19031104_lts018

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Letzte Änderung 03.07.2021, 09:51
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp09,lts1902,lt1902,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 18. Sitzung am 4. November 1903 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. -------------Gegenwärtig 18 Abgeordnete. - Abwesend die Herren: Hochwst. Bischof Dr. Zobl, Dr. Drexel, Dr. v. Preu, Loser, Köhler und Bösch. Regierungsvertreter: Herr k. k. Statthaltereirat Levin Graf Schaffgotsch. Beginn der Sitzung 10 Uhr 40 Minuten vormittags. Landeshauptmann: Wir sind in beschlußfähiger Anzahl versammelt; ich erkläre daher die heutige Sitzung für eröffnet und ersuche um Verlesung des Protokolles der letzten Sitzung. (Sekretär verliest dasselbe.) Wird gegen die Fassung des Protokolles eine Einwendung erhoben? Dies ist nicht der Fall, somit betrachte ich dasselbe als genehmigt. Es sind mir noch zwei Einlaufstücke zugekommen, das erste ist eine Resolution des III. Gastwirtetages des Landes Vorarlberg in Straßenangelegenheiten; überreicht durch den Herrn Abg. Scheidbach. Der Inhalt dieser Resolution bezieht sich auf die Verbesserung der Straßen im allgemeinen und insbesondere in Bezug auf die Verbesserung der Gemeindestraßen. Ich möchte da die Anregung machen, nachdem die Session ihrem Ende entgegengeht, diesen Gegenstand dem Landes-Ausschusse zur weiteren Erledigung abzutreten, wenn keine Einwendung erfolgt. Eine solche wird nicht erhoben. Desgleichen ist noch eingelaufen, nämlich kirchliche Kunst und um Bewilligung einer ein Gesuch vor einiger Zeit die Bitte des Vereins für Gewerbe in Tirol und Vorarlberg Subvention. Ich 228 XVIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903. möchte auch in dieser Beziehung die Anregung machen, diesen Gegenstand dem Landes-Ausschusse zur Erledigung abzutreten. Endlich ist drittens beim Landes-Ausschusse in der Zwischenzeit ein Gesuch der neugegründeten Spargesellschaft in Dalaas - nicht zu verwechseln mit der dortigen Raiffeisenkasse - um einen Beitrag zur Bestreitung der ersten notwendigen Auslagen eingelaufen. Nachdem der hohe Landtag noch beisammen ist und damit der Gegenstand nicht ein Jahr verzögert wird, möchte ich ebenfalls die Anregung machen, daß der Landes-Ausschuß ermächtigt werde, dieser Spargesellschaft einen Beitrag nach seinem Ermessen zu bewilligen. Drehet: Hat der Landtag nicht seinerzeit den Beschluß gefaßt, daß acht Tage nach Eröffnung des Landtages keine derartigen Gesuche mehr angenommen werden? Landeshauptmann: Dies sind Gesuche, die eigentlich nicht an den Landtag gehören, sondern an den Landes-Ausschuß, und sie wurden auch in früheren Jahren von diesem direkt erledigt. Nachdem aber wiederholt der Wunsch ausgesprochen worden ist, daß man Gesuche von Vereinen dem Landtage überweisen solle und nachdem der Landtag gegenwärtig noch tagt und damit dieser Gegenstand nicht auf ein Jahr hinaus verzögert wird, habe ich mir erlaubt, diese Angelegenheit hier im hohen Hause zur Sprache zu bringen. Will jemand gegen diese meine Anregung eine Einwendung erheben? Drehet: Ich glaube, es ist ziemlich im ganzen Lande bekannt, daß Gesuche, die acht Tage nach Eröffnung des Landtages einlangen, nicht mehr berücksichtigt werden. Wenn also die in Betracht kommende Genossenschaft auf eine Subvention reflektiert, so hätte sie rechtzeitig einreichen sollen. Ich bin prinzipiell dagegen, daß der Landes-Ausschuß solche Gesuche erledigt und möchte das dem Landtage vorbehalten wissen. Entweder soll man also dieses Gesuch einem Ausschusse zuweisen, so daß bis zur letzten Sitzung noch ein Betrag ausgesprochen werden kann, oder man vertagt die ganze Angelegenheit auf die nächste Session. Landeshauptmann: Ich bitte einen positiven Antrag zu stellen, entweder auf Zuweisung des Gegenstandes an einen Ausschuß oder einen Antrag auf Vertagung. Ich habe meinerseits nur eine Anregung gemacht, da ich als Vorsitzender keine Anträge stellen kann. Dressel: Dann beantrage ich, diese beiden Gegenstände ausnahmsweise dem Petitionsausschusse zur mündlichen Berichterstattung in nächster Sitzung zuzuweisen. Landeshauptmann: Der Herr Abg. Dressel beantragt, diese Gegenstände ausnahmsweise dem Petitionsausschusse zur mündlichen Berichterstattung zu überweisen. Wünscht jemand hiezu das Wort? Thurnher Ich werde die Anregung des Herrn Vorsitzenden als Antrag aufnehmen und beantrage die Zuweisung der Gegenstände an den LandesAusschuß. Landeshauptmann: Es liegen also nunmehr zwei Anträge vor. Ich ersuche jene Herren, die dem Antrage des Herrn Abg. Dressel auf ausnahmsweise Überweisung der Gegenstände an den Petitionsausschuß zustimmen wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Es ist die Majorität. Ich habe dem hohen Hause noch eine Mitteilung zu machen. Bei Erledigung des Rechenschaftsberichtes des Landes-Ausschusses über diese Session wurde in Rubrik C, "Ausführung der Landtagsbeschlüsse im eigenen Wirkungskreise des Landes-Ausschusses in Punkt 10 und 11, worin der Landtag Resolutionen bezüglich der Rückverlegung des sogenannten Vorarlberger LandesschützenBataillons von Imst nach Vorarlberg und nach Wiedereinführung der sogenannten Montafoner Fremdenwaffenübungen zum Gegenstand seiner Beschlußfassung gemacht hatte, erwähnt, daß die letzte diesbezügliche Note des Landes-Ausschusses noch keine Beantwortung gefunden habe. Ich bin nun in der Lage, dem hohen Hause bekannt zu geben, daß mittlerweile vor kurzer Zeit in verbindlicher Weise dem Landes-Ausschusse die Mitteilung zugekommen ist, daß vom kommenden Jahre an in besonderer Berücksichtigung der dargelegten XVIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903. 229 Verhältnisse Montafons diese Fremdenwaffenübungen für die Bewohner dieses Tales wieder eingeführt werden. Die Verlegung des k. k. LandesschützenBataillons von Bregenz nach Imst, die zugleich mit jener der Truppen des k. u. k. Heeres verbunden war, begegnete damals einem längst gehegten Wunsche der Stadtgemeinde Bregenz nach einem Regimentsstabe und einer Musikkapelle. Das k. k. Landesverteidigungsministerium hat sich bereit erklärt, eine künftig sich bietende Gelegenheit zur Rückverlegung des k. k. Landesschützen-Bataillons von Imst nach Bregenz im Auge zu behalten. Pfarrer Mayer: Wir haben soeben die bindende Erklärung gehört, daß künftighin die Waffenübungen, die bekanntermaßen durch 10 Jahre zu Gunsten der Montafoner Gypser und Maurer im Herbst abgehalten worden sind, wieder eingeführt werden. Ich nehme diese Erklärung als Vertreter Montafons zur angenehmen Kenntnis, erlaube mir aber zu bemerken, daß ich hoffe, daß diese Begünstigung auch auf die Waffenpflichtigen anderer Landesteile ausgedehnt werde, die sich in gleichen oder in ähnlichen Erwerbsverhältnissen befinden. Ferner möchte ich noch einmal dem Wunsche Ausdruck verleihen, daß auch die Ersatzreservisten des stehenden Heeres, die aus Montafon als Gypser und Maurer ins Ausland gehen, wie es früher durch 10 Jahre seit 1890 der Fall war, auch künftighin alle wieder im April zu den Waffenübungen herangezogen werden und nicht etwa im Mai oder gar erst im Laufe des Sommers. Endlich möchte ich noch dem Wunsche Ausdruck geben, daß die Herbst-Waffenübungen, wo möglich im Monate November abgehalten werden. Landeshauptmann: Ich habe endlich noch dem hohen Hause mitzuteilen, daß von der Zentralleitung des katholischen Schulvereines in Wien eine Zuschrift eingelangt ist, in der sie mich ersucht, dem hohen Landtage den tiefgefühltesten und ergebensten Dank für die Bewilligung der Subvention zum Ausdruck zu bringen. Für die heutige Sitzung hat sich der Herr Abg. Dr. v. Preu entschuldigt, nachdem er ernstlich erkrankt ist und schon seit längerer Zeit das Bett hüten muß. Die Herren Abg. Loser und Bösch haben sich entschuldigt, weil sie heute bei einer Sitzung der Erwerbssteuerkommission in Innsbruck zu tun haben. Der Herr Abg. Dr. Drexel hat sich mündlich bei mir wegen Berufsgeschäfte entschuldigt, da er heute vormittags in der Realschule tätig sein muß, und endlich hat sich der Herr Abg. Köhler für die heutige Sitzung entschuldigt, nachdem er als Gemeindevorsteher von Schwarzach die heute dort stattfindenden Gemeindewahlen zu leiten hat, was ich bitte zur Kenntnis zu nehmen. Wir kommen nun zur Tagesordnung. Auf derselben steht als erster Gegenstand der Bericht des Finanzausschusses über die Jahresrechnung der Landesirrenanstalt Valduna pro 1902 und der Voranschlag pro 190 3. Bevor ich die Verhandlung über diesen Gegenstand einleite, möchte ich gleich bemerken, daß ich Punkt 3 der im zweiten Teile des Berichtes gestellten Ausschußanträge für die öffentliche Sitzung in suspenso lassen und die Verhandlung über diesen Gegenstand nach der heutigen öffentlichen in vertraulicher Sitzung anhängen werde. Nachdem ich dies vorausgeschickt habe, ersuche ich den Berichterstatter Herrn Abg. Luger das Wort zu ergreifen. Luger: (liest) "Hoher Landtag! Der Finanzausschuß hat diese Jahresrechnung einer eingehenden Prüfung unterzogen. Zwei Ausgaben-Belege stimmen nicht überein mit den in der Rechnung eingesetzten Posten und zwar Beleg Nr. 126 weist aus K 172*68, in der Rechnung ist eingesetzt K 172 18. Beleg Nr. 161 für Postsparkassa-Manipulationsgebühren und Provision weist aus K 43 28, in der Rechnung ist eingesetzt K 30 28. Auf Grund dieser zwei Belege erfährt die Summe der Ausgaben eine Erhöhung von K 13-50." Die Gesamteinnahmen betragen K 88.961 62; die Aktivrückstände K 250 91; die Gesamtausgaben K 90.693 37. Daher beträgt das Defizit K 1480*84. Im Voranschläge für 1903 waren K 5139 10 vorgesehen. Der Finanzausschuß stellt daher den Antrag: Der hohe Landtag wolle beschließen: "Der Abschluß der Haushalts-Rechnung der Landesirrenanstalt Valduna für das Jahr 1902 wird genehmigt." 230 XVIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903. Landeshauptmann: Ich bitte hier im Berichte einzuhalten. Ich eröffne über diesen Teil des Berichtes, betreffend die Jahresrechnung der Landesirrenanstalt Valduna für 1902 und der daran gehängten Anträge des Finanzausschusses die DebatteWenn niemand das Wort wünscht, würde ich zur Abstimmung schreiten. Wenn die Herren noch wünschen, im allgemeinen über die Sache zu sprechen, würde ich den Antrag selbst einfach in suspenso lassen und am Schlusse alle Anträge der Reihe nach zur Abstimmung bringen. Ich wollte hier eben nur die Jahresrechnung für 1902 erledigen, und da keine Einwendung gegen dieselbe erhoben wird, ersuche ich jene Herren, die diesem Antrage des Finanzausschusses ihre Zustimmung geben, sich gefälligst von den Sitzen zu erhaben. Angenommen. Nun käme der zweite Punkt des Berichtes, das ist der Voranschlag der Landesirrenanstalt Valduna für das Jahr 1903. Ich bitte den Berichterstatter weiter zu lesen. Luger: (liest) Voranschlag der Landesirrenanstalt Valduna für das Jahr 1903. Dieser Voranschlag wurde vom Finanzausschüsse überprüft und weist derselbe auf an Gesamt-Einnahmen K 84.664'50 Gesamt-Ausgaben K 100.932 65 Daher ein Abgang von K 16.268'15 welcher im Falle des Bedarfes aus der Landeskassa zu decken sein wird. Unter den Ausgaben erscheinen K 9000 präliminiert für Installationsarbeiten in Folge der Einführung der eigenen Küche und eigenen Beköstigung. Es besteht jedoch die berechtigte Hoffnung, daß durch diese Neuerung Ersparnisse gemacht werden, welche eine teilweise Deckung der erwachsenen Auslagen beziehungsweise des präliminierten Defizites ergeben. Der Finanzausschuß stellt nachstehende Anträge: Der hohe Landtag wolle beschließen: "1. Dem Voranschlage für den Landeshaushalt der Landesirrenanstalt Valduna für das Jahr 1903 mit einer Einnahme von K 84.664 50, einer Ausgabe von K 100.932"65 und einem Abgänge von K 16.268 15 wird die Genehmigung erteilt. 2. Der Landes-Ausschuß wird ermächtigt, Grund und Boden zum Zwecke der Erweiterung der Anstalt und Schaffung von Arbeitsgelegenheit zu erwerben." Landeshauptmann: Ich eröffne über die soeben verlesenen Anträge und den Voranschlag überhaupt die allgemeine Besprechung. Wer wünscht das Wort? Ölz: Hohes Haus! Da ich anläßlich der Verhandlungen über diesen Gegenstand im Jahre 1901 und ebenso 1902 über die Irrenversorgung gesprochen habe, bin ich heute gezwungen, abermals das Wort zu nehmen. Meine damaligen Ausführungen haben zu Mißverständnissen und Mißdeutungen Anlaß gegeben. Beide Male sprach ich mich für die Ausgestaltung der Irrenfürsorge in Vorarlberg aus. Unsere Landesanstalt ist, wie Sie sich letzthin selbst überzeugt haben, überfüllt. Es sind dort, wie ich glaube, heute gegen 150 Kranke; Platz ist aber nur für ca. 110 bis höchstens 120. Ich habe im Vorjahre diese Bemerkung auch gemacht und dabei erklärt, daß unter den Kranken nur ungefähr 15 bis 20 Ausländer sich in der Anstalt befinden. In der Broschüre, die von der Wohltätigkeitsanstalt unter dem Titel: "Die Wohltätigkeitsanstalt in Valduna und das Projekt ihrer Vereinigung mit der Landesirrenanstalt" herausgekommen ist, wird die Sache so dargestellt, als ob ich bei meinen Ausführungen nicht die Wahrheit gesagt hätte. Es ist dort eine Aufstellung erschienen, die nachweist, daß nicht ein solch kleiner Prozentsatz von Ausländern in der Anstalt ist. Ich habe mich nun genau über die Sache informiert, und das Ergebnis war folgendes. Gleichzeitig anwesende Nichtvorarlberger in der Anstalt - und darauf kommt es ja an - waren seit 1. Jänner 1897 folgende: (liest) Zeit: Männer: Frauen: Zusammen: 1. 1. 1. 1. 1. 1. Jänner 1897 Juli 1897 Jänner 1898 Juli 1898 Jänner 1899 Juli 1899 11 12 12 15 16 15 12 11 11 12 11 9 23 23 23 27 27 24 XVIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. L Session der 9 Periode 1903. 231 1. 1. 1. 1. 1. 1. 1. 1. Jänner 1900 Juli 1900 Jänner 1901 Juli 1901 Jänner 1902 Juli 1902 Jänner 1903 Juli 1903 10 9 9 11 10 9 9 9 6 5 3 6 6 7 7 7 16 14 12 17 16 16 16 16 Diese Zahlen haben nun klar ergeben, daß ich damals ganz richtig informiert war und daß tatsächlich unter 150 Kranken nur 15 bis 20 Nichtvorarlberger, gegenwärtig deren 16 anwesend sind. Zu Ausländern werden gezählt alle, die außer Vorarlberg herkommen, also auch Österreicher selbst und selbstverständlich die Ausländer als solche. Es ist aber hier noch ein Umstand zu bemerken, daß nämlich bei diesen Ausländern Kranke dabei sind, die schon seit Gründung der Anstalt da sind; diese also könnte man auf einmal nicht gut abschaffen. Dann ist aber noch ein anderer Umstand dabei, daß bei diesen Kranken meistens solche sind - ich glaube vielleicht einen oder zwei ausgenommen - die sich in der ersten oder zweiten Verpflegsklasse befinden. Diese Klaffen werden für gewöhnlich von unseren Leuten sonst nicht benützt und sie würden daher leer bleiben. Ich halte aber dafür, es ist besser, wir haben diese Klassen besetzt und nehmen etwas dafür ein. Es ist also klar, daß selbst bei einer vollständigen Entlassung aller Nichtvorarlberger immer noch die Landesanstalt an Überfüllung leiden würde. Der Broschürenschreiber hat mich auch etwas lächerlich gemacht, als er da zusammengerechnet hat. Aber ich verzeihe ihm das, es ist eben eine menschliche Schwäche, daß wenn man glaubt, jetzt hat man einen, ihn ordentlich zu vermöbeln sucht. (Heiterkeit.) Wenn er sich das Material richtig angesehen hätte, würde er gefunden haben, daß die gleichzeitig Anwesenden von mir richtig angegeben waren. Wie Sie, meine Herren, auch gesehen haben, fehlt es in der Anstalt an Arbeitsgelegenheit und zwar besonders für Männer. Es ist zweifellos, daß in dieser Hinsicht eine Abhilfe erfolgen müsse. Es wäre auch sonst verschiedenes in der Anstalt zu ändern, es wären Neuerungen zu treffen, ich will jedoch darauf heute nicht eingehen. Es liegen bezüglich der Ausgestaltung der Irrenfürsorge in Vorarlberg drei Möglichkeiten vor, die in den psychiatrischen Grundzügen dargelegt sind. Die erste Möglichkeit wäre die Vereinigung mit der Wohltätigkeitsanstalt, die zweite ein Neubau und drittens eine sonstige mögliche Ausgestaltung. Gegen einen Neubau habe ich mich stets ausgesprochen wegen der großen Kosten. Das Ideal eines Neubaus hat hier immer der Herr Abg. Dr. Waibel vertreten. Das wäre allerdings sehr schön, aber die Kosten sind so groß, daß sie das kleine Land Vorarlberg wohl nicht leisten könnte. Für eine sonstige Ausgestaltung der Anstalt bin ich auch nicht eingenommen, weil es große Kosten macht und doch nichts geschaffen werden kann, wodurch der ideale Standpunkt in der Irrenfürsorge erreicht wird. Mir schien die Vereinigung der beiden Anstalten immer das beste zu sein, ebenso hatten auch die Herren des Landes-Ausschusses dieselbe Meinung und viele andere Herren. Ich kann da wohl sagen, daß mit Ausnahme eines einzigen Abgeordneten im letzten Landtage alle Herren Abgeordneten ihr Bedauern ausgesprochen haben, daß eine Vereinigung nicht möglich sei. Als ich im Jahre 1901 über diesen Gegenstand gesprochen habe, habe ich in der 13. Sitzung vom 13. Juli 1901 - Seite 135 der stenographischen Protokolle - klar und ausdrücklich wörtlich betont, den Charakter, den diese Anstalt besitzt, zu wahren und ich wünschte nicht, daß die Eigentumsfrage ins Spiel komme. Ich wollte, daß der Wohltätigkeitsanstalt, die vom hochw. Herrn Pfarrer Jochum im Jahre 1860 auf Grund der heute noch geltenden Statuten der Zweck, der bei dieser Anstalt in § 1 in Vorhalt genommen wurde, auch bei der Vereinigung gewahrt werde. Dieser § 1 des Statutes lautet: (liest) "Die Anstalt als ein Versorgungshaus durch Arbeit stellt sich zur Aufgabe: In erster Reihe verwahrloste, sittlich verdorbene Personen ohne Beschränkung des Alters und ohne Unterschied des Geschlechtes, die ihrer Obsorge übergeben werden wollen, nach Kräften in sittliche, arbeitsame Menschen umzuschaffen; in zweiter Reihe, insofern die Mittel der Anstalt es erlauben sollten, auch unheilbaren Kranken, deren Erscheinen Ekel und Schrecken erregt, Unterkunft in der Anstalt zu bieten." Ich wollte mich daher ausdrücklich dahin ausgesprochen haben, daß ich den Zweck und das Eigentum dieser Anstalt gewahrt wissen wollte. 232 XVIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. L Session der 9. Periode 1903. Sie sehen aus dem soeben verlesenen Paragraphen, daß diese Anstalt als eine Art Zwangsarbeitsanstalt verbunden mit der Absicht der Besserung und als ein sogenanntes Siechenhaus gedacht war. Dieser ursprüngliche Zweck ist nach dem Berichte des Kuratoriums auf Seite 6 der Broschüre wesentlich erweitert worden. Dort erscheinen unter den Pfleglingen aufgezählt: "Alkoholiker, sittlich Verwahrloste, Sieche, Epileptiker, kränkliche Personen, Blödsinnige, unheilbare Geisteskranke und andere einer besonderen Abwartung bedürftige Personen." Also nicht bloß Ekel und Schrecken erregende Personen oder solche, die zur Zwangsarbeit herangezogen und gebessert werden sollen.. Dieser Zweck hat sich mithin nach der eigenen Angabe der Broschüre erweitert. Nach Dr. Nagy, der in der "Landes-Zeitung" vom 10. September b. I. einen Artikel veröffentlichte, sollen jedoch reichlich zwei Drittel der Pfleglinge der Wohltätigkeitsanstalt in die Kategorie der Geisteskranken gehören. So sagt Dr. Nagy. Wir können sohin die von einer anderen Seite gemachte Angabe, wonach gegen 90% der Pfleglinge in die Kategorie der Geisteskranken fallen sollen, als richtig annehmen. Sie ersehen also, meine Herren, daß der ursprüngliche Charakter der Anstalt als Asyl für sittlich Verwahrloste und mit einer ekelerregenden Krankheit behafteten Personen bis auf einen kleinen Bruchteil zurückgedrängt ist. Angesichts der Tatsache und unter Berücksichtigung des Umstandes, daß nach § 17 des heute noch geltenden Statutes, der da lautet: (lieft) "Die Anstalt erhält einen Direktor; er ist auf die Dauer von drei Jahren außerhalb der Mitglieder des Komitees zu wählen, ist wieder wählbar, muß aber seinen Wohnsitz in der Nähe der Anstalt haben." es nicht bestimmt ist, daß der Direktor eilt Geistlicher sein muß, und weiters nach § 27, der bestimmt: (liest) "Der Direktor hat zu sorgen, daß wenigstens an Sonn- und Feiertagen ein Geistlicher gegen angemessene Remuneration die heilige Messe in der Anstalt lese und den Genossen christlichen Unterricht erteile." so hielt ich angesichts aller dieser Umstände die Frage der Vereinigung der beiden Anstalten für zweckentsprechend hinsichtlich der Behandlung der Kranken nach den heutigen Fortschritten der Psychiatrie und damit eine ärztliche Leitung von selbst gegeben. Denn wenn gegen 90% Geisteskranke dort sind, so halte ich dafür, nachdem nicht extra ein Geistlicher als Direktor bestimmt ist, daß es zweckentsprechend wäre, wenn ein Fachmann als Direktor bestellt wird. Selbstverständlich hätte bei einem Übereinkommen die ursprünglich schon in den Statuten vom Jahre 1860 in § 50 in Vorbehalt genommene Widmung und der Charakter der Wohltätigkeitsanstalt, welcher übrigens nach den Aussagen des Herrn Dr. Nagy sehr stark zurückgedrängt ist, wieder in Vorbehalt genommen werden müssen. Bezüglich des Eigentumes der Wohltätigkeitsanstalt bestehen nach meiner Ansicht gegebene Verhältnisse. Der Gründer, Pfarrer Jochum, wollte sein Werk, die Wohltätigkeitsanstalt, wie allgemein bekannt ist, in das Eigentum der Gemeinden übergeben; in das Eigentum des Landes wollte er es nicht übergehen lassen, weil er die Anstalt wegen der möglichen politischen Wandlungen und Umwälzungen nicht irgendwelchen Wechselfällen aussetzen wollte. Das ist eine bekannte Tatsache, und der Referent für die Landesirrenanstalt Valduna, der Herr Abg. Köhler, hat dies vom Pfarrer Jochum selig, den er persönlich gekannt hat, selbst gehört. Herr Pfarrer Jochum hat uns, nach der Kuratoriumsbroschüre, Seite 38, seine Idee bezüglich der Eigentumsfrage in einem Urkundenentwurf hinterlassen. Dieser Entwurf lautet nun nach der Broschüre folgendermaßen: (liest) "Die Stifter der Wohltätigkeits-Anstalt Valduna bei Rankweil, übergeben und überlassen somit auf Grund der in der heute zu Rankweil stattgehabten Generalversammlung gefaßten Beschlüsse das von ihnen gegründete Werk christlicher Nächstenliebe, nämlich genannte Wohltätigkeits-Anstalt, ihrem geliebten Vaterlande Vorarlberg, beziehungsweise den einzelnen Gemeinden dieses Landes, zum wahren unwiderruflichen Eigentum unter nachstehenden Bedingungen u. s. w." Im Sinne dieses Urkundenentwurfes des Stifters, ich möchte sagen des Testamentes des Pfarrers Jochum, habe ich mich im Jahre 1901 und 1902 im Landtage ausgesprochen. Daran knüpfte ich die Hoffnung, es würde dann zur Vereinigung kommen. Wie ich mir die Vereinigung gedacht habe, habe ich ebenfalls im Jahre 1901 gesagt. Davon steht aber in der Broschüre eigentümlicherXVIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903. 233 weise nichts, obgleich ich sonst sehr oft zitiert bin, - ich will nicht näher daraus eingehen, ob mit mehr oder weniger Genauigkeit -! Aber diese Tatsache, daß ich betont habe, daß Charakter und Eigentum gewahrt bleiben müssen, davon steht in der Broschüre kein Wort! Ich sagte im Jahre 1901 über die Art, wie ich mir die Vereinigung gedacht habe, wörtlich: (lieft) "Ich will den Charakter, den diese Anstalt besitzt, wahren und wünsche nicht, daß die Eigentumsfrage ins Spiel kommt." Hieraus geht hervor, daß ich, nachdem ich bei der Vereinigung den Charakter und das Eigentum der Anstalt gewahrt wissen wollte, nur für die Vereinigung war, bezüglich Behandlung und Fürsorge für die Kranken unter ärztlicher Leitung. Der Landes-Ausschuß und der Landtag haben auch ausdrücklich betont, daß die Eigentumsfrage durch die Vereinigung nicht berührt werden solle. Der Berichterstatter Herr Abg. Martin Thurnher hat im letzten Jahre das auch ausdrücklich im Berichte ausgesprochen, daß man nicht daran denke, etwa in die Eigentumsfrage Übergriffe zu machen, sondern dieselbe solle den Verhältnissen entsprechend bleiben wie sie ist. Zudem wollte man die gedachte Vereinigung nur provisorisch, auf fünf oder zehn Jahre. Das steht auch ausdrücklich im Berichte, welchen Herr Abg. Martin Thurnher im Vorjahre verfaßte. Das sind nun die Tatsachen, die nackten und wahren Tatsachen! Nun überlasse ich es jedermann selbst, zu überlegen, ob es angesichts dieser Tatsachen angezeigt war, von Säkularisation zu sprechen, wie es auf Seite 20 der Broschüre steht! Meine Herren! Ich frage, ob es berechtiget war, mich in der Weise im Lande zu verdächtigen, als ob ich ein Klosterstürmer wie der derzeitige Ministerpräsident von Frankreich wäre! Wie kann von Säkularisation die Rede sein, wenn Eigentum und Charakter der Anstalt und damit selbstverständlich auch der der Kirche selbst nötig erscheinende Einfluß gewahrt werden soll, und, ich bitte, das alles auf Grund eines freiwilligen Übereinkommens? Da möchte ich doch fragen, wie man da noch von Säkularisation reden kann! Übrigens habe ich mich bei der ganzen Sache doch noch immer wohl gefühlt, weil ich mich in guter Gesellschaft glaubte. Ich verteidigte nämlich bezüglich der Eigentumsfrage ganz genau das, was der Stifter, der hochwürdige Pfarrer Jochum, getan hat, und zwar so ausführlich, wie ich es vorhin vorgelesen habe, und dann habe ich noch weitere gute Gesellschaft gefunden, nämlich den hochw. seligen Pfarrer Amann von Rankweil. Dieser hat, wie ich erst dieser Tage vorn hochw. Benefiziaten Wipper gehört habe, - dieser ist sein Testamentsvollstrecker und hat ihn genau gekannt, - immer gesagt, man muß dafür sorgen, daß die Gemeinden in den Besitz der Wohltätigkeitsanstalt kommen. Man hat riesig Furcht im Lande gehabt, als ob ich Agitationsreisen machte! Eines Tages führte mich ein Geschäft zu Herrn Dr. Peer. Wir sprachen, nachdem mir Herr Dr. Peer ein Schriftstück verfassen mußte, über verschiedenes, und nicht ich, sondern Herr Dr. Peer regte die Frage bezüglich der Valduna an. Ich sagte ihm offen meine Meinung und empfahl ihm, die Broschüre zu lesen, welche er nach seiner Aussage noch nicht gelesen hatte. Nun bitte ich, da wurde weiß Gott was herumgesagt, was ich geplant hätte, daß irgend ein Sturm wie in Frankreich losgehen würde, und ich habe doch nichts anderes getan als Herrn Dr. Peer meine Meinung dargelegt. Ich war - das kann ich Sie versichern - stets sehr zurückhaltend, weil ich die Sache nicht schädigen wollte. Mein Ideal war und ist es, es soll die Irrenpflege in Vorarlberg mit den zu Gebote stehenden Mitteln immer mehr ausgestaltet werden, und zwar so, daß wir eine Heil- und Pflegeanstalt haben. Dieses Ideal, meine Herren, würde nach meiner Anschauung am vollsten erreicht werden, wenn die Vereinigung hätte stattfinden können, und ich sage es deshalb noch einmal, daß ich es bedauere, daß das nicht möglich war. Es soll fortgeschritten werden auf dem betretenen Wege, damit die Kranken selbst die Anstalt nicht mehr als eine Art Gefängnis anschauen, sondern als eine Anstalt, in welcher sie Heilung finden können. In der Landesirrenanstalt sind in dieser Hinsicht schon wesentliche Erfolge zu verzeichnen, Sie haben selbst bei unserem Besuche gehört, daß heuer schon 50 Besuche von Kranken, welche geheilt entlassen wurde>, zu verzeichnen sind. Und nicht nur die Kranken selbst sollen der Anstalt Gutes danken, sondern auch die Angehörigen sollen hoffen können, daß, soviel nur menschenmöglich ist, für ihr unglückliches Familienglied geschieht, um dasselbe geheilt zurückzuerhalten. Noch eines muß ich erwähnen, bevor ich schließe. In der Broschüre wird dem Lande und dem Landtage auch so eine 234 XVIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 3. Periode 1903. Art leiser Vorwurf gemacht wegen der Selbstverköstigung. Es heißt Seite 23, "mit leichtem Gemüte" habe das Land die Sorge für die selbständige Verköstigung auf sich genommen, und Seite 41: "Der Verköstigungsvertrag Hütte bei einigem Entgegenkommen seitens des Landes erneuert werden können, und dieses wäre besser damit gestanden, als bei eigener Wirtschaft. Die Erfahrung wird dies lehren." Nun, was die Erfahrung lehren wird, das haben Sie heute schon aus dem vorgetragenen Berichte gehört. Die Selbstverköstigung hat uns Auslagen verursacht, man mußte den Herd neu reparieren, und es mußten allerlei eigene Sachen angeschafft werden, und nun ist zu hoffen, daß wir den größeren Betrag von diesen Kosten heuer schon herausschlagen bei der Verköstigung und, ich bitte, das noch dazu bei einer besseren Kostform als dies bisher war! Es steht also fest, daß wir das Gegenteil von dem erreicht, was da befürchtet wurde, und der Schreiber der Broschüre hat eine Sorge umsonst gehabt. Zum Schluß muß ich bemerken, daß ich mich verpflichtet fühlte, meine bisherige Stellungnahme hier im hohen Hause und gleichsam vor dem ganzen Lande zu rechtfertigen und verschiedenen in Umlauf gesetzten Gerüchten entgegenzutreten. Bezüglich der Anträge will ich mich ganz kurz fassen: ich stimme selbstverständlich denselben zu, ich bin der Anschauung, daß wir einen Weg gehen müssen, und zwar heute den Weg der Ausgestaltung. Ich möchte nur eine Bitte daran knüpfen, der hohe Landes-Ausschuß, welcher den Auftrag bekommt, einen Grund zu erwerben, möge nicht zu lange zaudern, sondern das vorliegende Offert möglichst bald akzeptieren und einen möglichst großen Grund käuflich für die Anstalt sichern. Damil schließe ich. Landeshauptmann: Wer wünscht noch weiter das Wort? Dr. Peer: Ich erkläre mich mit dem, was Herr Abg. Ölz gesagt hat, vollkommen einverstanden, und wenn ich mir das Wort erbeten habe, so geschah es nur, um zu der kleinen Episode, welche Herr Abg. Ölz eingeflochten hat, Stellung zu nehmen. Es ist ganz richtig, daß seinerzeit Herr Abg. Ölz bei mir erschien, und daß wir nach Abwicklung einer geschäftlichen Angelegenheit auf die voraussichtlichen Arbeiten der kommenden Landtagssession zu sprechen kamen, wobei ich die Valdunafrage angeregt habe. Anlaß hiezu bot die Tatsache, daß ich kurz zuvor von irgendeiner Seite eine Broschüre bekommen hatte, welche ich beiseite legte, um sie gelegentlich einem genaueren Studium zu unterziehen. Ich hatte damals mich noch wenig in die Sache vertieft und ersuchte Herrn Abg. Ölz, mir seine Ansicht zu sagen. Wir sprachen dann längere Zeit darüber, und Herr Abg. Ölz hat auch damals, - das sei zu seiner Ehrenrettung, wenn eine solche überhaupt notwendig ist, erklärt - nichts anderes gesagt als heute. Nach einiger Zeit darauf fand das Fronleichnamsdiner beim hochwürdigsten Herrn Bischof statt, und ich habe mich damals auch, wie Herr Abg. Ölz heute von seiner Person sagte, in "guter Gesellschaft" befunden: zu meiner Linken saß der hochwürdigste Bischof, auf der einen Seite der Direktor des Jesuitengymnasiums, visa-vis der Stadtpfarrer und noch eine Menge geistlicher Herren rund herum. Wir kamen auf die Landesangelegenheiten zu sprechen, mit denen der Landtag in der nächsten Session zu tun haben werde. Ich brachte gelegentlich das Gespräch auf Valduna und sagte, daß diese Frage uns möglicherweise beschäftigen dürfte. Wie der Name "Valduna" fiel, horchten einige Herren hoch auf, und ganz gelegentlich, ohne Nebenabsicht und ohne zu ahnen, welche Wirkung das haben würde, sagte ich dann, daß ich daran gegangen sei, mich in dieser Sache zu informieren und daß ich ein längeres Gespräch mit Herrn Abg. Ölz gehabt hätte. Das hat geradezu elektrisierend gewirkt: im Augenblicke ist die Erwähnung des Namens Ölz einem hohen geistlichen Herrn derart in die Glieder gefahren, daß er trotz des unleugbar guten Essens Messer und Gabel weglegte und mich dringend warnte und aufforderte, mich nicht mehr vom Abg. Ölz belehren zu lassen. (Lebhafte Heiterkeit.) Landeshauptmann: Wünscht noch jemand das Wort zu Punkt 1 des zweiten Antrages? treffet: Ich möchte nicht gerade zu Punkt 1 sprechen, sondern über die ganze Angelegenheit im allgemeinen. Ich vermisse neben den drei gestellten Antrügen einen vierten. Ich stelle denselben zwar nicht direkt, sondern betrachte denselben vorerst als Anregung. Man spricht nämlich immer von XVIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903. 235 Überfüllung der Landesirrenanstalt, und da, meine ich, könnte wohl dem Übelstande dadurch abgeholfen werden, wenn es möglich wäre, mit der Wohltätigkeitsanstalt ein Abkommen zu treffen, daß unheilbare Irre, welche in der Landesirrenanstalt sind, von der Wohltätigkeitsanstalt übernommen werden, und daß diese vom Lande für diese Zeit, in welcher sie in der Wohltätigkeitsanstalt verbleiben, den betreffenden Landesbeitrag bekommt. Dadurch könnte in der Landesirrenanstalt genügend Raum geschaffen werden. Landeshauptmann: Wenn niemand mehr zu Punkt 1 das Wort ergreift, so werde ich diesen zur Abstimmung bringen, wenn der Herr Berichterstatter nichts mehr beizufügen findet. (Luger: Nein I) Ich ersuche also jene Herren, welche dem Antrage (liest Punkt 1 der Anträge aus Beilage LX) ihre Zustimmung geben, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Zu Punkt 2 der Anträge hat sich Herr Abg. Dr. Waibel zum Worte gemeldet; ich erteile ihm dasselbe. Dr. Walket: In dem Antrage heißt es: "Der Landes-Ausschuß wird ermächtiget, Grund und Boden zum Zwecke der Erweiterung der Anstalt und Schaffung von Arbeitsgelegenheit zu erwerben." Ich möchte den Herrn Berichterstatter des FinanzAusschusses um Aufklärung bitten, was unter dem Worte "Erweiterung" alles begriffen wäre, und behalte mir vor, noch weiter darüber zu sprechen. Landeshauptmann: Der Herr Berichterstatter hat das Wort! Luger: In erster Linie ist in Aussicht genommen, Grund und Boden zu kaufen, und was man noch weiter hinsichtlich einer eventuellen Erweiterung tun will, ist bisher noch nicht geplant; aber eine Vorsichtsmaßregel ist es, jetzt die Gelegenheit zu benützen und wenigstens den Güterkomplex zu vermehren, denn jetzt hat die Anstalt beinahe gar keinen Grund und Boden beim Hause. Weitere Pläne liegen vorderhand nicht vor, wie z. B. die Ausführung von Gebäulichkeiten oder ähnliches. Landeshauptmann: Ich kann noch ergänzend beifügen, daß jedenfalls, wie wir uns die Lage auch oben angesehen haben, das Bedürfnis vorliegt, einen großen Komplex Boden anzukaufen, so daß wir auf der einen Seite Platz bekommen für Spaziergänge und Erholungsplätze und auf der anderen Seite die nötige Arbeitsgelegenheit. Wenn seinerzeit das Bedürfnis eintreten sollte, eine Erweiterung durch Anlegen von Gebäuden vorzunehmen, so haben wir wenigstens kein Hindernis wegen Mangel an Boden. Dr. Walket: Es heißt aber ausdrücklich "zum Zwecke der Erweiterung" der Anstalt. Ich habe diese Worte so verstanden, daß man in Erinnerung der Darstellung, welche Sie kürzlich in Valduna selbst angehört haben, die Absicht hat, an eine Erweiterung durch Gebäude zu denken; wenn man sich erinnert, was der Direktor damals für Forderungen aufgestellt hat, welche vollkommen berechtiget sind, so folgt daraus, daß im Falle der Erfüllung dieser Forderungen die Räumlichkeiten der Anstalt zur Unterbringung der Krankenzimmer bedeutend reduziert werden. Das hätte zur Folge, daß man nicht mehr so viele Kranke aufnehmen könnte wie bisher. Es ist für höchstens 150 Kranke Platz dort; das auch nicht üppig. Wenn nun eine Reduzierung eintreten soll, welche nach dem Berichte des Herrn Direktors entschieden einzutreten hätte, werden die Unterkunftsräume für die Kranken sehr bedeutend herabgesetzt werden müssen, und zwar in einer Weise, daß der LandesAusschuß des Landes Vorarlberg dieser Tatsache gegenüber seine Augen nicht verschließen kann. Bei mir bricht sich immer mehr die Überzeugung Bahn, daß der Zustand eigentlich vernünftigerweise nicht mehr länger ertragen werden kann. Eine Aussicht auf Vereinigung beider Anstalten ist wohl nach der Monographie, welche von der WohltätigkeitsAnstalt selbst hinausgegeben worden ist, nicht zu erwarten. Die jetzigen Vertreter der Wohltätigkeitsanstalt nehmen den Standpunkt ein, wir müssen statutengemäß und nach den Traditionen der Anstalt Herren der Anstalt bleiben und dürfen sie nicht an eine andere Anstalt abgeben zum Zwecke der Vereinigung. Nachdem diese Aussicht, die ja von Herrn Ölz so warm vertreten worden ist und auch hier seinerzeit zur Beschlußfassung gelangte, 236 XVIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903. nachdem also dieses Projekt eine Aussicht auf Erfüllung nicht hat, so muß man doch an etwas anderes denken. Daß bloß Boden erworben wird für die Beschäftigung gewisser Patienten, reicht nicht aus, und wenn Sie Boden erwerben, können Sie ihn nicht in nächster Nähe der Anstalt erwerben, Sie müssen ihn ziemlich entfernt von der Anstalt erwerben, und durch die Beaufsichtigung werden besondere Kosten ergehen. Das sind Zustünde, welchen man nicht so ausweichen kann. Das Land ist verpflichtet, diese Frage ganz ernstlich ins Auge zu fassen im Interesse einer großen Anzahl seiner Angehörigen. Ich muß also gestehen, daß ich diesem zweiten Antrage meine Zustimmung nicht geben kann, weil ich in demselben nur eine Ausflucht erblicke, nicht aber eine Abhilfe. Landeshauptmann: Der Herr Referent für die Landesirrenhausangelegenheit im Landes-Ausschusse hat das Wort! Jodok Fink: Ich möchte zu dem, was mein geehrter Herr Vorredner gesagt hat, nur bemerken, daß doch einige Aussicht vorhanden ist, daß von der Landesirrenanstalt in deren nächster Nähe Grund und Boden erworben werden kann. Wir stehen nämlich diesbezüglich mit den Gemeinden Rankweil und Meiningen in Unterhandlung, die in direktem Anschlüsse an die Landesirrenanstalt größere Waldungen besitzen, und soweit die Verhandlungen bis heute gediehen sind, haben wir allen Grund anzunehmen, daß der betreffende Grund und Boden erworben werden kann. Ich halte es auch für berechtigt, daß der Bericht auch von einer Erweiterung der Anstalt spricht, denn wenn einmal dieser Grund und Boden erworben ist, wird ja vielleicht auch die Zeit kommen, daß man daran denken muß, eine separate Wohnung des Direktors zu bauen, obwohl unser heutiger Herr Direktor sagt, er gehöre mitten in die Anstalt hinein. Man würde dann dazu wenigstens einen Bauplatz haben, ja ich könnte mir auch weiter denken, daß es dort möglich wäre, in der Nähe der Anstalt vielleicht einen Bau aufzuführen, wo z. B. eine Abteilung für ruhige Geisteskranke eingerichtet werden könnte, welche man nicht unter den anderen lassen will und welche sich vielleicht schon auf dem Wege der Besserung befinden. Ich halte daher dafür, daß sich in der Folge das Weitere geben wird und ich glaube, nach diesen Aufklärungen wird auch Herr Abg. Dr. Waibel dem zweiten Teile der Anträge des Finanzausschusses seine Zustimmung geben können. Dr. Waibel: Ich muß zu den Ausführungen des geehrten Herrn Vorredners bemerken, daß ich den Anträgen des Finanzausschusses meine Zustimmung doch nicht geben kann, weil zu wenig Positives zur Beurteilung der Sache vorliegt. Wenn vielleicht im Laufe des nächsten Jahres positivere Vorschläge vorliegen, werden wir in der Lage sein, darüber urteilen zu können, ob dieselben zweckentsprechend sind oder nicht, oder ob dieselben auch wieder nur als Ausflüchte zu betrachten sind. Jodok Fink: Ich möchte bemerken, daß heuer selbstverständlich positive Anträge nicht vorliegen können, bevor wir nicht Grund und Boden erworben haben. Das ist der Grund, warum positive Anträge nicht vorliegen. Was wir machen können, wenn wir Grund und Boden erworben, habe ich bereits angedeutet. Landeshauptmann: Ich möchte mich auch den Ausführungen des Herrn Abg. Jodok Fink anschließen, indem ich bemerke, daß die Ansicht, daß die Landesirrenanstalt dermalen zu klein ist, und ein Grunderwerb, um über kurz oder lang einen Bau unternehmen zu können, notwendig erscheint, wenigstens bei jenen Herren, welche die Anstalt besichtiget haben, eine allgemeine ist. Wünscht noch jemand das Wort? - Da sich niemand meldet, ist die Debatte geschlossen. Hat der Herr Berichterstatter noch etwas beizufügen? Luger: Ich kann dem, was gesagt wurde, nur meine Zustimmung geben, verwundere mich aber, daß Herr Abg. Dr. Waibel den Anträgen seine Zustimmung nicht geben zu können erklärt, da doch der Ankauf von Grund und Boden die erste Vorbedingung zum eventuellen Baue ist. Im übrigen empfehle ich noch einmal beide Anträge dem hohen Hause zur Annahme. Landeshauptmann: Ich schreite nun zur Abstimmung: der erste Punkt der Anträge ist bereits angenommen, der zweite lautet: (liest denselben). Ich ersuche jene Herren, welche zu Punkt 2 XVIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903. 237 der Anträge des Finanzausschusses ihre Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Den dritten Punkt dieser Anträge habe ich schon zu Beginn der Verhandlungen einer vertraulichen Sitzung vorbehalten. Es ist somit dieser Gegenstand vorderhand erledigt, wir gehen zum nächsten Punkte der Tagesordnung über: mündlicher Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über den Jahresbericht der Landeshypothekenbank pro 190 2. Berichterstatter ist Herr Abg. Dressel, ich ersuche denselben, das Wort zu ergreifen. Presset: Hoher Landtag! In der 7. Sitzung des Landtages vom 10. September d. J. wurde der 4. Jahresbericht der Landeshypothekenbank dem volkswirtschaftlichen Ausschusse zur Behandlung zugewiesen. Da sich dieser Bericht schon lange in den Händen der Abgeordneten befindet, ist es nicht nötig, eingehend auf die einzelnen Ziffern zurückzukommen. Seit dem Bestände der Hypothekenbank wurden Gesuche bewilligt: 1899: 1900: 1901: 1902: 365 374 220 374 mit K 2, 292.400 1, 931.400 940.400 1, 840.000 zusammen 1333 mit K 7, 004.200 davon Neuaufnahme K 856.238 K 2, 820.533 Mit Schluß des Jahres 1902 verblieben 1104 Hypotheken mit K 5, 530.579 82. Im Umlaufe befanden sich 6904 Pfandbriefe mit K 5, 576.400. Wie aus dieser kurzen Zusammenstellung ersichtlich ist, entwickelt sich der Geschäftsbetrieb der Bank immer mehr und den Verhältnissen des Landes entsprechend. Die Bank arbeitete, dank der umsichtigen Leitung, ohne Defizit und schloß jedes Jahr mit einem, wenn auch bescheidenen Reingewinne mit steigender Tendenz ab. Der Reingewinn betrug pro 1899: K 596'09, pro 1900: K 2.990*60, pro 1901: K 2.056*10, pro 1902; K 6.786*53. Mit Zuzug der Zinsen vom Garantiefonde betrug der Reservefond am 31. Dezember 1902 K 23.022*53. Der Landes-Ausschußkommissär der Hypothekenbank, der Herr Abg. Köhler, legte am 13. Oktober dem Landes-Ausschusse einen Bericht über die Gebarung der Anstalt vor, der im wesentlichen lautet wie folgt: "Was zunächst die finanzielle Gebarung anbelangt, so darf wohl nur auf den Jahresbericht der Direktion verwiesen werden, welcher ein möglichst genaues Bild der Tätigkeit bietet, uud der im Beisein des Gefertigten in einer besonderen Direktionssitzung überprüft und mit den Büchern in Übereinstimmung gefunden wurde. Betreffend die Geschäftsführung wird bemerkt, daß gefertigter (Köhler) an den Sitzungen der Direktion stets teilgenommen, daß die wiederholt vorgenommenen Skontrierungen der Kasse eine vollkommen korrekte Führung derselben bestätigte. In Führung der Bücher zeigt sich eine musterhafte Ordnung und was insbesondere die Gebarung im Darlehensverkehre betrifft, so werden die wichtigen Bestimmungen der §§ 36, 37 und 38 des Statutes genau eingehalten, nicht nur bezüglich der Belehnungsgrenze, sondern auch durch Überprüfung der Schätzungen durch Vertrauensmänner und persönliche Einsichtnahme durch Mitglieder der Direktion an Ort und Stelle. Sowohl das im Jahresberichte pro 1902 niedergelegte Ergebnis der Geschäftstätigkeit der Anstalt, als die Einsichtnahme in die praktische Geschäftsführung derselben berechtigen zur Erwartung, daß die Hypothekenbank sich immer mehr zu einer wohltätigen Einrichtung für das Land und sein Realkreditwesen entwickeln werde." Der volkswirtschaftliche Ausschuß stellt den Antrag: Der hohe Landtag wolle beschließen: "Der Geschäftsbericht mit dem Rechnungsabschlüsse der Hypothekenbank des Landes Vorarlberg pro 31. Dezember 1902 wird zur genehmigenden Kenntnis genommen." Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses die Debatte. 238 XVIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903. Wenn sich niemand zum Worte meldet, schreite ich zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche den Anträgen des volkswirtschaftlichen Ausschusses, wie sie vorn Herrn Berichterstatter verlesen wurden, ihre Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Wir kommen zum 3. Gegenstände der Tagesordnung, mündlicher Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über den Antrag des Herrn Abg. Ölz in Sachen der Bestellung eines Revisors im Sinne des Reichsgesetzes vom 10. Juni 1903. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter des volkswirtschaftlichen Ausschusses, das Wort zu ergreifen. Jodok grinst: Es ist mir vor ganz kurzer Zeit, vielleicht vor einer Stunde, die Aufgabe zugefallen, über diesen Gegenstand Bericht zu erstatten und bitte daher um Nachsicht. Das Gesetz vom 10. Juni 1903 R.-G -Bl. Nr. 133 bestimmt in § 1: Die auf Grund des Gesetzes vom 9. April 1873 R.-G.-Bl. Nr. 70 registrierten Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie die vorher errichteten Vereine der im § 1 des angeführten Gesetzes bezeichneten Art sind verpflichtet, ihre Einrichtungen und ihre Geschäftsführung in allen Zweigen der Verwaltung mindestens in jedem zweiten Jahre der Prüfung durch einen der Genossenschaft beziehungsweise dem Vereine nicht angehörigen, sachverständigen Revisor zu unterwerfen. Infolge dieses Gesetzes und der dazu erschienenen Durchführungsverordnung vom 24. Juni 1903 hat sich dann das k. k. Justizministerium in einer Eingabe an den Landes-Ausschuß gewendet und denselben eingeladen, sich darüber zu äußern, ob er geneigt sei, die ihm nach § 14 zustehende Revision der Erwerbs- und Wirtschaftsgenosscnschaften vorzunehmen. Der Landes-Ausschuß hat sich in der Sitzung vom 11. August l. I. folgendermaßen geäußert: "Unter Bezugnahme auf den dortamtlichen Erlaß vom 4. Juli d. J. Z. 12.231/3 betreffend die Revision der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften beehre ich mich auf Grund heutigen Sitzungsbeschlusses mitzuteilen, daß der gefertigte Landesausschuß bisher die Revision der vom Lande subventionierten Genossenschaften (Raiffeisenvereine) nicht selbst besorgte, sondern die Revision dem Verbände der Raiffeisenvereine überließ.