zu bemerken? Kennerknecht: Selbstverständlich muß ich als Berichterstatter den Antrag des Petitionsausschusses aufrecht halten und ich möchte ersuchen, den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Kinz abzulehnen. Landeshauptmann: Wir schreiten nun zur Abstimmung. Nachdem bei den ersten drei Punkten eine Einwendung nicht vorgebracht worden ist, nehme ich an, daß das gesamte hohe Haus mit diesen drei Anträgen einverstanden ist, und ich kann daher von der formellen Abstimmung absehen. Betreffs des 4. Punktes liegt ein Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Kinz vor, welcher lautet: (Liest obigen Antrag.) Dieser Antrag ist als ein Zusatzantrag zu betrachten. Derselbe schließt den Ausschußantrag nicht aus. Ich werde daher zuerst den 4. Ausschußantrag zur Abstimmung bringen und hierauf den Zusatzantrag des Herrn Abgeordneten Dr. Kinz. Ich ersuche also jene Herren, welche dem Punkte 4 der Ausschußanträge zustimmen wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Nun kommt der Antrag des Herrn Dr. Kinz, den ich vorher verlesen habe, zur Abstimmung. Ich ersuche jene Herren, welche diesem Antrage ihre Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Es ist die Minorität. Dieser Gegenstand ist somit erledigt und wir kommen zum nächsten Punkte der Tagesordnung, zum Berichte des volkswirtschaftlichen Ausschusses über die Eingabe der Stadtgemeinde Bregenz wegen Schaffung eines Gesetzes betreffend die Einzahlung von Gemeindesteuern und Ein Hebung von Verzugszinsen. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter, die Debatte einzuleiten. Thurnher: Hohes Haus! Das Rechnungswesen und die Verwaltung der Gemeinden lassen trotz mehr 7. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10, Periode 1910. 11 als 20jährigen Bemühens des Landesausschusses, dieselben nach und nach auf einen vollkommen befriedigenden Zustand zu bringen, immer noch manches zu wünschen übrig, insbesondere nach der Richtung hin daß der Voranschlag nicht rechtzeitig festgesetzt, die Umlagen nicht schon zu Beginn des Jahres beschlossen und vorgeschrieben und rechtzeitig eingehoben werden, sondern daß alles dieses erst zu einem viel späteren Zeitpunkte durchgeführt wird. Diese Übelstände sind besonders in einer Anzahl größerer Gemeinden fühlbar. Sie bilden auch die Mitursache, daß bei Abschluß der Rechnungen mitunter noch bedeutende Rückstände an Gemeindeumlagen sich vorfinden, deren Vorhandensein in dieser Höhe und Größe als ein wunder Punkt der Gemeindegebarung und Gemeindeverwaltung sich darstellt Hinsichtlich der nicht rechtzeitigen Festsetzung und Beschießung des Voranschlages entschuldigen sich die Gemeinden gewöhnlich mit dem Unistande, daß ihnen die staatliche Steuervorschreidung, die als Grundlage der Gemeindeverumlagung zu gelten hat, nicht bekannt sei. Und hinsichtlich der Steuerrückstände bringen sie ähnliche Gründe vor, nämlich, daß ihnen infolge dieser verspäteten Vorschreibung und Einhebung eine zu kurze Zeit verblieben sei, um diese Rückstände rechtzeitig einzuheben. Durch den von der Stadt Bregenz in Vorschlag gebrachten und von einer Anzahl größerer Gemeinden unterstützten, dem hohen Hause vorliegenden Gesetzentwürfe könnte bei gutem Willen der Gemeinden den bezeichneten Übelständen begegnet werden, weil einerseits der nicht rechtzeitigen Erledigung des Voranschlages nicht mehr der geringste, ja nicht einmal ein Scheingrund entgegengesetzt werden kann, andererseits die Einführung der Verzugszinsen den Gemeinden ein wirksames Mittel an die Hand gibt, dem Anwachsen der Rückstände angemessen zu begegnen. Der volkswirtschaftliche Ausschuß schlägt in Würdigung dieser gegebenen und vorhin bezeichneten Verhältnisse vor, das hohe Haus wolle dem beiliegenden Gesetzentwurfe seine Zustimmung geben. Der volkswirtschaftliche Ausschuß hat, wie sie aus dem vorliegenden Berichte entnehmen können, nur eine wesentliche Änderung im Gesetzentwürfe vorgenommen, indem er den den Verzugszinsen unterliegenden Steuerbetrag von 50 auf 20 Kronen herabsetzte, was dem Zwecke des Gesetzes und den Intentionen der den Gesetzentwurf anregenden Gemeinden gewiß entspricht. Ich möchte das hohe Haus bitten, in die Spezialdebatte über den vorliegenden Gesetzentwurf einzugehen, denselben schließlich der Beschlußfassung zuzuführen und anzunehmen. Landeshauptmann: Ich eröffne über den Gesetzentwurf die Generaldebatte. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Engelbert Luger. Luger: Hohes Haus! Es heißt hier im Berichte: "Der Eingabe liegen Zustimmungserklärungen der Stadtmagistrate von Feldkirch und Bludenz, sowie der Gemeindevorstehungen von Lustenau, Rieden, Rankweil und Hohenems bei." Dazu möchte ich bemerken, daß dieser Gesetzentwurf auch in der Gemeindevertretung der Stadt Dornbirn zur Sprache gekommen ist und die Vorteile desselben ohne weiteres anerkannt worden sind. Wir würden es ebenfalls begrüßen, wenn dieser Gesetzentwurf zum Gesetze, erhoben wird. Landeshauptmann: Wer wünscht noch weiter das Wort? Wenn niemand sich meldet, können wir zur Spezialdebatte übergehen, wenn der Herr Berichterstatter keine Bemerkung mehr zu machen hat. Thurnher: Ich habe nichts zu bemerken. Landeshauptmann: Dann bitte ich, die einzeln anzurufen. Thurnher: § l. Landeshauptmann: Angenommen. Thurnher: § 2. Landeshauptmann: Angenommen. Thurnher: § 3. - Landeshauptmann: Angenommen. 12 7. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. Thurnher: § 4. Landeshauptmann: Angenommen. Thurnher: § 5. Landeshauptmann: Angenommen. Thurnher: § 6. Landeshauptmann: Angenommen. Thurnher: § 7. Landeshauptmann: Angenommen. Thurnher: (Liest Titel und Eingang des Gesetzes.) Landeshauptmann: Wenn sich gegen Titel und Eingang keine Einwendung findet, sind dieselben ebenfalls angenommen. Thurnher: Ich beantrage die Vornahme der dritten Lesung. Landeshauptmann: Wird gegen diesen Antrag eine Einwendung vorgebracht? Wenn es nicht der Fall ist, ersuche ich jene Herren, welche dem Gesetzentwürfe, wie er aus den Beschlüssen der zweiten Lesung hervorgegangen ist, auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Wir kommen nun zum letzten Punkte der Tagesordnung: Bericht des Schulausschusses über die Gesuche von mehreren Gemeinden wegen Bewilligung von Landesbeiträgen zu den SchulauslagenIch ersuche den früheren Herrn Berichterstatter, die Debatte wieder einzuleiten. Thurnher: Hohes Haus! Ich habe dem vorliegenden Berichte nichts beizufügen. Ich möchte, da die heutige Sitzung eine größere Ausdehnung erlangt hat, als vermutet wurde, das hohe Haus nicht mehr länger hinhalten und, nachdem alles im vorliegenden Berichte in genügender Weise angeführt ist, möchte