18970226_lts015

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Letzte Änderung 03.07.2021, 11:04
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp08,lts1897,lt1897,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 15. Sitzung am 26. Februar 1897, unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 20 Abgeordnete. Abwesend: Herr Nägele. Regierungsvertreter: Herr Statthaltererrath Josef Graf Thun-Hohenstein. Beginn der Sitzung 10 Uhr 15 Mm. Vormittags. Landeshauptmann: Die heutige Sitzung ist eröffnet. Ich ersuche um Verlesung des Protokolles der vorgestrigen Sitzung. (Secretär verliest dasselbe.) Hat einer der Herren gegen die Fassung des Protokolles eine Einwendung zu erheben? Da dies nicht der Fall ist, so betrachte ich dasselbe als genehmiget. Ich ertheile das Wort dem Herrn Regierungsvertreter. Regierungsvertreter: Hohes Haus! Es ist mir heute von Sr. Excellenz, dem Herrn Statthalter, im Auftrage des Ackerbauministers ein Gesetzentwurf zugegangen, wodurch in Gemäßheit des Gesetzes vom 6. Februar 1869 R.-G.-Bl. Ztr. 18 die Organe bestimmt werden, welche zur Entscheidung darüber berufen sind, ob durch einen Grundtausch eine bessere Bewirtschaftung bewirkt wird. Dieses Gesetz vom 6. Februar 1869 R.-G.-M. Nr. 18 betrifft die Vorschriften über das Verfahren bei der grundbücherlichen Zertheilung einer Liegenschaft und bestimmt näher im § 10, dass die Organe, welche zur Beurtheilung und Entscheidung der Thatsache, ob ein Tausch von Grundstücken zur besseren Bewirtschaftung vortheilhafter sei oder nicht, berufen sind, durch die Landesgesetzgebung bestimmt werden. 176 XV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. Nachdem nun im Lande Vorarlberg das Grundbuchsgesetz beschlossen ist, erscheint es angemessen, auch hier für eine landesgesetzliche Ausführung des § 10 des oben citierten Reichsgesetzes Vorsorge zu treffen. Ich gebe mir daher die Ehre, dem h. Hause diesen Gesetzentwurf als Regierungsvorlage zu überreichen. Landeshauptmann: Ich glaube, es dürfte wegen der kurzen Zeit, die uns noch zur Verfügung steht, am besten sein, diese Regierungsvorlage im kurzen Wege dem Grundbuch-Ausschusse zur Prüfung und Berichterstattung zuzuweisen. Martin Thurnher: Ich habe gegen den Vorschlag des Herrn Vorsitzenden nichts einzuwenden, ich möchte denselben aber dahin erweitert wissen, dass dem Grundbuch-Ausschusse die mündliche Berichterstattung anheimgestellt bleibt. Landeshauptmann: Sind die Herren mit diesem Vorschläge einverstanden? Da keine Einwendung erfolgt, so betrachte ich ihn als genehmiget. Ich habe bereits veranlasst, dass die Regierungsvorlage in Druck gelegt wird, damit die Herren den Inhalt derselben kennen lernen. Als weiteres Einlaufstück ist mir eine Eingabe des Christian Bickel von Fontanella zugekommen um Gewährung einer Unterstützung zur Wiederherstellung des im Winter 1896 durch eine Staublawine verschütteten Maiensäßhauses in Trötsch. Da ein ähnliches Gesuch desselben Bickel meines Wissens bereits dem Landes-Ausschnsse vorgelegt wurde, so glaube ich, könnte dieser Gegenstand im kurzen Wege dem h. Landes-Ausschusse zugewiesen werden. Wenn die Herren damit einverstanden sind, so wird in diesem Sinne vorgegangen werden. Der Herr Abgeordnete Nägele hat sich für die heutige Sitzung entschuldiget, weil er als Gemeindevorsteher die Wahlen in Gaißau zit leiten hat. Wir kommen nun zu unserer Tagesordnung. Auf derselben steht als erster Gegenstand der Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über das Gesuch der Gemeinde Wolfurt und der Parcelle Kennelbach um Förderung und Subventionierung des Baues einer Brücke über die Bregenzer Ach. Ich ersuche den Berichterstatter, Herrn Abg. Kohler, das Wort zu nehmen. Kohler: Es handelt sich hier um eine Angelegenheit, an die gewisse Voraussetzungen geknüpft sind, bevor sie zu eiltet eingehenden Behandlung und definitiven Erledigung gelangen kann, nämlich um die Erbauung einer Brücke, die für den Fall in Aussicht genommen ist, dass in Kennelbach an einem bestimmten Orte ein Bahnhof zustande kommt. Selbstverständlich ist bei dem gegenwärtigen Stande der Dinge ein rasches Eingreifen seitens des hohen Landtages jedenfalls noch nicht am Platze. Indem ich diesbezüglich auf den vorliegenden Bericht verweise, erlaube ich mir, namens des volkswirtschaftlichen Ausschusses folgenden Antrag zu stellen: (Liest denselben aus Beilage XL1X. Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag die Debatte. Dr. Schmid: Es ist selbstverständlich, dass ich dem vorliegenden Anträge des volkswirtschaftlichen Ausschusses, der dahin geht, diese Angelegenheit dem Landes-Ausschusse zur Vornahme der entsprechenden Vorkehrungen zu überweisen, nichts entgegenzusetzen habe; ich möchte nur auf einen Umstand Hinweisen, der bei eventueller Schöpfung und Erstellung dieser Brücke die Interessen der Stadt Bregenz tief berührt. Es ist Land auf und ab bekannt, dass ein Theil der kaiserlichen Reichsstraße gegenwärtig noch als im Eigenthume der Stadt Bregenz stehend, betrachtet werden muss und als Eigenthum dieser Stadt auch wirklich erscheint. Das ist die Achbrücke zwischen Lauterach und Rieden. Der Besitz dieser Achbrücke, mit welcher die Einhebung eines Zolles verbunden ist, ein schon altes, der Stadt Bregenz verliehenes Privilegium, hat heute jene Bedeutung verloren, welche es in früherer Zeit hatte. Das ist heute eine die pecuniären Verhältnisse unserer Stadt sehr stark streifende Angelegenheit geworden, welche es unter den heutigen Umständen begreiflich macht, dass die Stadt Bregenz die Erhaltung dieses Theiles der Reichsstraße, Achbrücke genannt, allmählich von sich wird abstoßen müssen. Wenn zwischen der Parcelle Kennelbach und der Gemeinde Wolfurt die projectierte Brücke entsteht. XV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. 177 dann wird begreiflicherweise sofort ein großer Theil des Verkehres von der Achbrücke abgezogen, was zur Folge haben wird, dass der Pächter des Zolles an der Achbrücke wegen der geringeren Einnahmen für den Pacht nicht mehr soviel bezahlen wird wie früher. Die Stadt wird infolge dessen eine bedeutend geringere Einnahme erzielen, während die Ausgaben für die Erhaltung der Brücke immergleich bleiben. Ich möchte daher diesem Auftrage, den der volkswirtschaftliche Ausschuss an den Landes-Ausschuss ertheilt hat, noch die Bitte beifügen, dass der h. Landes-Ausschuss nicht nur die Interessen von Wolfurt und Kennelbach wahre, sondern auch die Interessen der Landeshauptstadt nicht aus dem Auge lasse, was bei den seinerzeitigen Verhandlungen am besten dadurch erreicht werden kann, dass der Landes-Ausschuss den eventuellen Unterhandlungen der Stadt Bregenz mit der hohen Regierung seine wirksame Unterstützung leihe und dahin wirke, dass das Ärar die Achbrücke in sein Eigenthum übernehme. Landeshauptmann: Wer wünscht weiter noch das Wort? Wenn sich Niemand mehr meldet, so ist die Debatte geschlossen. Nachdem der Herr Berichterstatter nichts mehr beizufügen hat, so schreite ich zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche dem Antrage des volkswirtschaftlichen Ausschusses, wie er verlesen morden ist, die Zustimmung ertheilen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Der zweite Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über den selbständigen Antrag des Pfarrers Fink und Genossen, betreffend Abänderung des Jagdgesetzes. Ich ersuche den Berichterstatter, Herrn Abg. Pfarrer Fink, das Wort zu ergreifen. Pfarrer Fink: Mit Rücksicht daraus, dass der Bericht ganz kurz und erst gestern abends in die Hände der Herren Abgeordneten gekommen ist, erlaube ich mir, denselben vorzulesen: (Liest den Bericht und Antrag ans Beilage LV.) Diesem Berichte möchte ich noch folgendes beifügen. Erstens ist dieser selbständige Antrag nicht etwa entstanden aus irgend einer Animosität gegen die Jagdgesellschaften oder gegen die Behörden, welche die bestehenden Jagdgesetze handhaben müssen, sondern lediglich nur das bedauerliche Vorkommen von Wald- und Wildschäden an jungen Waldungen haben uns zu diesem selbständigen Anträge veranlasst. Zweitens möchte ich dem Berichte eine Erklärung beifügen, warum der volkswirtschaftliche Ausschuss soviel Flachdruck darauf legt, dass die Mehrheit der Grundbesitzer in einer Gemeinde die Jagd mit Umgehung der öffentlichen Versteigerung solle verpachten können. Während der volkswirtschaftliche Ausschuss die Nothwendigkeit des Waldschutzes betont, erkennt er gerade in dem Umstande, dass die Versteigerung der Jagd öffentlich geschehen muss, die Hauptursache, dass so viele Wildschäden an jungen Pflanzungen vorkommen. In Vorarlberg suchen gegenwärtig ausländische Jagdherrn Gemeindejagden zu bekommen, und zwar mit Erfolg, denn der § 15 des bestehenden Jagdgesetzes schreibt den politischen Behörden vor, dass die Jagden öffentlich versteigert werden müssen. Nun bieten diesen fremden Herren solche Pachtschillinge, die zwar im Verhältnisse zum Schaden, den die Thiere anrichten, klein, aber doch so groß sind, dass einheimische Leute unter gewöhnlichen Verhältnissen die Jagd nicht für sich ersteigern können. Dadurch ist eigentlich das Verfügungsrecht der Grundbesitzer über ihr Eigenthum eingeschränkt und die Folge davon ist, dass ihre Interessen geschädiget und große Wild- und Waldschäden durch den stark gehegten Wildstand verursacht werden. Der volkswirtschaftliche Ausschuss giebt sich nun der Hoffnung hin, dass die h. k. k. Regierung diese Missverhältnisse berücksichtigen und hier Remedur schaffen werde, denn in Vorarlberg ist es sehr nothwendig, dass die Wälder gehegt und geschützt werden. Auf Grund dieser Erörterungen und der Ausführungen im Berichte bitte ich das h. Haus, dem Antrage voll und ganz beizustimmen. Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag die Debatte. Ganahl: Ich möchte mir nur wenige Worte über den Antrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses gestatten. Ich bin nämlich in diesem Ausschüsse 178 XV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. beim betreffenden Beschlusse in der Minorität gewesen. Der Herr Berichterstatter führt im Berichte eine Schadenrechnung auf, womit offenbar bewiesen werden soll, dass die Grundbesitzer nicht hinlänglich entschädiget worden sind. (Rufe: Das steht nicht darin.) Aber anders kann ich mir die Schadenrechnung nicht deuten. Zugegeben, dass das der Fall gewesen wäre, so beweist diese Rechnung doch nichts; da die Grundeigenthümer es unterlassen haben, das Rechtsmittel zu ergreifen, welches das Gesetz ihnen einräumt. Hätten sie sich an die k. k. Bezirkshauptmannschaft gewendet, so wären von derselben Schätzmänner entsendet worden, welche den Schaden bemessen hätten. Und wenn die Grundeigenthümer auch mit dieser Schätzung nicht zufrieden gewesen wären, so Hütten sie sich an die k. k. Statthalterei wenden können. Sie haben aber diese Rechtsmittel nicht ergriffen, also beweist diese Schadenberechnung nichts. Was den Antrag selbst anlangt, möchte ich in erster Linie darauf aufmerksam machen, dass man gerade vor wenigen Jahren ein neues Jagdgesetz zu Stande gebracht hat, das vor 2 Jahren erst sanktioniert wurde. Jetzt nach 2 Jahren ohne zwingende Gründe ein Gesetz abzuändern, das, glaube ich, empfiehlt sich nicht. Man hat dem Vorarlberger Landtag ohnehin schon vorgeworfen, dass er eine gewisse Sucht habe, Gesetze zu machen oder zu ändern, und dass wegen dieser Neigung eine Rechtsunsicherheit in unserem Lande einzutreten drohe. Wenn die Herren diesem Antrage stattgeben, so würden sie diese Meinung nur bestärken. Ich bitte daher, dem Antrage des volkswirtschaftlichen Ausschusses keine Folge zu geben. Johannes Thurnher: Soweit ich die Tendenz des Berichtes beurtheile, so ist hier nicht die Beschwerde über die Schadloshaltung die Hauptsache und in den Vordergrund gestellt, sondern die Tendenz des Antrages und Berichtes geht dahin, dass der Schaden verhütet wird, also auch möglichst wenig Schaden vergütet werden muss. Der volkswirtschaftliche Ausschuss, welchem sehr wohl gegenwärtig war, dass die Jagd nach unserem Gesetze ein Ausfluss des Grundbesitzes ist, hat nun geglaubt, dass, wenn der betreffende Paragraph des Jagdgesetzes dem Grundeigenthümer auch die ihm entsprechenden Rechte einräumt, dann von einem Jagdschaden weniger die Rede sein wird. Wenn z. B. die betreffende Gemeinde oder die betreffenden Grundbesitzer das Recht bekäme, über die Jagd frei zu verfügen, so würden sie so darüber verfügen, wie sie es für ihren Grundbesitz und Waldstand am zweckmäßigsten halten. Sie würden lieber auf die Jagdverpachtung verzichten, als eine ungenügende Schadenvergütung erhalten. Die Schäden sind nicht so hoch angegeben, wenn aber, wie der Bericht sagt, Tännelein geschädigt wurden, welche 3-6 Zoll Durchmesser haben, dann sind die Schäden allerdings größer, als sie angegeben wurden. Die Hauptsache bleibt immer die, dass der Schaden verhütet werde. Wenn der Herr Vorredner gesagt hat, dass vom Landtage die Meinung verbreitet sei, er habe eine Sucht nach Änderung von Gesetzen oder nach Aufstellung neuer Gesetze, so hat das eine gewisse Berechtigung. Der Landtag ist nämlich bestrebt, die volkswirtschaftlichen Schäden, wo und wann sie immer auftreten, so schnell als möglich zu verhüten und zu heilen. Run so crasse Schäden sind schon seit einer Reihe von Jahren dem Landtage - ich bin schon über 20 Jahre dabei - nicht bekannt geworden, dass nämlich Grundbesitzer darüber Beschwerde geführt hätten, dass das Rothwild an bestimmten Orten so auftrete, dass einfach ein Aufkommen eines Waldes nicht möglich sei. Man verbietet den Bauern, die Ziegen in den Wald zu treiben, weil sie ein paar Ästlein abreißen könnten, aber die sogenannten Herrengeisen dürfen ungeniert ganze Wälder abfressen. Es ist also nicht die Sucht des Landtages, fortwährend Gesetzesänderungen vorzunehmen, sondern das Bestreben des Landtages geht dahin, womöglich dem Landwirte in den jetzigen schweren Zeiten zu helfen. Landeshauptmann: Wer wünscht weiter noch das Wort? Da sich Niemand mehr zum Worte meldet, so ist die Debatte geschlossen. Hat der Herr Berichterstatter noch etwas beizufügen? Pfarrer Fink: Auf die Bemerkungen des Herrn Abg. Ganahl habe ich zu erwidern, dass ich im volkswirtschaftlichen Ausschüsse eine Rechnung vorgelegt habe, wie viel der Besitzer der Alpe Völken durch den jetzt durch das Rothwild angerichteten Waldschaden nach Verlauf von ca. 25 Jahren XV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. L Session der 8. Periode 1897. 179 Verlust erleide. Diese Rechnung hat wirklich bei den Mitgliedern des Ausschusses Sensation erregt. Sie befindet sich nicht im Berichte und das hat der Herr Abgeordnete Ganahl übersehen. Der Herr Regiernngsvertreter hat nämlich im Ausschusse bezüglich des Schadenersatzes Ausschluss gegeben, so dass der Ausschuss zufrieden war. Darum ist dies im Berichte ausgelassen worden. In demselben ist keine Schadenersatzberechnung, sondern es sind Thatsachen angeführt, welche beweisen, wieviel in Wirklichkeit an Schaden in so kurzer Zeit vergütet wurde. Was endlich die Bemerkung des Herrn Ganahl anlangt, dass die Jagdgesetze neu find, und deshalb nicht geändert werden sollen, so darf uns das nicht abhalten, an einer unzulänglichen Gesetzgebung Remedur zu schaffen und geschädigten Gemeinden, wenn Klagen auftauchen, zu helfen. Ich kann versichern, dass gerade diese im Berichte erwähnten Schäden an den Waldungen in den Gemeinden des Vorderwaldes öffentlich viel besprochen wurden. Auch die geschädigten Bauern klagen darüber sehr und wissen sich nicht zu helfen. Sollen sie gezwungen werden, ihre schönen Wälder von den Hirschen auffressen und verwüsten zu lassen?! Im Interesse des Volkes kann ich daher nichts anderes thun, als den Antrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses zur Annahme zu empfehlen. Landeshauptmann: Ich schreite nun zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche dem Antrage des volkswirtschaftlichen Ausschusses, wie er verlesen wurde, die Zustimmung ertheilen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Mit großer Majorität angenommen. Der nächste Gegenstand der heutigen Tagesordnung ist der Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über die Eingabe der Abgeordneten Andreas Thurnher und Genossen, betreffend Wahrung des einheimischen Charakters der tirolisch-vorarlbergischen Landesschützen-Bataillone. Ich ersuche den Berichterstatter, Herrn Abg. Wegeler, das Wort zu nehmen. Wegeler: Dieser Bericht ist ebenfalls erst heute morgens in die Hände der Herren Abgeordneten gekommen. Diejenigen Herren, die erst mit dem Zuge um ½ 10 Uhr gekommen sind, bekamen den Bericht gerade vor Eröffnung der Sitzung in die Hände. Da übrigens der Bericht ganz kurz ist, so erlaube ich mir, denselben vorzulesen. (Liest Bericht und Antrag aus Beilage LIV.) Ich muss eine Richtigstellung im Berichte machen. In Zeile 11 auf der ersten Seite soll es statt "gestatteten Forderungen" heißen "gestellten Forderungen". Dieser Bericht enthält eine so ausführliche Begründung unseres Antrages, dass ich glaube, weiteres nichts beifügen zu müssen. Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag die Debatte. Regierungsvertreter: Hohes Haus! Mit Bezug auf den in Verhandlung stehenden Antrag und auf die Ausführungen des Berichtes des volkswirtschaftlichen Ausschusses nehme ich keinen Anstand, im Namen der h. k. k. Regierung zu erklären, dass die im Berichte erwähnte und in der Beilage XLV der stenographischen Protokolle des Vorarlberger Landtages über die Session 1895 enthaltene Regierungserklärung vollkommen aufrecht bleibt und die der Recrutenanzahl entsprechende Formation und Reduction der tirolisch-vorarlbergischen Landesschützen bei der projectierten Neuorganisation der Landwehrkörper durchgeführt werden wird. (Allgemeine Zustimmung.) Johannes Thurnher: Ich nehme die Erklärung des Herrn Regierungsvertreters, dass das Versprechen der h. k. k. Regierung aufrecht bleibt, zur Kenntnis, aber meinerseits - das muss ich schon sagen - nicht zur befriedigenden Kenntnis. Ich möchte lieber, dass nicht bloß versprochen, sondern auch gehalten wird. (Zustimmung.) Das braucht die h. k. k. Regierung nicht zu versichern, dass ein gegebenes Versprechen aufrecht bleibe. Das wäre nicht übel, wenn wir daran zweifeln müssten, dass ein so solenn gegebenes Versprechen aufrecht bleibe. Wir wünschen nur die baldige Durchführung, aber es ist noch nicht einmal der Anfang davon gemacht worden. Deshalb möchte ich schon dringend empfehlen, dass wir an dem Antrage, den auch der Herr Regierungsvertreter nicht angefochten hat, festhalten. 180 XV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. Pfarrer Thurnher: Ich hatte in dieser Angelegenheit noch eine Frage zu stellen. Ich möchte gerne wissen, wann dieses Versprechen einmal eingelöst wird. Es ist bereits anlässlich der Wehrdebatte von der Regierung das Versprechen gegeben worden, dass der tirolisch-vorarlbergische Charakter der Landwehr gewahrt und bleibend erhalten werde. Es ist selbstverständlich nicht anzunehmen, dass die Regierung mehr verspricht, als sie versprechen kann und will; aber seither sind zwei volle Jahre verflossen und wir sehen noch keinen Anfang zur Einlösung dieses Versprechens. Es ist leicht einzusehen, warum die Regierung damals dieses Versprechen . gegeben hat; sie gab es, damit die berechtigte Erregung über die neuen Militärlasten momentan beschwichtiget werde. Seitdem sind aber zwei Jahre vorüber und es ist noch nichts geschehen. Das liegt auch gewiss nicht im Interesse der Regierung selbst, das gereicht nicht zur Hebung ihres Ansehens, wenn sie das Volk so lange mit der Erfüllung einer so wichtigen Zusage warten lässt. Darum, glaube ich, wird es dringend nothwendig sein, dass dieselbe daran geht, ihr gegebenes Wort einzulösen, sonst würde man in künftigen Füllen genöthiget werden, solche Erklärungen der Regierung mit einer sehr problematischen Zustimmung aufzunehmen. Ich möchte also nochmals um Aufschluss bitten, wie lange es noch dauern wird, bis dieses Versprechen zur Einlösung gelangt. Regierungsvertreter: Ich hätte nicht geglaubt, dass diese von mir vollkommen loyal abgegebene Erklärung zu einer langwierigen Debatte führen würde. Bezüglich der Frage, die vom Herrn Vorredner direct an mich gestellt wurde, kann ich lediglich nur auf den Schlusssatz meiner früher abgegebenen Erklärung verweisen, worin es heißt, dass die abgegebene Erklärung der h. k. k. Regierung vollkommen aufrecht bleibt und die der Rekrutenanzahl entsprechende Formation und Reduction der tirolisch-vorarlbergischen Landesschützen bei der projectierten Neuorganisation der Landwehr durchgeführt werden wird. Eine weitere Erklärung kann ich nicht abgeben. Johannes Thurnher: Wenn ich die Anregung zu dieser Debatte gemacht habe, so bitte ich den Herrn Regierungsvertreter die Versicherung entgegen zu nehmen, dass es mir ferne lag, die persönliche Loyalität der Mittheilung in irgendwelche Zweifel zu ziehen. Aber wir Graubärte sind sehr verbrannte Kinder. Wenn jener Herr Regierungsvertreter, der vor zwei Jahren an diesem Tische gesessen ist, heute hier säße, so würde er sich denken: Ja, der Abgeordnete Thurnher, der immer Misstrauen in unsere Versprechen gesetzt hat, hat bis heute Recht. Jodok Fink: Ich schließe mich den Ausführungen der Herren Vorredner Johannes und Pfarrer Thurnher, vollkommen an, nur möchte ich noch bemerken, dass die Regierung uns in ihrer schriftlichen Erklärung noch gesagt hat, "in möglichst kurzer Zeit", sie hat also im Superlativ gesprochen. Jetzt nach zwei Jahren merkt man noch gar nichts davon, dass etwas geschehen wäre, im Gegentheile, die Regierung spricht jetzt in mehr abgeschwächter Form. Der Herr Regierungsvertreter hat im Schlusssätze seiner Erklärung nicht mehr gesagt "in möglichst kurzer Zeit", sondern "bei der projectierten" Neuorganisation der Landwehr." Ich möchte aber doch wünschen, dass die Regierung bei dieser ursprünglich abgegebenen Erklärung bleibe und "in möglichst kurzer Zeit" diese Neuorganisation vornimmt, damit wenigstens das erfüllt wird, was sie uns damals versprochen hat. Landeshauptmann: Wer wünscht weiter noch das Wort? Da sich Niemand mehr meldet, so ist die Debatte geschlossen und ich ersuche den Herrn Berichterstatter, etwaige Bemerkungen noch hinzuzufügen. Wegeler: Zum Berichte und den Ausführungen der Herren Vorredner habe ich weiter nichts beizufügen. Ich erkläre mich - und ich glaube, auch das ganze Haus stimmt darin übereinvollkommen damit einverstanden, dass die k. k. Regierung aufgefordert werde, ihr feierlich gegebenes Versprechen zu halten und zu erfüllen. Deshalb möchte ich nochmals den Antrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses zur einstimmigen Annahme empfehlen. Landeshauptmann: Ich schreite nun zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche diesem vorliegenden Anträge die Zustimmung ertheilen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. XV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. 181 Der nächste Gegenstand unserer Tagesordnung ist der Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über das Gesuch der Gemeinde Damüls um einen Landesbeitrag zum Straßenbaue nach Au. Ich ersuche den Berichterstatter, Herrn Abg. Jodok Fink, das Wort zu nehmen. Jodok Fink: Ich glaube, es ist nicht nothwendig, dass ich meinen beiden Herren Vorgängern Nachfolge, nämlich in der Verlesung des ganz kurzen Berichtes über diesen Gegenstand. Ich kann jenen Herren, die nicht Gelegenheit und Zeit gehabt haben, den Bericht zu lesen, ganz kurz mittheilen, dass dieser Straßenbau Au-Damüls schon wiederholt den hohen Landtag beschäftiget und derselbe auch zweimal und zwar in den Jahren 1892 und 1895 Beiträge aus Landesmitteln zu diesem Wegbaue bewilliget hat, wovon aber der im Jahre 1895 bewilligte Landesbeitrag bis heute nicht ausbezahlt wurde, weil die betreffenden Bauten bis zur Stunde noch nicht ausgeführt worden sind. Ausgeführt wurde nur der Bau der sogenannten mittleren Strecke vom "Lederlistobel" bis zum "Brünnele". Dieser Bau ist aber nach dem Gutachten des Herrn Landescultur-Ingenieurs in unvollkommener Weise zur Ausführung gelangt, daher diese Strecke nahe daran ist, wieder in Verfall zu gerathen. Deshalb hat der volkswirtschaftliche Ausschuss geglaubt, es solle der Landes-Ausschuss beauftragt werden, dass er die Gemeinde Au zwinge, diese schon gebaute, mittlere Strecke wenigstens in ordentlichem, fahrbaren Zustande zu erhalten. Das Ansuchen der Gemeinde Damüls geht dahin, für den oberen Theil der Straßenstrecke einen Landesbeitrag zu erhalten. Dieser obere Theil wird wieder in zwei Theile getheilt, nämlich in den Theil von Brünnele bis Drei Häuser und in den obersten Theil von Drei Häuser bis Damüls für die erstere Straßenstrecke "Brünnele - Drei Häuser" liegt ein Detailproject vor und der Kostenvoranschlag beziffert sich auf 12.500 fl. Von dieser Summe entfallen 4000 fl. auf jenen Theil dieser Wegstrecke, die tut Gemeindegebiete von Au liegt, und 8500 fl. auf den oberen Theil der Straße, der im Gemeindegebiete von Damüls sich befindet. Für den obersten Theil der Straße ist noch keines, weder ein generelles noch ein Detailproject aufgenommen worden. Nach der Anschauung des Landescultur-Ingenieurs dürfte auch dieser oberste Theil einen Kostenaufwand von 8000-9000 fl. erfordern. Darum ist der volkswirtschaftliche Ausschuss der Meinung, dass, wenn für den obern und obersten Theil der Straße Au-Damüls noch Kosten erforderlich sind, die sich auf mehr als 20.000 fl. belaufen, nur dann an den Ausbau dieser für die Gemeinde Damüls so nothwendigen Strecke gedacht werden kann, wenn auch der Staat einen Beitrag leistet. In tiefem Sinne lauten daher die Anträge des volkswirtschaftlichen Ausschusses. (Liest dieselben aus Beilage Lil) Landeshauptmann: Ich eröffne über den Bericht und die Anträge die Debatte. Müller: Ich erkläre mich mit dem Antrage des volkswirtschaftlichen Ausschusses vollkommen einverstanden, aber einen Punkt möchte ich noch zur Kenntnis bringen, nämlich, dass die neu zu erbauende Straße Au-Damüls viel besser ausgeführt wird, als die Straße s. Z. von der Gemeinde Au ausgeführt wurde. Am 17. August im vorigen Sommer habe ich Gelegenheit gehabt, die Straße Au - Damüls zu bereisen und ich habe mir dieselbe auch näher angesehen. Auf mich hat es den Eindruck gemacht, dass diese Straße nicht nach dem Plane des Landescultur-Ingenieurs ausgeführt wurde, für die Erhaltung der Straße scheint gar nichts gethan zu werden; stellenweise war nur ein Fußweg. Der Herr Pfarrer von Damüls hat mir letzthin gesagt, als ich ihn zufällig getroffen habe, es sei von der Gemeinde Au für diese Straße schon etwas gethan worden. Es mag sein, es wäre aber ein großer materieller Schaden für die Gemeinde und für das Land, wenn man eine Straße baut, aber nichts für die Erhaltung derselben thut. Es wäre das gerade so, als wenn man ein Hans bauen, dasselbe aber nicht decken würde. Landeshauptmann: Ich kann nur noch ergänzend bemerken, dass die Straße, von welcher der Herr Abgeordnete Müller gesprochen hat, vor einigen Jahren vom betreffenden Unternehmer schon schlecht hergestellt worden ist. Er hat die Straße nicht so gemacht, wie es vorgeschrieben war, und die Gemeinde hat ihn aus der Haftung entlassen, bevor 182 XV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. sie sich versichert hatte, dass die Straße ordentlich erbaut sei. Von Seite des Herrn LandesculturIngenieurs wird darauf hingewirkt werden, dass diese Straße in guten Zustand gesetzt und bleibend erhalten wird. Wünscht noch Jemand das Wort? Da Niemand zu sprechen wünscht, so ertheile ich das Wort dem Herrn Berichterstatter. Jodok Fink: Ich kann das, was der Herr Landeshauptmann auf Anregung des Herrn Abgeordneten Müller gesagt hat, nur bestätigen. Ich habe schon bei meinen einleitenden Worten erklärt, dass eine gewisse Stelle dieser Straße schon damals in ungenügender Weise hergestellt wurde. Die Gemeinde Au hat für die Einhaltung der Straße zu sorgen und wird jetzt die Kosten, die sie damals bei Erstellung der Straße zu wenig aufgewendet hat, jetzt für die Einhaltung der Straße verwenden müssen. Sie ersehen aus dem Berichte, dass für die ordentliche Herstellung der mittleren Strecke dieser Straße, nur für die Correcturen, die dort nothwendig sind, für die Gemeinde Au nach einem approximativen Voranschläge des Herrn Landescultur-Ingenieurs ein Kostenaufwand von 1500 fl. nothwendig sein wird. Was die Bemerkung des Herrn Abgeordneten Müller anbelangt, dass die Straße in Zukunft besser gebaut werden wird, so bin ich dessen ganz sicher, denn das Land wird früher nichts ausbezahlen. Wir haben bezüglich dieser Straße schon im Jahre 1896 im Landtage einen Beschluss gefasst. Damals ist die Gemeinde An um einen Landesbeitrag zu den Kosten der Damülserstraße eingeschritten und hat ausgeführt, dass sie für die Verbauung des unteren Theiles dieser Straße einen Kostenaufwand haben werde, der sich auf 3000 fl. belaufen wird. Der Landtag hat damals beschlossen, dass der Gemeinde Au ein Landesbeitrag von 1000 fl. gegeben werde, der jedoch nur unter der Bedingung zur Auszahlung gelange, wenn diese Straßenstrecke unter Leitung des Herrn Landescultur-Ingenieurs gebaut und die vorgenommenen Bauten von demselben als entsprechend ausgeführt erklärt werden. Die Gemeinde Au hat dann allerdings im Jahre 1896 am unteren Theile der Straße einige Bauten vorgenommen. Sie ersehen aber aus dem Berichte, dass dies nicht entsprechend ausgeführt wurde und deshalb ist die erste Quote des bewilligten Landesbeitrages, der auf zwei Jahre zu vertheilen gewesen wäre, von Seite des Landes nicht ausbezahlt worden und so wird es auch in Zukunft gehalten werden. Ich glaube, wir dürfen diesfalls beruhigt sein, weil ein Landesbeitrag vom Landes-Ausschusse sowohl bei dieser Straße als auch bei anderen nur dann zur Auszahlung gelangen wird, wenn sie ordentlich ausgeführt werden. Landeshauptmann: Ich schreite nun zur Abstimmung und wenn keine Einwendung erfolgt, werde ich über beide Anträge unter Einem abstimmen lassen. Ich ersuche jene Herren, welche den beiden Anträgen, wie sie hier vom volkswirtschaftlichen Ausschüsse gestellt werden, die Zustimmung geben, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Der fünfte Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über den selbständigen Antrag des Abgeordneten Müller und Genossen in Betreff der Bildung eines eigenen nur das Land Vorarlberg umfassenden Sanitäts-Bezirkes zum Zwecke der Ermöglichung der Viehausfuhr nach Deutschland und der Schweiz. Ich ersuche den Herrn Abgeordneten Jodok Fink Bericht zu erstatten. Jodok Fink: Dieser Bericht ist schon seit längerer Zeit in Händen der Herren Abgeordneten und deshalb glaube ich, dass es nicht nothwendig ist, vorläufig zur weiteren Begründung des Antrages etwas weiteres beizufügen, ich beschränke mir daher darauf, bloß den Antrag zu verlesen. (Liest den Antrag ans Beilage LI.) Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag die Debatte. Müller: Hohes Haus! Ich weiß zu diesem vorliegenden Berichte nichts Neues mehr beizufügen, da in demselben der Hauptsache nach die Grunde, aus welchen der volkswirtschaftliche Ausschuss zu diesem Antrage gekommen ist, enthalten sind. Ich möchte nur wünschen, dass das h. Haus dem Antrage XV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. 183 des volkswirtschaftlichen Ausschusses beistimmt, und der Landes-Ausschuss baldmöglichst mit der hohen Regierung in Verhandlung tritt. Es ist gerade gegenwärtig eine große Vieh-Überproduction im Lande Vorarlberg vorhanden, und zwar erstens, weil seit letzten Herbst kein Nutzvieh wegen der Viehsperre ausgeführt werden konnte, und zweitens, weil in diesen: Jahre die Futtervorräthe früh zu Ende gehen. Es erscheint mein Wunsch um so gerechtfertigter, weil für einen großen Theil unserer Landbevölkerung die Milch- und Viehwirtschaft die einzige Einnahmsquelle bildet, und gerade dieser Stand am meisten zur Steuerzahlung herangezogen wird. Landeshauptmann: Wer wünscht noch weiter das Wort? Wenn sich Niemand mehr zum Worte meldet und auch der Herr Berichterstatter nichts weiter beizufügen hat, (Berichterstatter: Nein.) dann schreite ich zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche dem Antrage des volkswirtschaftlichen Ausschusses die Zustimmung geben, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Der nächste Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des landtäglichen Schulausschusses über die Gesuche a. des katholischen Lehrervereines und b. des Lehrer Vereines des Landes Vorarlberg um Änderung des Gesetzes vom 17. Januar 1870 über die Rechtsverhältnisse des Lehrerstandes in Betreff der Gehalte der Lehrpersonen. Ich werde in folgender Weise vorgehen. Das h. Haus hat seinerzeit beschlossen, diese beiden Berichte unter Einem in Verhandlung zu ziehen, und deshalb eröffne ich über beide die Generaldebatte. In erster Linie hat das Wort der Herr Referent des Landes-Ausschusses, hierauf der Herr Berichterstatter der Majorität, und endlich der Herr Berichterstatter der Minorität des Schulausschusses. Zunächst hat also das Wort der Herr Referent des Landes-Ausschusses Abg. Martin Thurnher. Martin Thurnher: Die Herren werben es mir erlassen, den 17 Druckseiten umfassenden Bericht des Landes-Ausschusses zur Verlesung zu bringen, derselbe liegt ja dem hohen Hause schon seit 3 Wochen, vor. Aus diesem umfangreichen Berichte des LandesAusschusses sind nicht nur die Maßnahmen, die derselbe im Vereine mit dem k. k. Landesschulrathe im abgelaufenen Jahre hinsichtlich der Verbesserung der materiellen Lage des Lehrerstandes vorgenommen hat, zu ersehen, sondern ein Vergleich dieses Berichtes mit dem in der Session des Jahres 1892 erstatteten Berichte zeigt in ganz klaren Umrissen das Ergebnis der diesbezüglichen Thätigkeit der genannten zwei Körperschaften in den letzten vier Jahren. Bis zum Jahre 1892 waren mehr als zwei Drittheile aller Schulen des Landes in der dritten Gehaltsclasse, heute aber ist die Zahl solcher Schulen eine ganz verschwindend kleine geworden, die Zahl der damals noch gewesenen Aushilfslehrer ist bedeutend reduciert worden und an vielen Orten wurden damit erst normale Schulverhältnisse geschaffen. Der Landes-Ausschuss und Landesschulrath haben innerhalb der ihnen vom Landtage gesetzten Grenzen das möglichste in dieser Hinsicht gethan. Im Gesetze finden sich wohl noch Gehaltsstufen von 180 und 240 st., in Wirklichkeit haben aber diese Gehalte, soweit es sich um qualificierte Lehrpersonen handelt, aufgehört, sie sind eigentlich aus der Wirklichkeit verschwunden. Was die letzten vier Jahre anbelangt, so kann nicht abgesprochen werden, dass im Verhältnisse zu den Mitteln und Kräften des Landes und der Steuerträger und insbesondere unserer ohnehin mit Umlagen in einer solchen Weise belasteten Gemeinden, wie dies wohl in feinem anderen Lande vielleicht höchstens in Tirol vorkommt, geschehen ist, was möglich war, um eine Verbesserung der materiellen Lage des Lehrerstandes herbeizuführen. Der Bericht des Landes-Ausschusses kamt wohl, soweit es sich um die bisherige Thätigkeit des Landes-Ausschusses handelt, vom hohen Hause mit Befriedigung zur Kenntnis genommen werden. Das h. Haus sollte aber auch jene Anträge des Landes-Ausschusses, die sich ans die unmittelbar nächstfolgenden Jahre beziehen, ebenfalls acceptieren. Nach dem Berichte des Schul-Ausschusses, der dem h. Hause vorliegt und heute zur Verhandlung kommt, wird in nicht zu ferner Zeit eine Änderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Lehrer ermöglicht. Wird 184 XV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session der 8. Periode 1887. der Antrag des Schul-Ausschusses, wie er vorliegt, angenommen - und daran ist wohl nicht zu zweifeln - so ist damit der bisher eingehaltene Standpunkt der Landesvertretung, nämlich nicht in eine Änderung des Landesschulgesetzes einzugehen, bis nicht das Reichsgesetz einer Änderung unterzogen worden ist, aufgegeben. Wenn einmal der Landes-Ausschuss nach dem heute vorliegenden Anträge des Schulausschusses den Auftrag erhält, Verhandlungen hinsichtlich der Änderung des Schulaufsichtsgesetzes einzuleiten, wie wohl im Sinne des Schulausschussberichtes angenommen werden muss, kann, glaube ich, in späterer Zeit konsequenter Weise ein ähnlicher Auftrag erfolgen hinsichtlich Abänderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Lehrer. Wie aber die Angelegenheit jetzt steht, wird es doch nicht gar so rasch gehen, und darum füllt es nothwendig, dass wir auch unmittelbar für die nächste Zeit in der Weise vorgehen und vorsorgen, wie es in den letzten Jahren der Fall war, und ich erhebe daher namens des Landes-Ausschusses folgende Anträge: (Liest die Anträge aus Beilage XVII.) Punkt 3 dieser Anträge bezieht sich darauf, dass der Landes-Ausschuss und der Landesschulrath in der gleichen Weise vorgehen sollen, wie es in den letzten Jahren der Fall war, und der Betrag von 3000 fl. vom Lande an den Normalschulfond auch in den nächsten Jahren geleistet werden soll. Landeshauptmann: Es hat nun der Berichterstatter der Majorität des Schulausschusses, Herr Abg. Kohler das Wort. Kohler: Hohes Haus! Ich glaube, nachdem der Bericht bereits länger sich in den Händen der Mitglieder des h. Hauses befindet und derselbe im Ausschüsse auch in Anwesenheit von Nichtmitgliedern eine wiederholte Prüfung erfahren hat, dass es nicht nothwendig ist, hier im Hause den Bericht selbst zu verlesen, und bezüglich der Motivierung des Antrages glaube ich mich vorläufig auch lediglich auf die im Berichte niedergelegten Gründe berufen zu können. Dieser Antrag enthält in sich ein sehr wichtiges Princip, welches bereits der Herr Vorredner berührt hat, mit dem wir ein schweres Opfer bringen. Denn zum erstenmale wird, wenn auch bedingungsweise, in diesem Antrage ausgesprochen, dass sich der h. Landtag auf die Änderung eines Landesschulgesetzes einlassen wolle, und stellt jene Bedingungen, die absolut nothwendig eintreten müssen, bevor eine solche Änderung vorgenommen werden kann. Immerhin ist aber auf diesem Wege ermöglichet, durch eine Änderung des Landesgesetzes die vorliegende Frage einer Lösung zuzuführen. Wenn aber auch insoweit das bisherige Princip eine Änderung erführt und unsererseits nach der Lage der Dinge ein großes Opfer gebracht wird, so dürfen wir uns doch gegenwärtig halten, dass es sich hier um Bedingungen handelt, von denen nicht abgegangen werden kann. Wenn wir in unsere Schulgesetzgebung schon einmal den staatlichen Schulzwang eingeführt haben, und uns unter den gegenwärtigen Verhältnissen auch demselben fügen müssen, so dürfen wir nie vergessen, dass dieser staatliche Schulzwang, wenn er nicht zu einer Terrorisierung der Gewissen führen soll, für die Eltern eine absolut sichere Bürgschaft bieten muss, dass sie ihre Kinder dieser staatlichen Schule anvertrauen können. Ohne diese Bürgschaft wird man die Gewissen der Katholiken nie beruhigen können. Nach diesen Vorbemerkungen glaube ich mich für jetzt auf eine weitere Auseinandersetzung nicht einlassen zu sollen, indem wohl vorauszusehen ist, dass im Laufe der Verhandlungen noch Gelegenheit geboten wird, auf die einschlägigen Punkte hier noch näher einzugehen, und ich erlaube mir vorläufig nur den Antrag des Schulausschusses zur Kenntnis zu bringen. Derselbe lautet: (Liest den Majoritätsantrag aus Beilage L.) Landeshauptmann: Jetzt hat der Berichterstatter der Minorität des Schulausschusses Herr Abg. Dr. Waibel das Wort. Dr. Waibel: Der Antrag der Majorität hat zu seinen: Hauptziele die Abänderung aller drei Schulgesetze des Landes Vorarlberg und insbesondere liegt der Majorität daran, wie ich aus den Ausführungen gesehen habe, das Schulaufsichtsgesetz zur Änderung zu bringen. Ich habe in meinem Anträge diesen Punkt nicht berücksichtiget, weil ich der Ansicht bin, es liege eine dringende Nothwendigkeit zur Abänderung des Schulaufsichtsgesetzes nicht vor. Jedenfalls würden wir einen: Versuche, der eine wesentliche Abänderung dieses Gesetzes nach der Gesinnung dieser Herren enthalten XV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. 185 würde, unsere Zustimmung versagen müssen, weil wir die Erfahrung gemacht haben, dass dasselbe seit seinem Bestände ganz gut functioniert und außerordentliche Vortheile gehabt hat, da es den Gemeinden die Gelegenheit bietet an den Schulen durch Entsendung von Gemeindemitgliedern in den Ortsschulrath mit Rath und That mitzuwirken und außerordentliche Dienste zu leisten. Dass durch dieses Aushilfsgesetz der Moralität der Bevölkerung und überhaupt der erzieherischen Aufgabe der Schule irgendwelcher Nachtheil zugefügt worden wäre, ist nach meinen Beobachtungen absolut nicht zu constatieren. Ich verlasse nun dieses Thema, es wird dasselbe ja im Laufe der Debatte noch berührt werden, und gehe zum Gegenstände über, den ich zu vertreten habe, nämlich zur Gehaltsfrage. Im Jahre 1869 ist die Landesvertretung zum erstenmale in die Lage gekommen, der Lehrerschaft durch eine gut regulierte Aufbesserung ihrer Bezüge entgegenzukommen, und wer die Verhältnisse vor 1869 gekannt hat, muss zugeben, dass das, was in jenem Jahre beschlossen wurde, ein außerordentlicher Fortschritt war. Allerdings hat sich gezeigt, dass im Laufe der Jahre jene Ziffern, welche die Dotationen an die Lehrer darstellen, den gesteigerten Anforderungen des Lebens nicht mehr genügen, und es hat sich deswegen in jenen Gemeinden, welche der Schule stets ein aufrichtiges und uneingeschränktes Wohlwollen entgegengebracht haben, schon frühzeitig die Neigung gezeigt, dem Bedürfnisse nach Erhöhung der Gehalte entgegenzukommen. Freilich waren das im Allgemeinen die besser situierten Gemeinden, aber auch arme Gemeinden, welche materiell nicht gut stehen, haben gefunden, dass eine solche Anforderung auf Erhöhung der Bezüge der Lehrer nicht von der Hand gewiesen werden können. Das Land bezw. der Landtag selbst hat sich bis vor wenigen Jahren mit der Sache grundsätzlich nicht befassen wollen. Ich habe damals schon, als wir zuin erstenmale eine Vorlage bekamen, welche sich die Aufbesserung der Gehalte der Lehrer und Vorschiebung von Schulen in höhere Gehaltsclassen zur Aufgabe gemacht hat, angezeigt, woher diese Neuerung entstanden ist. Ich habe offen im Hause gesagt, dass diese Wendung in der Haltung des Landtages der Entstehung der privaten Lehrerschule in Tisis zu verdanken ist. Sie ist nicht ein Entgegenkommen gegenüber der Lehrerschaft, die bis dahin die Schule besorgt hat, sondern sie ist eine Action pro futuro für ein Unternehmen, welches da entstanden ist. Es ist dessen ungeachtet zu begrüßen, dass sich die Landesvertretung, wenn auch der Anlass gerade kein recht loyaler ist, doch um die eklatanten Bedürfnisse in dieser Richtung angenommen hat. Gerade die Action, die voriges Jahr vorlag und auch Heuer wieder vorliegt, ist der lauteste Beweis dafür, dass diese Frage nicht von der Hand gewiesen werden kann, sondern dass sie einer durchgreifenden Reform zugeführt werden muss. Der Weg jedoch, den die Herren hier vorschlagen, wird etwas lang werden. Wenn sie die Einführung einer Reform an die Bedingung knüpfen, dass vorerst seitens der Regierung eine in ihrem Sinne gewünschte Änderung des Reichsvolksschulgesetzes und eine Änderung des Landesschulgesetzes über die Aufsicht vorauszugehen habe, dann kann es vielleicht ziemlich lange dauern, und werden die Lehrer lange auf eine Aufbesserung warten müssen. Ich kann darum diesem Antrage aus dem anfangs angeführten und auch aus dem Grunde meine Zustimmung nicht geben, weil ich eine Verschleppung der Angelegenheit nicht für rathsam halte. Ich muss bemerken, und ich glaube, ich stehe mit dieser Ansicht nicht allein da, dass der Landesausschuss-Bericht, der uns hier vorliegt und auch voriges Jahr schon vorgelegt wurde, seine bedenklichen Seiten hat. Wenn nach dieser Methode vorgegangen wird, so ist die Unterstützung der Lehrerschaft und die Unterstützung der Gemeinden zu Zwecken der Schule ganz in das Arbitrium einzelner Persönlichkeiten gelegt, und es kann ja vielleicht auch gezweifelt werden, ob immer nach Billigkeit und Gerechtigkeit vorgegangen werden wird, oder ob nicht vielfach persönliche Begünstigung dabei im Spiele sein wird. Ich glaube, einer Körperschaft, welche doch darauf achten muss, sich den Charakter der Loyalität nach allen Richtungen hin zu bewahren und jeden Angriff auf dieselbe zurückzuweisen, müsste daran gelegen sein, vor allem diese Frage durch eine allgemeine Norm zu regeln, durch welche jeder zu seinem Rechte kommt. Das kann aber nur dadurch geschehen, dass man die bestehenden Bestimmungen des Gesetzes entsprechend ändert. Es ist nicht zu verkennen, dass die Gehaltsstufen, wie sie im Jahre 1869 geworden sind, und jetzt noch gelten, den Bedürfnissen nicht mehr entsprechen. Die Stufe von 300 fl. ist entschieden 186 XV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. zu klein, wenn eine Person das ganze Jahr davon leben soll, und ihr keine Gelegenheit geboten ist, wenigstens einen ebenso großen Nebenverdienst zu finden. Sie haben selbst gefunden, dass es besser ist, die 3. Classe aufzugeben und die Lehrer, die die sich in derselben befinden, in die nächst höhere Gehaltsclasse zu bringen. Es sind aber auch 400 st. eine elende Bezahlung, und der Lehrer, der mitunter auch noch verheirathet ist, kann damit sein Ausreichen nicht finden. Dann kommt eine Lücke, die entstanden ist im Jahre 1869, es fehlt nämlich die Stufe von 500 st. und wir haben es schon wiederholt bedauert, dass diese Stufe nicht aufrecht erhalten wurde. Wir haben nun Gehaltsstufen zu 300, 400 und 600 fl. Wenn von Seite der Lehrerschaft eine Änderung dahin vorgeschlagen wird, dass Stufen mit 500, 600 und 700 st. geschaffen werden, so kann man im Allgemeinen doch zugeben, dass dies, ich will mich auf eine genauere Rechnung nicht einlassen, doch ungefähr den Verhältnissen entsprechend ist. Es soll jenen Instanzen, welche sich mit der Vorberathung dieser Frage zu befassen haben, überlassen bleiben, zu ermitteln, ob das