18980126_lts009

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Letzte Änderung 03.07.2021, 11:03
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp08,lts1898,lt1898,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 9. Sitzung am 26 Januar 1898, unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 19 Abgeordnete. Abwesend: hochwürdigster Bischof und Küchele. Regierungsvertreter: Herr Statthaltereirath Josef Graf Thun-Hohenstein. Beginn der Sitzung 10 Uhr 10 Minuten vormittags. Landeshauptmann: Ich erkläre die Sitzung für eröffnet und ersuche um Verlesung des Protokolles der letzten Sitzung. (Secretär verliest dasselbe.). Hat einer der Herren gegen die Fassung des Protokolles eine Einwendung zu erheben? Da dies nicht der Fall ist, so betrachte ich dasselbe als genehmiget. Es sind mir verschiedene Einlaufstücke zugekommen: Das erste betrifft ein Gesuch der Gemeinde Ebnit um Einleitung der nöthigen Vorarbeiten zur Erbauung einer Straße nach Ebnit und Übernahme der hiedurch auflaufenden Kosten auf das Land, überreicht durch meine Wenigkeit. Das zweite ist ein Ansuchen der Gemeinde Stallehr um Erwirkung von Staats- und Landessubventionen zur Erstellung und Erhaltung von Uferschutzbauten an der Alfenz, überreicht durch den Herrn Abgeordneten Martin Thurnher. Das hohe Haus dürfte meiner Anregung zustimmen, dass diese beiden Gegenstände ohne specielle formelle Behandlung im kurzen Wege zur Vorberathung und Berichterstattung dem volkswirtschaftlichen Ausschüsse zugewiesen werden. Wenn keine Einwendung dagegen erfolgt, so betrachte ich die Zustimmung des hohen Hauses als gegeben. Weiters ist eingelaufen eine Interpellation des Abgeordneten Herrn Pfarrer Thurnher und Genossen an die hohe Regierung, betreffend die Angelegenheit des k. und k. Oberlieutenants Grafen Bossi-Fedrigotti. Ich bitte den Herrn Interpellanten, die Güte zu haben, diese Interpellation zu verlesen. 76 IX. Sitzung des Vorarlberger Landtages. TI. Session, 8. Periode 1898. Pfarrer Thurnher (liest): Interpellation. In der Schwurgerichtsverhandlung zu Feldkirch, den 13. December letzten Jahres wurde eine von Seite des Herrn Grafen Bossi-Fedrigotti, k. und k. Oberlieutenants im 1. Kaiserjägerregimeute, gegen das Vorarlberger Volksblatt erhobene Ehrenbeleidigungsklage durchgeführt, wobei mehrere beeidete Zeugen den Beweis erbrachten und die Geschwornenrichter einstimmig denselben als vollkommen erbracht annahmen, dass der Kläger in seiner Eigenschaft als Vorgesetzter im Dienste und zwar wiederholt gegenüber der Mannschaft gotteslästerliche Äußerungen zu thun sich erlaubte, die hier nicht können wiedergegeben werden, Äußerungen, welche das religiös-sittliche Gefühl jedes katholischen Herzens aufs tiefste verletzen und direct zur Untergrabung der auch im Heere so nothwendigen Gottesfurcht führen müssen. Das gegenwärtig zu Recht bestehende Dienstreglement für das k. und k. Heer besagt aber im § 2, Punkt 12 und 13: "Die Gottesfurcht ist die Grundlage eines moralischen Lebenswandels und eine Aneiferung zur treuen Erfüllung der Pflicht. Grundsätze, die den Menschen zum strengen Erfassen seiner Obliegenheiten anspornen, ihn in den Beschwerlichkeiten des Lebens unterstützen, seinen Muth beleben, ihm Beruhigung in Gefahren und Trost im Unglücke bieten, müssen geehrt und gepflegt werden. Spott über religiöse Gegenstände oder Verunglimpfungen derselben ist ebenso wie alles, was eine Gehässigkeit zwischen den verschiedenen Glaubensgenossen Hervorrufen könnte, zu vermeiden. Der Soldat soll demnach die Achtung, welche jeder religiösen Überzeugung gebührt, bei keiner Gelegenheit verletzen, sie vielmehr jederzeit würdig zum Ausdrucke bringen. Dieser Gesichtspunkt ist auch für das Verhalten des Militärs bei der Betheiligung an religiösen Festlichkeiten maßgebend." Nach dem Berichte des Wehrausschusses des Vorarlberger Landtages vom 10. Februar 1895 gab der Herr Regierungsvertreter namens der k. k. Regierung hauptsächlich unter Bezugnahme auf § 2 im Dienstreglement, und zwar in einer Sitzung des Wehrausschusses selbst die decidierte Erklärung ab, dass der ^Armeebefehl, womit das genannte Reglement eingeführt wurde, ausdrücklich besage, "dass dessen Bestimmungen von sämmtlichen Personen der Kriegsmacht, welche Charge sie auch immer bekleiden, ausnahmslos als unabweisliches Gesetz beobachtet und genau vollzogen werden müssen." " Durch die eingangs erwähnten Äußerungen des k. und k. Oberlieutenants Bossi-Fedrigotti wurde demnach das Dienstreglement aufs schwerste und in ganz unverantwortlicher Weise verletzt, da dieselben nicht etwa nur "Spott über religiöse Gegenstände und Verumglimpfungen derselben" sondern die ungeheuerlichsten Gotteslästerungen enthalten, wodurch zugleich zwei der wichtigsten und erhabensten Wahrheiten unserer Religion in den Koth gezogen werden. Diese Äußerungen sind um so verabscheuungswürdiger und strafbarer, weil sie erflossen sind aus dem Munde eines Vorgesetzten, dem die Pflicht obliegt, auch in religiös-sittlicher Hinsicht in Wort und Beispiel der Mannschaft voranzuleuchten, und weil sie gerade während der Zeit des Dienstes gemacht wurden, somit die Mannschaft, wollte sie sich der Insubordination nicht schuldig machen, gezwungen war, dieselben anzuhören. In Erwägung, dass diese gotteslästerlichen Bemerkungen vor zahlreicher Mannschaft erfolgten und infolge dessen dies- wie jenseits des Arlberges zur öffentlichen Kenntnis gelangten; in Erwägung, dass dadurch nicht allein das religiöse Gefühl der Mannschaft selbst, sondern auch das öffentliche Gewissen der katholischen Bevölkerung schwer beleidiget wurde und darum gebieterisch eine entsprechende Sühne fordert; in fernerer Erwägung, dass die Eitern ein vollverbürgtes Recht daraus besitzen, dass während der Dienstjahre die religiöse Überzeugung ihrer Söhne von Seite der militärischen Vorgesetzten nicht nur nicht verletzt sondern geachtet und gepflegt werde; in weiterer Erwägung, dass der k. k. Regierung, will sie nicht ihr eigenes Ansehen und das der Dienstesvorschriften untergraben und mit ihren Erklärungen im Vorarlberger Landtage in directen Widerspruch sich setzen, die strenge Pflicht zukommt, den Bestimmungen des Dienstreglements im Heere Geltung und im Falle einer namentlich boshaften Übertretung derselben diesen auch die nöthige Sühne zu verschaffen; IX. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session, 8. Periode 1898. 77 in endlicher Erwägung, dass bis heute davon nichts in die Öffentlichkeit gedrungen ist, in wie weit der k. und k. Oberlieutenant Graf BossiFedrigotti für den ganz unerhörten Missbrauch seiner Stellung von der k. k. Regierung zur Rechenschaft gezogen worden wäre, erlauben sich die Gefertigten folgende Anfragen zu stellen: 1. Hat die k. k. Regierung Kenntnis von diesem mehr als reglementswidrigen Verhalten des k. und k. Oberlieutenants Bossst-Fedrigotti der im Dienste befindlichen Mannschaft gegenüber? 2. Welche Schritte hat die k. k. Regierung bereits gethan, um dieser in gröblichster Weise erfolgten Verletzung der Dienstesvorschriften und dem schwer beleidigten, religiösen Gewissen der Mannschaft wie der ganzen Bevölkerung Sühne zu gewähren? Bregenz, den 26. Januar 1898. A. Thurnher m. p., Pfarrer. Martin Thurnher m. p. Jodok Fink m. p. Franz Anton Müller m. p. Jakob Scheidbach m. p. I. Nägele m. p. Rudolf Wittwer m. p. Engelbert Bösch in. p. Josef Wegeler m. p. Josef Ölz m. p. Alois Dressel in. p. Josef Fink m. p., Pfarrer. Johann Kohler in. p. Johannes Thurnher m. p. Landeshauptmann: Ich werde diese Interpellation dem geehrten Herrn Regierungsvertreter abtreten. Der Herr Abgeordnete Büchele hat für diese Woche sein Nichterscheinen bei den Landtagsverhandlungen wegen Unwohlseins entschuldiget. Bevor ich zur Tagesordnung übergehe, ertheile ich das Wort dem Herrn Landeshauptmann-Stellvertreter, Abgeordneten Ganahl. Ganahl: Hohes Haus! Es hat dem Herrn Landeshauptmanne bei Eröffnung des Landtages, also bei festlicher Gelegenheit gefallen, die Obstructionsparteien des Reichsrathes in vehementer Weise anzugreifen, indem er sie ganz unverblümt des Hochverrates geziehen hat. Die damals tm Hause anwesenden Vertreter der Minorität konnten den diesfalls bewiesenen Takt des Herrn Landeshauptmannes sich nicht zum Vorbilde nehmen und sahen sich damals außerstande, auf diesen Angriff sofort zu replicieren. Sie waren der Meinung, dass es weder geziemend noch überhaupt statthaft wäre, bei einem so solennen Acte, wie ihn nur das Jubeljahr Sr. Majestät bieten konnte, sich in Recriminationen und Proteste einzulassen. Die Minorität ist darauf schlüssig geworden, vorerst den authentischen Text dieser Rede aus den stenographischen Protokollen abzuwarten, um dann bei irgend einem Anlasse, der sich im Laufe der Landtagsverhandlungen bieten würde und sich sicher auch geboten hätte, auf jene Angriffe entsprechend zu reflectieren. Diese Angriffe des Herrn Landeshauptmannes, welche bei einem Festacte erfolgt sind, bei einem Anlasse, welcher jedem Patrioten das Wort "Friede" ganz unwillkürlich auf die Lippen hätte legen sollen, diese Angriffe haben - man kann wohl sagenallgemein peinlich überrascht, sie haben aber auch in der Bevölkerung der Städtegruppe eine wahre Entrüstung hervorgerufen. Diese Bevölkerung ist schon ungeduldig geworden und erwartet von ihren Vertretern, dass sie, ohne auf einen Anlass zu warten, sofort Stellung nehmen gegen jene Anwürfe. Die Minorität dieses Hauses hat denn auch beschlossen, sich diesem allgemeinen Wunsche nicht zu widersetzen, und in ihrem Namen erkläre ich hiemit, dass wir die bei Eröffnung des Landtages vom Herrn Landeshauptmanne gegen die Obstructionsparteien des Reichsrathes geschleuderten Verdächtigungen als ungeziemend, ja als verläumderisch zurückweisen. (Lebhafte, allgemeine Zustimmung der Minoritätspartei.) Landeshauptmann: Ich will auf die Erklärung, welche der Herr Landeshauptmann-Stellvertreter namens der Minorität abgegeben hat, sofort antworten. Der geehrte Herr Vorredner hat hervorgehoben, dass die Vertreter der Minorität zuerst das stenographische Protokoll abwarten wollten, um aus dem Wortlaute desselben zu meiner Eröffnungsrede Stellung zu nehmen. Ich muss zunächst meinem Erstaunen Ausdruck geben, dass die geehrten Vertreter der Minoität nach Kenntnisnahme des authentischen Wortlautes noch zu dieser Erklärung kommen. 78 IX. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IT. Session, 8. Periode 1898. Wenn man den Wortlaut meiner Eröffnungsrede beziehungsweise des betreffenden Passus ruhig, vorurtheilslos und ohne etwas hineinzulegen, was nicht drinnen steht, liest, so wird gewiss jeder zu der Überzeugung kommen, dass ich mit diesen Bemerkungen nicht etwa eine Partei am allerwenigsten die Minoritätspartei dieses h. Hauses gemeint habe. Ich constatiere, dass ich diese meine Eröffnungsrede vorher wohl überlegt habe, Wort für Wort, und dass ich nicht Veranlassung finde, auch nur ein i-Tüpfelchen von dem zurückzunehmen, was ich gesagt habe. (Lebhafte Zustimmung der Majorität.) Gestatten Sie mir, nur nochmals Ihnen ganz klar zu legen, was ich bei der Eröffnung des hohen Landtages wirklich gesagt habe, weshalb ich die betreffende Stelle aus dem stenographischen Protokolle mir vorzulesen erlaube. (Liest): "Leider hat auch das Jahr 1898, das Jubeljahr unseres geliebten Kaisers, unter sehr sorgenvollen Auspicien begonnen und es sieht sich unser theueres Österreich ähnlich wie vor fünfzig Jahren in sturmgepeitschter See, bedroht von revolutionären Ideen einer vaterlandslosen, internationalen Partei sowohl...." Ich glaube, es versteht jeder, wen ich hier gemeint habe. (Rufe: Sehr richtig!) Es werden die Vertreter der Minderheit mit uns hierin übereinstimmen, dass ich damit niemand anderen als die Socialdemokraten gemeint habe. Dies ist die vaterlandslose, internationale und revolutionäre Partei, welche die Grundlage jedes geordneten Staatswesens, den gesetzlichen Boden zu unterwühlen immer bestrebt ist. (Liest weiter): "wie auch bedroht von einer Schaar Leute, ............" Ich habe hier ausdrücklich gesprochen "von einer Schaar Leute" und nicht von einer Partei. (Liest weiter): "....die durch wüstes Geschrei und Anwendung von Gewalt die verfassungsmäßigen Factoren an ihrem Wirken gehindert haben und die unser herrliches Vaterland mit seiner glänzenden Geschichte in hochverrätherischer Weise zerreißen und zu einer Provinz des deutschen Nachbarreiches machen möchten." (Rufe: So ist es!) Jedermann, meine Herren, der diese meine Sätze richtig liest, wird zu der Überzeugung kommen, dass ich darunter nicht jene Parteien verstanden habe, die in gewöhnlicher Opposition zu einer beliebigen Regierung sieben, also in diesem Falle die liberale und deutschnationale Partei, sondern darunter nur jene "Schaar von Leuten" gemeint habe, die systematisch unter Anwendung von Gewalt die verfassungsmäßige Thätigkeit der gesetzgebenden Factoren gehindert haben. Diese kennen wir ja genügend. Auch die Repräsentanten dieser "Schaar von Leuten" haben mit einer Deutlichkeit, die nichts zu wünschen übrig lässt, erklärt, dass sie unser herrliches Österreich zu einem Bundesstaate unter Preußens Oberherrschaft machen wollen. (Ruse: Ja leider, so ist es!) Ich bin dem Herrn Vorredner sehr dankbar, ' dass er mir die Gelegenheit gegeben hat, angesichts der allgemeinen Hetze, die gegen meine Person in Scene gesetzt worden ist, mich hierüber in bestimmtester Weise auszusprechen, und ich wiederhole nochmals, dass ich in diesem Passus meiner Eröffnungsrede nicht jene Elemente verstanden habe, die bloß in der Opposition gegen die Regierung stehen, im übrigen aber ihren Patriotismus bei jeder Gelegenheit bethätigen, sondern nur jene Schaar von Leuten, die systematisch auf die Vernichtung unseres Vaterlandes Österreich losarbeiten. Da bin ich ganz überzeugt, dass sich die Herren von der Minorität verwahren werden, wollte man sie mit "diesen Leuten" identificieren. Damit habe ich mich über diese Angelegenheit klar ausgesprochen und finde weiteres nicht beizufügen. (Lebhafte, allgemeine Zustimmung der Majorität.) Gmmhl: Bekanntermaßen hat die deutsch-fortschrittliche Partei mehr oder weniger sich an der Obstruction betheiliget. (Johannes Thurnher: Ich weiß nicht, ob darüber eine Debatte zulässig ist.) Landeshauptmann: Ich werde, da es sich um Angriffe gegen meine Person handelt, eine weitere Aussprache in dieser Angelegenheit zulassen.) Ganahl: Es ist hier ausdrücklich von "einer Schaar Leute" die Rede; mau nenne uns diese IX. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IL Session, 8. Periode 1898. 79 „Schaar Leute", die Österreich verrathen, die Österreich zu einer deutschen Provinz machen wollen! Das ist eine Pauschalverdächtigung, bei der die Auffassung möglich ist, - und man hat es auch sofort so aufgefasst - dass die deutsch-fortschrittliche Partei auch damit gemeint sei. Ich wünsche vom Herrn Landeshauptmanne bestimmt zu erfahren, wer diese "Schaar Leute" sind, die auf ihr Programm geschrieben haben, Österreich auseinander zu reißen, Österreich zu einer deutschen Provinz zu machen. Johannes Thurnher: Ich Zwischenruf zu machen, landesabwesend gewesen diese Dinge abgespielt erlaube mir den ob der Herr Vorredner war, als sich in Wien haben. Landeshauptmann: Ich erlaube mir zu wiederholen, dass ich unter "einer Schaar von Leuten" jene verstehe, die gewaltsam die verfassungsmäßigen Factoren an ihrer gesetzlichen, berufsmäßigen Arbeit gehindert haben, (Johannes Thurnher: So ist es!) (Ölz: Und die sich damit identificieren!) und nicht diejenigen, die eine rechtmäßige Opposition ausgeübt haben. Ich verstehe darunter beispielsweise jene, die auf die Präsidentenbühne hinaufstürmten und die Präsidenten von ihrer Tribüne herabwarfen, die ein Messer gezogen haben und auf die Abgeordneten, ihre eigenen Collegen, losstechen wollten, (Ganahl: Zu ihrer eigenen Vertheidigung! Ironisches Gelächter.) t)ie Stuhlfüße schwangen und losschlugen u. s. w. Das sind gewiss Zustände, die auf das schärfste zu missbilligen und zu brandmarken sind. Ich glaube, dass man diese Ansicht immer zum Ausdrucke zu bringen denn doch berechtiget ist. (Rufe: Einverstanden! Lebhafte Zustimmung seitens der Majorität.) Ich thue das als treuer Österreicher und bedauere solche Vorkommnisse auf das tiefste, zumal unter der heutigen jungen Generation schon so Viele vorhanden sind, die mit jenen charakterisierten Leuten an einem gemeinsamen Strange ziehen, in ihr Horn stoßen und die einen Terrorismus ausüben auf jene patriotischen Elemente der liberalen Partei, welche mit uns ein starkes und mächtiges Österreich wollen. Ich erlaube mir, wenn nöthig, noch ein weiteres Wort vorzubehalten für etwaige spätere Bemerkungen. Dr. Schmid: Ich bitte den Herrn Landeshauptmann, mir als einem Mitgliede der Minorität zu einer kurzen Erklärung das Wort zu ertheilen. Ich habe auf die Erwiderung, die der Herr Landeshauptmann in dieser Angelegenheit gegeben hat, nur zu antworten, dass für uns alle, die wir die Erklärung seiner Rede gehört haben, eine gewisse Befriedigung darin liegt, dass er nämlich von der liberalen und deutsch-nationalen Partei in der Reichsvertretung als solche nicht gesprochen, sondern nur einzelne extreme Persönlichkeiten ins Auge gefasst hat. Das ist auch alles, wie der Herr Laudeshauptmann es vorzulesen beliebte, in der Eröffnungsrede enthalten. Es hätte aber gewiss im ganzen Lande Vorarlberg niemand Anlass gefunden, diese Eröffnungsrede tu die Hand zu nehmen und eine solche Erregung der Geister anzufachen, wenn nicht unwillkürlich Thatsachen vorgelegen hätten, aus denen man schloss, dass man hinter den auffällig und deutlich gesprochenen Worten doch etwas anderes noch hörte, als was man nur im stillen Busen denkt, und dass mancher im gegebenen Falle etwas hineinlegte, was der Herr Landeshauptmann äußerlich wirklich nicht gesprochen hat. Wenn nun dies geschehen ist, so hat das auch seinen Grund. In diesem Falle scheint mir der Grund darin zu liegen, dass eben der Landeshauptmann von Vorarlberg beliebt und zwar wiederholt beliebt hat, in seiner Stellung als Landeshauptmann nicht die Gewohnheiten und Sitten der bisherigen Landeshauptleute von Vorarlberg zu beobachten, nämlich außerhalb des Landtages sich nicht in Parteiversammlungen zu äußern und nicht in einer temperamentvollen Weise als Redner in verschiedenen Casinos und Volksversammlungen aufzutreten. Das, meine Herren, glaube ich, dürfte die Veranlassung gewesen sein, in die gesprochenen Worte des Herrn Landeshauptmannes das hineinzulegen, was wir überall wieder hören, nämlich dass er einen Protest gegen die deutschen freisinnigen Parteien im allgemeinen meinte, wenn er auch nur von einzelnen Personen wirklich gesprochen hat. Überdies ist da nicht von einzelnen Personen gesprochen, sondern von "Schaaren von Leuten." 80 IX. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session, 8. Periode 1898. (Rufe: Von einer Schaar von Leuten!) Es ist die Rede von "Schaaren" und da sind im großen und ganzen nur die obstruierenden Parteien gemeint, die aber infolge der Verhältnisse ihre volle Berechtigung haben. Abgesehen von dem in der Rede Gesuchten oder Gewollten war man berechtiget, eine Verletzung der Partei zu sehen, weil eben die obstruierenden Parteien geschlossen vorgegangen sind. Meine Herren, rufen Sie sich die Scenen in die Erinnerung, die sich in dem Abgeordnetenhause in der letzten Zeit abgespielt haben. Sie wissen, was die eigentliche Ursache der Obstruction war. Sie ist jene Verletzung der verfassungsmäßig gewährleisteten Rechte, welche man Sprachenverordnungen nennt. Diese Sprachenverordnungen- abominabiles, wie sie der Römer nennen würde, haben einen Sturm im deutschen Volke entfacht und das deutsche Volk hat vollauf berechtiget in jeder Weise mit allen gesetzlichen Mitteln (Johannes Thurnher: Das sind keine gesetzlichen Mittel!) ich rede deutlich; Sie können wohl jedes Wort verstehen: ich rede nur von gesetzlichen Mitteln - also mit allen gesetzlichen Mitteln dagegen angekämpft. Ob das als gesetzliche Mittel anzusehen sind, die angewendet wurden, diese Frage zu beantworten bleibt einer anderen Zeit überlassen. Aber Sie erinnern sich, dass das deutsche Volk in diesen Kämpfen eine Session durchmachen musste, wie wir in Österreich noch keine erlebt haben. Glauben Sie, es sei den Vertretern des deutschen Volkes im Reichsrathe angenehm gewesen, alle diese fürchtlichen Scenen und Aufregungen mitzumachen? Glauben Sie, es sei für einen Menschen ein Vergnügen, 23 Stunden das Wort zu haben und eigentlich nicht zum sprechen zu kommen? Erinnern Sie sich an die zwölfstündige Rede eines deutschen Abgeordneten, wie eine solche in Österreich noch nie gehört worden ist! Erinnern Sie sich an jene Scenen, wo die ganze deutsche Vertretung sich alle Mühe gab, einen unheilvollen Mann, der im Pfuhle seiner Verirrungen festgesessen, herauszuheben und zum Wohle des deutschen Volkes unmöglich zu machen! Das sind Bestrebungen eines Volksstammes und dessen Vertreter, die man in einem deutschen Lande, wie Vorarlberg es ist, nicht hören will, und die vom Chef der autonomen Behörde einfach gebrandmarkt werden. Das ist nicht die Intention, welche man dahinter sucht, dass man nämlich gegen den Landeshauptmann Hetzen will, sondern man will nur damit sagen, warum eine solche Bewegung entstanden ist, und wie sie sich erklären lässt. Was für Motive der Herr Landeshauptmann in diesem Falle gehabt hat, darüber spreche ich nicht. Es ist nicht meine Sache, über etwas zu sprechen, was ich nicht kenne. Pro interno non judicat praetor, sagt der Römer. Aber das, glaube ich, hat sich die Regierung, welche diese Worte gelesen hat, denken müssen: Hier hat am. richtigen Orte nicht, der richtige Mann das richtige Wort gesprochen. Überhaupt, meine Herren, wenn der deutschen Partei solche Vorwürfe wie vaterlandslos, revolutionär ins Gesicht geschleudert werden, so sage ich, in Vorarlberg ist es die deutschfreisinnige Partei gewiss nicht, welcher solche Vorwürfe gemacht werden können. Der Herr Landeshauptmann hat in seiner Antrittsrede mit anerkennenswerter Offenheit das auch ausgesprochen. Aber ich möchte zum Schlüsse nochmals wiederholen, wenn es eine Partei gibt, welche nicht aus sich selbst, nicht achtend auf die Hoheitsrechte des Staates, auf die Machtvollkommenheit des Staates, sondern von auswärts ihre Directiven holt, so ist es, meine Herren, in unserem. Lande gewiss nicht die deutsch-freisinnige Partei. Landeshauptmann: Ich muss auf diese Auseinandersetzungen kurz erwidern. Ich werde mich zwar in keine Polemik mit den Herren Vertretern, der Minorität einlassen, weil meine Stellung als Vorsitzender dies mir nicht gestattet. Ich kann sohin nur das beantworten, was auf meine Person gemünzt war. In dieser Hinsicht erlaube ich mir daher, eine zweite Stelle aus meiner Eröffnungsrede vorzulesen, welche Stelle die Herren von der Minorität auf den ersten Augenblick hätte klarmachen können, dass sie darunter nicht gemeint sind. Es heißt hier (liest): "Sie alle, meine verehrten Herren ohne Ausnahme, das ganze Land und seine kaisertreue Bevölkerung haben nichts gemein mit jenen Leuten." Ich bin heute noch der festen Überzeugung, dass die verehrten Herren der Minorität wirklich nichts gemein haben mit jenen Leuten, welche ich IX. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IT. Session, 8. Periode 1898. 81 hier gemeint habe. Sollte es aber dennoch der Fall sein, so würde ich es gewiss unendlich bedauern. (Dr. Schmid: Wir auch!) In zweiter Linie hat der Herr Vorredner hervorgehoben, die Herren jener Seite kennen die Motive nicht (Ruse auf Seite der Minorität: Forschen nicht darnach!), die ich bei meiner Rede gehabt habe. Er hat dann noch beigefügt, dass die Regierung, wenn sie diese Worte der Eröffnungsrede liest, zur Überzeugung kommen werde, es habe nicht die richtige Person die richtige Rede am richtigen Orte gehalten. Das stimmt aber nicht mit dem überein, was unlängst ein Redner, ein Anhänger jener Partei, bei einer Versammlung in Bregenz in unendlich liebenswürdiger Weise mir als Motive unterzuschieben beliebt hat. Der betreffende Redner hat damals ja von einem "gähnenden Knopfloche" gesprochen. Wenn aber die Regierung nach Herrn Dr. Schmid nicht einverstanden mit meiner Rede ist, so ist ja für mich schon gar keine Aussicht vorhanden, dass das "gähnende Knopfloch" je ausgefüllt werde. Diese Thatsache constatiere ich nur, um zu zeigen, mit welchen Mitteln tu gewissen Kreisen gegen mich gekämpft wird. Ich stelle nochmals fest, dass ich diese Rede gehalten habe aus meiner innersten Überzeugung, als treuer Österreicher. Wir haben eine ernste Zeit, wo der Staat in allen Fugen kracht, und in dieser ernsten Zeit, glaube ich, ist auch ein ernstes Wort am richtigen Platze. (Lebhafte Zustimmung der Majorität.) Ob das den verschiedenen Herren und Versammlungen im Lande draußen gefällt oder nicht, das, meine verehrten Herren, ist mir vollständig gleichgiltig. (Lebhafte Bravo-Rufe auf Seite der Majorität.) Dann hat mir noch der Herr Vorredner vorgeworfen, dass ich in meiner Stellung als Landeshauptmann gleichzeitig auch in Parteiversammlungen And Vereinen aufgetreten bin und dort Reden gehalten habe, und hat damit geglaubt, mir dasjenige vorwerfen zu sollen, was in viel schärferer und weniger qualificierbarer Weise von gewissen Blättern in letzterer Zeit geschehen ist. Dem gegenüber constatiere ich nur, - und das habe ich wiederholt schon bei früheren Gelegenheiten gethan dass ich als Landeshauptmann die Pflicht habe, Sie Geschäfte des Landes auf allen Gebieten nach meinem besten Wissen und Gewissen zu führen, das, was ich gelobt habe bei Übernahme des Amtes, pünktlich zu erfüllen und ohne jede Voreingenommenheit und Parteilichkeit den Wünschen und Beschwerden der Landestheile ein wohlwollendes, geneigtes Ohr zu schenken, wie auch mit aller Kraft für diese Forderungen und Wünsche einzutreten. Was ich aber als Privatmann im öffentlichen Leben thue, das hat mit dem nichts gemein. Ich bin nickt blos Landeshauptmann, sondern auch Volksvertreter und bin ebenfalls von meiner Partei gewählt und hierher gesandt worden, so gut wie irgend einer der Herren hier. In dieser meiner Eigenschaft lasse ich es mir auch nicht nehmen, namentlich nicht in dieser ernsten Zeit meine ganze Kraft einzusetzen und zur Geltung zu bringen im Sinne derjenigen Bestrebungen, auf welche ich geschworen habe, und desjenigen Programmes, auf welches hin mich meine Wähler hierher entsendet haben. (Lebhafter Beifall seitens der Majorität.) Wir gehen nun zur Tagesordnung über. Auf derselben steht als erster Gegenstand der Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über die Vorlage des Landesausschuss es über die Abänderung des Gesetzes, betreffend die Beitragsleistung der FeuerVersicherungsgesellschaften zu den Kosten der Feuerwehren. Ich ersuche den Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Martin Turnher, das Wort zu nehmen. Martin Turnher: Der Vorarlberger Gauverband hat in der vorjährigen Session ein Gesuch an den hohen Landtag gerichtet, worin er dreierlei Wünsche ausgesprochen hat. Dieselben beziehen sich hauptsächlich auf das Gesetz, betreffend die Beitragsleistung der Feuerversicherungsgesellschaften zu den Kosten der Feuerwehren. Der eine der vorgebrachten Wünsche gieng dahin, es möchte der Feuerwehrbeitrag der Feuerversicherungsgesellsckaften von l% auf 2% erhöht werden. Der zweite Wunsch war dahin gerichtet, es sollte ein Theil der Erträgnisse des Feuerwehrfondes dem Feuerwehrgauverbande zugewendet werden, damit dieser selbst die Unterstützung und Sorge für etwa im Dienste verunglückte Feuerwehrmänner und deren Angehörige übernehme, dagegen der Landesfeuerwehrfond von dieser Pflicht für Gauverbandsmitglieder enthoben werde. Der dritte Wunsch gieng dahin, dass 82 IX. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session, 8. Periode 1898. zur besseren Überwachung des Feuerwehrwesens im Lande ein Feuerwehrinspector aufgestellt werde. Der Landesausschuss hat in der dem hohen Landtage unterbreiteten Vorlage versucht, theilweise einem der Wünsche des Feuerwehrgauverbandes zu entsprechen; inwiefern und bis zu welchem Grade dieses versucht worden ist, brauche ich wohl nicht zu erörtern. Es ist im bezüglichen Berichte des Landesausschusses das ganz detailliert enthalten. Was die Frage der Erhöhung der Beitragsgebären der Gesellschaften anbelangt, hat sich sowohl ter Landesausschuss wie der volkswirtschaftliche Ausschuss ablehnend verhalten und zwar aus dem Grunde, weil durch das Gesetz, betreffend die Beitragsleistung der Gesellschaften zu den Kosten der Feuerwehren, nicht die Gesellschaften sondern nur die Versicherten getroffen werden und im Wege der Landesgesetzgebung dieser Übelstand nicht mehr beseitigt werden konnte. Dadurch würde also diese Steuer *- man kann sie ja eigentlich so nennen - für die Versicherten nur erhöht werden, und das wollte weder der Landesausschuss noch der volkswirtschaftliche Ausschuss. Was die Creierung eines Feuerwehrinspectorpostens für das Land anbelangt, so müßte dem eine Änderung des Gesetzes, betreffend die Feuerwehr- und Feuerpolizeiordnung, vorausgehen. Die Creierung der Stelle eines eigenen Feuerwehrinspectors für das Land hat keine Sympathien gefunden. Der Landesausschuss wie der volkswirtschaftliche Ausschuss waren der Anschauung, dass, wenn in dieser Beziehung etwas geschehen sollte, die betreffenden Bestimmungen der Feuerwehr- und Feuerpolizei-Ordnung dahin einer Abänderung unterzogen werden sollten, dass dem Landesausschusse ein größerer Einfluss, betreffend Überwachung der Gemeinden hinsichtlich der Handhabung und Ausführung dieses Gesetzes, eingeräumt würde. Es könnten dann ähnliche Bestimmungen hinsichtlich der Überwachung der Gemeinden aufgestellt werden, wie sie im Gesetze, betreffend die Verwaltung des Gemeindevermögens und die Rechnungsgebarung der Gemeinden und tut Gesetze, betreffend die Haltung von Zuchtstieren, Aufnahme gefunden haben. Derjenige Punkt, den der Landesausschuss berücksichtigen wollte, nämlich die Zuwendung bestimmter Beiträge aus dem Feuerwehrfonde an den Gauverband oder an eine ähnliche derartige Vereinigung hat im volkswirtschaftlichen Ausschüsse Bedenken erregt, die insbesondere die Verwaltung und Verwendung dieser Beiträge berührten, und er ist nicht schlüssig geworden, dem hohen Landtage im jetzigen Stadium der Angelegenheit den vom Landesausschusse vorgelegten Gesetzentwurf zur Annahme zu empfehlen, Nach diesen kurzen Auseinandersetzungen und unter Bezugnahme auf die Berichte des Landesausschusses und des volkswirtschaftlichen Ausschusses habe ich namens des letzteren dem hohen Hause folgenden Antrag zu empfehlen: (Liest denselben aus Beilage XXIX.) Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses die Debatte. Der Herr Abgeordnete Dr. Waibel hat das Wort. Dr. Waibel: Ich will nicht auf das zurückkommen, was ich schon wiederholt in diesem Hause gesagt habe. Es ist ein ganz classisches Gesetz, welches seinerzeit beschlossen worden ist, und nach welchem die Assecuranzgesellschaften Beiträge an einen zu bildenden Feuerwehrfond zu leisten haben, und jetzt stellt es sich heraus, dass nicht die Assecuranzen diese Beiträge leisten sondern die Assecurierten. Das Gesetz ist in dieser Hinsicht ein Widerspruch. Jedenfalls kann man daraus die Lehre ziehen, dass es nicht wohl rathsam und auch nicht recht wäre, den Procentsatz der Beiträge noch zu erhöhen oder gar zu verdoppeln. (Johannes Thurnher: Sehr richtig!) Was ich aber eigentlich sagen wollte, ist folgendes: Der uns hier vorgelegte Gesetzentwurf, betreffend die Beitragsleistung der Feuerversicherungsgesellschaften zu den Kosten der Feuerwehren, ist nicht sehr glücklich durchdacht. Es ist darum ganz gut und begründet, dass man von der Beschlussfassung dieses Gesetzes abgegangen ist und dasselbe noch in weitere Erwägung und Berathung zieht. Sowohl die Angelegenheit bezüglich Anstellung eines eigenen Feuerlöschinspectors ist eine Sache, die wohl überlegt sein will, als auch das, was bezüglich der Betheilung des Gauverbandes mit regelmäßigen Subventionen angeregt wird, würde ich nicht begrüßen können. Der Gauverband ist eine Organisation, welche auf ganz freiwilliger Basis beruht, und deren Bestand von heute auf morgen in Betracht kommt. Es ist nicht sicher, ob derselbe IX. Sitzung des Vorarlberger Landtages. TT. Session, 8. Periode 1898. 83 selbe einen immerwährenden Bestand hat. Es besteht hier kein obligatorisches Verhältnis. Aus diesem Grunde ist es schwer und nicht recht rathsam, sich in Verbindlichkeiten mit dem Gauverbande einzulassen, wie sie hier im Gesetzentwurfe festgesetzt sind. Es wird sich ganz sicher später zur Verwirklichung dieser beiden Sachen eine Gelegenheit bieten. Wenn aber alles zusammen hier in dem Antrage für eine spätere Session vorbehalten wird, so könnte ich diesem Vorschläge im allgemeinen nicht zustimmen. Wenn es sich um diese beiden Fragen handelt, die ich eben jetzt berührt habe, dann ja, denn die wollen überlegt sein. Wenn es sich aber um Abhaltung von Feuerwehrcursen handelt, so kann ich diesem Vorschläge auf Behandlung dieser Angelegenheit in einer anderen Session nicht zustimmen und zwar aus folgenden Gründen: Wir können uns glücklich preisen und es nur begrüßen, dass im Lande Vorarlberg die Feuerwehrschaft sich in sehr guter Weise entwickelt hat. Es hat sich überall eine Anzahl kräftiger Leute zusammengethan, die sich in diesen öffentlichen, wohlthätigen Dienst begeben und eine ausgezeichnete Thätigkeit entwickelt haben. Es ist aber jedem, der diesem Gegenstände eine ernstliche Aufmerksamkeit gewidmet hat, gewiss nicht entgangen, dass es zu wünschen ist, dass etwas geschaffen werde, was die Möglichkeit bietet, die Feuerwehr für ihren keineswegs leichten Dienst noch tüchtiger zu machen, als sie bereits schon ist. Anderswo hat man dieses Bedürfnis schon lange empfunden und dem auch Rechnung getragen. Man hat diese Einrichtung nämlich die Abhaltung von Feuerwehrcursen eben aus dem Grunde getroffen, weil sie sich als ganz vorzüglich und fruchtbringend bewährt hat. Sehen wir uns in unserer Nachbarschaft um. Da finden wir die Abhaltung solcher Feuerwehrkurse im Canton St. Gallen, wo die Regierung sich derselben auch sehr annimmt. Auch im deutschen Reiche stoßen wir auf diese Einrichtung. In Österreich finden wir sie z. B. im nördlichen Böhmen, wo die Abhaltung von Feuerwehrcursen schon längere Zeit in Übung ist und sich ebenfalls gut bewährt hat. Ich hätte nun nach diesen Erfahrungen, die man damit gemacht hat, geglaubt, dass man auch mit der Einführung von solchen Feuerwehrcursen bei uns nicht mehr lange zögern sollte. Wir wissen ja, dass auch seitens der Feuerwehrschaft selbst die Abhaltung solcher Curse nicht perhorresciert sondern im Gegentheile nur begrüßt wird; denn sie hat schon in früherer Zeit sich darüber ausgesprochen, dass sie eine derartige Einrichtung wünsche. Ich glaube, der Landtag wird gut daran thun, wenn er diesen Wunsch, der aus Feuerwehrkreisen selbst hervorgegangen ist, in ernstliche Erwägung zieht und nicht die Angriffnahme dieser wichtigen Angelegenheit auf die lange Bank hinausschiebt. Es ist nicht nothwendig, dass mau da lange überlegt und viel Umstände macht. Man braucht nur, glaube ich, einige Feuerwehrcommandanten, voran z. B. den Obmann des Feuerwehrgauverbandes, heranzuziehen, um die gewünschte Auskunft über die Einrichtung dieser Institution zu erhalten, und man wird dann in kürzester Zeit informiert sein, auf welche Art und Weise diese Einrichtung ins Leben zu rufen, was alles dazu erforderlich ist und was ungefähr an Geld für die Sache als nothwendig sich herausstellt. Groß können die Kosten hiefür im Stadium der ersten Versuche gewiss nicht sein. Man hält vielleicht da oder dort einen Curs einmal ab. Die Mitglieder des Landesausschusses können sich bei der Abhaltung solcher Curse selbst über die Einrichtung und Wirksamkeit derselben überzeugen und dann rasch schlüssig werden, ob diese Einrichtung weitere Beachtung und Verbreitung verdient. Daher bin ich der Ansicht, dass dem Landesausschusse heute schon die Ermächtigung gegeben werden solle, in diesem Jahre noch diese Curse in Aussicht zu nehmen, und dass man ihm auch die nöthigen Mittel aus dem Feuerwehrsonde hiezu bewillige. Das kann ja jetzt vorläufig geschehen. Wenn dann die Herren aus den bei Abhaltung solcher probeweiser Curse gemachten Erfahrungen ersehen, dass solche Curse nützlich sind und sich auf die Dauer bewähren, dann könnte in der nächsten Landtagssession eine Änderung des Gesetzes dahin eingebracht werden, dass man die Inanspruchnahme des Feuerwehrfondes nicht bloß für Unterstützungen der Verunglückten gestatte sondern auch für Abhaltung solcher Feuerwehrcurse. Aus diesen Gründen bin ich der Ansicht, dass im Anträge des volkswirtschaftlichen Ausschusses der Schlusspassus "und dem Landtage in einer späteren Session Bericht zu erstatten" nur auf die Überwachung der Handhabung der Feuerwehr- und Feuerpolizeiordnung und auf die Verwendung 84 IX. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session, 8. Periode 1898. der Beiträge der Feuerversicherungsgesellschaften Bezug haben sollte, nicht aber auch auf die Einführung von Fachcursen für die Feuerwehr. Johannes Thurnher: Ich glaube, dass weder von Seite des Landesausschusses noch von Seite des volkswirtschaftlichen Ausschusses gegen die Ansicht des Herrn Vorredners eine, Einwendung erhoben wird. Ich hätte aber gewünscht, dass der Herr Vorredner gleich einen diesbezüglichen Antrag, der den Landesausschuss zur Vornahme der erforderlichen Maßnahmen ermächtiget, gestellt hätte. Nachdem aber von jener Seite des hohen Hauses ein solcher Antrag, wie ihn der Vorredner näher ausgeführt und begründet hat, nicht eingebracht worden ist, so erlaube ich mir, den Herrn Berichterstatter zu ersuchen, eine dem Wunsche des Herrn Vorredners entsprechende Änderung und Textierung des Antrages vorzunehmen, dass darin nämlich die Ermächtigung des Landesausschusses zur Vornahme der ihm geeignet erscheinenden Maßnahmen Platz finden möge. Landeshauptmann: Wer wünscht weiter noch das Wort in dieser Angelegenheit? Wenn sich niemand mehr meldet, so erkläre ich die Debatte für geschlossen und ertheile dem Herrn Berichterstatter das Wort. Martin Thurnher: Die eingangs vom Herrn Abgeordneten der Handels- und Gewerbekammer gemachte Bemerkung bezüglich der Überwälzung der Feuerwehrbeiträge auf die Versicherungssumme ist hier schon zu Wiederholtenmalen erörtert und immer auch darauf hingewiesen worden, dass den Landtag diesfalls keine Schuld trifft, sondern dass derselbe wiederholt sich Mühe gegeben hat, eine Änderung diesbezüglich eintreten zu lassen. Dass aber die Regierung einer solchen Änderung jederzeit entgegengetreten ist und sich dagegen ausgesprochen hat, die Überwälzung auf die Versicherten zu hindern, liegt nicht in der Competenz des Landtages, weil es sich um Privatverträge zwischen den Versicherungsgesellschaften und den Versicherten haudclt, und weil die Regelung derartiger Privatverhältnisse nicht der Landesgesetzgebung sondern der Reichsgesetzgebung unterliegt. Was die Ausführung betreffs Abhaltung von Feuerwehrcursen anbelangt, bin ich mit den Ausführungen des Vorredners vollkommen einverstanden. Der volkswirtschaftliche Ausschuss ist von der Wichtigkeit und Bedeutung dieser Curse vollkommen überzeugt gewesen, und es hat sich auch dort das Bestreben gellend gemacht, dahin zu wirken, dass dieselben vom Lande unterstützt und gefordert werden. Dass nicht gleich ein darauf abzielender Antrag vom volkswirtschaftlichen Ausschüsse selbst gestellt worden ist, liegt wohl in dem Umstande, dass der Wortlaut des betreffenden Gesetzes dem - möchte ich sagen - etwas entgegen ist. Es wird im Gesetze vom 20. October 1883, betreffend die Beitragspflicht der Feuerversicherungsgesellschaften zu den Kosten der Feuerwehren, nur von Unterstützung der Feuerwehren zur Anschaffung von Feuerlöschgeräthen und von Unterstützung im Dienste verunglückter Feuerwehrmänner und deren Hinterbliebenen gesprochen. Ich halte den Landtag aber für den compctenten Ausleger des Gesetzes, und möchte daher, wenn das hohe Haus einverstanden ist, denselben bitten, auszusprechen und zu beschließen, dass aus dem Feuerwehrfonde entsprechende Beiträge zur Förderung und Abhaltung von Feuerwehrcursen zugewiesen werden. Ich glaube, dass eine solche Zuwendung zulässig ist, weil der hohe Landtag der oberste Ausleger des betreffenden Gesetzes und der Verwalter und Überwacher des betreffenden Fondes ist. Ich unterstütze daher die Anregung des Herrn Vorredners Dr. Waibel und glaube, dass es nicht nothwendig sei, den Antrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses abzuändern, sondern dass es genüge, einen diesbezüglichen Zusatzantrag zu machen. Ich erlaube mir, denselben den Herren Abgeordneten in folgender Textierung zur Kenntnis zu bringen und zur Annahme zu empfehlen. "Der Landesausschuss wird aber jetzt schon ermächtiget, der Frage der Abhaltung und Unterstützung der Feuerwehrcurse seine Aufmerksamkeit zuzuwenden, und werden ihm hiezu die nöthigen Mittel aus dem Feuerwehrfonde bewilliget." Ich habe sonst weiteres nichts beizufügen und empfehle sowohl den vorliegenden Antrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses wie auch den eben eingebrachten Zusatzantrag der Annahme des hohen Hauses. Landeshauptmann: Der Herr Berichterstatter stellte, einer Anregung des Herrn Abgeordneten IX. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session, 8. Periode 1898. 85 Dr. Waibel entsprechend, einen Zusatzantrag zum Anträge des volkswirtschaftlichen Ausschusses. Ich bringe zunächst den Ausschussantrag zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche dem Antrage des volkswirtschaftlichen Ausschusses, wie er aus dem Berichte verlesen worden ist, die Zustimmung geben, sich von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Jetzt bitte ich um die Abstimmung über den Zusatzantrag, wie er soeben vom Herrn Berichterstatter gestellt worden ist. Ich ersuche jene Herren, welche hiemit einverstanden sind, sich von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Somit ist dieser Gegenstand erlediget. Der zweite Gegenstand der heutigen Tagesordnung ist der Bericht des Finanzausschusses über verschiedene, ihm vom hohen Landtage zugewiesene Gesuche um Unterstützungen. Ich ertheile das Wort dem Herrn Berichterstatter, Abgeordneten Nägele. Nägele: Es scheint so fast Mode geworden zu sein, dass bei Zusammentritt des hohen Landtages Vereine und Corporationen mitunter auch Privatpersonen mit Gesuchen an denselben herantreten und gerne vom hohen Landtage Unterstützungen hätten. Nun die Vereine an und für sich haben auch ihre. Ausgabe, wenn sie dem Zwecke, den sie anstreben, entsprechen wollen. Die meisten oder viele Vereine kommen alle Jahre. Dann gibt es wieder solche, die nicht alle Jahre an den hohen Landtag herantreten, sondern vielleicht zwei, drei Jahre nicht mehr kommen. Da wurde dann bei den Anträgen auf Unterstützung diesem Umstande Rechnung getragen. Ich bringe hiemit die Anträge des Finanzausschusses zur Verlesung: (Liest Anträge aus Beilage XXX.) Landeshauptmann: Ich eröffne über die Anträge des Finanzausschusses und über den Bericht die Debatte. Tr. Schmid: Ich habe schon, verehrte Herren, bereits in der Sitzung des Finanzausschusses anlässlich der Berathung über die Gabe, welche man dem Unterstützungsvereine armer Vorarlberger in Innsbruck zutheilen wird, das Wort erhoben und beantragt, anstatt des hier vorliegenden Antrages auf eine Gabe von 30 st. eine solche mit 50 st. zu gewähren. Ich wiederhole diesen meinen Antrag im hohen Hause, und ich möchte da nur mittheilen, dass in der Sitzung des Finanzausschusses die Gründe, welche ich für meinen Antrag eingebracht habe, anerkannt worden sind, wie mir die Herren Mitglieder des Finanzausschusses zugeben werden, dass man aber dennoch einfach nicht auf die Anregung eingegangen ist mit dem Bedeuten, man habe das letzte Jahr 30 fl. gegeben; demnach bleiben wir auch bei 30 fl. So haben die Herren gesagt. Es ist ja der Unterstützungsverein armer Vorarlberger in Innsbruck nicht nur ein Unterstützungsverein für arme Studenten, sondern er hat für andere arme Vorarlberger, für Kranke, auch für Studierende aller Zweige der Schulen, für die Mittelschule und Hochschule seine volle Thätigkeit entfaltet. Ich habe auch hier den dem Finanzausschüsse vorgelegten und vorgelesenen Bericht des Cassiers in der Hand, laut dessen die Ausgaben an Studierende der Universität 147 fl., an Oberrealschüler 100 fl. 20 fr., an Lehramtskandidaten 272 fl. 20 kr., au Staatsgewerbeschüler 42 fl. und an Handelsschüler 20 fl., zusammen 581 fl. 40 kr. betragen. Dann wurden Ausgaben gemacht an dort wohnende, arme Vorarlberger aller Stände 199 fl. 10 kr., weiters ist eine Ausgabe an zeitweilig an der Klinik in Behandlung gestandene Landsleute von 95 fl. 60 kr., ferners an durchreisende Vorarlberger eine solche von 30 fl. 60 kr. gemacht worden. Also Sie sehen, dass die Thätigkeit dieses Vorarlberger Unterstützungsvereines in Innsbruck auch nach allen Richtungen eine fruchtbringende ist, und ich möchte mit dieser Begründung auch hier im hohen Hause den Antrag wieder erheben, den Beitrag an den Vorarlberger Unterstützungsverein in Innsbruck auf 50 fl. zu erhöhen, wie Sie den Beitrag an die Vorarlberger Wohlthätigkeitsgesellschaft in Innsbruck auch mit 50 fl. bestimmt haben. Die Vorarlberger Wohlthätigkeitsgesellschaft hat auch wieder ein Gesuch an den hohen Landtag gerichtet, und ich muss mittheilen, dass diesem Gesuche nicht einmal ein Rechenschaftsbericht, keine Rechnungslegung, kein Statut, kurz gar nichts beigegeben war, sondern das alles erst nachträglich requiriert werden musste. Dennoch bat man da 50 fl. leichter gegeben, während man bei dem