18980117_lts007

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Letzte Änderung 03.07.2021, 11:19
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp08,lts1898,lt1898,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 7. Sitzung am 17. Januar 1898, unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 20 Abgeordnete. Abwesend: hochwürdigster Bischof. Regierungsvertreter: Herr Statthaltereirath Josef Graf Thun-Hohenstein Beginn der Sitzung 11 Uhr vormittags. Landeshauptmann: Ich erkläre die heutige Sitzung für eröffnet und ersuche um Verlesung des Protokolles der letzten Sitzung. (Secretär verliest dasselbe.) Martin Thurnher: Bei der Verlesung des Protokolles habe ich vernommen, dass der Titel eines ganz anderen Gesetzes in dasselbe Aufnahme gesunden hat. Es handelt sich ja hier um das Gesetz, wodurch in Gemäßheit des Gesetzes vom 6. Februar 1869, R. G. Bl. Nr. 18 die Organe bestimmt werden, welche zur Entscheidung darüber berufen sind, ob durch einen Grundtausch eine bessere Bewirtschaftung bewirkt wird. In das Protokoll ist aber der Titel des Gesetzes, betreffend die Regelung des Schulbeitrages aus den in Vorarlberg vorkommenden Verlassenschaften, hineingekommen. Ich möchte daher um Richtigstellung des Protokolles ersuchen. Landeshauptmann: Der Irrthum ist dadurch entstanden, dass, wie das gewöhnlich geschieht, der Titel aus den gedruckten Berichten in das Protokoll hineingeklebt wurde, und da wurde diesmal irrthümlicherweise der falsche Bericht genommen. Der Fehler kann ohne schriftliche Correctur dadurch richtiggestellt werden, dass ein neuer Titel aus dem betreffenden Berichte herausgenommen und in das Protokoll geklebt wird. Ich bitte diesbezüglich um Entschuldigung. Hat sonst noch einer der Herren gegen das Protokoll einen Einwand zu erheben? Da dies nicht der Fall ist, betrachte ich das- 48 VII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session, 8. Periode 1898. selbe mit dieser vorzunehmenden Änderung als genehmiget. Hohes Haus! Ich habe zufolge der mir in der 4. Landtagssitzung am 12. Jänner ertheilten Ermächtigung, dem heiligen Vater die Gefühle unserer Ergebenheit zu Füßen zu legen, am nächsten Tage nachfolgendes Telegramm entsendet: "Telegramm an Cardinal Rampolla, Rom. Concilium deputatorum provinciae Vorarlbergensis (Landtag) hodie colemniter congregatum mihi mandavit, ut Sanctitati Suae sexagenarii presbyteratus causa venerationem summam maximamque subjectionem eiusdem concilii totiusque provinciae ad pedes devotissime transmittam. Adolf Rhomberg, caput concilii." Übersetzung: "Der Landtag des Kronlandes Vorarlberg, welcher heute in festlicher Weise versammelt war, hat mich beauftragt, Seiner Heiligkeit anläßlich des 60 jährigen Priesterjubiläums die tiefste Verehrung und Ergebenheit dieses Landtages und des ganzen Landes ehrfurchtsvoll zu Füßen zu legen. Adolf Rhomberg, Landeshauptmann." Darauf ist am verflossenen Samstage nachstehende telegraphische Rückantwort des CardinalStaatssecretärs Rampolla eingelaufen: "Adolfus Rhomberg, Bregenz! Gratulationen et devotiones, quae nomine deputatorum istius Vorarlbergensis provinciae nuper misisti acceptissimae exstiterunt beatissimo patri, qui peramanter tibi, deputatis totique provinciae apostolicam impertiit benedictionem. " Card. Rampolla. In deutscher Übersetzung: "Landeshauptmann Rhomberg, Bregenz! Die Glückwünsche und Ergebenheitsbezeugungen, welche Du jüngst namens der Abgeordneten des Landes Vorarlberg übermittelt hast, haben den hl. Vater sehr angenehm berührt, und ertheilt derselbe Dir, den Abgeordneten und dem ganzen Lande liebevoll den apostolischen Segen. Card. Rampolla." Ferner sind mir zwei Einlaufstücke zugekommen. Das erste derselben ist ein Gesuch des Vereines zur Pflege kranker Studierender in Wien um eine Unterstützung, überreicht durch Herrn Abgeordneten Dressel; das zweite ist eine Eingabe des Verbandes der Genossenschaften handwerksmäßiger Gewerbe um Errichtung von Handwerkerfachschulen, überreicht durch meine Wenigkeit. Den ersten Gegenstand könnte man, wenn kein Einwand erfolgt, in kurzem Wege dem Finanzausschüsse zuweisen; bezüglich der zweiten Eingabe möchte ich bemerken, dass bereits ein ähnliches Gesuch vorliegt und dem volkswirtschaftlichen Ausschüsse zur Berathung und Berichterstattung zugewiesen wurde. Wenn kein Einwand erfolgt, würde ich mir erlauben, diese Eingabe ebenfalls in kurzem Wege dem volkswirtschaftlichen Ausschüsse zuzuweisen. Es erfolgt keine Bemerkung, daher nehme ich an, dass das hohe Haus meiner Anregung zustimmt. Wir kommen nun zur Tagesordnung mit) zwar steht auf derselben als erster Gegenstand der Act, betreffend die aufgelaufenen Kosten der Flexenstraße und das Gesuch der Gemeinde Lech um Fortsetzung des Baues. Ich erwarte über die geschäftliche Behandlung dieses Gegenstandes einen Antrag aus der Mitte der hohen Versammlung. Muller: Ich beantrage, diesen Gegenstand an den volkswirtschaftlichen Ausschuss zur Berathung und Berichterstattung zu überweisen. Landeshauptmann: Es ist die Zuweisung dieses Gegenstandes an den volkswirtschaftlichen Ausschuss beantragt. Wenn keine Einwendung erfolgt, betrachte ich den Antrag als mit ihrer Zustimmung versehen. Der zweite Gegenstand der heutigen Tagesordnung ist der Bericht des Landesausschusses, betreffend den Voranschlag des k. k. Landesschulrathes über die im Jahre 1898 aus Landesmitteln zu bestreitenden Schulauslagen. Das hohe Haus hat sich bereits in der letzten Sitzung dahin ausgesprochen, dass die Gegenstände 2, 3, 4 und 5 wie die übrigen Landesausschussberichte direct in Verhandlung gezogen werden sollen. Ich ertheile daher dem Referenten des Landesausschusses, Abgeordnetem Martin Thurnher, das Wort. VII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IL Session, 8. Periode 1898. 49 Martin Thurnher: Ich habe dem Berichte, der dem hohen Hause schon seit längerer Zeit vorliegt, betreffend den Voranschlag des k. k. Landesschulrathes über die im Jahre 1898 aus Landesmitteln zu bestreitenden Auslagen, nichts beizufügen. Die Ziffern bewegen sich genau innerhalb der Grenzen des Vorjahres und beziehen sich auf zwei Punkte, nämlich erstens auf die Kosten für die Abhaltung der Bezirkslehrer-Conferenzen und eventuell einer Landeslehrer-Conferenz von zusammen 640 fl. und zweitens auf den Zuschuss für den Lebrerpensionsfond zur Deckung des Abganges in der Höhe von 6400 fl., zusammen sonach von 7.100 fl. Diese Ausgaben sind nach den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen vom Lande zu leisten und können nicht etwa aus dem Normalschulfonde oder aus einem anderen Fonde bestritten werden. Ich stelle sonach namens des Landesausschusses folgenden Antrag. (Liest den Antrag aus Beilage XVI.) Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag die Debatte. Da sich niemand zum Worte meldet, schreite ich zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche dem Antrage des Landesausschusses, wie er soeben verlesen wurde, ihre Zustimmung geben, sich gefälligst zu erheben. Angenommen. Der dritte Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des Landesausschusses über den vom k. k. Landesschulrathe vorgelegten Voranschlag des Normalschulfondes für das Jahr 1898. Ich ersuche den Herrn Referenten, Abgeordneten Martin Thurnher, namens des Landesausschusses das Wort zu nehmen. Martin Thurnher: Ich habe auch bezüglich dieses Berichts weiter nichts beizufügen. Auch dieser Voranschlag bewegt sich in den gleichen Ziffern wie im vorigen Jahre. Aus dem Berichte können die Herren entnehmen, dass der Landesbeitrag von 3000 fl. für 1897 nicht benöthiget wurde. Dies ist dem Umstande zuzuschreiben, dass einige Anweisungen von Zahlungen, die noch auf das Jahr 1897 zu entfallen gehabt hätten, erst am Beginne dieses Jahres erfolgten, denn sonst hätte wenigstens ein Theil des vom Lande zugesicherten Beitrages dem Normalschulfonde zugewiesen werden müssen. Im Jahre 1898 wird aber eine solche Zuweisung voraussichtlich unter allen Umständen zu erfolgen haben. Der Landtagsbeschluss gilt nicht nur für ein Jahr sondern für unbestimmte Zeit, und es ist, glaube ich, weiter nichts vorzukehren, als dass das hohe Haus den vom Landesausschusse vorgelegten Antrag zum Beschlusse erhebe. Der Antrag lautet: (Liest den Antrag ans Beilage XV.) Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag die Debatte. Dr. Schmid: Ich habe nur zu Post 1 eine Bemerkung zu machen. Dort lautet es: "Die Congruabeiträge für Schulen von zusammen 395 fl. 191/2 kr. sind in der bisherigen Höhe unverändert ausgenommen und beruhen auf gesetzlichen und rechtlichen Verpflichtungen des Normalschulfondes gegenüber den betreffenden Schulen." Ich muß namens der Stadt Bregenz die Erklärung abgeben, dass wir unter tiefen rechtlichen und gesetzlichen Verpflichtungen, welche die Congruabeiträge erfordern, noch immer den auf einem beiderseitigen Verhältnisse zwischen Staat und Stadt Bregenz beruhenden Beitrag von 1488 fl. als zu Recht bestehend anerkennen. Deshalb komme ich immer wieder mit der Bitte, uns unser Recht, das man mit einem Federstriche uns genommen hat, wieder zurückzugeben und ähnlich wie in Feldkirch und Dornbirn, wo alte Urkunden da sind, das seinerzeit bei Begründung der Bürgerschule geschlossene Vertragsverhältnis zwischen Staat und Stadt wieder anzuerkennen und auch der Stadt Bregenz die damals geleisteten 1488 fl. wieder zu erstatten. Dr. Waibel: Ich muß meinen Herrn Vorredner in einem Punkte berichtigen. Ich glaube nämlich, Dornbirn bezieht keine solchen Beiträge. (Martin Thurnher: Feldkirch ist allein. Dr. Schmid: Da habe ich mich versprochen.) Der Herr Vorredner sagt, er habe sich versprochen. Ich wollte nur diese Berichtigung geben. Dann hätte ich noch eine Bemerkung zu Post 4, 5 und 6 zu machen. Da sind Ausgaben in der Höhe von 2970 fl. und 1645 fl. und "verschiedene Ausgaben" im Betrage von 1553 fl. Da hätte ich doch erwartet, dass man dem hohen Hause eine 50 VII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session, 8. Periode 1898. genaue Auszählung der Einzelheiten gibt. Man verweist wohl aus die vorliegenden Beschlüsse, das reicht aber nicht aus. Man hat sich in anderen Berichten auch in die Details eingelassen, und sehe ich daher nicht ein, warum es nicht auch in diesem Falle geschehen ist. Ich bemerke das für ein anderesmal. Heute mochte ich nicht daraus für mich Anlass nehmen, dem Antrage nicht zuzustimmen. Ich werde dem Antrage meine Zustimmung geben. Landeshauptmann: Wünscht weiter noch jemand das Wort? Da sich niemand meldet, ist die Debatte geschlossen. Hat der Herr Referent noch etwas beizufügen? Martin Thurnher: Ich werde zuerst über das, was Herr Dr. Waibel gesagt hat, Aufschluss geben und dann über die Ausführungen des Herrn Abgeordneten der Landeshauptstadt Bregenz zu sprechen kommen. Ich habe die Ansicht, die Aufnahme der bezüglichen Auslagen im Detail in den Voranschlag ist nicht nothwendig. Denn wenn die Herren den beim nächsten Gegenstände vorkommenden Bericht zur Hand nehmen, so finden Sie alle jene Gemeinden und Lehrer aufgeführt, die im vergangenen Jahre etwas erhalten haben und voraussichtlich auch im künftigen Jahre wieder das Gleiche erhalten werden. Es können allerdings Änderungen eintreten, aber die sind jetzt noch nicht perfect, die müssen erst beschlossen werden. In der Rubrik "Verschiedenes" ist ein größerer Betrag eingestellt, damit weitergehende Beschlüsse über Gewährung von Subventionen, wenn solche im Laufe des Jahres gefasst werden, ausgeführt werden können. Ein zweitesmal kommen, soviel ich weiß - ich habe allerdings noch nicht so genau nachgesehen - alle diese einzelnen Posten in der betreffenden Rechnung vor, die vom Landesausschusse vorgelegt und bereits dem Drucke übergeben wurde. Dass die Details nun noch ein drittesmal in den Voranschlag ausgenommen werden, habe ich nicht für nöthig gehalten und habe bei Zusammenstellung des vorliegenden Berichtes geglaubt, davon Umgang nehmen zu können. Wenn das hohe Haus es jedoch wünschen sollte, so kann das ja in der Folge geschehen. Ich meine aber, dass mit einer zweimaligen Aufzählung des Guten genug gethan ist. Was die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Dr. Schmid anbelangt, so ist bezüglich dieses Gegenstandes schon in früheren Jahren die ganze Sachlage genügend erörtert worden, so dass ich mich kurz fassen kann. Die betreffende Post ist nicht unter Punkt 1 enthalten, sondern die in derselben aufgenommenen Congruabeiträge erstrecken sich auf eine große Anzahl von Gemeinden, die kleine Beiträge von 10 fl. bis 30 fl. erhalten. Die Post für Feldkirch ist unter Punkt 2 "Beiträge für Localschulfonde" enthalten, welcher aus zwei Posten besteht, nämlich einmal aus dem Beitrage für Feldkirch mit 296 fl. und dann aus der Pension für eine Lehrerswitwe im Betrage von 40 fl. Die Post von 1488 fl, um die es sich in .den Ausführungen des Herrn Dr. Schmid handelt, welche früher die Stabt Bregenz bezogen hat, besteht nicht in jener Weise zurecht, wie dies bezüglich der unter Punkt 1 aufgeführten Beiträge und des unter Punkt 2 fallenden Beitrages für Feldkirch der Fall ist. Diese zuletzt aufgeführten Posten stammen ans alten Stiftungen her, die seinerzeit unter Kaiser Josef eingezogen wurden, und hinsichtlich welcher durch ein Hofdecret verfügt wurde, dass die Zinsen davon den betreffenden Localschulfonden zugewiesen werden. Die s. Z. bezogene Post von Bregenz stammt aber aus einer neueren Zeit, nämlich aus den siebziger Jahren, wo einfach durch eine Verfügung der Regierung der Stadt Bregenz zum Zwecke der Erhaltung der Bürgerschule der betreffende Beitrag gewährt wurde mit der ausdrücklichen Bestimmung, dass dies nur solange zu gelten habe, bis die Landesvertretung etwas anderes verfüge. Nun hatte aber die Regierung gar kein Recht, eine solche Verfügung zu treffen und einen Beitrag aus dem Normalschulfonde zu gewähren. In dem damals schon giltigen Reichsgesetze vom 14. Mai 1869 ist in § 66 ausdrücklich bestimmt, dass der Normalschulfond in die Verwaltung des Landes überzugehen habe, der Landtag die betreffenden Posten zu votieren, das Budget über denselben zu erledigen berufen sei und nur die Zahlungsanweisungen nicht vom Landesausschusse sondern vom Landesschulrathe zu erfolgen haben. Die Behauptung des Herrn Abgeordneten Dr. Schmid, dass die Stadt Bregenz einen rechtlichen Anspruch aus diesen Beitrag habe, ist sonach VII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session, 8. Periode 1898. 51 nicht stichhaltig, und der hohe Landtag hat schon vor drei oder vier Jahren der Anschauung des Landesausschusses recht gegeben, welcher die Streichung dieser Post beantragt hat. Es ist damals auch kein weiterer Rechtszug von Seite der Stadt Bregenz erfolgt und ist sonach die Sache rechtskräftig geworden. Nachdem aber vom Herrn Abgeordneten Dr. Schmid ein Antrag nicht gestellt wurde, habe auch ich zu diesem Gegenstände nichts weiter beizufügen. Ganahl: Ich bitte um das Wort zu einer thatsächlichen Berichtigung. Landeshauptmann: Der Herr Landeshauptmannstellvertreter, Abgeordneter Ganahl, hat das Wort. Ganahl: Der Herr Referent hat bemerkt, dass diese Normalschulfonds-Beiträge aus Stiftungen abzuleiten seien. Das ist nicht richtig. Es sind Bruderschaftsgelder, die unter Kaiser Josef zu dem Zwecke eingezogen wurden, um damit die Trivialschulen auszustatten. Der Stadt Feldkirch ist es aber in dieser Beziehung nicht besonders gut gegangen, denn der eincassierte Betrag wird sich auf ca. 26.000 fl. belaufen haben und der Schulfondsbeitrag ist blos 296 fl. Die Bürgermeister von Feldkirch haben allerdings bei der hohen Regierung Vorstellungen gemacht, dass ihnen für die Schule zu wenig gegeben werde, aber stets umsonst. Ich wollte dies nur bemerken, damit man nicht etwa glaubt, dass die Schule in Feldkirch besonders begünstiget werde. Martin Thurnher: Ich möchte nur bemerken, dass ich schon weiß, dass diese Gelder thatsächlich von aufgelösten, kirchlichen Institutionen, den Bruderschaften, herrühren. Der Beitrag für Feldkirch ist geradeso begründet, wie die unter Punkt 1 aufgeführten, zahlreichen Congruabeiträge an kleinere Gemeinden. Landeshauptmann: Ich schreite nun zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche mit dem Anträge des Landesausschusscs einverstanden sind, sich erheben zu wollen. Angenommen. Der vierte Gegenstand der heutigen Tagesordnung ist der Bericht des Landesausschusses über die Ausführung der Landtagsbeschlüsse, betreffend die Verbesserung der materiellen Lage des Lehrerstandes an den allgemeinen Volksschulen. Ich ersuche den Herrn Referenten, Abgeordneten Martin Thurnher, das Wort zu nehmen. Martin Thurnher: Ich habe auch bei diesem Punkte der Tagesordnung wenig zu bemerken, denn auch dieser Bericht bewegt sich ziemlich innerhalb der Grenzen des Ihnen im Vorjahre zur Kenntnis gebrachten Berichtes über die Ausführung der Landtagsbeschlüsse, betreffend die Verbesserung der materiellen Lage des Lehrerstandes. Es sind seit den letzten Jahren diesbezüglich weniger Maßnahmen nöthig geworden, weil bereits in den früheren Jahren die Durchführung der Landtagsbeschlüsse in einer Weise erfolgte, wie es eben innerhalb der jetzt bestehenden Grenzen möglich war. Ein ausführlicher Schulbericht mußte auch aus dem Grunde nicht verfasst werden, weil einerseits im Vorjahre dies schon geschehen ist, andererseits aber der Landesschulrath einen ausführlichen Schulbericht vorgelegt und zur Kenntnis der Mitglieder des hohen Hauses gebracht hat. Ich mochte mir daher vorläufig nur erlauben, die Anträge des Landesausschusses der Annahme des hohen Hauses zu empfehlen, welche lauten: (Liest die Anträge aus Beilage XII.) Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Anträge die Debatte. Der Herr Abgeordnete Dr. Waibel hat sich zum Worte gemeldet. Dr. Waibel: Vor allem möchte ich dem Herrn Chef des k. k. Landesschulrathes den Dank dafür aussprechen, dass er unserer vorjährigen Anregung so prompt nachgekommen ist und einen eingehenden Bericht über den Stand des Volksschulwesens verfasste und vorlegte. Zugleich spreche ich die Erwartung aus, dass dieser Bericht sich jährlich wiederhole, um der Bevölkerung fortlaufend eine Einsicht in den Stand dieser wichtigen Angelegenheit zu gewähren. Bezüglich des Berichtes hätte ich zwei Wünsche anzubringen, und zwar erstens bei Seite 29 52 VTL Sitzung des Vorarlberger Landtages. IT. Session, 8. Periode 1898. "Weibliche Handarbeiten". Jene Herren, welche dem Volksschulwesen ihre unmittelbare Aufmerksamkeit zu schenken in der Lage sind d. h. in die Schule selbst gelangen, mit den Lehrern und Schülern im Verkehr sind, im Ortsschulrathe sich befinden, allen denen, glaube ich, ist es nicht entgangen, dass der Unterricht in diesem Zweige ein außerordentlich wichtiger und segensreicher ist, und es ist dies ja auch anerkannt auf Seite 29 tut Capitel "Weibliche Handarbeiten". Es ist mir nun von verschiedenen Seiten, die diesem Unterrichtszweige große Aufmerksamkeit zuwenden uni) Verständnis dafür besitzen, mitgetheilt worden, dass es sich empfehlen würde, um diesen Unterricht methodischer und auf diesem Wege fruchtbarer zu gestalten, darauf Bedacht zu nehmen, dass vielleicht im Laufe der Zeit eine Inspection für diesen Unterricht ins Leben gerufen werde. Für die anderen Unterrichtsgegenstände bestehen zwei Inspectionen, dieser Arbeitsunterricht entbehrt* einer solchen, ich möchte sagen, vollständig. Es ist zwar in der Schul- und Unterrichtsordnung vorgesehen, dass in den einzelnen Ortschaften Comites von Frauen aufgestellt werdeu sollen, welche für diesen Gegenstand Interesse haben. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass die Heranziehung solcher Factoren auf die Länge nicht recht angeht. Sie verlieren sich, man gewinnt keine Persönlichkeiten mehr, die sich damit befassen und sich vielleicht in Differenzen mit den Lehrerinnen begeben mögen. Es wird also aus diesen Rücksichten eine weibliche Inspection kaum recht geeignet sein. Man muss eben das weibliche Geschlecht nehmen, wie es ist, die Damen sind einander gegenüber etwas empfindlich. (Heiterkeit.) Es wird schwer sein, eine Dame zu finden, welche über die Lehrkräfte die nöthige Autorität zu gewinnen imstande sein wird. Darum muss darauf Bedacht genommen werden, eine geeignete männliche Persönlichkeit für diese Inspection ausfindig zu machen. Ich bringe diesen Gedanken zum Ausdrucke, weil mir nahe gelegt wurde, ihn hier zu erwähnen, und ich möchte den hohen Landesschulrath bitten, diese Anregung in Erwägung zu ziehen. Weiteres hätte ich einen Wunsch vorzubringen zu pagina 35. Es ist mir angenehm aufgefallen, dass die gewerblichen Fortbildungsschulen hier im Berichte ausgenommen worden sind. Dass dieselben ein außerordentlich wichtiges Erziehungsinstitut sind, darüber kann man keinen Augenblick zweifeln, und wer Gelegenheit gehabt hat, den Segen dieser Schulen zu beobachten, wird das jederzeit bestätigen müssen. Es kann also nur in unserem Interesse gelegen sein, diese Institute zur weiteren Entwicklung zu bringen und nach allen Richtungen hin zu unterstützen. Es wäre nun, glaube ich, ganz erwünscht, wenn in Zukunft bezüglich dieser Schulen eine etwas eingehendere Mittheilung erstattet werden könnte, und das wäre möglich, wenn der Landesschulrath sich die Berichte über diese Schulen vorlegen ließe. Ich glaube auch, er hat dazu ein gewisses Recht, nachdem doch die k. k. Unterrichtsverwaltung diese Schulen schon seit einer Reihe von Jahren mit Geldmitteln unterstützt. Das sind die beiden Wünsche, die ich mir bezüglich dieses Berichtes vorzutragen erlaube. Was ich zu dem Landesausschussberichte zu sagen habe, ist ungefähr folgendes. Es fällt mir zunächst im zweiten Absätze die Stelle auf, wo es heißt "Vorschiebungen von der II. in die I. Gehaltsclasse wurden keine vorgenommen." Da muss es einen denn doch Wunder nehmen, dass, nachdem alle größeren Gemeinden bereits in diese höhere Gehaltsclasse eingereiht wurden, die Gemeinde Lustenau, welche diesen Wunsch schon seit ein paar Jahren betont, noch immer nicht in die erste Gehaltsclasse vorgerückt wurde. Die Anregung ist von der Lehrerschaft gemacht worden und die Gemeinde hat auch schon hierüber einen eingehenden Beschluss gefasst. Die Lehrerschaft hat außerdem, wenn ich recht unterrichtet bin, erklärt, dass sie nicht die volle finanzielle Wirkung der Vorrückung begehre, sondern der Gemeinde eine Milderung auf einige Zeit zugestehe, wodurch es der Gemeinde ermöglicht würde, die Vorschiebung in die erste Gehaltsclasse leichter zu ertragen. Über diesen Punkt möchte ich von Seite jener Herren Aufschluss wünschen, welche denselben zu geben in der Lage sind. Weiter muss ich dann noch etwas bemerken und, ich glaube, dieser Eindruck wird nicht bei mir allein entstanden sein, sondern bei allen, welche die Sache unbefangen ansehen, und vielleicht dürfte derselbe auch schon im vorigen Jahre sich herausgebildet haben. Das Mittel, welches hier zur Verbesserung der materiellen Lage des Lehrerstandes angewendet wird, ist ein höchst precäres und arbiträres, und man kann sich bei dieser Methode des Eindruckes nicht erwehren, dass da persönliches VII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IT. Session, 8. Periode 1898. 53 Wohlwollen oder Misswollen gegenüber einzelnen Persönlichkeiten des Lehrerstandes eine große und einflussreiche Rolle spielt. Es sollte jene Körperschaft, welche die diesbezüglichen Verfügungen zu treffen hat, das in ihrem eigenen Interesse von sich ablehnen, so vorgehen zu müssen. Man sollte doch dahin trachten, dass endlich durch eine Änderung der Gesetze eine positive, objective und gleichmäßige Basis gewonnen werde. Es ist wohl im Berichte gesagt, dass in Ausführung des weiteren Landtagsbeschlusses vom 26. Februar 1897 die Abänderung der bestehenden Landesschulgesetze zum Gegenstände von Berathungen geworden ist. Ob aber das hiezu bestellte Subcomito bereits soweit gelangt ist, dass schon im nächsten Jahre Vorschläge vorgelegt werden können, daran möchte ich nach den gemachten Erfahrungen zweifeln, würde es aber begrüßen, wenn von competenter Seite meine Zweifel beseitiget und erstens einmal positiv ausgesprochen wird, dass nächstes Jahr diese Vorlage komme, dann aber auch zweitens, dass sie so beschaffen sein dürfte, dass sie die Annahme im hohen Hause erfahren könnte. Nun muss ich noch etwas an dieser Stelle vorbringen. Diese Angelegenheit berührt auch den Lehrerstand. Im verflossenen Sommer Mitte Juni hat ein Schullehrer seinen mit ihm an der gleichen Schule seit Jahren wirkenden Collegen bei der Behörde angezeigt angeblich wegen unsittlicher Delicte. Das war Mitte Juni. Die Bezirksschulbehörde hat sofort diese Anzeige der Staatsanwaltschaft vorgelegt. Dieselbe hat diese Sache in kurzer Zeit dahin erlediget, dass sie aussprach, aus diese Angelegenheit könne nicht mehr eingegangen werden, weil bereits die Verjährung eingetreten sei. Es ist aber sofort die Suspendierung des betreffenden Lehrers vom Amte verfügt worden. Dies erfolgte Mitte Juni. Heute sind wir über der Mitte des Januars hinaus, und diese Angelegenheit befindet sich, wenn ich recht unterrichtet bin, in einem solchen Stadium, dass noch Monate vorüber gehen werden, bis eine Erledigung erlebt werden kann. Ich muss zugleich von vorne herein erklären, dass an der Verschleppung der ganzen Angelegenheit weder der Chef des Landesschulrathes Schuld trägt noch der ihm zunächst stehende Beamte der Schulbehörde.- Eine solche Verschleppung, hohes Haus, ist eine Rücksichtslosigkeit und ein Unrecht gegenüber jener Person, die es betrifft, eine Rücksichtslosigkeit und ein Unrecht gegenüber der Schule die davon betroffen wurde, und eine Rücksichtslosigkeit und ein Unrecht gegenüber der Schulgemeinde. Ist die Person des Lehrers schuldig oder nicht schuldig? Ein solcher Vorwurf, wie er dieser Person gemacht worden ist, soll rasch abgethan werden. Ist er schuldig, in Gottes Namen, hat er die Verirrung begangen, so soll er dafür büßen wie jeder, der eine Verirrung begangen hat. Ist aber die Beschuldigung eine unrichtige, eine unbegründete, ist es dann, meine Herren, recht, ist es dann noch erträglich für jeden, der human denkt, diese Person solange am Galgen hängen zu lassen? Heißt die Person, wie sie wolle, das ist Nebensache. Die Art und Weise des Vorgehens ihr gegenüber ist es, was ich zu brandmarken habe. Es ist aber auch eine Rücksichtslosigkeit und ein Unrecht gegenüber der Schule. Derselben wird durch eine solche Geschichte einmal ein Makel auferlegt. Dann wird der Schule dadurch eine Lehrkraft entzogen. Es ist nun die Frage, ob die Schule die Entziehung einer Lehrkraft verträgt oder nicht. Im Sommer ist es erträglich, weil die Schülerzahl eine nicht zu große ist; im Winter jedoch, in einer Zeit, wo die Schulen mit einer höheren Schülerzahl besetzt sind, da ist es nicht mehr erträglich, da muss ein Ersatz geschaffen werden. Es ist das keineswegs nun für die Schule angenehm, wenn sie nicht weiß, was sie thun soll, ob sie jemanden anderen anstellen oder ob sie noch warten soll. Sie wird in eine peinliche Lage kommen, ob sich gleich eine geeignete Persönlichkeit finden wird, welche diese Stelle momentan versehen könnte. Es kann der Zufall geben, dass es eine solche gibt, es kann aber auch sein, dass man eine solche Persönlichkeit nicht sogleich findet. Es ist aber auch eine Rücksichtslosigkeit und ein Unrecht gegen die Schulgemeinde. Dieselbe hat die Folgen einer solchen Sache doch auch mitzutragen. In diesem gegebenen Falle z. B. war die Schulgemeinde veranlasst, weil der betreffende Lehrer immer noch suspendiert war, anfangs November eine neue Lehrkraft mit Zustimmung des Bezirksschulrathes aufzustellen, welche Lehrkraft natürlich auch bezahlt werden musste. Da tritt nun der Fall ein, dass die Gemeinde nicht nur diese substituierte Lehrkraft bezahlen muss, sondern auch möglicherweise dem suspendierten Lehrer den ganzen Gehalt, welcher während dieser Suspension 54 VII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session, 8. Periode 1898. aufgelaufen ist, nach § 55 des Lehrergesetzes auszuzahlen hat, wenn er unschuldig befunden wird. Wie kommt man nun dazu, der betreffenden Schulgemeinde eine solche Last aufzuladen, bloß deswegen, weil man sich nicht entschließen kann, eine so dringende Sache einmal zu erledigen. Diejenigen, die eine solche Verschleppung auf ihrem Gewissen haben, zeigen sich entweder des Amtes unfähig oder sie wollen absichtlich nicht in dieser Angelegenheit Licht schaffen. Ich vermuthe, dass das letztere der Fall ist. Ich bringe diesen Fall, ohne Persönlichkeiten und Ort zu nennen, hier zur Sprache, weil er wirklich hier erörtert werden muss, wenn etwas geschehen soll. Ich bitte den Herrn Chef des Landesschulrathes, diese hier vorgebrachte Beschwerde gütigst entgegen nehmen zu wollen und nach seinen Kräften einzuwirken, dass diesem Unrechte und dieser Rücksichtslosigkeit endlich einmal ein Ende bereitet wird. Ich bin überzeugt, dass, wenn die k. k. Behörden in den beiden maßgebenden Körperschaften ihren vollen Ernst und Einfluss einsetzen, das in Bälde möglich sei> werde. Ich verlasse nun dieses Thema und komme zu etwas anderem, was mit diesem Berichte im Zusammenhange steht, nämlich zur Schulaufsicht. Wir haben im Bezirke Feldkirch seit ein paar Jahren einen Herrn Bezirksschulinspector, dessen Person alle Hochachtung verdient, ein gelehrter und achtbarer Mann nach allen Richtungen hin. Aber dieser Herr hat seine Jahre bis in dieser Zeit herauf vollständig an einem Gymnasium verbracht. Der Mann befindet sich nun in solchen Jahren, dass er ein so beschwerliches Amt, wie die Bezirksschulinspection, nicht mehr versehen kann. In der That versieht er auch seine Stelle nicht mehr, weil er wegen Invalidität seines Amtes nicht mehr walten kann. Daher hat man nun, wie ich gehört habe, um doch eine Bezirksschulinspection pro forma in diesem Bezirke zu haben, die Sache so angestellt, wie es in früherer Zeit schon einmal war, dass man nämlich dem Inspektor des Bludenzer Bezirkes den Feldkircher Gerichtsbezirk übertragen hat und den Gerichtsbezirk Dornbirn dem Inspektor von Bregenz. Nun muss ich gestehen, dass diese Einrichtung sich damals nicht bewährt hat. Es kann uns darum jetzt nicht gleichgiltig sein, wenn man diese Institution neuerdings wieder ins Leben ruft. Wir können verlangen - das Gesetz schreibt es auch so vor, - dass für jedem politischen Bezirk ein eigener Schulinspector aufgestellt werde, und wenn wir dies verlangen, so führen uns auch triftige Gründe dazu. Diese Inspektion seitens der Staatsorgane ist einmal eine ganz unbedingt nothwendige. Es wäre dann aber auch sehr zu wünschen, namentlich jetzt, wo wir uns bezüglich der Inspektionen in einem so misslichen Zustande befinden, dass dem Herrn Landesschulinspector Zeit und Gelegenheit gegeben würde, in diese Lücke einzutreten und fleißigere und ausgedehntere Inspektionen zu unternehmen. Das ist aber der Herr Landesschulinspector in der gegenwärtigen Situation nicht imstande zu thun, wenn er auch den besten Willen dazu hat. Er ist mit Bureauarbeiten aller Art so überhäuft man muss nur sein Bureau anschauen, dass er aus seiner Kanzlei vor lauter schriftlichen Arbeiten nicht herauskommt. Wir glauben nach alledem, dass es sehr dringend nothwendig sei, dass die Referentenstelle, die vom Gesetze vorgeschrieben ist und die leicht von Seite der Unterrichtsverwaltung gewährt werden kann, endlich wieder ins Leben gerufen werden sollte. Wir erlauben uns deshalb an die hohe Regierung folgende Anfrage zu stellen. (Liest:) Anfrage der Abgeordneten Dr. von Preu, Dr. Schmid, A. Ganahl und Dr. Waibel an die hohe k. k. Regierung in Sachen der Zusammensetzung des k. k. Landesschulrathes von Vorarlberg. Das Landesgesetz vom 8. Februar 1869, betreffend die Schulaufsicht, führt unter Zl. 3, § 34 einen Referenten für die administrativen und ökonomischen Schulangelegenheiten auf. Die Bestellung eines solchen Referenten ist. sonach im Gesetze ausdrücklich vorgeschrieben und die Person desselben bildet einen integrierenden Bestandtheil des k. k. Landesschulrathes. Thatsächlich war auch diese Stelle mit k. k. Landesschulrathe bis zu der bedauerlicher Weise verfügten Aufhebung der k. k. Lehrerbildungsanstalt in Bregenz stets mit einer eigenen Amtsperson besetzt, aber seit dieser Zeit d. h. seit etwa Anfang der 80er Jahre blieb diese Stelle anhaltend unbesetzt. Alle in dieser Hinsicht von gesetzes- und schulfreundlicher Seite wiederholt ausgesprochenen Wünsche und Kundgebungen blieben bis zur Stunde ungehört. VII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IL Session, 8. Periode 1898. 55 In Erwägung nun, dass die ordnungsmäßige Besetzung dieser Referentenstelle eine klare Vorschrift des Gesetzes ist, und in weiterer Erwägung, dass diese Besetzung im eminentesten Interesse einer gesetzesfreundlichen und gedeihlichen Entwicklung des Schulwesens im Laude Vorarlberg liegt, erlauben sich die gefertigten Abgeordneten folgende Anfrage: Ist die hohe k. k. Unterrichtsverwaltung nicht geneigt, in Gutmachung eines bald 20jährigen Versäumnisses den k. k. Landesschulrath von Vorarlberg endlich einmal wieder nach Vorschrift des Gesetzes durch die Ernennung eines Referenten für die administrativen und ökonomischen Schulangelegenheiten zu ergänzen? Bregenz, am 17. Januar 1898. Dr. v. Preu in. p. Dr. Waibel m. p. A. Ganahl m. p. Dr. Schmid m. p. Hiemit schließe ich und ersuche den Herrn Vorsitzenden, diese Anfrage der hohen Regierung übermitteln zu wollen. Landeshauptmann: Ich werde dem Wunsche der Herr Interpellanten, diese Anfrage im kurzen Wege dem Herrn Regierungsvertreter zu übermitteln, in diesem Sinne nachkommen. Ich ertheile nun das Wort dem Herrn Abgeordneten Johannes Thurnher. Johanes Thurnher: Ich komme bezüglich der Ausführungen meines unmittelbaren Herrn Vorredners nur auf 2 Punkte zurück, weil ich glaube, dass die übrigen Punkte besonders den letzten der Herr Referent in der Lage ist zu beleuchten. Ich fange allerdings mit einem ganz kleinlichen Gegenstände an nämlich mit den weiblichen Handarbeiten, welche allerdings, wie aus den Auseindersetzungen des Herrn Abgeordneten der Handels- und Gewerbekammer hervorgeht, von großer Bedeutung sind. Aber mit dem Vorschläge, dass der Landesschulrath die Inspection derselben ernstlich in die Hand nehmen soll, kommen wir in große Verlegenheit. Der Herr Abgeordnete sagte, eine Inspection sei nothwendig, aber eine weibliche Inspection soll es doch wieder nicht sein. Er hätte also doch wenigstens auf eine Kategorie von Persönlichkeiten Hinweisen sollen, welche die weiblichen Handarbeiten prüfen, wenn die Frauen davon ausgeschlossen sein sollen. Der Herr Abgeordnete Dr. Waibel wird uns wohl nicht zumuthen, dass wir den Hofrath Exner von Wien nach Vorarlberg berufen, als Gewerbeinspector die weiblichen Handarbeiten zu prüfen und zu untersuchen. In dieser Beziehung wäre also diese Anregung seitens des Herrn Abgeordneten wohl noch zu ergänzen. Nun komme ich auf einen Punkt in der Rede desselben Vorredners zurück, welcher Punkt den Landesschulrath betrifft, und in welcher Beziehung nicht gut eine Mittheilung zu machen ist, weil hier das Amtsgeheimnis Vorschrift ist. Er hat den Schulbehörden einen heftigen Vorwurf gemacht, ohne hervorzuheben, ob dieser Vorwurf dem Bezirksschulrats^ oder Landesschulrathe gilt. Es hat mir aber den Eindruck gemacht, dass mehr der Landesschulrath damit gemeint sei, weil er ausdrücklich zwei Personen, nämlich den Vorsitzenden des Landesschulrathes und den Referenten, von der Schuld an der erwähnten Verschleppung ausgenommen hat. Diese Ausnahme muss doch die Vermuthung erregen, dass die Schuld an der Verschleppung dieser Angelegenheit im Landesschulrathe liege. Nun muss man sich die anderen Herren im Landesschulrathe ansehen, aus welchen etwa der Verdacht liegen könnte, wenn diese zwei Personen ausgenommen sind. Nun glaube ich doch nicht, dass er dem Herrn Landesschulinspector für Mittelschulen, den Tirol und Vorarlberg gemeinsam haben - der Name ist mir noch nicht geläufig, er hat einen polnischen Ausklang - die Schuld an der erwähnten Verschleppung zumuthe. Weiters glaube ich nicht, dass der Herr Vorredner, der diesen Vorwurf erhoben hat, den Lehrer Niederer meine. Ebenso glaube ich nicht, dass er damit die geistlichen Herren im Landesschulrathe gemeint haben dürfte. Was bleibt also noch übrig? Es bleiben sonach nur die Vertreter des Landes übrig, die vom Landesausschusse in diese Schulbehörde entsendeten Persönlichkeiten. Auf diesen liegt nun allerdings die Schuld einer solchen Verschleppung, aber nicht mit jenen Zeiträumen, welche der Herr Abgeordnete der Handels- und Gewerbekammer angegeben hat, und die es möglich gemacht hätten, vor dem Herbste, also zur Zeit unseres Schulbeginnes eine Erledigung in dieser Sacke herbeizuführen. Nämlich erst am 30. December v. J., also circa vor einem halben Monate, ist das Actenmateriale in einer solchen Vollständigkeit dem Landesschulrathe vorgelegt worden, dass es möglich 56 VII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session, 8. Periode 1898. war, darüber sich ein Urtheil zu bilden. Es lag aber ein großer Stoß anderer Acten vor, die aufgearbeitet werden mussten. Dieser Umstand einerseits sowie auch andere Umstände im Landesschulrathe ließen den Herrn Vorsitzenden erklären, dass es unmöglich sei, in jenen Tagen auf den Gegenstand einzugehen, wenn darauf bestanden werde, dass sämmtliche Acten zur Kenntnis der Landesschulrathsmitglieder gebracht werden sollen. Insoferne betrifft die Schuld der letzten Verschleppung meine Person, als ich derjenige war, der für alle Mitglieder des Landesschulrathes volle Einsicht in die Acten und somit in den Stand des Sachverhaltes verlangte. Die sofortige Einsicht war aber in jenen Tagen nicht möglich, weil der Herr Vorsitzende und der Referent erklärte, es sei die nothwendige Zeit dazu nicht vorhanden. So wurde nun beschlossen, die Acten im currendalen Wege behufs Einsichtsnahme unter die Mitglieder des Landesschulrathes herumgehen zu lassen. Ich weise also den Vorwurf, den der Abgeordnete der Handels- und Gewerbekammer vielleicht auf die in diese Schulbehörde gewählten Mitglieder des Landesausschusses wälzen wollte, mit aller Entschiedenheit zurück. (Martin Thurnher: Sehr richtig!) Bösch: Der Wägermeister von Dornbirn und Abgeordnete der Handels- und Gewerbekammer, Herr Dr. Waibel, hat in seinen Ausführungen eine Interpellation, die voriges Jahr schon vom Bürgermeister von Feldkirch, Herrn Abgeordneten Ganahl, bezüglich Vorschiebung der Schule in Lustenau vorgebracht wurde, wieder ausgenommen und sie neuerdings aufgewärmt. Es ist schon im vorigen Jahre vom Referenten in Schulangelegenheiten, Herrn Abgeordneten Martin Thurnher, das Verhalten des Landesausschusses in dieser Sache in kurzen Worten begründet worden, dass wegen der misslichen, finanziellen Lage der Gemeinde bis heute nichts geschehen sei, weil dieselbe nicht so gut finanziell situiert sei wie andere Gemeinden, die von der II. in die I. Gehaltsclasse vorgeschoben wurden. Diese Begründung, wurde zwar von den interessierten Kreisen in Lustenau nicht ganz günstig ausgenommen, und ich wurde selbst einmal in einer Gemeindeausschusssitzung über diesen Gegenstand zur Rede gestellt. Der Herr Referent Martin Thurnher hat nämlich bezüglich der Ziffern der Schulden einen Verstoß gemacht, indem er dieselben nicht ganz ziffermäßig genau aufgezählt, sondern in Summa ausgedrückt hat. Dies habe ich dann auch sofort berichtiget. Run ist das eigentlich für die Vorschiebung der Schule Lustenau aus der II. in die I. Gehaltsclasse weniger maßgebend, ob sie um 1000 st. mehr Schulden hat oder weniger. Die Steuerkraft ist maßgebend. Der Wunsch um Vorschiebung der Schule in Lustenau ist schon vor Jahren in der dortigen Lehrerschaft entstanden. Im März des Jahres 1894 ist diesbezüglich eine Eingabe an die Gemeindevertretung gemacht worden um Befürwortung dieser Vorschiebung; die Gemeindevertretung ist aber darauf nicht eingegangen. Sie hat die Sache wieder zurückgestellt und man wagte es nicht mehr in jener Periode mit dieser Forderung vor die Gemeindevertretung zu kommen, trotzdem der Landesausschuss dies verlangt hat, um auf die Sache eingehen und vielleicht dem Willen der Lehrerschaft entsprechen zu können. Die Gründe aber, die den Gemeindeausschuss zu einem solchen Verhalten bewogen haben, lagen eben in der misslichen, finanziellen Lage der Gemeinde; die Gemeinde Lustenau hat nämlich in den letzten Jahren 2OO1/o an Umlagen gehabt und eine Gesammtsteuer von ca. 26.000 st. wovon 3/5 von der Erwerb- und Einkommensteuer eingegangen sind, und das hat sich früher jedes Jahr gesteigert. Es sind also ca. 15.000 Gulden an Erwerb- und Einkommensteuer eingegangen. Run ist die Sachlage aber eine andere geworden. Blicken wir auf das Stickereigewerbe, so sehen wir, wie dasselbe im Rückgänge begriffen ist. Die Erwerbsteuer wird größtentheils aus den Erträgnissen dieses Gewerbes bezahlt. Diese Erträgnisse gehen aber von Jahr zu Jahr zurück. Bedenken Sie, meine Herren, welche Zukunft dieses Gewerbe hat, wenn Dampf- oder sogenannte Schnelläufermaschinen den größten Theil dieser Arbeit leisten, und wenn somit der Handmaschine - ja man darf es offen sagen - der größte Theil der Arbeiten mit Ausnahme etwa der Spezialitäten entzogen wird. Dadurch wird dieses für unsere Gemeinde so wichtige Gewerbe derart herabgedrückt, dass von einer Erwerbsteuer zahlenden Stickerei bald keine Rede mehr sein kann. Und wenn nun die Zahlung der Erwerbsteuer vom Stickereigewerbe aufhört, so hört sie auch, ich will zwar nicht sagen, VII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session, 8. Periode 1898. 57 ganz, aber doch zum großen Theile von den anderen Gewerbetreibenden auf. Denn die Stickerei bringt Geld in die Gemeinde, wovon auch die anderen Gewerbe, deren es doch in Lustenau eine ziemliche Anzahl gibt, profitieren können. Wenn aber der Verdienst aus der Stickerei aufhört, so wird auch, wie gesagt, der Gewerbestand überhaupt darunter leiden, man kann weniger zahlen und wird weniger brauchen. Diese Angelegenheit, welche der Herr Abgeordnete Dr. Waibel berührt hat und ich jetzt bespreche, wurde nun von der Gemeindevertretung befürwortend angenommen und zwar mit 19 Stimmen, man kann zwar auch sagen, mit 20 Stimmen. In der betreffenden Sitzung wurde ein und dasselbe Mandat zum Überflüsse von zwei Herren vertreten. Zuerst hat der Herr Lehrer Eduard Alge als Vorsteher die Sitzung eröffnet, dann wurde das Protokoll der vorigen Sitzung verificiert; hierauf hat er lange, die Sache beeinflussende Reden gehalten und dann ist er abgetreten, weil er Interessent war. Dann marschierte sogleich sein Ersatzmann auf, der auch selbstverständlich mit der Majorität gestimmt hat. Das dürfte in Vorarlberg wohl nur einmal vorgekommen sein, dass ein Mandat in der gleichen Sitzung und beim gleichen Gegenstände vom Ausschusse und Ersatzmanne ausgenutzt wurde. Nun, das hat auch nichts zur Sache. (Lebhafte Heiterkeit.) Man hat bei uns vieles für und gegen diese Angelegenheit vorgebracht. Man hat die Verhältnisse, wie sie vor aller Augen lagen, beleuchtet. Man sagte sich: Ja, wenn uns die Steuern aus dem Stickereigewerbe größtentheils ausfallen, was voraussichtlich der Fall sein wird, woher sollen wir dann das Geld nehmen? Man hat auch das hervorgehoben, dass unter den Petenten, die hauptsächlich das Ansuchen unterschrieben haben, meistens besser situierte Bürger seien. Man hat weiters hervorgehoben, dass diese Petenten wenigstens die meisten davon, eine ganz ansehnliche Nebenbeschäftigung noch haben, so z. B. unser Vorsteher Ed. Alge ist Vorstand einer großen Ferggerei, die er früher selbst auf eigene Rechnung betrieben hat, die in jüngster Zeit aber zu einer größeren Gesellschaft geworden ist, die den Namen "Union" führt und jetzt selbst exportiert. Diese Herren wirken selbst mit, dass die Handmaschine für Stickerei bald keine Arbeit mehr hat, weil einige dieser Herren selbst an der Gründung einer Schnellläufer-Stickmaschinen-Fabrik, die bereits gebaut ist, beteiliget sind. Wenn diese Leute nicht gut oder nicht besser situiert wären, wie im allgemeinen andere, so würden sie nicht so etwas unternehmen; denn es sind auch andere Leute da, die gewiss ein besseres Einkommen sich schaffen, wenn es ihnen die Mittel erlauben würden. Als ich den Bericht des Landesausschusses in die Hand bekam, war ich getröstet, weil die Borschiebungen in höhere Gehaltsclassen nicht mehr so rasch und leicht erfolgen. Auch die Gemeinde Lustenau zählt zu jenen Gemeinden, denen eine solche Belastung nicht aufgehalst werden kann. Das kann sie einfach wegen ihrer finanziellen Lage nicht ertragen. Ich hoffe, dass der Landesausschuss diesen Umstand im Auge behalten wird. Eine Vorschiebung unserer Schule von der II. in die I. Gehaltsclasse ist für unsere Gemeinde keine Kleinigkeit, nachdem wir 11 Lehrer haben. Es ist zwar schon berührt worden, dass die Herren nicht den ganzen Gehalt in Anspruch nehmen, dass sie auf fünf Jahre, wenn während dieser Zeit keine gesetzliche Regelung der Rechtsverhältnisse des Lehrerstandes erfolgt, auf einen gewissen Betrag von 50 oder 60 Gulden - genau ist es mir nicht mehr im Gedächtnisse - verzichten. Ich selbst habe damals bei der Verhandlung gesagt und sage es heute noch: "So hungrig sehen die Herren nun doch noch nicht aus, und es ist doch bald Aussicht, dass seinerzeit die Sache vom Lande geregelt wird; daher hat es nicht so große Eile mit der Vorschiebung." Aber es nützte alles nichts. Diejenigen Herren, die in der früheren Gemeindevertretung saßen und von denen man erwartete, dass sie solchen Beschlüssen die Zustimmung nicht geben würden, sind bei den letzten Wahlen verloren gegangen, und jetzt hat man eine bessere und gefügigere Majorität zusammengebracht. Das mag der Grund sein, warum jetzt der Majoritätsbeschluss zustande gekommen ist. Wenn aber die Vorschiebung dennoch erfolgt, so macht das gewiss auf den größten Theil der Bürgerschaft einen unangenehmen Eindruck und zwar deswegen, weil die finanzielle Lage und die Steuerkraft der Gemeinde Lustenau gegenwärtig sehr im Sinken begriffen sind und in Zukunft noch mehr sinken dürften. Die Haus- und Grundbesitzer dürfen sich auf die Zukunft gefasst machen, dass ihnen wieder 58 VII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session, 8. Periode 1898. 3 bis 400, ja 450% Gemeindeumlagen vorgeschrieben werden, wie das auch schon vorgekommen ist, und unter solchen Umständen ist eine Borschiebung nicht zu empfehlen. Meine Herren! Diese Umstände müssen Sie wohl bedenken und überlegen. Ich muss auch noch bemerken, dass den Herren Lehrern in Lustenau auch Personalzulagen gewährt werden. Gar so übel sind sie also nicht daran. Ich muss daher den hohen Landesausschuss bitten, trotz des Borspruches und der Empfehlung dieser Sache seitens des Herrn Abgeordneten Dr. Waibel sich nicht so sehr zu beeilen, diesem Ansuchen der Lehrerschaft in Lustenau zu entsprechen. Dr. Waibel: Ich habe vor allem dem Herrn Abgeordneten Johannes Thurnher gegenüber zu bemerken, dass ich, wenn ich die Aufstellung einer besonderen Inspection für weibliche Handarbeiten angeregt habe, auf ihn gewiss nicht gezählt habe.