18981228_lts001

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Letzte Änderung 02.07.2021, 19:09
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp08,lts1898,lt1899,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Stenographische Sitzungsberichte der III. Landtagssession in Vorarlberg zu Bregenz. (VIII. Landtagsperiode.) Einberufen mit Allerhöchstem Patente vom 17. December 1898 auf den 28. December 1898. Negierungsvertreter: Herr Statthaltereirath Rudolf Graf Huyn. Vor der Eröffnung des Landtages fand in der Pfarrkirche ein feierliches Hochamt statt. Eröffnung des Landtages am 28. Dezember 1898. Bregenz. Druck und Verlag von J. N. Teutsch‘s Buchhandlung. Verzeichnis der Mitglieder des Vorarlberger Landtages. A. Mitglied mit Virilstimme. Dr. Johann Zobl, Bischof von Evaria, Generalvicar für Vorarlberg in Feldkirch. B. Abgeordnete der Städte und des Marktes Dornbirn. Wahlbezirke: 1. Bregenz: Schmid Theodor Dr. med., Altbürgermeister in Bregenz. 2. Feldkirch. Ganahl Arnold, Landeshauptmann - Stellvertreter und Bürgermeister in Feldkirch. 3. Bludenz. Preu August von Dr., k. k. Notar in Bludenz. 4. Dornbirn. Rhomberg Adolf, Landeshauptmann und Fabriksbesitzer in Dornbirn. Thurnher Martin, Lehrer in Dornbirn. C. Abgeordneter der Handels- und Gewerbekammer in Feldkirch. Waibel Johann Georg Dr. med., Bürgermeister in Dornbirn. D. Abgeordnete der Landgemeinden. Wahlbezirke: 1. Bregenz (Gerichts-Bezirke Bregenz und Bregenzerwald.) Kohler Johann, Gemeindevorsteher in Schwarzach. Ölz Josef, Kaufmann in Bregenz. Josef, Pfarrer in Lingenau. Büchele Josef, Gemeindevorsteher in Lauterach. Jodok, Altvorsteher in Andelsbuch. 2. Feldkirch: (Gerichtsbezirke Feldkirch und Dornbirn.) Wegeler Josef sen., Kaufmann in Feldkirch. Scheidbach Jakob, Altbürgermeister in Rankweil. Bösch Engelbert, Altvorsteher in Lustenau. Thurnher Johannes, Kaufmann in Dornbirn. Nägele Jakob, Gemeindevorsteher in Gaißau. 3. Bludenz. (Gerichts-Bezirke Bludenz und Montavon.) Wittwer Rudolf, Gemeindevorsteher in Gaschurn. Müller Anton, Altvorsteher in Blons. Dressel Alois, Musiklehrer in Feldkirch. Thurnher Andreas, Pfarrer in Altenstadt. Vorarlberger Landtag. 1. Sitzung am 28. December 1898 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 17 Abgeordnete. Abwesend die Herren: Hochwürdigster Bischof, Ganahl, Johannes Thurnher und Bösch. Regierungsvertreter: Herr k. k. Stattthaltererrath Rudolf Graf Huyn. Beginn der Sitzung 11 Uhr vormittags. Landeshauptmann: Ich erkläre die III. Session der 8. Landtags-Periode für eröffnet und ertheile das Wort dem hochverehrten Herrn Regierungsvertreter zur Verlesung einer Allerhöchsten Botschaft. (Das Haus erhebt sich.) Regierungsvertreter: Hoher Landtag! Seine k. u. k. Apostolische Majestät haben mit Allerhöchstem Handschreiben vom 22. December 1898 dem Herrn Ministerpräsidenten und Leiter des k. k. Ministeriums des Innern Allergnädigst zu beauftragen geruht, dem Landtage des Landes Vorarlberg eine Allerhöchste Botschaft zur Kenntnis zu bringen, welche ich im Auftrage des Herrn Ministerpräsidenten zu verlesen die hohe Ehre habe. An den Landtag Meines Landes Vorarlberg! Aus Anlass der fünfzigsten Wiederkehr des Jahrestages Meiner Thronbesteigung hat der Landtag Meines geliebten Landes Vorarlberg beschlossen, mir durch eine Deputation die Huldigung der Landesvertretung darzubringen. Infolge der tiefen Trauer, in welche der Heimgang Meiner nun in Gott ruhenden Gemahlin, Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Elisabeth, Mich und Mein Haus versetzt hat, musste das Erscheinen der Deputation an meinem Hoflager entfallen. 6 I. Sitzung des Vorarlberger Landtages. III. Session, 8. Periode 1899. Gerne nehme Ich jedoch die Huldigung des Landtages zur Kenntnis und spreche demselben für seine loyale Kundgebung Meinen kaiserlichen Dank aus. Ich weiß, dass die darin zu Tage tretende dynastische Treue den Gefühlen der vom Landtage vertretenen Bevölkerung entspricht und das unverbrüchliche Festhalten an dem durch Gottes Vorsehung in vielhundertjähriger, ruhmreicher geschichtlicher Entwicklung fest und kraftvoll gefügten Verbände der Monarchie in sich schließt. In den wechselvollen Geschicken meiner fünfzigjährigen Regierung habe ich in der stets bewährten, opfermüthigen Hingebung Meiner getreuen Völker eine sichere Stütze des Thrones gefunden. Sie bietet, was immer der Zukunft Schoß bergen mag, die zuverlässige Gewähr für den ungeschmälerten Bestand der Macht und des Ansehens des Staates. Gestützt durch die staatsgrundgesetzlich gewährleisteten Rechte der Einzelnen und die gleiche Berechtigung der Völker haben geistige und materielle Cultur allenthalben einen erfreulichen Aufschwung genommen. Der zum stetigen Fortschritte der Gesammtheit unerlässlichen, sorgfältigen Pflege des Wohles der einzelnen Theile kann es nur frommen, wenn bei der Ausgestaltung der öffentlichen Institutionen, den Landesvertretungen, als den zur Wahrnehmung der Wohlfahrtsinteressen in erster Linie Berufenen, ein entsprechender Spielraum zur Bethätigung ihrer verfassungsmäßigen Rechte gewährt wird. Ich hoffe und wünsche, dass über alle Gegensätze der Anschauungen und Bestrebungen hinaus der ernste Wille zur sachlichen Förderung der geistigen und materiellen Wohlfahrt ein von gegenseitiger Rechtsachtung und Billigkeit getragenes Zusammenwirken aller Kräfte zeitigen möge. Allen in solchem Geiste gedachten Actionen des Landtages wird Meine landesväterliche Fürsorge nie fehlen. Anmit entbiete Ich dem Landtage Meinen kaiserlichen Gruß. Gegeben zu Wien, am 22. Dec. 1898. Franz Joseph m. p. Thun m. p. Landeshauptmann: Die Allerhöchste Botschaft, welche der Herr Regierungsvertreter soeben verlesen hat, erfüllt jeden treuen Patrioten mit den Gefühlen größter Freude und innigsten Dankes. Aus derselben spricht so recht das Herz unseres erhabenen Monarchen zu Seinen Völkern, die mit ihrem geliebten Kaiser sich eins fühlen in Leid und Freud. Der Allerhöchste huldvolle Act wird im Archive des Landes seinen Platz einnehmen und für künftige Generationen ein schätzbares Kleinod und eine immerwährende Erinnerung an das 50 jährige Regierungsjubiläum des edelsten der Herrscher auf Habsburgs Throne sein und bleiben. Ich glaube berechtiget zu sein, wenn ich mich in diesem feierlichen Momente zum Dolmetsch der Landesvertretung mache und den Herrn Regierungsvertreter bitte, den allerunterthänigsten Dank der Vertretung Vorarlbergs für die huldvollen Worte Sr. Majestät und die erneuerte Anerkennung und Bekräftigung der hochbedeutsamen Stellung der Landtage der Königreiche und Länder gemäß den Verfassungsgrundgesetzen der Monarchie an die Stufen des Allerhöchsten Thrones vermitteln zu wollen. Hohes Haus! Mit Allerhöchstem Patente vom 17. December wurde die Landesvertretung unseres Kronlandes auf den heutigen Tag zum Beginne ihrer verfassungsmäßigen Thätigkeit einberufen, und dem Allerhöchsten Rufe Folge leistend haben Sie sich, meine verehrten Herren Abgeordneten, hier eingefunden, und es gereicht mir zur Freude, Sie alle am Beginne dieser Session herzlichst zu begrüßen. Gleichzeitig habe ich die Ehre, dem h. Hause den neuen Vertreter der h. Regierung, den hochgeborenen Herrn k. k. Statthaltereirath Grafen Huyn, in dieser seiner Eigenschaft vorzustellen, und indem ich hochdenselben in unser aller Namen hochachtungsvollst in unsrer Mitte willkommen heiße, spreche ich die ergebene Bitte aus, Herr Statthaltereirath möge unseren Berathungen sein Wohlwollen entgegenbringen, auf dass durch vereintes Zusammenwirken von Negierung und Volksvertretung das Wohl unseres engeren, theuren Heimatlandes und seiner Bevölkerung stetig gefördert werde. Die heute eröffnete III. Session des h. Landtages wird aller Voraussicht nach in 2 Abschnitten abgehalten werden. Für jetzt ist der h. Landtag nur I. Sitzung des Vorarlberger Landtages. III. Session, 8. Periode 1899. 7 für kurze Dauer zusammengetreten und wird sich vor allem mit der Beschlussfassung des Voranschlages des Landesfondes pro 1899 und dem Bedeckungsmodus des nach Abzug der eigenen Einnahmen ungedeckten Abganges zu befasse> haben. Es wird sich bei diesem Anlasse zum ersten Male ein Bild der dnrch die neue Steuerreform veränderten Steuereingänge in den einzelnen Kategorien und des finanziellen Effectes in Bezug auf die Landesfinanzen ergeben. Außerdem ist Beschluss zu fassen über die Anträge des Landesausschusses in Sachen der Förderung des sonntäglichen Fortbildungsunterrichtes, der Aufforstung in der Parcelle Beschling, der Wirksamkeit der Naturalverpflegsstationen und andere kleinere Gegenstände, über welche alle die Berichte den Herren Abgeordneten bereits vor einigen Tagen zugestellt worden sind. Die Frage der Abänderung der Gesetze über den Feuerwehrfond und die Unterstützung verunglückter Feuerwehrmänner sowie über die Feuerpolizei- und Feuerlöschordnung wird das h. Haus neuerlich beschäftigen, und liegen ebenfalls Berichte und Anträge des Landesausschusses hierüber vor. Die Erledigung anderer hochwichtiger Angelegenheiten, wie beispielsweise des Straßenbauprogrammes, dürfte wohl dem späteren Sessionsabschnitte vorbehalten bleiben. Hohes Haus! Als die Landesvertretung das letzte Mal zusammentrat, habe ich in meiner Eröffnungsrede am 10. Jänner d. J. daran erinnert, dass das Jahr 1898 in der Geschichte unseres Reiches ein hochbedeutungsvolles Jahr sei, da an der Wende desselben 50 Jahre voll sein werden, seit unser allergnädigster Kaiser und Herr als damals noch jugendlicher Herrscher den Thron seiner Ahnen bestieg. Ich habe damals hervorgehoben, mit welchem Jubel, welcher Begeisterung die Völker Österreichs sich anschicken, das Jubeljahr ihres geliebten Landesvaters, seinen erhabenen Intentionen gemäß durch zahllose Werke der Wohlthätigkeit, ihrem begeisterten Impulse der Liebe zu Kaiser und Reich folgend, aber auch durch erhebende Festlichkeiten und Veranstaltungen zu feiern, und dass wir Vorarlberger, hinter keinem der übrigen Königreiche und Länder zurückstehend, dem geliebten Herrscher, dem Vater Seiner Völker, zujubeln und unsere Gebete zum Himmel emporsenden werden, auf dass Gott der Allmächtige unseren allergnädigsten Kaiser noch viele Jahre in geistiger und körperlicher Frische erhalte, alles schwere Ungemach und die bitteren Sorgen, die Allerhöchst Sein väterliches Herz erfüllen, wegnehmen möge. Wer hätte damals geahnt, was Entsetzliches, was unsagbar Schmerzliches das Jahr 1898 in seinem Schoße berge, welch neue furchtbare Leiden nach dem unerforschlichen Rathschlusse der göttlichen Vorsehung Sr. Majestät beschicken sein sollten. Der Frühling rückte heran, da regte es sich in allen Gauen unseres Landes, überall in den Städten und Dörfern, auf dem flachen Lande, in den bergumschlossenen Thälern, ja bis hinauf zu den kleinsten und höchstgelegenen armen Bergdörfchen, überall wetteiferten die Bewohner in der Bethätigung der Liebe und Anhänglichkeit an den allergnädigsten Jubelkaiser, und den ganzen Frühling und Sommer hindurch verstrich wohl kein Sonn- und Festtag, an welchem nicht in irgend einer Gemeinde des Landes oder selbst in zwei bis drei ein Kaiserfest veranstaltet wurde; und ich selbst, der ich die Ehre hatte, einer großen Zahl dieser Veranstaltungen persönlich beizuwohnen, erinnere mich mit einem Gefühle der Rührung an die zahllosen Beweise der Kaisertreue, die bei diesen Festen in wahrhaft ungekünstelter, kindlicher Herzlichkeit zutage traten. Und so bildet der Sommer 1898 ein neues Ruhmesblatt in der Geschichte Vorarlbergs, ein neues Document der unentwegten, in Sturm und Gefahren schon so oft erprobten Anhänglichkeit von Vorarlbergs Volk zum angestammten Herrscherhause. Da kam wie ein jäher Blitz aus heiterem Himmel die entsetzliche Kunde von den Gestaden des Genfer Sees. Der Dolch eines elenden Mordbuben, eines wahren Scheusals in Menschengestalt, traf das Herz Ihrer Majestät der Kaiserin, der edelsten der Frauen, deren ganzes Leben eine ununterbrochene Kette der schönsten Handlungen christlicher Nächstenliebe und Mildthätigkeit gewesen war. Starr vor Entsetzen vernahmen Österreichs Völker die niederschmetternde Kunde, und aus Millionen Herzen entrang sich der Schmerzensruf: "Der arme, vielgeprüfte Kaiser!" War es denn möglich, dass die glaubenslose allem Bestehenden den Vernichtungskrieg erklärende Rotte entmenschter Bestien nicht einmal vor einer 8 I. Sitzung des Vorarlberger Landtages. III. Session, 8. Periode 1899. wehrlosen Frau Halt wachen und unsere geliebte Landesmutter uns entreißen konnte? Welch unsagbare Leiden mussten in jenen Momenten das Herz unseres allergnädigsten Kaisers gemartert haben, in Seinen! Jubeljahre das Theuerste auf Erden auf so schreckliche Weise sich entrissen zu sehen, und mit vollem Rechte hat Se. Majestät in Allerhöchst Seinem Manifeste dem Gedanken Ausdruck zu geben, es gebeaufdieser Welt kein Leiden, das Ihm erspart bleibe. Wie in den Tagen der Freude Österreichs Völker aufjubelten vor Begeisterung zum Allerhöchsten Throne, so umschlang nun unter dem Eindrücke der furchtbaren Katastrophe ein gemeinsames Band des innigsten Schmerzes und Beileides Fürst und Völker und verklärte mit einem Glorienscheine das für immer gebrochene, gütige Auge der geliebten Kaiserin. Wie man früher allerorten Festlichkeiten zu Ehren des Jubiläums gefeiert, so blieb jetzt keiner zurück in der Bethätigung der tiefsten Theilnahme um den schwer geprüften Monarchen. Städte, Landgemeinden und Körperschaften beschlossen ergreifende Kundgebungen, und der Landesausschuss, welcher sich vordem vorbereitet hatte, als Deputation des Landes Sr. Majestät die Glückwünsche zum 50 jährigen Regierungsjubiläum zu Füßen zu legen, er entsendete nun -o schmerzliche Wendung! - eine Trauerdeputation, welche dem Leichenbegängnisse der geliebten Kaiserin beiwohnte und so Zeuge sein konnte von dein tiefen und allgemeinen Mitgefühle der Völker Österreichs und der Bewohner der Reichshauptstadt. So waren mit einem Schlage die Klänge reinster und ungetrübtester Festesfreude verstummt und Klagetöne an ihre Stelle getreten. Desto inniger bestürmten aber Österreichs Völker und speciell wir Vorarlberger den Himmel am 2. December, um den göttlichen Beistand, Stärkung und Trost von oben für den erhabenen Jubelgreis zu erstehen, auf dass der Allmächtige uns den geliebten Kaiser noch lange erhalte und Ihm an Seinem Lebensabende als herrlichstes und trostreichstes Angebinde entgegengebracht werde, was seit Decennien Sein unablässiges, von unendlicher Herzensgüte dictiertes Streben war: "Den Frieden der Völker." Möge der Geist echten, wahren Christenthums sie alle beseelen, die verschiedenen Nationen des schönen Habsburger reich es, und mögen sie endlich wieder in diesem Geiste leben und wirken, dann muss der Friede wieder einkehren, dann werden die aufgehetzten Leidenschaften sich beruhigen, und eine Ära neuen Glückes und Wohlstandes wird in unserem theuren Vaterlande ihren Einzug halten! Wir aber, verehrte Herren, erneuern heute unter dem Eindrücke der soeben verlesenen Allerhöchsten Botschaft, die in wahrhaft väterlicher Weise zu Vorarlbergs Volk spricht, den Schwur, nie zu wanken in der Treue für Kaiser und Reich, unentwegt uns zu scharen um den Allerhöchsten Thron, für dessen Glanz wir Vorarlberger in Freud und Leid, im Frieden und in Drangperioden, mit Gut und Blut einstehen wollen für und für! Und als Bekräftigung dieses feierlichen Schwures bitte ich Sie Alle, mit mir einzustimmen in den begeisterten Ruf, der hinausdringen möge ins Land und sein Echo finden an dem Gestade des schwäbischen Meeres sowohl wie an den Felskolossen des ewigen Schnees: Se. kaiserliche und königliche Majestät, unser Allergnädigster Kaiser und Herr, lebe hoch! hoch! hoch! (Das ganze Haus erhebt sich und stimmt in den dreimaligen Hochruf des Herrn Landeshauptmannes in großer Begeisterung ein.) Somit erkläre ich die III. Session der 8. Landtagsperiode für eröffnet. Negierungsvertreter: Hohes Haus, meine sehr verehrten Herren! Mit der Vertretung der kaiserlichen Regierung im hohen Landtage von Vorarlberg an Stelle Seiner Excellenz des Herrn Statthalters betraut, wird mir heute die höchst ehrenvolle Aufgabe zutheil, den hohen Landtag bei seinem Wiederzusammentritte namens der. Regierung hochachtungsvollst zu begrüßen. Der Herr Landeshauptmann hat soeben in patriotischer Rede einen Rückblick auf das zur Neige gehende Jahr geworfen, das bestimmt war, in I. Sitzung des Vorarlberger Landtages. III. Session, 8. Periode 1899. 9 dem Herzen jedes Österreichers nur freudige Gefühle zu wecken, und hat uns gezeigt, dass die schwere Heimsuchung, welche das Jubeljahr Seiner Majestät unserem geliebten Kaiser gebracht hat, die Bande zwischen dem angestammten Herrscherhanse und den Völkern noch fester geknüpft hat. Es wird meine Pflicht sein, diese loyale Kundgebung sowie die Worte des Dankes, welche der Herr Landeshauptmann namens des hohen Hauses aus Anlass der dem Landtage von Vorarlberg gewordenen Allerhöchsten Botschaft gesprochen hat, höheren Ortes zur Kenntnis zu bringen. Es obliegt mir auch, dem geehrten Herrn Landeshauptmanne für die freundlichen Worte der Begrüßung, mit welchen er mein heutiges erstes Erscheinen im hohen Hause zu begleiten die Liebenswürdigkeit hatte, meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Hohes Haus! Ich bin überzeugt, dass die Berathungen des hohen Landtages auch in dieser Session ihren gewohnt ersprießlichen Fortgang nehmen werden, und bitte Sie, die Regierung in ihren auf das allgemeine Beste gerichteten Bestrebungen freundlichst zu unterstützen. Ich werde mir es angelegen sein lassen, mich mit den Verhältnissen des Landes vertraut zu machen und werde bestrebt sein, die Verhandlungen des h. Hauses, welche< ich mit voller Aufmerksamkeit folgen werde, nach meinem besten Können zu fördern. Ich werde mich glücklich schützen, wenn es mir gegönnt sein wird, zum Wohle des schönen Landes Vorarlberg beizutragen. (Bravorufe.) Landeshauptmann: Seine bischöfliche Gnaden, der hochwürdigste Gencralvicar, hat in einem Schreiben für die erste Abtheilung dieser Landtagssession sein Fernbleiben entschuldiget, was ich zur Kenntnis zu nehmen bitte. Ebenso hat der Herr Landeshauptmann-Stellvertreter, Abgeordneter Ganahl, mich um einen Urlaub von drei Tagen ersucht, den ich zu ertheilen nach der Geschäftsordnung berechtiget bin, und den ich ihm auch daher ertheilt habe. Unsere eigentlichen Berathungen werden wir nach einer stets geübten Gepflogenheit in der Eröffnungssitzung nicht beginnen, sondern ich beraume zu diesem Zwecke heute Nachmittag um Uhr eine Sitzung au mit nachstehender Tagesordnung: 1. Wahl eines volkswirtschaftlichen und eines Finanz-Ausschusses; 2. Bericht des Landesausschusses über die Wirksamkeit der Natural-Verpflegsstationen in Vorarlberg im Jahre 1897; 3. Bericht des Landesausschusses über das Gesuch der Fraction Beschling, Gemeinde Nenzing um Gewährung eines Beitrages aus dem LandesCulturfonde zu Aufforstungszwecken; 4. Bericht des Landesausschusses über das Gesuch des Vorarlberger Landwirtschaftsvereines, betreffend die Gewährung einer Landessubvention zur Förderung und Hebung der Schweinezucht; 5. Voranschlag des Vorarlberger Landesfondes pro 1899. Die Berichte über die Punkte 2, 3 und 4 der Tagesordnung befinden sich schon seit einigen Tagen in den Händen der Herren Abgeordneten, und ich glaube, dass es keinem Anstande unterliegen dürfte, über dieselben ohne Zuweisung an einen Ausschuss direct zu verhandeln. Bezüglich des Punktes 5 wird das h. Haus Nachmittag einen Beschluss zu fassen die Gelegenheit haben, ob derselbe direct oder nach vorausgegangener Berathung und Berichterstattung in einem Ausschüsse zu verhandeln sein wird. Herr Abgeordneter Thurnher wünscht das Wort zur Geschäftsordnung. Marlin Thurnher: Ich bin mit dem Vorschläge betreffs der Tagesordnung vollkommen einverstanden; nur möchte ich beantragen, dass noch ein sechster Gegenstand auf dieselbe gesetzt werde nämlich der Act, betreffend den Bau der Bregenzerwald-Bahn ; denn derselbe ist so dringlicher Natur, dass er sofort an einen Ausschuss zu verweisen ist. Landeshauptmann: Ich nehme keinen Anstand, diesen Gegenstand als sechsten Punkt auf die nachmittägige Tagesordnung zu setzen; also 6. Act, betreffend den Bau der Bregenzerwald-Bahn. Die heutige Sitzung ist geschlossen. (Schluss der Sitzung 11 Uhr 30 Minuten.) GtenograpUHe GihunZSberichte der III. Landtagssession in Vorarlberg zu Bregenz. (VIII. Lnn-tngs-j)erisöe.) Einberufen mit Allerhöchstem Patente vom 17. December 1898 auf den 28. December 1898. Negierungsvertreter: Herr StatthaUereirath Ihtfrolf Graf Vor der Eröffnung des Landtages fand in der Pfarrkirche ein feierliches Hochamt statt. Kröffnung des MMages am 28. NeeemVer <1898. Bregenz. Druck und Verlcig von I. N. Teutsches Buchbandlnug. Verzeichnis öer Mitglieder öes Vorarlberger Lanötages. Ä. Mitglied mit Virilstimme. Dr. Ishunn Jobl, Bischof von Lvaria, Generalvicar für Vorarlberg in Feldkirch. B. Abgeorönete öer Stäöte unö öes Marktes Dornbirn. M nhlbezirke: 1. Jßrtgtnj: Schrniö Theoöov Dr. ined., Altbürgermeister in Bregenz. 2. Feldkirch. (Sattafyl Ävnslö, Landeshanptmann - Stellvertreter nnd Bürgermeister in Feldkirch. 3. Klildeuj. Äugust vsn Dr., k. k. Notar in Bludenz. 4. Dornbirn. Rhsurbevg Äöslf, Landeshauptmann und Fabriksbesitzer in Dornbirn. Thurnhep Muvtin, Lehrer in Dornbirn. C. Mgeovönetev öer Handels- unö Gewerbekammer in Felökirch. Wuibel Johuuu Gesvg Dr. med., Bürgermeister in Dornbirn. D. Abgeordnete öer Lanögemeinöen. Wahlbezirke: 1. Krrgcn;: (Gerichts-Bezirke Bregenz uiib Bregenzerwald.) Rshlev Johann, Gemeindevorsteher in Schwarzach. Glz Josef, Raufmann in Bregenz. Josef, Pfarrer in Lingenau. Bürchele Josef, Gemeindevorsteher in Lauterach. Jodok, Altvorsteher in Andelsbuch. 2. Feldkirch: (Gerichtsbezirke Feldkirch und Dornbirn.) lvegeler Josef sen., Kaufmann in Fedldkirch. Scheidbach Jakob, Altbiirgermeister in Rankweil. Bösch Engelbert, Altvorsteher in Lustenau. Thurnher Johannes, Kaufmann in Dornbirn. Nägele Jakob, Getneindevorsteher in Gaißau. 3. Älldenz. (Gerichts-Bezirke Bludenz und Montavon.) Wittwer Rudolf, Gemeindevorsteher in Gaschurn. Müllev Änton, Altvorsteher in Blons. Dressel Älois, Atusiklehrer in Feldkirch. Thurnher Ändreas, Pfarrer in Altenstadt. Ararlöerger Landtag. 1. Sitzung am 28. December 1898 unter dein Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rh o mb er g. ------------- -8-0 -3------------Gegenwärtig 17 Abgeordnete. Abwesend die Herren: Hochwürdigster Bischof, Ganahl, Johannes Thurnher und Bösch. Megierungsverlreter: Herr k. k. Statttzaltererrath Auöolf Graf Hugn. Beginn der Sitzung 11 Uhr vormittags. Landeshauptmann: Ich erkläre die III. Session der 8. Landtags-Periode für eröffnet und ertheile das Wort dem hochverehrten Herrn Regiernngsvertreter zur Verlesung einer Allerhöchsten Botschaft. (Das Haus erhebt sich.) Regierungsvertretcr: Hoher Landtag! Seine k. u. k. Apostolische Majestät haben mit Allerhöchstem Handschreiben vom 22. December 1898 dem Herrn Ministerpräsidenten und Leiter des k. k. Ministeriums des Innern Allergnädigst zu beauftragen geruht, dem Landtage des Landes Vorarlberg eine Aller­ höchste Botschaft zur Kenntnis zu bringen, welche ich im Auftrage des Herrn Ministerpräsidenten zu verlesen die hohe Ehre habe. An den Landtag Meines Landes Vorarlberg! Aus Anlass der fünfzigsten Wiederkehr des Jahrestages Meiner Thronbesteigung hat der Land­ tag Meines geliebten Landes Vorarlberg beschlossen, mir durch eine Deputation die Huldigung der Landesvertretung darzubringen. Infolge der tiefen Trauer, in welche der Heim­ gang Meiner nun in Gott ruhenden Gemahlin, Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Elisabeth, Mich und Mein Haus versetzt hat, musste das Erscheinen der Deputation an meinem Hoflager entfallen. 6 I. Sitzung des Vorarlberger Landtages. Gerne nehme Ich jedoch die Huldigung des Landtages zur Kenntnis und spreche demselben für seine loyale Kundgebung Meinen kaiserlichen Dank aus. Ich weiß, dass die darin zu Tage tretende dynastische Treue den Gefühlen der vom Landtage vertretenen Bevölkerung entspricht und das unver­ brüchliche Festhalten an dem durch Gottes Vorsehung in vielhundertjähriger, ruhmreicher geschichtlicher Entwicklung fest und kraftvoll gefügten Verbände der Monarchie in sich schließt. In den wechselvollen Geschicken meiner fünfzig­ jährigen Regierung habe ich in der stets bewährten, opfermüthigen Hingebung Meiner getreuen Völker eine sichere Stütze des Thrones gefunden. Sie bietet, ivas immer der Zukunft Schoß bergen mag, die zuverlässige Gewähr für den ungeschmälerten Bestand der Macht und des Ansehens des Staates. Gestützt durch die staatsgrundgesetzlich gewähr­ leisteten Rechte der Einzelnen und die gleiche Be­ rechtigung der Völker haben geistige und materielle Cultur allenthalben einen erfreulichen Aufschwung genommen. Der zum stetigen Fortschritte der Gesammtheit unerlässlichen, sorgfältigen Pflege des Wohles der einzelnen Theile kann es nur frommen, wenn bei der Ausgestaltung der öffentlichen Institutionen, den Landesvertretungen, als den zur Wahrnehmung der Wohlfahrtsinteressen in erster Linie Berufenen, ein entsprechender Spielraum zur Bethätigung ihrer verfassungsmäßigen Rechte gewährt wird. . Ich hoffe und wünsche, dass über alle Gegen­ sätze der Anschauungen und Bestrebungen hinaus der ernste Wille zur sachlichen Förderung der geistigen und materiellen Wohlfahrt ein von gegen­ seitiger Rechtsachtung und Billigkeit getragenes Zu­ sammenwirken aller Kräfte zeitigen möge. Allen in solchem Geiste gedachten Actionen des Landtages wird Meine landesvätcrliche Fürsorge nie fehlen. Anmit entbiete Ich dem Landtage ■ Meinen kaiserlichen Gruß. Gegeben zu Wien, am 22. Dec. 1898. Franz Joseph m. p. Thun m. p. III. Session, 8. Periode 1899. Landeshauptmann: Die Allerhöchste Botschaft, welche der Herr Regierungsvertreter soeben verlesen hat, erfüllt jeden treuen Patrioten mit den Gefühlen größter Freude und innigsten Dankes. Aus derselben spricht so recht das Herz unseres erhabenen Monarchen zu Seinen Völkern, die mit ihrem geliebten Kaiser sich eins fühlen in Leid und Freud. Der Allerhöchste huldvolle Act wird im Archive des Landes seinen Platz einnehmen und für künftige Generationen ein schätzbares Kleinod und eine immerwährende Er­ innerung an das 50 jährige Regierungsjubiläum des edelsten der Herrscher auf Habsburgs Throne sein und bleiben. Ich glaube berechtiget zu sein, wenn ich mich in diesem feierlichen Momente zum Dolmetsch der Landesvertretung mache und den Herrn Regierungs­ vertreter bitte, den allerunterthänigsten Dank der Vertretung Vorarlbergs für die huldvollen Worte Sr. Majestät und die erneuerte Anerkennung und Bekräftigung der hochbedeutsamen Stellung der Landtage der Königreiche und Länder gemäß den Verfassungsgrundgesetzen der Monarchie an die Stufen des Allerhöchsten Thrones vermitteln zu wollen. Hohes Haus! Mit Allerhöchstem Patente vom 17. December wurde die Landesvertretung unseres Kronlandes auf den heutigen Tag zum Beginne ihrer verfassungs­ mäßigen Thätigkeit einberufen, und dem Allerhöchsten Rufe Folge leistend haben Sie sich, meine verehrten Herren Abgeordneten, hier eingefunden, und es gereicht mir zur Freude, Sie alle am Beginne dieser Session herzlichst zu begrüßen. Gleichzeitig habe ich die Ehre, dem h. Hause den neuen Ver­ treter der h. Regierung, den hochgeborenen Herrn k. k. Statthaltereirath Grafen Huyn, in dieser seiner Eigenschaft vorzustellen, und indem ich hochdenselben in unser aller Namen hochachtungsvollst in unsrer Mitte willkommen heiße, spreche ich die ergebene Bitte aus, Herr Statthaltereirath möge unseren Berathungen sein Wohlwollen entgegen­ bringen, auf dass durch vereintes Zusammenwirken von Negierung und Volksvertretung das Wohl unseres engeren, theuren Heimatlandes und seiner Bevölkerung stetig gefördert werde. Die heute eröffnete III. Session des h. Landtages wird aller Voraussicht uach in 2 Abschnitten abge­ halten werden. Für jetzt ist der h. Landtag nur I. Sitzung des Vorarlberger Landtages. für kurze Dauer zusammengetreten und wird sich vor allem mit der Beschlussfassung des Voranschlages des Landesfondes pro 1899 und dem Bedeckungsmodus des nach Abzug der eigenen Einnahmen ungedeckten Abganges zu befasse» haben. Es wird sich bei diesem Anlasse zum ersten Male ein Bild der dnrch die neue Steuerreform veränderten Steuereingänge in den einzelnen Kategorien und des finanziellen Effectes in Bezug auf die Landesfinanzen ergeben. Außerdem ist Beschluss zu fassen über die An­ träge des Landesausschusses in Sachen der För­ derung des sonntäglichen Fortbildungs­ unterrichtes, der Aufforstung in der Parcelle Beschling, der Wirksamkeit der N a t u r a l v e r p f l e g s st a ti o n e n und andere kleinere Gegenstände, über welche alle die Berichte den Herren Abgeordneten bereits vor einigen Tagen zugestellt worden sind. Die Frage der Abänderung der Gesetze über den Feuerwehrfond und die Unterstützung verunglückter Feuerwehrmänner sowie über die Feuerpolizei- und Feuerlösch­ ordnung wird das h. Haus neuerlich beschäftigen, und liegen ebenfalls Berichte und Anträge des Landesausschusses hierüber vor. Die Erledigung anderer hochwichtiger Angelegenheiten, wie beispiels­ weise des Straßenbauprogrammes, dürfte wohl dem späteren Sessionsabschnitte vorbehalten bleiben. Hohes Haus! Als die Landesvertretung das letzte Btal zusammentrat, habe ich in meiner Eröffnungs­ rede am 10. Jänner d. I. daran erinnert, dass das Jahr 1898 in der Geschichte unseres Reiches ein h o chbedeutungsvollesJahr sei, da an der Wende desselben 50 Jahre voll sein werden, seit unser allergnädigster Kaiser und Herr als damals noch jugendlicher Herrscher den Thron seiner Ahnen bestieg. Ich habe damals hervorgehoben, mit welchem Jubel, welcher Begeisterung die Völker Österreichs sich anschicken, das Jubeljahr ihres geliebten Landes­ vaters, seinen erhabenen Intentionen gemäß durch zahllose Werke der Wohlthätigkeit, ihrem begeisterten Impulse der Liebe zu Kaiser und Reich folgend, aber auch durch erhebende Festlichkeiten und Ver­ anstaltungen zu feiern, und dass wir Vorarlberger, hinter keinen: der übrigen Königreiche und Länder zurückstehend, den: geliebten Herrscher, dem Vater Seiner Völker, zujubeln und unsere Gebete zum III. Session, 8. Periode 1899. 7 Himmel emporsenden werden, auf dass Gott der Allmächtige unseren allergnädigsten Kaiser noch viele Jahre in geistiger und körperlicher Frische erhalte, alles schwere Ungemach und die bitteren Sorgen, die Allerhöchst Sein väterliches Herz erfüllen, weg­ nehmen möge. Wer hätte damals geahnt, was Entsetzliches, was unsagbar Schmerzliches das Jahr 1898 in seinem Schoße berge, welch neue furchtbare Leiden nach dem unerforschlichen Rathschlusse der göttlichen Vorsehung Sr. Majestät beschicken sein sollten. Der Frühling rückte heran, da regte es sich in allen Gauen unseres Landes, überall in den Städten und Dörfern, auf dem flachen Lande, in den berg­ umschlossenen Thälern, ja bis hinauf zu den kleinsten und höchstgelegenen armen Bergdörfchen, überall wetteiferten die Bewohner in der Bethätigung der Liebe und Anhänglichkeit an den allergnädigsten Jubelkaiser, und den ganzen Frühling und Sommer hindurch verstrich wohl kein Sonn- und Festtag, an welchem nicht in irgend einer Gemeinde des Landes oder selbst in zwei bis drei ein Kaiserfest veranstaltet wurde; und ich selbst, der ich die Ehre hatte, einer großen Zahl dieser Veranstaltungen persönlich beizuwohnen, erinnere mich mit einem Gefühle der Rührung an die zahllosen Beweise der Kaisertreue, die bei diesen Festeil in wahrhaft ungekünstelter, kindlicher Herzlichkeit zutage traten. Und so bildet der Sommer 1898 ein neues Ruhmesblatt in der Geschichte Vorarlbergs, ein neues Documeut der unentwegten, in Sturm und Gefahren schon so oft erprobten Anhänglichkeit von Vorarlbergs Volk zum angestammten Herrscherhause. Da kam wie ein jäher Blitz aus heiterem Himmel die entsetzliche Kunde von den Gestaden des Genfer Sees. Der Dolch eines elenden Mord­ buben, eines wahren Scheusals in Menschengestalt, traf das Herz Ihrer Majestät der Kaiserin, der edelsten der Frauen, deren ganzes Leben eine un­ unterbrochene Kette der schönsten Handlungen christ­ licher Nächstenliebe und Mildthätigkeit gewesen war. Starr vor Entsetzen vernahmen Österreichs Völker die niederschmetternde Kunde, und ans Millionen Herzen entrang sich der Schmerzensruf: „D e r arme, vielgeprüfte Kaiser!" War es denn möglich, dass die glaubenslose allen: Bestehenden den Vernichtungskrieg erklärende Rotte entmenschter Bestien nicht einmal vor einer 8 I. Sitzung des Vorarlberger Landtages. wehrlosen Frau Halt wachen und unsere geliebte Landesmutter uns entreißen konnte? Welch unsagbare Leiden mussten in jenen Mo­ menten das Herz unseres allergnädigsten Kaisers gemartert haben, in Seinen! Jubeljahre das Theuerste auf Erden auf so schreckliche Weise sich ent­ rissen zu sehen, und mit vollem Rechte hat Se. Majestät in Allerhöchst Seinem Manifeste dem Gedanken Ausdruck zu geben, es gebeaufdieser Welt kein Leiden, das Ihm erspart bleibe. Wie in den Tagen der Freude Österreichs Völker aufjubelten vor Begeisterung zum Aller­ höchsten Throne, so umschlang nun unter dem Eindrücke der furchtbaren Katastrophe ein gemein­ sames Band des innigsten Schmerzes und Beileides Fürst und Völker und verklärte mit einem Glorienscheine das für immer gebrochene, gütige Auge der geliebten Kaiserin. Wie man früher aller­ orten Festlichkeiten zu Ehren des Jubiläums ge­ feiert, so blieb jetzt keiner zurück in der Bethätigung der tiefsten Theilnahme um den schwer geprüften Monarchen. Städte, Landgemeinden und Körper­ schaften beschlossen ergreifende Kundgebungen, und der Landesausschuss, welcher sich vordem vorbereitet hatte, als Deputation des Landes Sr. Majestät die Glückwünsche zum 50 jährigen Regierungsjubi­ läum zu Füßen zu legen, er entsendete nun —o schmerzliche Wendung! — eine Trauerdeputation, welche dem Leichenbegängnisse der geliebten Kaiserin beiwhonte und so Zeuge sein konnte von dein tiefen und allgemeinen Mitgefühle der Völker Österreichs und der Bewohner der Reichshauptstadt. So waren mit einem Schlage die Klänge reinster und ungetrübtester Festesfreude verstummt und Klagetöne an ihre Stelle getreten. Desto inniger bestürmten aber Österreichs Völker und speciell wir Vorarlberger den Himmel am 2. December, um den göttlichen Beistand, Stärkung und Trost von oben für den erhabenen Jubel­ greis zu erstehen, auf dass der Allmächtige uns den geliebten Kaiser noch lange erhalte und Ihm an Seinem Lebensabende als herrlichstes und trost­ reichstes Angebinde entgegengebracht werde, was seit Decennien Sein unablässiges, von unendlicher Herzensgüte dictiertes Streben war: „Den Frie­ den der Völker." III. Session, 8. Periode 1899. Möge der Geist echten, wahren Chri­ stenthums sie alle beseelen, die ver­ schiedenen Nationen des schönen Habs­ burger reich es, und mögen sie endlich wieder in diesem Geiste leben und wir­ ken, dann muss der Friede wieder ein­ kehren, dann werden die aufgehetzten Leidenschaften sich beruhigen, und eine Ära neuen Glückes und Wohlstandes wird in unserem theuren Vaterlande ihren Einzug halten! Wir aber, verehrte Herren, erneuern heute unter dem Eindrücke der soeben verlesenen Allerhöchsten Botschaft, die in wahrhaft väterlicher Weise zu Vor­ arlbergs Volk spricht, den Schwur, nie zu wanken in der Treue für Kaiser und Reich, unentwegt uns zu scharen um den Allerhöchsten Thron, für dessen Glanz wir Vorarlberger in Freud und Leid, im Frieden und in Drangperiodcn, mit Gut und Blut einstehen wollen für und für! Und als Bekräftigung dieses feierlichen Schwures bitte ich Sie Alle, mit mir einzustimmen in den begeisterten Ruf, der hinausdringen möge ins Land und sein Echo finden an dem Gestade des schwäbischen Meeres sowohl wie an den Fels­ kolossen des ewigen Schnees: Se. kaiserliche und königliche Majestät, unser Allergnädigster Kaiser und Herr, lebe hoch! hoch! hoch! (Das ganze Haus erhebt sich und stimmt in den dreimaligen Hochruf des Herrn Landeshaupt­ mannes in großer Begeisterung ein.) Somit erkläre ich die III. Session der 8. Landtagsperiode für eröffnet. Negierungsvertreter: Hohes Haus, meine sehr verehrten Herren! Mit der Vertretung der kaiser­ lichen Regierung im hohen Landtage von Vorarl­ berg an Stelle Seiner Excellenz des Herrn Statt­ halters betraut, wird mir heute die höchst ehren­ volle Aufgabe zutheil, den hohen Landtag bei sei­ nem Wiederzusammentritte namens der. Regierung hochachtungsvollst zu begrüßen. Der Herr Landeshauptmann hat soeben in patriotischer Rede einen Rückblick auf das zur Neige gehende Jahr geworfen, das bestimmt war, in i. Sitzung des Vorarlberger Landtages. dem Herzen jedes Österreichers nur freudige Ge­ fühle zu wecken, und hat uns gezeigt, dass die schwere Heimsuchung, welche das Jubeljahr Seiner­ Majestät unserem geliebten Kaiser gebracht hat, die Bande zwischen dem angestammten Herrscherhanse und den Völkern noch fester geknüpft hat. Es wird meine Pflicht sein, diese loyale Kund­ gebung sowie die Worte des Dankes, welche der Herr Landeshauptmann namens des hohen Hauses aus Anlass der dem Landtage von Vorarlberg gewordenen Allerhöchsten Botschaft gesprochen hat, höheren Ortes zur Kenntnis zu bringen. Es obliegt mir auch, bcnt geehrten Herrn Landeshauptmanne für die freundlichen Worte der Begrüßung, mit welchen er mein heutiges erstes Erscheinen im hohen Hause zu begleiten die Liebens­ würdigkeit hatte, meinen verbindlichsten Dank anszusprechen. Hohes Haus! Ich bin überzeugt, dass die Berathungen des hohen Landtages auch in dieser Session ihren gewohnt ersprießlichen Fortgang nehmen werden, und bitte Sie, die Regierung in ihren auf das allgemeine Beste gerichteten Be­ strebungen freundlichst zu unterstützen. Ich werde mir es angelegen sein lassen, mich mit den Ver­ hältnissen des Landes vertraut zu machen und werde bestrebt sein, die Verhandlungen des h. Hauses, welche« ich mit voller Aufmerksamkeit folgen werde, nach meinem besten Können zu fördern. Ich werde mich glücklich schützen, wenn es mir gegönnt sein wird, zum Wohle des schönen Landes Vor­ arlberg beizutragen. (Bravorufe.) Landeshauptmann: Seine bischöfliche Gnaden, der hochwürdigste Gencralvicar, hat in einem Schreiben für die erste Abtheilung dieser Landtags­ session sein Fernbleiben entschuldiget, was ich zur Kenntnis zu nehmen bitte. Ebenso hat der Herr Landeshauptmann-Stellvertrcter, Abgeordneter Gauahl, mich um einen Urlaub von drei Tagen ersucht, den ich zu ertheilen nach der Geschäftsordnung be­ rechtiget bin, und den ich ihm auch daher ertheilt habe. Unsere eigentlichen Berathungen werden wir nach einer stets geübten Gepflogenheit in der Er­ öffnungssitzung nicht beginnen, sondern ich beraume III. Session, 8. Periode 1899. 0 zu^ diesem Zwecke heute Nachmittag um Uhr eine Sitzung au mit nachstehender Tagesordnung: 1. Wahl eines volkswirtschaftlichen und eines Finanz-Ausschusses; 2. Bericht des Landesausschusses über die Wirk­ samkeit der Natural-Verpflegsstationen in Vorarl­ berg im Jahre 1897; 3. Bericht des Landesausschusses über das Gesuch der Fraction Beschling, Gemeinde Nenzing um Gewährung eines Beitrages aus dem LandesCulturfonde zu Aufforstungszwecken; 4. Bericht des Landesausschusses über das Gesuch des Vorarlberger Landwirtschaftsvereines, betreffend die Gewährung einer Landessubvention zur Förderung und Hebung der Schweinezucht; 5. Voranschlag des Vorarlberger Laudesfondes pro 1899. Die Berichte über die Punkte 2, 3 und 4 der Tagesordnung befinden sich schon seit einigen Tagen in den Händen der Herren Abgeordneten, und ich glaube, dass es keinem Anstande unterliegen dürfte, über dieselben ohne Zuweisung an einen Ausschuss direct zu verhandeln. Bezüglich des Punktes 5 wird das h. Haus Nachmittag einen Beschluss zu fassen die Gelegenheit haben, ob derselbe direct oder nach vorausgegangeucr Berathung und Berichterstattung in einem Aus­ schüsse zu verhandeln sein wird. Herr Abgeordneter Thurnher wünscht das Wort zur Geschäftsordnung. Marlin Thurnher: Ich bin mit dem Vor­ schläge betreffs der Tagesordnung vollkommen ein­ verstanden; nur möchte ich beantragen, dass noch ein sechster Gegenstand auf dieselbe gesetzt werde nämlich der Act, betreffend den Bau der Bregenzer­ wald-Bahn ; denn derselbe ist so dringlicher Natur, dass er sofort an einen Ausschuss zu verweisen ist. Landeshauptmann: Ich nehme keinen Anstand, diesen Gegenstand als sechsten Punkt auf die nach­ mittägige Tagesordnung zu setzen; also 6. Act, betreffend den Bau der BregenzerwaldBahu. Die heutige Sitzung ist geschlossen. (Schluss der Sitzung 11 Uhr 30 Minuten.)