18990314_lts005

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Letzte Änderung 02.07.2021, 19:10
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp08,lts1899,lt1899,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 5. Sitzung am 14 März 1899 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 20 Abgeordnete. Abwesend Herr Dr. Schmid. Regierungsvertreter: Herr k. k. Statthaltereirath Rudolf Graf Huyn. Beginn der Sitzung 11 Uhr 5 Minuten vormittags. Landeshauptmann: Indem ich den mit Allerhöchstem Patente vom 6. März zur Fortsetzung seiner Thätigkeit auf den heutigen Tag einberufenen Landtag beziehungsweise die heutige V. Sitzung desselben für eröffnet erkläre, ersuche ich um Verlesung des Protokolles der letzten IV. Sitzung. (Secretär verliest dasselbe.) Wird gegen die Fassung des Protokolles ein Einwand erhoben? Da dies nicht der Fall ist, betrachte ich dasselbe als genehmiget. Hohes Haus! Seit unserem letzten Beisammensein hat unser Allerhöchstes Kaiserhaus abermals einen schweren Verlust erlitten. (Das Haus erhebt sich.) Ihre k. u. k. Hoheit, die Durchlauchtigste Frau Erzherzogin Maria Immaculata, welche dem Allerhöchsten Kaiserhause, speciell der Person Sr. Majestät des Kaisers durch den Umstand nahestand, dass sie die Schwiegermutter Ihrer k. u. k. Hoheit Frau Erzherzogin Valerie, einer Tochter Sr. Majestät des Kaisers war, ist durch den Tod ihrer Familie entrissen worden, und unser vielgeprüftes Kaiserhaus hatte abermals Ursache, Trauer anzulegen. Österreichs Völker, speciell wir kaisertreuen Vorarlberger, die wir an allen Geschicken, an Freude und Leid unseres angestammten Herrscherhauses innigen Antheil nehmen, bringen unserem Allerhöchsten Herrn auch bei 68 V. Sitzung des Vorarlberger Landtages- in. Session, 8. Periode 1899. diesem schmerzlichen Anlasse unsere innigste Theilnahme entgegen. Ich gestatte mir als Dolmetsch des hohen Hauses diese unsere Gefühle hier öffentlich auszudrücken. Das hohe Haus hat sich bereits erhoben und auf diese Weise bereits seine Zustimmung zum Ausdrucke gebracht. Hohes Haus! Ende Februar, während die treuen Katholiken Roms sich anschickten, das Doppelfest des 90. Geburtstages und des 21. Erinnerungstages der Thronbesteigung unseres Heiligen Vaters Leo XIII. in stiller, aber würdiger Weise zu begehen, beängstigten nach allen Windrichtungen ausgehende und sich allerorts verbreitende Nachrichten über den ungünstigen Gesundheitszustand des Papstes die Hunderte von Millionen Katholiken des Erdkreises. Die Sorge war gewiss nur zu gerechtfertiget. Ein zitternder Greis von 90 Jahren, das Bild einer totalen körperlichen Gebrechlichkeit, musste unter Begleiterscheinungen starken Fiebers sich einer Operation unterziehen, und es muss wohl auch vom ärztlichen Standpunkte aus als ein seltenes Ereignis angesehen werden, dass ein Greis in diesem hohen Alter die gefährliche Krisis überstehen und wieder vollständig genesen konnte. In diesen Tagen zeigte sich in erneutem Grade die schon so oft bethätigte, unbegrenzte Verehrung und Liebe, welche dem gegenwärtig regierenden Hl. Vater von Seite seiner Millionen und Millionen treuer Katholiken entgegengebracht wird, aber auch die hervorragende Hochachtung, welche auch Andersgläubige, Fürsten und Völker dem Träger der Tiara, dem erleuchteten Papste, dem Gelehrten und eminenten Staatsmanne zollen, und die sich manifestierte allein schon in der Zahl von 20.000 Telegrammen, die in jenen Tagen nach Rom kamen, um Erkundigungen über das Befinden des Hl. Vaters zu erhalten. Dank der Hilfe Gottes, das Unerwartete, Wunderbare geschah, der Hl. Vater überstand die Krisis trotz seines hohen Alters und seiner Gebrechlichkeit, und seine Gesundheit ist wieder hergestellt. Bereits sind in verschiedenen Landesvertretungen Kundgebungen der Freude des Volkes über die wunderbare Wiedergenesung beschlossen worden. Ich erlaube mir daher, mich bei unserem heutigen Wiederzusammentritte zum Dolmetsch der Gefühle der hohen Landesvertretung und des ganzen Vorarlberger Volkes zu machen, das sich gewissen, von roher und niedriger Gesinnung zeugenden Bestrebungen einer Vaterlands- und glaubenslosen, den deutschen Namen und die deutsche Cultur schändenden Clique gegenüber unentwegt und unzertrennlich verbunden fühlt mit dem Hl. Vater in Rom, dem obersten Führer und Lenker der katholischen Kirche, dem edlen Priestergreise, dem Friedensfürsten, dem geistigen Heros auf Petri Stuhl und das wohl zu würdigen weiß, was speciell unser theures Vaterland in allen Jahrhunderten der Kirche und dem Papstthume verdankt in Zeiten des Krieges und des Friedens. Als Dolmetsch dieser Gesinnung stelle ich den Antrag: "Das hohe Haus wolle seinen Vorsitzenden ermächtigen, auf ihm geeignet erscheinendem Wege dem Hl. Vater den Ausdruck der innigen Freude über dessen erfolgte Wiedergenesung gleichzeitig mit dem Wunsche zu übermitteln, die göttliche Vorsehung wolle dem katholischen Erdkreise den Jubelpapst Leo XI I I. noch recht lange in ungeschwächter geistiger Kraft und voller Gesundheit erhalten." (Allseitige Zustimmung des ganzen Hauses.) Ich nehme an, nachdem das hohe Haus sich erhoben hat, dass es meiner Anregung zustimmt, und ich werde in diesem Sinne eine Kundgebung an den Cardinal-Staatssecretär für Se. Heiligkeit abgehen lassen. Endlich gestatten Sie mir noch in einer dritten Angelegenheit das Wort zu nehmen. Seit dem Beginne der Verhandlungen unserer Session, seitdem wir das letztemal tagten, hat der unerbittliche Tod auch dem Lande Vorarlberg zwei, ich kann wohl sagen, in unserer neueren Geschichte markante Persönlichkeiten entrissen. Es ist sonst nicht üblich, Herren, welche früher dem hohen Hause als Vertreter angehörten, einen Nachruf zu halten. Die zwei Persönlichkeiten aber, die ich im Auge habe, sind es würdig, dass wir auch V. Sitzung des Vorarlberger Landtages. III. Session, 8. Periode 1899. 69 als Nachmänner derselben in der Landesvertretung ihres Wirkens mit einem Nachrufe gedenken. Es sind dies die ehemaligen Abgeordneten Dr. Andreas Fetz und Pfarrer Johannes Jehlp in Thüringen. Dr. Fetz, auch Bürgermeister der Landeshauptstadt Bregenz, war in der Zeit von 1868-1878 als Vertreter des Bezirkes Bregenz-Bregenzerwald, dann wieder in den Jahren 1884-1892 als Vertreter der Stadt Bludenz, dann der Handelskammer und endlich der Landeshauptstadt Bregenz Mitglied des hohen Landtages. Er bekleidete auch durch mehrere Jahre die Stelle eines Reichsrathsabgeordneten. Allen von uns älteren Collegen, welche Dr. Fetz noch in seiner Eigenschaft als Landtagsabgeordneten gekannt haben, wird sein freundliches, conciliantes Wesen und sein bedeutsames Wissen, sowie sein rethorisches Talent in guter Erinnerung sein. Ebenfalls sehr lange bekleidete Pfarrer Jehly, dessen Begräbnis unter so außerordentlicher Theilnahme gestern stattgefunden hat, in den Jahren 1878-1890 als Vertreter der Stadt Bludenz die Stelle eines Landtagsabgeordneten. Einem großen Theile von uns Abgeordneten ist aus eigener Anschauung sein Wirken noch in bester Erinnerung. Wir wissen, was Jehly namentlich auf volkswirtschaftlichem Gebiete für eine ausgezeichnete Kraft gewesen ist, und welche hervorragende Arbeitsleistung er da bekundet hat. Mit Recht citiere ich die Worte, welche gestern an seinem Grabe gesprochen wurden: "Er war nicht blos ein echter Priester und Hirte des Volkes, sondern auch ein wahrer Freund des Volkes im eigentlichsten Sinne des Wortes." Ich bitte Sie, hochverehrte Anwesende, diesen beiden Herren ein freundliches Andenken zu bewahren, und heute speciell durch Erheben von den Sitzen dies zu bezeugen. (Das hohe Haus erhebt sich von den Sitzen.) Ich danke hiefür. Der Herr Abgeordnete Dr. Schmid war unmittelbar vor der Sitzung noch bei mir und theilte mir mit, daß er in städtischen Angelegenheiten verreisen müsse, und bat mich daher um einen Urlaub von 6-8 Tagen. Nachdem die Gewährung eines solchen Urlaubes über meine Competenz hinausgeht, so ersuche ich das hohe Haus zu entscheiden, ob dem Herrn Abgeordneten der Urlaub zu bewilligen sei. Wenn keiner von den Herren Abgeordneten das Wort zu ergreifen wünscht, so ersuche ich jene Herren, welche den Urlaub ertheilen wollen, sich von ihren Sitzen zu erheben. Angenommen. Ich werde nun zunächst den Einlauf dem h. Hause bekannt geben. In demselben befindet sich ein Gesuch des Vorarlberger Unterstützungsvereines in Innsbruck, überreicht durch den Herrn Abgeordneten Dr. Waibel; ferner ein Gesuch des katholischen Schulvereines für Österreich in Wien, überreicht durch den Herrn Abgeordneten Johannes Thurnher. Beide Vereine wenden sich an den h. Landtag um Bewilligung von Subventionen. Weiters ist mir eine Eingabe der Gemeinde Dornbirn betreffs Ausscheidung des Landes Vorarlberg aus dem gemeinsam en tirolisch-vorarlbergischen Sanitätsbezirke überreicht worden, die ich mir zu verlesen erlaube. (Liest.) Hoher Landtag! Tirol und Vorarlberg bilden gegenwärtig einen einzigen vereinigten Sanitätsbezirk, und wiederholte Bemühungen, für Vorarlberg die Errichtung eines eigenen Sanitätsbezirkes zu erlangen, sind bisher erfolglos geblieben. Gleichwohl befindet sich die Bevölkerung Vorarlbergs vollkommen im Recht, wenn sie für das Kronland Vorarlberg einen eigenen Sanitätsbezirk erstrebt. Wenn nicht schon frühere Erfahrungen das unzweideutig gezeigt und bewiesen hätten, so hätte dies jedenfalls der jüngst verflossenen Zeit gelingen müssen, und gerade der Umstand, dass Erscheinungen der jüngsten Vergangenheit den Bestand eines einzigen Sanitätsbezirkes für Tirol und Vorarlberg als eine durch nichts zu rechtfertigende Absurdität erscheinen lassen, rechtfertiget auch den Versuch, die bisher fruchtlos gebliebenen Bestrebungen nach dieser Richtung wieder aufzunehmen. Die gefertigte Gemeindevertretung sagt wohl nichts Neues, wenn dieselbe neben der Industrie die Viehzucht des Landes als die Haupterwerbsquelle der Vorarlberger Bevölkerung bezeichnet. 70 V. Sitzung des Vorarlberger Landtages. HI. Session, 8. Periode 1899. Es liegt daher sehr nahe, dass es eine volkswirtschaftliche Nothwendigkeit ist, die Viehzucht im Lande zu heben und zu fördern, und es sei hier dankend und anerkennend erwähnt, dass von den berufenen Factoren manches Lobenswerte in dieser Richtung geschehen ist. Umsomehr erscheint das obenerwähnte ängstliche Festhalten an dem einzigen Sanitätsbezirke für Tirol und Vorarlberg als unhaltbares, zweckwidriges Vorgehen. Mit vielen Opfern von Seite des Staates, des Landes, der Gemeinden, Vereine und der bäuerlichen sowie übrigen Bevölkerung des Landes wurde die Viehzucht Vorarlbergs auf eine Stufe gebracht, welche allgemeine Anerkennung auch des Auslandes zu erringen vermocht. Vorarlberg hat nunmehr einen einheitlichen, den klimatischen und Terrainverhältnissen sowie der Bodencultur desselben einerseits, wie der größtmöglichsten Verwertung andererseits entsprechenden Viehschlag herangezogen, mit dem sich die Rassen Tirols nicht vergleichen können. Vorarlberg ist wie in manchen anderen Beziehungen, so auch was die Verwertung und den Absatz seines Viehexportes anbelangt, mehr auf die angrenzenden auswärtigen Staaten, die Schweiz und die süddeutschen Staaten angewiesen als auf die österreichischen Provinzen. Auch dort, wo der Absatz angestrebt wird in österreichischen Provinzen, so in Ober- und Niederösterreich, in Steiermark und insbesondere auch in Ungarn, ist Vorarlberg genöthiget, auf seiner Zucht des sogenannten braunen Viehschlages zn bestehen. Die Verhältnisse der Viehzucht Vorarlbergs sind von denen Tirols wesentlich verschieden, und es erscheint daher unbedingt nothwendig, Vorarlberg, was seine Viehzucht anbelangt, auf eigene Füße zu stellen. Solange jedoch für Tirol und Vorarlberg zusammengenommen ein gemeinschaftlicher Sanitätsbezirk besteht, ist unser Land nicht auf eigene Füße gestellt, und Verhältnisse, die in Vorarlberg nicht berücksichtigt werden müssen, wenn dieselben für Tirol bestimmte Forderungen erheischen, treffen Vorarlberg gleichzeitig mit. Es ist Vorarlberg deshalb in gewisser Beziehung, ohne dass hiezu die Nothwendigkeit zwingen würde, in seinem Viehverkehre gehemmt. Wir müssen an dieser Stelle auch insbesonders darauf aufmerksam machen, dass der Viehverkehr in Vorarlberg gerade in allerjüngster Zeit mehrfach beeinflusst worden ist durch ein nicht immer gesetzliches Verhalten tirolischer Viehbesitzer und Viehhändler; wir erinnern an die dieser Behörde bekannten Fälle der Einschleppung der Maul- und Klauenseuche durch tirolisches Vieh. Wir erlauben uns auch aufmerksam zu machen auf den Umstand, dass Vorarlberg sich die Viehsperre in das Ausland auch dann gefallen lassen muss, wenn im Lande die Viehseuche gar nicht existiert, sondern wenn dieselbe in irgend einem Theile des gemeinschaftlichen Sanitätsbezirkes, sagen wir irgendwo in Südtirol, aufgetreten ist. Im ganzen Lande ist daher seit langer Zeit schon der Wunsch laut geworden, es möchte für das Land Vorarlberg ein eigener Sanitätsbezirk erstellt werden. Gerade so wenig, wie wir verlangen, dass die Tiroler Viehzucht und der Viehexport im Lande Tirol dadurch gehemmt werde, wenn in unserem Lande selbst eine Viehseuche auftritt, ebensowenig wollen wir uns gefallen lassen, dass wir mitzubüßen haben, wenn im Lande Tirol in irgend einem Theile desselben eine Viehseuche auftritt. Die Viehzucht im Lande Vorarlberg ist ein nach der volkswirtschaftlichen Seite hin derart berücksichtigungswürdiger Factor geworden, dass es wohl am Platze . erscheint, demselben besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden, und dass es auch gerechtfertiget erscheint, wenn durch Erstellung eines eigenen Sanitätsbezirkes für das Land Vorarlberg diesem Factor besondere Aufmerksamkeit erwiesen wird. In Kenntnis davon, dass der hohe Landtag diesem Factor die gewünschte und verdiente Aufmerksamkeit widmet, glaubt die gefertigte Gemeindevertretung im Einklänge mit den Wünschen sämmtlicher Gemeinden des Landes keine Fehlbitte zu thun, wenn sie an denselben die Bitte stellt: "Derselbe wolle bei der hohen k. k. Regierung dahin wirken, dass Vorarlberg aus dem tirolisch-vorarlbergischen Sanitätsverbande ausgeschieden werde, und dass bis zur V. Sitzung des Vorarlberger Landtages. HI. Session, 8. Periode 1899. 71 Erfüllung dieses Begehrens unverweilt eine Contumazierung importierten Tiroler Viehes ungeordnet werde." Gemeindeamt Dornbirn, am 10. März 1899. Der Bürgermeister: Dr. Waibel. Ich erlaube mir die Anregung zu machen, die zwei ersterwähnten Petitionen im kurzen Wege dem Finanzausschüsse zuzuweisen, und die eben verlesene vielleicht dem volkswirtschaftlichen Ausschüsse. - Wenn keine Einwendung erhoben wird, so wird die Zuweisung in diesem Sinne erfolgen. Endlich ist mir noch ein Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Waibel und Genossen betreffs Abänderung der Landtagswahlordnung übermittelt worden, den ich mir ebenfalls zu verlesen erlaube (liest): Die gefertigten Abgeordneten stellen den Antrag, das hohe Haus wolle beschließen: "Die dermalen in Geltung stehende Landtagswahlordnung ist einer Umarbeitung zu unterziehen, und sind in dieselbe folgende Grundsätze aufzunehmen: 1. geheime Stimmabgabe; 2. Einschränkung des Wahlrechtes auf Personen männlichen Geschlechtes; 3. unmittelbare Wahl der Landgemeinden gleichwie in den Städte-Curien; 4. Schaffung von individuellen Wahlbezirken; oder 5. Spaltung der 3 bezirkshauptmannschaftlichen Wahlbezirke in 6 bezirksgerichtliche Wahlbezirke. In formeller Beziehung wird vorgeschlagen, diesen Antrag einem eigenen Ausschüsse zuzuweisen." Bregenz, am 14. März 1899.] Dr. Waibel m. p. Dr. v. Preu m. p. A. Ganahl m. p. Nach der Geschäftsordnung werde ich diesen Antrag in Druck legen lassen und seiner Zeit der geschäftsordnungsmäßigen Behandlung unterziehen. Wir gehen nun zur Tagesordnung über. Auf derselben stehen zuerst vier Gegenstände, die wir der Reihe nach, weil sie in formeller Beziehung gleich zu behandeln find, unter einem vornehmen wollen. Dieselben lauten: 1. Rechenschaftsbericht des LandesAusschusses; 2. Rechnungsabschluss pro 1898; 3. Haushaltungsrechnung der Landesirrenanstalt Valduna pro 1897; und 4. Voranschlag derselben pro 1899. Ich erwarte in Bezug auf die formelle Behandlung dieser vier Gegenstände einen Antrag aus der Mitte des hohen Hauses. Dressel: Ich beantrage diese vier Gegenstände dem Finanzausschüsse zur Vorberathung und Berichterstattung zuzuweisen. Landeshauptmann: Es ist die Zuweisung dieser Gegenstände an den Finanzausschuss zur Vorberathung und Berichterstattung beantragt. Wenn keine Einwendung erfolgt, nehme ich an, dass das hohe Haus zustimmt. Der fünfte Gegenstand unserer Tagesordnung ist der Act, betreffend die Fortsetzung der Damülser Straße. Ich erwarte auch über die formelle Behandlung dieses Gegenstandes einen Antrag. Müller: Ich beantrage, dass dieser Gegenstand dem volkswirtschaftlichen Ausschüsse zur Vorberathung und Berichterstattung zugewiesen werde. Landeshauptmann: Für diesen Act ist die Zuweisung an den volkswirtschaftlichen Ausschuss beantragt. Keine Einwendung nehme ich als Zustimmung an. Sie ist gegeben. Der sechste Gegenstand ist der Voranschlag des Landesculturfondes. Martin Thurnher: über diesen Gegenstand, der hier unter Punkt 6 auf der Tagesordnung 72 V. Sitzung des Vorarlberger Landtages. HI. Session, 8. Periode 1899. steht, liegt bereits der Bericht des Landes-Ausschusses vor, der schon dem Drucke übergeben ist und wahrscheinlich im Laufe des heutigen Tages an die Herren Abgeordneten vertheilt werden wird. Nachdem der Hauptvoranschlag des Landes bereits erlediget ist und es sich um eine nicht so wesentliche Angelegenheit handelt, weil die verschiedenen Beschlüsse bezüglich der Verwendung schon gefaßt worden sind, so glaube ich, dass es nicht nothwendig sei, dass dieser Gegenstand eigens an einen Ausschuss verwiesen werde, sondern ich halte es für zweckmäßig, wenn jetzt in eine Verhandlung nicht eingegangen, sondern der seinerzeit zu vertheilende Bericht aus die Tagesordnung einer der nächsten Sitzungen zur directen Verhandlung gesetzt wird. Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Martin Thurnher beantragt die Absetzung dieses Gegenstandes von der heutigen Tagesordnung und die seinerzeitige directe Behandlung ohne Zuweisung an einen Ausschuss. Wenn keine Einwendung erfolgt, wird in diesem Sinne vorgegangen werden. Der siebente Gegenstand betrifft eine Eingabe der allgemeinen Krankencassa in Vorarlberg um Gewährung einer jährlichen Subvention. Johannes Thurnher: Ich beantrage, diesen Gegenstand dem volkswirtschaftlichen Ausschüsse zur Vorberathung und Berichterstattung zuzuweisen. Landeshauptmann: Es ist die Zuweisung dieses Gegenstandes an den volkswirtschaftlichen Ausschuss beantragt. Wenn keine Einwendung erhoben wird, so nehme ich an, dass das hohe Haus dieser Anregung zustimmt. Der achte Gegenstand ist der Gesetzentwurf betreffs Abänderung mehrerer Paragraphen des Jagdgesetzes. Es ist dies eine Landesausschussvorlage, welche nicht in Druck gelegt wird, wenn nichts Anderes verfügt werden sollte. Jodok Fink: Ich stelle den Antrag, diesen Gegenstand dem volkswirtschaftlichen Ausschüsse Zur Vorberathung und Berichterstattung zuzuweisen. Landeshauptmann: Es ist für diesen Gegenstand die Zuweisung an den volkswirtschaftlichen Ausschuss beantragt. Keine Einwendung betrachte ich als Zustimmung. Der neunte und zehnte Gegenstand unserer Tagesordnung können unter einem besprochen werden. Dieselben lauten nämlich: Landesausschussvorlagen, betreffend die Gesetzentwürfe A. über die Schulaufsicht; 8. über die Errichtung, Erhaltung und den Besuch öffentlicher Volksschule n; und C. über die Rechtsverhältnisse des Lehrerstandes an den öffentlichen Volksschulen; und ferner Wahl eines Schulausschusses. Martin Thurnher: Wir haben bereits in einer der letzten Landtagssitzungen vor Neujahr beschlossen, einen Schulausschuss zu wählen. Es bedarf diesbezüglich keines neuen Antrages; nur möchte ich den damaligen Beschluss dahin ergänzt wissen, dass dieser Schulausschuss aus 7 Mitgliedern zu bestehen habe. Diesem Schulausschusse wären die unter 9 aufgeführten Verhandlungsgegenstände zuzuweisen. Ich möchte aber bitten, die Wahl dieses Ausschusses von der heutigen Tagesordnung abzusetzen und dieselbe in der nächsten Sitzung vorzunehmen. Landeshauptmann: Es ist also für den Gegenstand unter Punkt 9 die Wahl eines siebengliedrigen Schulausschusses beantragt, dem auch die Petition der Gemeinde Dornbirn in Angelegenheit der dortigen Realschule zuzuweisen sein wird, wie früher bereits beschlossen. Gleichzeitig wird beantragt, die Wahl des Schulausschusses von der Tagesordnung abzusetzen und für die nächste Tagesordnung vorzubehalten. Wünscht jemand das Wort zu diesen Anträgen? Da sich niemand meldet, nehme ich an, dass das hohe Haus beiden Anträgen zustimmt. Letzter Gegenstand der Tagesordnung enthält den Act, betreffend die Fortsetzung des Baues der Flexenstraße. V. Sitzung des Vorarlberger Landtages. III. Session, 8. Periode 1899. 73 Pfarrer Thurnher: Ich stelle den Antrag, diesen Act zur weiteren Behandlung dem volkswirtschaftlichen Ausschusse zuzuweisen. Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Pfarrer Thurnher beantragt die Zuweisung dieses Gegenstandes an den volkswirtschaftlichen Ausschuss. Keine Einwendung betrachte ich als Zustimmung. Sie ist gegeben. Somit ist die heutige Tagesordnung erschöpft. Die nächste Sitzung beraume ich auf übermorgen den 16. März mit folgender Tagesordnung an: 1. Landesausschussvorlage, betreffend den Gesetzentwurf wegen Abänderung des Wasserrechtsgesetzes; 2. Bericht des Landes-Ausschusses über die Wirksamkeit der Natural-Verpflegsstationen im Jahre 1898; 3. Bericht des Landes-Ausschusses über den Voranschlag des Normalschulfondes pro 1899; 4. Bericht des Landes-Ausschusses über den Voranschlag des k. k. Landesschulrathes über die aus Landesmitteln zu deckenden Schulauslagen; 5. Bericht des Landes-Ausschusses über die 1898 getroffenen Maßnahmen zur Hebung der materiellen Lage des Lehrerstandes. Bezüglich der Berichte 2, 3, 4 und 5 bemerke ich, dass die ersten drei sich bereits in den Händen der Herren Abgeordneten befinden, und dass Bericht 5 voraussichtlich im Verlaufe des heutigen Tages ebenfalls den Herren übermittelt werden wird. Nachdem es sich bei diesen Gegenständen mehr nur um die Kenntnisnahme gemachter Maßnahmen des Landes-Ausschusses beziehungsweise um eine Beschlussfassung über ganz fixe Punkte des Schulbudgets handelt, so glaube ich, könnte man einer bisherigen Gepflogenheit gemäß von einer Zuweisung an die Ausschüsse Umgang nehmen, und wären die Berichte vom hohen Hause gleich in Verhandlung zu nehmen. Wird bezüglich des einen oder andern Punktes ein anderer Vorschlag gemacht, so accomodiere ich mich selbstverständlich demselben. Martin Thurnher: Das kann ja in der Sitzung selbst eventuell beschlossen werden. Landeshauptmann: Ich gab diese Anregung nur, dass die Herren vorbereitet sind und die Berichte zur rechten Zeit studieren können. Es ist selbstverständlich immer noch im Belieben des hohen Hauses gelegen, die Berichte immerhin einem Ausschüsse zuzuweisen. Dann hätten wir als sechsten Gegenstand die Wahl eines Schulausschusses. Die heutige Sitzung ist geschlossen. Schluss 11 Uhr 40 Minuten vormittags. Iorarlöerger Landtag. 5. Sitzung am 14 März 1899 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. -------------- Z-M-K-------------Gegenwärtig 20 Abgeordnete. Abwesend Herr Dr. Schmid. Regiernngsvertreter: Herr k. k. HtatthalLereirath Ruöolf Graf Hugn. Beginn der Sitzung 11 Uhr 5 Minuten vormittags. Landeshauptmann: Indem ich den mit Mer-, höchstem Patente vom 6. März zur Fortsetzung seiner Thätigkeit auf den heutigen Tag einbe­ rufenen Landtag beziehungsweise die heutige V. Sitzung desselben für eröffnet erkläre, ersuche ich um Verlesung des Protokolles der letzten IV. Sitzung. (Secretär verliest dasselbe.) Wird gegen die Fassung des Protokolles ein Einwand erhoben? — Da dies nicht der Fall ist, betrachte ich das­ selbe als genehmiget. H ohes Haus! Seit unserem letzten Beisammensein hat unser Allerhöchstes Kaiserhaus abermals einen schweren Verlust erlitten. (Das Haus erhebt sich.) Ihre k. u. k. Hoheit, die Durchlauchtigste Frau Erz­ herzogin Maria Immaculata, welche dem Aller­ höchsten Kaiserhause, speciell der Person Sr. Majestät des Kaisers durch den Umstand nahe­ stand, dass sie die Schwiegermutter Ihrer k. u. k. Hoheit Frau Erzherzogin Valerie, einer Tochter Sr. Majestät des Kaisers war, ist durch den Tod ihrer Familie entrissen worden, und unser vielgeprüftes Kaiserhaus hatte abermals Ursache, Trauer anzulegen. Österreichs Völker, speciell wir kaisertreuen Vorarlberger, die wir an allen Geschicken, an Freude und Leid unseres ange­ stammten Herrscherhauses innigen Antheil nehmen, bringen unserem Allerhöchsten Herrn auch bei 68 V. Sitzung des Vorarlberger Landtages- diesem schmerzlichen Anlasse unsere innigste Theil­ nahme entgegen. Ich gestatte mir als Dolmetsch des hohen Hauses diese unsere Gefühle hier öffentlich auszudrücken. Das hohe Aaus hat sich bereits erhoben und auf diese Weise bereits seine Zustimmung zum Ausdrucke gebracht. Hohes Haus! Ende Februar, während die treuen Katholiken Roms sich anschickten, das Doppelfest des 90. Geburtstages und des 21. Erinnerungstages der Thronbesteigung unseres Heiligen Vaters Leo XIII. in stiller, aber würdiger Weise zu begehen, be­ ängstigten nach allen Windrichtungen ausgehende und sich allerorts verbreitende Nachrichten über den ungünstigen Gesundheitszustand des Papstes die Hunderte von Millionen Katholiken des Erd­ kreises. Die Sorge war gewiss nur zu gerechtfertiget. Ein zitternder Greis von 90 Jahren, das Bild einer totalen körperlichen Gebrechlichkeit, musste unter Begleiterscheinungen starken Fiebers sich einer Operation unterziehen, und es muss wohl auch vom ärztlichen Standpunkte aus als ein seltenes Ereignis angesehen werden, dass ein Greis in diesem hohen Alter die gefährliche Krisis überstehen und wieder vollständig genesen konnte. In diesen Tagen zeigte sich in erneutem Grade die schon so oft bethätigte, unbegrenzte Verehrung und Liebe, welche dem gegenwärtig regierenden Hl. Vater von Seite seiner Millionen und Millionen treuer Katholiken entgegengebracht wird, aber auch die hervorragende Hochachtung, welche auch Andersgläubige, Fürsten und Völker dem Träger der Tiara, dem erleuchteten Papste, dem Gelehrten und eminenten Staatsmanne zollen, und die sich manifestierte allein schon in der Zahl von 20.000 Telegrammen, die in jenen Tagen nach Rom kamen, um Erkundigungen über das Befinden des Hl. Vaters zu erhalten. Dank der Hilfe Gottes, das Unerwartete, Wunderbare geschah, der Hl. Vater überstand die Krisis trotz seines hohen Alters und seiner Gebrechlichkeit, und seine Gesundheit ist wieder hergestellt. Bereits sind in verschiedenen Landes­ vertretungen Kundgebungen der Freude des Volkes über die wunderbare Wiedergenesung beschlossen worden. in. Session, 8. Periode 1899. Ich erlaube mir daher, mich bei unserem heutigen Wiederzusammentritte zum Dolmetsch der Gefühle der hohen Landesvertretung und des ganzen Vorarlberger Volkes zu machen, das sich gewissen, von roher und nied­ riger Gesinnung zeugenden Bestrebun­ gen einer Vaterlands- und glaubens­ losen, den deutschen Namen und die deutsche Cultur schändenden Clique gegenüber unentwegt und unzertrenn­ lich verbundenfühltmitdem Hl. Vater in Rom, dem obersten Führer und Len­ ker der katholischen Kirche, dem edlen Priestergreise, dem Friedensfürsten, dem geistigen Heros auf Petri Stuhl und das wohl zu würdigen weiß, was speciell unser theures Vaterland in allen Jahrhunderten der Kirche und demPapstthumeverdanktinZeitendes Krieges und des Friedens. Als Dolmetsch dieser Gesinnung stelle ich den Antrag: „Das hohe Haus wolle seinen Vorsitzenden ermächtigen, auf ihm geeignet erscheinendem Wege dem Hl. Vater den Ausdruck der innigen Freude über dessen erfolgte Wiedergenesung gleichzeitig mit dem Wunsche zu übermitteln, die göttliche Vorsehung wolle dem katholischen Erdkreise den Jubelpapst Leo XI I I. noch recht lange in ungeschwächter geistiger Kraft und voller Gesundheit erhalten." (Allseitige Zustimmung des ganzen Hauses.) Ich nehme an, nachdem das hohe Haus sich erhoben hat, dass es meiner Anregung zustimmt, und ich werde in diesem Sinne eine Kundgebung an den Cardinal-Staatssecretär für Se.'Heiligkeit abgehen lassen. Endlich gestatten Sie mir noch in einer dritten Angelegenheit das Wort zu nehmen. Seit dem Beginne der Verhandlungen unserer Session, seitdem wir das letztemal tagten, hat der uner­ bittliche Tod auch dem Lande Vorarlberg zwei, ich kann wohl sagen, in unserer neueren Geschichte markante Persönlichkeiten entrissen. Es ist sonst nicht üblich, Herren, welche früher dem hohen Hause als Vertreter angehörten, einen Nachruf zu halten. Die zwei Persönlichkeiten aber, die ich im Auge habe, sind es würdig, dass wir auch V- Sitzung des Vorarlberger Landtages. als Nachmänner derselben in der Landesver­ tretung ihres Wirkens mit einem Nachrufe ge­ denken. Es sind dies die ehemaligen Abgeord­ neten Dr. Andreas Fetz und Pfarrer Johannes Jehlp in Thüringen. Dr. Fetz, auch Bürgermeister der Landeshauptstadt Bregenz, war in der Zeit von 1868—1878 als Vertreter des Bezirkes Bregenz-Bregenzerwald, dann wieder in den Jahren 1884—1892 als Vertreter der Stadt Bludenz, dann der Handels­ kammer und endlich der Landeshauptstadt Bre­ genz Mitglied des hohen Landtages. Er be­ kleidete auch durch mehrere Jahre die Stelle eines Reichsrathsabgeordneten. Allen von uns älteren Collegen, welche Dr. Fetz noch in seiner Eigenschaft als Landtagsabgeordneten gekannt haben, wird sein freundliches, conciliantes Wesen und sein bedeutsames Wissen, sowie sein rethorisches Talent in guter Erinnerung sein. Ebenfalls sehr lange bekleidete Pfarrer Jehly, dessen Begräbnis unter so außerordentlicher Theil­ nahme gestern stattgefunden hat, in den Jahren 1878—1890 als Vertreter der Stadt Bludenz die Stelle eines Landtagsabgeordneten. Einem großen Theile von uns Abgeordneten ist aus eigener Anschauung sein Wirken noch in bester Erinnerung. Wir wissen, was Jehly namentlich auf volkswirtschaftlichem Gebiete für eine aus­ gezeichnete Kraft gewesen ist, und welche hervor­ ragende Arbeitsleistung er da bekundet hat. Mit Recht citiere ich die Worte, welche gestern an seinem Grabe gesprochen wurden: „Er war nicht blos ein echter Priester und Hirte des Volkes, sondern auch ein wahrer Freund des Volkes im eigentlichsten Sinne des Wortes." Ich bitte Sie, hochverehrte Anwesende, diesen beiden Herren ein freundliches Andenken zu be­ wahren, und heute speciell durch Erheben von den Sitzen dies zu bezeugen. (Das hohe Haus erhebt sich von den Sitzen.) Ich danke hiefür. Der Herr Abgeordnete Dr. Schmid war un­ mittelbar vor der Sitzung noch bei mir und theilte mir mit, daß er in städtischen Angelegen­ heiten verreisen müsse, und bat mich daher um einen Urlaub von 6—8 Tagen. Nachdem die Gewährung einestz'solchen Urlaubes über meine Competenz hinausgeht, so ersuche ich das hohe Haus zu entscheiden, ob dem Herrn Abgeord­ HI. Session, 8. Periode 1899. 69 neten der Urlaub zu bewilligen sei. Wenn keiner von den Herren Abgeordneten das Wort zu er­ greifen wünscht, so ersuche ich jene Herren, welche den Urlaub ertheilen wollen, sich von ihren Sitzen zu erheben. Angenommen. Ich werde nun zunächst den Einlauf dem h. Hause bekannt geben. In demselben befindet sich ein Gesuch des Vorarlberger Unterstütz ungsvereines in Innsbruck, überreicht durch den Herrn Abgeordneten Dr. Waibel; ferner ein Gesuch des katholischen Schulvereines für Österreich in Wien, überreicht durch den Herrn Abgeordneten Johannes Thurnher. Beide Vereine wenden sich an den h. Land­ tag um Bewilligung von Subventionen. Weiters ist mir eine Eingabe der Ge­ meinde Dornbirn betreffs Ausschei­ dung des Landes Vorarlberg aus dem gemeinsam en tiro lisch- vorarlbergisck>en Sa nitä tsb ezirke überreicht worden, die ich mir zu verlesen erlaube. (Liest.) Hoher Landtag! Tirol und Vorarlberg bilden gegenwärtig einen einzigen vereinigten Sanitätsbezirk, und wiederholte Bemühungen, für Vorarlberg die Errichtung eines eigenen Sanitätsbezirkes zu er­ langen, sind bisher erfolglos geblieben. Gleich­ wohl befindet sich die Bevölkerung Vorarlbergs vollkommen im Recht, wenn sie für das Kron­ land Vorarlberg einen eigenen Sanitätsbezirk erstrebt. Wenn nicht schon frühere Erfahrungen das unzweideutig gezeigt und bewiesen hätten, so hätte dies jedenfalls der jüngst verflossenen Zeit gelingen müssen, und gerade der Umstand, dass Erscheinungen der jüngsten Vergangenheit den Bestand eines einzigen Sanitätsbezirkes für Tirol und Vorarlberg als eine durch nichts zu rechtfertigende Absurdität erscheinen lassen, recht­ fertiget auch den Versuch, die bisher fruchtlos gebliebenen Bestrebungen nach dieser Richtung wieder aufzunehmen. Die gefertigte Gemeindevertretung sagt wohl nichts Neues, wenn dieselbe neben der Industrie die Viehzucht des Landes als die Haupterwerbs­ quelle der Vorarlberger Bevölkerung bezeichnet. 70 V. Sitzung des Vorarlberger Landtages. Es liegt daher sehr nahe, dass es eine volks­ wirtschaftliche Nothwendigkeit ist, die Viehzucht im Lande zu heben und zn fördern, und es sei hier dankend und anerkennend erwähnt, dass von den berufenen Factoren manches Lobenswerte in dieser Richtung geschehen ist. Umsomehr er­ scheint das obenerwähnte ängstliche Festhalten an dem einzigen Sanitätsbezirke für Tirol und Vorarlberg als llnhaltbares, zweckwidriges Vor­ gehen. Mit vielen Opfern von Seite des Staates, des Landes, der Gemeinden, Vereine und der bäuerlichen sowie übrigen Bevölkerung des Landes wurde die Viehzucht Vorarlbergs aus eine Stufe gebracht, welche allgemeine Anerkennung auch des Auslandes zu erringen vermocht. Vorarlberg hat nunmehr einen einheitlichen, den klimatischen und Terrainverhältnissen sowie der Bodencultur desselben einerseits, wie der größtmöglichsten Verwertung andererseits ent­ sprechenden Viehschlag herangezogen, mit dem sich die Rassen Tirols nicht vergleichen können. Vorarlberg ist wie in manchen anderen Be­ ziehungen, so auch was die Verwertung und den Absatz seines Viehexportes anbelangt, mehr auf die angrenzenden auswärtigen Staaten, die Schweiz und die süddeutschen Staaten angewiesen als auf die österreichischen Provinzen. Auch dort, wo der Absatz angestrebt wird in österreichischen Provinzen, so in Ober- und Niederösterreich, in Steiermark und insbesondere auch in Ungarn, ist Vorarlberg genöthiget, auf seiner Zucht des sogenannten braunen Viehschlages zn bestehen. Die Verhältnisse der Viehzucht Vorarlbergs sind von denen Tirols wesentlich verschieden, und es erscheint daher unbedingt nothwendig, Vor­ arlberg, was seine Viehzucht anbelangt, auf eigene Füßö zu stellen. Solange jedoch für Tirol und Vorarlberg zufammeugenommen ein gemeinschaftlicher Sani­ tätsbezirk besteht, ist unser Land nicht auf eigene Füße gestellt, und Verhältnisse, die in Vorarl­ berg nicht berücksichtigt werden müssen, wenn die­ selben für Tirol bestimmte Forderungen erheischen, treffen Vorarlberg gleichzeitig mit. Es ist Vorarlberg deshalb in gewisser Be­ ziehung, ohne dass hiezu die Nothwendigkeit zwingen würde, in seinem Viehverkehre gehemmt. HI. Session, 8. Periode 1899. Wir müssen an dieser Stelle auch insbesonders darauf aufmerksam machen, dass der Viehverkehr in Vorarlberg gerade in allerjüngster Zeit mehrfach beeinflusst worden ist durch ein nicht immer gesetzliches Verhalten tirolischer Viehbesitzer und Viehhändler; wir erinnern an die dieser Behörde bekannten Fälle der Ein­ schleppung der Maul- und Klauenseuche durch tirolisches Vieh. Wir erlauben uns auch aufmerksam zu machen auf den Umstand, dass Vorarlberg sich die Vieh­ sperre in das Ausland auch dann gefallen lassen muss, wenn im Lande die Viehseuche gar nicht existiert, sondern wenn dieselbe in irgend einem Theile des gemeinschaftlichen Sanitätsbezirkes, sagen wir irgendwo in Südtirol, aufgetreten ist. Im ganzen Lande ist daher seit langer Zeit schon der Wunsch laut geworden, es möchte für das Land Vorarlberg ein eigener Sanitätsbezirk erstellt werden. Gerade so wenig, wie wir verlangen, dass die Tiroler Viehzucht und der Viehexport im Lande Tirol dadurch gehemmt werde, wenn in unserem Lande selbst eine Viehseuche auftritt, ebensowenig wollen wir uns gefallen lassen, dass wir mitzubüßen haben, wenn im Lande Tirol in irgend einem Theile desselben eine Viehseuche auftritt. Die Viehzucht int Lande Vorarlberg ist ein nach der volkswirtschaftlichen Seite hin derart berücksichtigungswürdiger Factor geworden, dass es wohl am Platze • erscheint, demselben beson­ dere Aufmerksamkeit zuzuwenden, und dass es auch gerechtfertiget erscheint, wenn dttrch Erstel­ lung eines eigenen Sanitätsbezirkes für das Land Vorarlberg diesem Factor besondere Aufmerk­ samkeit erwiesen wird. In Kenntnis davon, dass der hohe Landtag diesem Factor die gewünschte und verdiente Auf­ merksamkeit widmet, glaubt die gefertigte Ge-. meindevertretung im Einklänge mit den Wünschen sämmtlicher Gemeinden des Landes keine Fehl­ bitte zu thun, wenn sie att denselben die Bitte stellt: „Derselbe wolle bei der hohen k. k. Re­ gierung dahin wirken, dass Vorarlberg aus dem tirolisch-vorarlbergischen Sanitätsverbande ausgeschieden werde, und dass bis zur Er­ V- Sitzung des Vorarlberger Landtages. füllung dieses Begehrens unverweilt eine Contumazierung importierten Tiroler Viehes ungeordnet werde." Gemeindeamt Dornbirn, am 10. März 1899. Der Bürgermeister: Dr. Waibel. Ich erlaube mir die Anregung zu machen, die zwei ersterwähnten Petitionen int kurzen Wege dem Finanzausschüsse zuzuweisen, und die eteit verlesene vielleicht dem volkswirtschaftlichen Aus­ schüsse. — Wenn keine Einwendung erhoben wird, so wird die Zuweisung in diesem Sinne erfolgen. Endlich ist mir noch ein Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Waibel und Genossen betreffs Abänderung der Landtagswahlordnung übermittelt worden, den ich mir ebenfalls zu verlesen erlaube (liest): Die gefertigten^ Abgeordneten stellen den An­ trag, das hohe Haus wolle beschließen: „Die dermalen inAGeltung stehende Land­ tagswahlordnung ist einer Umarbeitung zu unter­ ziehen, und sind in dieselbe folgende Grundsätze aufzunehmen: 1. geheime Stimmabgabe; 2. Einschränkung des Wahlrechtes auf Personen männlichen Geschlechtes; 3. unmittelbare Wahl der Landgemeinden gleich­ wie in den Städte-Curien; 4. Schaffung von individuellen Wahlbezirken; oder 5. Spaltung der 3 bezirkshauptmannschaftlichen Wahlbezirke in 6 bezirksgerichtliche Wahl­ bezirke. In formeller Beziehung wird vvrgeschlagen, diesen Antrag einem eigenen Ausschüsse zuzu­ weisen." Bregenz, am 14. März 1899.] Dr. Waibel m. p. Dr. v. Preu m. p. A. Ganahl m. p. HI. Session, 8. Periode 1899. 71 Nach der Geschäftsordnung werde ich diesen Antrag in Druck legen lassen und seiner Zeit der geschäftsordnungsmäßigen Behandlung unter­ ziehen. Wir gehen nun zur Tagesordnung über. Auf derselben stehen zuerst vier Gegenstände, die wir der Reihe nach, weil sie in formeller Be­ ziehung gleich zu behandeln find, unter einem vornehmen wollen. Dieselben lauten: 1. Rechenschaftsbericht des Landes­ Ausschusses; 2. Rechnungsabschluss pro 1898; 3. Haushaltungsrechnung der Lan­ desirrenanstalt Valduna pro 1897; und 4. Voranschlag derselben pro 1899. Ich erwarte in Bezug auf die formelle Be­ handlung dieser vier Gegenstände einen Antrag aus der Mitte des hohen Hauses. Dressel: Ich beantrage diese vier Gegenstände dem Finanzausschüsse zur Vorberathung und Berichterstattung zuzuweisen. Landeshauptmann: Es ist die Zuweisung dieser Gegenstände an den Finanzausschuss zur Vorberathung und Berichterstattung beantragt. Wenn keine Einwendung erfolgt, nehme ich an, dass das hohe Haus zustimmt. Der fünfte Gegenstand unserer Tagesordnung ist der Act, betreffend die Fortsetzung der Damülfer Straße. Ich erwarte auch über die formelle Behandlung dieses Gegenstandes einen Antrag. Müller: Ich beantrage, dass dieser Gegen­ stand dem volkswirtschaftlichen Ausschüsse zur Vorberathung und Berichterstattung zugewiesen werde. Landeshauptmann: Für diesen Act ist die Zuweisung an den volkswirtschaftlichen Aus­ schuss beantragt. Keine Einwendung nehme ich alslZustimmung an. Sie ist gegeben. Der sechste Gegenstand ist der V o r a n s ch l a g des Landesculturfondes. Martin Thurnher: über diesen Gegenstand, der hier unter Punkt 6 auf der Tagesordnung 72 V. Sitzung des Vorarlberger Landtages. steht, liegt bereits der Bericht des Landes-Aus­ schusses vor, der schon dem Drucke übergeben ist und wahrscheinlich im Laufe des heutigen Tages an die Herren Abgeordneten vertheilt werden wird. Nachdem der Hauptvoranschlag des Landes bereits erlediget ist und es sich um eine nicht so wesentliche Angelegenheit handelt, weil die verschiedenen Beschlüsse bezüglich der Verwendung schon gefaßt worden sind, so glaube ich, dass es nicht nothwendig sei, dass dieser Gegenstand eigens an einen Ausschuss verwiesen werde, sondern ich halte es für zweckmäßig, wenn jetzt in eine Verhandlung nicht eingegangen, sondern der seinerzeit zu vertheilende Bericht aus die Tagesordnung einer der nächsten Sitzungen zur directen Verhandlung gesetzt wird. Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Martin Thurnher beantragt die Absetzung dieses Gegenstandes von der heutigen Tagesordnung und die seinerzeitige directe Behandlung ohne Zuweisung an einen Ausschuss. Wenn keine Einwendung erfolgt, wird in diesem Sinne.vorgegangen werden. Der siebente Gegenstand betrifft eine Ein­ gabe der allgemeinen Krankencasfa in Vorarlberg um Gewährung einer jährlichen Subvention. Johannes Thnrnher: Ich beantrage, diesen Gegenstand dem volkswirtschaftlichen Ausschüsse zur Dorberathung und Berichterstattung zuzu­ weisen. • Landeshauptmann: Es ist die Zuweisung dieses Gegenstandes an den volkswirtschaftlichen Ausschuss beantragt. Wenn keine Einwendung erhoben wird, so nehme ich an, dass das hohe Haus dieser Anregung zustimmt. Der achte Gegenstand ist der Gesetzentwuzr'f betreffs Abänd'e^run'g jmehrererl, Paragraphen des Jagd.gesetzjes. Es ist dies eine Landesausschussvorlage, welche nicht in Druck gelegt wird, wenmnichts Anderes verfügt werden sollte. Jodok Fink: Ich stelle denz, Antrag, ^ diesen Gegenstand dem volkswirtschaftlichen Ausschüsse zurVorberathung und Berichterstattung zuzuweisen. HI. Session, 8. Periode 1899. Landeshauptmann: Es ist für diesen Gegen­ stand die Zuweisung an den volkswirtschaft­ lichen Ausschuss beantragt. Keine Einwendung betrachte ich als Zustimmung. Der neunte und zehnte Gegenstand unserer Tagesordnung können unter einem besprochen werden. Dieselben lauten nämlich: Landesausschussvorlagen, fend die Gesetzentwürfe betref­ A. üb er die Schulaufsicht; 8. über die Errichtung, Erhaltung und den Besuch öffentlicher Volks­ schule n; und C. über die Rechtsverhältnisse des Lehrerstandes an den öffent­ lichen Volksschulen; und ferner schusses. Wahl eines Schulaus­ Martin Thurnher: Wir haben bereits in einer der letzten Landtagssitzungen vor Neujahr beschlossen, einen Schulausschuss zu wählen. Es bedarf diesbezüglich keines neuen Antrages; nur möchte ich den damaligen Beschluss dahin er­ gänzt wissen, dass dieser Schulausschuss aus 7 Mitgliedern zu bestehen habe. Diesem Schulausschusse wären die unter 9 aufgeführten Ver­ handlungsgegenstände zuzuweisen. Ich möchte aber bitten, die Wahl dieses Ausschusses von der heutigen Tagesordnung abzusetzen und die­ selbe in der nächsten Sitzung vorzunehmen. Landeshauptmann: Es ist also für den Gegenstand unter Punkt 9 die Wahl eines siebengliedrigen Schulausschusses beantragt, dem auch die Petition der Gemeinde Dornbirn in Angelegenheit der dortigen Realschule zuzuweisen sein wird, wie früher bereits beschlossen. Gleich­ zeitig wird beantragt, die Wahl des Schulaus­ schusses von der Tagesordnung abzusetzen und für die nächste Tagesordnung vorzubehalten. Wünscht jemand das Wort zu diesen Anträgen? — Da sich niemand meldet, nehme ich an, dass das hohe Haus beiden Anträgen zustimmt. Letzter Gegenstand der Tagesordnung enthält den Act, betreffend die Fortsetzung des Baues der Flexenstraße. V. Sitzung des Vorarlberger Landtages. Pfarrer Thurnher: Ich stelle den Antrag, diesen Act zur weiteren Behandlung dem volks­ wirtschaftlichen Musschusse zuzuweisen. Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Pfarrer Thurnher beantragt die Zuweisung dieses Gegenstandes an den volkswirtschaftlichen Aus­ schuss. Keine Einwendung betrachte ich als Zu­ stimmung. Sie ist gegeben. Somit ist die heu­ tige Tagesordnung erschöpft. Die nächste Sitzung beraume ich auf über­ morgen den 16. März mit folgender Tages­ ordnung an: 1. Landesausschussvorlage, betreffend den Ge­ setzentwurf wegen Abänderung des Wasser­ rechtsgesetzes ; III. Session, 8. Periode 1899. 73 den Händen der Herren Abgeordneten befinden, und dass Bericht 5 voraussichtlich im Verlaufe des heutigen Tabes ebenfalls den Herren über­ mittelt werden wird. Nachdem es sich bei diesen Gegenständen mehr nur um die Kenntnisnahme gemachter Maßnahmen des Landes-Ausschusses beziehungsweise um eine Beschlussfassung über ganz fixe Punkte des Schulbudgets handelt, kffo glaube ich, könnte man einer bisherigen Ge­ pflogenheit gemäß von einer Zuweisung an die Ausschüsse Umgang nehmen, und wären die Be­ richte vom hohen Hause gleich in Verhandlung zu nehmen. Wird bezüglich des einen oder andern Punktes ein anderer Vorschlag gemacht, so accomodiere ich mich selbstverständlich demselben. 2. Bericht des Landes-Ausschusses über die Wirksamkeit der Natural-Verpflegsstationen im Jahre 1898; Martin Thurnher: Das kann ja in der Sitzung selbst eventuell beschlossen werden. 3. Bericht des Landes-Ausschusses über den Voranschlag des Normalschulfondes pro 1899; Landeshauptmann: Ich gab diese Anregung nur, dass die Herren vorbereitet sind und die Berichte zur rechten Zeit studieren können. Es ist selbstverständlich immer noch im Belieben des hohen Hauses gelegen, die Berichte immerhin einem Ausschüsse zuzuweisen. Dann hätten wir als sechsten Gegenstand die Wahl eines Schulausschusses. Die heutige Sitzung ist geschlossen. 4. Bericht des Landes-Ausschusses über den Voranschlag des k. k. Landesschulrathes über die aus Landesmitteln zn deckenden Schulauslagen; 5. Bericht des Landes-Ausschusses über die 1898 getroffenen Maßnahmen zur Hebung der materiellen Lage des Lehrerstandes. Bezüglich der Berichte 2, 3, 4 und 5 be­ merke ich, dass die ersten drei sich bereits in Schluss 11 Uhr 40 Minuten vormittags.