18980209_lts016

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Letzte Änderung 03.07.2021, 11:16
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp08,lts1898,lt1898,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 16. Sitzung am 9. Februar 1898 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 20 Abgeordnete. Abwesend: Hochwürdigster Bischof. Regierungsvertreter: Herr Statthaltereirath Graf Thun-Hohenstein. Beginn der Sitzung 10 Uhr 10 Min. vormittags. Landeshauptmann: Ich erkläre die heutige Sitzung für eröffnet und ersuche um Verlesung des Protokolles der gestrigen Sitzung. (Secretär verliest dasselbe). Wird von irgend einer Seite des h. Hauses gegen die Fassung des Protokolles ein Einwand erhoben? Da dies nicht der Fall ist, betrachte ich dasselbe als genehmiget. Wir gehen nun zur Tagesordnung über. Der erste Gegenstand derselben ist die Wahl der Berufungscommission für die Personaleinkommensteuer. In der gestrigen Sitzung ist bereits beschlossen worden, diese Wahl heute vorzunehmen, und zwar ist schon nach dem Gesetze vorgeschrieben, dass sie nach Curien zu erfolgen bat. Ich werde also gerade wie bei der Wahl des Landesausschusses zuerst die Wähler der Städtecurie zur Wahl einladen, hierauf die Wähler der Landgemeindencurie und dann das ganze Haus. Wenn die Wahl der Mitglieder der Commission durchgeführt ist, wird in derselben Reihenfolge die Wahl der Ersatzmänner erfolgen. Für den ganzen Wahlact bitte ich die Herren Abgeordneten Ölz und Dressel, gefälligst das Scrutinium übernehmen zu wollen. Ich ersuche nun zunächst die Abgeordneten der Wählerclasse der Städte und der Handels- und Gewerbekammer, zwei Mitglieder in die Commission zu wählen. 188 XVI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session, 8. Periode 1898. (Wahlact seitens der Abgeordneten der Städtecurie und der Handels- und Gewerbekammer). Ölz: Abgegeben wurden 6 Stimmzettel. Dressel: Herr Dr. Bergmeister, Advocat in Feldkirch, erhielt 6 Stimmen und Herr Dr. Schneider, Advocat in Bregenz, ebenfalls 6 Stimmen. Landeshauptmann: Es sind somit die Herren Dr. Bergmeister, Advocat in Feldkirch, und Dr. Schneider, Advocat in Bregenz, zu Mitgliedern der Commission gewählt. Ich ersuche nun die Abgeordneten der Wählerclasse der Landgemeinden für 2 Mitglieder ihre Stimmen abzugeben. (Wahlact seitens der Abgeordneten der Landgemeindencurie). Ölz: Abgegeben wurden 14 Stimmzettel. Dressel: Hievon erhielten Herr Joh. Josef Reisch, Traubenwirt in Frastanz, 14 Stimmen, Herr Josef Geser, Gemeindevorsteher in Andelsbuch, 13 Stimmen und Herr Abgeordneter Scheidbach, Gemeindevorsteher in Rankweil, 1 Stimme. Landeshauptmann: Es sind somit die Herren Joh. Josef Reisch, Traubenwirt in Frastanz, und Josef Geser, Gemeindevorsteher in Andelsbuch, zu Mitgliedern der Commission gewählt. Nun kommt die Wahl der 4 aus dem vollen Hause zu wählenden Mitglieder. (Wahlact seitens des ganzen Hauses). Ölz: Abgegeben wurden 20 Stimmzettel. Dressel: Hievon erhielten die Herren Jakob Stemer, Gemeindevorsteher in Schruns, 19 Stimmen, Franz Josef Keck, Schlossermeister in Feldkirch, 20 Stimmen, Kob, Gemeindesecretür in Dornbirn, 19 Stimmen, Abgeordneter Josef Ölz, Kaufmann in Bregenz, 17 Stimmen, dann Abgeordneter Kohler 2 Stimmen; Abgeordneter Nägele 2 Stimmen und Heinrich Hueter 1 Stimme. Landeshauptmann: Es erscheinen somit gewählt die Herren Jakob Stemer, Gemeindevorsteher in Schruns, Franz Josef Keck, Schlossermeister in Feldkirch, Köb, Gemeindesecretär in Dornbirn, und Abgeordneter Josef Ölz, Kaufmann in Bregenz. Run kommen wir zur Wahl der Ersatzmänner, welche ad personam zu wählen sind. Wenn kein Einwand erfolgt, könnten wir es bei der Wahl der Ersatzmänner der Städtecurie zur Abkürzung vielleicht so machen, dass die Herren z. B. schreiben: N. N. für Dr. Bergmeister und N. N. für Dr. Schneider. Wir würden uns dadurch einen Wahlgang ersparen. Ich bitte also zunächst die Herren Abgeordneten der Städtecurie und der Handels- und Gewerbekammer, zwei Weinten zu schreiben und jedesmal beizusetzen, für wen der betreffende Name gilt. (Wahlact seitens der Abgeordneten der Städtecurie und der Handels- und Gewerbekammer). Ölz: Abgegeben wurden 6 Stimmzettel. Dressel: Hievon erhielten Herr Josef Wolf, Bürgermeister in Bludenz, als Stellvertreter für Dr. Bergmeister 6 Stimmen und Herr Johann Georg Thurnher, Generalagent in Dornbirn, als Stellvertreter für Dr. Schneider 6 Stimmen. Landeshauptmann: Es sind somit die Herren Josef Wolf, Bürgermeister in Bludenz, als Ersatzmann für Dr. Bergmeister und Joh. Georg Thurnherr, Generalagent in Dornbirn, als Ersatzmann für Dr. Schneider gewählt. Nun kommt die Wahl der Ersatzmänner durch die Abgeordneten der Landgemeindencurie. Es ist der Wunsch ausgesprochen worden, diese Ersatzmänner separat zu wählen. Ich ersuche zunächst für Herrn Josef Geser, Gemeindevorsteher in Andelsbuch, einen Ersatzmann zu wählen. (Wahlact seitens der Abgeordneten der Landgemeindencurie). Ölz: Abgegeben wurden 13 Stimmzettel. Dressel: Alle 13 Stimmen erhielt Herr Anton Läster, Holzhändler in Alberschwende. Landeshauptmann: Es ist somit als Ersatzmann für Herrn Josef Geser Herr Anton Läster, Holzhändler in Alberschwende, gewählt. XVI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session, 8. Periode 1898. 189 Nun kommt die Wahl des Stellvertreters für Herrn Joh. Josef Reich, Traubenwirt in Frastanz. (Wahlact seitens der Abgeordneten der Landgemeindencurie). Ölz: Abgegeben wurden 13 Stimmzettel. Dressel:Von diesen 13 Stimmen erhielten Herr Stephan Fischer, Vorsteher in Thüringerberg, 12 Stimmen und Herr Heinzle, Schäflewirt in Götzis, 1 Stimme. Landeshauptmann: Es ist somit Herr Stephan Fischer, Gemeindevorsteher in Thüringerberg, zum Ersatzmanne für Herrn Joh. Josef Reisch gewählt. Nun kommen wir zur Wahl der Stellvertreter aus dem vollen Hause und zwar zunächst für Herrn Jakob Sterner, Gemeindevorsteher in Schruns. (Wahlact seitens des ganzen Hauses.) Ölz: Abgegeben wurden 15 Stimmzettel. Dressel: Alle 15 Stimmen vereinigen sich auf Herrn Samuel Salzgeber, Kaufmann in Bludenz. Landeshauptmann: Es ist somit Herr Samuel Salzgeber, Kaufmann in Bludenz, zum Stellvertreter für Herrn Jacob Steiner gewühlt. Nun kommt die Wahl des Ersatzmannes für Herrn Gemeindesecretär Kob in Dornbirn. (Wahlact seitens des ganzen Hauses). Ölz: Abgegeben wurden 16 Stimmzettel. Dressel: Hievon erhielten Herr Ruppert Hofer, Hechtwirt in Lustenau, 14 Stimmen und Herr Johann Schöbel, Schreiner in Feldkirch, 2 Stimmen. Landeshauptmann: Es erscheint somit als Ersatzmann für Herrn Köb Herr Rupert Hofer, Hechtwirt in Lustenau, gewählt. Nun kommt die Wahl des Ersatzmannes für Herrn Franz Josef Keck, Schlossermeister in Feldkirch. (Wahlact seitens des ganzen Hauses.) Ölz: Abgegeben wurden 15 Stimmzettel. Dressel: Hievon erhielten Herr Johann Schöbel, Schreiner in Feldkirch, 14 Stimmen und Herr Ignaz Mayer, Altbürgermeister von Götzis, 1 Stimme. Landeshauptmann: Somit ist Herr Johann Schöbel, Schreiner in Feldkirch, als Ersatzmann für Herrn Franz Josef Keck gewühlt. Run kommt die letzte Wahl, nämlich die des Stellvertreters für den Herrn Abgeordneten Josef Ölz, Kaufmann in Bregenz. (Wahlact seitens des ganzen Hauses.) Ölz: Abgegeben wurden 14 Stimmzettel. Dressel: Es erhielten hievon der Herr Abgeordnete Johann Kohler, Gemeindevorsteher und Kaufmann in Schwarzach, 12 Stimmen, die Herren Abgeordneten Nägele und Büchel e je 1 Stimme. Landeshauptmann: Es ist sonach der Herr Abgeordnete Johann Kohler, Gemeindevorsteher und Kaufmann in Schwarzach, zum Ersatzmanne für den Herrn Abgeordneten Josef Ölz gewählt. Wir kommen nun zum zweiten Gegenstände der Tagesordnung, nämlich dem Berichte des Sprachenausschusses über den Antrag der Herren Abgeordneten Dr. Waibel und Genossen, betreffend die Reform der Landtagswahlordnung. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter, Abgeordneter Martin Thurnher, den Bericht zu erstatten. Martin Thurnher: Der von den Herren Abgeordneten Dr. Waibel und Genossen in Angelegenheit der Abänderung der Landtagswahlordnung eingebrachte Antrag hat folgenden Wortlaut (liest): Antrag der Abgeordneten Dr. Waibel, Dr. v. Preu, A. Ganahl und Dr. Schmid auf zeitgemäße Änderung der gegenwärtigen Landtagswahlordnung. Im Hinblicke auf die unserem Volksgeiste ganz unsympathische, vielfach veraltete und unzweckmäßige Einrichtung unserer gegenwärtigen Landeswahlordnung; in Anbetracht, dass bereits der vorige Landtag dies erkannt und wesentliche Verbesserungen derselben angestrebt hat, denen leider die kaiserliche Sanction nicht zutheil wurde; und 190 XVI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session, 8. Periode 1898. in Anbetracht, dass wir schon der III. Session des Landtages entgegengehen und eine so wichtige Reformarbeit frühzeitig genug in die Hand zu nehmen ist, wenn sie zur richtigen Zeit in Geltung treten können soll, erheben die Gefertigten den Antrag: "Das hohe Haus wolle beschließen: "Der Landesausschuss wird beauftragt, anknüpfend an die im Jahre 1896 beschlossene Landeswahlordnung, eine neue Landeswahlordnung auszuarbeiten, die nach folgenden Grundsätzen angelegt ist: a) Geheime Stimmenabgabe; b) Einschränkung des Wahlrechtes auf Personen männlichen Geschlechtes; c) unmittelbare Wahl der Landgemeinden gleich wie in der Städtecurie. d) Schaffung von individuellen Wahlbezirken; oder e) Spaltung der 3 bezirkshauptmannschaftlichen Landgemeinden-Wahlbezirke in 6 bezirksgerichtliche Landgemeinden-Wahlbezirke. Der nach diesen Grundsätzen ausgearbeitete Entwurf ist dem nächsten Landtage in Vorlage zu bringen." Bregenz, am 2. Februar 1898. Dr. Waibel m. p. Dr. Preu m. p. A. Ganahl m. p. Dr. Schmid m. p. Dieser Antrag gelangte in der Sitzung vom 5. Februar d. J. zur ersten Lesung und wurde dem Sprachenausschusse zugewiesen. Der Ausschuss hat sich der Wichtigkeit und Nothwendigkeit der Abänderung der Landtagswahlordnung nicht verschlossen und begegnet in dieser Anschauung auch jener der früheren Landesvertretung, welche in der Session des Jahres 1896 einen Gesetzentwurf annahm, der auf folgender Grundlage beruhte: a) Herabsetzung des Wahlcensus auf zwei Kronen; b) geheime Stimmenabgabe; c) Einschränkung des Wahlrechtes auf männliche, volljährige Personen. Die Regierung fand aber nun hinsichtlich dieses Gesetzentwurfes einen Einwand zu erheben und zwar gegen die Herabsetzung des Wahlcensus von 5 fl. auf 2 Kronen. Der bezügliche Erlass der Statthalterei vom 19. Juli 1896, Zl. 2618 lautet (liest): "Seine k. und k. Apostolische Majestät haben mit Allerhöchster Entschließung vom 7. Juli d. J. dem vom Landtage des Landes Vorarlberg beschlossenen Entwürfe eines Gesetzes, womit eine neue Landtagswahlordnung für dieses Land erlassen werden soll, die Allerhöchste Sanction nicht zu ertheilen und den Herrn Minister des Innern allergnädigst zu ermächtigen geruht, der Landesvertretung den Grund der Ablehnung bekannt geben zu lassen. Infolge Erlasses des Herrn Ministers des Innern vom 13. Juli d. J., Zl. 45'6/M. J. beehre ich mich, dem löblichen Landesausschusse bekannt zu geben, dass der Ablehnungsgrund darin besteht, dass die Herabsetzung des Steuercensus in den Wählerclassen der Städte und der Landgemeinden von 5 fl. auf 1 fl. einer Preisgebung des Principes der Interessenvertretung, auf welchem unser Verfassungsausbau beruht, nahezu gleichkommt und mit Rücksicht auf mögliche Exemplificationen als nicht annehmbar bezeichnet werden muss. Eine derartige Herabdrückung des Census müsste in den gedachten beiden Wählerclassen eine vollständige Verrückung, der politischen Stellung und des politischen Einflusses des Mittelstandes zur unmittelbaren Folge haben, indem sie in den Städten das Wahlrecht des städtischen Bürgerstandes, in den Landgemeinden das Stimmengewicht der angesessenen Bauernschaft auf das ernstlichste bedrohen würde." . Der Landesausschuss hat dann versucht, einen Vermittlungsantrag bei der Regierung durchzusetzen, und hat eine wohlbegründete Eingabe bei derselben eingebracht dahingehend, es möchte wenigstens der Wahlcensus statt mit 5 fl. mit 5 Kronen festgesetzt werden, und hat in Aussicht gestellt, einen derartigen Antrag beim Landtage einzubringen und zu vertreten. Aber auch hierauf ist die Regierung nicht eingegangen. Mit Erlass der Statthalterei vom 15. Jänner 1897, Zl. 174 wurde dem Landesausschusse vielmehr folgendes eröffnet (liest): "Der Herr Minister des Innern hat in Betreff der vom löblichen Landesausschusse mit der geschützten Note vom 8. August 1896, Zl. 2841 proponierten Herabsetzung des Landtagswahlcensus in den Wühlerclassen der Städte und der Landgemeinden von 5 Gulden auf 5 Kronen mit dem XVI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. 1L Session, 8. Periode 1898. 191 Erlasse vom 6. d. M., Zl. 5330/M. J. eröffnet, dass aus den im Erlasse des Herrn Ministers vom 13. Juli 1896, Zl. 4536/M. J. (h. o. Note vom 19. Juli 1896, Z. 2618/prs.) angedeuteten Gründen auch auf diese Herabsetzung des Census nicht eingegangen werden könnte, die Regierung vielmehr grundsätzlich daran festhalten muss, dass der Census für das Landtagswahlrecht nicht unter das für das Reichsrathswahlrecht festgesetzte Maß herabgedrückt werde. Der Herr Minister wäre daher nur in der Lage, eine im Nahmen des Gesetzes vom 5. December 1896, R. G. Bl. Nr. 226 sich haltende Abänderung des in der Vorarlberger Landtagswahlordnung festgesetzten Wahlcensus der Allerhöchsten Sanction zu empfehlen." Diese ablehnende Haltung der Regierung bildete auch die Ursache, dass der Landtag in seiner vorjährigen Session die ganze Angelegenheit vorläufig auf sich beruhen lassen musste, weil er nicht willens war, eine Einschränkung des Wahlrechtes statt eine Erweiterung desselben gesetzlich zu fixieren, wie es ja hätte geschehen müssen, wenn nach den Grundsätzen der Beschlüsse des Jahres 1896 das Wahlrecht der Frauen, der Minderjährigen, der juristischen Personen u. s. w. beseitigt worden wäre, ohne dass durch die Herabsetzung des Census ein anderes entsprechendes Äquivalent geschaffen worden wäre. Nun glaube ich, dass auch heute der Landtag einen Beschluss, wie ihn die Herren Antragsteller wünschen, wohl nicht fassen kann. Es müssten, bevor man dem Landesausschusse einen derartigen Auftrag geben könnte, vorerst die Mitglieder des h. Hauses und zwar in qualificierter Majorität über die Grundsätze einer Wahlreform sich vollständig klar und einig sein. Bei dem Umstand aber, dass die Meinungen diesbezüglich auseinandergehen, und bei dem weiteren Umstande, dass der Antrag erst in den letzten Tagen der Session eingebracht wurde, kann ein Auftrag in dieser Form dem Landesausschusse wohl nicht gegeben werden, weil der Laudesausschuss nicht in der Lage wäre, einen Gesetzentwurf vorzubereiten, der der Annahme im h. Hause sicher wäre. Sonach würde dein Landesausschusse einestheils eine fruchtlose Arbeit aufgeladen, anderentheils aber eine Desavouierung desselben in einer so wichtigen Angelegenheit in den Bereich der Möglichkeit gezogen werden. Der Sprachenausschuss, dem dieser Antrag zur Vorberathung und Berichterstattung zugewiesen wurde, glaubt, es könne im gegenwärtigen Momente in so weil gehender Weise nicht darauf eingegangen werden. Dagegen sollte die Herabsetzung des Census von 5 st. auf 4 fl., womit, wie ich glaube, jeder der Herren einverstanden ist, und was auch erreichbar ist, da die Regierung dazu bereits ihre Zustimmung gegeben hat, beschlossen werden. Diese Herabsetzung des Census bedeutet keine Wahlrechtserweiterung sondern nur eine durch die Steuerreform nothwendige Correctur zur Wiederherstellung des früher bestandenen Verhältnisses. Wie den Herren bekannt ist, wurde die Erwerbsteuer herabgesetzt, die Grundsteuer-Hauptsumme erhielt eine Ermäßigung, und außerdem werden 'Nachlässe bei der Grund- und Gebäudesteuer gewährt, wodurch eine Menge kleiner Wähler infolge der Ermäßigung ihrer Steuer ihr Wahlrecht verlieren würde. Infolge dessen hat schon der Reichsrath im Einverständnisse mit der Negierung ein diesbezügliches Gesetz beschlossen hinsichtlich der Reichsrathswahlordnung, wodurch diese Einschränkung des Wahlrechtes, wie sie infolge der Steuerreform eingetreten ist, wieder behoben wird. Dieses Gesetz datiert vom 5. September 1896 und ist erschienen unter Nr. 226, R. G. Bl. Der Artikel 1 lautet (liest): "Der fünfte Absatz des § 9 wird abgeändert und hat zu lauten, wie folgt: In der Wählerclasse der Städte- und Landgemeinden sind außer den gemäß Absatz 3 dieses Paragraphen zur Wahl Berechtigten auch jene Gemeindemitglieder zur Wahl der Abgeordneten beziehungsweise der Wahlmänner berechtiget, welche eine Jahresschuldigkeit an landesfürstlichen directen Steuern von mindestens vier Gulden zu entrichten haben und den sonstigen Bedingungen des Wahlrechtes zum Reichsraths entsprechen." Nun analog diesem bereits mit der kaiserlichen Sanction versehenen Reichsgesetze sollten auch wir eine Remedur hinsichtlich des Landtagswahlrechtes eintreten lassen. 192 XVI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session, 8. Periode 1898. Es steht uns zwar - wir dürfen dessen sicher sein - keine Auflösung des Landtages bevor. Auch wenn bei den Landgemeinden eine Ersatzwahl stattfinden müsste, so würde da keine so bedeutende Verschiebung eintreten, weil ja nach dem bestehenden Landesgesetze die alten Wahlmänner zur Wahl berufen würden und nur für mittlerweile durch Tod abgegangene oder solche, welche das Wahlrecht mittlerweile verloren haben, eine Nachwahl einzutreten hätte. Aber bei der Städtegruppe wäre es möglich, dass eine Nachwahl einzutreten hätte. Hier würde sofort diese Verkürzung des Rechtes der Wühler Eintreten, und daher ist es schon aus diesem Grunde nothwendig, dass wir unter allen Umstünden Vorsorge treffen, dass dies verhindert werde. Der Ausschuss stellt daher folgende Anträge: Der h. Landtag wolle beschließen: 1. "Auf den Antrag der Herren Abgeordneten Dr. Waibel und Genossen wird dermalen nicht eingegangen. 2. Dagegen wird dem beiliegenden Gesetzentwurfe, betreffend die Abänderung der §§ 6 und 8 der Landtagswahlordnung, die Zustimmung ertheilt." Ich werde nunmehr das bezügliche Gesetz verlesen, weil es nicht mehr möglich war, die Drucklegung zu besorgen, und ich glaube, wir sollen in der Weise vorgehen, dass ich jetzt das ganze Gesetz zur Verlesung bringe und später nach Schluss der Generaldebatte die artikelweise Berathung erfolgen kann. Ich bemerke dazu, dass der Wortlaut ganz genau derselbe ist, wie er heute in Geltung steht, nur dass immer statt der Worte "5 fl." die Worte "4 fl." eingesetzt sind und die Worte "inclusive Staatszuschlägen" zu entfallen haben und zwar aus dem Grunde, weil vom 1. Jänner 1898 ab keine Staatszuschläge mehr bestehen. Früher haben Staatszuschläge bei der Grund- und Erwerbsteuer bestanden. Bei der Grundsteuer sind dieselben schon im Jahre 1882 bei der ersten Grundsteuerregulierung entfallen, bei der Einkommensteuer haben sie mit 1. Jänner 1898 aufgehört. Es hätte also gar keinen Sinn und würde mit dem Wortlaute des Reichsgesetzes nicht mehr zusammenstimmen, wenn man diese Worte aufrecht erhalten würde. Der Gesetzentwurf lautet (liest): Gesetz vom ...., wirksam für das Land Vorarlberg, womit die §§ 6 und 8 der Landtagsmahlordnung abgeändert werden. Über Antrag des Landtages Meines Landes Vorarlberg finde Ich zu verordnen, wie folgt: Artikel I. Die §§ 6 und 8 der Landtagswahlordnung vom 26. Febr. 1861 beziehungsweise des Gesetzes vom 13. Nov. 1894, L- G. und V. Bl. Nr. 33 haben in ihrer gegenwärtigen Fassung außer Wirksamkeit zu treten und künftig zu lauten: § 6. Die Abgeordneten der im § 1 aufgeführten Städte sind durch directe Wahl aller jener nach dem besonderen Gemeindestatute oder dem Gemeindegesetze vom 22. April 1864 beziehungsweise der Gemeindewahlordnung vom 29. Juni 1890 zur Wahl der Gemeindevertretung dieser Städte und beziehungsweise des Marktes Dornbirn berechtigten und nach § 11 der Landtagswahlordnung beziehungsweise Landesgesetz vom 13. Jänner 1869, L. G. und V. Bl. Nr. 8 vom Wahlrechte nicht ausgeschlossenen Gemeindeglieder zu wählen, welche mindestens vier Gulden an dirccten Staatssteuern entrichten. Diesen sind die Ehrenbürger und diejenigen Gemeindeglieder anzureihen, welche nach der Gemeindewahlordnung § 1, Zl. 2 a bis f vermöge ihrer persönlichen Eigenschaft wahlberechtiget sind. § 8. Die Wahlmänner jeder Gemeinde sind durch jene nach dem Gemeindegesetze vom 22. April 1864 beziehungsweise der Gemeindewahlordnung vom 29. Juni 1890 zur Wahl der Gemeindevertretung berechtigten, nach § 11 der Landtagswahlordnung beziehungsweise Landesgesetz vom 13. Jänner 1869, L. G. u. V. Bl. Nr. 8 vom Wahlrechte nicht ausgeschlossenen Gemeindeglieder zu wählen, welche a) in Gemeinden mit 3 Wahlkörpern mindestens vier Gulden an directen Staatssteuern entrichten; b) in Gemeinden mit weniger als drei Wahlkörpern die ersten zwei Drittheile aller nach der Höhe ihrer Jahresschuldigkeit an directen XVI. Sitzung des Vorarlberger Landtages, II. Session, 8. Periode 1898. 193 Staatssteuern gereihten Gemeindewähler ausmachen und innerhalb des letzten Drittheils mindestens vier Gulden an direkten Steuern entrichten. Diesen sind sowohl in den ad a als in ad b bezeichneten Gemeinden die Ehrenbürger und diejenigen Gemeindeglieder anzureihen, welche nach der Gemeindewahlordnung § 1, Z. 2 a bis f vermöge ihrer persönlichen Eigenschaft wählberechtiget sind. Artikel II. Dieses Gesetz tritt mit dem Tage der Kundmachung in Wirksamkeit. Artikel HL Mein Minister des Innern ist mit dem Vollzüge dieses Gesetzes beauftragt. Ich empfehle dem h. Hause das Eingehen in die Spezialdebatte und in derselben die unveränderte Annahme des vorgeschlagenen Gesetzentwurfes. Landeshauptmann: Ich eröffne zunächst über die mündlichen Ausführungen des Herrn Berichterstatters sowie über die beiden Anträge die Generaldebatte. Der Herr Abgeordnete Dr. Waibel hat das Wort. Dr. Waibel: Der Herr Referent hat uns gewissermaßen einen Vorwurf darüber gemacht, dass wir am Schlusse der Session unseren Antrag eingebracht haben. Ich glaube aber, wenn wir im Anfänge mit demselben an das hohe Haus herangetreten wären, so würde voraussichtlich das Resultat nicht anders gewesen sein, als es heute ist. Aber wenn es den Herren mit der Reform der Landtagswahlordnung thatsächlich, wie Sie dergleichen thun, ernst gewesen wäre, so hätten Sie selbst können zu Beginn der Session mit einer diesbezüglichen Anregung an das hohe Haus hervortreten. Sie haben aber das unterlassen. Nun erscheint es ausfallend, dass man heute in der Hauptsache ans den Antrag gar nicht mehr eingeht sondern denselben einfach abzulehnen beantragt. Wir hätten geglaubt, dass es denn doch im Interesse der Sache selbst gelegen gewesen wäre, wenn der Landesausschuss in der Zeit zwischen der jetzigen und nächsten Session sich mit dieser Angelegenheit befasst hätte. Es hätte am Ende nicht gerade ein Gesetzentwurf verfasst werden müssen, wie er von unserer Seite beantragt ist. Wenn der Landesausschuss sich nur mit der Frage im allgemeinen befasst hätte im Contacte mit den Gesinnungsgenossen, um sich zu verständigen und zu vereinbaren, was bei der gegenwärtigen Zusammensetzung des Landtages in Bezug auf die Reform der Landtagswahlordnung zu erreichen wäre. Dieser Gedanke wurde aber vollkommen beseitiget, und statt dessen bringt man uns einen nichtssagenden Gesetzentwurf. Nun, meine Herren, wenn es mit der grundsätzlichen Reform der Landtagswahlordnung keine Eile hat, so hat es mit diesem Gesetze auch keine Eile. Ob das noch gemacht wird oder nicht, bleibt für die Sache vollkommen gleichgiltig und wertlos. (Rufe: Ja, für Sie schon!) Wir haben oft schon zu klagen Gelegenheit gehabt, und wer mit der Gesetzespraxis zu thun hat, fühlt es am meisten. Es ist ja eigentlich auch nicht klug, so brockenweise eine Änderung eines Gesetzes vorzunehmen und zu beschließen. Man verdirbt dadurch die ganze Anlage des Gesetzes. Wenn nicht ganz ein dringender Anlass zu einer speciellen Änderung vorliegt, so ist es nicht angemessen für eine Körperschaft, wie die unsere ist, so etwas zu unternehmen. Ich sehe auch hier eine Dringlichkeit nicht vorliegen. Wenn Sie eine Dringlichkeit für die grundsätzliche Änderung dieser Wahlpraxis nicht anerkennen, dann finden wir es auch nicht pressant mit der Beschlussfassung des Gesetzes, welches Sie uns da vorlegen. Ich muss daher beantragen meinerseits wenigstens, dass über den Antrag des Herrn Berichterstatters zur Tagesordnung übergegangen werde, und wir behalten uns vor, zu Beginn der nächsten Session sofort die Sache neuerdings in Anregung zu bringen. Dann hat der hohe Landtag früh genug Gelegenheit, zu der ganzen Angelegenheit nicht bloß zu einzelnen Punkten Stellung zu nehmen und uns Gelegenheit zu geben, sich in dieser Angelegenheit weiter auszusprechen und sich vielleicht zu verständigen. Was ich also zu sagen habe, ist das, dass ich beantrage, über den eben vorgebrachten Antrag des Herrn Berichterstatters zur Tagesordnung überzugehen. Landeshauptmann: Wer wünscht weiter noch in der Generaldebatte zu sprechen? Herr Abgeordneter Bösch! 194 XVI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session, 8. Periode 1898. Bösch: In erster Linie muss ich meiner Überraschung darüber Ausdruck geben, dass der Herr Abgeordnete Dr. Waibel daran Anstoß nimmt, dass der großen Anzahl kleiner Wähler, denen durch die neue Steuerreform das Landtagswahlrecht entzogen wurde, dasselbe wieder gegeben werden soll, und dass man sich nicht so gleichgiltig darüber hinwegsetzen will und darf. Wenn man immer von der Erweiterung des Wahlrechtes spricht, so soll man denen, welche es bisher gehabt haben, und welchen es durch die Steuerreform gekürzt worden ist, es wieder zurückgeben. Das stimmt sonst mit den Ausführungen und Wünschen der liberalen Herren nicht überein. Im weiteren hatte ich noch einige Bemerkungen im allgemeinen zu machen. Wie wir aus Gesetzen und verschiedenen Verordnungen ersehen, die von der Regierung in Wahlangelegenheiten erlassen worden sind, beruht unser jetziges Wahlrecht auf der Interessenvertretung. Infolge dieser Interessenvertretung hat der größere Steuerträger verhältnismäßig immer ein größeres Recht als der kleinere. Durch die Einführung der neuen Personaleinkommensteuer aber erweitert sich dieses Recht wieder für den größeren mehr als gegenüber dem kleineren. Ich hätte keinen Anstand genommen und nehme auch keinen Anstand daran, wenn auch den Personaleinkommensteuer-Pflichtigen bei den Reichsrathswahlen das Wahlrecht wieder erweitert werde, obwohl ich dieses System im großen und ganzen nicht gerade billige. Denn es gibt neben diesen paar directen Steuern, die man da zahlt, noch viele andere Steuern nämlich indirecte Steuern wie Zölle, Gebühren u. s. w., die bei den ärmeren Classen, wenn man sie zusammenrechnet, mehr in das Gewicht fallen als die eigentlichen directen Steuern. Run heißt es aber, wer die Personaleinkommensteuer zahlt, der zahlt ja auch directe Steuern. Durch diese Abänderung der Landtagswahlordnung, die wir vor uns haben, und ans welche sich gerade in dieser Hinsicht der betreffende Paragraph bezieht, wird den Steuerträgern der Personaleinkommensteuer das Wahlrecht auch eingeräumt, obwohl sie weder Landes- noch Gemeindezuschlüge zahlen. Das billige ich nicht ganz. Wenn ich aber trotzdem diesem Gesetze zustimme, ohne dass es in dieser Richtung der Gerechtigkeit entspricht, so thue ich das nur in der Hoffnung, dass bald eine gründliche Revision dieser Gesetzgebung eintreten werde. Mehr trifft das noch zu bei dem. Wahlrechte in der Gemeinde. Da wird mancher das Wahlrecht bekommen, welcher bis jetzt dasselbe nicht innehatte, und welchem auch vom Standpunkte der Interessenvertretung dasselbe nicht gebürt, weil er keine Gemeindeumlagen zahlt. Das wäre gegen das jetzige Prinzip. Ich möchte daher dem Landesausschusse empfehlen, dass er bis zur nächsten Session diese Angelegenheit in Berathung und Behandlung ziehe und allenfalls in dieser Richtung eine bezügliche Abänderung des § 1 der Gemeindewahlordnung in Vorlage bringe. Dr. Waibel: Eine Bemerkung, des Herrn Vorredners veranlasst mich, meine Ausführungen zu ergänzen. Wenn ich beantragt habe, über den Antrag des Herrn Berichterstatters sollte zur Tagesordnung übergegangen werden, so habe ich damit nicht sagen wollen, dass meine Gesinnungsgenossen und ich gegen die Regelung des Census Stellung nehmen. Der Herr Abgeordnete Bösch könnte sich als Mitglied des verflossenen Landtages ganz wohl daran erinnern, dass wir für die Herabsetzung des Census gestimmt haben. Das ist eine Unterschiebung einer Auffassung, die nicht richtig ist. Dressel: Ich habe meinen Standpunkt in dieser Angelegenheit im vorigen Jahre schon zum Ausdrucke gebracht und will dazu weiter nichts Neues beifügen. Aber etwas ist mir doch aufgefallen. Die Herren von der Minorität haben in ihrem Antrage eine Wahleinschränkung dadurch beantragt, dass in Zukunft nur Personen männlichen Geschlechtes wählen sollen, und sie haben sich auch im Ausschuss gewehrt, dass man ihren Antrag fallen ließ und etwas anderes beschloss nämlich die Herabsetzung des Census von 5 fl. auf 4 st. Dies ist eigentlich keine Wahlrechtserweiterung, wie schon der Herr Referent gesagt hat, sondern es wird nur znnl Theil, ich glaube nicht einmal ganz, der Status quo ante wieder hergestellt. Man gibt denjenigen, welche durch die Steuerreform ihr Wahlrecht verloren haben, ihr Recht einfach wiederum zurück, indem im Census von 5 auf 4 fl. herabgegangen wird. XVI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session, 8. Periode 1898. 195 Vom Standpunkte der Gerechtigkeit stimme ich daher für den vorliegenden Gesetzentwurf und auch dafür, dass man bezüglich des Antrages der Minorität zur Tagesordnung übergehe. Landeshauptmann: Wenn in der Generaldebatte niemand mehr das Wort zu ergreifen wünscht, so ist dieselbe geschlossen. Ich ertheile das Wort noch dem Herrn Berichterstatter. Martin Thurnher: Ich habe den Auseinandersetzungen der verschiedenen Herren nur noch weniges beizufügen. Der Herr Abgeordnete der Handels- und Gewerbekammer hat zwar gemeint, diese brockenweisen Abänderungen seien nicht am Platze. Nun mitunter sind wir auch zu dieser brockenweisen Abänderung genöthigt worden, und gerade die Paragraphen 6 und 8 der L. W. O. haben schon wiederholt Änderungen erfahren. Das letztemal durch das Gesetz vom 13. November 1894; dieses Gesetz war veranlasst, weil durch die Auslegung des früheren Wortlautes der Paragraphen 6 und 8 anlässlich der Landtagswahlen im Jahre 1890 entgegen einer nahezu 30jährigen Praxis, welche Auslegung hauptsächlich von Dornbirn ausgieng, und nach der die Vermögenssteuer, die 30 Jahre eingerechnet worden war, auf einmal nur den Mitgliedern des 1. und 2. Wahlkörpers in Anrechnung gebracht wurde, nicht aber den kleinen Steuerträgern des 3. Wahlkörpers, eine Ungerechtigkeit geschaffen wurde, die wir nicht belassen konnten und die uns zwang, damals eine brockenweise Abänderung der Wahlordnung vorzunehmen. Dann ist auch gesagt worden, es habe keine Eile mit diesen: Anträge. Ich habe aber schon in den einleitenden Worten auseinandergesetzt, dass es doch einigermaßen Eile hat. Wenn auch gar keine Furcht besteht, dass etwa bald der Landtag aufgelöst werde und Neuwahlen ausgeschrieben werden, weil dies eine ganz unnütze Arbeit wäre - wenigstens ich bin dieser Anschauung - und weil der h. Landtag denn doch nicht gar so schreiende Sünden begangen hat, dass die Auflösung gerechtfertiget wäre, so ist die Änderung wegen etwaiger Nachwahlen nothwendig, wenn auch nicht so fast wegen Nachwahlen in den Landgemeinden so doch wegen solcher in den Städten. Wir Abgeordnete der Städtegruppe sind meist schon ältere Männer, und da kann ganz leicht einmal eine Nachwahl und zwar nicht bloß wegen Ablebens sondern auch aus anderen Gründen nothwendig werden, und da würde ja eine Benachtheiligung der Wähler wirklich in eklatantester Weise gegenüber dem bisherigen Zustande erfolgen. Dieser eine Moment genügt mir auszusprechen, dass es unsere Pflicht ist, diesen Gesetzentwurf zu accepticren. Ich bitte also nochmals, denselben in der Specialdebatte anzunehmen. Landeshauptmann: Es liegt ein Antrag des Herrn Dr. Waibel vor, der dahin geht, es sei über den proponierten Gesetzentwurf und über die Anträge des Sprachenausschusses zur Tagesordnung überzugehen. Diesen Antrag muss ich zuerst zur Abstimmung bringen, da er der weitgehendste ist. Ich ersuche daher jene Herren, welche diesem Anträge zustimmen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Es ist die Minorität. Wir kommen nun zu den Ausschussanträgen. Der erste derselben lautet: "Auf den Antrag der Herren Abgeordneten Dr. Waibel und Genossen wird dermalen nicht eingegangen". Ich eröffne nun über diesen Antrag die Specialdebatte. Dr. Waibel: Ich möchte die Bemerkung machen, dass der Antrag, den mir gestellt haben, bisher noch nicht im Drucke erschienen ist. Er gehört nothwendig in das stenographische Protocoll oder wenigstens als separate Beilage, und ich würde bitten, dass das jedenfalls noch nachgeholt wird. Martin Thurnher: Ich möchte mir die Bemerkung erlauben, dass der Antrag, nachdem ich heute denselben vollinhaltlich verlesen habe, ohnedies mit meinen Ausführungen in das Protocoll kommen und zum Drucke gelangen muss. Landeshauptmann: Außerdem wird er noch in der betreffenden Sitzung, wo er seitens der Herren Antragsteller überreicht wurde, vollinhaltlich beim Einlaufe im stenographischen Protocolle ausgenommen werden. Ich schreite nun zur Abstimmung über den Antrag 1 des Ausschusses, den ich früher verlesen habe, und ersuche die Herren, welche demselben zustimmen, sich von den Sitzen erheben zu wollen. 196 XVI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session, 8. Periode 1898. Es ist Die Majorität. Nun käme gemäß des Antrages 2 Des Ausschusses Die Specialdebatte über den Gesetzentwurf, den der Herr Berichterstatter verlesen hat, und der selbstverständlich nachträglich in Druck gegeben und als Beilage zum stenographischen Protocolle den Herren zugestellt wird. Bitte, vielleicht Artikel I nochmals zu verlesen. Martin Thurnher (liest): "Die §§ 6 und 8 der 'Landtagswahlordnung vom 26. Februar 1861 beziehungsweise des Gesetzes vom 13. November 1894, L. G. und V. Bl. Nr. 33 haben in ihrer gegenwärtigen Fassung außer Wirksamkeit zu treten und künftig zu lauten:" Ich glaube, den § 6 nur anzurufen. Ich habe bereits die Änderungen desselben gegenüber Dem jetzt geltenden Gesetze bezeichnet. Ich will sie nochmals wiederholen: Statt "5 fl." sind "4 fl." gesetzt und die Worte "inclusive Staatszuschläge" gestrichen. Landeshauptmann: Wer wünscht zu Artikel I und § 6 das Wort? - Es meldet sich niemand. Somit ersuche ich jene Herren, welche dem Artikel I und § 6 Ihre Zustimmung geben, sich zu erheben. Es ist die qualificierte Majorität. Martin Thurnher: § 8. Da sind die gleichen Abänderungen wie im § 6. Landeshauptmann: Also abermals statt "5 fl." "4 fl." und die Worte "inclusive Staatszuschläge" gestrichen. Ich ersuche diejenigen Herren, welche dem § 8 Ihre Zustimmung geben wollen, sich von den Sitzen zu erheben. Es ist die nöthige Zweidrittel-Majorität. Martin Thurnher: (Liest Artikel II und Artikel III des Gesetzentwurfes.) Landeshauptmann: Gegen Artikel II und Artikel III wird keine Einwendung erhoben. ^Nachdem sie rein formeller Natur sind, betrachte ich sie daher als mit der nöthigen Majorität angenommen. Martin Thurnher: (Liest Titel und Eingang des Gesetzes.) Landeshauptmann: Wird gegen Titel und Eingang des Gesetzentwurfes ein Einwand erhoben? - Es ist dies nicht der Fall. Somit betrachte ich beides als angenommen. Martin Thurnher: Ich beantrage die Vornahme der dritten Lesung. Landeshauptmann: Wird gegen diesen Antrag der Vornahme der dritten Lesung ein Einwand erhoben? Es ist dies nicht der Fall. Dann ersuche ich alle jene Herren, welche dein durchberathenen Gesetzentwürfe, betreffend die Abänderung der §§ 6 und 8 der Landtagswahlordnung, auch in dritter Lesung und zwar in der Fassung der zweiten Lesung Ihre Zustimmung geben, sich von den Sitzen zu erheben. Ich constatiere die nothwendige Zweidrittel-Majorität bei Anwesenheit, von Dreiviertel der Abgeordneten. Dieses Gesetz ist somit zum Beschlusse erhoben. Dieser Gegenstand und zugleich die heutige Tagesordnung sowie auch das Berathungsmaterial der heurigen Session ist erlediget. Hohes Haus! Gestatten Sie mir, meine verehrten Herren, einen kleinen Rückblick auf die am heutigen Tage zu Ende gehende Session und das reiche Arbeitsmaterial zu werfen, welches seitens der h. Landesvertretung dnrchberathen wurde. Während der 31 tägigen Session wurden 16 Haus- und zahlreiche Ausschusssitzungen abgehalten. Ausschüsse bestanden in: ganzen vier nämlich der Finanz- und volkswirtschaftliche, der Steuer- und der Sprachenausschuss. Die Gesammtzahl der Verhandlungsstücke betrug 59 nämlich: a) 3 Regierungsvorlagen, betreffend die Abänderung des § 74 der G. O.; betreffend die Freilassung der Personaleinkommensteuer von allen der Competenz der Landesgesetzgebung unterliegenden Zuschlägen; ferner in Angelegenheit des Wahlmodus der Erwerbsteuer-Landescommission und der Wahl der Personaleinkommensteuer-Berufungscommission. XVI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session, 8. Periode 1898. 197 b) 36 Landesausschussvorlagen und zwar: Der Rechenschaftsbericht; die Rechnungsabschlüsse der einzelnen Fonde sowie der Landesirrenanstalt Valduna und deren Voranschläge; der Act, betreffend die Erhaltung der alten Gerichtsacten im Lande; das Straßenprogramm und im Zusammenhange damit das Gesuch der Gemeinde Schröcken um Anlage einer Straße von Schoppernau sowie die Straßenumlegung und Achregulierung der Strecke Mellau-Hirschan; der Act, betreffend den Weiterbau der Flexenstraße und Subventionierung der Gemeinde Lech zu den Straßenerhaltungskosten; das Gesuch der Gemeinde Sibratsgfäll um einen Beitrag zur Straßenumlegung; die Bürs-Brandner Straßenconcurrenz; die Fortsetzung und Subventionierung des Straßenbaues in Damüls; die Beitragsleistung zu den Kosten der Lutzregulierung in Thüringen und der Illregulierung in Satteins; die Erhaltung des Hospizes in St. Christoph; die Subventionierung des Forstpflanzgartens in Bregenz und einer größeren Aufforstungsaction in Brand; ferner in Schulsachen: der Voranschlag des k. k. Landesschulrathes über den Normalschulfond und die aus Landesmitteln zu deckenden Schulauslagen; der Bericht über die Maßnahmen des Landesausschusses zur Hebung der materiellen Lage des Lehrerstandes und rücksichtlich der sonntäglichen Fortbildungsschulen und endlich der Gesetzentwurf, betreffend die Gebühren von Verlassenschaften sowie die Beitragsleistung an die Gemeinde Lech zu den Kosten des Wiederaufbaues des zerstörten Zuger Schulhauses. Weiters wurde der Beschlussfassung des hohen Landtages unterbreitet der Bericht über die Activierung der Landeshypothekenbank und die Wahl der Functionäre vorgenommen. Hiezu kommen noch: der Gesetzentwurf, betreffend die Organe zur Entscheidung der durch einen Grundtausch bewirkten besseren Bewirtschaftung; der Bericht über die Natural-Verpflegsstationen; die Abänderung des Beschlusses, betreffend den Landhausbaufond; die Subventionierung der k. k. Stickereifachschule in Dornbirn; die Eingabe des Verbandes handwerksmäßiger Gewerbe um Unterstützung; die Eingabe des Rektorates der k. k. Universität Innsbruck; der Act, betreffend die Tuberculinimpfung der Rinder und endlich das Gesuch des Vorarlberger Feuerwehrgauverbandes. c) 16 Petitionen und zwar: des Landeslehrervereines in Sachen der Abänderung der Schulgesetze; der Gemeinde Gaschurn um Subvention zu den Verbauungsarbeiten am Balottatobel; der Gemeinde Stallehr um desgleichen zur Alfenzregulierung; der Gemeinde Ebnit in Straßensachen; 2 Petitionen von Bludenzer Gewerbetreibenden in Angelegenheit der Abänderung des Wasserrechtsgesetzes; 8 Gesuche von Vereinen und Privaten um Unterstützung; endlich die Petitionen des Casinos Dornbirn und des Verbandes handwerksmäßiger Gewerbe in Sachen der Errichtung gewerblicher Fachschulen. d) 4 selbständige Anträge und zwar: der Herren Abgeordneten Dr. Waibel und Genossen, betreffend die Subventionierung der gewerblichen Fortbildungsschulen und in Angelegenheit der Reform der Landtagswahlordnung; ferner die 2 Anträge der Herren Abgeordneten Ganahl und Genossen und Ölz und Genossen wegen der Sprachenverordnung und der allgemeinen politischen Lage. Interpellationen würben 2 eingebracht und seitens der h. k. k. Regierung auch beantwortet. Wenn ich, meine verehrten Herren, dieses Bild unserer gemeinsamen Thätigkeit im Geiste vor Ihren Augen nochmals vorüber gleiten ließ, so bin ich wohl verpflichtet, Ihnen allen für Ihren rastlosen Eifer und Ihre Pflichttreue bei Bewältigung dieser zahlreichen und bedeutungsvollen Arbeiten die vollste Anerkennung und den verbindlichsten Dank auszusprechen. Wollen auch der Herr Regierungsvertreter gestatten,