19091007_lts011

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Letzte Änderung 03.07.2021, 11:28
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp10,lts1909,lt1909,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 11. Sitzung am 7. Oktober 1909 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 23 Abgeordnete. - Abwesend die Herren: Hochwst. Bischof Dr. Egger, Dr. Kinz und Dietrich. Regierungsvertreter: Herr k. k. Statthaltereirat Dr. Rudolf Graf von Meran. Beginn der Sitzung um 11 Uhr 6 Minuten nachmittags. Landeshauptmann: Ich erkläre die heutige Sitzung für eröffnet und ersuche um Verlesung des Protokolls der letzten Sitzung. (Sekretär verliest dasselbe.) Hat einer der Herren gegen die Fassung des Protokolls eine Einwendung zu machen? Es ist nicht der Fall. Somit betrachte ich dasselbe als genehmigt. Hohes Haus! Wie wir gestern den öffentlichen Blättern entnahmen, geruhte Seine k. u. k. Apostolische Majestät, unser allergnädigster Kaiser die erlauchte Gemahlin Seiner kaiserlichen Hoheit des Durchlauchtesten Herrn Erzherzog Thronfolgers in den Herzogstand mit dem Titel Hoheit zu erheben. Diese Kunde hat allerorten und nicht zum geringsten im kaisertreuen Lande Vorarlberg das freudigste Echo gefunden und ich gestatte mir an das hohe Haus das Ersuchen zu richten, mich zu ermächtigen, im telegraphischen Wege Seiner kaiserlichen Hoheit dem Durchlauchtigsten Erzherzog Thronfolger und Ihrer Hoheit Höchstdesselben Gemahlin die ehrfurchtsvollsten Glückwünsche der Landesvertretung zu entbieten. (Bei Beginn dieser Worte hat sich das hohe Haus erhoben.) Durch ihr Erheben von den Sitzen nehme ich an, daß Sie mir die Bewilligung dazu erteilt haben. Ich danke dafür. Der Herr Abgeordnete Dietrich hat sich für die heutige Sitzung wegen Berufsgeschäften entschuldigt. Wir kommen nun zur Tagesordnung. Auf derselben stehen zunächst fünf Berichte des volkswirtschaftlichen Ausschusses, welche sämtlich Stickereiangelegenheiten berühren. Ich möchte zunächst eine ganz allgemeine Besprechung über diese Angelegenheit dem hohen Hause ermöglichen, indem ich darüber eine allgemeine Debatte eröffne, worauf ich dann nach 2 11. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 10. Periode 1909. Durchführung derselben, auf die einzelnen fünf Punkte zurückkommen und den Herrn Berichterstatter ersuchen werde, detailliert über die einzelnen Gegenstände zu referieren. Ich erteile zunächst das Wort dem Herrn Berichterstatter, wenn er der allgemeinen Besprechung einige Bemerkungen voranschicken will. Dr. Drexel: Hohes Haus! Als Berichterstatter habe ich in der Generaldebatte über die Unterstützung der Stickerei im Lande durch den hohen Landtag wenig zu bemerken. Daß das Land die Stickerei kräftig unterstützt, mit Verständnis alle Bewegungen verfolgt, welche die Interessen aller unserer Sticker haben, ist lange genug bewiesen worden und ich müßte, wenn ich dieses Kapitel weiter ausführen wollte, lediglich Wiederholungen bringen, was mir zwecklos erscheint. Die Bemerkungen, die ich zu diesen gegenwärtigen Fragen machen muß, mache ich besser bei den einzelnen Punkten der Tagesordnung und ich kann daher darauf verzichten, mit weiteren Ausführungen die Generaldebatte einzuleiten. Landeshauptmann: Ich eröffne die Generalbesprechung über die fünf Gegenstände. Der Herr Abgeordnete Rüsch hat das Wort. Rüsch: Hohes Haus! Als Abgeordneter der Handels- und Gewerbekammer habe ich selbstverständlich ein sehr lebhaftes Interesse daran, auch die Interessen der Stickereiindustrie wahrzunehmen, welche anerkanntermaßen das bedeutendste Gewerbe ist, welches wir im Lande haben. Es ist mir deshalb außerordentlich leid, daß ich durch meine Krankheit und noch zuletzt durch dringende geschäftliche Angelegenheiten verhindert war, früher, als es tatsächlich der Fall war, an den Beratungen dieser hohen Körperschaft teilzunehmen, insbesondere, daß es nicht möglich war, an den Beratungen der vorberatenden Ausschüsse in dieser Angelegenheit teilnehmen zu können. Es geht aus dem vorliegenden Berichte hervor, daß der Punkt 2, nämlich das Ansuchen der Stadtgemeinde Dornbirn wenigstens nicht ganz wunschgemäß erledigt worden ist und auch Punkt 5 nicht, obwohl diese Sache, welche auch in der Handels- und Gewerbekammer in Feldkirch zur Sprache gekommen ist, dort eine allgemeine Zustimmung gefunden hat und mit besonderer Wärme hervorgehoben worden ist, daß gerade das gute Beispiel, welches die Interessenten des Jagdberges gegeben haben, in erster Linie es verdienen würde, daß sie auch vom Lande eine ausgiebige Berücksichtigung ihrer Wünsche haben sollten. Ich werde mir erlauben, bei der Spezialdebatte zu Punkt 2 wenigstens das Wort zu nehmen, und hoffe, daß sowohl bei Punkt 2, als auch bei Punkt 5 noch etwas weiteres getan werden kann. Landeshauptmann: Wer wünscht noch weiter das Wort? Ich erteile es dem Herrn Abgeordneten Amann. Amann: Hohes Haus! Als Mitglied des Schulausschusses der k. k. Stickereifachschule in Dornbirn kann ich die Beratungen der uns vorliegenden Anträge betreffend tue Subventionierung der Stickerei im Lande nicht vorübergehen lassen, ohne meinen Standpunkt zu den einzelnen Anträgen kurz zu präzisieren. Die Anträge des volkswirtschaftlichen Ausschusses einerseits betreffend Subventionierung der Stickereigenossenschaft Lustenau, andererseits des Verbandes Der Sticker- und Ferggergenossenschaft kann ich meinerseits, ohne wertere Worte zu verlieren, wärmstens befürworten. Gerade der Gedanke der Leitung des Verbandes der Stickerei- und Ferggergenossenschaft, Buchführungskurse einzuführen, muß als ein eminent praktischer bezeichnet werden, da eine tüchtige Ausbildung der Stickerei in dieser Hinsicht geeignet erscheint, so manche Konflikte zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im vorhinein zu beseitigen. Die Frage der Neuregulierung des Wanderunterrichtes, wie sie durch die Zentralstelle des Vorarlberger Stickerbundes und des Verbandes der Sticker- und Ferggergenossenschaften durch ein Gesuch an den k. k. Fachschulausschuß angeregt wurde, hat in letzter Zeit im Lande eine ziemlich rege Debatte zur Folge gehabt. Der Fachschulausschuß hat sich bekanntlich in seiner Sitzung vom 29. Dezember 1908 dahin ausgesprochen, 11. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 10. Periode 1909. 3 und zwar nach längerer und eingehender Debatte, es solle das bisherige System vorderhand beibebehalten, jedoch solle die t k. Regierung angegangen werden, 3 weitere Wanderlehrer zu bewilligen. Wenn die Regierung, so hat sich der Fachschulausschuß weiter geeinigt, diesem Ansuchen entspricht, so wäre der Ausschuß geneigt, unter Beiziehung kompetenter Faktoren, worunter das Land und die Fachorganisationen gemeint smd, eine Austeilung der Wanderlehrer in bestimmte Kreise, in welchen sie auch ihren Wohnsitz haben sollen, vorzunehmen. Ich bin der Anschauung, daß der Fachschulausschuß mit diesem seinem Beschlusse durchaus korrekt gehandelt und gezeigt hat, daß er die in der Eingabe dargelegten Gründe voll zu würdigen verstand. Nachdem ich mich im Fachschulausschusse ganz im Sinne des besprochenen Beschlusses ausgesprochen habe, brauche ich nicht des näheren zu begründen, daß ich bezüglich des Gesuches der Stickereiinteressenten des Jagdberges gleicher Anschauung bin wie der volkswirtschaftliche Ausschuß, und möchte meinerseits den hohen Landesausschuß dringend bitten, die seitens des Fachschulausschusses an die hohe Regierung gerichtete Eingabe um 3 weitere Wanderlehrer auch seinerseits kräftig zu unterstützen, und zwar sofort, damit die Regierung noch in diesem Jahre das Gesuch einer günstigen Erledigung zuführe. Ich zweifle nicht daran, daß alle meine sehr verehrten Herren Kollegen für die 4.000 K im Antrage des volkswirtschaftlichen Ausschusses stimmen werden, wie ich auch nicht zweifle, daß der Landtag im kommenden Jahre, wenn die 3 gewünschten Wanderlehrer bewilligt sind, für deren Dotierung in der bisher üblichen Weise sorgen wird. Im Berichte des volkswirtschaftlichen Ausschusses betreffend das Gesuch der Gemeinde Dornbirn um einen Beitrag zur Deckung der sachlichen Erfordernisse der k. k. Stickereifachschule finde ich den Wunsch ausgedrückt, es möchte der Unterricht an Schiffchenmaschinen nie unterbrochen werden. Nachdem so viele Anmeldungen von Schülern (es sind gegenwärtig 72) vorgemerkt sind, bin ich selbstverständlich mit der Anregung einverstanden. Ich möchte nur bemerken, daß der Fachschulausschuß auch seinerseits vor einiger Zeit im gleichen Sinne sich ausgesprochen hat und ich totlt meinerseits nicht ermangeln, die Angelegenheit im Fachschulausschnsse abermals zur Sprache zu bringen.. Daß die k. k. Regierung geneigt ist, ihrerseits die k. k. Fachschule entsprechend dem Aufschwünge der Stickerei auszugestalten, beweist der Umstand, daß seit letztem Montag eine dritte Schiffchenmaschine eingestellt worden ist. Ich kann den Herren die Versicherung geben, daß ich nicht ermangeln werde, im Fachschulausschusse nach dieser Richtung hin zu wirken. Erheben Sie, meine Herren! den vorliegenden Antrag einstimmig zum Beschlusse und sie beweisen dadurch, daß sie für die einheimische Stickereiindustrie, für ihre Wünsche und Bedürfnisse volles Verständnis haben. Landeshauptmann: Wer wünscht weiter in der allgemeinen Debatte das Wort zu ergreifen? Der Herr Abgeordnete Walter hat das Wort.' Walter: Hohes Haus! Die Sticker des Jagdberges haben um eine Subvention beim hohen Landtage angesucht zur Bestellung eines Fachlehrers für ihren Kreis. Dieses Gesuch ist auch einstens bei der Handels- und Gewerbekammer in Vorlage gebracht und dort befürwortet worden besonders wegen des guten Beispieles, das sie gegeben haben, indem sie für einen Wanderlehrer für 2/3 des Beitrages aus eigenen Kräften aufzukommen sich bereit erklärten. Nach den Auseinandersetzungen des vorliegenden Ausschußberichtes ist diese Einteilung nicht ganz günstig. Man beabsichtigt, wie es scheint, das Land Vorarlberg in 6 Kreise einzuteilen und da geht es nicht gut an, daß man diesen Jagdberger Stickern mit ihrem Gesuche entgegenkommt. Ich kann diese Sache natürlich nicht ändern, aber ich möchte dem Landesausschusse sehr empfehlen, auf die Absicht, drei weitere Fachlehrer zu erlangen, einzugehen und mit aller Kraft dahin zu wirken, daß es bald ermöglicht werde, dem Wunsche der betreffenden Stecker im Jagdberge zu entsprechen. Landeshauptmann: Wünscht noch jemand das Wort? - Wenn es nicht der Fall ist, ist die allgemeine Besprechung geschlossen. Ich erteile das Wort dem Herrn Berichterstatter entweder zum Schlußwort oder zur Eingehung in die Spezialberatung der einzelnen Berichte. 4 11. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 10. Periode 1909. Dr. Drexel: Hohes Haus! Was die geehrten Herren Vorredner in der Generaldebatte vorgebracht hüben, gehört wohl der Hauptsache nach in die Spezialdebatte hinein, weswegen ich es unterlasse, auf die einzelnen Anregungen detailliert zurückzukommen. Eine kleine Bemerkung muß ich zu den Ausführungen des Herrn Vertreters der Handels- und Gewerbekammer machen, der gleich anfangs angekündigt hat, daß er in Bezug auf zwei Berichte, die dem Gesuche der betreffenden Gesuchsteller nicht ganz entsprechen, andere, d. h. erweiterte Anträge einbringen werde und auch hoffe, es könnte vielleicht in diesen beiden Punkten noch eine schließliche Abänderung erfolgen. Ich muß hier gleich bemerken, daß die Handelskammer natürlich einen anderen Standpunkt hat als der Landtag. Das Empfehlen und das Befürworten und die wärmsten Sympathiekundgebungen kommen bei der Handelskammer viel billiger als beim Landtage. Man kann wohl sagen, wenn die Handelskammer in gleicher Weise wie der Landtag zu diesen Bestrebungen Beiträge leisten müßte, würde auch sie mehr mit Ziffern und Bleistift arbeiten und daraufkommen, daß man hie und da einmal ein derartiges Gesuch ablehnen müsse, besonders dann, wenn gewichtige Gründe vorliegen. Wenn aber der Vertreter der Handels- und Gewerbekammer heute die besondere Fürsorge, welche die Handels- und Gewerbekammer dem Stickereiwesen widmet, betont, so darf ich eine kleine Bemerkung machen: Dann empfehle ich dem Herrn der Handelskammer, wenn wieder einmal ein Sticker als Mitglied der Handelskammer gewählt wird, nicht mit allen möglichen Mitteln und, nach meiner Meinung, mit Umgehung des Gesetzes und falscher Auslegung desselben dahin zu arbeiten, diesen mit großer Mehrheit und mit starker Ziffer im Verhältnis zu den andern in die Kammer gewählten Mitgliedern wieder hinauszubringen. (Ölz: Sehr richtig!) Wir haben Heuer das erstemal in Stickerkreisen das Bestreben gehabt, in die Handelskammer selbst einen Sticker hineinzubringen. Nachdem dortselbst Fabrikanten und Fergger vertreten sind, wäre es vom allgemeinen Standpunkte aus zu begrüßen, wenn auch ein Sticker dort Stimmrecht härte und bei den Beratungen sich beteiligen könnte. Wir haben das erstemal kräftig eingegriffen und es ist ein Sticker mit 300 Stimmen mehr gegen alle anderen gewählt worden. Und eine Kleinigkeit, eine Bagatelle, aber auch etwas, was nach meiner Anschauung überhaupt im Gesetze nicht begründet ist, wurde benützt, um einfach schlechthin zu erklären: Der Mann ist nicht Kämmerrat; die Wahl ist ungültig. Ich darf bei dieser Gelegenheit auch darauf aufmerksam machen, daß es in ganz Europa sicherlich kein Wahlrecht gibt, das so rückständig, so einseitig, so hart und so ungerecht ist, wie das der Handels- und Gewerbekammer. (Beifall.) Während dieselben Herren doch sonst im allgemeinen das Bestreben hatten, auf diesem Gebiete nach außen hin von Fortschritt und Freiheit und dergleichen zu sprechen, so ist das Handelskammerwahlrecht derartig rückständig, daß ich, wenn ich eine Stunde dabei mitzureden hätte, dahin arbeiten würde, daß das Wahlrecht unserer heutigen Auffassung vom Wahlrechte entsprechend umgestaltet würde. Mit diesen kleinen Bemerkungen schließe ich meine Ausführungen in der Generaldebatte. Landeshauptmann: Ich ersuche nun den Herrn Berichterstatter, zunächst zum ersten Berichte überzugehen betreffend die Gewährung eines Landesbeitrages zu den Kosten des Wanderunterrichtes an der k.k. Stickereifachschule in Dornbirn. Dr. Drexel: Dieser jährliche Betrag von 4000 K hat - ich möchte fast sagen - eine Geschichte und es muß bei dieser Gelegenheit wieder betont werden, daß die 4000 K seit jeher, auch in ihren Anfängen als kleine Ziffer, dem Wanderunterrichte gewidmet worden sind. Die Statthalterei sucht nun, diesen Posten mit 4000 K als ständige Post aufzunehmen. Wenn ich den Antrag oder das Ersuchen der Statthalters nicht befürworten kann, in meinem Namen nicht und auch nicht tut Namen des Ausschusses, so geschieht dies nicht deswegen, um vielleicht dem Gedanken Raum zu geben, man könnte später einmal überhaupt nichts mehr geben, sondern es geschieht mit der Absicht, im Interesse der Sache, später noch mehr zu geben. 11. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 10. Periode 1909. 6 Der Wanderunterricht hat im Lande gewiß schon sehr viel Gutes gestiftet. (Rufe: Sehr richtig!) Er ist aber bei weitem nicht auf jener Höhe und Vollkommenheit, auf der er s tu konnte und es zeigen sich bei uns immer wieder Schwierigkeiten, mit welchen der Wanderunterricht zu kämpfen hat. Als Hauptschwierigkeit erweist ist sich die Tatsache, daß eine große Zahl von Kursen, die Monate, manchmal sogar Jahre vorher angemeldet sind, nicht erledigt werden kann. Dabei ergeben such kann Schwierigkeiten in der Abhaltung der früher angemeldeten Kurse, weil manche mal die Voraussetzung für diese Kurse eine geänderte ist. Ein Kurs, der mit 30 Teilnehmern der Fachschulleitung gegenüber angemeldet wurde, wird dann vielleicht nur von 50%, von der Hälfte dieser Angemeldeten besucht, weil sie augenblicklich nicht mehr in der Lage sind, einen Kurs zu besuchen, wie damals, als sie sich anmeldeten. Dabei gibt es vielleicht auch manchmal mit Verschulden der Fachschulleitung Verstöße, worüber dann Klagen kommen. Um aber an einem klassischen Beispiele die Situation zu beleuchten, gestatte ich mir, zwei Zuschriften der k. k. Fachschulleitung zu verlesen, welche einen deutlichen Blick auf die Situation des Wanderunterrichtes ermöglichen. In der Gemeinde Göfis sind zirka 100 Handsticker; unter diesen ist eine schöne Anzahl, die das aufrichtige Bestreben haben, sich auszubilden. Diese haben nun im April 1908 das Ersuchen gestellt, es möge bei ihnen ein Kurs abgehalten werden. Im Jahre 1908 wußten sie wohl, daß die Anmeldungen so stark sind, daß sie keinen solchen bekommen können. Als auch 1909 alles schwieg, wandten sie sich im Juni an die Fachschulleitung mit einer Anfrage. Darauf kam eine Karte, die lautet: "In Erledigung Ihrer Karte diene Ihnen zur Kenntnisnahme, daß der Wanderkurs in Göfis sobald wie möglich abgehalten wird, sehr wahrscheinlich im nächsten Monat". Die Sticker haben nun diese Mitteilung mit Befriedigung aufgenommen und haben sich schon präpariert in der Voraussicht, daß im nächsten Monate ein Kurs stattfindet. Als dann Juli, August und September vergingen, ohne daß sie vom Kurs etwas hörten, machte der Genossenschaftsvorsteher einen Besuch beim Vorsitzenden des Fachschulausschusses, Herrn Dr. Fußenegger dieser gab die Angelegenheit an die Fachschule weiter und am 27. September 1909 bekommt der Genossenschaftsvorstand folgende schriftliche Mitteilung: "Auf Ihr Ersuchen bei Herrn Dr. Fußenegger teile ich Ihnen folgendes mit: Der Kurs für Göfis wurde am 15. April 1908 tont damaligen Vorstände Mayer angemeldet und hier vorgemerkt. Nun sind aber (das ist nun das Bezeichnende zur Charakteristik der Situation; der Berichterstatters noch Kurse von November und Dezember 1907 vorgemerkt, welche, weil früher angemeldet, auch früher an die Reihe kommen. Also liegt die Schuld nicht bei der Fachschule, sondern an der späteren Anmeldung des Kurses. Übrigens (Berichterstatter: Das ist nun eilt Punkt, wo ich durchaus nicht einverstanden bin) sind die Wanderkurse ganz besonders für geübtere Sticker eingerichtet, nicht aber für Anfänger. Diese haben in der k k. Fachschule Gelegenheit, das Sticken gründlich zu lernen. Immerhin werde ich tue Abhaltung eines Kurses beschleunigen". Hochachtungsvollst J. J. Allenspach, k. k. Fachschulleiter. Was soll ich zu diesen beiden Zuschriften der Fachschulleitung bemerken? Ich konstatiere die Tatsache, daß zuviel Kurse angemeldet sind und daß diese gegenwärtig angestellten Wanderlehrer nicht annähernd in der Lage sind, den Wünschen und Bedürfnissen des Landes zu entsprechen! Wenn Ende September 1909 Kurse von November und Dezember 1907 noch nicht erledigt sind, so muß ich sagen, es ist ein lebhaftes Bedürfnis vorhanden, in dieser Beziehung einen Schritt weiter zu gehen. Dann fällt es mir aber doch auf, daß der Fachschulleiter im Juni 1909 schreibt: Hoffentlich ist im nächsten Monat Gelegenheit, einen Kurs zu halten - und Ende September: Vorläufig ist keine Aussicht vorhanden, weil noch Kurse zu erledigen sind, welche Ich Jahre früher angemeldet wurden. - Da muß notwendig etwas fehlen. Dabei ist die Bemerkung: "Die Kurse sind eigentlich für geübtere Sticker, nicht für Anfänger", eine Notiz, die die Gesuchsteller irritieren muß, weil sie nämlich kaum wissen, ob sie einen Kurs bekommen oder nicht. In Göfis handelt 6 11. Sitzung des Vorarlberger Landtages I. Session der 10. Periode 1909. es sich nicht um Anfänger in dem Sinne, daß die Leute erst sticken lernen, sondern es sind bereits Sticker, die von der Arbeit leben. Da darf die Kursleitung doch keinen Unterschied machen, ob es sich um solche handelt, die geübter, oder um solche, die weniger geübt sind. Man darf nicht einfachhin mit der Forderung kommen: Die Leute sollen an d:e Fachschule kommen und sich dort ausbilden! Gerade die weniger Geübten und diese in erster Linie benötigen den Wanderunterricht. . Die Tatsache der Überanmeldung, welche in den zwei Zuschriften, die ganz allgemein den Charakter des Wanderunterrichtes kennzeichnen, klar zutage tritt, kann nur dadurch geändert werden, daß man mehr Wanderlehrer bestellt. Da bin ich in diesem Falle in der Lage, das Projekt, gegen das eigentlich niemand etwas Ernsteres einzuwenden hat, auch dem hohen Landtage zu empfehlen als die Richtschnur, nach welcher Seite hin sich der Wanderunterricht entwickeln soll. Die beiden Gruppen von Stickern, die sich mit Stickereiinteressen mehr beschäftigen, der Stickerbund und der Genossenschaftsverband, haben in ernsten Beratungen an der Hand der Ausführungen, welche der Fachschulleiter und die Wanderlehrer als Kenner dieses ganzen Gebiet-s selbst boten, sich dahin ausgesprochen, es würde ein großer Vorteil darin liegen, wenn das jetzige System, nach welchem die Wanderlehrer ihren Wohnsitz in Dornbirn haben, ausgegeben und das System der Kreislehrer aufgenommen würde. Dieses System hat die Schweiz und in solchen Fragen sagt mir der Instinkt, daß der Schweizer, welcher die ältere Industrie, auch eine reichere Erfahrung hat und infolge der praktischen Art, wie er derartige Fragen ganz abseits vom bureaukratischen Geiste regelt, leichter Abänderungen macht, indem er irgendeinen Zustand provisorisch einführt und, wenn er sich nicht bewährt, aufgibt, um eine andere Form zu wählen. Die Schweizer haben heute ein festgefügtes System, bei welchem die im Lande zerstreuten Fachschulen mit ihren Lehrern und gleichzeitig die im Lande zerstreuten Lehrer mit festem Sitze die Unterlage bilden. Wir haben auch das Interessante, daß sie nach ihren Berichten im großen und ganzen den Bedürfnissen des Unterrichtes in den einzelnen Kreisen entsprechen können; und- nach meiner Anschauung gibt es da für uns nur die eine Lösung: Mehr Wanderlehrer! Wenn wir aber mehr haben, nicht die Festlegung des Wohnsitzes in Dornbirn, sondern zerstreut im Lande! Der Fachschulausschuß hat diese Eingabe, die ihm vorgelegt wurde mit der Bitte, der k. k. Regierung wohlwollend zu übermitteln, behandelt. Er hat einen Teil unseres Ansuchens und unserer Bestrebung aufgenommen und einen Teil, nach meiner Auffassung den prinzipiellen und wichtigen, abgelehnt. Er hat die Zahl von Wanderlehrer um drei erhöht. Es ist selbstverständlich, daß jeder Vorarlberger, der vor die Frage gestellt wird, sollen wir mehr Wanderlehrer hernehmen, sagt: Selbstverständlich mehr. In der Frage aber, ob das Kreislehrersystem gewählt werden soll oder ob es beim bisherigen Systeme bleiben soll, da erklärt der Fachschulausschuß einstimmig, es sei "das bisherige System" beizubehalten. Dabei bemerkt er aber doch und gibt auch zu, daß das Kreislehrersystem seine Vorteile hat, und sagt, es wären die drei neuen Wanderlehrer mit festem Sitze anzustellen. Also man nimmt ein Stück aus der Neuerung, die man für richtig hält, heraus, hält aber auch noch am alten System fest und darin liegt, glaube ich, eine Verzögerung oder Abschwächung der ganzen Aktion. Wenn wir drei neue Wanderlehrer bestellen und dieselben festen Sitz bekommen, so darf man jedem Wanderlehrer nur einen Kreis zuteilen, den er beherrschen kann. Tann werden wir mit drei Wanderlehrern mit festem Sitze nur einen Teil im Lande besorgen können. Augenblicklich werden dann die anderen Gebiete die Klage erheben, daß ihnen kein Kreislehrer zugewiesen werde; deshalb halte ich es im Interesse einer gesunden Entwicklung des Unterrichtes für notwendig, daß das ganze Land von Anfang an in Kreise eingeteilt werde; daß man nicht bloß einzelne größere Stickereigebiete herausnimmt und hier Kreislehrer festlegt, sondern daß das ganze Land aufgeteilt werde. Deshalb ist es notwendig, das bisherige System zu ändern und nicht bloß drei neue Wanderlehrer, sondern auch die drei, welche schon da sind, im Lande zu verteilen und gleichmäßig das Kreislehrersystem durchzuführen. Das sind die hauptsächlichsten Bemerkungen, die ich machen muß. Die Einteilung der Kreise wird vielleicht da und dort noch einige Debatten 11. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 10. Periode 1909. 7 wachrufen. Es werden selbstverständlich Orte, die gleichstehend sind, wünschen, einen Kreislehrer in die Mitte zu bekommen. Es ist im Berichte selbst gesagt, was die Eingabe an den Fachschulausschuß anbelangt, daß der Entwurf noch nicht die endgültige Festlegung bedeutet, sondern vor allem eine Anregung, welche als erste Anregung und als erstes Projekt auf einem verhältnismäßig schwierigen Gebiete, wo soviele Interessen dabei beteiligt sind und mitsprechen, genügt. Es ist nicht so einfach, eine Kreiseinteilung durchzuführen, die das erstemal schon das ganze Land befriedigt. Das wußten die Gesuchsteller, das müssen wir wissen und müssen die Sticker im Lande wissen, daß in dieser Frage das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Es tarnt sein, daß von einem anderen Gesichtspunkte aus eine günstigere Lösung der Kreisformierung möglich ist. Daß weniger als 6 Wanderlehrer das ganze Land besorgen können, scheint mir unmöglich. Zu den 5 Wanderlehrern, die hier mit festem Kreise vorgemerkt sind, käme als sechster der Wanderlehrer von Lustenau. Lustenau bildet heute schon für sich einen Kreis; deswegen war bei diesem Gesuche selbstverständlich von Lustenau nicht die Rede. Von diesem Standpunkte aus empfehle ich dem hohen Hause, daß wir die 4000 K der Unterrichtsverwaltung auch weiterhin zur Verfügung stellen; es sind das die Fahre 1909 und 1910; für 1910 deswegen, weil wir wissen, daß das System sofort doch nicht durchgeführt wird. Aber ich schließe mit dem lebhaften Wunsche, es möge möglich sein, daß die verschiedenen interessierten Meise zusammenwirken, den Wanderunterricht zu erweitern, und daß man sich in derartig kritischer Zeit, wie heute, wo bei der starken Vermehrung der Stickmaschine, bei der Einführung neuer Systeme (automatische Stickmaschine), bei den großen Gefahren, welche gerade für Vorarlberg nach dieser Seite hin vorliegen, mit noch größerer Kraft darauf verlegt, manchmal mit einer Art Suggestion wirkend, daß der Vorarlberger Sticker die persönliche Ausbildung als größte und wichtigste Aufgabe betrachtet. Wenn diese Erkenntnis in allen Meisen wach wird, wenn die Regierung und das Land die Mittel, die man braucht, ausbringen, dann werden auch die Sticker selbst sich in jenem Maße am Wanderunterrichte beteiligen, wie es in unserem Lande wünschenswert ist. Landeshauptmann: Ich eröffne über den ersten Bericht und Antrag die Debatte. Wenn sich niemand zum Worte meldet, schreite ich zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche dem Antrage, der lautet: (Liest Antrag aus Beilage 43) ihre Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Der zweite Bericht ist das Gesuch der Stadtgemeinde Dornbirn um einen erhöhten Beitrag zu den sachlichen Erfordernissen an der k. k. Stickereifachschule. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter, die Debatte einzuleiten. Dr. Drexel: Der Bericht bringt in der Einleitung ganz kurz die Ziffern, welche sagen, wie viel das Land Vorarlberg der Stadt Dornbirn zu den sachlichen Erfordernissen beitrug. Von 900 K im Jahre 1901 stieg der Beitrag hinauf bis zum heutigen Antrage von 2565 K. Die Stadt Dornbirn ersucht diesmal, wie früher, um 2/3 des Betrages. Wir waren im volkswirtschaftlichen Ausschusse der Meinung, daß das Land an und für sich genug tut, wenn es die Hälfte dieser Kosten übernimmt. Ich habe hier einige kleine Bemerkungen als Mitglied der Stadtvertretung zu machen. In der Stadtvertretung habe ich dagegen gesprochen, daß die Schule in Dornbirn vergrößert werde. Ich war damals der Meinung, es wäre bester gewesen, wenn man die Vergrößerung in einem anderen Teil des Landes, in ein anderes Gebiet verlegt hätte, wodurch wir dann an zwei Orten Schulen hätten, wenn auch nicht große; auch da wäre wieder derselbe Gedanke, welchen die Schweiz praktisch durchgeführt hat! Die Schweiz hat in unserer Nachbarschaft in 6 Orten bereits Stickereifachschulen verhältnismäßig nahe beieinander, in sehr einfacher, praktischer Art geleitet und durchgeführt, ohne komplizierten, großen Apparat in einer Form, die gewiß besser ist als bei uns. Nun aber machen wir die ganz betrübende Beobachtung, daß diese Vergrößerung der Schule, die erst vor einigen 8 11. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 10. Periode 1909. Jahren erfolgte, nicht jenen Erfolg gebracht hat, den wir erwarten mußten. Die Schiffchenmaschinen sind an Zahl zu klein, um den Bedürfnissen und Anmeldungen zu entsprechen. Um jedoch das Möglichste zu tun, hat man sogar zeitweilig den Versuch gemacht, mit drei Lehrlingen an einer Maschine vorwärts zu kommen. Dieses System und diese Art des Unterrichts mußte aus praktischen Gründen aufgegeben werden; aber es war ein beinahe verzweifelter Versuch, mit den wenigen Maschinen, die man hat, möglichst weit zu kommen. Gleichzeitig stehen zeitweilig im oberen Stock der Schule Handmaschinen leer. Es ist mir ganz neu, daß das Mitglied des Fachschulausschusses, Herr Abgeordneter Amann, heute den Gedanken bringt, es wären allenfalls Handmaschinen zu veräußern und dafür Schiffchenmaschinen zu kaufen. Dagegen wäre ich aber grundsätzlich. Man darf dem Übelstande, daß die Handmaschinen leer stehen, nicht dadurch entgegentreten, daß man sie verkauft, sondern man muß darüber nachdenken, wie es möglich wäre, für diese Handmaschinen Leute zu bekommen, die sich dabei ausbilden wollen. Es ist interessant, daß die Schweiz, welche genau dieselben Verhältnisse hat wie wir in Bezug auf Verdienst, Verbindung von Hausindustrie und Landwirtschaft, in ihrem Berichte vorn 1. Juli 1908 -- 1. Juli 1909 sagen konnte "obwohl die Schifflistickerei eine größere Anziehungskraft auszuüben scheint, waren unsere Handmaschinenschulen das ganze Jahr hindurch wieder wohl besetzt. Die Zahl der Meldung für die Handschulen ist mit 222 derjenigen des Vorjahres mit 171 wesentlich überlegen und übersteigt natürlich wieder bei weitem die per Jahr verfügbaren Plätze, die sich auf ca. 85-100 im Jahre belaufen." Also man sieht hier einen starken Andrang auch zu den Handmaschinen und sie sind das ganze Jahr voll besetzt. Es ist heute eine feststehende Tatsache, daß ein guter Teil der Überlegenheit der benachbarten Schweiz in Bezug auf Stickereiware dem Zustande zuzuschreiben ist, daß die Schweiz es verstanden hat, in kräftiger Weise den fachlichen Unterricht zu heben und zu pflegen und die Sticker dafür tatsächlich zu interessieren. So glaube ich, darf man auch heute bei uns nicht sagen, Maschinen weg, sondern die Maschinen, die da sind, müssen belegt werden. Es müssen die berufenen Kreise dafür eintreten, daß wirklich im Lande das Verständnis dafür kommt und deswegen würde ich es mir nicht einfallen lassen, zu sagen, man verzichtet auf den Bestand an Handmaschinen, sondern, wenn das Bedürfnis für Schiffte sich mehrt, müssen auch solche in größerer Zahl her. Ich will gleich bemerken, man soll den Gedanken dabei erwägen, eine zweite, wenn auch nicht große Schule, im Lande zu errichten. Dabei braucht man nicht einen Beamten der VII. oder VIII. Rangsklasse als Leiter hinzustellen. Man gehe einfach in die Schweiz und studiere dort die Fachschulen, die so einfach und so praktisch durchgeführt sind. Wir werden vielleicht daraufkommen, daß ein dauerndes Beisammensein von Hand- und Schiffchenmaschinen in der gleichen Schule sich nicht als praktisch erweist; die Schweizer haben die Trennung bereits durchgeführt; es wird in Vorarlberg dazu kommen, daß wir schließlich 2 Schulen haben, eine für Hand- und eine für Schiffchensticker. Dadurch, daß man die Schule zu heben und die Maschinen womöglich ständig in Dienst zu stellen sucht, die Ferienordnung anders gestaltet, könnte nach meiner Anschauung auch der Erfolg der Schule gehoben werden und die beiden Faktoren, die Stadtvertretung von Dornbirn und der Landtag hätten das Bewußtsein, daß die sachlichen Erfordernisse für die Schule, wenn sie auch hoch sind, so doch gut angebracht sind. Es leuchtet von selbst ein, daß eine Schule für Stickereiunterricht mit Maschinen an und für sich vom Standpunkte des Schülers aus keine Motivierung findet für zweimonatliche Ferien. Auch die Beurlaubung der Lehrer an den Schulen wird sich schließlich leicht gestalten lassen. Es wird möglich sein, dem Lehrer jenen Urlaub zu geben, den er unter anderen Verhältnissen hätte, wenn er irgendwo als Leiter eines Fabriksetablissements wäre. Daß aber über Ostern, Weihnachten, dann im Sommer zwei Monate der ganze Betrieb vollständig stille steht, müßte nicht sein und ich habe deshalb auch den Beschluß des Fachschulausschusses begrüßt, der sagt, es wird beschlossen, daß an einer Schifflimaschine auch in den Ferien Kurse erteilt werden können. Da bin ich der Meinung, daß ein Fachschulausschuß ein kräftigeres Wort findet als nur das 11. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 10. Periode 1909. 9 Wörtchen "können", denn können ist ein Hilfszeitwort, wo man auch anders kann, (Heiterkeit) man hätte ein kräftigeres Wort suchen sollen. Von diesem Standpunkte aus, glaube ich, ist es gerechtfertigt, wenn wir sagen, nachdem die Erfordernisse der Gemeinde Dornbirn bezüglich der Fachschule gesteigert sind, gehen auch wir mit unserem hinauf, bleiben aber bei unserem der seit Anfang bestanden hat, nämlich 50% des Ganzen und damit schließlich zum Antrage, welcher Antrag aus Beilage 44.) Beitrag Verteilungsmodus, käme ich lautet: (Liest Landeshauptmann: Ich eröffne die Debatte über diesen Bericht. Der Herr Abgeordnete Rüsch hat das Wort. Rüsch: Hohes Haus! Wenn ich mir zu diesem Berichte und den Ausführungen des sehr geehrten Herrn Vorredners einige Worte erlaube, so habe ich darum eigentlich nicht in erster Linie als Abgeordneter der Handels- und Gewerbekammer, sondern als Bürger von Dornbirn darum gebeten, als welcher mir selbst das Wohl und Wehe meiner Vaterstadt immer nahesteht. Ich bin leider kein Stickereifachmann, infolgedessen ist es mir vermöge meiner Kenntnisse nicht möglich, in alle jene Details einzugehen, was für und wider, zu Nutzen des einen oder anderen in der Stickerei spricht. Ich möchte hier nur einen allgemeinen Gesichtspunkt zur Sprache bringen. Ich glaube gerade speziell die Herren des Landesausschusses kennen am allerbesten die finanzielle Lage der Stadtgemeinde Dornbirn und wissen, daß dieselbe als eine ungünstige bezeichnet werden muß, daß sie jederzeit mit Schwierigkeiten zu kämpfen, ein außerordentliches Budget zu bewältigen hat und daß dieses Schulbudget selbstverständlich auch durch die Stickereifachschule mittangiert wird. Es wäre also aus Gemeindeinteressen in erster Linie zu wünschen, daß das Land der Stadt Dornbirn diesbezüglich beispringen würde. Es macht mir den Eindruck, als ob der Antrag, welcher vom volkswirtschaftlichen Ausschusse gestellt worden ist, eigentlich seine Begründung betritt finden würde, daß man mit der Führung der Schule nicht ganz einverstanden, respektive nicht vollkommen befriedigt ist und daß deshalb eigentlich nicht darauf eingegangen worden ist, dem Ansuchen der Stadtgemeinde Dornbirn Folge zu geben, welches dahingegangen wäre, daß von diesem Schulaufwande, welcher der Stadt zufällt, das Land % trage. Nun, meine Herren, glaube ich wohl darauf verweisen zu dürfen, daß eigentlich an diesem Umstände, daß das hohe Haus mit der Führung dieser Schule nicht ganz befriedigt ist, die Gemeinde Dornbirn als solche keine Schuld trägt. Für die Schule besteht ein eigener Ausschuß zur Verwaltung derselben. Es ist infolgedessen nicht die Schuld der Stadtgemeinde Dornbirn, daß etwas an der Schule besteht, welches eventuell den Interessen derselben nicht vollkommen entspricht. . Mit Rücksicht auf den Umstand und mit Rücksicht auf die von mir bereits vorhin erwähnte schwere finanzielle Lage der Stadt Dornbirn möchte ich doch an das Plenum die Bitte richten, in dieser Angelegenheit dem Ansuchen der Stadtgemeinde Dornbirn Folge zu geben, und ich erlaube mir deshalb die Bitte zu stellen, das Plenum wolle folgenden Antrag annehmen: "Der hohe Landtag wolle dem Ansuchen der Stadtgemeinde Dornbirn um Erhöhung des Beitrages aus Landesmitteln zu den Kosten der k. k. Stickereifachschule auf 2/3 der gesamten Kosten, die die Gemeinde zu tragen hat, seine Zustimmung erteilen." Landeshauptmann: Wer wünscht noch weiter in der Spezialberatung das Wort? Der Herr Abgeordnete Ölz hat dasselbe. Ölz: Der Herr Abgeordnete der Handels- und Gewerbekammer hat sich zunächst als steuerzahlender Dornbirner gefühlt. Ich war auch einmal eilt Dornbirner und man sagt, ich sei heute noch in der Form einer. Nun sonst bin ich ja jetzt so ein geduldeter Bregenzer. Es hat mich das sehr interessiert, daß aus diesem Munde, eines besseren Bürgers von Dornbirn, aus dem Munde eines Fabrikanten, aus dem Munde eines Freisinnigen, früher langjährigen Stadtvertreters, eine solche Klage kommt. Ich meine, diese Klage hätte unterbleiben können, wenn in Dornbirn nicht, wie soll ich sagen, nach einem Muster regiert worden wäre, wie man es an anderen Orten nicht nachmachen darf. Man hat in Dornbirn durch Jahrzehnte hindurch gesucht, ein Steuerwesen aufrecht zu erhalten, das 10 11. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 10. Periode 1909. absolut zu verwerfen ist, lediglich aus dem Grunde, um die liberale Majorität in der Gemeindevertretung zu erhalten. Ich habe einem Herrn in Dornbirn, der auch über das Steuerwesen geschimpft hat, einem Fabrikanten, gesagt, so machen sie da Wandel, sie sind schuld, daß es so ist, das geht denn doch nicht an, ein Steuerwesen zu haben, um politischer Parteizwecke willen. Wenn z. B. Leute, die große Besitzungen haben, keine Steuer bezahlen müssen, da sind die Herren der Majorität in Dornbirn, die 40 Jahre das Ruder in der Hand hoben, schuld, und hat das Land keine Verpflichtung, beizuspringen, um diese selbstverschuldete finanzielle Verlegenheit zu beheben. Es wäre auch kleinlich für diese reiche Stadt, wo die großen Millionäre zu Hause sind, wenn ihr das Land mit kleinen Beträgen unter die Arme greifen würde. Ich meine, die Herren sollen Ordnung machen und entsprechend Steuer zahlen und dann brauchen sie unsere Unterstützung nicht. Es ist auch völlig lächerlich, wenn jetzt ein Dornbirner kommt und sagt, man solle die Schule besonders unterstützen helfen. Die Dornbirner haben die Schule wollen, haben darnach gerufen und sich bereit erklärt, das und das zu tun. Sie sind für die Vergrößerung eingetreten, ohne uns zu fragen und sollen nun auch selbst mindestens die Hälfte zahlen. Ich wäre nach dem Gesagten entschieden für die Ablehnung des Antrages des Herrn Abgeordneten Rüsch. Landeshauptmann: Wer wünscht weiter das Wort? Wenn niemand mehr das Wort wünscht, so ist die Debatte geschlossen und ich erteile das Wort dem Herrn Berichterstatter. Dr. Drexel: Hohes Haus! Daß Dornbirn eine Fachschule hat, ist darin begründet, daß es in einem verhältnismäßig günstigen Punkte liegt, der 3, 4 größere Stickergemeinden miteinander als Zentrum verbindet. Daß man die Schule in Dornbirn vergrößert, das war nicht so begründet, auch nicht so zweckmäßig, daß aber die Gemeinde Dornbirn die erste Schule bekam, war berechtigt und im Interesse der Schule gelegen. Es war nicht mehr als billig, daß das Land einen Teil der sachlichen Erfordernisse übernimmt; es ist aber eine Auffassung des geehrten Herrn Abgeordneten der Handels- und Gewerbekammer, die er korrigiert oder korrigieren würde, wenn er mehrere Jahre Mitglied des hohen Hauses wäre. Es war immer Grundsatz, man gibt der Gemeinde Dornbirn die Hälfte und stieg von 900 K als Hälfte vom Jahre 1901 hinauf auf 2.100 K, als vor zwei Jahren die sachlichen Erfordernisse auf 4.200 K stiegen. Als heuer eine detaillierte Rechnung vorgelegt wurde, nach welcher die sachlichen Erfordernisse 5.130 K ausmachen, so hat der volkswirtschaftliche Ausschuß der Stadtgemeinde Dornbirn wohlwollend erklärt, wir sind trotz der erhöhten sachlichen Erfordernisse dafür, daß das Land an der Hälfte festhält. Wenn wir aber nicht auf % übergingen, so ist dies infolge der Rücksicht geschehen, die ein Landtag nehmen muß. Es können ähnliche Fälle öfter vorkommen und können sich wiederholen und da muß ein Landtag, als dessen hauptsächlichste Vorsorge der Landeshaushalt und die Finanzierung seines Landes und seiner Bedürfnisse gilt, suchen, sich eine gewisse feste Norm zu setzen und sich an dieselbe zu halten, auch dann, wenn er vielleicht manchmal denkt, man könnte etwas mehr geben, und muß, nur aus dem einen Grunde daran festhalten, um eine gewisse Gleichmäßigkeit im Geben und Beurteilen einzuhalten und durchzuführen. Wenn aus dem Berichte heraus gelesen wird, als wollte man der Gemeinde Dornbirn irgend welche Schuld beimessen, so ist dies nicht richtig und nicht berechtigt, sondern der Standpunkt des volkswirtschaftlichen Ausschusses ist damit begründet, daß derjenige, welcher zahlt und welcher gibt, auch das Recht hat beim Geben einen Wunsch und eine Meinungsäußerung aus-, zudrücken und da ist der natürlichste Wunsch wohl der, es möge das Geld, das das Land und die Gemeinde Dornbirn gibt, gut angewendet sein und das ist dann der Fall, wenn die Schule vollen Betrieb Hat, wenn möglichst viel gelernt wird und die Früchte der Schule im Lande möglichst große sind. Landeshauptmann: Ich schreite nun zur Abstimmung. Es liegt ein Antrag des Herrn Abgeordneten Rüsch vor. Da er als Abänderungsantrag zu betrachten ist, so ist derselbe zuerst zur Abstimmung zu bringen und ich, ersuche jene 11. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 10. Periode 1909. 11 Herren, welche diesem Antrage ihre Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Es ist die Minorität. Der Antrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses ist den Herren Abgeordneten bereits verlesen worden. Ich bringe denselben ebenfalls zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche dem Antrage des volkswirtschaftlichen Ausschusses ihre Zustimmung erteilen wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Damit ist dieser Gegenstand erledigt. Es kommt nun der 3. Punkt der Tagesordnung zur Verhandlung, nämlich der Bericht über die Eingabe der Stickereigenossenschaft Lustenau um Gewährung eines Beitrages zu den Kosten des Wanderunterrichtes dort selbst. Der Herr Berichterstatter hat das Wort. Dr. Drexel: Hohes Haus! Zum Berichte habe ich nicht viel zu bemerken. Die Einführung, daß die Gemeinde einen eigenen Fachlehrer hat, besteht schon seit mehreren Jahren und hat sich bewährt. 1200 K wurden früher gegeben, damit fand die Gemeinde Lustenau ihr Auskommen und so hat der Landtag allen Grund, einmütig das Gesuch zu erledigen. Ich stelle daher den Antrag: (Liest Antrag aus Beilage 45). Landeshauptmann: Ich eröffne über diesen Antrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses die Debatte. Wenn sich niemand zum Worte meldet, so schreite ich zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche dem Antrage des volkswirtschaftlichen Ausschusses, wie er ihnen verlesen worden ist, ihre Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Der 4. Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des Volkswirtschaftlichen Ausschusses über das Gesuch des Verbandes der Sticker- und Ferggergenossenschaften Vorarlbergs um einen Landesbeitrag. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter das Wort zu ergreifen. Dr. Drexel: Hohes Haus! Das Gesuch der Sticker- und Ferggergenossenschaften hat manche Ähnlichkeit mit dem vorhergehenden. Sie finden mit dem bisherigen Beitrage von 400 K ihr Auskommen. Der Verband erhält auch von anderer Seite, nämlich von der Regierung und der Handels- und Gewerbekammer u. s. w., Unterstützungen und hat mit diesen ihm zur Verfügung stehenden Geldern die bisherige Aufgabe, die er sich stellte, erfüllen können. Das nächste Jahr will er nach Bericht die Buchhaltung im Betriebe des Einzelstickers besonders pflegen, ein Gebiet, das sehr wichtig ist, dessen Vernachlässigung dem Sticker schon manchmal Schaden gebracht hat, daher ist der Antrag berechtiget: (Liest Antrag aus Beilage 46). Landeshauptmann: Wer wünscht zu diesem Berichte und Antrage das Wort? Wenn niemand, so schreite ich zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche dem Antrage des volkswirtschaftlichen Ausschusses, wie er soeben verlesen worden ist, ihre Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Der 5. Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über die Eingabe des Kreisfachlehrer-Komitees Jagdbergs um eine Subvention zur Bestellung eines Kreisfachlehrers. - Ich ersuche den Herrn Berichterstatter das Wort zu ergreifen. Dr. Drexel: Das Gesuch dieses Komitees in Jagdberg hat folgende Unterlagen, die ich, nachdem der Bericht noch nicht lange in den Händen der Herren Abgeordneten ist, doch etwas ausführlicher betonen möchte. Das Gebiet des Jagdberges hat in bezug auf das Unterrichtswesen, Wanderunterricht u. s. w. ähnliche Klagen wie ich sie z. B. von Göfis vorgelegt habe. Die bisherige Form des Wanderunterrichtes hat eine intensive Pflege der einzelnen Gebiete nicht erlaubt. Es ist im Meise dieser Stickergemeinden das Bestreben sehr lebhaft aufgetreten Und wurde von einzelnen auch besonders gefördert, es möge durch Bestellung eines eigenen Wanderlehrers diesem notwendigen Bedürfnisse entsprochen werden. Die 12 11. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 10. Periode 1909. große Schwierigkeit war selbstverständlich nur die Finanzierung eines derartigen Planes; sie ist nur dadurch möglich, daß alle Interessierten mittun. Dabei muß festgestellt werden, daß die Beträge, welche die Sticker selbst bezahlen, eine sehr schöne Summe ausmachen, so daß man sagen kann, aus den Ziffern, welche ein Teil des Gesuches bringt und nach welchem die Handsticker 5 K Pro Jahr, die Schifflesticker 20 K pro Jahr bezahlen, wird ersichtlich, daß guter Wille und Verständnis für die Sache vorhanden ist. Es müßte dann die Gemeinde Satteins eine freie Wohnung stellen, die auf einen Betrag von 800 K geschätzt ist, das Reich jährlich 1000 K, das Land jährlich 600 K, die Handelskammer 100 K; das gäbe zusammen pro Jahr 3200 K, was genügen würde, einen Wanderlehrer mit 3200 K Gehalt zu bestellen. Nun müßte man an und für; sich, jedes derartige Bestreben unterstützen und als mehrjähriger Berichterstatter in den verschiedenen Stickereigesuchen möchte ich persönlich nichts lieber tun, als dem Ausschusse sowohl wie dem hohen Hause empfehlen, wir wollen diese Bestrebungen unterstützen. Dagegen sind aber Bedenken sehr schwerwiegender Natur anzuführen, die teilweise gleichartig sind wie die Bedenken bei früheren Berichten, die dahin gehen, es muß der Landtag dahin trachten, daß er imstande ist, mit einer gewissen Gleichmäßigkeit die verschiedenen Stecker des Landes zu unterstützen und zu berücksichtigen. Heute besteht zwischen den beiden Summen, 1200 K für Lustenau und 4000 K für das Land volles Ebenmaß. Es sind ungefähr 5200 Maschinen im Lande, 5200 K werden alljährlich für den Wanderuntereicht ausgegeben und die Gemeinde Lustenau, die einen Beitrag von 1200 K erhält, hat ebensoviele Maschinen, nämlich gegen 1200 auf eigenem Gebiete. Es besteht also heute zwischen der Subventionierung des Wanderunterrichtes in Lustenau und der Subventionierung des Wanderunterrichtes in den