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Letzte Änderung 03.07.2021, 10:13
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp08,lts1901,lt1901,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 13. Sitzung am 13. Juli 1901 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 20 Abgeordnete. Abwesend: Hochwst. Bischof. Regierungsvertreter: Here k. k. Hofrath Rudolf Genf Huyn. Beginn der Sitzung 10 Uhr 5 Min. vormittags. Landeshauptmann: Ich erkläre die heutige Sitzung für eröffnet und ersuche um Verlesung des Protokolles der letzten Sitzung. (Secretär verliest dasselbe.) Wird von irgend einer Seite eine Einwendung gegen die Fassung des Protokolles erhoben? Da dies nicht der Fall ist, betrachte ich dasselbe als genehmigt. Es sind mir noch drei Einlaufstücke zugekommen, nämlich abermals Petitionen Hausbaues. Die eine derselben ist von der Gemeinde Nüziders, überreicht durch Herrn Abg. Dressel, eine von der Gemeinde Schlins, überreicht durch Herrn Abg. Wegeler, und eine von einer Gemeinde, deren Name nicht hier steht; auch der Poststempel fehlt. (Wegeler: Es ist die Gemeinde Tisis) Nachdem dieser Gegenstand schon auf der heutigen Tagesordnung steht, werde ich mir erlauben, diese Einlaufstücke einfach dem Acte einzuverleiben. Bevor ich zur Tagesordnung übergehe, möchte ich dem Herrn Abg. Dr. Waibel das Wort ertheilen. Dr. Waibel: Ich habe mir vom Herrn Vorsitzenden das Wort erbeten, um, anknüpfend an die Discussion, die in der vergangenen Sitzung bezüglich der Bahnangelegenheit stattgefunden, zur Aufklärung eines Missverständnisses einiges mitzutheilen. Es ist allerdings in der Eingabe des Bahnconsortiums vom December d. J. gesagt, dass eine Vereinbarung mit der Firma Schwarz beschlossen worden sei. Das war allerdings zu viel gesagt; es ist wohl eine Vereinbarung in dem Sinne, wie 132 XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session, 8. Periode 1900/1901. es im Ausschussberichte dargestellt ist, besprochen worden. Die Firma Schwarz hat sich damals bereit erklärt, Prioritäten im Höchstbetrage von 770.000 K zu übernehmen, wenn die Gemeinden Dornbirn und Lustenau zur Sicherheit die Verzinsung von 12.000 K garantieren. Es ist aber diese Finanzverhandlung ins Stocken gerathen, weil mittlerweile die Ausschreibung der Arbeitsübernahme erfolgte und die Verhandlungen zur Vergebung der Arbeiten in Angriff genommen wurden, von welchen man erwartete, dass sie von bedeutendem Einfluss auf die Finanzierung des ganzen Unternehmens sein werden. Es sind deshalb, wie gesagt, die Verhandlungen mit der Firma Schwarz für längere Zeit ins Stocken gerathen. Nachdem aber die Offerte in Verhandlung gezogen und diese Verhandlungen abgeschlossen waren, wurden die früheren Verhandlungen mit Schwarz neuerdings in die Hand genommen, und nachträglich kann man nun sagen, dass die Firma Schwarz noch keinerlei definitives Angebot gemacht hat. Rücksichtlich der Höhe der Finanzierungskosten ist zu bemerken, dass wir, fußend auf der Kostenfinanzierung ähnlicher Bahnen und namentlich mit Rücksicht auf die Verhältnisse bei der Finanzierung der Bregenzerwaldbahn, 10% Kostenverlust angenommen haben. Dieser zehnprocentige Verlust ist also nicht als Profit der Firma Schwarz anzusehen, sondern ist ein Verlust. Wenn die Firma Schwarz die Finanzierung unter diesen Bedingungen übernommen Hütte, hätte sie riskieren müssen, dass diese Prioritäten in ihrer Tasche bleiben, wenn sie dieselben nicht verkaufen kann. Thatsächlich liegt ein formelles Angebot und Abkommen mit der Firma Schwarz noch nicht vor, da die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind. Ich glaube, damit ist das Missverständnis aufgeklärt. Landeshauptmann: Wir gehen nun zur Tagesordnung über. Der erste Punkt auf derselben ist der Act, betreffend die Anschaffung eines neuen Herdes in der Landesirrenanstalt Valduna. Ich ersuche den Berichterstatter des Finanzausschusses, dem dieser Gegenstand zugewiesen worden ist, Herrn Abg. Nägele, das Wort zu nehmen. Nägele: Hohes Haus! Bisher wurde in beiden Anstalten, in der Wohlthätigkeitsanstalt und in der Landesirrenanstalt, nur eine Küche geführt, welche von der Wohlthätigkeitsanstalt besorgt wurde, wobei die Insassen der Irrenanstalt das Kostgeld an die Wohlthätigkeitsanstalt bezahlen mussten. Jetzt soll das anders werden. Die beiden Anstalten sollen nun eigene Küche führen, und es sind diesbezüglich am 27. April l. J. Vereinbarungen zwischen dem Landes-Ausschusse als Vertreter der Landesirrenanstalt Valduna und der Wohlthätigkeitsanstalt getroffen worden, wonach für jede Anstalt ein Herd beschafft werden soll, da der alte, vorhandene Kochherd nicht mehr auslangt und ganz abgenützt ist. Es handelt sich also um die Anschaffung eines neuen Herdes für die Landesirrenanstalt Valduna. Der Finanzausschuss hat erkannt, dass man dieser Frage nicht ans dem Wege gehen könne, und stellt daher folgenden Antrag: Der hohe Landtag wolle beschließen: "Der Landes-Ausschuss wird ermächtigt, behufs Anschaffung eines neuen Kochherdes in die Landesirrenanstalt Valduna, die ihm als geeignet erscheinenden Vorkehrungen einzuleiten und die Erstellung des Herdes zur Ausführung zu bringen." Ich empfehle den Antrag dem hohen Hause zur Annahme. Landeshauptmann: Wünscht jemand zu Bericht und Antrag das Wort? Dr. Waibel: Hohes Haus! Ich kann nicht unterlassen, bei dieser Gelegenheit wieder auf das zurückzukommen, was ich wiederholt in diesem Hanse ausgesprochen habe. Jeder Mediciner, aber auch jeder Laie, der sich in dieser Richtung bekümmert, muss zugeben, dass diese Anstalt nicht mehr den Charakter einer Heilanstalt hat, sondern mehr einem Arresthause gleicht. Heutzutage wird überall, wo eine Anstalt zur Heilung Geisteskranker errichtet wird, darauf Bedacht genommen, dass dieselbe eine luftige, lichte Stellung bekommt, dass ihr ferner auch eine angemessene Bodenfläche zur Verfügung steht, auf welcher es möglich ist, gewisse Gattungen von Kranken zu beschäftigen. XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V Session, 8, Periode 1900/1901. 133 Me Ärzte wissen, dass diese Beschäftigung ein wichtiges und wesentliches Heilmittel bildet. Unsere Anstalt ist ganz versteckt, Nnd man hat Mühe, sie zu finden. Früher waten doch einige Fenster nach dem Valdunathale gerichtet, jetzt ist das nicht mehr. Auch die Umgebung ist nicht geeignet. Es ist zu wenig Raum vorhanden, um Kranke beschäftigen zu können; ein ganz kleines Gärtchen für eine gtöße Anzahl Leute kann für solche Zwecke absolut nicht ausreichen. Die Landesvertretung darf den Gedanken nicht aus dem Auge lassen, dass für diese Aufgabe ein anderes Gebäude in Aussicht genommen werden muss. Diesem Zustande kann länger nicht zugesehen werden, es muss Hilfe geschaffen werden. In einem Gespräche, das ich hier mit einem Collegen geführt habe, ist ein Gedanke ausgesprochen worden, der nach meiner Ansicht nicht ganz zu verwerfen wäre. Wir haben für die Erbauung eines Landhauses darauf Bedacht genommen, dass jährlich ein bestimmter Betrag zurückgelegt wurde, um uns einen Baufond zu sichern. Es könnte auch hier ein Einkommen, welches uns in Aussicht steht, entweder ganz oder theilweise zurückgelegt werden, um einen Baufond für die neue Anstalt ins Leben"zu rufen. Wer die Aufgabe und die Thätigkeit der Wohlthätigkeitsanstalt beobachtet hat, wird sich der Wahrnehmung nicht verschlossen haben, dass dieselbe von Zeit zu Zeit in die Lage kommt, ihre Localitäten zu vermehren, um sich mehr Raum zu verschaffen. Es wird also seinerzeit keine Schwierigkeit haben, die Irrenanstalt, die dem Lande gehört, an diese Wohlthätigkeitsanstalt abzutreten. Ich wollte diesen Gedanken nur in Erwägung gebracht haben, es wird voraussichtlich heute nicht thunlich sein, darüber Beschluss zu fassen. Es wird sich jedoch der Landes-Ausschuss die Aufgabe stellen müssen, diesen Gedanken vorzubereiten und auszubilden. Ölz: Hohes Haus! Es steht mir selbstverständlicht nicht zu, von dem Standpunkte aus über die Landes-Irrenanstalt Valduna zu sprechen, den die Ärzte einnehmen; diese Herren wissen jedenfalls besser als ein Laie, was den heutigen Anforderungen entsprechen mag. Ich rechne aber mit den thatsächlichen Verhältnissen, wie wir sie heute wirklich in Valduna haben. Es ist sehr richtig, dass hinter der Herdfrage eigentlich eine viel größere Frage steht, nämlich die Frage der Trennung der Küchen beider Anstalten, ich will nicht sagen auch der Aufsicht. Es ist dies sicher der Weg, auf dem nach und nach eine vollständige Trennung herbeigeführt wird. Diese Thatsache ist aber von Übel. Ich glaube, dass es im Interesse des Landes gelegen ist, wenn eine Einigung zwischen der Wohlthätigkeitsanstalt und der Landes-Irrenanstalt ermöglicht würde. Es sind Verhandlungen gepflogen worden, die dahin hätten führen sollen, dass die Wohlthätigkeitsanstalt provisorisch vielleicht auf 10 Jahre in die Verwaltung des Landes übergegangen wäre, wobei selbstverständlich der Wohlthätigkeitsanstalt ihre bisherigen Rechte gewahrt worden wären. Wäre dieses Bestreben von Erfolg begleitet gewesen, so glaube ich, wäre die Irrenhausfrage und die Frage der Versorgung geistesschwacher Leute für Vorarlberg für lange Zeit gelöst gewesen. Ich wenigstens bin der Anschauung, diese Verhältnisse hätten sich so gestaltet, dass man gesehen hätte, die Vereinigung sei für beide Anstalten das beste. Die Landes-Irrenanstalt kann sich so nicht halten, sie wird nach und nach von der Wohlthätigkeitsanstalt vollständig erdrückt. Die Gebäude stehen schon vor, es ist nirgends ein Platz zu einer Ausdehnung. Bei einer Vereinigung hätte die Landes-Irrenanstalt für ihre Irren auch Beschäftigung bekommen, indem sie die Verwaltung der Wohlthätigkeitsanstalt in Händen gehabt hätte; damit wäre ein besonderer Wunsch, den die Anstaltsleitung hat, erfüllt worden. Ich hätte geglaubt, dass es auch möglich gewesen wäre, diese Bestrebungen zu einem Erfolge zu führen. Die Wohlthätigkeitsanstalt gehört heute einem Comite, bestehend aus den sogenannten Gründern. Nun war es Idee des eigentlichen Gründers, des hochw. Herrn Pfarrer Jochum selig, dass diese Anstalt nach und nach in die Hand der Gemeinden des Landes übergehe. Weil nun dieser Plan besteht, hat das Comite der Wohlthätigkeitsanstalt gesucht, dies auch nach und nach zu verwirklichen. Es sind meines Wissens Schreiben an die Gemeinden ergangen, und sämmtliche Gemeinden haben dieser Idee zugestimmt. Nun hätte ich mir gedacht, wenn einmal die Gemeinden Besitzer sind, so ist auch das Land Besitzer, und darum kann ich nicht verstehen, wie diese Vereinigung nicht möglich war. Es ist ganz bestimmt nicht gut, dass dies nicht möglich war. Ich habe noch Hoffnung, dass die Zeit kommen werde, in der diese 134 XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session, 8. Periode 1900/1901. Idee zum Durchbruch kommen wird. Sollte es sich dann ereignen, wie Herr Dr. Waibel meint, dass die Anzahl der in der Wohlthätigkeitsanstalt und Irrenanstalt Unterzubringenden immer größer wird, so könnte man in Voraussicht dessen dafür sorgen, dass nach und nach ein Fond angesammelt werde. Ich würde es zwar bedauern, wenn es so wäre, wie der Herr Doctor sagt. Unser Land ist so klein, und da sollten wir doch eigentlich in diesen großen Gebäuden für unsere Geisteskranken genug Platz haben. Für ein Geschäft, das Die Anstalten betreiben sollen, bin ich eigentlich nicht. Diese sind nicht zu dem Zwecke da, dass wir immer von auswärts Leute aufnehmen, zunächst sollen nur unsere Leute ausgenommen werden. Es geschieht zwar jetzt das Gegentheil, man sagt, es rentiere sich besser, aber sicherlich würde es sich mit unseren Verhältnissen besser vertragen, wenn dies nicht wäre. Wir sind heute nicht in der Lage, den Wunsch der Herren Doctoren zu erfüllen, nämlich eine neue Irrenanstalt zu bauen. Wenn wir das thäten, müssten wir mit einem Kostenbeträge von 500.000 st. rechnen; das würde wohl für eine moderne Einrichtung nicht zu viel sein. Ich bitte Sie, meine Herren, wie lange hat man an der Schuld in Valduna gearbeitet, bis sie heruntergekommen ist. Ich möchte an die Herren des Comitös die öffentliche Bitte richten, dass sie, wenn auch jetzt die Herdfrage zur Lösung kommt, eine Vereinigung anstreben. Ich will den Charakter, den diese Anstalt besitzt, wahren und wünsche nicht, dass die Eigenthumsfrage ins Spiel kommt. Also ich spreche nochmals die öffentliche Bitte aus, die Herren möchten sich die Sache im öffentlichen Interesse überlegen, ob eine Vereinigung nicht möglich wäre, damit wenigstens auf25-30Jahre die Irrenfrage gelöst wäre. Ferner glaube ich, man sollte im Lande daran denken, allenfalls einen Fond zu sammeln, um später, ohne Schulden machen zu müssen, eine entsprechende Irrenanstalt bauen zu können. Landeshauptmann: Wer wünscht noch das Wort? Kohler: Ich möchte nur kürz einige Punkte berühren, weil ich glaube, dass wir es in dieser Frage jetzt bei der letzten Sitzung unmöglich zu einem Resultate bringen können, und ich meine auch nicht, dadurch Anlass zu geben, dass sich eine weitere Debatte über diese Angelegenheit entspinnen werde. Das, was Herr Abg. Dr. Waibel ausgesprochen, hat er schon vor einigen Jahren hier geäußert, und wir haben damals seinen Vorschlag nicht als unsympathisch abgelehnt, sondern als ein Ideal betrachtet, welches wir vorläufig noch nicht realisieren können. Nun so liegt die Sache für mich eigentlich auch noch heute, und wie der Herr Doctor sich äußert, ist auch ihm die finanzielle Seite wichtig genug, um zu glauben, er könne für jetzt einen positiven Antrag nicht stellen. Das eine ist aber jedenfalls klar, man wird an eine gründliche und bessere Lösung der IrrenHausfrage schreiten müssen. Dieser Gedanke ist, soviel mir bekannt, auch in Kreisen des hohen Hauses ventiliert worden, aber jetzt würde es sich vorläufig nur darum handeln, den Zustand, den wir haben, soweit als möglich zu verbessern. Wenn dann nächstes Jahr die Frage allenfalls wieder ausgenommen wird, wird es möglicherweise zur Gründung eines Fondes oder zur Anlegung eines solchen kommen. Dazu muss freilich die Idee sehr reif sein, wie sie auch bei der Landhausfrage reif geworden ist. Was die Arbeitsfrage betrifft, so wird man diese Sache auch jetzt im Vereine mit der anderen Anstalt möglichst zu regeln suchen und eine Vernachlässigung wird, soweit es unter den gegebenen Verhältnissen möglich ist, gewiss nicht stattfinden. Ich glaube, wir sollten heute diese Angelegenheit einer weiteren Erörterung nicht unterziehen, sondern sie bis zur nächsten Session ruhen lassen. Den Herd müssen wir natürlich haben, aber zu weitern Verhandlungen ist die Angelegenheit noch nicht genügend reif. Landeshauptmann: Wünscht noch jemand das Wort? Dr. Waibel: Ich möchte nur au den Herrn Referenten der Landes-Irrenanstalt die Frage richten, ob berechnet worden ist, ob durch diese Abänderung der Hausverwaltung die Kosten der Anstalt Valduna vermehrt werden, gleich bleiben oder sich vermindern. XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages, v. Session, 8. Periode 1900/1901. 135 Kohler: Was die Kostenfrage betrifft, so habe ich allerdings nicht die Ansicht, dass damit vorläufig für das Land Mehrauslagen entstehen werden. Es wäre nur, dass es sich um weitere Anschaffungen handeln würde, die dann natürlich auch den Wert der Anstalt erhöhen würden. Die Administration selbst dürfte sich kaum kostspieliger gestalten. Landeshauptmann: Wünscht noch jemand das Wort? Da dies nicht der Fall ist, erkläre ich die Debatte für geschlossen. Hat der Herr Berichterstatter noch etwas beizufügen. Nägele: Es ist gegen den Antrag kein Widerspruch erhoben worden, ich kann also denselben nur dem hohen Hause zur Annahme empfehlen. Landeshauptmann: Ich schreite nun zur Abstimmung und ersuche jene Herren, die dem Antrage des Finanzausschusses, wie er verlesen wurde, ihre Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Allgenommen. Dieser Gegenstand ist somit erledigt. Der nächste Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des Finanzausschusses über die Eingabe des Museumsvereines um eine Subvention zum Baue des neuen Museumsgebäudes. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Wegeler das Wort zu ergreifen. Wegeler: Es drängt den Museumsverein immer mehr, den längst projectierten Neubau auszuführen, und jeder, der die Verhältnisse des jetzigen Museumsgebäudes kennt, wird damit vollständig einverstanden sein. Die Räumlichkeiten reichen für alle Gegenstände, welche in dem Gebäude untergebracht werden, sollen, nicht mehr aus. Dass das Land dem Ansuchen des Museumsvereines um einen Beitrag entsprechen soll und auch entsprechen wird, ist selbstverständlich. Nur glaubte der Finauzausschuss, es sei bei diesem Anlasse der richtige Moment, um mit dem Museumsvereine wegen Abänderung der Statuten, besonders des § 34, in Verhandlung zu treten, dahin nämlich, dass bei Auflösung des Vereines die Sammlung und die Vermögenheiten desselben an das Land übergehen sollen, statt, wie es dort heißt, an die Stadt Bregenz; zweitens soll das Land, wenn es eine Subvention gewährt, die gewiss von entsprechender Höhe sein wird, in den Ausschuss des Vereines einen Vertreter senden können. Im übrigen weise ich auf den Bericht hin und ersuche das hohe Haus, deu Antrag des Finanzausschusses anzunehmen. Derselbe lautet: (liest) "Der Landes-Ausschuss wird beauftragt, sich mit dem Museumsvereine wegen Abänderung des § 34 der Statuten in dem Sinne, dass im Falle der Vereinsauflösung die Sachen und Vermögenheiten des Vereines in die Obsorge des Landes zu übergeben sind, sowie wegen Entsendung eines eigenen Vertreters in den Vereinsausschuss in das Einvernehmen zu setzen und dem nächsten Landtage hierüber zu berichten." Landeshauptmann: Indem ich die Debatte über diesen Gegenstand eröffne, ertheile ich das Wort dem Herrn Dr. Schmid. Dr. Schmid: Geehrte Herrn! Der Bericht und Antrag des Finanzausschusses ist, wie er hier vorliegt, allerdings nicht dem Gesuche, welches der Museumsvorstand an den Landtag gerichtet hat, entsprechend. Anstatt Brot bekommt das Museum Steine. Man will nämlich dem Museumsvereine vorschreiben, er solle seine Statuten ändern, dann erst werde man auf den Gedanken des Museumsvorstandes eingehen. Ich werde dies, getreu meiner Pflicht als stellvertretender Vorstand des Museumsvereines, dem Ausschüsse zur Kenntnis bringen, und ich constatiere heute mit Befriedigung, dass der Herr Berichterstatter im Namen des Finanzausschusses bereits im vorhinein versprochen hat, dass eine erkleckliche Summe seitens des Landes zu diesem Neubaue werde gespendet werden. Diese Versicherung bestens verdankend, verspreche ich den Herren, dies dem Ausschusse des Museumsvereines vorzubringen, und ich finde die Forderung des Landes, wenn es einen so erklecklichen Beitrag gegeben hat, auch eine Vertretung im Ausschusse zu haben, ganz begreiflich. Auch diese Forderung wird der Museumsvorstehung und der Generalversammlung vorgebracht werden, und ich hoffe jedenfalls, in Berücksichtigung des Versprechens, 136 XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session, 8. Periode 1900/1901. das heute gefallen ist, im vorhinein erklären zu dürfen, dass eine gegenseitige Vereinbarung in dieser Angelegenheit leicht getroffen werden kann. Landeshauptmann: Wer wünscht noch das Wort? Da sich niemand meldet, ist die Debatte geschlossen, der Herr Berichterstatter hat das Schlusswort. Wegeler: Ich bin nicht sehr befriedigt durch die Ausführungen des provisorischen Vorstandes des Museumsvereines. Ich war etwas überrascht, als Herr Di*. Schmid anfangs bemerkte, dass man statt Brot Steine hergebe. Das Brot wird gewiss folgen, und Sie haben das auch acceptiert. Weiters habe ich nichts beizufügen, ich ersuche nur das hohe Haus, den Antrag anzunehmen. Landeshauptmann: Ich schreite nun zur Abstimmung über den Antrag des Finanz-Ausschusses und ersuche jene Herren, welche demselben zustimmen wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Wir kommen nun zum dritten und letzten Gegenstände der heutigen Tagesordnung, zum Berichte des Special-Ausschusses über die Angelegenheit der Landhausbaufrage. Es liegt ein Majoritäts- und ein Minoritätsbericht vor. - Ich ersuche den Herrn Berichterstatter der Majorität, Abg. Kohler, gefälligst die Tribüne zu besteigen und das Wort zu ergreifen. Kohler: Hohes Haus! Wir stehen jetzt vor einem Verhandlungsgegenstande, der nicht nur an sich wichtig und in mehrfacher Beziehung für unser Land von hoher Bedeutung ist, sondern auch demgemäß in unserem Lande ein hohes Interesse, ja ich möchte sagen vielfach bedeutende Aufregung hervorgerufen hat. Desto mehr wird dem hohen Hause die Pflicht obliegen, diesen Gegenstand einzig nur mit sachlicher Ruhe und ohne jedes Nebenmotiv zu behandeln. Das wird jetzt absolut nothwendig sein, und umso nothwendiger, als es eine Krankheitserscheinung unserer Zeit ist, dass parlamentarische Verhandlungen gerade dieser Objectivität und Sachlichkeit so vielfach entbehren. Ich spreche daher kurz die Hoffnung aus, der hohe Landtag werde in dieser Beziehung allen anderen Volksvertretungen ein gutes Beispiel geben und gerade diese Frage, die begreiflicher Weise auch in unseren kleineren Kreisen Differenzen und vielleicht einen gewissen Zustand der Unruhe hervorrufen musste, möge mit Ruhe und Sachlichkeit behandelt werden. Nach diesen kurzen Vorbemerkungen behalte ich mir vor, als Berichterstatter auf allfällige Einwendungen am Schlusse Der Debatte zu erwidern. Ich verweise also diesbezüglich nur auf die beiden vorliegenden Berichte, die nach meiner Ansicht die Verhandlung insofern erleichtern, dass sie ruhig und sachlich abgefasst sind. Dieses vorausbemerkt, erlaube ich mir, zunächst die Anträge des Ausschusses dem hohen Hause bekannt zu geben und zur Annahme zu empfehlen. Die Anträge der Majorität lauten: Der hohe Landtag beschließt: 1. Das Verkaufsangebot der Herren Karl Schwärzler, Dekan Georg Prutscher und Katechet Hermann Roesch, betreffend die käufliche Ueberlassung des sogenannten Pfannerschen Anwesens Haus Nr. 318, V.-P.Nr. 374/1, Bauarea 572 Quadratmeter in Bregenz sammt den nach der vorliegenden Planskizze dabeiliegenden Gärten und Wiesen vorkommend unter G.-P.-Nr. 263, 264, 265 und 307/2 wie sie in natura ausgemarkt erscheinen, wird um den Kaufpreis von 110.000 K mit Worten: Einhundertzehntausend Kronen angenommen und werden dadurch diese Realitäten in das Eigenthum des Landes Vorarlberg übernommen. Das Land verpflichtet sich, an dem Kaufschilling per 110.000 K an dem Tage der Versuchung des Kaufvertrages eine Anzahlung von 60.000 K zu leisten, den Rest des Kaufschillings aber gegen halbjährige, beiden Theilen freistehende Auf- oder Abkündigung zu bezahlen. Desgleichen verpflichtet sich das Land, die mit der Errichtung und Versuchung des Kaufvertrages verbundenen Stempel und Kosten, so insbesondere auch die Uebertragungsgebüren allein zu tragen. 2. Der Landes-Ausschuss wird beauftragt, den Kaufvertrag zu errichten und nach seinem, XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session, 8. Periode 1900/1901. 137 Ermessen die zum Zwecke der Benützung des Gebäudes durch die Landeshypothekenbank und die Filiale der n. ö. Landes-, Lebens- und Rentenversicherungsanstalt allenfalls nothwendig werdenden Adaptierungen vorzunehmen. 3. Das Angebot der Stadtgemeinde Bregenz, statt eines Platzes zur Erbauung eines Landhauses ein Äquivalent von 50.000 K zu geben, wird angenommen. 4. Das Anerbieten der Stadtvertretung Feldkirch, lautend: "Für den Fall, dass das zukünftige "Landhaus in Feldkirch gebaut wird, stellt "hiezu die Stadtgemeinde Feldkirch einen "geeigneten und angenehmen Platz nebst "einer Bausumme von 250.000 K "vorbehaltlich der Genehmigung des hohen "Landes-Ausschusses - dem Lande frei "zur Verfügung" kann insolange den Gegenstand der Beschlussfassung im Landtage nicht bilden, als der heute geltende § 8 der Landesordnung, welcher Bregenz als den regelmäßigen Versammlungsort des Landtages bestimmt, zu Recht besteht. Landeshauptmann: Bevor ich die Debatte eröffne, theile ich dem hohen Hause den Vorgang mit, der geschäftsordnungsmäßig in solchen Angelegenheiten, wo ein Majoritäts- und Minoritätsvotum vorliegt, stets gang und gebe war. Es steht in unserer Geschäftsordnung feine directe Bestimmung, aber ich habe die Sache immer in der Weise eingeleitet, und auch von meinen Vorgängern wurde die Gepflogenheit beobachtet, dass zunächst der Berichterstatter des Minoritätsvotums das Wort erhält und dann die Debatte durchgeführt wird; am Schlusse derselben hat dann zuerst der Berichterstatter der Minorität das Wort, dann der Berichterstatter der Majorität, worauf die Abstimmung eingeleitet wird. Ich ertheile also dem Berichterstatter der Minorität, Herrn Abg. Dressel, das Wort. Dressel: Hohes Haus! In unserem Lande bestehen schon seit einem halben Jahrtausende, eine kleine Zeit abgerechnet, verfassungsmäßige Zustände. Die erste Verfassung, wenn wir sie so nennen wollen, war ein "Vertrag", den die damals freie Stadt Feldkirch mit dem Grafen von Werdenberg-Bludenz im Jahre 1391 geschloffen hat, nachdem dieser Graf seinen Theil der Herrschaft Bludenz an Österreich verkauft und dann 1391 seine Hörigen aus der Leibeigenschaft entlassen hatte. Eine lange Zeit, 500 Jahre! Die Landestheile, die an diesem Vertrage theilnahmen, erstreckten sich von der Bregenzerach hinauf bis zum Arlberg, soweit sie zur Herrschaft Feldkirch und dem Grafen von Werdenberg gehörten. Dazu kamen noch der innere Bregenzerwald, der zur Herrschaft Feldkirch gehörte, auch der Vorderwald und Langenegg, Schellenberg und Staufen. An diesem Vertrage nahmen nicht theil die Grafschaft Hohenems, Blumenegg und St. Gerold. Wie Sie sehen, war damals beinahe das ganze heutige Vorarlberg betheiligt. Es sind später noch dazugekommen Hohenegg, jetzt in Bayern, Sonnenberg und später auch Bregenz; zuerst im Jahre 1451 die eine Hälfte, dann im Jahre 1523 die andere. Bregenz blieb jedoch leibeigen bis zum Jahre 157a. Die freie Wahl des Stadtammanns erhielt Bregenz aber erst im Jahre 1643, also 252 Jahre nach Gründung der "Verfassung", und wurde damit vollgiltiges Mitglied der ständischen Vertretung. Die ersten 252 Jahre war Feldkirch der einzige Vorort, und die Landtage wurden immer vom Stadtammanne von Feldkirch präsidiert. Wann die Stadt Bregenz zweite Directorialstadt wurde, ist nicht nachweisbar, aber jedenfalls wurde sie es oder konnte er werden in dem Zeitpunkte, als sie auch ihren Stadtammann und Rath frei wählen durfte. Von da an wechselten dann die Landtage immer zwischen Feldkirch und Bregenz ab. Feldkirch blieb aber durch alle Jahrhunderte der Vorort, und da die Stände immer mündlich abstimmten, gab auch immer Feldkirch zuerst sein Votum ab, dann erst Bregenz. Dies gieng so weiter bis zum Jahre 1808. Im Jahre 1806 hat zwar Bayern versprochen, die ständische Verfassung aufrecht zu erhalten; die bayrische Regierung hielt jedoch ihr Versprechen nicht und hob sie im Jahre 1808 auf. Die alten Gerichte, damals 24 an der Zahl, wurden zusammengezogen in sieben Landgerichte; die alten Ständebezirke aber blieben, als die Ständeverfassung von Kaiser Franz im Jahre 1816 reaktiviert wurde; allerdings fehlten dann 138 XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session, 8. Periode 1900/1901. mehrere, weil das ehemalige Landgericht Weiler bei Bayern blieb, so dass nur mehr 19 Stände waren, nämlich die Abgeordneten der 3 Städte und der 16 Gerichte. Leider blieb die wiederhergestellte Verfassung bis zum Jahre 1848 nur auf dem Papier. Man hat es getadelt, dass die constitulionelle Zeit in der Eingabe der Stadt Feldkirch nicht berührt wurde; nun, was da "fehlte", will ich jetzt beifügen. Im Jahre 1848 gieng es gewiss überall kunterbunt her. Am ärgsten war es natürlich in den Centren; aber die Revolution zog ihre Wellen auch bis an die Peripherie des Reiches und hat, wenn auch nicht in gefährlicher Weise, auch Feldkirch berührt. Der damalige Kreishauptmann Ebner hatte die alten Stände, so weit sie noch vorhanden waren, nämlich die Stände von Montafon, Neuburg und Bregenzerwald, dann die Bürgermeister der drei Städte, die Vorsteher der größeren Gemeinden und andere Vertrauensmänner zu einer Versammlung nach Feldkirch eingeladen. Sie sollten über eine neue Wahlordnung und über eine neue Eintheilung der Ständebezirke berathen. Die Feldkircher, soweit sie dem modernen Fortschritte huldigten, waren aber mit dieser Versammlung nicht recht einverstanden, sie sahen in den Vertretern der betreffenden Gemeinden und Städte Leute von schwärzester Sorte und glaubten ihre Interessen nicht richtig vertreten. Da stürmten sie in die Versammlung, der Anführer erklärte, es sei alles null und nichtig, was da vorgehe, die Versammlung habe nicht das Recht, Beschlüsse zu fassen, dazu müssten vom Volke gewählte Abgeordnete sein, und sie trieben Obstruction so lange, bis die Versammlung unverrichteter Dinge wieder auseinander gehen musste. Der Herr Kreishauptmann Ebner hatte ein Jahr vorher mit Zustimmung der verschiedenen Gemeindevertretungen Getreide für das Land bestellt, und dieser Umstand sollte für ihn verhängnisvoll werden. Das Jahr 1847 war nämlich ein theures, dann ist aber eine gute Ernte gekommen, das Getreide wurde von weit her bezogen und theuer bezahlt. Als es in's Land kam, ist ein Preissturz eingetreten, man hat das Getreide wohlfeil bekommen, und der Kreishauptmann konnte die Kostendifferenz doch auch nicht aus seinem Sack zahlen, deshalb mussten die Gemeinden das theure Getreide übernehmen, und dadurch kam der Kreishauptmann, allerdings unverschuldet, in den Ruf eines Kornwucherers. Wie es die Leute eben haben, sie urtheilen nach dem Scheine, und so wurde Kreishauptmann Ebner beim Volke verhasst. Als er vom Rathhaus in Feldkirch unverrichteter Dinge herabkam und nach Bregenz zurückfahren wollte, sind ihm Arbeiter, die auf der Straße beschäftigt waren, nachgegangen und haben ihn beschimpft und bedroht. Von da an war Feldkirch in Regierungskreisen sehr schlecht angeschrieben. Es kam dann die Zeit des Absolutismus bis zum Jahre 1860. Dann erschien die Constistution, die neue Landesordnung und der Landtag. Dieser wurde aber nicht als etwas ganz neues betrachtet; schon in der Eröffnungsrede durch den damaligen Landeshauptmann Froschauer kam dieser Gedanke zum Ausdruck, und der Regierungsvertreter, Kreishauptmann v. Barth, bezeichnete schon eingangs seiner ersten Rede den Landtag als nichts anderes als eine Fortsetzung der alren Ständeversammlungen, natürlich in gewissem Sinne. So sagte der Herr Regierungsvertreter: "Nach fast 50 Jahren sind Sie wieder als freigewählte Vertreter Ihres schönen Landes versammelt." In verschiedenen Wendungen führte denselben Gedanken auch der Landeshauptmann durch. Als der erste constiturionelle Landtag hier in Bregenz tagte, haben die Abgeordneten des Oberlandes sich besprochen unb sie wollten die Landesordnung dahin abändern, dass Feldkirch, der alte Vorort, als Sitz des Landtages bestimmt werde. Man hat ihnen aber von einflussreichen Seiten, die ein Interesse daran hatten, dies zu verhindern, die Unmöglichkeit einer solchen Aenderung auseinandergesetzt und ihnen solange zugeredet, bis sie von ihrem Gedanken abgekommen sind. Infolgedessen ist es auch nicht zu einer Verhandlung im Hause selbst gekommen. Ich erzähle das deswegen, weil es im Majoritätsberichte heißt, es sei niemals ein Widerspruch gegen Bregenz als Sitz des Landtages erhoben worden; officiell allerdings nicht, aber man ist nur deswegen davon abgestanden, weil keine Aussicht vorhanden war, die Dinge zu ändern. Dies wurde mir voll dem einzigen heute noch lebenden Abgeordneten der damaligen Zeit, von Herrn Bertschler aus Altenstadt erzählt. Diese Aussichtslosigkeit dauerte natürlich weiter, XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session, 8. Periode 1900/1901. 139 solange in Feldkirch ein Mann dominierte, der bei der Regierung persona ingratissima war. Er ist es allerdings nicht immer geblieben, denn er wurde später für wirkliche Verdienste mit einem Orden ausgezeichnet. Diese Zeiten sind aber nun schon längst vorbei; Feldkirch ist eine ruhige, solide Stadt geworden, und die Aufregungen des Jahres 1848 haben weiter keine Spuren zurückgelassen. Nun haben sich die Dinge allerdings nach und nach eingelebt, man ist immer nach Bregenz zum Landtag gegangen, aber dass niemand bis vor kurzer Zeit daran gedacht hätte, es könnte auch anders sein, ist doch nicht richtig. Ich erinnere Sie mir daran, dass auch vor zwei Jahren hier von dieser Sache gesprochen wurde, und ich war es nicht allein, der dem Gedanken nach einer Verlegung des Landhauses nach Feldkirch indirect Ausdruck verliehen hat, es waren vielmehr auch die anderen Abgeordneten des Oberlandes darüber sehr erfreut. Man ließ die Sache im letzten Jahre liegen, nun aber ist die Frage acut geworden, da durch ein (Konsortium dem Lande ein Haus in Bregenz zum Kaufe angeboten wurde, das künftighin als Landhaus dienen soll. Natürlicherweise mussten sich die Abgeordneten des Oberlandes sagen, wenn einmal das Landhaus in Bregenz steht, dann ist für alle Zukunft für uns keine Aussicht mehr, dass die Landesordnung bezüglich des Sitzes des Landtages eine Änderung erfahre. Dieser Gedanke wurde in den Kreisen der Abgeordneten ventiliert, und es griff ihn auch die Stadtvertretung von Feldkirch auf und legte vor vierzehn Tagen dem hohen Hause eine Eingabe vor. Diese Eingabe gibt einen kurzen Ueberblick über die Zeit des verfassungsmäßigen Lebens im Lande und stellt für den Fall, dass das zukünftige Landhaus in Feldkirch gebaut werde, einen freien Platz und eine Bausumme von 250.000 K dem Lande frei zur Verfügung. Es ist an diesen Beschluss gar nichts weiteres geknüpft, als die Forderung, das Landhaus müsse in Feldkirch erstellt werden. Nun, die historische Berechtigung eines solchen Anspruches wird man nicht wohl in Abrede stellen können; was die Lage betrifft, hat man uns im Ausschüsse allerdings vorgerechnet, dass die Mehrzahl der Bewohner des Landes näher nach Bregenz als nach Feldkirch hätten. Ich habe das nicht nachgerechnet, kann es daher auch nicht bestreiten; man übersieht aber ganz, dass die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch in der Mitte zwischen Bludenz und Bregenz liegt und nur 41 Gemeinden näher nach Bregenz, dagegen 61 näher nach Feldkirch haben. Ein weiteres Moment, das hinzukommt ist sodann die materielle Frage- Einem Landtage, der 7/s seiner Zeit auf die Behandlung materieller Dinge verwenden muss, kann die materielle Frage denn doch nicht ganz gleichgiltig sein. Das Comite von hier hat dem Lande das Pfanner'sche Anwesen um den Preis von 130.000 K angeboten, und als dann die Stadt Feldkirch mit ihrem Angebote kam, hat das Konsortium das Angebot auf 110.000 K reduciert. Und nun kommen wir auch zur Stadt Bregenz, mit der ich heute gnädig sein will. Die Stadt Bregenz hat später - in letzter Stunde - einen Beschluss gefasst, dahingehend, dass ihr Vertreter im Landtage berechtigt sei, eine Summe bis zu 50.000 K als Aeguivalent für einen Bauplatz zu bieten, so dass uns also gegenwärtig die Kosten für das alte Haus auf 60.000 K kämen. Wie wir aber wissen, würde dieses Haus für die Zwecke eines Landhauses nicht ausreichen. Es muss also drangebaut werden und zwar zum mindesten ebenso viel, als jetzt schon gebaut ist. Der Anbau kostet mindestens ebensoviel als man für das alte Haus forderte. Nehmen wir an, dieser Anbau sammt den Adaptierungen des alten Hauses komme auf 100.000 K zu stehen, so haben wir für ein Landhaus in Bregenz 160.000 K zu zahlen. Die Stadt Feldkirch aber sagt, "wir geben einen Platz umsonst", und wenn wir dort ein Hans von gleicher Größe bauen, wie es hier vorausgesetzt ist, so kann das offenbar in Feldkirch nicht mehr kosten als in Bregenz nämlich rund 200.000 K. Dann aber hätten wir nichts zu zahlen, im Gegentheile, es blieben uns noch 50.000 K übrig. Das ist eine gerade Rechnung. Ich sage nun nicht, dass die materielle Frage allein ausschlaggebend sein solle, ich habe schon in den Sitzungen des Specialausschusses erklärt, wenn es auf mich angekommen wäre, so hätte ich Feldkirch selbst dann vorgezogen, wenn es auch keinen Kreuzer geboten hätte. Mich bestimmte also nicht die materielle Frage allein, und so wie ich denke, denken wahrscheinlich noch mehrere Abgeordnete des Oberlandes. 140 XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session, 8. Periode 1900/1901. Ich möchte schließlich nur noch eine Bemerkung zum letzten Punkte des Majoritätsantrages machen. Da heißt es: (liest) 4. Das Anerbieten der Stadtvertretung Feldkirch lautend: "Für den Fall, dass das zukünftige "Landhaus in Feldkirch gebaut wird, stellt "hiezu die Stadtgemeinde Feldkirch einen "geeigneten und angenehmen Platz nebst "einer Bausumme von 250.000 K - vorbehaltlich der Genehmigung des hohen "Landes-Ausschusses - dem Lande frei "zur Verfügung" kann insolange den Gegenstand der Beschlussfassung im Landtage nicht bilden, als der heute ? geltende H 8 der Landesordnung, welcher Bregenz als den regelmäßigen Versammlungsort des Landtages bestimmt, zu Recht besteht. Das ist eine theoretische Aufstellung; ob der Landtag sie zu der seinigen machen will, ist seine Sache. Ich für meine Person will nur das eine sagen, dass eine solche Aufstellung falsch ist. Es steht nirgends geschrieben und ist auch in keinem Gesetze begründet, dass das Landhaus in Bregenz sein müsse. Es könnte theoretisch genommen - praktisch wird es ja nicht eintreffen - ganz gut der Fall sein, dass das Landhaus in Feldkirch auch dann steht, wenn Bregenz gesetzlicher Versammlungsort des Landtages bliebe. Ich will noch weiter gehen. Bregenz ist allerdings gesetzlicher Versammlungsort, wie wir aber wissen, hat der Kaiser das Recht, den Landtag einzuberufen, wohin er will. In der Regel kommt es nicht vor, dass ein Landtag außerhalb seines gesetzlichen Versammlungsortes einberufen wird; aber es ist möglich, und die Praxis hat das im Kronlande Istrien gezeigt. Dort ist Parenzo der gesetzliche Versammlungsort, und trotzdem ist der Landtag seit einer Reihe von Jahren nach Capo d'Jstria zu seiner verfassungsmäßigen Thätigkeit einberufen worden, Nun könnte man sagen, das ist ein abnormaler Zustand. Warum könnte aber ein solcher theoretisch genommen nicht auch in Vorarlberg bestehen? Da wäre also kein Grund vorhanden, die von Feldkirch angebotene Bausumme für das Landhaus mit der Begründung abzulehnen, dass nach § 8 der Landesordnung Bregenz der gesetzliche Versammlungsort sei. In unserem Anträge steht übrigens, dass der Landes-Ausschuss zu beauftragen wäre, eine Abänderung dieses § 8 anzustreben. Später werde ich vielleicht Gelegenheit haben, noch mehr zu sagen, jetzt beschränke ich mich auf das bereits Gesagte und bringe Ihnen die Anträge der Minorität zur Kenntnis. Dieselben lauten: (liest) Das hohe Haus wolle beschließen: "1. Das Angebot der Stadt Feldkirch, betreffend den Bau des Landhauses laut Gemeindeausschuss-Beschluss vom 15. Juni 1901 wird angenommen, und der Landes-Ausschuss beauftragt, wegen der nothwendig werdenden Aenderung der Landesordnung im Sinne der Eingabe des Stadtmagistrates von Feldkirch d. d. 17. Juni 1901 mit der k. k. Regierung in Unterhandlung zu treten und in der nächsten Session dem Landtage Bericht zu erstatten." Natürlich konnten wir nicht sagen, man solle das Landhaus oben in Feldkirch bauen und zugleich das Pfanner'sche Anwesen kaufen. Ich will dieses hier keiner Kritik unterziehen, das wird wohl von anderer Seite geschehen. Ich stelle darum nur den Antrag: „2. Das Offert, betreffend den Ankauf des Pfanner'schen Hauses in Bregenz wird Landeshauptmann: Indem ich über die beiden vorliegenden Anträge und die Berichte die Debatte eröffne, ertheile ich zunächst dem Herrn Regierungsvertreter das Wart. Regierungsvertreter: Hohes Haus! Ich habe schon die Ehre gehabt im Specialausschusse, dessen Berathungen alle Herren beiwohnten, meine Anschauung im Gegenstande, welcher das Interesse des Landes ungewöhnlich erregt, auszuführen und würde es für unbescheiden halten, die Aufmerksamkeit des hohen Hauses durch Wiederholungen...länger in Anspruch nehmen zu wollen. Ich will daher nur kurz Folgendes zusammenfassend bemerken: Im Wesen der Sache handelt es sich darum, dass ans Anlass der in Frage gekommenen Erwerbung eines Landhauses in Bregenz die Stadt XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages, v. Session, 8. Periode 1900/1901. 141 Feldkirch durch ein günstiges Offert die Verlegung des Landtagssitzes nach Feldkirch auf die Tagesordnung gesetzt hat. Ich kann in dieser Beziehung dem Gedanken des Herrn Berichterstatters der Minorität nicht folgen, wenn er glaubt, dass auch ohne Aenderung der Landesordnung der Bau eines Landhauses auch in einer anderen Stadt als im gesetzlichen Versammlungsorte des Landtages geschehen könnte. Rein theoretisch mag dies gewiss richtig sein, aber es könnte dies nur in der wohl kaum zulässigen Erwartung geschehen, dass hiedurch ein Druck in der Richtung ausgeübt würde, dass künftighin der Landtag regelmäßig in einer anderen Stadt als in dem gesetzlichen Versammlungsort einberufen werde. Das vorgebrachte Beispiel von Istrien trifft für unseren Fall durchaus nicht zu, indem dort für die wiederholte Einberufung des Landtages in einen anderen als den regelmäßigen Versammlungsort wohl bestimmte sachliche Anlässe vorgelegen sein mögen und zudem auch dem dortigen Landtage eine Vorlage wegen Aenderung der Landesordnung in diesen! Punkte vorgelegt wurde, welche allerdings nicht zur Annahme gelangt ist. Und anch der Minoritätsantrag ist im Wesen dahin gerichtet, dass sich das hohe Haus durch Annahme des Offertes der Stadt Feldkirch unter der Voraussetzung der Verlegung des Landtagssitzes eigentlich schon jetzt grundsätzlich für eine solche gesetzliche Verlegung aussprechen möge, indem zugleich der Landes-Ausschuss beauftragt werden solle, mit der Regierung wegen Aenderung der Landesordnung zu dem Ende zu unterhandeln, dass anstatt Bregenz die Stadt Feldkirch als regelmäßiger Versammlungsort des Landtages erklärt werde. Es ist daher wohl begreiflich, dass die Frage, ob sich eine Verlegung des Landtagsitzes und sonach eine Änderung der Landesordnung empfehle oder nicht, schon jetzt in Discussion steht. Insoweit nun diese Frage schon jetzt den Gegenstand der Discussion und Schlussfassung bildet, möchte ich in aller Kürze jene Momente hervorheben, welche nach meiner Ansicht hiebei zu erwägen kommen. Es ist sattsam bekannt, dass die Stadt Bregenz kraft der seit 40 wahren zu Recht bestehenden Landesordnung der regelmäßige oder gesetzliche Versammlungsort des Landtages von Vorarlberg ist. Eine Änderung der Landesordnung in diesem Punkte ist zweifellos ein Unternehmen, welches einer sehr triftigen, sachlichen Begründung bedürfte. Es wird also zu erwägen sein, ob thatsächlich solche zwingende oder triftige Gründe vorliegen, welche eine derlei Maßnahme rechtfertigen, die nicht nur die betroffene Stadt ihres 40jährigen Besitzstandes beraubt und welche dieselbe naturgemäß als eine Kränkung empfindet, sondern auch den an diesem hergebrachten Sitze der Landesvertretung interessierten Landestheil wesentlich berührt. Ob solche Gründe in dem historischen Rückblicke des Minoritätsberichtes liegen, wonach in der Hauptsache in früheren Zeiten Feldkirch der Vorort gewesen sei, sich die alten Stände abwechselnd in Bregenz und Feldkirch versammelten und die Vermuthung ausgesprochen wird, dass die Landesordnung vom Jahre 1861 nur deshalb Bregenz als Sitz der Landesvertretung bestimmt habe, weil angeblich eine 13 Jahre vorher in Feldkirch vorgekommene politische Ungeschicklichkeit noch in frischer Erinnerung gewesen sei, werden Sie, meine sehr verehrten Herren, zu würdigen haben, ebenso wie jene historischen und Vorzugs-Momente, welche auf der anderen Seite für die Stadt Bregenz sprechen, ferners jene Umstände, welche aus praktischen Gründen zu Gunsten Feldkirchs einerseits und Bregenz andererseits geltend gemacht werden. Nur wenn Sie auf solche Weise thatsächlich zur Überzeugung gelangen sollten, dass ungeachtet des Schutzes, welcher schon dem langjährigen Besitzstände der Stadt Bregenz gebürt, eine Änderung der seit 40 Jahren geltenden Bestimmung der Landesordnung über den Sitz des Landtages platzgreifen müsse, mögen Sie sich dafür aussprechen, dass die Einleitungen hiezu im Sinne des Minoritätsantrages getroffen werden sollen. Wenn Sie aber zu dieser Überzeugung nicht gelangt sind, dann wollen Sie nicht vergessen, dass ein solcher Beschluss gewiss geeignet wäre, den Frieden im Lande dauernd zu erschüttern, und dass dies umso schwerer ins Gewicht fallen müsste, wenn Sie sich sagen sollten, dass eine in § 37 der Landesordnung vorgesehene qualificierte Mehrheit für eine solche Änderung der Landesordnung in absehbarer Zukunft nicht zu erwarten steht. Sie werden endlich, meine sehr verehrten Herren, Ihre Entschließung unbeeinflusst durch das Anbot der Stadt Feldkirch für den Fall eines Landhausbaues zu fassen haben, da ja die Frage des Landhausbaues in Feldkirch erst dann in Betracht 142 XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session, 8. Periode 1900/1901. kommt, wenn die wichtige Frage entschieden sein wird, ob überhaupt der Sitz der Landesvertretung verlegt werden soll; für die Entscheidung dieser Frage aber kann gewiss ein noch so günstiges Anbot nicht maßgebend seilt. Es ist daher nach meinem Dafürhalten auch die mehrfach berührte Frage nicht von Belang, ob sich die Auslagen des Landes im Falle der Annahme des Kaufoffertes in Bregenz wesentlich höher oder nicht belaufen, als im Falle der Erbauung eines Landhauses in Feldkirch.