19101021_lts016

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Letzte Änderung 02.07.2021, 19:28
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp10,lts1910,lt1910,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 16. Sitzung am 21 Oktober 1910 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. gegenwärtig 24 Abgeordnete. - Abwesend die Herren: Hochwst. Bischof Dr. Egger und Dr. Kinz. Regierungsvertreter: Herr k. k. Statthaltereirat Dr. Rudolf Graf von Meran. Beginn der Sitzung um 9 Uhr 21 Minuten vormittags. Landeshauptmann: Ich erkläre die heutige Sitzung für eröffnet und ersuche um Verlesung des Protokolles der gestrigen Sitzung. (Sekretär verliest dasselbe.) Wird von irgendeiner Seite eine Bemerkung zum Protokolle gemacht? Es ist nicht der Fall; somit betrachte ich dasselbe als genehmigt. Wir gehen gleich zur Tagesordnung über. Auf derselben steht als 1. Punkt: Dritte Lesung des Gesetzentwurfes betreffend den Landeskulturrat. Bekanntlich wurde gestern vom Herrn Berichterstatter der Antrag gestellt, die 3. Lesung dieses Gesetzentwurfes auf den heutigen Tag zu der-, schieben und sich mit der Durchführung der 2. Lesung zu begnügen. Ich möchte den Herrn Berichterstatter fragen, ob er bezüglich der 3. Lesung eine Abänderung, die sich natürlich nur auf eine stilistische oder Druckfehlerkorrektur beschränken kann, beantragen will. Jodok Fink: Ich habe keinen Antrag zu stellen. Landeshauptmann: Hat vielleicht sonst noch jemand aus der Mitte der Herren Abgeordneten einen Änderungsantrag in diesem bezeichneten Ausmaße für die 3. Lesung zu stellen? Wenn es nicht der Fall ist, so schreiten wir zur 3. Lesung und ich ersuche jene Herren, welche dem Gesetzentwürfe, wie er aus den Beschlüssen der gestrigen Sitzung hervorgegangen ist, auch in 3. Lesung ihre Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Wir kommen nun zum Berichte des volkswirtschaftlichen Ausschusses in Sachen der beabsichtigten Trennung der Fraktion Kennelbach von der Gemeinde Rieden. 2 16. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. Berichterstatter in dieser Angelegenheit ist der Herr Abgeordnete Loser. Ich erteile ihm das Wort und bemerke, daß der von ihm zur Verlesung gebrachte Bericht, nachträglich, wie die übrigen Ausschußberichte, in Druck gelegt und den stenographischen Sitzungsberichten als Beilage wird einverleibt werden. Loser: Da ich erst Dienstag in dieser Woche von den Delegationsberatungen zurückkehrte und mir der Akt betreffend der beabsichtigten Trennung der Fraktion Kennelbach von der Gemeinde Rieden, nachdem er vorher den volkswirtschaftlichen Ausschuß beschäftigt hatte, zur Ausarbeitung des Berichtes übermittelt wurde, bin ich erst gestern dazugekommen, ihn fertig zu stellen. Daher war es nicht möglich, denselben dem Drucke zu übergeben und somit sehe ich mich genötigt, den Bericht, wenn er auch etwas länglich ausgefallen ist, zur Verlesung zu bringen. (Liest Bericht und Anträge aus Beilage 67.) Hohes Haus! Ich habe nun den, ich glaube wohl, ausführlichen Bericht über die ganze Angelegenheit vorgetragen, der Ihnen ein Bild über den Werdegang bietet, den die Abtrennungsgeschichte in unserer Gemeinde Rieden die letzten Jahre genommen hat. Ich habe dein vorläufig nichts mehr beizufügen und bitte das hohe Haus, denselben zur Kenntnis zu nehmen, in die Beschlußfassung darüber einzugehen und in der Spezialdebatte dem vorliegenden Gesetzentwürfe die Zustimmung zu erteilen. Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Anträge die Generaldebatte. Wünscht jemand dazu das Wort? Ich erteile es dem Herrn Abgeordneten Kennerknecht. Kennerknecht: Ich habe eigentlich dem sehr erschöpfenden Berichte des! Herrn Berichterstatters nicht viel beizufügen, nur auf etwas möchte ich aufmerksam machen. Wie aus dem Berichte des volkswirtschaftlichen Ausschusses zu erhöhen ist, haben sich die Verhältnisse in der Gesamtgemeinde Rieden mit der Parzelle Kennelbach so gestaltet, daß auch in der Gemeindevertretung selber ein Zusammenarbeiten zwischen den Vertretern der beiden Parzellen Rieden-Vorkloster und Kennelbach für die weitere Zukunft fast nicht mehr möglich ist. Es hat nach den Ausführungen des Berichtes die Parzelle Rieden ja gewiß kein Bedürfnis, weiterhin die Notwendigkeiten der Parzelle Kennelbach auf das eifrigste zu fördern, weil Rieden-Vorkloster viel früher das Bedürfnis hatte, große Ausgaben zu machen, an denen Kennelbach nicht mitzuzählen hatte. Umgekehrt ist das heute bei Kennelbach. Kennelbach steht heute vor dem Baue eines Schulhauses, der Errichtung von Straßen u. s. w. An diesen Sachen müssen in Zukunft auch die beiden Parzellen Rieden und Vorkloster mitzählen. Nach dem Rekurse vorn Jahre 1905 wurde nun heute schon die Beobachtung gemacht, daß in der Gemeindevertretung bei den verschiedensten notwendigen Anschaffungen, die in der Parzelle Kennelbach oder zum Teile in Rieden-Vorkloster gemacht werden müssen, die Vertreter von Rieden-Vorkloster sagen, wir bewilligen für Kennelbach nichts oder die von Kennelbach, wir bewilligen für Rieden-Vorkloster nichts mehr. Dieser Zustand ist nun, glaube ich, ganz unhaltbar. Und aus diesem Grunde ersuche ich, daß dem Antrage des volkswirtschaftlichen Ausschusses zugestimmt werde und die Gemeinde Kennelbach, zu einer selbstständigen Gemeinde gemacht werde. Daß auch die Bevölkerung allgemein dieser Anschauung huldigt, ist wohl der beste Beweis, daß die Gesamtheit der Bevölkerung, wie im Berichte angeführt ist, Mit sehr wenigen Ausnahmen sich für die Abtrennung ausgesprochen hat. In der Parzelle Kennelbach selber ist sogar die Abstimmung für die Abtrennung einstimmig mit j a erfolgt und dazu kommt Noch, daß sämtliche Steuerträger zur Wahl erschienen sind mit Ausnahme von einem, soweit sie überhaupt erscheinen konnten und soweit sie nicht durch Krankheit oder anderweitig ant Erscheinen verhindert Waren, und für "ja" ihre Stimme abgegeben haben. In Rieden und Vorkloster war die Beteiligung etwas schwach; aber gerade diese schwache Beteiligung hat bewiesen, daß diejenigen, welche nicht zur Wahl gekommen sind, auch für die Abtrennung sind, weil sie genau wußten, daß die Majorität für "ja" stimmen werde und ihre Stimmen diesen zugezählt werden. 16. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. 3 Die Vorbedingungen für die Abtrennung biet Parzelle Kennelbach sind ja, wie uns der Bericht zeigt und jeder wissen wird, gegeben, sowohl in geographischer als auch in wirtschaftlicher Beziehung und deshalb glaube ich, sollte diese Abtrennung nicht mehr weiter hinausgeschoben werden. Ich empfehle daher dem hohen Hause die vom volkswirtschaftlichen Ausschusse gestellten Anträge. Landeshauptmann: Wer wünscht weiter das Wort zu nehmen? Wenn niemand sich meldet, ist die Generaldebatte geschlossen. Hat der Herr Berichterstatter noch etwas zu bemerken? Loser: Hohes Haus! Ich erlaube mir noch einige Bemerkungen, zwar nicht m der Eigenschaft als Berichterstatter des volkswirtschaftlichen Ausschusses, sondern lediglich für meine Person zu machen. Die Gemeinde Rieden zählte nach der letzten Volkszählung 5000 Einwohner und ich bin der Meinung, daß sie bei der Heuer durchzuführenden Volkszählung gewiß über 7000 Einwohner hinauskommen wird. Wir haben es somit mit einer der größten Geben des Landes zu tun und wir schreiten nun daran, diese Gemeinde zu verkleinern und zu zerlegen, indem wir aus derselben zwei Gemeinden schaffen. Als im Jahre 1905 die Frage der Abtrennung der Parzelle Kennelbach von der Gemeinde Rieden aus der Tagesordnung stand, Habe ich m.ch dagegen ausgesprochen und ich gestehe offen, daß ich mich bemüht habe, die Abtrennung damals aufzuhalten. Ich habe mich auf den Standpunkt gestellt und ich stehe auch heute noch prinzipiell auf demselben Standpunkte, daß große Gemeinwesen sich nicht verkleinern sollten, denn es liegt ja bekanntlich im Zuge unserer Zeit, daß große und mitunter sehr große Gemeinwesen immer mehr bestrebt sind, sich zu vergrößern dadurch, daß sie ihre Vororte in ihr Gemeindegebiet einbeziehen. Ich führe da Wien, Innsbruck und besonders Feldkirch an, welch letzteres Heilig-Kreuz einbezogen hat und bemüht ist, auch Levis einzubeziehen. Tiefem Grundsätze habe ich prinzipiell jederzeit volle Berechtigung zuerkannt und ich verweise diesbezüglich auch auf die im Landtage abgeführte Debatte vom Jahre 1906, wo die Frage der Abtrennung Kennelbachs hier eingehend besprochen wurde. Wenn ich nun Heuer in der Gemeinde für die Abtrennung stimmte und heute als Berichterstatter eines Gesetzentwurfes fungiere, der die Abtrennung durchführen will, erlaube ich Mir hervorzuheben, daß nicht ich meine diesbezügliche Anficht geändert habe - denn prinzipiell stehe ich nach wie vor auf dem gleichen Standpunkte, - sondern, daß sich eben die Verhältnisse bei uns in der Gemeinde Rieden wesentlich verändert haben. Es ist bereits im Berichte angeführt, daß der Landesausschuß in seiner Entscheidung vom Jahre 1905 sich dahin ausgesprochen hat, (und zwar mit vollem Recht, denn die Gemeindeordnung schreibt dies vor), daß nicht auf Kosten einer Parzelle fernerhin Straßen, Schulhausbauten rc. durchgeführt werden dürfen. Wir haben aber nun in den letzten anderthalb Jahrzehnten in RiedenVorkloster große Summen für Straßen und nach wehr für Schulhausbauten ausgegeben Und sind nun auf Grund der Entscheidung des Landesausschusses verpflichtet, die zu diesem Zwecke aufgenommenen Darlehen allein zu amortisieren und zu verzinsen, während Kennelbach hiezu nicht herangezogen werden kann. Dazu kommt Noch der Umstand, daß in Kennelbach die Notwendigkeit eines Schulhausbaues immer mehr näher rückt, denn es mußte Heuer schon die Schulleiterwohnung zu Unterrichtszwecken verwendet werden. Ferner soll in Kennelbach die im Bauprogramme des Landes befindliche Schülanstraße erbaut werden, welche auch der Gemeinde wesentliche Kosten verursacht, und zu diesen allen haben wir, nämlich Rieden-Vorkloster, nach dem gegenwärtigen Steuerverhältnisse 736/10 beizutragen, während Kennelbach zu dem, was wir an Straßen und Schulhausbauten ausgegeben, nichts beizutragen hat. Nun werden sie einsehen, Meine verehrten Herren, daß es für mich, der ich auch der Gemeindevertretung von Rieden angehöre, unter den gegebenen Verhältnissen vom wirtschaftlichen Standpunkte aus Wohl nicht möglich ist, gegen die Abtrennung aufzutreten, wenn ich! mir nicht mit Recht den Vorwarf zuziehen will, daß ich materielle oder finanzielle Interessen der Parzellen Rieden4 16. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. Vorkloster nicht berücksichtige. Nun muß ich allerdings sagen, als Kennelbacher Hätte ich es mir eher überlegt, ob ich für die Abtrennung eintreten soll. Wie das hohe Haus gehört hat, hätten wir, nämlich Rieden-Vorkloster für Kennelbach künftighin weitergehende Verpflichtungen übernehmen müssen, welche die Kennelbacher nun allein zu übernehmen haben. Es wäre daher gewiß zu verstehen gewesen, wenn die Kennelbacher gesagt hätten, wie kommen wir dazu, die uns bevorstehenden Ausgaben alle selber zu tragen. Wenn die Möglichkeit geboten ist, daß die anderen Parzellen hiezu beträchtlich mithelfen müssen. Aber, hohes Haus, die Vorgänge in der Gemeindestube in Rieden innerhalb des letzten Jahres, die ich hier nicht weiter ausführen will, haben jedenfalls die Kennelbacher zur Überzeugung gebracht, daß die Zustände und Verhältnisse, wie sie dermalen in unserer Gemeinde obwalten, einfach unhaltbar sind. Sie sind zur Überzeugung gebracht worden, daß sie das Notwendigste und Minimalste, was Kennelbach bedarf, irrt Lause der Jahre von der Gemeindevertretung in förmlichem Kampfe werden erringen müssen und dazu scheinen die Herren in Kennelbach ferne große Lust zu haben, nach^ dem die Aussicht, daß dieser Kampf besonders erfolgreich sei, ohnehin nicht sehr groß ist. Andererseits haben die Kennelbacher durch diese Haltung gezeigt, da sie sich trotz der scheinbar günstigen Umstände einstimmig für die Abtrennung ausgesprochen haben, wie hoch sie die Autonomie und die Selbständigkeit von Kennelbach einzuschätzen wissen, so daß sie förmlich materielle Opfer dafür zu bringen bereit sind. Wenn ich nun, geehrte Herren, diese Angelegenheit lediglich etwa vom engherzigen Standpunkte als Vertreter der Parzelle Rieden beurteilen wollte, dann müßte ich auch gegen die Abtrennung sein; denn wir in Rieden hatten an Kennelbach nach verschiedenen Richtungen hin sehr oft einen starken Rückhalt. Wir in Rieden haben auch eher ländliche Verhältnisse als Borkloster und haben vielfach mit Kennelbach gleiche Interessen wirtschaftlicher Natur. Auch in bezug auf die politische Anschauung haben wir da einen weitaus größeren Rückhalt als wie es in Vorkloster der Fall ist, was ich ohneweiteres zugebe. Es ist zwar keineswegs richtig, wie vielfach behauptet wird, daß die Parzelle Rieden z. B. in der Gemeindevertretung dominiere, und wenn bisweilen von einem "Rredener Regiment" gesprochen wird, so kann ich dieses Märchen am besten dadurch zerstreuen, wenn ich darauf hinweise, daß gegenwärtig von 28 Ausschußmitgliedern 12 der Parzelle Vorkloster, 11 der Parzelle Kennelbach angehören und nur 5 der Parzelle Rieden, welche so dominierend sein soll und in welcher das Regiment stabilisiert sei. Das hohe Haus mag daraus ersehen, was es mit dieser Behauptung für eine Bewandtnis hat. Richtig ist jedoch, daß wir in Kennelbach vielfach einen Rückhalt gefunden haben und in vielen Fragen zusammengegangen sind. Künftighin sind wir, - da geben wir uns keiner Täuschung hin - eigentlich auf das Wohlwollen der drei- oder viermal größeren Parzelle Vorkloster angewiesen. Wie es aber mit diesem Wohlwollen aussieht, darüber haben uns die Vorgänge der letzten Monate hinreichend belehrt. Aber es ist nicht ausgeschlossen, daß die Sache auch wieder einmal in ein besseres Geleise kommen wird. Zum Schlüsse möchte ich noch bemerken, daß, wenn ich diese Angelegenheit lediglich vom politischen Standpunkte aus beurteilen und also vom politischen Standpunkte aus Stellung dazu nehmen wollte, daß ich - ich sage es mit Betonung - auch gegen die Abtrennung sein müßte. Ich bin aber der Meinung, daß Fragen, welche die Fortentwicklung eines Gemeinwesens so eminent berühren, Fragen, an deren Lösung alle Bewohner und besonders die Steuerträger so lebhaft interessiert sind, daß solche Fragen, nicht wie das z. B. andernorts geschieht, lediglich vom politischen Gesichtswinkel, sondern von einer etwas höheren Warte aus beurteilt werden müssen. Deshalb trete ich im gegebenen Falle auch dafür ein, habe auch im volkswirtschaftlichen Ausschusse das Amt des Berichterstatters übernommen und bitte daher, das hohe Haus, bei der Spezialdebatte den vorliegenden Gesetzentwurf zum Beschlusse zu erheben. Landeshauptmann: Wir schreiten nun zur Spezialdebatte. 16. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. 5 Nachdem das Gesetz erst kurze Zeit in den Händen der Herren Abgeordneten ist, ersuche ich den Herrn Berichterstatter, die paar Paragraphe des Gesetzentwurfes zur Verlesung zu bringen. Loser: (Liest § 1 aus Beilage 61.) Landeshauptmann: Wünscht jemand zu § 1 das Wort? Wenn das nicht der Fall ist, dann erkläre ich denselben als angenommen. Loser: (Liest § 2.) Landeshauptmann: Keine Einwendung zu § 2 betrachte ich als Zustimmung zu demselben. Loser: (Liest § 3.) Landeshauptmann: Wünscht jemand das Wort zu § 3? - Wenn das nicht der Fall ist, erkläre ich denselben als angenommen. Loser: (Liest § 4.) Landeshauptmann: § 4 ist angenommen. Loser: (Liest Titel und Eingang des Gesetzes.) Landeshauptmann: Wird gegen Titel und Eingang des Gesetzentwurfes eine Einwendung vorgebracht? Wenn das nicht der Fall ist, betrachte ich denselben mit Ihrer Zustimmung versehen. Loser: Ich beantrage, nachdem wir heute die letzte Sitzung in dieser Session haben, die sofortige Vornahme der 3. Lesung. Landeshauptmann: Es ist die sofortige Vornahme der dritten Lesung beantragt; wird eine Einwendung dagegen erhoben? Wenn das nicht der Fall ist, dann ersuche ich jene Herren, welche dem Gesetzentwürfe, wie er aus den Beschlüssen der zweiten Lesung hervorgegangen, auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Somit ist dieser Gegenstand der Tagesordnung erledigt und wir kommen zum nächsten Punkte, zum Berichte des volkswirtschaftlichen Ausschusses betreffend die Behebung der Hochwasserschäden der Flüsse und Bäche des Landes. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter, Abgeordneten Thurnher, das Wort zu nehmen. Thurnher: Der Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über den Gesetzentwurf betreffend die Behebung des durch die Elementarereignisse an der Ill und einer Reihe anderer Flüsse unseres Landes verursachten Schäden, ist schon seit einigen Tagen in den Händen der Herren Abgeordneten und ich glaube, die Zustimmung der Herren zu erhalten, daß ich von der Verlesung des Berichtes Umgang nehmen darf, und zwar umso eher, als derselbe sehr umfangreich ist und fünf Druckseiten umfaßt. Ich kann daher sofort zur vorläufigen Mitteilung der Anträge des volkswirtschaftlichen Ausschusses übergehen. Bevor ich dieselben verlese, möchte ich noch darauf aufmerksam machen, daß der volkswirtschaftliche Ausschuß in einer nachträglich gestern noch abgehaltenen Sitzung den Beschluß gefaßt hat, den Punkt 3 der gedruckt vorliegenden Anträge einer Abänderung zu unterziehen. Im Wesen umfaßt der neue Vorschlag ganz das Gleiche wie der alte Antrag. Wir wollten aber diesen Punkt ganz genau gleich formulieren und der Beschlußfassung des Landtages unterbreit n, wie denjenigen im nächstfolgenden Gesetzentwurfe unter Punkt 2 der Tagesordnung befindlichen, betreffend die Behebung der Schäden an Straßen und Brücken. Es handelt sich in diesem Punkte nämlich um die Aufbringung der erforderlichen Kosten und darum, daß diese Aufbringung selbstverständlich, mindestens in hohem Betrage, durch aufzunehmende Darlehen des Landes erfolge. Es ist also keine materielle Änderung in diesem Punkte beabsichtigt, sondern nur die Herbeiführung einer gleichmäßigen Beschlußfassung über beide Gesetzentwürfe. Die 6 10. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. Anträge des volkswirtschaftlichen Ausschusses lauten demnach: (Liest Punkt 1 und 2 der Anträge aus Beilage 60.) Die Möglichkeit, daß dies geschieht, wird noch dadurch bekräftigt und erleichtert, daß wir die 2. Beilage, welche das Summarium der durchzuführenden Bauten ausführt, nicht als integrierenden Bestandteil des Gesetzes selbst erklären, sondern sie bildet nur einen integrierenden Bestandteil des Berichtes. Nun kommt der Punkt 3, der in der erst gestern beschlossenen Fassung lautet: 3. Der Landesausschuß wird ermächtigt, gemäß § 6 des Gesetzentwurfes für das gesamte Kostenerfordernis oder einen Teil desselben entweder für alle Konkurrenzfaktoren (Staat, Land, Gemeinden) oder einzelne derselben ein Landesanlehen in der erforderlichen Höhe bis zu m Höchstbetrage von 1, 811.000 K in einer mit der Regierung zu vereinbarenden Weise gegen dem aufzunehmen, daß dessen Annuität aus die betreffenden Konkurrenzfaktoren nach Verhältnis ihrer Anteile ausgeteilt werden. (Liest weiter: Punkte 4 und 5 der Anträge aus Beilage 60.) Landeshauptmann: Pardon! Es ist hier ein Druckfehler. Im Punkte 5 sollte es heißen "die bisherigen Maßnahmen des Landesausschusses" anstatt "des Landtage s". Thurnher: (Liest weiter: Punkt 6 der Anträge aus Beilage 60.) Es sind nachträglich, nachdem die Verhandlungen mit der Regierung eingeleitet worden sind, wie aus bem1 Berichte ersichtlich ist, noch eine Reihe Gesuche von Gemeindien eingelangt, die wir bei dieser Beratung des volkswirtschaftlichen Ausschusses auch berücksichtigt haben; und mit Annahme der von diesem Ausschusse dem hohen Hause vorgelegten Anträge erscheinen auch die Gesuche der Gemeinden Lorüns, St. Anton, Feldkirch, Thüringen, Götzis und Bezau vorläufig erledigt und es wird mit der Annahme der Anträge auch die Möglichkeit geschaffen werden, um aus dem im Punkte 2 bezeichneten Posten einen mäßigen Betrag zur Wiederherstellung der dringend notwendigen Bauten an der Schwarzach und an dem Rickenbache verwenden zu können. Hohes Haus! Wohl noch nie seit dem Beginne der verfassungsmäßigen Tätigkeit der Landesvertretung, im April des Jahres 1861, stand der Landtag vor einer so hochwichtigen, finanziell und wirtschaftlich so tief einschneidenden Frage, als die jetzt uns vorliegende: Die Sanierung der durch die Hochwasserkatastrophe des heurigen Sommers verursachten Schäden an den Wasserbauten einerseits und jener an den Straßen und Brücken andererseits. Die Kosten aller dieser Wiederherstellungsarbeiten erfordern eine Summe von rund 12 Millionen Kronen, sind also bedeutend höher als in der Rede unseres Herrn Landeshauptmannes bei Eröffnung des Landtages angenommen worden war, weil zu jener dort angegebenen Summe auch noch die Kosten der definitiven Wiederherstellung der Wasserbauten in Montafon beizurechnen sind. Ich habe bereits schon einmal im hohen Hause Gelegenheit gehabt, diesbezügliche Ausführungen zu erstatten und aus dem Berichte ist zu ersehen, daß die definitiven im Programm noch nicht ausgenommenen Wasserbauten in Montafon einen Betrag von über 3 Millionen erfordern und daß die Nichtausnahme in das Programm daher rührt, weil die Statthalterei diesen Posten nicht in die Vorschläge, die sie an die Regierung gerichtet, aufgenommen bat; amtlich ist diesbezüglich kein Grund verlautbart worden. Wie ich aber vernommen habe, ist es hauptsächlich aus dem Grunde geschehen, weil die Bauten als definitive bezeichnet worden sind und die Statthaltern glaubte, daß diese nicht jetzt schon in das jetzige Programm aufzunehmen seien, sondern daß dieselben aus einen späteren Zeitpunkt verschoben werden sollten. Im Verhältnisse zu der Kleinheit des Landes und der Beschränktheit seiner Mittel ist nun das eine riesige Summe und diese Summe bedeutet nur den verursachten Schaden an Straßen- und Wasserbauten, keineswegs aber auch den Schaden, der den Privaten, Gemeinden ufw. an Feldern, Wiesen, Häusern, Waben, Vorräten, Bahnen usw. erwachsen ist. 16. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. 7 Die Verwüstung und Zerstörung war eine gewaltige, in diesem Umfange wohl im Lande nie dagewesene. Es soll jemand nur auf den mitunter viele Meter hohen Murmassen oder sagen wir nur auf den Ruinen und Trümmern von Vandans herumgegangen sein, so hat er ein seinem Gedächtnis nimmer entschwindendes Bild grenzenloser Verwüstung geschaut. Jene, die Gelegenheit hatten, alle die verwüsteten Orte und geschädigten Gemeinden des Landes zu besuchen, waren konsterniert, niedergedrückt und wehmutsvoll gestimmt von dem bis dorthin nie gesehenen wilden Zerstörungswerke. Trotz alldem durften wir keine Mutlosigkeit und Verzagtheit aufkommen lassen, sondern es mußte rasch Hilfe gesucht und der weiteren Gefahr der Verwüstung entgegengetreten werden. Alle berufenen Organe, in erster Linie Se. Exzellenz der Herr Statthalter und die Leiter der 3 Bezirkshauptmannschaften sowie auch die Organe der autonomen Landesverwaltung und die Gemeinden boten alles auf, um dem Weiterbringen des verderblichen Elements entgegenzutreten, den werteren Verheerungen Einhalt zu tun und so rasch als möglich Schutz- und Notbauten zu errichten. Tiefer erste Teil der Aktion ist allseitig bekannt und braucht nicht weiter erörtere zu werden. Ter Weite Teil der Aktion bestand in den Erhebungen über den angerichteten Schaden in den Verhandlungen hinsichtlich Sicherstellung der aufzubringenden Kosten der provisorischen und der definitiven Wiederherstellung der zerstörten Werke. In welcher Form diese Aktion zur Durchführung gelangte und mit welchem Erfolge, erfahren Sie aus dem vorliegenden Berichte. Die Art und Weise der Lösung darf als e.ne glückliche bezeichnet werden und ich fühle m.ch verpflichtet, als Dolmetsch der Gefühle der Landesvertretung, der hohen k. k. Regierung für das dem Lande diesbezüglich entgegengebrachte Wohlwollen, wodurch die Erzielung eines solchen Resultates ermöglicht wurde, den aufrichtigsten Dank zum Ausdrucke zu bringen. Mit der Votierung des jetzigen Gesetzentwurfes ist aber die Frage der Wiederherstellung der zerstörten Wasserbauten nur teilweise gelöst, da jetzt nur die Kosten der provisorischen Bauten sichergestellt werden. Eine weit größere Summe werden, wie ich schon andeutete, aber die definitiven Wasserbauten erfordern. Wir haben aber die feste Hoffnung, ja die Überzeugung, daß die darauf hinzielenden, etwa in der nächsten Landtagssession einzubringenden Vorlagen, die auf den gleichen Grundsätzen wie der heutige Gesetzentwurf beruhen dürften, ebensowohl die Zustimmung der k. k. Regierung wie der Landesvertretung finden werden. Durch die Votierung des jetzt dem Hause vorliegenden Gesetzentwurfes, dann jenes über die Wiederherstellung der zerstörten Brücken und Straßen, endlich der in der nächsten Session noch zu beschließenden Gesetze über die definitiven Wasserbauten werden wir dem Lande eine große Schuldenlast aufbürden müssen. Wir tun dieses mit schwerem Herzen, aber dennoch sind wir nicht verzagt, sondern sehen mit Mut und Vertrauen der Zukunft entgegen. Der Landtag hat bereits im Gefühl und im Bewußtsein ferner Pflicht und getragen und gestärkt durch das Vertrauen und die Opferwilligkeit der Bevölkerung die nötigen .Mittel zur Verzinsung und Amortisierung der vom Lande aufzunehmenden Schulden bewilligt. Wir haben dadurch gezeigt, daß wir kein Opfer scheuen, um den so hart Geschädigten die rettende Hand zu bieten, um sie auf der heimatlichen Scholle zu erhalten, sie vor der größten Not zu schützen, die verwüsteten Gegenden, soweit es möglich, wieder in fruchtbare Gefilde umzuwandeln und diese vor künftigen Überschwemmungen und Verwüstungen tunlichst zu schützen. In den Tagen innerer und äußerer Not hat die Bevölkerung unseres Landes immer fest und treu zusammengehalten; stets war es auch das Bestreben der Landesvertretung, allen Teilen des Landes die gleichmäßige Fürsorge und gerade immer den Schwachen, den Notleidenden, seine Hilfe zuzuwenden. Diesen Grundsätzen treu bleibend, werden wir den vorliegenden Gesetzentwurf und die übrigen Anträge des volkswirtschaftlichen Ausschusses zum Beschlusse erheben und auf der betretenen Bahn auch weiterhin Mutig vorwärtsschreiten, bis das gestellte Ziel die Sanierung der Schäden der Wasserkatastrophe, tunlichst erreicht ist. Mit Mut, 8 16. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. Kraft und Ausdauer werden wir dieses Ziel auch erreichen! Das walte Gott! Und nun, meine Herren, ersuche ich Sie, zuerst in die Generaldebatte und dann in die Spezialdebatte des Gesetzes einzugehen und den vorliegenden Gesetzentwurf, sowie auch die übrigen Anträge des volkswirtschaftlichen Ausschusses zum Beschlusse zu erheben. Landeshauptmann: Ich eröffne zunächst über den Gesetzentwurf die Generaldebatte. Herr Abgeordneter Dekan Mayer hat das Wort. Dekan Mayer: Hohes Haus! Im uns vorliegenden Berichte zu dem in Verhandlung stehenden Gesetzentwürfe betreffend die Behebung der durch Elementarereignisse im Juni 1910 verursachten Schäden an der Ill und der Bregenzer-Ache und deren Nebenflüssen, an der Dornbirner Ache, am oberen Lech und den Binnendämmen sowie einigen kleineren Zuflüssen des Rheines wird unter anderem ausgeführt, daß nach dem bei der interministeriellen Konferenz vom 25. August akzeptierten Programme für Wasserbauten solche vorgesehen waren im Betrage von K 7, 372.000'-. Im ursprünglichen vom Landesausschusse der k. k. Statthalterei unterbreiteten Programme seien aber weitere, auf Montafon sich beziehende Bauten mit einem Erfordernisse von K 3, 107.080'- enthalten, die aber aus bisher nicht bekannten Gründen in den Borschlägen der k. k. Statthalterei an die k. k. Regierung nicht berücksichtigt worden seien. Bekanntlich wurde das Tal Montafon von der Hochwasserkatastrophe in Vorarlberg am schlimmsten mitgenommen, fand aber auch - das muß offen und mit Tank anerkannt werden - seitens des hohen Landesausschusses und neulich auch durch den Minister für öffentliche Arbeiten Se. Exzellenz August Ritt viel Entgegenkommen und werktätige Hilfe. Es ist daher um so auffallender, daß gerade das Tal Montafon von der k. k. Statthalterei jene Berücksichtigung in ihren Vorschlägen an die k. k. Regierung nicht gesunden, die sich in Anbetracht der furchtbaren Verwüstungen an den Ufern der Ill und ihren Nebenbächen in Montafon, insbesonders des Rells-, Rasafei-, Galgenul-, Suggedin- und Litzbaches hätte erwarten lassen. Sie werden mir zugeben, meine Herren, daß es für den Vertreter des Tales Montafon und seine durch die Hochwasserkatastrophe so hart betroffene Bevölkerung interessant wäre, zu erfahren, welche Gründe da maßgebend waren, daß sie für schwerwiegend genug befunden wurden, bei Ausstellung eines so wichtigen Programmes für Wiederherstellung der dringendst notwendigen Uferschutzbauten das gerade unter den Verwüstungen der Wasserkatastrophe am meisten leidende Tal Vorarlbergs unberücksichtigt zu lassen. Diese Gründe zu erfahren, wäre noch um so interessanter, wenn man weiter erwägt, daß das Tal Montafon von der hohen k. k. Statthalterei in huldvollster Weise sogar mit einer k. k. Elementar-Bauleitung beehrt wurde, deren Aufgabe es war, alles das, was in anderen Tälern durch das Landes-Bauamt besorgt wurde, vorzukehren, die notwendigen Studien zu machen und entsprechende Anträge zu stellen und daß ferner Se. Exzellenz der k. k. Statthalter Baron v. Spiegelfeld bei seinem Besuche in Montafon nicht bloß Gelegenheit hatte, sich über die in nächster Zeit notwendig erscheinenden Maßnahmen persönlich zu informieren, sondern auch tatsächlich in zuvorkommendster Weise Hilfe und Unterstützung zugesagt hatte. Da diese Gründe daher ganz offensichtig nicht im Mangel an Information oder Kenntnis des angerichteten Schadens und noch weniger im Mangel am guten Willen, diese Schäden nach Tunlichkeit, bezw. mit möglichster Beschleunigung zu beheben, liegen können, dürste man wohl kaum fehlgehen, wenn man den Grund der Nichtberücksichtigung des Tales Montafon im uns vorliegenden Wasserbauten-Programme in der vom Landes-Bauamte abweichenden Art und Weise der Zusammenstellung des Bauprogrammes für Montafon seitens der k. k. Elementar-Bauleitung in Schruns sucht. Wäre nun das, wie es den Anschein hat, der wirkliche Grund, so würde man in Montafon der k. k. Elementar-Bauleitung bezw. deren Chef wenig Tank wissen, denn im Berichte wird selbst weiter ganz zutreffend ausgeführt, daß die Durchführung der Bauten in Montafon gerade so dringend ist, wie die übrigen in der Zusammenstellung aufgeführten Bauten. Der Landesausschuß werde daher mit allem KH. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II, Session der 10. Periode 1910. 9 Nachdrucke dahin zu wirken haben, daß sowohl für die in das Programm aufgenommen als für die in dasselbe nicht aufgenommenen Schutzbauten die Sicherstellung der erforderlichen Kosten erfolge. Da aber solche Schutzbauten am Suggedin, in Galgenul, dann an der Litz in Schruns, an Mehreren Stellen der Ill, sowie zum Teil auch an den Bächen im Gemeindegebiete van Tschagguns und Vandans nicht bloß unbedingt notwendig sind, sondern ehestens in Angriff genommen werden sollten, um die Ufer vor weiteren Zerstörungen im kommenden Frühling gelegentlich der Schneeschmelze möglichst sicher zu stellen, geht Weine Bitte dahin, es möge der hohe Landesausschuß auch mit allem Nachdrucke da hinwirken, daß die Vorbedingungen für eine rasche Inangriffnahme dieser Bauten möglichst bald geschaffen werden. Landeshauptmann: Das Wort hat der Herr Abgeordnete Bösch. Bosch: Hohes Haus! Ich habe Bedenken, ob die unter Post 56 des Elementarbauprogrammes mit K 58.000 angesetzte Summe zur Wiederherstellung und Verstärkung der Rheinbinnendämme wohl ausreichen werde, dem Rheintale die nötige Sicherheit vor weiteren Überschwemmungen zu bieten. Das Hochwasser vom Juni d. Js. hat gezeigt, daß durch die jetzt bestehenden Rheinbinnendämme das Rheintal vor Überschwemmungen nicht genügend geschützt ist, es war für dasselbe die höchste Gefahr vorhanden, wieder überschwemmt zu werden, obwohl der Rhein bei Reichenau, also der Hauptfluß, in ganz normaler Höhe stand. Hätte der Rhein bei Reichenau einen Hochstand erreicht, annähernd so hoch, wie es schon wiederholt der Fall war, so wäre es jedenfalls dazu gekommen, daß das Geschick für das Rheintal besiegelt gewesen wäre, und ohne Zweifel wäre es unmöglich gewesen, die Gefahr abzuwenden, namentlich in den oberen Gemeinden, wo der untere Durchstich seine Wirkung noch nicht hat, wie es natürlich von unten herauf der Fall ist. Es ist nur für die Gemeinden Meiningen, Koblach und Müder eine Wiederherstellung und teilweise Verstärkung und Erhöhung der Rheinbinnendämme in Aussicht genommen. Es wäre aber nach meinem Dafürhalten, wenn das Rheintal vor künftigen Überschwemmungen sicher gestellt werden soll, notwendig, daß die Rheinbinnendämme nicht nur in den oberen Gemeinden sondern bis Hohenems und teilweise auch in Lustenau erhöht und verstärkt werden. Das ist aber nicht in Aussicht genommen und das hat bei mir Bedenken hervorgerufen. Ich habe früher schon einmal mit einem Herrn von der Rheinbauleitung darüber gesprochen und er hat gesagt, daß eine bedeutende Überhöhung der Dämme über den letzten Hochwasserspiegel vorhanden war. Diese überhöhe der Dämme hätte nicht hingereicht, wenn der Rhein von obenher viel Wasser gebracht hätte. Das Flußbett liegt viel höher als das Hintere Gelände, deswegen sind auch starke Dämme notwendig. Bis der obere Durchstich ausgeführt ist, verstreichen noch viele Jahre. Denn wenn jetzt auch immer daran gearbeitet wird und die Bauten vorwärts schreiten, so wird es halt doch gehen, wie es am untern gegangen ist: Es werden sich da allerlei Hindernisse und Absetzungen einstellen, die wieder eine Aufbesserung und Verstärkung der Dämme oder Wuhre erfordern. Bis die Schutzbauten fertig und konstant sind, wird es selbstverständlich nicht zulässig sein, den Rhein ins neue Bett zu leiten. Ich glaube daher, daß noch viele Jahre vergehen werden. Ich stimme aber diesem Gesetzentwürfe bei in der Hoffnung, es werde bei der Durchführung des Elementarbauprogrammes auch Vorsorge getroffen und Rücksicht genommen werden auf die Erhöhung und Verstärkung der Rheinbinnendämme. Ich glaube auch, daß diese meine Anregung von vielen Seiten und den Rheintalbewohnern unterstützt wird. Denn bei der letzten Hochwasserkatastrophe ist selbst von der Rheinbauleitung wiederholt die Gefahr ausgesprochen und telegraphisch nach Lustenau berichtet worden, daß man sich auf alle Fälle bereit machen solle. Es kann gewiß nicht als überflüssig erkannt werden, wenn ich hier im hohen Hause diesen Bedenken Ausdruck gebe, und ich hege die Hoffnung, daß das Notwendige geschehen wird. Wir haben dies Jahr erfahren, daß uns Rheintalbewohnern der Rhein gefährlich werden kann, wenn er bei Reichenau hoch steht. Das Rheingebiet ist groß und wenn einmal der Rhein bei Reichenau jene Höhe erreichen sollte, wie er sie schon oft erreicht hat, 10 16. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. und die Vorarlberger Zuflüsse kommen auch noch dazu, so ist die Ausbruchsgefahr da, und es ist unbedingt notwendig, daß das Rheintal mehr geschützt wird, bis der obere Durchstich zur Durchführung gekommen ist. Aber da müssen noch bedeutende Arbeiten gemacht werden. Landeshauptmann: Wer wünscht noch weiter das Wort? Herr Abgeordneter Welte hat dasselbe. Welte: Hohes Haus! Als Bewohner und Vertreter eines Landesteiles, der besonders schwer und stark von der Hochwasserkatastrophe betroffen worden ist, kann ich nur meiner Freude darüber Ausdruck geben, daß durch die Notierung des vorliegenden Gesetzentwurfes die Ausführung wenigstens der ersten und notwendigsten Bauten gesichert erscheint und daß besonders gerade wir im unteren Teile des Walgaues, die wir, wie bereits erwähnt, von der Katastrophe sehr schwer betroffen worden sind, jetzt nach diesen Schreckenstagen mit mehr Beruhigung in die Zukunft blicken können. Bei dieser Gelegenheit sehe ich mich veranlaßt, dem Landesausschusse, dem Landesbauamte und allen Staats- und Landesfaktoren, die bei dieser Katastrophe uns zu Hilfe gekommen und ihre Unterstützung in ausgiebigstem Maße gezeigt haben, den verbindlichsten Dank abzustatten, und ich stimme gerne dem vorliegenden Gesetzentwürfe bei. Landeshauptmann: Wünscht niemand mehr das Wort? Wenn sich niemand meldet, ist die Generaldebatte geschlossen. Hat der Herr Berichterstatter noch etwas beizufügen? Thurnher: Ich habe nur zu bemerken, daß ich den Ausführungen des hochw. Herrn Dekans Mayer bezüglich Montafon vollinhaltlich beistimme und darauf verweise, daß ich bereits im Eingänge der Verhandlung auf die mutmaßlichen Gründe hingewiesen habe, die zur Nichtaufnahme der bezüglichen definitiven Wasserbauten Anlaß geben mochten, amtlich aber ist uns, wie bereits gesagt, nichts bekannt. Wenn aber gerade die Bezeichnung, die die Leitung der k. k. Elementarbauabteilung in Schruns für diese von der Statthalterei vorläufig ausgelassenen Bauten gewählt hat, Mitursache war, so dürfte diese Elementarbauleitung in diesem Falle doch keine Schuld tragen. Sie hat halt einen etwas unglücklichen Ausdruck gewählt, nämlich "definitive" Bauten, während tue anderen Bauten im Klostertal, Bregenzerwald und im Walgau einfach als "Wiederherstellungsbauten" betitelt worden sind, und das soll, soviel ich eben gehört habe, der Hauptunterschied sein. Wie ich bereits in früheren Beratungen angedeutet habe, darf aber dieses kein Anlaß sein, daß die Bauten in Montafon nicht in gleicher Weise und gleich stark ausgeführt werden, wie es in den anderen Teilen des Landes geschieht. Heute fassen wir auch keinen Beschluß über die definitiven Bauten der anderen Teile, sondern nur einen Beschluß über die Schutzbauten und provisorischen Bauten. Die definitiven Bauten aller Landesteile müssen in späteren Gesetzen festgelegt werden. Nach meiner Anschauung ist kein Grund zur Beunruhigung da, weil im Berichte oder vielmehr in den Beilagen diese Bauten nicht ausgeführt sind. Aber wenn später an die Verbauung geschritten wird, so wird man sie gewiß ebenso wenig vergessen, als die notwendigen Bauten der anderen Landesteile. Was die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Bösch betrifft, möchte ich darauf verweisen, daß die bezüglichen Erhebungen von der k. k. Rheinbauleitung erfolgt sind, und die Rheinbauleitung in dieser Beziehung, ich möchte sagen, durch jahrzehntelange Erfahrungen wohl in den Stand gesetzt sein wird, hier sicher das Richtige zu treffen. Sollte es sich aber herausstellen, daß noch weitere Bauten notwendig sind, so kann das auch in der zweiten Serie oder durch ein Spezialgesetz geschehen. Weiter habe ich nichts zu bemerken. Landeshauptmann: Wir gehen also zur Spezialdebatte über. Thurnher: Soll ich die einzelnen Paragraphe verlesen? Landeshauptmann: Ich glaube, da es sich doch um einen so wichtigen Gesetzentwurf handelt, der nicht gerade lange ist und nur wenige Paragraphe hat, wäre es angezeigt, die einzelnen Paragraphe zu verlesen. 16. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. 11 Thurnher: (Liest § 1 aus Beilage 60 A.) Landeshauptmann: Wer wünscht zu 8 1 das Wort? Wenn niemand sich meldet, betrachte ich denselben als angenommen. Thurnher: (Liest § 2.) Landeshauptmann: § 2 ist, da keine Bemerkung erfolgt, angenommen. Thurnher: (Liest § 3.) Landeshauptmann: Keine Bemerkung betrachte ich als Zustimmung zu § 3. Thurnher: (Liest § 4.) Landeshauptmann: Wünscht jemand zu § 4 das Wort? Wenn das nicht der Fall ist, betrachte ich denselben als angenommen. Thurnher: (Liest § 5.) Landeshauptmann: Angenommen. Thurnher: (Liest § 6.) - Landeshauptmann: Es erfolgt keine Bemerkung. Angenommen. Thurnher: (Liest § 7.) Landeshauptmann: § 7 ist, wenn keine Bemerkung erfolgt, - angenommen. Thurnher: (Liest § 8.) Landeshauptmann: § 8 ist angenommen. Thurnher: (Liest § 9.) Landeshauptmann: Keine Bemerkung betrachte ich als Zustimmung. Thurnher: (Liest Titel und Eingang des Gesetzes.) Landeshauptmann: Wird gegen Titel und Eingang des Gesetzentwurfes eine Bemerkung gemacht? Wenn das nicht der Fall ist, betrachte ich sie ebenfalls mit Ihrer Zustimmung versehen. Thurnher: Ich glaube, man könnte nun vorerst auf die Abstimmung über die übrigen fünf vorliegenden Anträge eingehen und nachher werde ich die Vornahme der dritten Lesung beantragen. Landeshauptmann: Es liegen außer dem formellen Antrage des Gesetzentwurfes noch fünf Anträge des volkswirtschaftlichen Ausschusses in dieser Angelegenheit vor, wovon der 3. Antrag in einer abgeänderten Form erscheint; er lautet jetzt so: (Liest obigen Antrag.) Ich eröffne über die Anträge 2 bis inklusive 6 die Besprechung. Wenn niemand sich meldet, kann ich sämtliche Anträge unter einem zur Abstimmung bringen. Da keine Einwendung erfolgt, ersuche ich jene Herren, die den Anträgen, wie sie verlesen worden sind, ihre Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Thurnher: Ich stelle den Antrag zur Vornahme der dritten Lesung. Landeshauptmann: Hat jemand gegen die sofortige Vornahme der dritten Lesung eine Einwendung zu erheben? Nachdem das nicht der Fall ist, ersuche ich jene Herren, welche dem Gesetzentwürfe, wie er aus den Beschlüssen der zweiten Lesung hervorgegangen ist, auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Damit ist dieser Gegenstand erledigt. letzte Punkt unserer Tagesordnung ist des volkswirtschaftlichen Ausschusses über den Gesetzentwurf betreffend die der Hoch Wasserschäden an Straßen und Der der Bericht Behebung Brücken. Herr Abgeordneter Jodok Fink ist Berichterstatter in dieser Angelegenheit und er wird den Bericht, der erst vor kurzem verfaßt worden ist, 12 16. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. zur Verlesung bringen. Der Bericht wird ebenfalls, wie ich schon beim ersten Gegenstände der Tagesordnung angekündigt habe, noch gedruckt und als separate Beilage nachträglich den stenographischen Protokollen einverleibt werden. Ich erteile dem Herrn Abgeordneten das Wort. Jodok Fink: (Liest Bericht und Anträge aus Beilage 66.) Das sind die Anträge des volkswirtschaftlichen Ausschusses, der Bericht ist nicht außerordentlich lang und ausführlich deshalb ausgefallen, weil dem Wesen nach hier eigentlich die gleiche Angelegenheit zu behandeln ist, wie es jener Gegenstand war, den wir soeben verhandelt haben. Es ist in einem einzigen Punkte eine wesentliche Abweichung. Diese besteht darin, daß die Aktion, die jetzt in Verhandlung steht, nämlich die Wiederherstellungsarbeiten der öffentlichen nicht ärarischen Straßen und Brücken, soweit sie bis jetzt vorauszusehen sind, durch den heutigen Beschluß als abgeschlossen zu betrachten erscheint. Es ist also nicht wie beim früher behandelten Gegenstände, daß bei den Wiederherstellungsbauten ein Teil jetzt gemacht und für einen anderen Teil später vorgesorgt werden muß, sondern hier ist die hohe Regierung in sehr anerkennens- und dankenswerter Weise daraus eingegangen, daß das ganze bis jetzt bekannte erforderliche Kostenbträgnis von Staat, Land und Gemeinden durch diesen Gesetzentwurf gesichert erscheint. Ich empfehle daher dem hohen Hause die Annahme der Anträge und dann noch des Gesetzentwurfes. Landeshauptmann: Ich eröffne über den Gesetzentwurf die Generaldebatte. Ich erteile das