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Letzte Änderung 02.07.2021, 19:28
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp10,lts1910,lt1910,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 11. Sitzung am 12 Oktober 1910 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 22 Abgeordnete. - Abwesend: die Herren Hochwst. Bischof Dr. Egger, Dietrich, Dr. Konzett, Loser. Regierungsvertreter: Herr k. k. Statthaltereirat Dr. Rudolf Graf von Meran. Beginn der Sitzung um 3 Uhr 34 Minuten nachmittags. Landeshauptmann: Ich eröffne die heutige Sitzung und ersuche um Verlesung des Protokolles der letzten Sitzung. (Sekretär verliest dasselbe.) Wird gegen die Fassung des verlesenen Protokolles eine Einwendung vorgebracht? Wenn das nicht der Fall ist, betrachte ich dasselbe für genehmigt. Wenn keine Einwendung erfolgt, möchte ich die heutige Tagesordnung noch durch einen Gegenstand ergänzen, der lediglich eine Zuweisung beinhaltet. Es ist nämlich an den Landesausschuß ein längeres Gesuch der Gemeinde Lauterach gekommen, wegen Maßnahme zum Schutze gegen die Verwüstungen der Kulturgründe durch den Rickenbach und die Dornbirnerache. Nachdem wir bereits die Rickenbach- und Schwarzach? Regulierung dem volkswirtschaftlichen Ausschusse zugewiesen haben und da dieser Gegenstand mit jenem im Zusammenhange steht, möchte ich ihn der heutigen Tagesordnung als ersten Punkt voraussetzen und vielleicht die Anregung machen, diese Eingabe der Gemeinde Lauterach auch dem volkswirtschaftlichen Ausschusse zuzuweisen. Es erfolgt keine Einwendung. Wir kommen nun zur Tagesordnung. Auf derselben steht als erster Gegenstand der Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses in Sachen der Subventionierung des Stickereiwanderunterrichtes. Berichterstatter in dieser Angelegenheit ist Herr Abgeordneter Dr. Drexel. Ich ersuche ihn, das Wort zu nehmen. Dr. Drexel: Hohes Haus! In Verhandlung steht eine wichtige Angelegenheit unserer Stickereiindustrie, die augenblicklich vor schwierigen Situationen steht, und es ist nun Aufgabe des Landtages, diese Industrie, die einen großen Teil unserer Bevölkerung ernährt, möglichst zu unterstützen. Dieses geschieht insbesondere dadurch, daß man sucht, sie zu befähigen, gegen die 2 11. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. Schwierigkeiten, welche die nächste Zukunft häufig und in großer Zahl bringen wird, gestärkt und gewappnet zu sein. Im Jahre 1908, also vor etwa 2 Jahren, wurde seitens der Sticker eine Bewegung hervorgerufen zwecks Vermehrung der Wanderlehrer und Hebung des Wanderunterrichtes. Später schlössen sich auch die Stickereifabrikanten an und wir haben heute das erfreuliche Resultat, daß alle Kreise, welche an dieser Angelegenheit interessiert sind, von deren Entscheidung es auch abhängt, ob ein Fortschritt gemacht werden kann, dafür gewonnen sind. An der Schule selbst hat sich seither das Verhältnis ebenfalls im günstigen Sinne verändert, die hohe Regierung zeigte uns ein ausgesprochenes Entgegenkommen, die Wanderlehrer zu vermehren, und Seine Exzellenz, Herr Ritt, als Chef des Ministeriums für öffentliche Arbeiten, hat in den letzten Tagen selbst die Erklärung abgegeben, daß er diese Angelegenheit mit allen Mitteln fördern wolle. Es handelt sich nur noch darum, daß der Landtag, der bereits im letzten Jahre beschlossen hatten, diese Aktion sehr zu unterstützen, nun diese auch praktisch durchführt. In diesem Sinne ist auch der Antrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses gestellt. Letztes Jahr war bekanntlich ein Borschlag vom Vorarlberger Stickerbunde und vom Verbände der Stickereigenossenschaften in die Debatte gegeben, das Land in Kreise einzuteilen und zwar laut der damaligen Vorschläge, das Land in 5 Kreise einzuteilen, nicht eingerechnet Lustenau. Das Kreisfachlehrersystem war letztes Jahr noch nicht so glücklich, die Anerkennung aller Kreise zu finden; seither ist es anders geworden und heute stehen alle, welche in dieser Frage mitzusprechen berufen sind, auf dem Standpunkte, daß dieses System sehr geeignet ist, einen gründlichen Wanderunterricht zu geben; und die Einteilung, die damals gemacht wurde, erfuhr eine gründliche Überlegung und es liegt heute der Vorschlag vor, nicht bloß 5 Kreise zu machen, sondern wenigstens 7 und überdies einen Wanderlehrer zu bestellen, der einzelne diesen Kreisen schwer einzureihende Orte besorgen müßte und Wanderlehrer, welche eventuell einige Zeit verhindert sind, ihre Aufgabe zu erfüllen, (durch Krankheit usw.), zu ersetzen hätte. Gleichzeitig wäre für den betreffenden Wanderlehrer genügend Gelegenheit geboten, sich zum selbständigen Wanderlehrer auszubilden und aus diese Weise Gewähr zu bieten, daß wir in der weiteren Wahl von Wanderlehrern nicht mehr solche Schwierigkeiten finden, wie es heute leider noch, der Fall ist. Den Bericht selbst haben die Herren schon einige Zeit in Händen und ich darf daher von einer Verlesung absehen; ich will vielleicht noch ganz kurz die Tendenz des Berichtes und Antrages skizzieren. Wir gehen einen bedeutenden Schritt werter im Vergleiche zur bisherigen Form, in der der Landtag die Wanderlehrer unterstützte. Bisher war es eine "feste Summe, die jedes Jahr vom Landtage oder von der Regierung dem Ministerium zur Verfügung gestellt wurde. Nun greifen wir weiter und wollen durch den ersten und zweiten Antrag die Regierung animieren, zu einer möglichst raschen Erweiterung des Wanderunterrichtes zu schreiten, und deshalb setzen wir keine fixe Summe mehr aus für den Wanderunterricht, sondern sagen, wir wollen die fixe Summe wie bisher und für jeden weiteren Wanderlehrer, welchen die Regierung aufstellt, 1000 K als Landesbeitrag. Damit ist die Anregung gegeben, daß die Zahl der Wanderlehrer möglichst rasch erhöht wird. Und matt braucht in Zukunft der Regierung nicht erst zu sagen: "Wir sind bereit, die Wanderlehrer zu vermehren, wenn auch der Landtag das Seinige beiträgt", sondern diese Aktion kann sich ebenso rasch und ebenso still zum Wohle unserer Stickerei abwickeln. Dabei wissen wir im voraus schon, daß das nächste Jahr 3 weitere Wanderlehrer bringt. Es ist das Ergebnis langer Verhandlungen zwischen dem Landesausschusse und zwischen dem Ministerium und so kommt die Landessubvention auf alle Fälle auf 7000 K zu stehen und es ist der Wunsch des Berichterstatters, daß die Regierung die Landessubvention in noch höherem Maße in Anspruch nimmt, weil dadurch der Wanderunterricht möglichst schnell in vollkommener Weise durchgeführt werden könnte. Zweitens gibt der Antrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses der Genossenschaft von Lustenau eine erhöhte Subvention; bisher waren es 1200 K, in Zukunft sollen es 2000 K sein, da 11. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. 3 Lustenau zwei Wanderlehrer selbst hält. Damit wäre das Gleichgewicht geschaffen zwischen der Beitragsleistung des Landes und der Regierung, wobei für jeden Wanderlehrer 1000 K gezahlt werden. Auch das Gesuch des Kreisfachlehrerkomitees Jagdberg liegt abermals vor. Letztes Jahr wurde es abgelehnt in der Hoffnung, daß die Regierung eine rasche Vermehrung der Wanderlehrer durchführen werde. Nun blieb dieses Jahr in "dieser Beziehung vollständig zurück. Jagdberg hat einen Wanderlehrer bezahlt, wenn auch nicht das ganze Jahr und der volkswirtschaftliche Ausschuß ist nun der Meinung, daß diesem Stickerkomitee von Jagdberg in anerkennender Weise für sein Bestreben im heurigen Jahre 400 K bewilligt werden sollen. In der Eingabe des Vorarlberger Stickerbundes, welche ebenfalls in Verhandlung stand, ist das Ansuchen gestellt, es möge die Regierung und auch das Land durch Subventionierungen eine größere Aufmerksamkeit dem Nachstickunterricht widmen. Die Nachstickerei liegt etwas im argen und bei uns wird sie bei weitem nicht so gepflegt, wie in gleichartigen Schulen in der Schweiz. Auch der Besuch ist in der Schweiz in allen Schulen viel lebhafter und man sieht, daß die Schweizer dem Nachsticken eine größere Aufmerksamkeit widmen, als wie es bei uns der Fall ist- Es ergibt sich daraus, daß in der Schweiz eine größere Anzahl von Mädchen oder Frauen sich finden, die sich entschlossen haben, in diesem Zweige sich gut auszubilden, weil sie offenbar wissen, daß sie auf einen guten Taglohn bei dieser Nachstickerei kommen werden. Dies wäre bei uns gewiß auch der Fall, wenn bei uns ein stärkeres Interesse für die Nachstickerei wachgerufen und dieser Zweig Mehr gefördert würde, weil er ein wesentlicher Bestandteil unserer Stickereiindustrie ist. Es ist eine Tatsache und man macht immer die Erfahrung, daß manche Stickette und Retourware nur deshalb schlecht qualifiziert ist, weil die Nachstickerei in ungenügender Form durchgeführt wird. Es mag das, was der volkswirtschaftliche Ausschuß beantragt, eine Anregung zum Ganzen sein. Vorläufig sollen wir daher trachten, daß Weitere Wanderlehrer innen für das Nachsticken bestellt werden, und ich drücke dann freilich auch den Wunsch aus, daß es möglich werde, daß eine oder die andere von unseren tüchtigen Nachstickerinnen m der Schweiz längere Zeit die Methode und die Technik des Nachstickens lernte, um hier im Lande andere ausbilden zu können. Ferner macht der Bericht auch aufmerksam aus einen Industriezweig, der schließlich auch zur Stickerei gehört, es ist unsere Kettenstichstickerei. Es war einmal ein sehr lebhaft betriebener Industriezweig, der besonders immer in Tälern und auf den Bergen ein ziemlich gutes Einkommen und reichliche Arbeit bot. Es gab eine Zeit, wo Vorarlberg ein bekanntes Gebiet für diesen Industriezweig war und auf dem großen Weltmärkte und in St. Gallen selbst ein bedeutendes Wort mitsprechen konnte. Nun hat sich aber im Laufe der Zelt dieser Industriezweig abgeflaut. Ursache war der niedrige Lohn und der Mangel einer Organisation dieser Arbeit. Und vielleicht kam noch dazu, daß andere Länder in der Zeit sich dieser Industrie widmeten und darauf Ausgaben nicht scheuten. Ich will nur darauf hinweisen, daß in Südtirol ein lebhaftes Bestreben besteht, diesen Industriezweig, der gerade für ein Land wie Vorarlberg sich außerordentlich eignet, neben der landwirtschaftlichen Betriebsform, wie sie bei uns eingeführt ist, noch Verdienste und Geld zu schaffen, zu fördern. Es ist eine bekannte Tatsache, daß infolge der Konkurrenz, die immer stärker und stärker auftritt, heute bereits Arbeiten, die früher ständig nach Vorarlberg kamen, nicht hieher vergeben werden, sondern in das Konkurrenzgebiet abfließen. Nun ist der volkswirtschaftliche Ausschuß nicht in der Lage, etwa heute schon feste Vorschläge zu machen, in welcher Weise diese Interessen gepflegt werden sollten. Es gibt verschiedene Mittel, die empfohlen werden können: besonders die weitere Ausbildung der Kettenstichstickerinnen, die in früherer Zeit doch auf ein verhältnismäßig enges Gebiet qualifizierter Arbeit eingeschränkt waren. Seither hat sich aber die Nachfrage nach Artikeln, die doch wieder besondere Kenntnis verlangen, vermehrt. Es ist ja auch Tatsache, daß 4 11. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. in einzelnen Teilen unseres Landes früher Arbeiterinnen waren, die außerordentlich feine Handarbeit leisten konnten, die an die feinste Kunststickereiarbeit herankam, während diese heutzutage immer seltener zu finden sind, so daß man z. B. in Stickerkreisen klagt, daß man keine Arbeiterinnen mehr im Lande finde, die imstande seien, ein Loch in einem wertvollen Stoffe so zu verweben, daß man es nicht mehr merke. Es sei früher in diesem Industriezweige eine größere Anzahl von wirklich fähigen Arbeitskräften genesen, während es heute schwer sei, solche Kräfte zu finden, obwohl Industriekreise erklären, daß ein reichlicher Tagesverdienst aus einer solchen Fähigkeit und Kenntnis sich ergeben würde. Es ist auch eine Klage laut geworden, daß durch das Abflauen des Marktes und schlechten Lohn auch eine größere Gleichgültigkeit in bezug auf die Behandlung der Maschinen eingerissen hat. Dieses ist genau so, wie in der Stickereifrage, wo die Monteure zur Korrektur der Maschinen für viele Stickereien Lebensfrage sind. Auch auf diesem Gebiete wäre es notwendig, den zu unterstützen, der die Maschinen von diesen Kettenstickerinnen einmal montieren und korrigieren würde. Der volkswirtschaftliche Ausschuß ging nicht etwa daran, jetzt schon zu unterscheiden, welches von diesen verschiedenen Mitteln geeignet erscheint, sondern er schlägt vor, der Unterrichtsverwaltung für diesen Zweck, nämlich zUr Hebung der Kettenstichstickerei 500 K zur Verfügung zu stellen als Vorarbeit, um einmal festzustellen, wie hier die Situation der Kettenstichstickerei im Lande sei Und welche Mittel geeignet wären, um deren Hebung herbeizuführen; der Landesausschuß wird daher ermächtigt, einen Beitrag von 500 K fürs nächste Jahr auszugeben. Damit hätte ich die Frage erledigt, welche Beiträge alle das Land im nächsten Jahre, dem Stickereiwanderunterrichte widmet. Der Antrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses schließt mit dem Satze: Der Landesausschuß wird beauftragt, mit der Regierung unverzüglich in Verhandlungen zu treten zur Vermehrung der Wanderlehrer und zur zweckmäßigen Ausgestaltung des Wanderunterrichtes. Ich habe heute noch die Hoffnung, daß es vielleicht möglich wird, bereits nächstes Jahr die gewünschte Anzahl der 8 Wanderlehrer zu erzielen - es wären 5 mehr -, ferner, daß der Landesausschuß in diesem Falle 2000 K mehr bezahle zu diesen 7000, die auf alle Fälle ausgegeben werden; dies wären 9000 K. Es hat bereits die Handelskammer beschlossen, den bisherigen Beitrag auf 2500 K zu erhöhen. Wenn nun diese 1500 K mehr gegeben würden zur Vervollkommnung des Wanderunterrichtes in einem Ausmaße, wie es letztes Jahr noch nicht gedacht war, und wenn man von der Regierung die 3500 K für zwei weitere Wanderlehrer erhalten würde, - es wäre vielleicht doch möglich, daß innerhalb des bereits abgeschlossenen Budgets die Summe aufgebracht würde - so könnte vielleicht erzielt werden, daß mit 1. Jänner nächsten Jahres, so, wie es gedacht ist, die Kreise wirklich besetzt werden könnten, wodurch tatsächlich der Vorarlberger Stickerei etwas Bedeutendes in ihrer weiteren Entwicklung geboten würde. Von diesem Standpunkte aus empfehle ich die Anträge des volkswirtschaftlichen Ausschusses, die allerdings für das Landesbudget eine bedeutende Mehrbelastung bedeuten. Schließlich ist es immerhin ein reichlicher Lohn und das nicht zu klein, was damit erstrebt und erzielt werden soll. Ich bitte, noch zur Kenntnis zu nehmen, daß eine kleine Korrektur der Anträge über Beschluß des volkswirtschaftlichen Ausschusses notwendig ist; bisher gab diese Beiträge die Unterrichtsverwaltung und in der jahrelangen Gewohnheit haben wir vergessen, daß seither dieses Ressort übergegangen ist von der Unterrichtsverwaltung zum Ministerium für öffentliche Arbeiten. Es wäre also beim Antrage 1 statt Unterrichtsverwaltung zu sagen Ministerium für öffentliche Arbeiten und das gleiche gilt im Antrage 3, der nun lauter: Der Landesausschuß wird ermächtigt, für eine 3. Nachsticklehrerin dem k. k. Ministerium für öffentliche Arbeiten jährlich 500 K auszubezahlen. Wir können im 4. Antrage füglich die Adresse auslassen und der Antrag 4 würde, da es zweifelhaft ist, ob die Regierung selbst ihre Aktion zugunsten der Kettenstichstickerei beginnen wird, da 11. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. 5 sie ja nächstes Jahr zur Ausgestaltung des Wanderunterrichtes ohnehin genug beschäftigt ist, es dem Landesausschusse ermöglichen, aus eigener Initiative zur Hebung der Kettenstickerei 500 K zu verwenden. Es empfiehlt der volkswirtschaftliche Ausschuß die Anträge: Der hohe Landtag wolle beschließen: "1. Dem f. k. Ministerium für öffentliche Arbeiten wird für die Dauer der gegenwärtigen Landtagsperiode ein jährlicher Beitrag von K 4000"- zur Förderung des Stickereiwanderunterrichtes wie bisher zur Verfügung gestellt. 2. Der Landesausschuß wird ermächtigt, für die Dauer der Landtagsperiode für den vierten und jeden weiteren Wanderlehrer jährlich K 1000'- zu bezahlen. 3. Der Landesausschuß wird ermächtigt, für eine dritte Nachsticklehrerin dem k. k. Ministerium für öffentliche Arbeiten. jährlich K 500'- auszubezahlen. 4. Der Landesausschuß wird ermächtigt, zur Hebung der Kettenstichstickerei K 500 - zur Verfügung zu stellen. 5. Der Stickereigenossenschaft Lustenau wird zur Bestreitung für die Ausgaben der zwei Wanderlehrer für das Jahr 1910 ein Beitrag von K 2000- bewilligt. 6. Dem Kreisfachlehrer - Komitee Jagdberg wird für das Jahr 1910 ein Beitrag von K 400'- bewilligt. 7. Der Landesausschuß wird beauftragt, mit der Regierung unverzüglich in Verhandlung zu treten zwecks Vermehrung der Wanderlehrer und zweckmäßiger Ausgestaltung des Wanderunterrichtes." Dies sind die 7 Anträge, ich habe sie alle meritorisch ausführlich behandelt und kann von einer weiteren Verlesung vielleicht absehen. Landeshauptmann: Ich eröffne über sämtliche Anträge die Debatte und erteile das Wort dem Herrn Abgeordneten Amann, welcher sich zuerst gemeldet hat. Amann: Hohes Haus! Wie Sie, meine Herrn, aus den vorliegenden Berichten entnehmen können, soll der Wanderunterricht in Zukunft auf bessere Basis gestellt werden. Es ist das eine neue Idee, welche durchgeführt werden und zu deren Durchführung auch das Land seinerseits sein Scherflein beitragen soll. Wenn das Land schon bisher in so bereitwilliger Weise für die weitere Ausbildung unserer Sticker durch die Unterstützung der Fachschule und speziell des Wanderunterrichtes sorgte, so steht es dem Lande ganz besonders gut an, für diese Neugestaltung des Wanderunterrichtes seinerseits nach Kräften beizutragen. Man könnte nun allerdings sagen, es müsse sich erst zeigen, wie sich der neue Grundsatz der Einteilung des Landes in Kreise und die Bestellung von Wanderlehrern für diese einzelnen Kreise bewähren wird. Allein, wenn wir je einmal sagen konnten, daß eine neue Idee prosperiere, daß sie geeignet ist, die in sie gesetzten Hoffnungen zu rechtfertigen, so ist es diese, welche die Bestellung von Kreiswanderlehrern ins Auge faßte. Die Verhältnisse der letzten 2 Jahre mit ihren Schwankungen im Geschäftsleben lassen die Notwendigkeit einer tüchtigen Ausbildung unserer Sticker immer dringender erscheinen. Jene Sticker, welche wirklich gute und feine Ware liefern können, bleiben von den Lohnschwankungen beinahe verschont; denn selbst zu den schlechtesten Zeiten wird feine Ware eifrig begehrt. Als Fachmann in der Stickereiindustrie muß ich erklären, daß immer noch viel zu wenig intensiv die Ausbildung gepflegt wird, welche Tatsache mir alle Interessenten bestätigen werden. Gerade die Kreiseinteilung wird nun zu einer intensiveren Ausbildung ganz wesentlich beitragen. Dadurch, daß jeder Wanderlehrer einen genau abgegrenzten Bezirk als Feld seiner Tätigkeit zugeteilt erhält, lernt er im Lause einiger Jahre so ziemlich alle Sticker seines Bezirkes kennen, es entwickelt sich ein gegenseitiger, persönlicher Kontakt, welcher sich von Jahr zu Jahr inniger gestaltet. Der Wanderlehrer kennt auch ihre Maschinen, ihre Vorzüge und Nachteile, sein 6 11. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. fachmännischer Rat wird auch bei allen wichtigeren Fragen, welche sich auch auf die Maschinen beziehen, eingeholt und befolgt werden. Es ist schon auf den ersten Blick klar, daß diese genaue Personen- und Sachkenntnis für die Hebung der Stickerei überaus förderlich ist. - Dazu kommt dann noch ein anderer, nicht weniger bedeutsamer Umstand. Der Wanderlehrer ist gewissermaßen für seinen Kreis, respektive für die ihm unterstellten Stecker verantwortlich. Infolgedessen wird sich jeder bestreben, die Qualität der Sticker seines Kreises intensiv zu heben, jeder wird sich bestreben, im Laufe weniger Jahre den besten Kreis im Lande zu haben, ein edler Wettstreit, der gewiß nur dem allgemeinen Besten dient. Schon die nächste Landes-Stickerei-Ausstellung, auf welch! die einzelnen Kreise gruppiert erscheinen, dürste ein ganz interessantes Bild dieses edlen Wettstreites der einzelnen Kreise und ihrer Wanderlehrer uns bieten. Nach meiner Anschauung wäre es wünschenswert, wenn die maßgebenden Faktoren möglichst bald an tue Verwirklichung einer 2. Landes-Stickereiausstellung denken würden. Die Regierung ist, wie aus dem Berichte hervorgeht, ihrerseits bereit, aus die Idee der Kreis-Wanderlehrer einzugehen, da auch ihre Vertreter einsehen und erkennen, welchen Wert es hat, wenn jeder Bezirk seinen eigenen Kursleiter besitzt. Im letzten Antrage des volkswirtschaftlichen Ausschusses wird der Landesausschuß beauftragt, wie der Herr Referent mit besonderer Betonung hervorhob, unverzüglich mit der Regierung in diesbezügliche Unterhandlungen zu treten. Ich meinerseits möchte hieran die Bitte knüpfen, daß dieses gleich nach Schluß des Landtages geschehen möge, um so die Möglichkeit zu schaffen, daß am Beginne des Jahres 1911, wie der Herr Referent betont hat, die Kreiswanderlehrer allenthalben ihre Tätigkeit aufnehmen können. Wenn schon die Regierung den oben gezeichneten Standpunkt einnimmt, so dürfen wir Landesvertreter uns der Zweckmäßigkeit dieser Neugestaltung nicht verschließen. Unsere Vorarlberger Stickereiindustrie ringt nach Selbständigkeit auf dem Weltmärkte, sie will in den großen Konkurrenzkampf eintreten oder vielmehr, sie ist schon eingetreten. Jedermann, welcher die Verhältnisse auf dem Stickereimarkte nur einigermaßen kennt, wird mir beistimmen, wenn ich sage, wir können nur dann neue Absatzgebiete für uns gewinnen und dauernd erhalten, wenn unsere Sticker sich bestreben, nur tadellose Ware zu liefern. (Zwischenruf: "Sehr richtig!") Sämtliche vorliegende Anträge sind in Wahrheit geeignet, die Ausgestaltung unserer Stickerei, vor allem aber deren innere Hebung ganz wesentlich zu fördern. Ich darf wohl die Erwartung aussprechen, daß die vorliegenden Anträge einstimmig zum Beschlusse erhoben werden. Aus dieser Einstimmigkeit des Landtages wird die Regierung ersehen, welche Bedeutung wir alle diesem Zweige der Volkswirtschaft beimessen. Ich empfehle deshalb nochmals die vorliegenden Anträge dem hohen Hause zur Annahme. Landeshauptmann: Wenn niemand mehr sich zum Worte meldet, - ist die Debatte geschlossen. Hat der Herr Berichterstatter noch etwas beizufügen? Dr. Drexel: Nein. Landeshauptmann: Tann können wir zur Abstimmung schreiten und zwar über die vom Berichterstatter vorgenommene Textierung. Ich weiß nicht, wird der Wunsch ausgedrückt, daß jeder Antrag separat zur Abstimmung kommt oder ist das hohe Haus damit einverstanden, daß ich sämtliche sieben Anträge unter einem zur Abstimmung bringe. Es wird keine Einwendung erhoben gegen letzteres. Somit ersuche ich jene Herrn, welche den sieben Anträgen des volkswirtschaftlichen Ausschusses die Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Der nächste Punkt unserer Tagesordnung ist der Bericht des landwirtschaftlichen Ausschusses über die Eingabe des Vorarlberger Landwirtschaftsvereines wegen Gewährung einer Anzahl Subventionen für verschiedene landwirtschaftliche Zwecke. Berichterstatter ist der Herr Abgeordnete Dekan Fink. Ich ersuche ihn, das Wort zu nehmen. 111 Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. 7 Dekan Fink: Soll ich den Bericht zur Verlesung bringen? Landeshauptmann: Ich glaube, da der Bericht erst kurze Zeit verbreitet ist, dürfte es sich empfehlen, den Bericht zur Verlesung zu bringen. Dekan Fink: (Liest Bericht und Anträge aus Beilage 49 und bemerkt bei Punkt 1): Es scheint hier ein Druckfehler unterlaufen zu sein. Es muß heißen "im" Regiekonto statt "ein" Regiekonto. Hohes Haus! Was das Zahlenmaterial anbelangt, dürste das Notwendige im Berichte enthalten sein. Ich erlaube mir nur noch, einige Worte über die Bedeutung des Landwirtschaftsvereines im allgemeinen beizufügen. Der Landwirtschaftsverein hat sich die Aufgabe gestellt, die Landwirtschaft in unserem Lande zu heben. Wenn heutzutage ein Bauer sich dem Fortschritte ganz verschließt und nur nach hergebrachten alten Schablonen wirtschaftet, wird er aus seiner Wirtschaft nicht jenen Ertrag haben, welchen er haben könnte. Andererseits muß auch zugegeben werden, daß ein Bauer, der, ich möchte sagen, unüberlegt und ohne Prüfung dem Fortschritte huldigt und alles jenes, was in den Zeitungen als Errungenschaft angepriesen wird, befolgt, auch nicht rentabel wirtschaften kann und eine Enttäuschung nach der anderen erlebt. Der Landwirtschaftsverein hat sich nun die Aufgabe gestellt, diese Errungenschaften einzeln in fachmännischer Weise zu prüfen, und zwar nach zweifacher Richtung hin. Erstens einmal zu prüfen, ob es wirklich Errungenschaften sind, und! zweitens, -ob diese Errungenschaften und diese Neuerungen für die Verhältnisse speziell unseres Landes passen. Wenn dann diese Prüfungen ein günstiges Resultat ergeben haben, ist der Verein bemüht, durch Belehrungen und Vortrüge, die Landwirtschaft über diese Errungenschaften aufzuklären und dieselbe dazu zu bewegen, diese Errungenschaften sich zu Nutzen zu machen. Ganz besonders hat der Landwirtschaftsverein sich bemüht, die Viehzucht unseres Landes zu heben und es geschieht das in mehrfacher Weise. Zunächst hat der Landwirtschaftsverein ein gewisses Normale zur Beurteilung des Viehes aufgestellt mit dem Zwecke, eine einheitliche Rasse für unser Land zu schaffen. Für die Aufstellung dieses Normales war vor allem maßgebend die Absicht, daß unser Vieh in den Absatzgebieten, nach welchen wir dasselbe verkaufen, möglichst hohe Preise erziele und daß auch das Rindvieh erträglicher werde in seiner Milchproduktion. Dann hat der Landwirtschaftsverein ferner auch die Viehzüchter zu ermuntern gesucht durch Prämien, die denselben gewährt werden. Es weiß ein jeder Bauer, wie oft er in seinen Hoffnungen enttäuscht ist und damit die Viehzüchter nicht den Mut verlieren, hat der Landwirtschaftsverein diese Prämien ausgesetzt. Es kann natürlich der Landwirtschaftsverein nicht jedem einzelnen Bauer unter die Arme greifen durch Subventionen, das wäre nicht möglich, da die Mittel dazu fehlen, und es wäre auch aus anderen Ursachen nicht angezeigt, da der Verein nur dafür zu sorgen hat, daß jeder, der guten Willens und strebsam ist, seine Wirtschaft zu heben vermag. Nun zur Alpenwirtschaft werden bedeutende Subventionen auch an Private ausgegeben und ich meine, daß gerade diese Subventionen sehr angezeigt sind und einen guten Erfolg haben werden, weil auf unseren Alpen noch viel verbessert werden kann. Die heimatlichen Gründe werden in fast ganz Vorarlberg sehr intensiv, die Alpen aber mehr extensiv bewirtschaftet; es ist also die Alpenverbesserung eine Sache, die sich ganz sicher lohnen wird. Zudem ist das Leben auf den Alpen viel billiger und gesunder für die Bauersleute selbst und wie notwendig die Alpenwirtschaft für unsere Viehzucht ist, weiß jeder, der Einsicht in diesem Gebiete hat, ohne Wetters. Es ist nun allerdings notwendig, daß der Verein bedeutende Mittel zur Verfügung hat, um diese Zwecke erreichen zu können. Ich glaube deswegen, dem hohen Hause die Annahme dieser Anträge empfehlen zu dürfen, und bin der Hoffnung, daß diese Beiträge dem Landwirtschaftsvereine einstimmig gewährt werden; sie werden gewiß reichliche Früchte bringen, an denen nicht bloß die bäuerliche Bevölkerung, sondern die ganze Bevölkerung unseres Landes partizipiert. Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Anträge des landwirtschaftlichen Ausschusses die Debatte. - 8 11. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. Ich erteile das Wort dem Herrn Abgeordneten Jodok Fink. Jodok Fink: Der Herr Berichterstatter hat dem hohen Hause mitgeteilt, daß aus dem Fonds, der im Lande aus Grund des Gesetzes vom 30. Dezember 1909, R. G. Bl. Nr. 222, besteht, nämlich aus jenem Fonds, der anläßlich der Handelsvertragsverhandlungen als sogenannte Kompensation für die Förderung der Viehzucht errichtet wurde, dem Lande Vorarlberg jährlich 32.927 07 K bis 1917 zufließen. Der Herr Berichterstatter hat weiter mitgeteilt, daß aus diesem Betrage jährlich der Betrag von 16.000 K zur Förderung der Viehzucht und Alpwirtschaft verwendet werden solle. Es beruht dies auf einer Abmachung zwischen dem Vorarlberger Landwirtschaftsvereine und dem Landesausschusse einerseits und dem k. k. Ackerbauministerium andererseits. Der Vorarlberger Landwirtschaftsverein und der Landesausschuß sind bei der Regierung vorstellig geworden, daß der restliche Betrag von 16.927 07 K zur Förderung der Rindviehversicherung für das Land Vorarlberg Verwendung finden solle. Ich glaube, wohl nicht des langen auseinandersetzen zu müssen, daß die Förderung der Rindviehversicherung beziehungsweise die Viehversicherung selbst für die Haltung von Vieh von großer Wichtigkeit ist und je mehr das Vieh im Werte steigt, von umso größerer Wichtigkeit ist die Viehversicherung und dies inbesondere in einem Lande, indem wir, ich darf wohl sagen, keinen Großgrundbesitz haben, sondern nur mittleren oder kleinen Grundbesitz. Und wenn nun ein so kleiner Viehhalter um ein Stück Vieh kommt, das er nicht versichert hat, so bedeute! dies einen großen Schlag im Haushalte des Kleinviehhalters. Daher hat der Landesausschuß und der Landwirtschaftsverein gemeint, daß dieser Viehversicherung in der Folge mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden solle. Ich möchte nur darauf hinweisen, daß diese Korporationen nicht der Anschauung sind, daß eine Landesviehversicherung gebildet werde etwa nach dem Muster von Niederösterreich, Tirol und anderer Länder, denn diese Landesviehversicherungen haben sich in den genannten Ländern, ich will nicht sagen, nicht bewährt, doch haben diese Viehversicherungen große Schwierigkeiten und es ist mehrfach Klage laut geworden, daß dann, wenn das Land mit als Vergüter für die Schadenfälle eintritt, daß dann die Schadenfälle häufiger werden, jedenfalls nicht weniger. Wir haben daher gemeint, die Sache sollte bei uns etwa nach der Richtung gemacht werden, daß der Landesausschuß den Auftrag bekomme, zunächst grundsätzliche Bestimmungen festzusetzen oder ein Normalstatut auszustellen, und zwar beides im Vereine mit der Statthalterei, welches als Normalien zu gelten hätte, für die Viehversicherungsvereine im Lande; es wären dies etwa Bestimmungen wie z. B. bezüglich der Einschätzung: Wenn die Einschätzung nach dem Verkehrswerte gemacht wird für die Versicherungen, daß dann die Vergütung bei einem Schadenfalle etwa 80 oder höchstens 85 % des Schätzungswertes sein dürste oder aber umgekehrt; es soll nicht der volle Verkehrswert bei der Einschätzung berücksichtigt werden, sondern etwa 80 % des Verkehrswertes; aber in diesem Falle soll bei den vorgekommenen Schäden die ganze Einschätzung berücksichtigt werden. Weiter wird es wohl notwendig sein, besondere Bestimmungen zu verlangen für dasjenige Vieh, das besonders beim Rauschbrande der Impfung unterzogen wird, und für das, das nicht geimpft wird, und sodann können noch andere grundsätzliche Bestimmungen in Betracht kommen, insbesondere auch die Frage, ob Schlacht- und Handelsvieh in die Versicherung einbezogen werden soll. Über diese Details glaubte der Landesausschuß, es sollen dann, wenn die Grundsätze angenommen werden, in einer Enquete verhandelt werden, wo die Interessenten, insbesondere Funktionäre von bisher im Lande bestehenden Viehversicherungsvereinen einvernommen werden. Der Landesausschuß hat gemeint bei den Besprechungen, es würde zweckmäßig sein, daß die Unterstützungen in der Weise gewährt würden, daß jedem Viehversicherungsvereine, sei es nun ein Landesviehversicherungs- oder ein Bezirksversicherungs- oder ein Lokalviehversicherungsverein, welcher seine Statuten und sein Gebaren nach diesen Grundsätzen, die her Landesausschuß im Vereine mit der k. k. Statthalterei aufstellt, eine Unterstützung gewährt werde, wenn er im betreffenden Jahre hohe Umlagsgebühren hat, so daß durch das Geld, das 11. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910 9 man da zur Verfügung hat, ein gewisser Riskenausgleich stattfinden soll. Also eine Art teilweise! Rückversicherung im kleinen Maße, jedoch immer nur so weit, als Geld zur Verfügung steht. Und wir werden den Antrag stellen, daß wir für die Jahre 1910 und 1911 einen Betrag in Aussicht nehmen möchten, der aus diesem Fonds heute noch erübrigt ist, und, wenn zu diesem auch das k. k. Ackerbauministerium seine Zustimmung gegeben hat, daß dieser zur Förderung der Viehversicherung verwendet wird. Ich glaube zwar schon, daß, wenn sich die Sache nach dieser Richtung gut bewährt, es später dazu kommen wird, daß bestimmt vom Lande noch Landesbeiträge hinzugewährt werden. Wir haben heute noch keine Erfahrung und dazu kommt noch die finanzielle Lage des Landes, so daß das Komitee nicht weitergehende Anträge stellen möchte. Ich möchte nur noch bemerken, daß wir uns nach der Richtung keiner Täuschung hingeben, daß die Viehversicherung an und für sich eine schwierige Sache ist, daß die verschiedensten Fälle uni Verhältnisse vorkommen. Aber ich glaube, man hat die Schwierigkeiten nicht, um ihnen auszuweichen, sondern um sie zu überwinden, und ich hoffe, daß, wenn das hohe Haus meinem Antrage zustimmt, der Ansang gemacht wird, die Viehversicherung des Landes zu verbilligen und zu fördern, insbesondere aber zu verallgemeinern. Die Viehversicherung hat deshalb einen sehr schweren Stand im Lande, weil ganz besonders wohlhabende und größere Viehbesitzer sich daran nicht beteiligen: und wenn es gelingen würde, dies allgemein zu machen, so würde die Sache leicht werden. Ich erlaube mir nun folgende Anträge zu stellen: Der hohe Landtag wolle beschließen: 1. Der Landesausschuß wird ermächtigt, zur Erleichterung und Förderung der Rindviehversicherung im Lande Vorarlberg aus den gemäß Reichsgesetz vom 30. Dezember 1909, R. G. Bl. Nr. 222, zur Verfügung stehenden Mitteln von K 32.927.07 einen Teilbetrag von je K 16.927.07 in den Jahren 1910 und 1911 zu verwenden. 2. Zu diesem Zwecke hat der Landesausschuß im Einvernehmen mit der Statthalterei grundsätzliche Bestimmungen, eventuell Normalstatuten für Viehversicherungsvereine im Lande Vorarlberg aufzustellen. 3. Insoweit die nach Zl. 1 zur Verfügung stehenden Mittel ausreichen, kann der Landesausschuß, jenen Viehversicherungsvereinen im Lande, deren Statuten und Gebarung den grundsätzlichen Bestimmungen oder Normalstatuten nach Zl. 2 entsprechen, Unterstützungen zur Herabsetzung der Umlagen in der Weise gewähren, daß dabei jene zunächst berücksichtigt werden, die im betreffenden Jahre aus dem Titel der Schadenvergütungen verhältnismäßig die größeren Umlagen haben. Würde dies dann noch nicht hinreichen, daß sie z. B. mit den vorhin erwähnten Prämien auskämen, so müßten immer noch die betreffenden Vereine eine Nachschußprämie auf sich-mehmen. Wir würden uns nicht weiter einlassen, als für den Betrag, den ich eben genannt habe. Landeshauptmann: Die vom Herrn Ab> geordneten Jodok Fink gestellten Anträge wären an und für sich als selbständige Anträge zu behandeln; sie hängen aber mit den anderen heute in Verhandlung gezogenen Gegenständen eng zusammen und ich glaube, es wird gewiß kein Einspruch erhoben werden, von irgendeiner Seite, wenn ich dieselben gleich bei dieser Debatte unter einem zur Verhandlung stelle und seinerzeit zur Abstimmung bringe. Wer wünscht weiter das Wort in der Debatte? Wenn niemand sich meldet, ist dieselbe geschlossen. Hat der Herr Berichterstatter noch etwas beizufügen? Barnabas Fink: Nein. Landeshauptmann: Nun können wir zur Abstimmung schreiten und zwar zunächst über die 10 11, Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. Anträge, welche der landwirtschaftliche Ausschnß dem hohen Hause gestellt hat und die verlesen worden sind, und zwar können wir wohl alle acht Anträge unter einem samt dem Zusatzantrage bezüglich eines Beitrages von 3000 K für Tierbeschau zur Abstimmung bringen. Ich ersuche jene Herren, die dem Berichte und den Anträgen, wie sie verlesen worden smv, ihre Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Nun kommen noch die Anträge, die der Herr Abgeordnete Jodok Fink gestellt hat und welche lauten: (Liest obige Anträge.) Ich ersuche jene Herren, die den Anträgen, wie sie verlesen worden sind, ebenfalls ihre Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Sie sind angenommen. Der Herr Abgeordnete Barnabas Fink wünscht das Wort; ich erteile ihm dasselbe. Barnabas Fink: Ich erlaube mir, darauf aufmerksam zu machen, daß über den letzten Antrag des landwirtschaftlichen Ausschusses nicht abgestimmt wurde. Landeshauptmann: Ich habe ausdrücklich erwähnt, daß ich alle 8 Anträge gemeinsam mit dem Antrage über die 3000 K für Tierbeschau zur Abstimmung bringen werde. Hiemit ist dieser Gegenstand erledigt. Wir kommen nun zum nächsten Punkt der Tagesordnung, das ist zum Bericht des landwirtschaftlichen Ausschusses über den Jahresbericht der LandeshypothekenBunt Ich ersuche den Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Nachbaur, Bericht und Antrag zu verlesen. Nachbaute: (Liest Bericht und Antrag aus Beilage 47.) Landeshauptmann: Wünscht jemand zu Bericht und Antrag das Wort zu nehmen? Wenn dies nicht der Fall ist, schreiten wir zur Abstimmung. Ich ersuche jene Herren, die dem Antrage, wie er verlesen worden ist, ihre Genehmigung erteilen wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Der nächste Punkt der Tagesordnung ist der Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über das Ansuchen der Stadtgemeinde Bregenz wegen Schaffung eines Landesgesetzes betreffend, die Einhebung eines Schlachthausbeitrages. Berichterstatter wäre über diesen Gegenstand Herr Abgeordneter Dr. Konzett. Derselbe ist heute gleichzeitig mit dem Herrn Abgeordneten Dietrich bei der Kommission in Angelegenheit der Gewinnung von elektrischer Kraft aus dem Spullersee für die Elektrisierung der Arlbergbahn, wo er namens der Stadtgemeinde Bludenz zu intervenieren hat. Bei dieser Gelegenheit hat er auch gleichzeitig mit dem Herrn Abgeordneten Dietrich, was ich bemerke, sich für die heutige Sitzung entschuldigt. Nachdem der Herr Berichterstatter nicht anwesend ist, ersuche ich den Obmann des Ausschusses, Herrn Abgeordneten Jodok Fink, den Bericht zu verlesen. Jodok Fink: Da im volkswirtschaftlichen Ausschusse dem Ansuchen der Stadtgemeinde voll und ganz und in jedem Punkte entsprochen wovon ist, darf ich vielleicht von der Verlesung des Berichtes absehen und möchte nur empfehlen, daß, wenn Sie nicht eine Generaldebatte verlangen, in die Behandlung des § 1 eingegangen werde. Landeshauptmann: Wenn das hohe Haus mit diesem vom Berichterstatter beantragten Vorgänge einverstanden ist, so wird. wenn niemand das Wort ergreift, in die Spezialdebatte eingegangen werden und ich ersuche vielleicht doch den ß 1 zu verlesen. Jodok Fink: (Liest § 1 aus Beilage 48 A.) Landeshauptmann: Wünscht jemand zum § 1 das Wort? Wenn es nicht der Fall ist, betrachte ich den § 1 als angenommen. 11. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. 11 Jodok Fink: (Liest § 2 aus Beilage 48 A.) Landeshauptmann: § 2 erkläre ich ebenfalls als angenommen. Jodok Fink: (Liest Titel und Eingang des Gesetzes aus Beilage 48 A.) Landeshauptmann: Wird gegen Titel und Eingang des Gesetzes eine Einwendung erhoben? Es ist nicht der Fall; somit nehme ich an, daß dieselben ihre Zustimmung gesunden haben. Jodok Fink: Ich beantrage die sofortige Vornahme der dritten Lesung. Landeshauptmann: Wird gegen diesen Antrag eine Einwendung erhoben? Wenn es nicht der Fall ist, so ersuche ich jene Herren, die dem Gesetzentwürfe, wie er aus den Beschlüssen der 2. Lesung hervorgegangen ist, auch in der 3. Lesung ihre Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Hiemit ist dieser Punkt erledigt. Wir kommen zum 5. Punkte der Tagesordnung: Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über die Eingabe der Aktiengesellschaft der Montafoner-Bahn wegen Erwirkung von Staats- und Landesbeiträgen zu den Wiederherstellungskosten der Bahn. Berichterstatter ist der Herr Abgeordnete Thurnher; ich ersuche denselben das Wort zu nehmen. Thurnher: Hoher Landtag! Der Bericht ist nur wenige Stunden in den Händen der Herren Abgeordneten; ich werde daher denselben verlesen. (Liest Bericht und Antrag aus Beilage 51.) In dem zur Mitteilung gelangten Berichte ist wohl die ganze Sachlage dargestellt und die Verhältnisse, die Sie ja kennen, geschildert, und ich kann mich daher vorläufig weiterer Ausführungen enthalten. Ich empfehle dem hohen Hause die Annahme des vom volkswirtschaftlichen Ausschusse gestellten Antrages. Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag die Debatte. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dekan Mayer. Aegidius Mayer: Hohes Haus! Die Hochwasserkatastrophe vom 15. und 16. Juni hat nicht bloß an zerstörten Straßen-, Brücken- und Uferschutzbauten, an Auen, Wiesengründen und Waldungen sowie an anderem Privateigentum aller Art einen nach vielen Millionen - in Montafon allein mit 8, 000.000 K - (das ist rund 1000 K per Kopf der Bevölkerung) berechneten Schaden verursacht, sondern bekanntlich auch die Bregenzerwald-Bahn und die Montafoner-Bahn und letztere sogar in einer großen Ausdehnung zerstört. Während erstere aus Staatskosten wieder hergestellt wurde und auch hergestellt werden mußte, war es zunächst Sache des Verwaltungsrates der Aktiengesellschaft der Montafoner-Bahn, als Privatbahn für die Wiederherstellung derselben Sorge zu tragen und die Mittel zu dieser Herstellung zu beschaffen. Diese Aktiengesellschaft, insoweit sie aus dem Stande Montafon und aus Privaten als Teilhabern besteht, ist heute ganz außer Stande, für die Geldmittel zur Wiederherstellung der Montafonerbahn allein aufzukommen und sieht sich daher genötigt an Staat und Land mit der Bitte um ausgiebigste Unterstützung heranzutreten. Der Stand Montafon besitzt allerdings ein Vermögen in ausgedehnten Waldungen, welche aber nur bei ganz rationeller, jedenfalls aber besserer Bewirtschaftung als bisher, für alle Zukunft den Haus- und Gutsbedarf aller Bezugsberechtigten decken und noch dazu das notwendige Bauholz liefern werden. An ein weiteres Erträgnis aus diesen Waldungen ist in absehbarer Zeit nicht zu denken. Der Stand Montafon wird sich also genötigt sehen, wie zum Bahnbau, so auch zu den Wiederherstellungsbauten die notwendigen Geldmittel sich auf dem Wege eines neuen Anlehens zu verschaffen. 12 11. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 10. Periode 1910. Der Stand Montafon aber besteht aus den Gemeinden des Tales ober des Gerichtsbezirkes Montafon, also jenen Gemeinden, die zum größeren Teile arm und, wie ja allgemein bekannt ist, zu jenen zählen, die im ganzen Lande von der Hochwasserkatastrophe rat Juni am härtesten betroffen wurden. Selbst die wohlhabendste Gemeinde des Tales oder Standes, d.e Gemeinde Schruns hat infolge des Straßenbaues, des Bahnbaues und der gesteigerten Gemeindebedürfnisse im laufenden Jahre ein Umlagserfordernis bis zu 400 % zu den direkten Staatssteuern. Die Folgen der Hochwasserkatastrophe, bezw. die Heilung der Schäden derselben und die Vorsorge, daß in Zukunft ein ähnliches Hochwasser nicht auch ähnliche Verheerungen anstellen kann, werden naturgemäß die Umlageerfordernisse noch steigern und auf Jahrzehnte hinaus die Steuerträger auf das empfindlichste drücken und viele von ihnen bis zur Unerschwinglichkeit belasten. Auch von bisher etwas kapitalskräftigeren Privataktionären ist heute nicht viel, vielleicht richtiger gar nichts zu erwarten. Ein Großteil von ihnen erleidet durch die Hochwasserkatastrophe teils durch unmittelbare Beschädigung an Grund und Boden, teils durch Verlust an bisherigen hypothekarsicheren Kapitalien eine bedeutende Einbuße an Vermögen. Es wird alle diese hart genug ankommen, zur Wiederherstellung und vollständigen Inbetriebsetzung der Bahn