18970130_lts004

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Letzte Änderung 03.07.2021, 11:06
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp08,lts1897,lt1897,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 4. Sitzung am 30. Januar 1897, unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 20 Abgeordnete. Abwesend: der Hochwürdigste Bischof. Regierungsvertreter: Herr Statthaltereirath Graf Josef Thun-Hohenstein. Beginn der Sitzung 10 Uhr 10 Min. Vormittags. Landeshauptmann: Die Sitzung ist eröffnet. Wollen die Herren die Fassung des Protokolles der letzten Sitzung vernehmen. (Secretär verliest dasselbe.) Hat einer der Herren gegen die Fassung des Protokolles eine Einwendung zu erheben? Da das nicht der Fall ist, betrachte ich dasselbe als genehmiget. Es sind mir zwei Einlaufstücke zugekommen. Beide sind Eingaben der Gemeindevorstehung Lech; die eine betrifft die Katastrophe vom 8. März vorigen Jahres, wobei eine Staublawine das Schulhaus der Parcelle Zug vollständig zerstört hat. Der dadurch angerichtete Schaden beträgt 1200 st. Die Gemeindevertretung von Lech stellt an den h. Landtag die Bitte, derselbe wolle zu dem Zwecke der Wiederherstellung des Schulhauses eine Subvention gewähren. Die Eingabe ist durch meine Wenigkeit überreicht. Die zweite Eingabe betrifft ein Gesuch, worin die Gemeindevorstehung unter gleichzeitigem Danke für die hergestellte Strecke der Flexenstraße von Stuben auf die Passhöhe die Bitte stellt, es möchte der h. Landtag für eine bestimmte Zeit, hauptsächlich aber für die ersten Jahre, einen Beitrag für die Erhaltung dieser Straße der Gemeinde Lech votieren, da dieselbe nach den Vereinbarungen der drei Gemeinden zur Erhaltung dieser Strecke verpflichtet ist. 36 IV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. Martin Thurnher: Ich bitte um das Wort. Ich möchte zur Vereinfachung der geschäftlichen Behandlung beantragen, dass das erste Gesuch dem Schulausschusse und das zweite dem volkswirtschaftlichen Ausschüsse zur Vorberathung und Berichterstattung zugewiesen werde. Landeshauptmann: Der Herr Abg. Martin Thurnher beantragt die Dringlichkeit der beiden Einlaufstücke. Wird dagegen eine Bemerkung erhoben? Da dies nicht der Fall ist, betrachte ich dieselbe als genehmigt. Und wenn auch gegen den formellen Antrag auf Zuweisung des ersten Gesuches an den Schulausschuss und des zweiten an den volkswirtschaftlichen Ausschuss keine Einwendung erfolgt, betrachte ich auch diesen Antrag mit der Zustimmung des h. Hauses versehen. - Sie ist gegeben. Wir kommen nun zur Tagesordnung. Auf derselben steht als erster Gegenstand die Eingabe des Vorarlberger Landwirtschaftsvereines in Sachen der Durchführung der Rauschbrand-Schutzimpfung. Ich erwarte über die formelle Behandlung dieses Gegenstandes einen Antrag aus der Mitte der hohen Versammlung. Büchele: Ich beantrage diesen Gegenstand zur Berathung und Berichterstattung dem volkswirtschaftlichen Ausschüsse zuzuweisen. Landeshauptmann: Es ist die Zuweisung dieses Gegenstandes an den volkswirtschaftlichen Ausschuss beantragt. Keine Einwendung betrachte ich als Zustimmung. - Sie ist gegeben. Der zweite Gegenstand der heutigen Tagesordnung betrifft die Statthaltereinote vom 31. Juli v. J. in Sachen der Kosten des hydrographischen Dienstes. Ich erwarte auch hierüber einen Antrag aus der Mitte des h. Hauses. Wittwer: Ich stelle den Antrag, diesen Gegenstand dem Finanzausschüsse zur Berathung und Berichterstattung zuzuweisen. Landeshauptmann: Es ist die Zuweisung dieses Gegenstandes an den Finanzausschuss beantragt. Wenn dagegen keine Einwendung erfolgt, nehme ich an, dass das h. Haus diesem Antrage seine Zustimmung gegeben hat. Somit kommen wir zum dritten Gegenstand unserer Tagesordnung. Das ist die Wahl des Schulausschusses. Es ist das letztemal gewünscht worden, dass dieser Schulausschuss, wie die übrigen Ausschüsse, auch aus 7 Mitgliedern zu bestehen habe. Ich ersuche daher wiederum 9 Namen aufzuschreiben. (Wahlact.) Ich ersuche die Herren Abgeordneten Dr. Waibel und Dr. v. Preu, das Scrutinium gefälligst zu übernehmen. Dr. Waibel: Es sind 19 Stimmzettel abgegeben worden. Das Stimmenverhältnis ist Folgendes: Es erhielten der Hochwürdigste Bischof 19, die Herren Kohler, Jodok Fink je 18, Pfarrer Fink 17, Drossel, Ölz und Dr. Waibel je 16 Stimmen. Die nächstmeisten Stimmen haben erhalten die Herren Wittwer mit 13 und Scheidbach mit 7 Stimmen. Landeshauptmann: Es sind somit der Hochwst. Bischof, die Herren Pfarrer Fink, Kohler, Jodok Fink, Dressel, Dr. Waibel und Ölz zu Mitgliedern und die Herren Wittwer und Scheidbach zu Ersatzmänner des Schulausschusses gewählt. Der vierte Gegenstand unserer Tagesordnung betrifft den Bericht des Landes-Ausschusses über das Resultat der Prüfung der Landtagswahlen. Ich ersuche den Herrn Ausschussreferenten den Bericht vorzutragen. Martin Thurnher: Aus dem vom LandesAusschusse geprüften Wahlactenmateriale geht hervor, dass die Landtagswahlen in gesetzlicher Form und Weise durchgeführt wurden und nur in vereinzelten Fällen einige formelle Gebrechen ganz untergeordneter Natur, die aber das Wahlergebnis keineswegs beeinflussten, constatiert werden konnten. Beschwerden oder Wahlproteste wurden von keiner Seite erhoben, daher stelle ich namens des Landes-Ausschusses folgenden Antrag: (Liest den Antrag aus Beil. III.) Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag die Debatte. IV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. 37 Ganahl: Ich möchte anlässlich der Wahlverification die Aufmerksamkeit des hohen Hauses auf einen Umstand lenken, welcher einiges Aufsehen im Lande erregt hat, auf die Thatsache nämlich, dass die letzten Wahlmännerwahlen bei außerordentlich schwacher Betheiligung sich vollzogen haben. Diesen Umstand hat schon mein Gesinnungsgenosse, der Herr Abgeordnete Dr. Waibel, in seiner gestrigen Wahlreformrede erwähnt. Ich glaube aber doch, dass man dabei etwas verweilen könnte, und möchte Sie mit einigen ziffermäßigen Daten bedienen: In Göfis sind von 236 Wahlberechtigten 13 erschienen, welche 2 Wahlmänner zu wählen hatten; in Zwischenwasser sind von 152 7 erschienen und haben 2 Wahlmänner gewählt; in Tisis sind von 92 2 erschienen und haben 2 Wahlmänner gewählt; in Tosters sind von 54 2 erschienen und haben 1 Wahlmann zu wählen gehabt; in Satteins sind von 127 6 erschienen und haben 1 Wahlmann gewählt; in Altenstadt sind von 446 25 erschienen und haben 6 Wahlmänner gewählt; in Andelsbuch sind von 164 12 erschienen und haben 2 Wahlmänner gewählt; in Bezau sind von 175 7 erschienen und haben 2 Wahlmänner gewählt; in Bildstein sind von 87 6 erschienen und haben 1 Wahlmann gewählt; in Bizau sind von 131 13 erschienen und haben 1 Wahlmann gewählt; in Hörbranz sind von 175 10 erschienen und haben 3 Wählmänner gewählt; in Langen sind von 101 6 erschienen und haben 1 Wahlmann gewählt; in Lauterach sind von 235 11 erschienen und haben 3 Wahlmänner gewählt; in Lingenau sind von 163 13 erschienen und haben 2 Wählmänner gewählt; in Mittelberg sind von 218 11 erschienen und haben 3 Wahlmänner gewählt; in Lech sind von 58 4 erschienen und haben 1 Wahlmann gewählt; in Ludesch sind von 127 10 erschienen und haben 1 Wahlmann gewählt; in Nenzing sind von 282 32 erschienen und haben 4 Wahlmänner gewählt; in Sonntag sind von 130 9 erschienen und haben 1 Wahlmann gewählt; in Silberthal sind von 102 10 erschienen und haben 1 Wahlmann gewählt; in St. Gallenkirch sind von 254 7 erschienen und haben 2 Wahmünner gewählt; in Tschagguns sind von 101 6 erschienen und haben 2 Wahlmänner gewählt; in Vandans sind von 120 6 erschienen und haben 2 Wahlmänner gewählt. Das ist, wie die Herren zugeben werden, gewiss eine ganz außerordentlich schwache Betheiligung. Die clericale Presse will zwar darin nur ein Symptom der Siegeszuversicht ihrer Partei erblicken. Ich glaube aber doch, dass auch eine andere Auslegung zulässig wäre, und neige zur Ansicht, dass die Wählerschaft der Landgemeinden, wenn auch in politischen Dingen immer noch zu apathisch um sich der auf sie geübten Pression zu widersetzen, doch schon müde geworden ist, stets nur nach Vorschrift zu wählen und lieber auf ein politisches Recht verzichtet. Es ist dies eine Erscheinung, welche geeignet sein dürfte, jene zum Nachdenken anzuregen, welche schon seit Jahren das politische Feld in den Landgemeinden so intensiv bebauen. Mich dünkt es, als ob der Boden zu einseitig ausgenützt worden wäre, und es endlich an der Zeit sein dürste, denselben einmal ruhen zu lassen. Vor Jahren freilich, da war auch unsere Landbevölkerung in politischen Dingen etwas energischer, etwas selbständiger geartet. Ich will nicht zurückgreifen in jene Zeiten, von denen uns Waizenegger in seinen hinterlassenen Papieren berichtet, ich will nur des Zustandekommens des ersten Vorarlberger Landtages im Jahre 1861 gedenken, einer Zeit, an die ich mich selbst noch genau erinnere. Damals wusste Niemand, was die Wahlen in den Landgemeinden bringen werden. Dieselben vollzogen sich ohne jede, wie immer geartete Einflussnahme von irgend welcher Seite. Die Wählerschaft schenkte eben ihr Vertrauen den Vorstehern, ihren Altvorsteher, kurz den angesehensten Männern der Gemeinde. Die Wahlmänner, die bei solcher Wahl in die Erscheinung traten, gaben dann sofort, natürlich aus eigenem Antriebe, die Parole aus, es solle von ihnen kein Geistlicher und kein Fabrikant gewählt werden. So haben sie es auch gehalten. Der Landtag aber, welcher damals zustande kam, bot ein verschiedenes Bild vom heutigen. Er hatte eine andere Färbung und doch konnte er sich darauf berufen, aus freier Wahl 38 IV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. hervorgegangen, der unverfälschte Ausdruck des Vorarlberger Volksgeistes zu sein. (Rufe: Richtig!) Dass dieser Landtag denselben Anspruch im gleichen Umfange zu erheben nicht in der Lage ist, das glaube ich, nach den von mir angeführten Momenten nicht erst betonen zu müssen. Landeshauptmann: Wer wünscht weiter noch das Wort? Dressel:Wie der verehrte Herr Vorredner hervorgehoben hat, ist die Wahlbetheiligung bei den letzten Wahlen eine schwache gewesen. Das ist sofort zuzugestehen, allein es ist ebenso richtig, dass in jenen Orten, in welchen irgendwie eine Opposition zu befürchten war, die Wahlbetheiligung auch eine eine stärkere war und zwar gerade in dem Maße, als man befürchtete, es könnten von der Gegenseite Wähler kommen. Das steht auch fest. Was die Wahl des ersten Landtages betrifft, so ist zuzugestehen, dass dieselbe frei war. Damals waren eben keine politischen Parteien im Sinne von heute vorhanden, dieselben haben sich erst nach und nach entwickelt. Von den meisten der Abgeordneten konnte man nicht sagen, ob sie liberal, konservativ oder wie man jetzt sagt, christlich-social waren. Dieses Material - es ist zwar das kein höflicher Ausdruck, er wird aber in vielen Kreisen der Bevölkerung auch gebraucht - dieses Material wurde erst darnach bearbeitet. Die wenigen Mitglieder, die ausgesprochen liberal waren, nahmen die andern in der Majorität ins Schlepptau und so ist der erste liberale Landtag entstanden. Wenn heute dieser Umstand der schwachen Betheiligung an der Wahl als Argument gegen den bestehenden Wahlmodus benützt wird, so scheint mir das vorläufig nicht zutreffend zu sein, denn in allen jenen Gemeinden, wo das Bedürfnis nach stärkerer Wahlbetheiligung sich eingestellt hat, da war dieselbe auch vorhanden. Und wenn von der liberalen Seite zahlreich zur Wahlurne geschritten worden wäre, so wäre auch von der Gegenseite aus eine stärkere Wahlbetheiligung erfolgt. In einigen Orten wurde von Seite der Liberalen Wahlenthaltung proclamiert. Daher rührt die geringe Betheiligung an den Wahlen. Was nun die Wahlen "nach Vorschrift" betrifft, so denke ich, kann sich die Stadt Feldkirch schon gar nicht auf freie Wahlen berufen. (Zustimmung.) In Feldkirch werden die Candidaten in WählerVersammlungen aufgestellt, die im Verhältnis zur Anzahl der Wähler in der Regel sehr schwach besucht sind. Dort ist es schon ganz sprichwörtlich geworden, dass man sagt: "Ja, man wird uns schon sagen, wenn wir zu wählen haben." So wird dann auch thatsächlich gewählt. (Heiterkeit.) Pfarrer Thurnher: Ich habe den Herrn Ganahl vielleicht nicht recht verstanden. Aber so viel ich gehört und verstanden, wollte mit scheinen, dass er die schwache Betheiligung an den Landtagswahlen auf den Umstand zurückzuführen will, dass seit Jahren eine gewisse Pression auf die Wähler ausgeübt, und infolgedessen ihnen das Wählen so ganz und gar verleidet worden sei. Wenn er in der Aufzählung jener Beispiele, die er für seine Behauptung angeführt hat, ein bisschen genauer nachgesehen Hütte, so würde er gefunden haben, dass er gerade ein Beispiel anführte, das seiner Behauptung geradezu widerspricht, und das er demnach besser weggelassen hätte. So bringt er auch Bezau und zwar als Beweis dafür, dass auch dort wie an anderen Orten die nicht näher bezeichnete Pression die Ursache der schwachen Wahlbetheiligung gewesen sei. Das ist ein total falscher Schluss. Wenn die Betheiligung so vielfach eine schwache war, so ist in erster Reihe der Umstand die Ursache hievon, weil eben keine Gegner in den Gemeinden sind, keine Liberalen, und darum auch kein Kampf möglich. Wüsste das Volk, dass sich ein liberaler Candidat melden wollte, sagen wir als Wahlmann, so kann der Herr Ganahl sicher sein, dass Wähler zur Genüge auftreten werden. Ja auch, wenn der Herr Ganahl selbst als Gegencandidat auftreten wollte, so würde er finden, dass gewiss hinreichend gegnerische Wähler vorhanden sind. (Ganahl: Ich zweifle gar nicht.) Ein weiterer Umstand, warum die Wahlbetheiligung eine schwache gewesen, ist auch der, weil die Leute wissen, dass solche Wahlmänner gewählt werden, die wiederum eine Mehrheit schaffen, wie sie bereits seit Jahren im Vorarlberger Landtage bestanden hat, und ich darf ganz ruhig behaupten, dass selbst in liberalen Kreisen ausgesprochen worden ist: "Der Landtag, wie er in feiner Majorität bisher gewesen, ist uns auch für die Zukunft recht." Das Volk wollte keine andere Mehrheit, und desIV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. 39 wegen, weil es gewusst hat, dass in den Gemeinden Wahlmänner von der Gesinnung wie bisher gewählt werden, hat dasselbe es für überflüssig gehalten, weitere Schritte zu thun hat, die Zeit unnöthig zu versäumen. Ich kann auch verrathen, meine Herren, dass an mehreren Orten des Landes eine ganze Reihe von Wählern in die Wahllocale traten, jeder mit einer Vollmacht in der Tasche, und zwar Wähler von unserer Seite, die nur darauf achteten, ob auch die Gegner sich zahlreich einstellen, um dann mit der Vollmacht herauszurücken, während sie so dieselben in Wirklichkeit in der Tasche ließen, da eben gegnerische Wähler nicht erschienen. Wären Gegner aufgetreten, so wäre die Betheiligung an vielen Orten eine bedeutend stärkere geworden. Dass wirklich der Mangel an Gegnern auch die Ursache dieser äußerst schwachen Betheiligung ist, dafür haben wir ein Beispiel aus neuester Zeit. Meine Herren, Sie wissen, vor wenigen Jahren war in Dornbirn ein heftiger Kampf, bei den Steuerrathswahlen. Dieses Jahr wurde nun eine Wahlliste vereinbart und so wusste man, die Aufgestellten werden gewählt, ob viel oder wenig erscheinen, und die Zahl der Wähler hat wirklich in außerordentlicher Weise abgenommen, offenbar deshalb, weil alle Wähler dies- und jenseits sich bewusst waren, die Compromissliste wird auf jeden Fall gewählt, und es wird ein weiterer Kampf nicht entstehen. Ich will noch etwas über Bezau anführen, was mir im Augenblicke entfallen ist. In Bezau fand vor sechs Jahren ein sehr heftiger Wahlkampf statt, und dieses Jahr ist, wie der Herr Genaht selbst bezeugt, dieser Kampf verschwunden. Es war Niemand da, der andere Wahlmänner wollte, als solche, die wiederum mitstimmen für eine Mehrheit, wie solche in der letztverflossenen Periode bereits bestanden hat. Das ist wiederum ein Grund anzunehmen, dass man mit der Wirksamkeit des Vorarlberger Landtages in seiner großen Mehrheit zufrieden war. Wenn der Herr Ganahl gemeint hat, dass sich gegenwärtig die Majorität des Landtages nicht gerade rühmen darf, vom Volke gewählt zu sein, so will ich ihm diese Anschauung nicht nehmen und will ihm das billige Vergnügen lassen, sich mit dieser Anschauung weiter zu beschäftigen. Wenn er indes glaubt, dass ein früher gewählter Landtag liberaler Richtung in der Beziehung, erlauben Sie mir den Ausdruck - ein besseres Material gehabt habe, weil viele Vorsteher gewählt wurden, so kann ich darauf Hinweisen, dass auch hier eine bedeutende Anzahl von Vorstehern sitzt nur mit dem Unterschiede, dass sie nicht seiner, sondern unserer Gesinnung sind. Wenn ich nicht irre, sind hier zehn Herren, welche entweder Vorsteher waren oder noch active Vorsteher sind. Dass ihm die zwei geistlichen Herren, welche hier sind, in die Augen stechen, kann man ihm seiner Vergangenheit nach nicht übel nehmen. Wenn er aber glaubt, dass diese geistlichen Herren sich aufgedrängt hätten, um in den Landtag zu kommen, oder dass sie zum Zwecke ihrer Wahl eine Pression ausgeübt, so ist er mit dieser Ansicht total auf dem Holzwege. Wenn ich gewünscht hätte, in den Landtag zu kommen, so wäre ich, dessen kann der Herr Ganahl sicher sein, nicht erst 13 Tage der letzten Session hier gewesen, sondern schon sechs volle Jahre. Ich musste mich außerordentlich wehren, um nicht damals in den Landtag gewählt zu werden. Ganahl: Das Wesentliche in den Ausführungen des Herrn Vorredners besteht darin, dass er behauptet, was ich früher angezogen habe als Behauptung der clericalen Presse, nämlich dass es die Siegeszuversicht gewesen ist, welche die Wähler abgehalten habe, an der Urne zu erscheinen. Ich habe dem gegenüber meine Bedenken geäußert, und habe gesagt, dass auch eine andere Auslegung zulässig sei, und ich habe in dieser Richtung manche Äußerung gehört, ja Sie können mir glauben, dass dies nicht aus der Luft gegriffen ist. Das Volk ist müde der fortwährenden Pression. Der frühere Herr Vorredner hat bemerkt, dass in Feldkirch die Wählerversammlungen so schlecht besucht waren. Das ist jetzt das Los der meisten Wählerversammlungen. Ich möchte fragen, wie die Wählerversammlung der konservativen Partei in Feldkirch ausgesehen hat. Ich glaube, da hat man von einer Wählerversammlung überhaupt nichts gehört, sondern sie haben sich auf ihren Candidaten in camera caritatis geeinigt, und dann das Resultat verkündet. Die liberale Partei hat eine regelrechte Wählerversammlung gehabt, und sie war von ungefähr 30 Personen besucht. Es ist bedauerlich, dass es nicht mehr waren. Von einer regelmäßig ausgeschriebenen Wählerversammlung der conservativen Partei habe ich damals nichts gehört. Weiters habe ich nichts zu bemerken. Martin Thurnher: Ich beantrage Schluss der Debatte. 40 IV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. Landeshauptmann: Es sind theils jetzt, theils früher zum Worte gemeldet die Herren Dr. Waibel, Johann Thurnher und Wegeler. Der Herr Berichterstatter beantragt Schluss der Debatte. Ich bitte jene Herren, welche mit diesem Antrage einverstanden sind, sich erheben zu wollen. Angenommen. Jodok Fink: Ich möchte nur auf einem einzigen Umstand aufmerksam machen, aus dem man ersehen kann, dass man aus einer schwachen Wahlbetheiligung nicht darauf schließen muss, dass man entweder mit dem Wahlmodus nicht einverstanden oder eine Pression vorausgegangen ist, sondern dass ein ganz anderer Grund da maßgebend sein kann und in sehr vielen Fällen maßgebend ist. Zum Beweise hiefür berufe ich mich auf die Gemeindewahlen. Ich möchte alle jene Herren, welche Gemeindewahlen auch schon mitgemacht haben und zwar auf dem Lande, denn in den Städten, wo zwei Parteien sind, gibt es immer mehr Betheiligung, fragen ob nicht dann, wenn man mit der bisherigen Verwaltung und Vorstehung einverstanden war, in der Regel fast gar keine Wahlbetheiligung war. Nur dann, wenn man nicht einverstanden war, hat man gesagt: Holla, da müssen wir Andere wählen, da müssen wir uns betheiligen. Sonst hat man es als selbstverständlich betrachtet, dass die Alten bleiben, es ist alles in Ordnnng und man bleibt zuhause bei der Arbeit und geht nicht zur Wahl. Ich glaube, dass jeder redlich denkende mir zugeben wird, dass das der Grund der Nichtbetheiligung bei Gemeindewahlen ist, und meiner innersten Überzeugung nach ist das auch der Grund der schwachen Betheiligungen bei den Landtagswahlen in den Landgemeinden. Man war bisher zufrieden mit dem Vorgehen des Landtages, man hat gesehen, dass keine Gefahr vorhanden sei, dass etwas anderes komme und hat sich deshalb schwach betheiligt. Ich wollte nur anführen, um zu zeigen, dass man aus der schwachen Betheiligung bei den Wahlen nicht auf Pression, nicht auf unrichtige Wahlform und wohl nicht gerade auf das Wahlmüdesein schließen müsse. Ich würde zwar noch am ehesten das gelten lassen, dass das Volk der Wahl müde werden könnte und dass, wenn nicht ein eigenes Reizmittel nämlich die Parteiengegensätze vorhanden sind, es sich überhaupt weniger betheiligt. (Kohler: Sehr richtig.) Dr. Waibel: Ich habe nur noch wenige Bemerkungen zu machen. Was die Wahlmündigkeit anbelangt, so glaube ich, dürfte dieselbe auf die Landtagswahlen kaum Anwendung finden können, weil sie ja nur alle sechs Jahre stattfinden. Alle sechs Jahre einmal eine Wahl vornehmen, um Männer zu wählen, welche eine so wichtige Aufgabe zu erfüllen haben, da dürfte es der Bevölkerung wohl anstehen, sich mit dieser Aufgabe zu befassen und zu zeigen, dass sie ein Interesse an den Landesangelegenheiten hat und den Wahlmännern in größerer Anzahl ihr Vertrauen entgegenbringt. Wenn der Herr Abgeordnete Pfarrer Thurnher meint, dass, obwohl die Wahlbetheiligung eine so schwache ist, die Vertrauenskundgebung doch vorhanden sei, so möchte ich das doch bezweifeln. Es sollte mit der directen Wahl einmal die Probe gemacht werden können. Wer durch directe Wahl gewählt wird kann sagen, ich bin der Mann des Vertrauens der Bevölkerung, Nach dieser indirecten Wahlmethode wäre ein Beweis nicht zu erbringen. Dass die directen Wahlen einen größeren Anreiz für die Wahlbetheiligten besitzen, dafür liegt der Beweis in den Wahlen der Städte und des Marktes Dornbirn, wo die Wahlen direct stattfinden. Jedesmal ist die Wahlbetheiligung dort eine sehr lebhafte, und jene, welche gewählt erscheinen, können sich darauf berufen, dass sie thatsächlich die Vertrauensmänner der Mehrheit der Bevölkerung sind, welche sich für diese Angelegenheit interessiert und für diese wichtige Aufgabe ein Verständnis hat. Ich muss gestehen, ich bin durch die Ausführungen des Herrn Pfarrer Thurnher etwas überrascht worden und zwar nach der Richtung hin, dass ich aus seinen Ausführungen den Schluss ziehen muss, dass er nicht mehr wie im vorigen Jahre Vertreter der directen Wahlen ist. Voriges Jahr hat sich der Herr Pfarrer Thurnher anlässlich der Berathungen über die Wahlordnung mit Bestimmtheit für die directen Wahlen ausgesprochen. Die heutigen Ausführungen aber lassen vermuthen, dass in seinen Anschauungen eine Wandlung eingetreten ist, ich will nicht sagen zum Besseren, aber zu einer anderen Anschauung. (Kohler: Ist schon bekehrt.) Wenn der Herr Jodok Fink die Pression der Geistlichkeit bei den Wahlen in Abrede stellt, so IV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. 41 kann ich dieser Behauptung nicht zustimmen, nach dem, was man im Laufe der Zeit wahrnehmen konnte und was man von allen Seiten gehört hat. Die geistlichen Herren betheiligen sich bei den Wahlen sehr lebhaft. Wenn Niemand kommt, sind wenigstens sie da, um zu beobachten, wer von ihren Schäflein erscheint, und wer die Stimme in ihrem Sinne abgibt. Dass diese Pression wirksam ist, naturgemäß wirksam sein muss, das brauche ich nicht zu erklären, das wissen Alle wohl, ohne darüber weitere Worte verlieren zu muffen. Die Bemerkung des Herrn Pfarrer Thurnher bezüglich der Steuerrathswahlen in Dornbirn ist auf das, glaube ich, was uns berührt, wohl nicht recht anwendbar. Es ist allerdings die Betheiligung bei diesen Wahlen eine sehr mäßige gewesen, es sind nur 60 Wahlberechtigte erschienen, obwohl 1300 die Berufung dazu gehabt hätten. Das erklärt sich aber aus einem ganz anderen Grunde, der hier nicht in Betracht kommt. Es hat, das ist ja den Mitgliedern aus Dornbirn bekannt, eine Verabredung innerhalb des Gemeinde-Ausschusses, der aus zwei Parteien besteht, stattgefunden, und die Herren haben es für zweckmäßig gefunden, da es sich um keine politischen, sondern rein ökonomische Angelegenheiten handelt, sich miteinander zu verständigen und eine Wahl anzubahnen, welche dem Zwecke am besten entspricht, und sich über Männer zu vereinbaren, welche dieser Aufgabe am besten gewachsen sind. Dass diese Vereinbarung zustande gekommen ist, darin liegt keine Pression, sondern sie war nur ein von den berufenen Vertrauensmännern der Gemeinde zustande gebrachter Vorschlag. Weil nun dieser Vorschlag allseitig Zustimmung gefunden hat, hat man es nicht für nothwendig gehalten, noch durch eine allgemeine Abstimmung diesen Vorschlag zu bestätigen. Ich habe meinen Ausführungen weiter nichts mehr beizufügen und schließe hiemit. Johannes Thurnher: Die letzten Worte des Herrn Vorredners haben dasjenige bekräftiget, was der Herr Pfarrer Thurnher über die SteuerrathsWahlen in Dornbirn gesprochen hat. Die Bevölkerung braucht nur vornherein zu wissen, wer gewählt wird und dass sie damit einverstanden sein kann, dann überlässt sie das Wählen denjenigen, welche am besten Zeit oder für das Wählen eine besondere Vorliebe haben. Das hat sich bei den Steuerrathswahlen in Dornbirn eclatant gezeigt. Seit einer Reihe von Jahren ist diese Wahl immer sehr lebhaft gewesen, jetzt sind im Compromisswege Männer acceptiert worden, mit welchen man einverstanden sein konnte, und das Resultat davon war, dass eine große Zahl Wähler von der Wahl ferne blieb. Man hat auch nicht agitiert, dass zur Wahl gegangen werde. Das war ein ganz natürliches Resultat. Wenn der erste Herr Vorredner, der Herr Bürgermeister der Stadt Feldkirch, gesagt hat, die Wähler der Landgemeinden haben angefangen, auf ihr politisches Recht zu verzichten, so glaube ich, dass das von verschiedenen Herren Rednern bereits widerlegt worden ist, selbst von seinem Collegen, Herrn Dr. Waibel und von mir. Sobald die Leute wissen, wer aufgestellt ist, und sie sind damit einverstanden und wissen, dass die Wahl in dieser Weise zustande kommt, so legen sich die Leute nicht unnütze Kosten auf und verlieren Zeit. Die Herren müssen wissen, dass wir es auf dem Lande mit einer arbeitenden Bevölkerung zu thun haben, welche jeden halben Tag in Anschlag bringen muss, und es ist auf diese Weise wohl erklärlich, dass in einer Gemeinde mit etwa 150 Wählern nicht gleich 100 zur Wahl laufen, wenn man von vornherein weiß, wer gewählt wird und man damit einverstanden ist. Der erste Herr Vorredner hat besonders die Selbständigkeit des ersten Landtages im Jahre 1861 hervorgehoben, damals sei eine ziemlich starke Wahlbewegung auf dem Lande gewesen. Das ist wohl erklärlich, man hat müssen wühlen gehen, weil man sich früher nicht vereinbart hat, Jeder hat sehen wollen, wie es geht und darum ist man zur Wahl gegangen. Wenn Herr Ganahl es als ein besonderes Verdienst jener selbständigen Männer hinstellt, welche aus den ersten Wahlen hervorgegangen sind, dass dieselben den Ausspruch gethan haben, kein Geistlicher und kein Fabrikant soll gewühlt werden, so ist das dem Wortlaute nach wahr. Geistliche waren damals nicht im Landtage, welche die Anderen hätten in's Schlepptau nehmen können, wenn dies in dieser Richtung überhaupt zu fürchten wäre - dem hochwürdigsten Bischof wird man diese Aufgabe wohl nicht zumuten - aber Fabrikanten waren da. Ich weiß mich noch zu erinnern, dass der sel. Papa des Herrn Ganahl und der Herr Baron Seyffertitz, 42 IV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. beide Fabrikanten, so ziemlich alles ausgemacht haben, was im Landtage geschieht und die Anderen in's Schlepptau genommen haben und die Bevölkerung hat zugeschaut. Ich glaube, dass dies durch 2 Landtags-Perioden vorgekommen ist. Im Jahre 1870 aber haben die Erscheinungen, welche in der Zwischenzeit im Landtage zu Tage getreten sind, der Bevölkerung nicht mehr gefallen, und dies hat genügt, dass auf einmal auf dem Lande eine größere Thätigkeit und ein größerer Eifer für die Wahlen zustande gekommen ist. Wenn der Herr Vorredner die Wahlergebnisse, die Betheiligung der Wähler auf dem Lande voll jener Zeit producieren würde, so würden ganz andere Ziffern zum Vorscheine kommen. Damals hat man es mit einem Gegner nach unbekannter Größe zu thun gehabt, man hat große Anforderungen an die Wähler stellen müssen. Aus einem vor den siebziger Jahren aus drei oder vier conserativen und 16 liberalen Abgeordneten bestandenen Landtage ist das Gegentheil zustande gekommen. Die Bevölkerung war auf einmal nicht mehr zufrieden und hat sich deshalb aufgerafft. Seit dort ist es eine lange Zeit, zählen sie nur von 1870 bis 1896, das sind 26 Jahre, ich glaube, dass, wenn die Landbevölkerung sich seit 26 Jahren bei den Wahlen nicht mehr echauffiert, es doch ein Zeugnis ist, dass dieselbe mit den Leistungen des Landtages zufrieden ist. Das ist die Ursache, warum auf dem Lande keine so starke Wahlbetheiligung mehr stattgefunden hat. Etwas anderes ist es in der Städtegruppe, namentlich in der Marktgemeinde Dornbirn, wo ein Theil der Bevölkerung mit dem Landtage nicht einverstanden ist, da hat es aber auch immer eine hübsche Betheiligung gegeben und zwar von Seite der Liberalen sowohl, als auch von Seite der Conservativen. Uber die Wahlbetheiligung in Feldkirch will ich mich nicht aussprechen, weil noch einer oder zwei Herren von Feldkirch zum Worte kommen werden. Ich will nun mit meinen Ausführungen über die Wahlbetheiligung schließen, nachdem ich mich über die hauptsächlichen Ursachen der schwachen Betheiligung auf dem Lande ausgesprochen habe und erkläre, dass ich den Ausführungen der Herren Pfarrer Thurnher und Dr. Waibel über die letzten Steuerrathswahlen in Dornbirn vollkommen beistimme. Über die Wahlmüdigkeit muss ich aber noch etwas sagen. Der Herr Dr. Waibel hat gemeint, die Leute brauchen nicht wahlmüde zu sein, weil nur alle 6 Jahre Reichsrathswahlen stattfinden. Das wäre richtig, wenn das die einzigen Wahlen wären, aber wir hatten soeben auch noch Landtagswahlen, dann gibt es Gemeindewahlen, Steuerrathswahlen und noch verschiedene andere Wahlen. Wenn sie die Gemeindeblätter hernehmen, so werden Sie finden, dass es Zeiten gibt, wo die Bauern fast jeden Sonntag wählen gehen müssen. Unter diesen Umständen ist eine gewisse Wahlmüdigkeit wohl erklärlich. Jetzt haben wir erst die Landtagswahlen gehabt und nun kommen schon wieder zweimal Reichsrathswahlen. Wollen Sie nur den Versuch machen, ob Sie durch Aufstellung von liberalen Candidaten in den Landgemeinden nicht eine größere Wahlbetheiligung zustande bringen. Ich empfehle dem Herrn Dr. Waibel und dem Herrn Bürgermeister von Feldkirch, die Wähler zu bewegen, in den Landgemeinden einen liberalen oder socialdemokratischen Candidaten aufzustellen und diesen bekannt zu geben, und dann werden Sie das von Ihnen gewünschte Resultat einer größeren Betheiligung sofort vor Augen haben. Wegeler: Ich möchte nur dem Herrn Bürgermeister Ganahl gegenüber einige Bemerkungen machen. Er hat dort, wo er über die schwache Betheiligung an den Wählerversammlungen, wie dies gewöhnlich vorkomme, gesprochen hat, bemerkt, dass anlässlich der letzten Wahlen die Liberalen eine Wählerversammlung gehabt haben, an welcher 20-30 Wähler sich betheiliget haben, die Conservativen Hütten gar keine Wählerversammlung gehabt. Da möchte ich erinnern, dass das nicht richtig ist. Die Conservativen oder Christlich-Socialen haben 8 oder 10 Tage vor den Liberalen eine Wählerversammlung abgehalten, welche verhältnismäßig ganz gut besucht war. Wir stehen in Feldkirch gegenüber den Liberalen ungefähr im Verhältnis von 1 zu 2; wir haben eine Betheiligung von ungefähr 15 bis 20 gehabt und die Liberalen von 20 bis 25. Ich bemerke das nicht, weil es an und für sich von Wichtigkeit ist, sondern deshalb, weil dasjenige, was im Landtage gesprochen wird, gedruckt wird und in die Öffentlichkeit kommt und IV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 8. Periode 1897. 43 weil ich selbst im Wahlcomite bin, damit nicht auf diese Weise die falsche Ansicht verbreitet wird, als ob die Christlich-Socialen gar keine Wählerversammlung gehabt hätten. (Ganahl: Öffentlich angeschlagen war sie aber nicht.) In Ihrer nächsten Nähe beim Rathhause, sowie auch an anderen Stellen der Stadt war sie angeschlagen. (Martin Thurnher: Das nächste Mal schicken Sie dem Herrn Bürgermeister einfach einen Zettel.) Der Herr Redacteur Heim wird auch wissen, dass mehrere Zettel angeschlagen waren. Ich habe nur noch etwas über dasjenige zu bemerken, was der Herr Abgeordnete Ganahl über die freien selbständigen und selbstbewußten Wahlen in den früheren Jahren besonders in jener Zeit, als der erste Landtag zusammengekommen ist, gesagt hat. Er hat sich ausgedrückt, dass er bereits im Jahre 1861 an den Wahlen sich betheiliget habe. Ich bin etwas jünger, als der Herr Bürgermeister Ganahl, und war damals noch nicht dabei, aber im Jahre 1865 oder 1866, wo die nächsten Landtagswahlen stattgefunden haben, war ich auch dabei. Habe sie mit angesehen und dabei Dienste verrichtet. Ich möchte den Herrn Ganahl nur erinnern, wenn man von einer freien selbstständigen und selbstbewussten Wahl spricht, dass das nicht von einem Vertreter der Familie Ganahl geschehen sollte, weil man im Oberlande, in Frastanz, in Altenstadt, in Feldkirch und Tisis u. s. w. doch eine ganz andere Anschauung hat. Die Herren haben sich sehr bemüht, ihren Einfluss geltend zu machen, und er ist auch sehr stark zur Geltung gekommen, man hat ihn stark gefühlt. Dressel: Da schon Alles, was ich erwidern wollte, uoii anderer Seite gesagt worden ist, so habe ich nichts weiter vorzubringen. Nur was die Wahlbetheiligung in den Städten betrifft, möchte ich noch bemerken, dass dieselbe immer eine größere ist, weil dort immer auch eine bedeutende Opposition vorhanden war. Landeshauptmann: Der Herr Pfarrer Thurnher hat sich zu einer thatsächlichen Berichtigung zum Worte gemeldet. Pfarrer Thurnher: Ich möchte den Ausführungen des Herrn Abgeordneten der Handels- und Gewerbekammer gegenüber nur richtig stellen, dass ich nicht über Directe oder indirecte Wahlen gesprochen, sondern einfach gegen die Behauptung reagiert habe, dass die schwache Betheiligung an bcn Wahlen von der sogenannten clericalen Pression herrühre. Dagegen habe ich die schwache Wahlbetheiligung darauf zurückgeführt, dass keine Gegnerschaft dagewesen und das Volk mit dem Landtage zufrieden gewesen ist. Der beste Beweis dafür sind die Ausführungen des Herrn Gaitahl selbst, der keinen einzigen Beweis für seine Behauptung anzuführen in der Lage war. Ganahl: Ich bitte um das Wort zu einer thatsächlichen Berichtigung. Es ist mir gesagt worden, dass ich kein Beispiel anzuführen wüsste. . . (Rufe: Das ist keine thatsächliche Berichtigung.) Ich werde doch nicht beweisen müssen, was man im ganzen Lande weiß; man wird die geistliche Agitation doch nicht bestreiten wollen. Da mir keine weiteren Ausführungen gestattet sind, so muss ich mich fügen und auf das Wort verzichten. Landeshauptmann: Ich erkläre die Debatte für geschlossen und ertheile das Wort dem Herrn Berichterstatter. Martin Thurnher: Nachdem die Debatte bereits eine bedeutende Ausdehnung angenommen hat, so werden die Herren mit dem Berichterstatter wohl zufrieden sein, wenn er ihrem Beispiele nicht folgt und keine langen Auseinandersetzungen mehr macht. Über die Ausführungen des Herrn Ganahl kann ich hinweggehen, da ihm bereits von allen Seiten entgegnet worden ist, und bei ihm selbst, wie ich glaube, wohl mehr ein frommer Wunsch ist, statt Überzeugung, dass nämlich in der geringen Wahlbetheiligung eine Abneigung der Bevölkerung gegenüber dem Landtage und den jetzigen Verhältnissen zu erblicken sei. Wenn die Herren glauben würden, dass ihre Anschauungen auf Thatsachen beruhen, dann hätte es der Aufforderung meines Nachbarn nicht bedurft, sie Hütten es schon selbst verstanden, für ihre Partei zu wirken, um ein gegentheiliges Wahlresultat zu erzielen. Auf einen 44 IV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. Punkt muss ich aber noch zurückkommen. In den Reden, die auf der anderen Seite des h. Hauses gehalten wurden, wurden wieder Klagen vorgebracht über die Betheiligung des Clerus bei den Wahlen. Nun, wenn ich solche Klagen höre, so kommt mir immer das Posthorn des Freiherrn von Münchhausen in Erinnerung, in welchem die Töne eingefroren waren und die dann später an einen warmen Ort gebracht, von selbst losgiengen. (Dr. Waibel: Kolossaler Witz!) Die Ausführungen und Bemerkungen gegen den Clerus sind veraltete, aus früherer Zeit stammende, heute huldigt man solcher Ansicht nicht mehr. (Dr. Waibel: Sie besteht heute noch!) Ich werde meine Anschauungen begründen. Vor 20 oder 30 Jahren, da haben die Liberalen - nicht gerade in Vorarlberg, aber anders wo - unter dem Schlachtrufe: "Der Clerus ist der Feind" ihre Züge gegen die Volkswohlfahrt eröffnet, und wurde auf diese Weise dem Volke Sand in die Augen zu streuen gesucht. Heute ziehen solche Anschauungen über den Clerus nicht mehr. Das Volk verehrt jeden Priester und sieht sie als seine Führer an. Es weiß, dass es der Priester mit seiner geistigen und materiellen Wohlfahrt gut meint und dieselbe zu fördern trachtet; das Volk erkennt im Priester seinen Führer von der Wiege bis zum Grabe. Der Priester ist im Volke ausgewachsen, er stammt gewöhnlich aus den niederen Schichten der Bevölkerung und kennt deren Bedürfnisse. Deshalb ist er auch berufen, bei den Wahlen sein Wort und seine Kraft einzulegen, damit die Wahlen in einer Weise vollzogen werden, wie es nach seiner Anschauung zum Wohle des Landes und des Volkes am zweckdienlichsten erscheint. Meine Eingangs gemachte Bemerkung war also nicht ein Witz, wie Herr Dr. Waibel meinte, sondern vollkommener Ernst. Diese Anschauungen der Liberalen sind im Volke verschwunden, der Priester wird als vollberechtigter Staatsbürger angesehen und wir halten es nicht nur für sein Recht, sondern geradezu für seine Pflicht, dass er auch in dieser Hinsicht wirkt und schafft zum Wohle des Volkes. Nachdem gegen den Antrag selbst keine Einwendungen erhoben worden sind, so bitte ich, zur Abstimmung zu schreiten, und ersuche denselben, so wie er vom Landesausschusse gestellt worden ist, zum Beschlusse zu erheben. Landeshauptmann: Ich schreite nun zur Abstimmung und werde alle Punkte des Antrages unter Einem zur Abstimmung bringen. Jene Herren, welche damit einverstanden sind, wollen sich gefälligst von den Sitzen erheben. Angenommen. Somit wäre dieser Gegenstand erlediget. Der letzte Gegenstand unserer heutigen Tagesordnung ist die Wahl der Landes-Ausschussmitglieder und deren Ersatzmänner. Hierfür sind maßgebend die §§ 12 und 13 der Landes-Ordnung. Der § 12 bestimmt, dass ein Mitglied des Landes-Ausschusses durch die von der Wählerclasse der Städte und der Handels- und Gewerbekammer gewählten Abgeordneten und ein Mitglied durch die von der Wählerclasse der Landgemeinden gewählten Abgeordneten ans der Mitte des Landtages zu wählen ist. Das dritte und vierte Mitglied wird von der ganzen Landesversammlung aus ihrer Mitte gewählt. Ebenso wird nach § 13 der Landes-Ordnung nach demselben Wahlmodus für jedes Ausschussmitglied ein Ersatzmann gewählt. Ich schreite nun zunächst zur Wahl des LandesAusschussmitgliedes durch die Wählerclasse der Städte und der Handels- und Gewerbekammer, und ersuche die Herren Abgeordneten der Städtegruppe ihr Wahlrecht auszuüben und gefälligst einen Namen zu schreiben. (Wahlact.) Ich ersuche die Herren Abgeordneten Nägele und Scheidbach, gefälligst das Scrutinium zu übernehmen. Nägele: 6 Stimmzettel sind abgegeben worden. Scheidbach: Von den 6 abgegebenen Stimmen sind 5 auf Herrn Dr. Schmid entfallen. Landeshauptmann: Es ist somit Herr Dr. Schmid zum Mitglieds des Landes-Ausschusses aus der Städtecurie gewählt. Wir kommen nun zur Wahl ans der Landgemeindencurie, und ersuche wiederum einen Namen zu schreiben. (Wahlact.) Ich ersuche die Herren Dressel und Ölz, das Scrutinium vorzunehmen. IV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. 45 Dressel: 14 Stimmzettel sind abgegeben worden. Ölz: Von den 14 abgegebenen Stimmen erhielten Herr Johannes Thurnher 13 und Herr Martin Thurnher 1 Stimme. Landeshauptmann: Es ist somit Herr Johannes Thurnher zum Landesausschuss-Mitgliede aus der Curie der Landgemeinden gewählt. Nun kommen wir zur Wahl des dritten und vierten Ausschuss-Mitgliedes aus der ganzen Landesversammlung. Ich ersuche die Herren gefälligst, zwei Namen schreiben zu wollen. (Wahlact.) Ich ersuche die Herren Pfarrer Thurnher und Fink gefälligst das Scrutinium vorzunehmen. Pfarrer Thurnher: 20 Stimmzettel sind abgegeben worden. Fink: Von den abgegebenen Stimmen erhielten die Herren Kohler und Martin Thurnher je 18. Landeshauptmann: Aus der Mitte des ganzen Hauses sind also gewählt die Herren Martin Thurnher und Johann Kohler. Nun kommen wir zur Wahl der Ersatzmänner. Hierbei werde ich wieder in der gleichen Weise vorgehen und ersuche die Herren der Städtecurie, den Ersatzmann zu wählen. (Wahlact.) Wollen die Herren Abg. Pfarrer Fink und Müller gefälligst das Scrutinium vornehmen. Pfarrer Fink: 6 Stimmzettel sind abgegeben worden. Müller: Davon erhielt Herr LandeshauptmannStellvertreter Arnold Ganahl 5 und Herr Dr. Waibel 1 Stimme. Landeshauptmann: Es ist somit als Ersatzmann für Herrn Dr. Schmid der Herr LandeshauptmannStellvertreter Arnold Ganahl gewählt. Nun kommen wir zur Wahl des Ersatzmannes für den Herrn Johannes Thurnher aus der Landgemeinden-Curie. (Wahlact.) Ich ersuche die Herren Abgeordneten Wittwer und Scheidbach gefälligst, das Scrutinium vorzunehmen. Wittwer: Abgegeben wurden 14 Stimmen. Scheidbach: Davon erhielt Herr Wegeler 13. Landeshauptmann: Somit ist Herr Josef Wegeler als Ersatzmann aus der LandgemeindenCurie gewählt. Nun kommen wir zur Wahl des Ersatzmannes für das aus dem vollen Hause gewählte Landesausschuss-Mitglied Martin Thurnher. (Wahlact.) Ich ersuche die Herren Johannes und Martin Thurnher gefälligst, das Scrutinium vorzunehmen. Johannes Thurnher: 20 Stimmzettel sind abgegeben worden. Martin Thurnher: Von den abgegebenen Stimmen erhielt Herr Alois Dressel 13, die übrigen sind zersplittert. Landeshauptmann: Herr Alois Dressel erscheint somit als Ersatzmann für Herrn Martin Thurnher gewühlt. Schliesslich haben wir noch die Wahl des Ersatzmannes für Herrn Johann Kohler aus dem ganzen Hause vorzunehmen. (Wahlact.)