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Letzte Änderung 03.07.2021, 09:51
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp09,lts1902,lt1902,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 17. Sitzung am 24 Oktober 1903 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. ------------Gegenwärtig 21 Abgeordnete. - Abwesend die Herren: Hochwst. Bischof Dr. Zobl, Dr. von Bren und Jodok Fink. Regierungsvertreter: Heer k. k. Statthaltereirat Levin Graf Schaffgotsch. Beginn der Sitzung 10 Uhr 10 Minuten vormittags. Landeshauptmann: Ich erkläre die heutige Sitzung für eröffnet und ersuche um Verlesung des Protokolles der letzten Sitzung. (Sekretär verliest dasselbe.) Hat einer der Herren gegen die Fassung des Protokolles eine Einwendung zu erheben? Kohler: Ich möchte nur die Frage stellen, ob ich nicht falsch verstanden habe, da die Gesamtsumme dieser Kosten mit 600 K doch zu diesem Brückenbau zu niedrig ist. Landeshauptmann: Der Her? Abgeordnete meinen Wolfurt? - Da heißt es 12.600 K. . Wenn niemand gegen die Fassung des Protokolles eine Einwendung zu erheben hat, betrachte ich dasselbe als genehmigt. Bevor ich den verschiedenen Herren, welche sich zum Worte gemeldet haben, dasselbe erteile, möchte ich bezüglich der heutigen Tagesordnung eine Änderung in Vorschlag bringen. Es ist mittlerweile auch der Bericht des Gemeindeausschusses über die Regierungsvorlage betreffend Feststellung des Rekrutenkontingentes gedruckt worden und samt dem diesbezüglichen Gesetzentwürfe in die Hände der Herren Abgeordneten gelangt. Wenn von keiner Seite des hohen Hauses eine Einwendung dagegen erhoben 202 XVII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903. würde, möchte ich die Anregung machen, daß dieser Gegenstand als sechster Gegenstand der heutigen Tagesordnung angegliedert werde. Wird eine Bemerkung gegen diesen Vorschlag gemacht? Es ist dies nicht der Fall, somit wird in dieser Weise vorgegangen werden. Zunächst Hut das Wort der Herr Regierungsvertreter. Regierungsvertreter: Hoher Landtag! Im Allerhöchsten Auftrage habe ich die Ehre, für die zum Ausdrucke gebrachten Glückwünsche aus Anlaß des Allerhöchsten Namensfestes Sr- k. u. k. apost. Majestät dem hohen Landtage den Allerhöchsten Dank bekannt zu geben. (Das Haus erhebt sich.) Landeshauptmann: Vor der Tagesordnung hat sich zur Stellung eines Antrages der Herr Abg. Ölz zum Worte gemeldet. Ich erteile ihm dasselbe. Ölz: Hohes Haus! Mit dem Gesetze vom 10. Juni 1903, R.-G.-Bl. Nr. 133, wurde der Zwang der Revision der Genossenschaften eingeführt. Es haben sich in Vorarlberg zirka 250 bis 300 Genossenschaften revidieren zu lassen. Ich habe in dieser Sache mit dem Kreisgerichte Fühlung genommen, beziehungsweise mit dem Hofrat Larcher, und der hat mir die Mitteilung gemacht, daß eine sehr große Anzahl Revisionen notwendig sei. Nun ist es aber selbstverständlich, daß auch Revisoren bestellt werden sollen. Solche Revisoren sind aber schwer zu suchen. Es steht nun allerdings jenen Verbänden z. B. den Raiffeisenverbänden frei, selbst Revisoren aufzustellen, aber im Großen und Ganzen wird es nicht gut gehen, solche Personen zu finden, wenigstens wie in der Besprechung zum Vorschein kam. Ich habe nun die Anschauung, es wäre gut, wenn man vom Lande Vorarlberg solche Revisoren bestellen würde. In Oberösterreich, in Niederösterreich und selbst in Tirol bestehen schon solche Revisoren seitens des Landes. Ich würde demnach aus diesen gesagten Gründen, ohne mich noch weiter darauf einzulassen, den Antrag stellen, das Land Vorarlberg solle auch einen solchen Beamten anstellen und zwar provisorisch. Der Landes-Ausschuß hat allerdings von dem Rechte, das ihm zustehen würde, die unterstützten Genossenschaften selbst revidieren zu lassen, dermalen abgesehen und das dem Justizministerium mitgeteilt. Mein Antrag baut sich nicht aus dieser Entschließung auf. Ich möchte den Genossenschaften vom Lande Vorarlberg Gelegenheit geben, daß sie sich an einen Mann wenden könne>, und zwar an einen vertrauenswürdigen Mann, wo sie wissen, daß über die Revision Stillschweigen beobachtet wird. Dem Lande erwachsen durch die Bestellung eines solchen Mannes nicht viele Auslagen. Es ist nämlich gesetzlich festgestellt, daß jene Genossenschaften, welche revidiert werden, eine Gebühr zu bezahlen haben. Das Land wird also ungefähr denselben Betrag einnehmen, den es für den Mann ausgeben muß. Gut wird es unbedingt immer sein, wenn ein Beamter zur Revision kommt. Es hat ein ganz anderes Gesicht, als wenn sonst ein Mann kommt, der vielleicht nicht einmal in einer guten sozialen Stellung ist. Aus diesem Grunde stelle ich folgende Anträge: (liest) der hohe Landtag wolle beschließen: "1. Es wird mit 1. Jänner 1904 provisorisch ein Beamter angestellt zwecks Revisionen im Sinne des Reichsgesetzes vom 10. Juni 1903, R.-G.-BI. Nr. 133. 2. Der Landes-Ausschuß wird beauftragt, sich um eine geeignete Persönlichkeit umzusehen, mit derselben einen provisorischen Vertrag abzuschließen und dem Landtage seinerzeit hierüber Bericht zu erstatten." Landeshauptmann: Dieser Antrag ist ein selbständiger, auf welchen die nach § 24 der Geschäftsordnung vorgesehene Bestimmung Anwendung zu finden hat. Nach § 24 der Geschäftsordnung ist der Antrag in Druck zu legen und mindestens 24 Stunden vor der Verhandlung unter die Herren Abgeordneten zu verteilen. Wenn jedoch von keiner Seite dieses Verlangen gestellt wird, würde ich den Antrag auch ohne Drucklegung auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung setzen. Thurnher: Ich würde beantragen, zur Abkürzung des Verfahrens, daß dieser Antrag sofort dem volkswirtschaftlichen Ausschusse zugewiesen werde. Landeshauptmann: Wenn die Zuweisung an den volkswirtschaftlichen Ausschuß gewünscht wird, habe ich nichts dagegen einzuwenden. XVII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903. 203 Es ist also der Antrag gestellt worden, daß dieser selbständige Antrag des Herrn Abg. Ölz zur Vorberatung an den volkswirtschaftlichen Ausschuß verwiesen werde. Wird eine Einwendung dagegen vorgebracht? Es ist dies nicht der Fall, somit nehme ich an, daß das hohe Haus zustimmt. Der Herr Abg. Dr. v. Preu hat sich mittelst Schreibens für die heutige Sitzung entschuldigt, weil er infolge Erkrankung Bludenz nicht mehr verlassen kann. Ferner hat sich der Herr Abg. Jodok Fink für die heutige Sitzung aus familiären Gründen entschuldigt. Endlich habe ich noch dem hohen Hause mitzuteilen, daß dem Landes-Ausschusse eine Einladung an die Herren Abgeordneten zugekommen ist zur Teilnahme an dem Mittwoch, den 28. d. M. im Gasthause zur "Post" in Hohenems stattfindenden Vorarlberger Gastwirtetag, was ich bitte zur Kenntnis zu nehmen. Wir kommen nun zur Tagesordnung. Auf derselben steht zunächst als erster Gegenstand der Bericht des Fiuanzausschnsses in Sachen der Herausgabe einer Wandkarte von Vorarlberg. Berichterstatter über diesen Gegenstand ist der Herr Abg. Luger. Ich erteile ihm das Wort. Lüger: Hoher Landtag! In Sachen der Herausgabe einer Wandkarte von Vorarlberg hat der Finanzausschuß am 13. Oktober eine Sitzung abgehalten, welcher beiwohnten der Herr Regierungsvertreter Graf Schaffgotsch als Vorsitzender des Landesschulrates, Herr Landesschulinspektor Baldauf und die Mehrzahl der Herren Abgeordneten. Bei dieser Sitzung wurde sowohl die Dankschrift des Herrn Landesschulinspektors, als auch der Vertragsentwurf mit der Firma Kümmerly & Frei in Verhandlung gezogen und wurde über diese Angelegenheit eine längere Debatte geführt, welche einstimmig dahin führte, daß die Herausgabe einer solchen Wandkarte ein dringendes Bedürfnis sei. Ich halte es daher nicht für notwendig, vorderhand ins Detail weiter einzugehen und gebe besannt den Antrag des Finanzausschusses, welcher dahin geht: (liest den Antrag aus Beilage LV.) Ad Punkt 2 des Antrages ist nach der Drucklegung eine Änderung vorgenommen worden, daß 300 Kronen für den Steinzins eingesetzt wurden sowohl in der Hauptsumme von 13.300 Kronen als auch in der letzten Jahresrate. Ebenso wurde zum Worte "Ausbezahlung" "über Anweisung des Landesschulrates" beigesetzt. Landeshauptmann: Bei Punkt 1 des Antrages ist ein Druckfehler zu berichtigen. "Dem vorgelegten Vertragsentwürfe" muß es heißen. Indem ich über diesen Gegenstand die Debatte eröffne, sei es mir gestattet, nur weil ich an dieser Kartenfrage schon seit einer Reihe von Jahren sehr stark interessiert, beziehungsweise mit derselben verquickt war, einige Bemerkungen vorauszuschicken. Im Jahre 1886 ist zum erstenmale die Absicht zu Tage getreten, an Stelle der seinerzeit als sehr gut befundenen, aber doch durch die Dauer der Jahre veraltet gewordenen Karte von Randegger, eine neue Wandkarte Vorarlbergs unter Berücksichtigung der neuen kartographischen Fortschritte herauszugeben. Es sind diesbezüglich mit meiner Wenigkeit Verhandlungen gepflogen worden betreffs vorschußweiser Übernahme der hiefür erlaufenden Kosten. Damals wurden die Verhandlungen eingeleitet mit dem Schweizer Kartographen Professor Gerster, welcher in der damaligen Zeit - im Jahre 1886 - noch ein rüstiger Mann war und welchem in der Schweiz ein hervorragender Ruf als Kartographen vorausgegangen ist. Derselbe hatte schon vor dieser Zeit eine Reihe von Kartender Kantone im offiziellen Auftrage der Kantonalregierungen zur vollsten Zufriedenheit der Behörden herausgegeben und angefertigt, so z. B. Wandkarten der Kantone Bern, Aargau und verschiedener anderer. Es war bei uns geplant, eine Handkarte für Schüler herauszugeben und im späteren Verlaufe eine große Wandkarte des Landes. Diese Handkarte ist in der Zeit, als der Herr Landesschulinspektor Billek noch im Amte war, vollendet worden und dann allerdings unter dem Namen "Hand- und Touristenkarte für Vorarlberg" herausgegeben worden und zwar in zwei verschiedenen Auflagen. Diese Touristenkarte, welche heute noch gebräuchlich ist und verkauft wird, hatte einen ganz bedeutenden Absatz gefunden, und es ist auch über dieselbe wenig Tadel, sondern im Gegenteile viel Lob gehört worden. Nachdem die Touristenkarte vollendet war, welche dann auch auf Grund von Gutachten hervorragender Kartographen des Landes seitens des Landesschulrates 204 XVII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903. dem k. k. Unterrichtsministerium empfehlend in Vorlage gebracht wurde, schritt man weiter zur Ausführung der geplanten Wandkarte, und tatsächlich wurden vom Autor, Professor Gerster, bereits die Steine für die Schrift und für die Gewässer und Höhenkurven vollendet und in Vorlage gebracht, sowie Abdrücke davon vorgenommen. Da kam die lange Krankheit des Herrn Landesschulinspektors Billek dazwischen und ist schließlich derselbe mit Tod abgegangen, und feilt Nachfolger, der Herr Landesschulinspektor Kiechl, hatte in der Frage andere Anschauungen. Er hielt es für notwendiger, zuerst bevor die Wandkarte herauskam, eine kleine Schülerkarte herauszugeben. Diese unerwartete Änderung in beut Plane seitens des Landesschulrates verursachte eine große Verzögerung in der Ausfertigung der erstgedachten Arbeit. Der Verfasser der Karte mußte sich mit dem geographischen Institute von Wien in Verhandlung setzen, es wurden neue Steine angefertigt etc. und schließlich kam dann diese kleine Karte heraus. Dieselbe wurde ebenfalls empfehlend in Vorlage gebracht und seitens des k. k. Unterrichts-Ministeriums genehmigt. Kaum aber war sie herausgegeben, da hat sich eine große Anzahl von Kritikern gefunden, welche neben manchen anderen Sachen insbesondere verschiedene orthographische Bezeichnungen von Orts- und Flußnamen beanstandeten. Ich möchte zur Ehrenrettung des alten Herrn Professors Gerster hier nur anführen, daß gerade bezüglich dieser beanstandeten angeblichen Fehler seitens des Ministeriums dem Verfasser geradezu vorgeschrieben wurde, die Orts- und Flußnamen so zu schreiben, daß also auf diesem Gebiete die Karte auf Anordnung der Referenten im Unterrichtsministerium direkt umgeändert werden mußte. Nun verging wieder eine lange Zeit. Der Herr Professor wurde alt. und die zahlreichen schweren Schicksalsschläge in seiner Familie haben ihn sehr darniedergebeugt. In diese Zeit fällt dann die erste Konferenz, welche in dem heutigen Berichte erwähnt ist. Zu derselben wurde auch Herr Professor Gerster eingeladen und ihm die Frage vorgelegt, wie es mit dem Fortschritte der Wandkarte stehe. Professor Cerster hat bei dieser Konferenz zahlreiche Vorarbeiten vorgelegt, aus welchen man entnehmen konnte, daß in dieser Richtung schon sehr viel geschehen sei, aber die Kommission kam zu der Überzeugung, daß eine mit den jetzigen Fortschritten, welche die Kartographie gemacht hat, und unter entsprechender sonstiger Hilfe, welche damals noch offen gehalten wurde, also eilte nach dem neuesten Systeme anzufertigende Karte vorzuziehen sei. Immerhin aber waren auch die Arbeiten, welche Herr Professor Gerster für die Wandkarte geleistet hatte, für die Kommission eine dankenswerte Vorarbeit und die Kommission konnte nicht umhin, dem Herrn Professor für seine langjährigen Mühen und Arbeiten ihre Anerkennung auszusprechen, was ich heute, einer innern Pflicht folgend, auch an dieser Stelle zum Ausdrucke bringen möchte. Ich selbst bin mit dieser Karte sehr eng verwachsen gewesen, speziell was den finanziellen Teil anbelangt in sehr unangenehmer Weise. Dessenungeachtet freue ich mich, wenn es der Leistungsfähigkeit der Firma Kümmerly und Frei gelingen sollte, ein monumentales Kartenwerk für unser engeres Heimatland zustande zu bringen. Damit ist also die Debatte eröffnet. Wenn niemand das Wort zu ergreifen wünscht, so ist die Debatte geschlossen. - Wünscht der Herr Berichterstatter noch etwas beizufügen? (Luger: Nein.) Dann kann ich zur Abstimmung schreiten. Die Herren haben den Antrag des Finanzausschusses gehört. Ich ersuche jene Herren, welche diesem Antrage ihre Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von ihren Sitzen zu erheben. Angenommen. Somit wäre dieser Gegenstand erledigt; das Wort hat noch der Herr Regierungsvertreter! Regierungsvertreter: Meine hochgeehrten Herren! Für das soeben abgegebene Votum gestatte ich mir im Namen des Landesschulrates den wärmsten Dank auszusprechen. Ihr Beschluß, meine Herren, bekundet neuerdings in munifizenter Weise das Interesse, welches Sie dem Schulwesen entgegenbringen; Sie ehren dadurch sich selbst und das Land! Vor allem darf ich bei betn Ausdrucke dieses Dankes wohl die Verdienste des hochgeehrten Herrn Landeshauptmannes hervorheben, der stets ein Hauptförderer und Träger des Unternehmens war und für dasselbe große Opfer jeder Art gebracht hat. Möge das Werk dem Lande in seiner heranwachsenden Jugend lohnen, denn es wird, wie schon der Herr Landesschulinspektor hei der Vorberatung XVII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903. 205 betonte, in Wahrheit ein hervorragendes Förderungsmittel für die Heimatkunde werden; - und Ihre schöne Heimat kennen, heißt sie lieben! Landeshauptmann: Der zweite Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des landwirtschaftlichen Ansschusses über die Abänderung mehrerer Paragraphen des Statutes für die Landes Hypothekenbank. Über diesen Gegenstand ist Berichterstatter der Herr Abg. Hirschbühl. Ich erteile ihm das Wort. Hirschbühl: Hohes Haus! Nachdem der Bericht sich erst seit kurzer Zeit in den Händen der Herren Abgeordneten befindet, erlaube ich mir, denselben zur Verlesung zu bringen: (liest den Bericht aus Beilage LVI). Landeshauptmann: Bevor ich die einzelnen Paragraphen zur Verlesung bringen lasse, möchte ich das hohe Haus fragen, ob einer der Herren im allgemeinen über die Anträge, also gewissermaßen in der Generaldebatte, das Wort zu ergreifen wünscht. - Wenn dies nicht der Fall ist, wird der Herr Berichterstatter so freundlich sein, jeden einzelnen Paragraphen zu verlesen, damit die Herren Gelegenheit haben, in der Spezialdebatte das Wort zu ergreifen. Hirschbühl: (Liest § 3.) Landeshauptmann: Zu diesem Punkte hat sich der Herr Abg. Thurnher zum Worte gemeldet. Ich erteile ihm dasselbe. Thurnher: Die Regierung hat seinerzeit ursprünglich bei der Vorberatung des Statutes für die Landeshypothekenbank die Forderung eines Garantiefondes von 50.000 fl. - 100.000 K, später, nachdem der Landes-Ausschuß in Anbetracht der geringen Landesmittel dagegen vorstellig geworden ist, die Forderung eines Garantiefondes von 30.000 fl. = 60.000 K gestellt. Von dieser Forderung ist die Regierung damals trotz weiterer Bemühungen des Landes-Ausschusses nicht abgegangen. Das Land hat, um die Mittel zu diesem Fonde zu beschaffen, keinen anderen Ausweg gewußt, als beim Landeskulturfonde gleichsam ein Anleihen zu machen. Dieses Anleihen wurde der Hypothekenbank übergeben und an den Landeskulturfond verzinst; und zwar hat nicht die Hypothekenbank als solche, sondern das Land an den Landeskulturfond die Zinsen gezahlt, während das Land seinerseits nicht berechtigt ist, bei der Hypothekenbank irgendeine Zinsentschädigung zu fordern. Bei den übrigen in Österreich bestehenden Hypothekenbanken, welche schon bedeutend länger bestehen, wurde eine solche Forderung nicht erhoben. Nur bei der Hypothekenbank der Markgrafschaft Mähren und jener der Markgrafschaft Istrien sind solche vom Lande geleistete Garantiefonde in der Höhe von 100 000 K vorhanden. Wir haben nun im Landes-Ausschusse, und ich glaube auch im Lande, die Anschauung, die Hypothekenbank sollte ihre gesamte Tätigkeit vorzüglich darauf konzentrieren, den Hypothekarschuldnern tunlichst billiges Geld zu verschaffen, und aus diesem Grunde wird auf das rasche Anwachsen des Reservefondes, welcher, wie bereits im Berichte hervorgehoben ist, trotz des kurzen Bestandes der Hypothekenbank die ansehnliche Höhe von 23.000 K erreicht hat, kein besonderes Gewicht gelegt. Bei Aufrechterhaltung und Wahrung der möglichst zit berücksichtigenden Interessen der Hypothekarschuldner sollte die Hypothekenbank aber doch auf eigenen Füßen stehen. Daher sollten keine besonderen außerordentliche Zuflüsse vom Lande in Form von Zinsen des gestellten Garantiefondes notwendig sein, und dies umso weniger, - als die Zinsen des Garantiefondes im beiläufigen Betrage von jährlich 2400 K als Gewinn der Anstalt angesehen werden und daher der Besteuerung unterliegen. Aus dem Zinsengewinne der Hypothekenbank, aus dem Garantiefonde muß dieselbe bei Zurechnung von 170 % Zuschlägen der Stadt und 40 % Zuschlügen des Landes über 740 Kronen Steuer entrichten. Die Aufrechterhaltung des vom Lande beigestellten Garantiefondes ist absolut unnotwendig. Die Gesamthaftpflicht des Landes für alle von der Landeshypothekenbank eingegangenen Verpflichtungen und Verbindlichkeiten muß vollständig hinreichen, und es wird bei Auflassung dieses Separatfondes niemand geschädigt. Wir besitzen zwar kein besonderes Landesvermögen mit Ausnahme einiger kleinerer Fonde, aber bei der vollständig geordneten Finanzlage des Landes genügt die einfache Haftpflicht. Auf der anderen Seite stehen wir vor der Ausführung großer 206 XVII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. L Session der 9. Periode 1903. Unternehmungen. Straßen-, Bahn- und Wasserbauten, Flußregulierungen und Wildbachverbauungen nehmen die Kräfte des Landes sehr in Anspruch. Der Herr Berichterstatter hat bereits mit Recht den Ausspruch getan, daß wir keine Schulden machen wollen; dagegen brauchen wir notwendig die Einkünfte des Landeskulturfondes, der aber durch Überweisung von 60.000 K an die Hypothekenbank diesbezüglich sehr geschmälert worden ist. Der Grund, warum die Regierung die bezügliche Forderung an das Land gestellt hat, liegt in einer Anschauung des k. k. Justizministeriums, anläßlich der von demselben erfolgten Begutachtung des Projektes der Errichtung der Bank. Bon kompetenter Seite wurde mir über die Begründung dieser Forderung beziehungsweise Anschauung folgendes mitgeteilt: (liest) "Die mehr patriarchalische> Kreditverhältnisse Vorarlbergs äußern sich insbesondere in der Richtung, daß die Hypothekarschuldner vielfach gewöhnt sind, die Zahlungstermine zu überschreiten und von ihren Gläubigern Fristerstreckungen zu erwirken. Dieses zum Teile wohl auch in wirtschaftlichen Verhältnissen begründete Verhalten ist für eine Pfandbriefanstalt, als welche sich die Vorarlberger Hypothekenbank darstellt, insofern von nachteiliger Wirkung, als diese Anstalt wenigstens im Anfange nur über die Beträge verfügt, welche ihr seitens ihrer Schuldner zufließen, während sie ihrerseits zu ganz bestimmten und unabänderlichen Terminen an die Pfandbriefbesitzer Zahlungen zu leisten hat, deren Höhe jeweilig nur um ein Geringes niedriger ist, als die Gesamtsumme der zu den einzelnen Terminen seitens der Bankschuldner einzuzahlenden Beträge. Es besteht somit die Gefahr, daß selbst ein an sich nicht bedeutender Rückstand in den Einzahlungsverbindlichkeiten der Bankschuldner, namentlich im Anfange, sogar die Solvenz der Bank für einige Zeit in Frage stellen und einerseits das Land zur Leistung unvorhergesehener Vorschüsse an die Bank nötigen, andererseits die Bankverwaltung zwingen könnte, mit einer bisher nicht üblichen Strenge auf die pünktliche Einhaltung der Zahlungstermine seitens der Schuldner zu dringen und so in einzelnen Fällen vielleicht sogar Katastrophen über die Hypothekarschuldner herauf zu beschwören." Also diese Gründe und Erwägungen der Justiz waren es, welche die Ministerialvereinskommission veranlaßt haben, die Forderung von 50.000 st. und später eine solche von 30.000 fl. als Garantiefond zu stellen. Ich glaube, diese Bedenken des Justizministeriums sind durch die bisherige Tätigkeit und die Erfolge der Hypothekenbank nicht gerechtfertigt worden, und wir werden seitens des Landes-Ausschusses nicht ermangeln, bevor wir die beantragte Abänderung der Sanktion zuführen wollen, vorher von der Direktion der Hypothekenbank einen eingehenden Bericht abzuverlangen, in welchem über die bisherigen Ergebnisse und Vorkommnisse gerade in dieser Beziehung genau Aufschluß zu geben sein wird. Es kann das Bedenken der Regierung schon aus dem Grunde nicht stichhaltig und zutreffend sein, weil dieser Fond nicht so fluktuierend ist, daß er gleich verwendet werden kann, da er in sicheren Wertpapieren angelegt werden muß und daher gerade das, was die Regierung mit demselben zu erzielen glaubt, doch nicht erreicht wird, nämlich daß die Hypothekenbank zeitweilig über genügende Barmittel verfügen, und daß dies durch den Garantiefond geschehen könne. Aus diesem Grunde möchte ich dem hohen Hause die Annahme des § 3 dringend empfehlen, weil, wie den Herren bekannt ist, die Erträgnisse des Landeskulturfondes schwer entbehrt werden und weil ja gerade jetzt für die Hebung der Kultur sehr viele Auslagen vom Lande geleistet werden müssen und die große dem Landeskultursonde entnommene Summe vom Lande anderweitige Verwendung finden soll. Landeshauptmann: Wer wünscht noch weiter das Wort? Ölz: Der Herr Vorredner hat sehr gut ausgeführt, daß der Hypothekenbank dieser Fond, welchen das Land beigestellt hat, gar nicht zur freien Verfügung steht. Wenn sie in Verlegenheit wäre, müßte die Hypothekenbank ihre pupillarsicheren Papiere verkaufen, und dieses würden wir nicht tun dürfen, da 8 3 bestimmt, daß wir sie anlegen müssen. Diese Begründung ist sohin völlig hinfällig. Dann ist auch schon durch den letztjährigen Rechnungsabschluß dargetan worden, daß diese "patriarchalischen" Zustünde bei der Hypothekenbank nicht bestehen. Wir haben nämlich mit Schluß 1902 5 7a Millionen Pfandbriefe ausgegeben und in derselben Höhe Hypotheken gehabt- Bei der XVII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903. 207 Hypothekenbank muß bekanntlich vorausgezinst werden, und wir haben an Borauszinsen, vom 1. November bis 1. Mai nur 45.000 K. gut gehabt, also kann am 1. Jänner 1903 nach dem Rechnungsabschlüsse von einem patriarchalischen Zustand und von einer daraus entspringenden Verlegenheit nicht geredet werden. Die Regierung wird, wenn sie den Rechnungsabschluß anschaut, finden, daß ihre damalige Befürchtung vollständig unbegründet war. Wir wollen hoffen, daß deshalb dem Lande auf diese Weise entgegengekommen wird. Landeshauptmann: Wenn niemand mehr das Wort zu ergreifen wünscht, so ist die Debatte geschlossen. Hat der Herr Berichterstatter noch etwas beizufügen? (Hirschbühl: Nein.) Dann kann ich § 3 zur Abstimmung bringen. Ich ersuche jene Herren, welche dem § 3 in der neuen Fassung ihre Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von ihren Sitzen zu erheben. Angenommen. Hirschbühl: (liest § 8). Landeshauptmann: Wer wünscht zu § 8 das Wort? Wenn niemand sich zur Debatte meldet, so kann ich annehmen, daß das hohe Haus zu § 8 in der Fassung, wie er soeben vom Herrn Berichterstatter verlesen wurde, seine Zustimmung gibt. Hirschbühl: (liest § 10). Landeshauptmann: Wünscht jemand das Wort zu § 10? Der Herr Abg. Pfarrer Mayer! Pfarrer Mayer: Es ist mir ausgefallen, daß die Beträge von 0000 K, 4000 K und 100 K, welche früher in den Paragraph hineinbezogen waren, fallen gelassen wurden. Ich spreche nicht von 100 K, aber ich glaube, daß man vielleicht die Pfandbriefe von 4000 K doch bestehen lassen sollte. Ich denke, daß dies allerdings weniger für Private Wert hätte, als vielmehr für Fonde, z. B. Kirchenvermögen. Da sucht man für die nach und nach zurückbezahlten Hypothekarkapitalien Pfandbriefe anzukaufen. Da wäre es doch angenehmer, wenn man mit weniger Pfandbriefen zu manipulieren hätte. Wenn man z. B. nach und nach 20.000 K in Pfandbriefen anlegen will, so ist man heute gezwungen, solche zu 1000 bis zu 2000 K anzukaufen, welche zwar alle mit der Zeit in solche von 2000 K umgewandelt werden können. Angenehmer wäre es doch, wenn die Anlegung in Pfandbriefen zu 4000 K und 6000 K geschehen könnte, denn dann hätte man nur mit 4 oder 5 Pfandbriefen zu tun und sonst mit 10. Ich wollte das nur erörtert haben und um Aufschluß bitten, was Veranlassung gegeben hat, daß man die Pfandbriefe zu 4000 und 6000 K fallen läßt. Ölz: Als wir seinerzeit vor Eröffnung der Hypothekenbank die Drucksorten bestellten, sind wir zu Rate gegangen, ob es gut sei, so viele Pfandbriefdrucksorten anzuschaffen. Ich bin damals auch bei meiner Bereifung mit den anderen Hypothekenbanken in Unterhandlung getreten, und die Herren haben mir gesagt: "Schaffen Sie nicht so viele Pfandbriefdrucksorten an; es ist viel praktischer, Sie haben weniger Kataster und nicht so viele Sorten Koupons; es ist auch eine große Erleichterung, wenn Sie nicht so große Stücke haben." Wir haben uns nun damals dieser Anschauung angeschlossen; wir haben uns dieselbe nicht selber gebildet, sondern ich habe mir diese Anschauung von den andern Hypothekenbanken geholt. Und nun haben wir durch die vier Jahre des Bestandes der Hypothekenbank auch gefunden, daß wir das Auskommen voll und ganz finden. Es hat selten jemand ein höheres Stück verlangt. Wenn Gelder von Stiftungen angelegt werden, so bekommen sie ohnedies alles vinkulierte Pfandbriefe und über Wunsch werden sie wieder ausgetauscht, selbst wenn es 1000 sind, tauscht man sie wieder ein, da ist also auch bei Stiftungen die Arbeit nicht so groß, sie brauchen nur die Quittung auszufüllen, ob sie ein oder zwei Stücke mehr bekommen, macht keine so große Arbeit, für die Bank selber aber ist es eine Erleichterung. Wenn wir später eine Verlosung vornehmen müssen, dann haben wir immer mit diesen Stücken zu rechnen. Wenn wir anstatt der Stücke zu 4000 K nur mehr solche mit 2000 K haben, so erleichtert das die Manipulation 208 XVII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903. bedeutend. Wir kommen den Leuten natürlich entgegen, daß sie nach Tunlichkeit Pfandbriefe zu 2000 K bekommen; ich glaube daher, wir sollten bei dem bleiben, was sich in der Praxis als gut erwiesen hat. Landeshauptmann: Wünscht noch jemand das Wort? Da sich niemand meldet, schreiten wir zur Abstimmung. Gegenantrag ist keiner gestellt, ich ersuche daher jene Herren, welche dem Ausschußantrage zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Hirschbühl: (liest § 47). Landeshauptmann: Wer wünscht zu § 47 das Wort? Dr. Schneider: Hohes Haus! Wie Sie aus dem Motivenberichte ersehen, wurde hier bei § 47 die Bestimmung getroffen, daß Direktionsmitglieder der Landeshypothekenbank nicht gleichzeitig Mitglieder des Landes-Ausschusses sein können. Der Sinn dieser Bestimmung und der Zweck derselben ist klar: wir sehen im § 52 wiederholt, daß der LandesAusschuß der Direktion der Hypothekenbank gegenüber als Aufsichtsbehörde, als entscheidende und Kontrollbehörde fungiert. Es ist nun naheliegend, eine Bestimmung zu treffen, daß derjenige, welcher die Hypothekenbank verwaltet, nicht zugleich der Aufsichtsbehörde angehören soll. Diese Bestimmung ist jedenfalls ganz zweckmäßig. Die Begründung der Abänderung dieser Bestimmung damit, daß die Direktoren der Hypothekenbank nicht definitive Beamte mit Pensionsberechtigung sind, ist allerdings ganz richtig, aber immerhin ist ihre Tätigkeit von hervorragender Bedeutung, welche die Kraft eines Mannes voll in Anspruch nimmt, also wohl als eigentliche Beamtenstellung angesehen werden muß; ich glaube daher, man hätte diese Bestimmung belassen sollen. Die Tiroler haben sie allerdings auch nicht in dem Statute, aber vielleicht hätten die Tiroler einmal von uns das Gute nehmen und von uns abschreiben können. Wenn man den Direktionsmitgliedern den Landes-Ausschuß nicht verschließen will, so hätte man § 47 etwas weiter fassen sollen. Es heißt nämlich in diesem Paragraphen, wenn ein Direktionsmitglied die Stelle eines Landes-Ausschusses bekleidet, so steht demselben in Sachen der Hypothekenbank im Landes-Ausschusse kein Stimmrecht zu. Nehmen wir nun den Fall an, es läute eine Differenz zwischen dem Landes-Ausschusse und der Hypothekenbankdirektion vor, so wäre es wohl zweckmäßig, das Hypothekenbankdirektionsmitglied auch von der eigentlichen Beratung auszuschließen. Die Möglichkeit eines solchen Konfliktes ist ja gegeben. Wenn ein Konflikt entstehen würde, so ist es schließlich doch bedenklich, daß das betreffende Direktionsmitglied an der Beratung in der Aufsichtsbehörde teilnimmt und sich erst entfernt, wenn es zur Abstimmung kommt. Ich hätte geglaubt, der § 47 sollte eine Bestimmung dahin treffen, daß, wenn ein Direktionsmitglied der Hypothekenbank die Stelle eines LandesAusschusses bekleidet, dieses Mitglied des LandesAusschusses in den die Hypothekenbank betreffenden Angelegenheiten weder an den Beratungen noch an der Abstimmung teilnehmen darf, und möchte ich dies angeregt haben. Ölz: Herr Dr. Schneider hat geglaubt, es wäre gut, wenn man ein solches Landes-Ausschußmitglied nicht nur von der Abstimmung, sondern auch von der Beratung ausschließen würde. Nun ist aber oft gerade das Gegenteil der Fall, daß man zu den Beratungen berufen wird, um in der Sache Aufklärungen zu geben. Ich habe also die Anschauung, daß es, solange es sich nur um sachliche Meinungsverschiedenheiten handelt, - denn wenn es eine persönliche Differenz betrifft, so ist es ja selbstverständlich, daß ein solches Ausschußmitglied davongeht - ganz gut ist, wenn es an der Beratung teilnimmt und mitreden kann, denn man muß ja Aufklärung geben u. s. w. In Tirol haben sie nicht einmal diese Einschränkung, wie wir sie planen, sondern dort darf ein solches Ausschußmitglied auch mitstimmen. Sie müßten, wenn sie dem Antrage nicht zustimmen, sonst soweit gehen, Direktionsmitglieder der Hypothekenbank überhaupt vom Landtage auszuschließen. (Dr. Schneider: Das tun wir nicht!) Bitte, lesen Sie § 53 des Hypothekenbankstatutes. dort steht ausdrücklich: "die oberste Aufsicht wird von dem Landtage selbst geübt." Es wäre also, ich möchte sagen, eine Art Inkonsequenz, wenn ein Hypothekenbankdirektionsmitglied im Landtage mitreden und mitstimmen kann nach Belieben, XVII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 8. Periode 1903. 209 und im Landes-Ausschusse, wenigstens wie die Sache bisher eingerichtet war, nicht. Wir haben daher für recht befunden, daß ein solches Mitglied zwar mitberaten kann, aber an der Abstimmung in Hypothekenbankangelegenheiten nicht teilnehmen darf. Ich glaube, daß diese Fassung nicht so weitgehend ist, daß sie nicht mit § 52 im Einklange wäre, und deshalb glaube ich, sollen wir diese Bestimmung so annehmen, wie der Ausschuß sie vorgeschlagen hat. Landeshauptmann: Wer wünscht noch weiter das Wort? Dr. Schneider: Ich möchte mir erlauben, noch einmal das Wort zu nehmen und möchte nur vorausschicken, daß meine Einwendung selbstverständlich keine persönliche Spitze hat. Ich muß aber bemerken, daß es doch, wenn, wie gesagt, der LandesAusschuß in einen Konflikt mit der Direktion der Hypothekenbank gerät - das ist doch möglich - für den einzelnen Landes-Ausschuß sehr unangenehm ist, wenn derjenige, über dessen Geschäftsgebarung beraten werden soll, an dieser Beratung selbst teilnimmt. Es ist klar, daß der Landes-Ausschuß als Aufsichtsbehörde seinen Angestellten fragen wird, wie sich die Sache verhält und sich im Bedarfsfälle informieren lassen wird. Aber ich glaube, daß es für den Landes-Ausschuß angenehm und zweckmäßig wäre, wenn das Direktionsmitglied der Hypothekenbank bei der Beratung nicht anwesend wäre und an den Verhandlungen, die stattfinden, nicht teilnehmen könnte. Antrag stelle ich keinen, weil er ja doch nicht aufgenommen würde. Ölz: Ja, wenn irgend welche Bedenken entstehen, habe ich gar nichts entgegen, ich wollte nur aufmerksam machen, daß § 53 eine solche Einschränkung nicht hat. Ich würde mich schließlich auch nicht dagegen sträuben, wenn man es beschließen würde. Thurnher: Ich möchte einen Vermittlungsantrag stellen. Von der Beratung möchte ich das betreffende Mitglied nicht gerade ausschließen, weil doch oftmals Aufschlüsse gefordert werden müssen. Aber es könnte ein Zusatz gemacht werden, daß ein solches Mitglied bei der Abstimmung nicht anwesend sein darf, sondern vor bei fetten sich entfernen muß: (liest) ". . . und hat dasselbe vor der Abstimmung abzutreten". Landeshauptmann: Es liegt also zu § 47 ein Zusatzantrag vor, wonach nach dem Schlußworte" Hypothekenbank" noch anzufügen wäre: ". . . . und hat dasselbe vor der Abstimmung abzutreten." Ich bringe zunächst den Ausschußantrag zur Abstimmung und dann den Zusatzantrag. Diejenigen Herren, welche mit dem Ausschußantrage einverstanden sind, bitte ich, sich von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Dann ersuche ich jene Herren, welche dem eben verlesenen Zusatzantrage des Herrn Abg. Thurnher beistimmen, sich von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Hirschbühl: (liest § 52). Landeshauptmann: Wer wünscht das Wort zu § 52? - Wenn niemand sich meldet, betrachte ich denselben als mit Ihrer Zustimmung versehen, ebenso Punkt 2 der Ausschussanträge, welcher lautet: (liest denselben aus Beilage LVi); wenn niemand zu diesem Punkte das Wort ergreift, erkläre ich denselben als angenommen, und dieser Gegenstand ist somit erledigt. Nächster Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses in Sachen der Errichtung einer Bau- und Kunsthandwerkerschule im Lande. Berichterstatter für diese Angelegenheit ist Herr Abg. Dr. Drexel; ich erteile ihm das Wort. Dr. Drexel: Hohes Haus! Es handelt sich heute nicht mehr darum, abermals die Notwendigkeit einer solchen Schule vom gewerblichen Standpunkte aus der Öffentlichkeit und der Regierung gegenüber zu betonen. Der Landtag hat sich oft genug mit dieser Angelegenheit beschäftigt, und hat mit aller wünschenswerten Stimmeneinhelligkeit sich ausgesprochen. Die Regierung machte in letzter Zeit eine ziemlich freundliche Miene. Erst in den letzten Monaten zogen sich wieder schwere Wolken zusammen, und es fängt an ungemütlicher zu werden, und 210 XVII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9. Periode 1903. man hört den Ruf: "Wer zahlt?", und beim zahlen hört gewöhnlich die Gemütlichkeit auf. Heute bleibt nichts anderes übrig, als entweder die Regierung zu bewegen, daß sie einen großen Teil der Kosten übernimmt, oder aber für Jahre hinaus auf eine derartige Schule zu verzichten. Der vorgelegte Kostenvoranschlag hat eine derartige Höhe erreicht, daß die Städte und das Land sofort erklärten, nicht in der Lage zu sein, eine derartige Schule zu bauen. Der Bericht führt nun an, daß in Vorarlberg das genügende Schülermateriale vorhanden ist, er führt weiter in einer Tabelle an, daß auch die Bedenken nicht gerechtfertigt sind, es fehlte in Vorarlberg an gewerblichen Zentren, und an dritter Stelle möchte ich besonders erwähnen die statistische Zusammenstellung über das gewerbliche Bildungswesen in Österreich. Ein Statistiker behauptete einmal, daß heutzutage Zahlen alles beweisen und man ohne Zahlen nichts beweisen könne. Ich möchte zwar diesen Grundsatz nicht ganz einfach annehmen, weil ich die altehrwürdige Dialektik nicht heruntersetzen will, aber in diesem Falle beweisen die Zahlen mehr als genug. Ein Blick auf Vorarlberg und ein nur oberflächlicher Vergleich mit den anderen Ländern sagt uns, daß es wahr ist, was im Berichte gesagt ist, daß Vorarlberg stiefmütterlich behandelt wird. Nehmen Sie die Abteilung "Erwerbsteuer", so finden Sie, daß in Vorarlberg auf 100 Personen 200 Kronen Erwerbsteuer kommen und sehen somit, daß nur Niederösterreich eine höhere Summe an den Staat abliefert. Gehen wir zur zweiten Reihe, dort finden wir die Anzahl der Schulen, und zwar Vorarlberg nur mit einer Schule, während z. B. Salzburg mit zwei Schulen versorgt ist, welche beide gut dotierte Staatsgewerbeschulen sind, während wir Vorarlberger hier im Berichte zwar einen fettgedruckten Einser, in Wirklichkeit aber eine sehr kleine Schule haben. Es handelt sich um die Stickereischule in Dornbirn; es erscheint als nützlich, ja sogar als notwendig, daß wir heute auch uns zu Gemüte führen, mit welchen Bestimmungen die Regierung diese einzige Schule eingeführt hat. Es war im Jahre 1889, als die Regierung die Geneigtheit aussprach, eine derartige gewerbliche Fachschule im Lande zu errichten, dabei bemerkte sie aber, daß für diesen Zweck nur bescheidene Mittel in Aussicht genommen werden können, und daß es sich zunächst nur um eine Schule auf möglichst einfacher Grundlage handeln könne. Also die einzige gewerbliche Fachschule, welche wir haben, auch die wurde nur mit bescheidenen Mitteln gegründet, und wenn man noch bedenkt, daß das Land in den letzten Jahren bedeutende Summen - das letzte Jahr 7000 Kronen - für diese Anstalt bezahlt hat, wird man mir recht gebe>, wenn ich sage, wenn man hätte boshaft sein wollen, so hätte matt auch diese einzige Schule noch streichen können, indem sie eine "staatliche" Schule im eigentlichen Sinne nicht genannt werden kann, nachdem sie ohne kräftige Unterstützung des Landes überhaupt ini heutigen Umfange nicht existieren könnte. Ich bemerke, daß wir bisher auch dem Leiter der Schule, Herrn Allenspach einen Zuschuß geben mußten, damit er als Leiter der Schule überhaupt bestehen kann. Das muß bei dieser Gelegenheit konstatiert werden, weil die Regierung im offiziellen Ausweise zwar eilte "staatliche" Schule hat, dabei aber nicht bemerkt, daß dieselbe nur dadurch erhalten werden kann, daß auch das Land eine bedeutende Summe beisteuert. In der betreffenden Rubrik finden wir von Interesse die Zahl 6120 K als Subvention für die gewerbliche Fortbildungsschule. Ich anerkenne, daß Vorarlberg verhältnismäßig etwas inehr erhält als die anderen Länder. Es mag teilweise versucht werden auszugleichen, was anderweitig nicht gegeben wurde, aber ich muß doch bemerken, daß wir bei aller Anerkennung der Leistungen der gewerblichen Fortbildungsschule doch damit allein nicht zufrieden sein können. Die gewerblichen Fortbildungsschulen arbeiten ja fleißig, sind aber nicht mehr imstande, modernen Anforderungen entsprechend die Schüler vollständig auszubilden. Wertvoll ist jedenfalls auch das Ergebnis, welches wir erhalten, wenn man ausrechnet, wie viel der Staat für das gewerbliche Bildungswesen in Vorarlberg auf je 100 Einwohner ausgibt. Wir haben 17 K und sehen daher, daß Vorarlberg auf derselben Stufe steht mit der Bukowina, welche auch 17 K erhält, nachher kommt noch Galizien und Dalmatien, mit welchen wir aber keinen Vergleich ziehen wollen. Doch ist man wirklich versucht zu bemerken, wie äußerst charakteristisch es ist, daß Vorarlberg in dieser Beziehung neben Dalmatien und der Bukowina steht! XVII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. L Session der 9. Periode 1903. 211 So sehen diese Zahlen aus, welche deutlich beweisen, daß Vorarlberg mehr berücksichtiget werden könnte und berücksichtiget werden sollte. Wenn wir uns bemühen, eine Erklärung zu finden, wieso es gekommen ist, daß diese Zahlen aufrecht bleiben konnten, so haben wir sie wohl größtenteils in dem Umstände zu suchen, daß Tirol und Vorarlberg in den amtlichen Listen gewöhnlich zusammen aufgeführt wurden. In unserem Verrechnungswesen in den Staatsvoranschlägen besteht keine eigene Abteilung für Vorarlberg, sondern die Summen erscheinen immer zusammen mit Tirol, und die Folge davon ist, daß Tirol von 40 K Erwerbsteuer auf 60 K hinaufsteigt. Im Ausweise über die prozentuelle Leistungsfähigkeit der Länder erscheinen Tirol und Vorarlberg bei der Nummer "Erwerbsteuer" zusammen mit 60 K auf 100 Einwohner, während bei Trennung beider Länder Tirol mit 40 K erscheint und Vorarlberg mit etwas K 200. Beim Punkte "ordentliche Ausgaben" zu Gunsten der Länder dagegen wird Tirol heruntergedrückt, und so erscheint es als Tatsache, daß erst bei Trennung dieser Zahlen klar heraustritt, wie viel Vorarlberg bekommt, und wie viel es zahlt. Ich möchte auch diesen Anlaß nicht vorbeigehen lassen, ohne daß auch jetzt, wie schon öfter, die Anregung gemacht wird, daß wenigstens in Bezug auf die Statistik eine Trennung von Tirol und Vorarlberg erfolge, damit wir bezüglich aller dieser Fragen, welche für unsere wirtschaftliche Entwicklung von Bedeutung sind, einen klaren Einblick in die Verhältnisse bekommen. In einer Rubrik finden Sie eine Abteilung "Bauten"; es ist im betreffenden Voranschläge des Kultusministeriums diese Ausgabe erst zu finden, wenn man ziemlich lange herumblättert. Nachdem es sich in unserem Falle darum handelt, die Regierung zu veranlassen, daß sie auch zu den Baukosten einen Betrag spendiert, habe ich mit einer gewissen Befriedigung diese Zahlen in den Bericht aufgenommen, und mit doppelter Befriedigung, weil wir auf die Frage, warum gerade für Brünn eine solche Summe für Bauten im Voranschlage erscheint, die Antwort erhalten, man hat das getan, um die beiden sprachlich getrennten Volksstämme zu befriedigen. Es gibt also auch Gründe für die Regierung, daß sie bei derartigen Bauten die Kosten selbst übernimmt. Damit steht es für mich fest, daß es keine übertriebene Forderung ist, wenn der Landtag sich an die Regierung wendet und sagt: wir haben zwar nicht die gleichen Gründe wie die Tschechen, Böhmen und Mährer oben, aber wir haben auch Gründe, indem wir finanziell nicht in der Lage sind, zu übernehmen, was die hohe Regierung verlangt. Vorarlberg ist ein fleißiges und gewerbetätiges Land. In geographischen Werken, in Werken der Reiseliteratur können wir jedesmal unter dem Titel Vorarlberg finden: "Es wohnt in diesem kleinen, schönen Fleckchen Erde ein sehr fleißiges, gewerbetätiges Volk." Das, was wir bis heute in Bezug auf Industrie, Stickerei und Gewerbe geleistet haben und täglich leisten, haben wir alles selbst geschaffen. Wir haben keine Schule gehabt, keine besonders nennenswerte Unterstützung des Staates, sondern durch eigenen Fleiß und eigenes Schaffen haben wir das alles hervorgebracht. Nun sehen wir heute die Industrie schwer arbeiten, um sich zu erhalten, die Stickerei hat ihre liebe Not, um auf der Höhe zu bleiben. Das Gewerbe, welches bisher selbständig, ohne Schule, die Leistungen fertig brachte, welche vor uns liegen, sagt nun: weiter kann ich nicht mehr! Es ist notwendig, daß ein kräftiger Impuls von außen komme, um das Gewerbe allen modernen Anforderungen gemäß auszubilden. Da ist es der Ruf nach einer höheren gewerblichen Bildungsanstalt, und mit Recht behaupten wir, daß die Regierung auf Grund der Tatsache, daß Vorarlberg bisher wenig bekommen hat, auf Grund der Tatsache, daß Vorarlberg nicht mehr leisten kann, die Verpflichtung hat, diesem Lande entgegenzukommen. Wenn ich die Karte von Österreich ansehe, dann fällt mir jedesmal ein, Vorarlberg bildet ein Fort an der Grenze Österreichs, und Vorarlberg hat die Aufgabe, denjenigen, welche das Land betreten, sofort einen guten Eindruck zu machen, ihnen den nötigen Respekt einzuflößen, und ich glaube, daß Vorarlberg sagen kann, daß es den eintretenden Schweizern und den Fremden, die vom deutschen Reiche herkommen, wenn sie sich gleich über Land und Leute ein Urteil bilden wollen, jederzeit einen guten Eindruck gemacht hat, und aus dem Grunde, daß wir das eigentlich dem Staate geleistet und immer mitgearbeitet haben, das Ansehen des ganzen Staates dem Auslande gegenüber zu heben, deshalb glaube ich, daß Vorarlberg doppelt berücksichtigenswert ist, und niemals kann 212 XVII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 9< Periode 1903. ich annehmen, daß der Grund der Verweigerung unserer Wünsche darin liegen soll, daß wir keine großen Städte haben; ich bin froh, daß wir keine großen Städte haben, und der Umstand, daß wir ein einsprachiges Land sind - wir freuen uns dessen -, das kann auch kein Grund sein, und daß man auswärts vom "Ländchen" Vorarlberg manchmal wie von einem Kleinhäuslertum spricht, das kann auch keine Ursache sein, daß man uns die Erfüllung unserer Wünsche, welche dringend und berechtiget sind, verweigert. Und so glaube ich im Sinne des hohen Hauses zu sprechen, wenn ich jetzt, nachdem diese Frage in ein ganz neues Stadium getreten ist, der Regierung ganz energisch und deutlich den Wunsch des Landtages und des ganzen Landes ausspreche, sie möge von den großen Kosten, welche gemacht werden müssen und von den Anforderungen, welche sie dem Lande gegenüber zum Ausdrucke gebracht hat, selbst einen solchen Teil übernehmen, daß die Errichtung und Erhaltung einer Bau- und Kunsthandwerkerschule im Lande möglich wird! Damit darf ich zum Schlüsse eilen. Unser Gewerbe wird durch eine derartige Schule gewiß einen mächtigen Impuls erhalten; und es braucht ihn auch. Diese Kunsthandwerkerschule wird zum Mittelpunkte des gewerblichen Lebens werden; es werden sich nicht nur die Arbeiter ein größeres Können und eine bessere fachliche Ausbildung verschaffen, sondern sie wird - was so oft bemängelt wird an unsern Gewerbetreibenden und trotzdem immer mehr notwendig wird - nicht nur Arbeiter heranbilden, sondern auch Geschäftsleute. Das geschäftsmäßige Rechnen und Kalkulieren ist es, was eine derartige Schule in den ganzen Stand hineinbringen kann, und wenn diese Schule der Mittelpunkt des gewerblichen Lebens wird, wenn an derselben Kräfte sind, welche den Beruf des Gewerbetreibenden erfassen, und an welchen die einzelnen Gewerbetreibenden im Lande eine Stütze haben, so wird diese Anstalt segensreich wirken, und daß sie notwendig ist, beweisen die Zahlen. Deswegen empfehle ich dem hohen Hause den Antrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses, welcher dahin geht, daß der Landes-Ausschuß auf das entschiedenste dahin wirken möge, daß die Regierung baldmöglichst eine Bau- und Kunsthandwerkerschule errichte, und einen solchen Teil der Kosten übernehme, wie er ihrem Verhalten anderen Ländern gegenüber - ich denke an die gemischtsprachigen Länder - und der finanziellen Lage des Landes und der Städte entspricht. Ich glaube, es ist nicht notwendig, fern Berichte noch eine Tabelle über die finanzielle Lage unserer Städte beizufügen (Heiterkeit), - ich habe daran auch einen Augenblick gedacht -, aber ich glaube, das hohe Haus und auch die hohe Regierung ist davon vollkommen überzeugt. Landeshauptmann: Indem ich die Debatte über Bericht und Antrag eröffne, teile ich mit, daß sich zum Worte gemeldet haben Abg. Herr Luger und der Herr Landeshauptmannstellvertreter; ich erteile zunächst das Wort dem Herrn Abg. Luger. Luger: Hohes Haus! Die Gewerbe- und Kunstgewerbeschulen sind Mittel zur Ausbildung des Gewerbestandes, welche derselbe in seiner Blütezeit der vergangenen Jahrhunderte nicht bedurfte. Die damalige Produktionsweise, die starke Standesorganisation, das Zunft- und Innungswesen machten es möglich; daß die tüchtigen Meister imstande waren, einen sehr fähigen, in jeder Hinsicht leistungsfähigen Nachwuchs heranzuziehen. Die ganz veränderte Produktionsweise der Neuzeit, verbunden mit der Einführung der Gewerbefreiheit, welche die Standesorganisation zerstörte, entzog dem einzelnen Meister die Möglichkeit, seine Lehrjungen den veränderten Verhältnissen entsprechend zu erziehen. Die Teilung der Arbeit, die Hast unserer Zeit, das gelockerte Standesbewußtsein trugen sehr viel dazu bei. Mit Anfang der 70er Jahre des letzten Jahrhundertes begann das Wiederaufblühen des Gewerbes und Kunstgewerbes insoferne sich dasselbe auf künstlerischen Geschmack bezog. Dem Handwerkerstände wurde durch die Maschine stark zugesetzt, manche Erwerbszweige gingen diesem Stande ganz verloren. Der übrig gebliebene Teil