19031007_lts012

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Letzte Änderung 03.07.2021, 09:52
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp09,lts1902,lt1902,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 12. Sitzung am 7. Oktober 1903 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. -----------Gegenwärtig 22 Abgeordnete. - Abwesend die Herren: Hochwst. Bischof Dr. Zobl. und Marte. Regierungsvertreter: Herr k. k. Statthaltereirat Levin Graf Schaffgotsch. - Beginn der Sitzung 10 Uhr 12 Minuten vormittags. Landeshauptmann: Ich erkläre die heutige Sitzung für eröffnet und ersuche um die Verlesung des Protokolles der letzten Sitzung. (Sekretär verliest dasselbe.) Hat einer der Herren gegen die Fassung desselben etwas einzuwenden? Es ist dies nicht der Fall, somit betrachte ich dasselbe für genehmigt. Es sind mir zwei Einlaufstücke zugekommen. Das erste ist ein Gesuch der Zentralstelle zur Wahrung land- und forstwirtschaftlicher Interessen bei Abschluß von Handelsverträgen um eine Subvention aus Landesmitteln. Dieses Gesuch, das sich alle Jahre wiederholt, kann nach den früher gefaßten Beschlüssen des hohen Hauses, wonach Subventionsgesuche innerhalb der ersten 8 Tage der Session einzubringen sind, wohl nicht mehr im Plenum des hohen Hauses verhandelt werden, es sei denn, daß seitens des hohen Hauses diesbezüglich ein separater Beschluß gefaßt würde. Wenn in diesem Sinne ein Antrag gestellt wird, werde ich den Gegenstand zur Verhandlung bringen, sonst würde ich denselben dem Landes-Ausschusse zuweisen, damit dieser je nach Gutdünken einen angemessenen Betrag bewillige oder nicht. Wird aus der Mitte 116 XII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903. des hohen Hauses in formeller Beziehung ein anderer Antrag gestellt? Da dies nicht der Fall ist, werde ich den Gegenstand dem Landes-Ausschusse zur Erledigung im eigenen Wirkungskreise abtreten. Von derselben Zentralstelle ist eine Eingabe an den hohen Landtag gemacht worden in Angelegenheit der Stellungnahme zur geplanten Einführung der sog. Surtaxe für nach Österreich eingeführten Zucker. Nachdem es sich hier nicht um eine Subvention handelt, sondern um eine Frage, welche gewiß alle Teile der Monarchie interessiert, können wir den Gegenstand immer noch in Verhandlung ziehen, und es könnte derselbe vielleicht in kurzem Wege dem volkswirtschaftlichen Ausschusse zugewiesen werden, wenn dagegen keine Einwendung erhoben wird. Es ist dies nicht der Fall, und es wird also die Zuweisung in diesem Sinne erfolgen. Wir kommen nun zur Tagesordnung. Auf derselben steht zunächst der Akt betreffend die Gehaltsregulierung des Landesarchivars Kleiner. Dieser Gegenstand würde sich zur Zuweisung an den Finanzausschuß eignen, ich werde dieselbe annehmen, wenn nicht ein anderer Antrag gestellt wird. Es ist dies nicht der Fall. Der zweite Gegenstand der Tagesordnung ist das Ansuchen des Schulausschusses der k. k- Stickereischule in Dornbirn um Gewährung einer weiteren Subvention für den Wanderunterricht. Ölz: Ich beantrage, diesen Gegenstand dem volkswirtschaftlichen Ausschusse zuzuweisen. Landeshauptmann: Es ist die Zuweisung dieses Gegenstandes an den volkswirtschaftlichen Ausschuß beantragt. Wenn keine Einwendung gegen diesen Antrag erhoben wird, betrachte ich denselben als angenommen. Wir kommen nun zum dritten Gegenstand der Tagesordnung, dem Berichte des Finanzausschusses über den Rechenschaftsbericht des Landes-Ausschusses und die Rechnungsabschlüsse der landschaftlichen Fonde. Berichterstatter über diesen Gegenstand ist Herr Abg. Luger, ich ersuche denselben, nachdem es sich um einen wichtigen und länger andauernden Gegenstand handelt, die Referententribüne zu besteigen und den Bericht zur Verlesung zu bringen. Bevor jedoch in die Verhandlung über den Bericht eingegangen wird, möchte ich das hohe Haus, da demselben eine Reihe von Herren Abgeordneten in der früheren Periode nicht angehörten, auf das Verfahren aufmerksam machen, welches bei Behandlung dieses Gegenstandes nach alter Gepflogenheit eingehalten wird. Bevor die Verhandlung begonnen wird, werde ich die Generaldebatte über den Bericht, die Rechnungsabschlüsse u. s. w. einleiten. Sollte sich bei derselben niemand zum Worte melden oder die Debatte abgeführt sein, wird die Verlesung begonnen werden, und dann werde ich den Herrn Berichterstatter ersuchen, bei jeder Post eine kleine Pause eintreten zu lassen, damit allen Herren Abgeordneten Gelegenheit geboten werde zu Anfragen, etwaigen Beschwerden, Anträgen und zur Debatte überhaupt. Wenn also bei den einzelnen Posten sich keiner der Herren zum Worte meldet, wird in der Verlesung ohne weiteres fortgefahren, nur wenn seitens des Finanzausschusses Anträge gestellt sind, wird über dieselben selbstverständlich die Debatte und Abstimmung eingeleitet werden. Endlich werde ich noch bei den Rechnungsabschlüssen des Landesfondes, des Landeskulturfondes, des Fondes zur Hebung der Rindviehzucht u. s. w., bei welchen Detailrechnungen erliegen, immer noch eine weitere Ausdehnung der Debatte veranlassen, dadurch daß Inese Detailposten verlesen oder wenigstens angerufen werden, um für dieselben Gelegenheit zu geben, sich zum Worte zu melden. Nach diesen einleitenden Bemerkungen eröffne ich über den Bericht die Generaldebatte. Wenn sich in derselben niemand zum Worte meldet, bitte ich den Herrn Berichterstatter, mit der Verlesung des Berichtes zu beginnen. Luger: Der Rechenschaftsbericht liegt gedruckt in laufenden Zahlen und mit einzelnen Posten im Berichte des Finanzausschusses vor. Im Rechenschaftsberichte sind einzelne Punkte und Posten etwas weiter ausgeführt, als es im heutigen Berichte der Fall ist. (Liest:) XII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903. 117 Bericht des Finanzausschusses über den Rechenschaftsbericht des Landes-Ausschusses von Vorarlberg für den ersten ordentlichen Landtag der IX. Periode 1903. Hoher Landtag! Der Finanzausschuß erstattet hiemit über die demselben in der VII. Landtagssitzung vom 10. September d. J. überwiesenen Arbeiten folgenden Bericht: I. Über die Ausführung der vollziehbaren Landtagsbeschlüsse der letzten Session. A. Jene, welche der Allerh. kaiserlichen Sanktion bedürfen: Dieselbe wurde erteilt: 1. Dem Gesetzentwürfe in Sachen der Abänderung des Gesetzes vom 9. Mai 1897 über die Ausgestaltung und Ergänzung der Rheinregulierung durch Verdauung von Nebenflüssen im österreichischen Rheingebiete. Ölz: Hohes Haus! Ich erlaube mir bei diesem Punkte einige Worte bezüglich der Rheinregulierung zu sagen. Wir haben in der Dezembertagung v. J. im Landtage wegen Ausführung des oberen Rheindurchstiches Stellung genommen und die hohe Regierung aufgefordert, sie möge alles aufbieten, daß der Staatsvertrag endlich zur Durchführung gelange. Inzwischen ist nun eine Expertenkommission in Lindau zusammengetreten, meines Wissens im Monate Juni. Diese Expertenkommission hat die Aufgabe gehabt, festzustellen, wie hoch sich etwa die Mehrkosten belaufen, wenn der obere Durchstich den heutigen Anforderungen und den Änderungen, welche geplant sind, entsprechend durchgeführt werden soll. Diese Kommission hatte nicht zu entscheiden, ob der Durchstich durchgeführt werden solle oder nicht, sondern es war nur eine technische Kommission, welche an beide Regierungen Bericht zu erstatten hatte. Die Regierungen haben zu entscheiden, in welcher Weise bezüglich der Arbeiten am oberen Durchstiche weiter vorgegangen werden soll. In dieser Kommission sitzen zwei österreichische und zwei Schweizer Delegierte. Im Laufe der Verhandlungen hat sich nun ergeben, daß wegen der Projektsänderung neue Kosten in Berechnung gebracht werden müssen. Die Arbeiten wären für die Delegierten zu zeitraubend gewesen, und hat man beschlossen, die Konferenz bis Ende Juli zu vertagen. Die Rheinbauleitungen haben den Auftrag bekommen, diese Arbeiten auszuführen. Nach der Vertagung der Konferenz sind nun Gerüchte in die Öffentlichkeit gedrungen, nach welchen die österreichischen Delegierten die Rechte Österreichs nicht richtig vertreten haben sollten, und diese Gerüchte gaben die Veranlassung, daß eine Vorsteherversammlung in Lustenau einberufen wurde. In derselben wurde eine Eingabe an den LandesAusschuß beschlossen, er möge bei der Regierung vorstellig werden und dahin wirken, daß die österreichischen Delegierten die österreichischen Interessen besser wahrnehmen. Der Landes-Ausschuß, als dessen Delegierter Herr Abg. Thurnher auf der bezeichneten Versammlung anwesend war, hat die Ansicht der Gemeindevorsteher nicht geteilt, sondern hat seine Anschauung dahin geäußert, daß nach seinem Dafürhalten die österreichischen Delegierten die österreichischen Interessen sicher richtig vertreten haben. Die Eingabe, welche seitens der Vorsteherversammlung an den Landes-Ausschuß geleitet worden ist, wurde auch in diesem Sinne der hohen Regierung vorgelegt. Wie die Sache heute steht, nachdem die Kommission Ende September wieder zusammengetreten ist, kann man gewiß sagen, daß der Landes-Ausschuß und dessen Referent vollständig Recht gehabt haben. Die österreichischen Delegierten haben unsere Interessen, soviel an ihnen gelegen ist, ordentlich wahrgenommen. Ihren Bemühungen ist es auch gelungen, daß voraussichtlich ein einhelliges Gutachten beiden Regierungen vorgelegt werden kann. Das ist sehr viel. Es haben sich die beiderseitigen Experten über die Sache geeinigt und wir wir können hoffen, daß der Durchführung des Projektes keine Schwierigkeiten mehr in den Weg kommen. Es ist ja ganz richtig, eine Kostenerhöhung ist vorhanden, aber ich bin überzeugt, bei einem Werke, das Millionen kostet, muß es eine Kostenüberschreitung geben, es kommen solche Überschreitungen ja bei jedem anderen kleineren Unternehmen vor. Wir können also hoffen, daß in nächster Zeit die Regierungen, welchen die Anträge vorgelegt wurden, ihre Beschlüsse fassen werden, und dann rüstig an die Arbeiten am oberen Rheindurchstiche geschritten werden kann. Der Zweck meiner Auseinandersetzungen ist der, den österreichischen Delegierten 118 XII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903. gerecht zu werden und denselben hier den Dank für ihre Bemühungen auszusprechen. Sie haben ihn verdient, und ich nehme gar keinen Anstand, auch den Schweizer Delegierten diesen Dank auszusprechen. Wie ich mir eben sagen ließ, sind diese beiden Expertengruppen vom technischen Standpunkte aus, den wir als Laien natürlich nicht beurteilen können, zusammengekommen, woraus man entnehmen kann, daß beiderseits guter Wille vorhanden war. Ich spreche also diesen Experten noch einmal meinen Dank aus und füge den Wunsch bei, sowohl die österreichische als die Schweizer Regierung möge weitere Schritte tun, daß dieses Werk, nach dem wir uns so stark sehnen, endlich durchgeführt werde. Landeshauptmann: Wer wünscht zu Punkt 1 noch weiter das Wort? - Es meldet sich niemand, hat der Herr Berichterstatter noch etwas beizufügen? (Luger: Nein!) Dann bitte ich in der Verlesung weiterzufahren. Luger: (liest.) 2. Dem Landtagsbeschlusse vom 11. Juli 1902 betreffend die zur Deckung der Erfordernisse des Landesfondes für 1902 einzuhebenden Landesumlagen. 3. Dem Gesetzentwürfe, womit den Gemeinden das Recht eingeräumt wird, von Ausländern und Personen, deren Staatsbürgerschaft nicht nachweisbar ist, bei der auf Grund des § 5 des Gesetzes vom 5. Dezember 1896, R.-G.-Bl- Nr. 222, erfolgenden Aufnahme in den Heimatsverband eine Gebühr einzuheben. 4. Dem Gesetzentwurfe wegen Befreiung von Gebäuden mit gesunden und billigen Arbeiterwohnungen von den Zuschlägen zur Hausklassensteuer sowie zur Hauszinssteuer und zur fünfprozentigen Steuer vom Ertrage zeitlich steuerfreier Gebäude. 5. Dem Gesetzenwurfe, womit die §§ 11 und - 12 der Landesordnung von Vorarlberg abgeändert werden. 6. a) Dem Gesetzentwürfe, womit die Landtagswahlordnung abgeändert wird, b) dem Gesetzentwurfe, womit § 3 der Landesordnung von Vorarlberg abgeändert wird. 7. Dem Gesetzentwurfe über die Realschulen. 8. Dem Gesetzentwurfe über die Regulierung des Koblacher Kanals in seiner oberen Strecke. Die Allerh. kaiserliche Sanktion wurde nicht erteilt : 9. Dem Landtagsbeschlusse vom 2. Juli 1902 betreffend den Schutz der Pflanze Edelweiß. ' Dieser Gesetzentwurf wurde nun neuerdings durchberaten, die der kaiserlichen Sanktion entgegenstehenden Gründe berücksichtigt und in der IX. Sitzung vom 14. d. Mangenommen. Der Allerh. Sanktion sehen noch entgegen: 10. Der Gesetzentwurf über die Ausführung der Schutz- und Regulierungsbauten an der Frutz in den Gemeindegebieten von Sulz und Rankweil. Die Allerh. Sanktion kann erst erwirkt werden nach verfassungsmäßiger Genehmigung des im Entwürfe vorgesehenen Meliorationsfondsbeitrages. Mittlerweile soll die Allerh. Sanktion erfolgt sein. 11. Der Gesetzentwurf über die Regulierung des Emmebaches in Götzis. Mittlerweile ist die Allerh. Sanktion erfolgt unter 13. Juni 1903. B. Über die Ausführung der Landtagsbeschlüsse nach §§ 18 und 19 der Landes-Ordnung. 1. Der Landtagsbeschluß vom 4. Juli 1902 betreffend die Stellungnahme der k. k. Regierung bei den Verhandlungen bezüglich des Abschlusses des österr.-ung. Ausgleiches wurde dem k. k. Ministerpräsidium unterm 16. Juli 1902 Zl. 3038 in Vorlage gebracht. 2. Der Landtagsbeschluß vom 11. Juli 1902 betreffend eine Vorstellung an die k. k. Regierung wegen strenger Handhabung der Gesetze gegen Landstreicherei und Vagabundenwesen wurde der k. k. Statthalterei mit Zuschrift vom 24. Juli 1902 Zl. 3320 in Vorlage gebracht. XII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903 119 3. Der Landtagsbeschluß vom 16. Juli 1902 betreffend die Errichtung einer gewerblichen Unterrichtsanstalt in Vorarlberg durch den Staat, wurde mit Bericht vom 11. August Zl. 5118 dem k. k. Ministerium für Kultus und Unterricht mit der Bitte unterbreitet, dieser für das Land so wichtigen Angelegenheit die wohlwollende Aufmerksamkeit der k. k. Regierung zuwenden zu wollen. Diese Angelegenheit wird den hohen Landtag neuerdings beschäftigen. 0. Ausführung der Landtagsbeschlüsse im eigenen Wirkungskreise des Landes-Ausschusses. Der Bericht des Landes-Ausschusses zählt unter näherer Ausführung folgende Angelegenheiten auf: 1. Die Förderung des sonntäglichen Fortbildungsunterrichtes. 2. und 3. Verständigung des k. k. Landesschulrates von der Genehmigung der Voranschläge. 4. Ausführung des Landtagsbeschlusses betreffend Erwerbung eines Grundstückes in Doren. 5. Auszahlung des Beitrages von 100 K an die österreichische Zentralstelle zur Wahrung land- und forstwirtschaftlicher Interessen bei Abschluß von Handelsverträgen. 6. Die Angelegenheit der Regulierung des Ratzbaches fand ihre Erledigung in dieser Session, Sitzung vom 27. Dezember 1902. 7. Betreffend Schaffung eines Landesgesetzes wegen Zusammenlegung landwirtschaftlicher Grundstücke sind die bezüglichen Erhebungen noch nicht zum Abschlüsse gebracht. 8. Der Landtagsbeschluß betreffend die ablehnende Haltung des hohen Landtages gegenüber der Schaffung eines Vermarkungsgesetzes wurde den Anregern der Frage übermittelt. 9. Auszahlung der I. Rate an den Konkurrenzausschuß der Walsertalerstraße im Betrage von 1000 K. 10. In Ausführung des Landtagsbeschlusses vom 2. Juli 1902 in Sachen der Rückversetzung des Vorarlberger Landesschützenbataillons nach Vorarlberg wurde an das k. k. Landesverteidigungsministerium eine längere Zuschrift gerichtet. Landeshauptmann: Zu diesen! Punkte hat sich Herr Abg. Loser das Wort erbeten, ich erteile ihm hiemit dasselbe. Loser: Hoher Landtag! Ich möchte mir erlauben, zu diesem Punkte einige kurze Bemerkungen zu machen. Als im Jahre 1901 die Verfügung getroffen wurde, daß das Vorarlberger Landesschützen-Bataillon nach Imst verlegt werde, wurde bekanntlich in den weitesten Kreisen der Bevölkerung ein sehr peinliches Gefühl erweckt. Dasselbe ist nun dadurch noch gesteigert worden, daß dieses Verhältnis bereits eine ziemlich lange Zeit andauert. Es ist gewiß keine besonders angenehme Sache, wenn unsere Landwehrpflichtigen sowohl zur Rekrutenausbildung als auch insbesondere zu den vierwöchentlichen Waffenübungen alle außer Landes müssen. Besonders hart trifft dies gerade jene, welche zur Waffenübung einrücken müssen, weil ein großer Teil derselben vielleicht schon Jahre lang verheiratet sind, eine größere Familie haben und in der Regel ein selbständiges und eigenes Geschäft betreiben. Früher konnten diese wenigstens an Sonntagen, insbesondere wenn sie in einem Orte an der Bahnstation zu Hause wäre>, eine kurze Zeit nach Hause kommen oder unter Umständen auch an Wochentagsabenden, um die notwendigsten Anordnungen zu treffen und auf diese Weise vielleicht manche materiellen Nachteile in ihrem Geschäfte hintanzuhalten. Jetzt aber ist' dies entweder nur sehr schwer oder überhaupt gar nicht mehr möglich, nachdem die Leute in Imst untergebracht sind und zu diesem Zwecke in der Regel einen Urlaub haben müßten, der nicht gewährt würde. Zudem sind auch die Auslagen für die Landwehrpflichtigen in der Regel größer, und wenn ich auch bestätigen muß, daß völlig Mittellose eine Entschädigung für die Fahrt bekommen, so ist dies doch bei denjenigen, welche über irgendwie Mittel verfügen, nicht der Fall. Zu all dem kommt noch ein weiterer Umstand, der uns zur Erhebung eines Widerspruches gegen die Unterbringung unserer Landessöhne in Imst berechtigt, nämlich der Umstand, der bereits zu wiederholtenmalen hier im hohen Hause betont worden ist, daß nämlich die betreffende Kaserne in Imst sehr feucht und ungesund ist. Ich glaube mich zu erinnern, daß der frühere Vertreter der Stadt Bregenz, Herr Dr. Schmid, konstatiert hat, daß er diese Kaserne 120 XII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903. selbst inspiziert und den Eindruck gewonnen habe, daß dieselbe stark an den genannten Übelständen leide Es ist daher auch dieser Grund mitbestimmend, weshalb wir uns dagegen wehren, daß das Vorarlberger Landesschützenbataillon - der Ausdruck ist zwar in ganz strengem Sinne genommen nicht ganz richtig - in Imst untergebracht wird. Ich erkenne die Schritte und Bemühungen, welche der Landes-Ausschuß seit dem Jahre 1901 durch eine wohlmotivierte Eingabe und durch die Ausführung des Beschlusses vorn Jahre 1902 machte, vollständig an und bedauere nur, daß dieselben von so geringem Erfolge begleitet waren. Nichtsdestoweniger möchte ich diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, den Landes-Ausschuß zu ersuchen, jede sich darbietende Gelegenheit, welche geeignet erscheint, zu benützen, um darauf hinzuarbeiten, daß dieser gewiß vollkommen gerechtfertigte Wunsch der Bevölkerung betreffs Rückverlegung des Vorarlberger Landesschützenbataillons seiner Verwirklichung entgegengeführt werde. Landeshauptmann: Wünscht noch jemand zu diesem Punkte das Wort? - Da dies nicht der Fall ist, bitte ich in der Verlesung weiterzufahren. Luger: (lieft) 11. In Ausführung des Landtagsbeschlusses vom 2. Juli 1902 wurde an das k. k. Ministerium für Landesverteidigung die Bitte gerichtet, die bisher stattgefundenen Fremdenwaffen: Übungen auch in Zukunft abzuhalten. Landeshauptmann: Zu diesem Punkte hat sich Herr Abg. Mayer zum Worte gemeldet. Pfarrer Mayer: Hoher Landtag I Die in Frage stehende Angelegenheit, nämlich die Fremdenwaffenübungen habe> bekanntermaßen auch im letzten Jahre den Landtag in der Sitzung vom 2. Juli beschäftigt. Es wurde damals von Herrn Abg. Wittwer ein Dringlichkeitsantrag gestellt und derselbe vom hohen Hause einstimmig angenommen, welcher dahin lautete, der Landes-Ausschuß werde beauftragt, mit allem Nachdrucke bei der Regierung dahin zu wirken, daß die bisher stattgefundenen Fremdenwaffenübungen der k. k. Landesschützen auch in Zukunft abgehalten werden. Die Veranlassung zur Einbringung und einstimmigen Annahme dieses Antrages gab eine Verordnung seitens des k. k. Landwehrtruppen-Divisions-Kommando vom 7. März v. J., nach welcher künftighin diese außerordentlichen Waffenübungen zur Begünstigung der Montafoner Gypser und Maurer nicht mehr abgehalten werden. Diese Verordnung hat in Montafon begreiflicherweise große Erbitterung hervorgerufen, und bereits damals im März hat sich die berufene Vertretung dieses Tales, nämlich der Standesansschuß veranlaßt gesehen, eine motivierte Eingabe an den Landes-Ausschuß zu richten mit der Bitte, er möge dahin wirken, daß diese Verordnung wieder annulliert werde. Der LandesAusschuß ist dann in gewohnt zuvorkommender Weise im Interesse der Montafoner dieser Aufforderung nachgekommen und hat eine sehr gut motivierte Eingabe an das LandesverteidigungsMinisterium gerichtet und in derselben betont, daß die Verhältnisse, in deren Würdigung und Berücksichtigung das betreffende Ministerium schon im Jahre 1900 die Begünstigung erteilte, daß im Atonale Oktober Nachwaffenübungen stattfinden können, sich nicht verändert, sondern im Gegenteil sich noch ungünstiger gestaltet haben. Das ist tatsächlich auch der Fall. Der Boden wird in Montafon fast überall immermehr entwertet und lohnt die Bebauung nicht mehr, weshalb immer mehr junge Männer ihren Erwerb im Auslande suchen müssen. Ich habe nun gesagt, daß diese Verordnung in Montafon einige Erbitterung hervorgerufen hat und hauptsächlich deshalb, weil gerade die ärmsten, wenn auch arbeitsamsten Leute dadurch getroffen werden. Was ist nun auf diese wohlbegründete Eingabe des Laudes-Ausschusses für eine Antwort erfolgt? Die Bitte wurde einfach abgewiesen unter Anführung einer Begründung; aber ich muß offen gestehen, der gewöhnliche Untertanenverstand sieht nicht ein, daß eine solche Verfügung notwendig gewesen wäre, da die angeführten Gründe weder durchschlagend noch hinreichend sind. Ich erlaube mir auch diese Erläuterungen vorzulesen, welche als Begründung der genannten Verfügung angeführt wurden. (liest:) "Aus dem Gerichtsbezirke Montafon sind jährlich im ganzen zirka 48 Mann waffenübungspflichtig. XI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903. 121 Wird angenommen, daß 50% davon ihren Erwerb im Auslande suchen, so wäre für 24 Mann eine eigene Waffenübung anzuordnen, was wohl nicht notwendig erscheint, umsoweniger, als durch die Anordnung von 3 Waffenübungsturnussen zu verschiedenen Zeiten des Jahres den Wünschen der Bevölkerung vollauf Rechnung getragen ist. Dem Gesuche des Landes-Ausschusses von Vorarlberg Nr. 2757 vom 25. November 1889, in welchem um die Anordnung einer besonderen Waffenübung für die Mannschaft der Gemeinden des Gerichtsbezirkes Montafon im Frühjahre (Monat April) statt im Herbste gebeten wurde, ist soweit als tunlich Rechnung getragen, weil der erste Waffenübungsturnus in der Regel in der zweiten Hälfte des Monates Mai beginnt. Außerdem steht es ja jedem Einzelnen frei, sein zuständiges Ergänzungs-Bezirkskommando um Einberufung zu einem bestimmten Turnus zu bitten und wird dieser Bitte unter Berücksichtigung der Berufsinteressen der Nichtaktiven vonseite der Ergänzungs-Bezirkskommanden tunlichst zu willfahren sein." Meine Herren, das ist die Begründung! Wenn man dieselbe nur allgemein anschaut und etwas oberflächlich betrachtet, so scheint sie etwas für sich zu haben, aber in der Sache, um die es sich handelt, ist sie durchaus nicht maßgebend. Es ist zwar sehr schön gesagt, durch die Anordnung von Waffenübungen zu verschiedenen Jahreszeiten ist den Wünschen der Bevölkerung Rechnung getragen, und es steht jedem einzelnen frei, um Einberufung zu einem bestimmten Turnus zu bitten. Es ist auch anerkennenswert, wenn das zuständige Ergänzungs-Bezirkskommando solchen Bitten um Einberufung möglichst willfährt. Die Berufsinteressen der Montafoner Gypser und Maurer werden aber nicht berücksichtigt und können durch diese Anordnungen auch nicht berücksichtigt werden. Es ist von drei Waffenübungsturnussen die Rede, die auf verschiedene Jahreszeiten festgesetzt sind. Wann werden nun diese abgehalten? Der erste in der zweiten Hälfte des Monates Mai, der zweite im Juli und der dritte im August. Zu einem dieser Turnusse wären nun die Montafoner Gypser und Maurer einzuberufen. Wenn sie zum ersten, welcher noch am günstigsten ist, einberufen werden, müssen sie doch wenigstens vier meistens aber sechs Wochen warten, bis sie die Waffenübung antreten können. Die übrigen sehen sich gezwungen, aus dem Auslande, aus Frankreich und Deutschland herzureisen, wenn sie es nicht ebenfalls vorziehen, bis dorthin verdienstlos zu Hause zu bleiben. Um nur ein Beispiel anzuführen ist heuer ein Landesschütze von Schruns am 20. April nach Frankreich abgereist, und am 11. August mußte er dann zur Waffenübung nach Imst einrücken, von wo er am 9. September zurückgekehrt ist. Jetzt ist er daheim in Schruns und dort seinem Berufe nach beschäftigungslos. Dieser Mann allein hat durch seine unzeitige Einberufung, wenn man die Dauer seiner Verdienstzeit ungefähr bis Mitte November ansetzt, wenigstens einen Schaden von 400 K erlitten. Hätte er aber, wie es in früheren Jahren der Fall war, im Oktober einrücken können, so hätte sich sein Schaden wenigstens um die Hälfte reduziert. Meine Herren! Sie werden mir zugeben, daß ein Verdienstentgang von 200 K für einen armen Mann sicherlich kein Pappenstiel ist. Das k. k. Ministerium führt auch unter den schon früher angeführten Gründen an, daß es die Waffenübung im Oktober nicht gestatten könne, weil sie nicht notwendig sei. Bezüglich der Notwendigkeit, meine Herren, existiert in der Bevölkerung von Montafon nun allerdings eine ganz andere Anschauung, und dieser Anschauung hat auch die berufene Stelle, der Standesausschuß von Montafon, in seiner bekannten Eingabe Ausdruck verliehen. Diese Anschauung hat auch den hohen Landes-Ausschuß, der sich mit dieser Frage zu Gunsten der Montafoner wiederholt beschäftigt und diese Anschauung hat auch im letzten Jahre der hohe Landtag geteilt, indem er den betreffenden Antrag einstimmig und zwar dringlich angenommen hat. Auch im Abgeordnetenhause ist diese Sache zur Sprache gekommen. Unser Vertreter daselbst, der Herr Abg. Thurnher hat im Wehrausschusse, dem er als Mitglied angehört, einen diesbezüglichen Antrag eingebracht, der im Ausschusse und später dann auch im Abgeordnetenhause Annahme gefunden hat und zwar in Form einer Resolution, in welcher die k. k. Regierung aufgefordert wurde, den besonders berücksichtigungswerten Verhältnissen und berechtigten Wünschen Montafons bei Einberufung 122 XII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903. der dortigen Landesschützenreservisten zu Waffenübungen Rechnung zu tragen. Dem hohen k. k. Ministerium erscheint aber die Abhaltung dieser nachträglichen Fremdenwaffenübungen trotzdem nicht nötig. Und warum nicht? Es sagt, weil hiefür zu wenig Mannschaft vorhanden sei, aus Montafon können vielleicht nur 24 Mann zur Fremdenwaffenübung einrücken. Die Antwort dürfte wohl dahin lauten, daß so etwas nicht im Interesse des k. und k. Militärs sei, wahrscheinlicher wird die Fremdenwaffenübung im Oktober deswegen nicht mehr abgehalten, weil es vielleicht da und dort nicht recht paßt und Opfer und Mühe kosten könnte. Ich darf mir aber da wohl die Frage erlauben, muß es denn gerade immer und immer die Mannschaft sein, die Opfer bringt? Müssen denn immer die Familien Opfer bringen, die Familienväter und deren Söhne, die im Auslande schwer arbeiten müssen, um die Steuergulden zu verdienen, die der Militärmoloch alle Jahre verschlingt? Ich glaube, man sollte einmal auch auf die steuertragende Bevölkerung etwas Rücksicht nehmen und nicht immer gerade nur aufs Militär, dessen Interessen man als Alpha und Omega in den Vordergrund zu stellen beliebt. Wenn es im militärischen Interesse nicht tunlich erscheint, eine Waffenübung im Oktober für die Montafoner einzuberufen, weil vielleicht bloß 24 Mann einrücken sonnten, so steht es der Heeresverwaltung ja frei, auch andere junge Männer, die waffenübungspflichtig sind und ähnliche Interessen auszuweisen haben, heranzuziehen. Solche gibt es in Vorarlberg und Tirol jedenfalls genug. Ich verweise Sie da auf den Bregenzerwald, dort sind Stukkaturarbeiter, die in ganz gleichem Verhältnisse stehen; dann gibt es viele junge Senner auch, die den ganzen Sommer hindurch besonders stark beschäftigt find. Gewöhnlich dauert ihre Beschäftigung vom Monate Dezember mit kurzen Unterbrechungen bis September. Vom September bis Dezember sind sie als Senner beschäftigungslos und könnten daher ganz leicht diese Nachwaffenübung mitmachen, während sie in der übrigen Zeit sehr entbehrt werden und oft nicht leicht zu ersetzen sind. Ich glaube also, wenn hier etwas mehr guter Wille vorhanden wäre, so könnte man das ganz gut machen, indem man ja auch die Reservisten aus dem Bregenzerwald, Tannberg und Walsertal, dem Brandner- und Klostertal herbeiziehen könnte; dann wären diese Waffenübungen, wie sie früher durch zehn Jahre möglich waren, auch fernerhin wohl möglich. Der Erlaß des k. k. Ministeriums vom 10. Juli v. J. weist in Alinea 2 darauf hin, daß dem Gesuche des Landes-Ausschusses von Vorarlberg vom 25. November 1889, in dem um die Anordnung besonderer Waffenübungen im Monate April angesucht wurde, nach Möglichkeit Rechnung getragen wordeit sei, weil die jetzigen Waffenübungen schon im Monate Mai beginnen. Meine Herren! Durch diese Waffenübungen im Monate Mai wird den Verhältnissen Montafons nicht Rechnung getragen, wenigstens nicht in dem Maße wie bei einer Waffenübung im April, geschweige denn im Oktober. Ich habe bereits bemerkt, daß außerdem die Männer, wenn sie auch noch zu einer ihnen günstigen Waffenübung einberufen werden, vier bis sechs, ja auch sieben Wochen vorher zuwarten müssen, ohne daß sie im Tale selbst einen Verdienst haben, denn für die Landwirtschaft eignen sie sich nicht. Diese verdienstlose Zeit verursacht ihnen aber einen Schaden von 250 bis 300 K. Aber auch zu der für sie derzeit noch am günstigsten Waffenübung, Mitte Mai, können nur sehr wenige herangezogen werden. Ich erlaube mir ebenfalls, hier wieder einen Erlaß zur Verlesung zu bringen, der letzten Sonntag in Montafon publiziert wurde. Auf dem Wege der politischen Behörde hat nämlich das k. k. Landesschützen-Ergänzungsbezirkskommando folgendes eröffnet; (liest) "Es sind wiederholt Fälle vorgekommen, daß waffenübungsflichtige Mannschaft Gesuche um Enthebung von der Hauptwaffenübung vorlegte und gleichzeitig um Einberufung zur nächstjährigen Frühjahrswaffenübung bittlich wurde. Dieser letzteren Bitte konnte keine Folge gegeben werden, weil die Zahl der zu der Frühjahrswaffenübung einzuberufenden Mannschaft eine sehr geringe ist und nicht überschritten werden darf; außerdem aber auch viel zu spät bekannt gegeben wird. Wenn auch erfahrungsgemäß von den Einberufenen ein gewisser Prozentsatz durch Enthebung, Krankheit, Superabitrierung rc. entfällt, so ist diese Zahl doch eine zu veränderliche, um mit ihr schon Monate XII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903. 123 voraus rechnen und - auf sie basiert - Entscheidungen treffen zu können. Die Gesuche um Einberufung zur Frühjahrswaffenübung wären daher in einem solchem Falle erneuert spätestens 14 Tage vor Beginn der Waffenübung im Wege der politischen Behörde einzubringen." Meine Herren! Sie werden mir zugeben müssen, daß so mit diesen Frühjahrswaffenübungen derzeit den Montafoner Gypsern und Maurern nicht gedient ist. Zuerst müssen sie lauge zuwarten, wenn sie Gesuche eingegeben haben, und schließlich werden sie dann noch abschlägig beschieden, dann können sie endlich nach Frankreich und Deutschland abreisen. Der Erlaß des Ministers vom 11. Juli spricht auch von einer tunlichsten Berücksichtigung der Berufsinteressen des Einzelnen. Das mag ja im Großen und Ganzen vielleicht auch der Fall sein, aber bei den Montafoner Gypsern und Maurern trifft dies bekanntlich nicht zu. Ich habe das hier erläutert, und es kann auch nicht zutreffen, was ihre Berufsinteressen anlangt, da sie vom April an den ganzen Sommer über bis zum Herbste in Frankreich und Deutschland ihren Verdienst haben. Wenn sie aber erst Mitte Mai einrücken können oder gar im August von Frankreich oder Deutschland her zur Waffenübung einrücken müssen, so kann man wohl nicht mehr von einer Wahrung der Berufsinteressen dieser "glücklichen" Arbeiter sprechen. Es werden daher diese schönen Worte im Erlasse von einer tunlichsten Berücksichtigung der Berufsinteressen des Einzelnen in Montafon so lange als eine leere, hohle Phrase gehalten werden müssen, bis dem Begehren Montafons Rechnung getragen ist und die Oktober-Waffenübungen wieder abgehalten werden. Wie die Sache derzeit liegt, so ist es eine Tatsache, daß jeder Waffenübungspflichtige von den Montafoner Gypsern und Maurern einen Schaden von mehreren hundert Kronen erleidet, wenn er im Sommer einberufen wird, und das trifft wohl die meisten. Einen fast ebenso hohen Schaden erleiden diejenigen, die auf die erste Waffenübung warten müssen. Dann kommt aber noch etwas. Wenn der Montafoner Maurer und Gypser bis Mitte Mai verdienstlos im Tale zugewartet hat, damit er die Waffenübung im Mai mitmachen kann, so kann er Gott danken, wenn er sie wirklich mitmachen darf, was aber nicht immer der Fall ist. Es ist dieses Jahr vorgekommen, daß zwei Landesschützenreservisten, die für diese Waffenübung einberufen wurden, nach zwei Tagen aber wegen Standesüberzahl, wie es geheißen hat, wieder rückbeurlaubt und ohne jede Entschädigung nach Hause geschickt wurden. Mit welchen Gefühlen diese Leute nach Hause gegangen sind. kann man sich denken, besonders patriotische werden es wohl nicht gewesen sein. Durch diese Maßregel wurden aber nicht bloß diese zwei Montafoner betroffen, sondern wenn ich richtig berichtet bin, noch weitere acht Mann von dieser Kompagnie und 80 vom ganzen Regimente. Derselbe Vorgang spielte sich heuer auch bei der Hauptwaffenübung ab, wo 67 der Einberufenen als überzählig zurückgeschickt worden sind. Einer derselben hat mir gegenüber erzählt, es wäre ihm ein Leichtes gewesen, wenn er sich marode gemeldet hätte und deshalb beurlaubt zu werden, er habe dies aber nicht tun wollen; es seien die schönsten und gesündesten Männer beurlaubt worden. Es wurde dann namens dieser zwei Montafoner bei der politischen Behörde ein Gesuch eingereicht, man möchte ihnen die unfreiwillig unterbrochene Waffenübung als voll in Anrechnung bringen. Der Bescheid blieb lange aus und lautete dann, daß die Militärbehörde dieses Ansuchen als ungesetzlich zurückgewiesen habe, da eine nur zweitägige Aktivierung nicht als vierwöchentliche Waffenübung angerechnet werden könne. Das einzige, was ihnen zugestanden wurde, war, daß sie für die nächste Waffenübung im Frühjahr als die ersten vorgemerkt seien. Meine Herren! Das ist wirklich ein prächtiger Trost. Es ist ein Trost zwar, daß man sicher weiß, im Frühjahre einberufen zu werden und nicht auf den Sommer warten zu müssen. Dieser Trost ist aber ein sehr schwacher, wie die Herren begreifen werden, nachdem die Leute im nächsten Jahre noch einmal einen Schaden von so vielen hundert Kronen an Verdienstentgang erleiden müssen. Das erscheint mir denn doch als etwas zu rücksichtslos. Ich gebe ja gerne zu, daß es ungesetzlich wäre, eine zweitägige Aktivierung als eine volle Waffenübung von vier Wochen anzurechnen; aber ich erlaube mir zu bemerken, daß man in rücksichtswerten Fällen denn doch von einem solchen Gesetze Umgang nehmen bezw. von demselben dispensieren dürfte, und ein solcher Fall scheint hier vorzuliegen. Die zwei Männer haben einen großen Schaden erlitten, weil 124 XII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903. ein Fehler gemacht wurde. Dieser Fehler ist aber nicht von der Mannschaft begangen worden, sondern von der Militärbehörde. Ich glaube, es wäre denn doch Pflicht und Sache der Militärbehörde, genaue Berechnungen anzustellen und nicht mehr Mannschaft einzuberufen als wirklich notwendig ist und die Überzähligen nicht einfach so ohne weiteres nach Hause zu schicken. Man spricht von einer tunlichsten Berücksichtigung der Berufsinteressen des Einzelnen, nun das hat man hier vollständig außer Acht gelassen. Hätte man für diese Leute wirklich etwas tun wollen, so hätte man für diese zwei Montafoner Gypser auch noch einen Platz in Imst gefunden und sie nicht zu ihrem großen Schaden einfach wieder nach Haus geschickt. Ich will mich nun kurz fassen und nur noch sagen, daß man es begreiflich finden wird, wenn man das Begehren der Montafoner nach Wiedereinführung der Fremdenwaffenübungen im Tale nicht fallen gelassen hat und daß jetzt eine gewisse Erbitterung dort herrscht. Der Militarismus lastet ja bekanntlich so schwer auf dem Volke und besonders auf dem Bauernstande, der heute bereits einen schweren Kampf um seine Existenz kämpft. Das Militärwesen, wie es sich in den letzten drei Jahrzehnten ausgestaltet hat, fordert vom Volke große Opfer, und das Volk bringt sie auch, weil es einsieht, daß sie notwendig sind, weil es auch ein in seiner Wehrmacht starkes Österreich will, aber nur dann wenn diese Opfer notwendig sind. Sind solche aber nicht notwendig, so ruft dies nur Erbitterung hervor. Nicht notwendig aber war es, viel zu viel Mannschaft zu den Waffenübungen nach Imst einzuberufen und die Überzähligen einfach so ohne weiteres wieder mit dem Troste zu entlassen, daß sie im nächsten Jahre wieder einzurücken haben. Es ist ferners auch nicht notwendig, daß man diese Fremdenwaffenübungen, die man früher durch zehn Jahre gestattet hat, nicht mehr einführen willDer hohe Landtag, der immer die Interessen der Bevölkerung gewahrt hat, und der Landes-Ausschuß, der dieselben im Auge behält, dürfen nach meinem Dafürhalten nicht ruhen, bis dem begründeten Begehren der Bevölkerung Montafons und den Interessen vieler anderer jungen Männer, die Landesschützen sind, in Vorarlberg Rechnung getragen wird, indem die aufgehobenen Fremdenwaffenübungen im Oktober wieder eingeführt werden. Ich erlaube mir diesbezüglich einen Antrag im Sinne des im vorigen Jahre betreffs dieser Angelegenheit eingebrachten Antrages zu stellen, und ich ersuche das hohe Haus, diesen Antrag einstimmig anzunehmen. Derselbe lautet: (liest) "Der Landes-Ausschuß wird neuerdings beauftragt, mit allem Nachdruck bei der hohen Regierung dahin zu wirken, daß die durch zehn Jahre im Oktober stattgefundenen Fremdenwaffenübungen der k. k. Landesschützen auch in Zukunft abgehalten werden." Landeshauptmann: Wer wünscht noch weiter, zu diesem Punkte das Wort zu ergreifen? Es meldet sich niemand, hat der Herr Berichterstatter noch etwas beizufügen? (Luger: Nein.) Dann werde ich zunächst über den Antrag des Herrn Abg. Pfarrer Mayer die Abstimmung einleiten. Ich ersuche jene Herren, die mit dem Antrage, wie er soeben verlesen worden ist, einverstanden sind, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Einstimmig zum Beschlusse erhoben. Nun bitte ich mit der Verlesung weiterzufahren. Luger: (liest) 12. In Sachen des Landtagsbeschlusses vom 4. Juli 1902 betreffend Regulierung des Klausbaches wird auf den technischen Bericht des Landeskulturoberingenieurs Punkt 16 verwiesen. Thurnher: Zu diesem Punkte kann ich mitteilen, daß mittlerweile - der Bericht wurde ja schon vor ein paar Monaten verfaßt - betreffs des Gesetzentwurfes über die Regulierung des Klausbaches vonseite des Landes-Ausschusses bereits ein Einvernehmen mit der Regierung über die Fassung desselben gepflogen wurde. Der betreffende Bericht und Gesetzentwurf ist auch schon in Druck gelegt worden und wird sich das hohe Haus in den nächsten Tagen damit zu beschäftigen haben. Luger: (liest) 13. Auszahlung des Landesbeitrages von 2000 K an die Gemeinde Alberschwende zur Straßenerhaltung. XII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903. 125 14. Auszahlung des Landesbeitrages von 600 K an die Gemeinde Lech zur Ein- und Offenhaltung der Flexenstraße. 15. Der Landtagsbeschluß vom 4. Juli 1902 betreffend die Beitragsleistung das Vorarlberger landwirtschaftlichen Vereines zur Förderung der Alpverbesserungen wurde der Vorstehung dieses Vereines mitgeteilt. Hier möchte ich nur die Anfrage stellen, warum diese Beitragsleistung bisher noch nicht angewiesen, beziehungsweise noch nicht in Anspruch genommen wurde. Landeshauptmann: Betreffs dieser Anfrage bin ich in der Lage, darauf ganz kurz bemerken zu können, daß dieser Landesbeitrag deshalb noch nicht angewiesen und bis jetzt nicht in Anspruch genommen worden ist, weil zuerst die nötigen Erhebungen gepflogen werden mußten. Es wurden nämlich im Vorjahre seitens des landwirtschaftlichen Vereines und verschiedenen Interessenten die Alpen im Gebiete von Gamperdona, dann im Brandnertale, im sogenannten Schatten- und Sonnenlagant vorgenommen. Damals haben sich die Alpinteressenten dahin geeinigt, die gewünschten Verbesserungen vorzunehmen. Diese Verbesserungen wurden im Saufe des Jahres in Angriff genommen, und kürzlich wurden dieselben einer Kollaudierung unterzogen, worauf nach günstiger Kollaudierung der betreffende. Betrag, der in Aussicht genommen war, zur Auszahlung gelangen sollte- Wie ich erfahren habe, sind diese Verbesserungs-Arbeiten nur bei einer Alpe zur vollständigen Zufriedenheit ausgefallen, während im Brandnertale in der Schatten- und Sonnenlagant noch weitere Vorschriften notwendig wurden, nachdem die ersten baulichen Arbeiten nicht zur vollen Zufriedenheit der Kollaudierungskommission ausgefallen sind. Wünscht noch jemand das Wort zu nehmen? Dann bitte ich weiterzulesen. Luger: (liest) 16. In Ausführung des Landtagsbeschlusses vom 8. Juli 1902 wurde das Gesuch der Arbeitslehrerinnen um Erhöhung ihrer Bezüge dem k. k. Landesschulrate mit dem Ersuchen übermittelt, ein Gutachten darüber abzugeben. 17. Von dem Landtagsbeschlusse vom 8. Juli 1902 wurden die Gemeinden Feldkirch und Frastanz in Kenntnis gesetzt und ist mittlerweile die Einverleibung der Gemeinde Frastanz in den politischen und Gerichtsbezirk Feldkirch erfolgt. 18. Auszahlung des Landesbeitrages von 5500 K an den Schulausschuß der k. k. Stickereischule in Dornbirn zur Förderung des Wanderunterrichts. Bei der k. k. Statthalterei wurde die Erhöhung der staatlichen Beitragsleistung wärmstens befürwortet. 19. Der Landtagsbeschluß vom 8. Juli 1902 betreffend Gewährung von Stipendien an Besucher der Meisterkurse am technologischen Gewerbemuseum in Wien wurde dem k. k. Handelsministerium mitgeteilt. Bis jetzt sind noch keine Gesuche diesbezüglich eingelaufen. 20. Nachstehenden Vereinen wurde ein Landesbeitrag ausbezahlt: a) dem kath. Schulvereine für Österreich ...... 200 K b) dem Vorarlberger Unterstützungsvereine in Innsbruck . . . 100 K c) dem kath. Vereine zum Schutze und zur Fortbildung jugendlicher Arbeiterinnen in Innsbruck . 50 K 21. Auszahlung des Beitrages von 2000 K an die Gemeinde Ebnit zu den Kosten des Wegbaues. 22. Auszahlung von 2000 K an die Landeskäsereischule behufs Bildung eines Betriebsfondes. 23. Das Gesuch der Gemeinde Fußach in Angelegenheit der Trink- und Nutzwasserversorgung wurde der k. k. Statthalterei unter wärmster Befürwortung in Vorlage gebracht. Eine neuerliche Eingabe dieser Gemeinde in gleicher Angelegenheit wird den hohen Landtag in einer der nächsten Sitzungen beschäftigen. 24. In Angelegenheit der Aufnahme der Wegservituten in das Grundbuch erfolgt eigene Vorlage an den hohen Landtag. 25. Die Anstellung des Viktor Kleiner als Landesarchivar mit einem Jahresgehalte von 126 XII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903. 2000 K wurde der k. L Statthalterei mitgeteilt mit dem Ersuchen, die Hälfte dieses Betrages auf den Staat zu übernehmen. Gleichzeitig wurde an dieselbe die Bitte gerichtet, dahin wirken zu wollen, daß das Mehrerauer Archiv auch in Hinkunft in der Verwaltung des Landesarchives verbleibe. Eine Erledigung dieser Angelegenheit ist bis jetzt nicht erfolgt. Landeshauptmann: Dieser Punkt ist aber auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt worden, weil mittlerweile die Erledigung eingetroffen ist. Luger: (liest) 26. Betreffend Rechnungsabschluß der Landesirrenanstalt Valduna wurde die hieramts abverlangte Richtigstellung der im Berichte des Finanzausschusses angeführten Bemängelungen seitens der Direktion gegeben. 27. In Sachen der Lawinenverbauung im Gemeindegebiete von Blons wird eine eigene Vorlage und Bericht an den hohen Landtag erfolgen. Thurnher: Ich glaube nicht, daß das der Fall sein wird. Es war wahrscheinlich damals bei Verfassung des Berichtes beabsichtigt; diese Angelegenheit ist aber mittlerweile eigentlich schon erledigt. Die k. k. Regierung hat nämlich ursprünglich Bedenken getragen, daß der Gemeinde Blons 30 % der Auslagen übertragen werden, aber durch die stattgefundenen Verhandlungen und Erhebungen sind diese Bedenken behoben worden. Die k. k. Regierung hat nunmehr zugesichert, 50 % zu den Kosten beizutragen und behielt sich nur noch vor, im Laufe dieses Monates durch die WildbachverbauungsKommission entsprechende Erhebungen beziehungsweise eine Überprüfung des Projektes vornehmen zu lassen. Im übrigen dürfte diese Angelegenheit den hohen Landtag nicht mehr beschäftigen, weil dieselbe vielmehr als erledigt zu betrachten ist Luger: (liest)