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Letzte Änderung 03.07.2021, 11:13
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp08,lts1899,lt1899,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 11. Sitzung am 20. April 1900 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 20 Abgeordnete. Abwesend. Hochwst. Bischof. Regierungsvertreter: Herr k. k. Statthaltererrath Rudolf Graf Huyn. Beginn der Sitzung 10 Uhr 40 Minuten vormittags. Landeshauptmann: Die heutige Sitzung ist eröffnet; ich ersuche um Verlesung des Protokolls der letzten Sitzung. (Secretär verliest dasselbe). Wird von irgend einer Seite gegen die Fassung des Protokolles eine Einwendung vorgebracht? Da dies nicht der Fall ist, betrachte ich dasselbe als genehmiget. Wir gehen zur Tagesordnung über; auf derselben steht als erster Gegenstand: Mündlicher Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über das Gesuch der Gemeinden Wolfurt und Schwarzach wegen Herstellung einer Brücke über die Ach zum künftigen Bahnhof Kennelbach. Ich ersuche den Herrn Wg. Kohler als Berichterstatter das Wort zu nehmen. Kohler: Hohes Haus! Dieser Gegenstand, den ich hier behandeln soll, ist nicht neu, denn bereits im Jahre 1897 haben die gleichen Gemeinden Wolfurt und Rieden, resp. Kennelbach, sich mit dem gleichen Gesuche an den hohen Landtag gewendet. Dieses Gesuch hat damals in einem Beschlusse Erledigung gefunden, welcher lautet: (liest) "Das vorliegende Gesuch der Gemeinde Wolfurt und der Parcelle Kennelbach wird dem LandesAusschusse abgetreten mit dem Auftrage, diese Angelegenheit im Auge zu behalten und bei den seinerzeitigen Verhandlungen über die Zufahrtstraße zum Bahnhöfe in Kennelbach den Einfluss in dieser Richtung geltend zu machen." Es standen nämlich damals die Verhandlungen bezüglich des Baues der Bregenzerwaldbahn in Aussicht, und dem Landtage schwebte die Sache damals so vor, dass die Verhandlungen 82 XI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IV. Session, 8. Periode 1900. bezüglich des Bahnhofes in Kennelbach benutzt werden könnten und sollten, um mich diese Petition, resp, den Inhalt derselben zur Geltung zu bringen. Denn dass die Forderung eine begründete war, kann wohl niemand bestreiten. Wer Ortskenntnis hat, weiß ja, dass die heutige Verbindung zwischen Wolfurt und Kennelbach eine solche ist, wie sie einem größeren Verkehr, der ja in Aussicht stehen soll, nicht mehr entspricht. Die jetzige im Interesse der Fabrik gebaute Brücke über die Ach ist nach ihrer Lage und sonstigen Beschaffenheit nicht zu einem größeren Verkehr geeignet und daher musste man von Anfang an dieses Gesuch um Erstellung einer zweckentsprechenden Brücke als vollauf begründet finden. Nun haben seither die Verhandlungen bezüglich der Bregenzerwaldbahn stattgefunden, aber es war ein eigenthümlicher Zufall, dass gerade in jenem Momente das Project der früher angestrebten Brücke für den Verkehr in den Hintergrund gedrängt wurde durch den Umstand, dass gerade die Verhandlungen wegen des Baues einer Straßenbahn Lustenau-Dornbirn-Kennelbach im Zuge waren, und dass bei den betreffenden Verhandlungen in Kennelbach wohl die Interessen der Straßenbahn ins Auge gefasst und, wie das Protokoll ausweist, auch von den Vertretern der Straßenbahn wahrgenommen, die heule vorliegende Brückenangelegenheit aber damit nicht in Verbindung gebracht wurde. Das Protokoll weist nämlich nach, dass bei Verhandlung der Bahn die Überbrückung der Ach in Aussicht genommen und also zu einer Frage gemacht wurde, die zu einer Lösung gelangen musste. Aber es lag in der Natur der Sache, dass bald die ganze Aufmerksamkeit sich nur auf die Erstellung der Straßenbahn richtete und dass das frühere Project einer anderweitigen Verbindung in den Hintergrund trat, oder wenigstens nicht mehr als dringendste Angelegenheit ins Auge gefasst wurde. Wir finden daher den Landtagsbeschluss vom Jahre 1897 bei den Verhandlungen über die Zufahrtsstraße zum Kennelbacher Bahnhöfe insoweit nicht consequent durchgeführt, und ich kann mir die Sache absolut nicht anders erklären, als dass die Gemeinde Wolfurt bei den bezüglichen Verhandlungen - es heißt auch in den Protokollen nirgends anders - ihr ursprüngliches Project nicht mehr zur Geltung gebracht hat. Null mag es eine offene Frage bleiben, ob auf Grund des Straßengesetzes die Erstellung dieser Brücke in Frage kommen könnte. Das mag dahingestellt bleiben. Die politische Behörde wenigstens scheint in Erledigung dieser Angelegenheit diesen Standpunkt eingenommen zu haben, aber die Sache hat eine Verschiebung erfahren und liegt nun so, dass sie nicht bald erledigt werden kann. In dem vorliegenden Gesuche wurde aus finanziellen Gründen nur der Bau einer hölzernen Brücke in Aussicht genommen; damit wäre auch die Frage der Straßenbahn wieder in den Hintergrund getreten, kurz die Sache liegt so, dass eine schnelle Lösung nicht denkbar ist, und ich möchte mir daher erlauben, den Antrag zu stellen, dass man die Sache nicht aus dem Auge lässt, sondern weiterführt, aber in einer Weise, dass keinem andern Plane vorgegriffen wird. Ich erlaube mir daher dem hohen Hause nach dieser Einleitung den Antrag zu stellen: (liest) "Das vorliegende Gesuch der Gemeinden Wolfurt und Rieden, betreffend die Erstellung einer Brücke über die Bregenzerach zwischen Wolfurt und Kennelbach, wird dem LandesAusschuss mit dem Auftrage abgetreten, sich mit der politischen Behörde noch in das Einvernehmen zu setzen, um entweder die Verhandlung auf Grund des Zufahrtstraßengesetzes aufzunehmen, oder die Bildung einer Concurrenz auf Grund der bezüglichen Straßengesetze anzustreben." Das eine wird bann möglich sein, dass, wenn die Sache sich nicht eignet, auf Grund des Zufahrtsstraßengesetzes in Verhandlung gezogen zu werden, noch immer der andere Weg offen bleibt, dass der Landes-Ausschuss im Einvernehmen mit den politischen Behörden seine Hand bietet, damit auf Grund des Straßengesetzes eine Concurrenz für den Bau dieser Brücke zustande kommt. Dass die Brücke eine nothwendige ist "und die Forderung eine berechtigte, wenn die Bregenzerwaldbahn zustande gekommen ist, das ist wohl unbestreitbar, denn die Brücke hat eine solche Stellung gegenüber dem Verkehre, dass es sehr schwer ist, die weite Curve zu derselben zu überwinden, abgesehen davon, dass die Brücke selbst nicht dem Verkehr entsprechen kann. Der volkswirtschaftliche Ausschuss glaubte daher die Angelegenheit nach dieser Seite fortführen zu sollen und hat sich auf den verlesenen Antrag geeinigt, den ich zur einstimmigen Annahme empfehle. XI. Sitzung des Vorarlberger Landtages, iv. Session, 8. Periode 1900. 83 Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag die Debatte. Wenn niemand sich zum Worte meldet, bringe ich den vom Herrn Berichterstatter gestellten Antrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses zur Abstimmung, welcher folgendermaßen lautet: (verliest nochmals obigen Antrag.) Ich ersuche jene Herren, welche demselben ihre Zustimmung geben wollen, sich von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Zweiter Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über den Gesetzentwurf, betreffend Einführung einer Gemeindebesoldungssteuer von Dienstbezügen. Ich ertheile das Wort dem Berichterstatter Herrn Abg. Martin Thurnher. Martin Thurnher: Es liegen dem hohen Hause zwei Berichte in dieser Angelegenheit vor: der Motivenbericht des Landes-Ausschusses, Beilage VII zu den stenographischen Protokollen, und der Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses, Beilage XXXIII. Aus diesen zwei Berichten haben sich die Herren über den Gegenstand genau informieren können, und ich glaube daher, von der weiteren Begründung absehen zu können; ich empfehle dem hohen Hause, den vorliegenden Gesetzentwurf in der Fassung, wie er vom volkswirtschaftlichen Ausschüsse beschlossen wurde, als Grundlage der Specialdebatte zu nehmen. Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Gesetzentwurf die Generaldebatte. Dressel: In Österreich wurde vor einigen Jahren eine Steuerreform durchgeführt, und auf Grundlage dieser Steuerreform haben die Staatsbürger eine allgemeine Erwerbsteuer, fatierte Rentensteuer und Besoldungssteuer zu zahlen. Die Steuer ist so eingerichtet, dass überdies noch eine zweite Steuer zu zahlen ist, nämlich die Personaleinkommensteuer. Während bei der allgemeinen Erwerbsteuer kein Existenzminimum angenommen wird, ebenso bei der fatierten Rentensteuer, wird bei der Besoldungssteuer ein Existenzminimum von 3200 fl. angenommen. Das ist eine ziemlich hohe Grenze nach unten. Es kommt aber auch noch die Personaleinkommensteuer dazu, und diese setzt das Minimum herunter auf 600 st. Es besteht also überall eine Doppelbesteuerung, nur bei der Besoldungssteuer fällt eine große Zahl jener fort, welche Dienstbezüge haben, und zwar die größere Zahl. Es ist daher begreiflich, dass eine Reihe von Ländern eine besondere Besoldungssteuer für Gemeindezwecke wollten, da der Staat für Zuschläge zur Besoldungssteuer nur eine sehr beschränkte Grundlage gelassen hatte, nämlich die Grenze von 3200 fl.; man wollte eine haben, welche weiter herunter geht. Zur Personaleinkommensteuer hätten zwar von Natur aus Land und Gemeinde das Recht, Zuschläge zu nehmen. Die Regierung und der Reichsrath haben aber solche Bedingungen daran geknüpft, dass es allen Ländern verleidet wurde, auf Zuschläge zur Personaleinkommensteuer einzugehen, und diese haben infolge dessen beschlossen, weder für das Land, noch für die Gemeinden zur Personaleinkommensteuer Zuschläge zu erheben. Man wollte nun auf Umwegen diese Personaleinkommensteuer doch treffen, und die Länder sind an die Regierung mit dem Vorschläge herangetreten, man solle eine Besoldungssteuer für Gemeindezwecke einführen. Die Regierung hat eingesehen, dass ein Loch in das Princip geschossen wird, wenn sie darauf eingeht, und war vorsichtig. Die Regierung wird sich gedacht haben, im Grunde ist es doch eine große Anomalie, wenn so hohe Dienstbezüge bis zu 3200 fl. keine Gemeindesteuer bezahlen sollen, und hat also zugegeben, dass ein Loch, wenn auch nur ein kleines, ins Princip geschossen werde, und hat festgesetzt, dass die neue Besoldungssteuer, die im Grunde nichts anderes ist, als ein Zuschlag zur Personaleinkommensteuer, soweit diese Dienstbezüge allein zur Voraussetzung hat, nur in der Höhe bis zu 50% für Gemeindezwecke eingehoben werden dürfe. In ganz ausnahmsweisen Fällen könnte höher gegangen werden, aber für Vorarlberg ist, wie sich herausgestellt hat, die höchste Höhe, bis zu welcher gegangen werden kann, 60%. Nun ist der Gedanke nicht zu verkennen, dass auch Dienstbezüge unter 3200 fl. besteuert werden sollen. Es kann unverkennbar gerechtfertigt werden, dass die Regierung in dieser Beziehung nachgegeben hat, für alle jene Länder und Gemeinden, wo sogenannte Zuschläge bestehen. Bei uns in Vorarlberg bestehen aber ganz andere Verhältnisse. Bei uns besteht in allen jenen Gemeinden, in welchen das Gesetz zur Anwendung kommen wird, die sogenannte Vermögenssteuer, d. h. die Gemeindesteuern 84 XI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IV. Session, 8. Periode 1900. werden im Principe durch Zuschläge aufgebracht. Die Gemeindeglieder nach § 6, Absatz 1 und 2 G.-O. bringen aber unter sich als eigene Steuerclasse nach dem Vermögen die Steuer auf. Wenn mm diese Besoldungssteuer so eingehoben wird, wie es der gegenwärtige Gesetzentwurf fordert, dann haben diese Mitglieder, welche heimatberechtigt sind und ein Diensteinkommen beziehen, zuerst mit den übrigen Heimatberechtigten nach ihrem Vermögen diese Zuschläge aufzubringen und dann erst noch eine Extrasteuer zu zahlen, nämlich die Besoldungssteuer, und das ist höchst unbillig. Es heißt wohl im Berichte, das sei keine Steuer, welche man als Zuschlag bezeichnen könne, sondern das sei eine Auslage oder Abgabe nach § 80 G.-O. Dem muss ich widersprechen. Diese Steuer soll einen Ersatz bieten für die alte Einkommensteuer, sie darf auch nur nach bestimmten Procentverhältnissen zu einer Staatssteuer durch Zuschläge genommen werden. In Vorarlberg haben wir leider nur wenige Gemeinden, die unter 5O% Zuschläge haben. Setzen wir eine Gemeinde, in welcher 3O% Zuschläge bestehen, so wird auch die Besoldungssteuer mit 30% Zuschlägen eingehoben werden; hat sie 40%, so werden auch diese 40% betragen, und nur wenn die Zuschläge zu den direkten Steuern 50 oder mehr Procent betragen, darf in der Regel die Besoldungssteuer 50% Zuschläge nicht übersteigen. Der ganzen Natur und Entstehungsweise nach ist dies nicht eine besondere Abgabe, sondern eine Zuschlagsteuer, gerade wie die Grund- und Häusersteuer. Deswegen, weil die Procentsätze kleiner sind, wird die Natur der Steuer nicht geändert, und weil von dem Personaleinkommen principiell nur jener Theil als Grundlage zu den Zuschlägen genommen werden darf, der ein Diensteinkommen darstellt, so ändert dies doch nichts an der Thatsache, dass die projektierte Steuer nichts anderes ist, als eine Steuer, so wie die Zuschläge zu den andern Steuern, nur beschränkt nach zwei Richtungen. Jetzt könnten wir auch noch fragen, wen sie treffen werde. Sie trifft nur jene, welche Dienstbezüge haben, und ich möchte noch nachtragen, dass auch die Regierung diese Steuer nicht als besondere Abgabe ansieht, weil sie direct fordert, dass in jenen Gemeinden, in welchen sie eingeführt ist, Zuschläge zur staatlichen Besoldungssteuer fahrengelassen werden. Es ist damit ausgesprochen, dass die Regierung der Ansicht ist, dass diese Besoldungssteuer eilt Ersatz für die Zuschläge zu der früher bestandenen Einkommensteuer von Dienstbezügen sein soll. Nun wen trifft in Wirklichkeit diese Steuer? Eine verhältnismäßig kleine Anzahl Personen in unserem Lande. Ich kann es nicht genau sagen, aber nach meiner Berechnung würde sie ungefähr 1200 Personen betreffen, wenn keine Ausnahmen bestünden; von diesen 1200 sind aber ungefähr die Hüfte durch § 2 ausgenommen, und zwar gerade diejenigen alle, die Pensionen und Altersversorgungen haben, während diejenigen, welche diese Wohlthat entbehren, zahlen müssen. Es wird also nur ein kleiner Theil getroffen, und von diesen wird abermals nur ein kleiner Theil gerecht, die anderen ungerecht getroffen; nämlich gerecht diejenigen, welche fremd sind in einer Gemeinde und sonst keine Steuer zahlen. Ich möchte aber noch dem Vorwurfe, dass jene, welche Besoldungen haben, nichts für die Gemeinde beitragen, im Voraus begegnen. Ich habe gefunden, dass ungefähr 150 solche Personen Realitätenbesitzer sind und Steuer zahlen. Manche zahlen vom Nebenerwerb Erwerbsteuer sammt Zuschlägen; also wäre der Vorwurf ungerecht. Aber, wie gesagt, der größere Theil der heimatberechtigten Angestellten wird ungerechtfertigt zur Steuer herangezogen werden, weil sie dadurch doppelt getroffen werden, und darum kann ich nicht für diesen Gesetzentwurf stimmen. Landeshauptmann: Wer wünscht noch weiter das Wort? Jodok Fink: Ich bin mit einigen Ausführungen des geehrten Herrn Vorredners nicht ganz einverstanden. Vor allem hat derselbe erklärt, die Regierung habe dadurch, dass sie die Einführung dieser Gemeindebesoldungssteuer zulasse, ein Loch in das Princip geschossen. Nun ich glaube, in das Princip ist dadurch kein Loch geschossen, denn ein solches wurde schon damals geschossen, als von 3200 fl. an eine Besoldungssteuer zulässig erklärt wurde im Reichsgesetze, es wurde also dieses Loch nur erweitert uud die Grenze weiter heruntergesetzt. Ich glaube nur, man sollte die anderen, welche Dienstbezüge haben, wie Beamte auch damit treffen können. Dann hat derselbe Herr Vorredner gesagt, dass keine Gemeinde, welche durch dieses Gesetz getroffen wird, Zuschläge zu den direkten Steuern erhebe, sondern dass diese Gemeinden die Vermögensteuer haben. Das ist, wie ich glaube, auch nicht XI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IV. Session, 8. Periode 1900. 85 ganz richtig. Ich bin überzeugt, dass, wenn wir den Gesetzentwurf annehmen und derselbe Gesetz wird, auch in solchen Gemeinden eine Besoldungssteuer erhoben wird, welche eine Vermögensteuer nicht haben, z. B. wird das der Fall sein in Lustenau, in Hard und wahrscheinlich auch in der einen oder andern weiteren Gemeinde, von der ich jetzt nicht weiß, ob sie eine Vermögensteuer hat oder nicht. Genannte Gemeinden haben entschieden keine Vermögensteuer, und es sind dies zwei Gemeinden, bei denen es nicht unwesentlich in Betracht kommen wird, dass eine Besoldungssteuer erhoben werden kann. Dann bin ich nicht der gleichen Anschauung, wie mein Herr Vorredner, bezüglich der Bemessung dieser Steuer. Es ist ja richtig, was gesagt wurde, es falle praktisch wenig ins Gewicht, ob man in Gemeinden, welche weniger als 50-60% Umlagen haben, die Steuer nicht mit 50-60% bemessen dürfe, weil es thatsächlich wenige Gemeinden in Vorarlberg gibt, die weniger als 50% Zuschläge haben. Der Behauptung, es komme nicht in Betracht, dass man auch weniger einheben könnte, wenn eine Gemeinde überhaupt weniger Zuschläge habe, könnte ich nicht entgegnen, denn mir ist keine Gemeinde im Gedächtnis, welche weniger als 50% allgemeine Zuschläge hat. Aber wenn der Fall vorkommen sollte, so fasse ich die Bestimmung dieses Gesetzes nicht so auf, dass dann die Personaleinkommensteuer niedriger gegriffen werden müsste, dass sie nur so hoch genommen werden dürfe als die anderen Zuschläge. Das ist eine Abgabe ganz für sich allein, die mit den übrigen Steuern und Zuschlägen in keinem solchen Zusammenhange steht. Ich für meinen Theil werde für den Gesetzentwurf stimmen. Wenn er auch nicht vollkommen ist, insofern, dass man nicht alle treffen kann, die man sollte treffen können, so ist er doch so weitgehend als die Regierung es zulässt, und kommt doch für jene Gemeinden zur Anwendung, wo solche Privatangestellte, die sonst zu den Gemeindeumlagen nicht herangezogen werden können, sich befinden; besonders aber in jenen Gemeinden, welche keine Vermögensteuer haben, ist es nicht unbillig, sondern billig, wenn auch diese Gemeindebürger, die ein sicheres Diensteinkommen haben, zu den Gemeindeumlagen herangezogen werden. Landeshauptmann: Wer wünscht noch das Wort? Kohler: Wenn ich für diesen Antrag stimme, so geschieht dies eigentlich, um jenen Vertretern von Gemeinden entgegenzukommen, welche glauben, dass sie ans diesem Gesetze einen Nutzen ziehen, und dass diese Steuer einen nennenswerten Erfolg haben werde. Was unsere Landgemeinden betrifft, so wird sie wohl sehr wenig zur Anwendung kommen. Die meiste< Landgemeinden haben ohnehin die Vermögensteuer, und sie können infolge dessen die Einheimischen, wenn sie auch mit Gehalten angestellt sind, füglich nicht heranziehen, kurz für die Landgemeinden hat sie nach meiner Ansicht nur wenig Bedeutung. Ich werde also lediglich zustimmen, weil ich einsehe, dass es doch Gemeinden gibt, die einigermaßen einen Erfolg erwarten können. Sehr zu bedauern ist, dass gerade durch unsere Steuerreform das Steuerwesen der Gemeinden eine noch unsicherere Basis bekommen hat, so dass eine Reform des Gemeindesteuerwesens denn doch dringend nothwendig erscheint, umso nothwendiger, da unser Vermögensteuergesetz jetzt derart veraltet ist, dass es alle Mühe braucht, um es in den Gemeinden zu leidlicher Anwendung zu bringen, wir müssen bei jeder Gelegenheit den Gedanken ins Auge fassen, dass unser Gemeindesteuerwesen einer Reform zugeführt werde. Ich verspreche mir also für die Landgemeinden gar keinen Erfolg und stimme einfach nur aus Rücksicht auf anders situierte Gemeinden zu. Die schweren Bedenken, welche ein Herr Vorredner hatte, theile ich gerade nicht, allein ich glaube, dass wir es, wenn dieses Gesetz zur Einführung gelangt, mit zwei Grundsätzen zu thun haben. Während auf der einen Seite das Vermögen herangezogen wird, fall hier nur theilweise das Einkommen herangezogen werden; ich glaube selbst, man wird da Schwierigkeiten nicht ganz aus dem Wege gehen können. Hoffen wir übrigens das Beste; ich werde aus genanntem Grunde dem Gesetzentwurfe zustimmen. Nägele: Ich werde wahrscheinlich das Gegentheil von dem thun, was Abg. Kohler sagte, und zwar ist der Hauptgrund, warum ich gegen das Gesetz stimme, der § 2. Wenn alles ausgenommen ist, was ein wesentliches Erträgnis abwerfen könnte, wird nicht viel übrig bleiben, und wegen dieser 86 XI Sitzung des Vorarlberger Landtages. IV. Session, 8. Periode 1900. Ausnahmen werde ich gegen den Gesetzentwurf stimmen. Ölz: Zum vorliegenden Gesetzentwürfe möchte ich bemerken, dass ich für meine Person für das Eingehen in die Specialdebatte stimmen werde. Es scheint mir vollständig gerechtfertigt, dass jene Leute, welche bisher infolge ihres Einkommens auch zur Zahlung von Steuern zu Gemeindezwecken herangezogen worden sind, auch in Zukunft wieder in irgend einer Weise zu einer Abgabe an die Gemeinde herangezogen werden können. Ich werde mir aber bei der Specialdebatte, um einer Ungerechtigkeit vorzubeugen, erlauben, bei § 2 einen Zusatzantrag zu stellen. Es hat der Herr Abg. Dressel ausgeführt, dass eine Doppelbesteuerung in jenen Gemeinden stattfinde, in welchen eine Vermögensteuer besteht. Wir wollen das praktisch an einem Beispiele anschauen. Wenn ich in Dornbirn Bürger und heimatberechtigt bin, ein Vermögen von 10.000 fl. habe und mit einem Gehalte von 1000 fl. angestellt bin, wie stellt sich nun bei mir in Zukunft das Verhältnis, und wie ist es jetzt? Jetzt bezahle ich an die Gemeinde die Vermögensteuer, und weil in Dornbirn die Steuer sehr groß ist, zahle ich mehr als 70 fl. Vermögenssteuer. In Zukunft ist man aber mit dem nicht zufrieden; man macht bei der Durchführung dieses Gesetzes eine Ausnahme und verlangt von mir auch noch eine Gemeindesteuer von meinem Verdienst resp. Gehalt. Das trifft aber bei einem anderen, der z. B. ein Geschäft hat nicht zu. Ein solcher zahlt, wenn er z. B. in Dornbirn Bürger ist und dort ein Haus oder ein Anwesen hat, nebenzu ein Geschäft betreibt, nur nach seinem Vermögen, wie ihn die Gemeindecommission eingeschätzt hat. Wenn sein Einkommen auch 1000 fl. beträgt, gleichviel ob aus Grundbesitz oder etwas anderem, zahlt er nur Vermögenssteuer. Der Betreffende hat sohin nur einmal an die Gemeinde Steuer zu zahlen. Dagegen soll ein heimatberechtigter Angestellter nach dem neuen Gesetze noch eine Ausnahmssteuer bezahlen, d. h. er soll infolge dieses Gesetzes doppelt besteuert werden, indem er Vermögenssteuer und Besoldungssteuer bezahlen muss. Aus diesem Grunde werde ich mir erlauben, bei § 2 einen Zusatzantrag zu stellen nämlich: "3. Die Gemeindeglieder nach § 6 D. Zl 1 und 2 in jenen Gemeinden, in welchen eine Vermögenssteuer besteht." Johannes Thurnher: Es hat mir schon aus den Worten des Herrn Abg. Kohler hervorgeklungen, als wenn er Schwierigkeiten in Frage der Besteuerung nach dieser Besoldungssteuer erblicken würde. Ich glaube, die Schwierigkeiten werden da nicht groß sein, und gerade das Beispiel, welches Herr Ölz gebracht hat, wird keinen Gemeindevorsteher tu Verlegenheit bringen; ich denke, dass dies keine Doppelbesteuerung ist. Er nimmt einen Dornbirner Angehörigen mit einem Vermögen von 10.000 fl. an. Ich will nun auch dies annehmen; es sei z. B. jemand Angestellter und beziehe einen Gehalt von 1000 fl., neben ihm jemand ohne Vermögen mit ebensoviel Besoldung als jener. Nun finde ich es vollkommen gerechtfertigt, dass beide Herren, jener, welcher ein Vermögen hat und jener der keines hat, eine gleiche Besoldungssteuer zahlen, dann finde ich auch gerechtfertigt, dass jener, welcher ein Vermögen hat, dies auch noch besteuere. Dies ist eben ein anderes Object, und somit liegt keilte Doppelbesteuerung vor. Ganahl: Das Beispiel, welches mein Vorredner, Herr Abg. Ölz, gebracht hat, hinkt einigermaßen. Herr Ölz hat behauptet, dass er als Bürger von Dornbirn, wenn er ein Vermögen von 10.000 fl. und gleichzeitig ein Nebeneinkommen aus einem Gehalte hätte, doppelt zur Steuer herangezogen werden würde. Nun dieser Gesetzentwurf hat aber hauptsächlich den Zweck, jene Leute zu treffen, die ein größeres Einkommen aus einem Gehalte haben und sonst von keiner Steuer getroffen werden können. Nun wollen wir aber das Beispiel des Herrn Ölz festhalten. Er hat z. B. ein Vermögen von 10.000 fl., das ihm eine Rente von 400 fl. abwirft und muss in Dornbirn 70 fl. Vermögenssteuer zahlen; ein anderer hat kein Vermögen, aber 1000 fl. Gehalt, und der soll ganz steuerfrei sein? Darin liegt die Ungerechtigkeit, dass derjenige, der 400 fl. Einkommen hat, Steuer zahlen soll, und dass der andere mit 1000 fl. steuerfrei sein soll. Damit das nicht geschehen kann, liegt dieser Gesetzentwurf vor. Ich bin zwar noch nicht ganz mit mir einig, ob es XI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IV. Session, 8. Periode 1900. 87 z. B. für Feldkirch wünschenswert wäre, dass beantragt würde, von der Wohlthat dieses Gesetzes Gebrauch zu machen, aber nachdem es den Gemeinden immerhin eine Handhabe bietet, eine neue Steuer einzuführen, so muss ich dafür stimmen. Dressel:Durch das neue Gesetz wird der persönliche Erwerb besteuert. Nehmen wir wieder ein Beispiel: Es sind zwei Bürger, jeder derselben besitzt ein Vermögen von je 10.000 fl., der eine ist angestellt und bezieht einen Gehalt von 1000 fl., der andere führt ein Geschäft, und dieses wirft ihm einen Reingewinn von 1500 fl. ab. Beide zahlen 70 fl. Vermögensteuer, der Angestellte mit 1000 fl. Einkünften - dies ist aber sein ganzes Einkommen - und der, welcher sein Vermögen im Geschäft hat und 1500 fl. daraus bezieht. Beide zahlen die Vermögenssteuer, der mit den 1000 fl. Einkommen aber noch überdies nach dem in Frage kommenden Gesetz die neue Besoldungssteuer, der andere aber, der 1500 fl. einnimmt, zahlt aber außer der Vermögensteuer keine weitere Gemeindesteuer. (Rufe: Ganz richtig, sehr richtig I) Martin Thurnher: Ich beantrage Schluss der Debatte. Landeshauptmann: Vorher hat sich noch der Herr Abgeordnete Ölz zum Worte gemeldet. Ich ersuche jene Herren, welche mit Schluss der Debatte einverstanden sind, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Es ist die Majorität. Ich ertheile das Wort dein Herrn Abg. Ölz. Ölz: Ich kann nur sagen, was Herr Abg. Dressel bereits ausgeführt hat. - Das Beispiel, das ich gebraucht habe, ist nicht hinkend, wie der Herr Landeshauptmannstellvertreter Ganahl dasselbe genannt hat, sondern es ist thatsächlich so, wie ich ausgeführt habe. Wenn das Gesetz so angenommen wird, wie es jetzt vor uns liegt, so unterliegt es gar keinem Zweifel, dass eine doppelte Besteuerung dadurch geschaffen wird. Wenn man annimmt, der Angestellte könne leichter bezahlen, weil er ein sicheres jährliches Einkommen bezieht - dies besticht scheint's die Herren -, so ist dies nicht gerecht, denn er muss für die Arbeiten, welche er leistet, doch seine Dienste thun, geradeso wie derjenige, welcher ein Geschäft besitzt und dabei sein Geld verdient, auch seine Dienste leistet. Dieser letztere aber bezahlt nichts für seinen Verdienst, sondern nur seine Vermögensteuer. Der Verdienst kommt also bei diesem nicht in Betracht. Es kann einer ein recht großes Geschäft haben und dennoch kein Vermögen besitzen, und wird sohin niedrig eingeschätzt. Er zahlt deshalb eine geringe Gemeindesteuer, wenn man auch annimmt, er habe großen Verdienst. Es ist und bleibt, wie ich ausgeführt habe, eine doppelte Besteuerung. Ich werde, wie früher gesagt, für das Eingehen in die Specialdebatte stimmen, aber ans dem angeführten Grunde, mir dann bei § 2 einen Abänderungsantrag zu stellen erlauben. Landeshauptmann: Das Wort hat noch der Herr Berichterstatter. Martin Thurnher: Die Ausführungen, welche gegen den vorliegenden Gesetzentwurf gemacht worden sind, beruhen alle mit Ausnahme jener des Herrn Abg. Nägele, welcher einen in einer Beziehung vollständig berechtigten Grund vorgebracht hat, auf falschen Voraussetzungen, auf falscher Grundlage. Es ist gesagt worden, die geplante Besoldungssteuer sei auch eine Art Zuschlag, sie sei keine eigene Auflage, und diese Behauptung ist vollständig unrichtig. Zuschläge können ja nur von directen ärarischen Steuern vorgeschrieben werden. Dies ist hier nicht der Fall, es können ja gar keine Zuschläge zu der Personaleinkommensteuer erhoben werden; es wird nur den Gemeinden, um ihnen die Anlage der Besoldungssteuer zu ermöglichen, von der Regierung aus das nothwendige Material zur Bemessung der Steuer gegeben, damit sie keine besondere Steuercommission, keinen Steuerrath und dergleichen einsetzen müssen, und damit die Einbringung von Fassionen zu entfallen habe. Es ist sonach durch diese zu erstattenden Mittheilungen nur eine Vereinfachung des Geschäftes bezweckt; die Besoldungssteuer ist aber keine Zuschlagssteiler, sondern eine ganz eigene, separate Auflage, wie nach § 80 der Gemeindeordnung vorgesehen ist. Solche besondere Auflagen bestehen in verschiedenen Gemeinden und haben z. B., wie ich weiß, in Dornbirn bestanden. Wir hatten dort eine eigene Gemeindemarksteuer, den sogenannten "Familiengulden", das Landgeld etc. Diese Auflagen 88 XI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IV. Session, 8. Periode 1900. sind im Laufe der Zeit von ihrer alten, ursprünglich sicher gesetzlichen Basis abgekommen und haben dieselben sonach das Recht ihres Weiterbestandes verloren. Aber faktisch waren es besondere Abgaben. Solche Auflagen nach § 80 müssen für alle Gemeindeglieder gleich gemacht werden, da gibt es keinen Unterschied, ob die übrigen Gemeindeumlagen durch Vermögenssteuer gedeckt werden oder durch Zuschläge. In diesem Punkte würde ein Gesetzentwurf. der in der Weise abgefasst würde, wie ihn Herr Abg. Ölz im Auge hat, nach meiner Meinung niemals die kaiserliche Sanction erhalten können. Es ist auch nicht richtig, dass z. B. in Gemeinden, wo bloß 30-40 oder 50% Gemeindeumlagen bestehen, diesbezüglich auch eine Steigerung oder Herabminderung alljährlich bei der Besoldungssteuer eintreten würde. Diese Steuer wird nicht alljährlich veranlagt, sondern dann, wenn das Gesetz in Kraft getreten ist und die Gemeinde das Bedürfnis findet, dass sie eingeführt werde und der Gemeindeausschuss diesbezüglich Beschluss gefasst hat. Dieser Beschluss wird sich innerhalb der Grenzen halten, welche die betreffende Gemeindevertretung ihren Interessen für angemessen findet, und wird die Steuer wohl mindestens mit 50%, bei außerordentlichen Verhältnissen bis zu 60% bemessen; muss aber dann noch die Genehmigung des LandesAusschusses und der Statthalterei erwirken. Wenn der bezügliche Gemeindeausschussbeschluss derart Gesetzeskraft hat, muss er nicht alle Jahre erneuert werden, sondern bleibt, wenn er einmal die Genehmigung der Statthalterei und des Landes-Ausschusses hat, rechtskräftig, und es ist somit eine bleibende Einnahme für die Gemeinde erzielt. Diese Einnahme wird auch nicht unter die jährlichen Umlagen gerechnet, sondern gleich ins Präliminare als ordentliche Einnahme eingesetzt, wie z. B. auch bei den Armenfondsvoranschlägen die Einkaufstaxe, die Hundesteuer, die Erträgnisse der Armenprocente bei Versteigerungen u. dgl. in bestimmter Summe ausgenommen werden; dann werden die Einnahmen von den Ausgaben abgezogen, und der nicht gedeckte Rest muss in geeigneter Weise, sei es durch Zuschläge, sei es durch die Vermögenssteuer die Deckung finden. Wir sind bereits vom Herrn Abg. Fink darauf aufmerksam gemacht worden, dass es unrichtig sei, dass die Besoldungssteuer für alle jene Gemeinden, die keine Vermögenssteuer haben, keine Wirksamkeit habe. Es sind bereits größere Gemeinden genannt worden, wo dies nicht zutrifft, wie z. B. Hard und Lustenau. Unser Vermögenssteuergesetz hat manche Lücken, und ich glaube, gerade dadurch, dass wir dieses Gesetz annehmen, wird eine kleine Lücke einigermaßen ausgefüllt. Ich weise nur darauf hin, dass z. B. der Bezug von Renten im Vermögenssteuergesetz berücksichtigt ist. Nehmen wir an, es bezieht eine Waise oder Witwe eine Rente von einem Capitale von 10.000 st., die nach heutigem Zinsfuß höchstens 400 fl. beträgt. Diese Witwe oder Waise muss Vermögenssteuer bezahlen, wenn das Capital auch nicht ihr Eigenthum ist. Die Rente wird capitalisiert, und es muss für dieselbe eine gerade so hohe Vermögenssteuer entrichtet werden, wie von 10.000 fl. wirklichem eigenen Vermögen. Die Steuer hiefür beträgt in Dornbirn z. B. 70 fl. Nehmen mir das Beispiel, das gerade Herr Ölz vorgebracht hat, wieder auf. Angenommen, jemand hat ein Vermögen von 10.000 fl. und bezieht noch einen Gehalt von 3.000 fl. Er hat nun, wenn er den Gehalt in Dornbirn bezieht, für 10.000 fl. die Vermögenssteuer zu bezahlen und von diesen 3.000 fl. Gehalt auch noch die Besoldungssteuer zu entrichten. (Ölz: Also doppelte Steuer!) Jetzt möchte ich aber Herrn Ölz fragen, ob er es für gerechtfertigt findet, dass der, welcher 10.000 fl. Vermögen hat, und dazu noch einen jährlichen Gehalt von 3000 fl. bezieht, nur soviel an die Gemeinde bezahlen müsste, wie die arme Witwe und Waise, welche neben den 400 fl. Rente keinen Kreuzer Einnahme hat. (Ganahl und andere: Ganz richtig! Eine Lücke des Vermögenssteuergesetzes!) Diese Lücke wird einigermaßen ausgefüllt werden, wenn neben der Vermögenssteuer auch jene etwas bezahlen müssen, die einen Gehalt beziehen. Ich werde wohl Gelegenheit haben, in der Specialdebatte noch einmal hierauf zurückzukommen. Was endlich den Einwand des Herrn Abg. Nägele betrifft, so sehe ich denselben als einigermaßen begründet an. Ich bin auch der Ansicht, dass man die in § 2 litt. 1 aufgeführten Personen wenigstens im allgemeinen hätte heranziehen sollen. Es ist aber eine stricte Forderung der Regierung, theilweise schon auch in der G. O. vorgeschrieben, dass Beamte, Lehrer, Geistliche u. s. w. nicht mit Xi. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IV. Session, 8. Periode 1900. 89 ihren Bezügen zur Bestreitung der Gemeinde- | erfordernisse herangezogen werden können. Dasselbe ist auch bereits in Reichsgesetzen vorgeschrieben, und ohne eingreifende Änderung der Staats- und Landesgesetze könnte die Regierung auf eine Änderung des § 2 nicht eingehen. Ich glaube nun, um das hohe Haus nicht zu ermüden, genug gesagt zu haben, und erwarte die unveränderte Annahme des Gesetzes. Landeshauptmann: Die Debatte ist geschlossen. Ein Antrag, welcher gegen das Eingehen in die Specialdebatte gerichtet wäre, ist nicht gestellt worden. Wir können also zur Specialdebatte übergehen. Martin Thurnher: § 1; von der Verlesung des Textes kann füglich abgesehen werden. Landeshauptmann: Wer wünscht zu 8 1 das Wort? Dressel: Im Motivenberichte heißt es, die neue Steuer sei ein Gemeindezuschlag für die alte Einkommensteuer, also diese neue Steuer soll einen Ersatz bilden für die alte Einkommensteuer aus Dienstbezügen. Damit dies auch im Gesetze zum Ausdruck komme, möchte ich beantragen, bei § 1 des Gesetzentwurfes zwischen die Worte "zu" und "selbständige" die Worte einzuschalten: "Als Ersatz für die Zuschläge zu der früher bestandenen Einkommensteuer aus Dienstbezügen", damit auch zum Ausdrucke komme, was man im Motivenberichte gesagt hat. (Martin Thurnher: Obstruction! - Heiterkeit.) Landeshauptmann: Darf ich bitten, mir diesen Antrag schriftlich zu überbringen? Wer wünscht weiter das Wort? Wenn niemand, so ist die Debatte geschlossen. Der Herr Berichterstatter hat das Schlusswort. Martin Thurnher: Ich nehme den Antrag des Herrn Abg. Dressel nicht ernst, weil man sonst schließlich den ganzen Motivenbericht ins Gesetz hineinnehmen müsste. Darum kann ich mich wohl weiterer Ausführungen enthalten. (Heiterkeit.) Landeshauptmann: Zu § 1 liegt ein Abänderungsantrag des Herrn Abg. Dressel vor, wonach zwischen die Worte "zu" und "selbständige" einzusetzen käme: "Als Ersatz für die Zuschläge zu der früher bestandenen Einkommensteuer aus Dienstbezügen." - § 1 würde also lauten (liest): § 1. Den Gemeinden steht das Recht zu, als Ersatz für die Zuschläge zu der früher bestandenen Einkommensteuer aus Dienstbezügen, selbständige Steuern von Dienstbezügen zu beschließen, deren Ausmaß in der Regel die Hälfte derjenigen Steuern nicht überschreiten darf, welche nach dem Gesetze vom 25. October 1896, R. G. Bl. Nr. 220, betreffend die direkten Personalsteuern, auf die Besoldungen entfällt, wenn sie das einzige Einkommen des Besoldeten bilden. Bei besonders berücksichtigenswerten Verhältnissen kann indessen die selbstständige Gemeindebesoldungssteuer bis zu höchstens 60% der in alinea 1 bezeichneten staatlichen Steuersätze festgesetzt werden. Zur Auflage dieser Steuer überhaupt ist die Bewilligung des Landes-Ausschusses und die Zustimmung der politischen Landesbehörde erforderlich. Ich bringe diesen Antrag zuerst zur Abstimmung. Jene Herren, welche diesem Antrage die Zustimmung ertheilen, bitte ich, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Minorität. Jetzt bringe ich den Ausschussantrag zur Abstimmung; ich bitte jene Herren, welche die Zustimmung zu ertheilen gedenken, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben^ Majorität. Martin Thurnher: § 2. Landeshauptmann: Wer wünscht das Wort? - Der Herr Abg. Ölz. Ölz: Wie ich bereits in der Generaldebatte gesagt habe, werde ich mir jetzt erlauben, zu alinea 3 einen Antrag zu stellen. Eine weitere Begründung könnte ich füglich unterlassen. Ich habe bereits ausgeführt, dass ich gegen eine doppelte Besteuerung sei. Dies ist nicht widerlegt worden. Es ist allerdings gesagt worden, vom Billigkeitsstandpunkte aus sei es gut, dass man diese Steuer einführe, weil beispielsweise eine Waise, die 10.000 st. Vermögen hat und ein anderer mit demselben Vermögen ganz dieselbe Steuer zahlen, obgleich 90 XI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IV. Session, 8. Periode 1900. letzterer Verdienst habe und die erstere nicht. Also ein Ausgleich soll erzielt werden durch diese neue Steuer. Nun glaube ich, dass dies auf eine andere Weise bewerkstelliget werden sollte. Ich habe die Anschauung, dass das Vermögenssteuergesetz dahin abgeändert werden sollte, dass eine arme Waise nicht mit 7% zur Besteuerung herangezogen werden müsste, sondern nur mit 3 oder einer entsprechenden Anzahl von Procenten. Gefallen würde mir, wenn in einer anderen Weise die Regelung einträte, aber man sollte nicht eine neue Ungerechtigkeit schaffen, um die alte auszugleichen. Dafür kann ich mich nicht aussprechen. Einverstanden wäre ich in der angedeuteten Weise mit der Änderung des Vermögensteuergesetzes, damit auch arme, alte Frauenspersonen, die nichts verdienen können, und nur ein kleines Vermögen haben, keine so große Umlagen zahlen müssten. Man sagt nun aber, dies könne nicht geändert werden, die Regierung gebe es nicht zu, dass das Vermögenssteuerstatut abgeändert werde. Nun dann wollen wir auch jetzt nicht einen Ausgleich schaffen, der auch wieder eine Ungerechtigkeit ist, so dass einer berechtigt ist, zu sagen, ich werde doppelt besteuert, während der andere dies nicht wird. Weil ich gegen eine doppelte Besteuerung bin, stelle ich folgenden Antrag: "3. Die Gemeindeglieder nach § 6 @. ö. Zl. 1 und 2 in jenen Gemeinden, in welchen Vermögenssteuer besteht." Diese sollen also nicht zur Steuer herangezogen werden können. Zu den andern Ausnahmen soll auch diese noch kommen. Es sollen befreit sein jene Gemeindemitglieder, welche Bürger und heimatberechtigt sind in Gemeinden, wo Vermögenssteuer besteht. Landeshauptmann: Wer wünscht weiter zu § 2 das Wort? Der Herr Abg. Wegeler. Wegeler: Ich werde für den Zusatzantrag des Herrn Ölz stimmen, weil ich ihn für berechtigt halte. Es ist über das Beispiel viel gesprochen worden und von manchen ist dasselbe umgekehrt worden. Das, was Herr Ölz beweisen will, haben andere benützt, um zu beweisen, dass gerade das Gegentheil der Fall sei, dass die Besoldungssteuer von Dienstbezügen praktisch sei. Ich halte die Ausführungen derjenigen Herren, welche gegen die [ Ausführungen des Herrn Abg. Ölz sind, nicht für berechtigt. Dies bleibt unbedingt so, dass jene Gemeindemitglieder nach § 6, Absatz 1 und 2, die zur Vermögenssteuer herangezogen werden können, in jenen Gemeinden, in denen Vermögenssteuer besteht, und jetzt also noch von ihren Dienstbezügen eine Steuer an die Gemeinde bezahlen müssen, dass diese zweimal zur Besteuerung kommen, gegenüber jenen Gemeindemitgliedern, welche nur zur Vermögenssteuer herangezogen werden und für ihre Bezüge aus ihrem Geschäft, aus ihrem Gewerbe oder für ihren Nebenverdienst aus irgend einem andern Grunde nicht zur Besteuerung herangezogen werden. Es werden also nur jene herangezogen, welche Dienstbezüge haben und insoweit ist das Beispiel des Herrn Ölz ganz in Ordnung. Wenn jemand 10.000 st. hat und diese 10.000 fl in einem Geschäft investiert sind, so zahlt er Vermögenssteuer, aber dafür, was er aus diesem Gewerbe und anderen Einrichtungen, die er hat, bezieht, und wenn er auch noch so viel verdient, bezahlt er keine Steuer. Der andere Herr, der ein Vermögen hat und noch Dienstbezüge einnimmt, bezahlt die Vermögenssteuer und noch die Steuer von diesen Dienstbezügen. Nur dann trifft das Beispiel nicht ein, wenn jemand in einer Gemeinde ein Capitalvermögen hat und sonst nichts thut, auch keine weiteren Einnahmen hat. Dieser bezahlt dann bloß die Vermögenssteuer, der andere wird noch mit der Steuer auf die Dienstbezüge bemessen. Nun das ist nicht normal. Normal ist es dann, wenn zwei das gleiche Vermögen haben und der eine von persönlicher Arbeit Dienstbezüge hat und dann doppelte Steuer zahlt. Wenn aber einer aus seinem Geschäft, Handel oder Gewerbe seine Dienstbezüge hat, zahlt er nicht doppelte Steuer, sondern weniger als der, welcher durch Dienst seine Bezüge hat. Darum werde ich nur für § 2 stimmen, wenn er mit dem Zusatzantrag des Herrn Ölz angenommen wird. Johannes Thurnher: Herr Ölz hat beliebt, ein Beispiel anzuführen bei einem Vermögensstande von 10.000 fl. Ich werde nun so frei sein zur Begründung, dass sein Antrag zu außerordentlichen Anomalien führen würde, ein Beispiel mit einem niedrigen Vermögen zu wühlen. Sein Antrag geht dahin, dass, wer in einer Gemeinde bereits Vermögenssteuer bezahlt, keine Besoldungssteuer mehr bezahlen XI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IV. Session, 8. Periode 1900. 91 sollte. Ich habe den Antrag so verstanden und mich an dem Tische des Herrn Landeshauptmannes davon überzeugt, dass also, wer in der Gemeinde eine Vermögenssteuer bezahlt, von der Besoldungssteuer ausgenommen sein soll. Nun nehme ich an, es sind zwei besoldete Angestellte in einer Gemeinde. Jeder beziehe 3000 st. Besoldung, davon hat er nun also jedenfalls 40 bis 50 st. Besoldungssteuer zu zahlen. Die Gemeinde hat also das Recht, von diesen beiden auf Grund der Besoldungssteuer eine fixe Anzahl von Gulden als Steuer zu beziehen, auch wenn sie kein Vermögen hätten. Nun sei noch ein dritter daneben mit der gleichen Besoldung, aber noch mit einem kleinen Vermögen ausgestattet. Ist es nun gerecht, dass der große Sold besteuert werde, während der, welcher neben dem Gehalte ein ganz kleines Vermögen besitzt, keine Besoldungssteuer zahlt? Ganahl: Ich wollte eigentlich dasselbe sagen, was der Herr Vorredner bemerkt hat, nämlich dass ein jeder, der eine große Steuer zu bezahlen haben würde, es in der Hand hätte, durch Angabe eines kleinen Vermögens, das er nicht besitzt, sich von dieser Steuer zu befreien. Wenn er z. B. einen Gehalt von 2-3000 st. hat und kein Vermögen besitzt, so gibt er 100 st. Vermögen an und entzieht sich so vollständig der Steuer. Da sehen Sie, zu welchen Missbräuchen dies führen könnte. Bösch: Ich hätte das Wort nicht ergriffen, wenn nicht Herr Ölz mich aufmerksam gemacht hätte. Er hat gesagt, dass in solchen Gemeinden, wo die Vermögenssteuer nicht besteht, durch die Besoldungssteuer eine Doppelbesteuerung nicht zutreffen solle. Nun möchte ich sagen, wie es in solchen Gemeinden steht, wo keine Vermögenssteuer besteht, sondern wo die Bedürfnisse der Gemeinden durch Zuschläge zur Erwerbsteuer, Hauszins- und Hausclassensteuer gedeckt werden müssen. Es zahlt z. B. einer alle verschiedenen Steuern, die da sind, er betreibt sein Gewerbe nicht selbst, sondern bezieht noch eine Besoldung, von der er die Steuer zahlen mnss, sein Nachbar, der mit seinem Geschäfte, das er selbst betreibt, das Doppelte verdient, zahlt keine Besoldungssteuer, der andere mit dem Gehalte muss zahlen, weil er für einen andern arbeitet. Deshalb glaube ich wäre es nicht gerecht, wenn ein Unterschied gemacht würde zwischen Gemeinden, wo eine Vermögenssteuer besteht, und solchen, wo sie nicht besteht; die gleiche Ungerechtigkeit kommt überall heraus! Aber im übrigen stimme ich dem § 2 aus den Gründen nicht zu, die schon Herr Nägele angeführt hat, dass man Leute, bei denen die Steuer etwas einbringen würde, im voraus für frei erklärt. Martin Thurnher: Ich beantrage Schluss der Debatte! Landeshauptmann: Es ist der Antrag auf Schluss der Debatte gestellt; ich bemerke, dass zum Worte noch vorgemerkt sind die Herren Abg. Jodok Fink, Ölz und Wegeler. Nun bitte ich die Herren, welche dem Antrag auf Schluss der Debatte zustimmen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Ich ertheile das Wort dem Herrn Abg. Jodok Fink. Jodok Fink: Der Antrag des Herrn Abg. Ölz geht nach meiner Überzeugung weiter, als er selber will. Ich glaube, es wird gar nicht einmal des Kniffes bedürfen, den der Herr Ganahl angeführt hat, dass sich einer durch Fatierung eines kleinen Betrages zur Vermögenssteuer von der Heranziehung zur Besoldungssteuer befreien kann. Es braucht das gar nicht, sondern der Antrag geht dahin, dass in Gemeinden, wo die Vermögenssteuer besteht, alle Gemeindeglieder nach § 60 G. O., Zl. 1 und 2 nicht zur Besoldungssteuer herangezogen werden können. Der Antrag befreit also nicht bloß diejenigen Gemeindemitglieder, die Vermögenssteuer bezahlen, sondern auch die übrigen im § 6, Zl. 1 und 2 angeführten, und ich will also nur konstatieren, dass es diesen Kniff, nach dem Antrag Ölz garnicht braucht. Wenn der Antrag anders lauten würde, z. B. "alle Gemeindeglieder, die zur Vermögenssteuer herangezogen werden, sind von der Gemeindebesoldungssteuer befreit", dann könnte der vom Herrn Landeshauptmannstellvertreter angeführte Kniff in Frage kommen. Landeshauptmann: Das Wort hat der Herr Abg. Ölz! Ölz: Mein Antrag geht dahin, dass jeder Bürger, der in der Gemeinde heimatsberechtigt ist. 92 XI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IV. Session, 8. Periode 1900. nichts zahlt. Man sagt die Gemeinde sollte von allen Bewohnern den gleichen Nutzen haben. Dies trifft aber nicht zu. Hier in Bregenz z. B. zahlen jene, die Bürger sind, auch viel weniger Steuern, als die Fremden, weil bei der Vermögenssteuer reiche Leute an dem repartierten Betreffnis der Gemeindesteuer verhältnismäßig viel mehr zahlen, als wenn sie nach den directen Steuern zahlen müssten. Das Verhältnis ist sohin ungleich, aber doch gerecht. Es gibt auch noch andere Ungleichheiten bei der Besteuerung. Ich setze den Fall, ich wohne bei meinem Vater im gemeinsamen Haushalte; mein Vater hat die Vermögenssteuer zu zahlen, ich dagegen habe nichts zu zahlen, obgleich ich Angestellter bin, weil ich meinen Gehalt in die Haushaltung