18970216_lts008

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Letzte Änderung 03.07.2021, 11:05
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp08,lts1897,lt1897,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 8. Sitzung am 16. Februar 1897, unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 21 Abgeordnete. UeglerungsvertreterrHerrHtgithaltererratHGrgfIosefTHun-HoHenstem. Regierungs-Commissär: Herr Ministerial-Secretär Dr. Schumacher. Beginn der Sitzung 10 Uhr 5 Min. Vormittags. Landeshauptmann: Ich erkläre die heutige Sitzung für eröffnet. Ich ersuche um Verlesung des Protokolles der letzten Sitzung. (Sekretär verliest dasselbe.) Wird von irgend einer Seite gegen die Fassung des Protokolles eine Einwendung vorgebracht? Da dies nicht der Fall ist, betrachte ich dasselbe als genehmiget. Ich habe die Ehre dem hohen Hause den für die Behandlung der Grundbuchs - Angelegenheit seitens der hohen Regierung delegierten RegierungsCommissär, Herrn Ministerial-Secretär Dr. Schumacher, vorzustellen. Ich ertheile das Wort dem Herrn Regierungsvertreter. Regierungsvertreter: Hohes Haus! Seine Excellenz, der Herr Statthalter, hat mir mit Auftrag des Ministeriums des Innern vom 7. d. Mt. einen Gesetzentwurf, betreffend die Bestellung von Aufsichtsorganen für den Verkehr mit Lebensmitteln und einigen Gebrauchsgegenständen, übermittelt, um denselben dem hohen Landtage zur geschäftsmäßigen Behandlung als Regierungs-Vorlage zu überreichen. Dem Gesetzentwürfe ist ein ausführlicher Motivenbericht beigegeben, aus welchem das hohe Haus entnehmen kann, dass dieser Gesetzentwurf lediglich Ausführungen und Bestimmungen enthält für das bereits von beiden Häusern des Reichsrathes beschlossene und der Allerhöchsten Sanction Sr. Majestät unterzogene Gesetz, den Verkehr mit Lebensmitteln und einigen Gebrauchsgegenständen betreffend. Dieses Gesetz soll im 72 VIIT. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. April 1897 zur Kundmachung gelangen und Oct. 1897 in Wirksamkeit treten. In diesem Motivenberichte sind die speciellen Paragraphe, welche aus diesem Gesetze zur Berücksichtigung kommen, taxativ aufgezählt und in extenso abgedruckt. Die Durchführung dieser gesetzlichen Bestimmungen ist speciell Aufgabe der AufsichtsOrgane, von welchen gesagt wird, dass, um zwischen der Thätigkeit der Gemeindeorgane und jener der im § 2 des Gesetzes bezeichneten sonstigen Aufsichtsorgane, sowie der staatlichen und der denselben gleichgestellten Untersuchungsanstalten eine für den Zweck des Gesetzes absolut unerlässliche Verbindung und gegenseitige Unterstützung herzustellen, es nothwendig sei, dass die Landesgesetzgebung im Sinne des § 2, Absatz 1 und 3 des Reichsgesetzes eingreife. Diesen Zweck verfolgt das Gesetz, und ich beehre mich, dasselbe dem Herrn Landeshauptmanne zur weiteren verfassungsmäßigen Behandlung zu überreichen. Landeshauptmann: Ich glaube, bei der vorgerückten Zeit der gegenwärtigen Session wird das hohe Haus keinen Einspruch erheben, wenn ich die Anregung gebe, dass diese Regierungsvorlage gleich heute der formellen Behandlung unterzogen und dem volkswirtschaftlichen Ausschusse überwiesen werde. Erfolgt keine Einwendung, so betrachte ich die Zustimmung des hohen Hauses meiner Anregung als ertheilt. Es sind noch einige Einlaufstücke mir zugekommen: 1. Eine Petition der Gemeinde-Vorstehungen in Klösterle und Nasserem um eine Subvention zur Erhaltung des Hospizes St. Christoph auf dem Arlberg, überreicht durch mich. (Secretär verliest dieselbe.) Die geschäftliche Behandlung aller dieser Einlaufstücke könnte vielleicht am Schlusse besprochen werden. Martin Thurnher: Ich werde mir vorbehalten, nach Verlesung der übrigen Einlaufstücke zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung derselben das Wort zu nehmen. Landeshauptmann: 2. Selbständiger Antrag des Herrn Abgeordneten Pfarrer Fink und Genossen in Angelegenheit der Wild- bezw. Waldschäden. (Secretär liest denselben.) 3 Ein Gesuch der Gemeinde-Vorstehungen Ried und Wolfurt in Angelegenheit einer Wegherstellung von Wolfurt nach Kennelbach, überreicht durch Herrn Abgeordneten Kohler. (Secretär liest dasselbe.) 4. Eingabe der Gemeinde-Vorstehung in Langen wegen Herstellung einer Straße von Langen nach Bregenz über Kennelbach oder über Kustersberg, eingebracht durch Herrn Abgeordneten Kohler. (Secretär liest dieselbe.) 5. Eingabe der Gemeinde-Vorstehung in Langen um einen jährlichen Beitrag zur Slraßenunterhaltung Langen-Wirtaltobel, ebenfalls überreicht durch Herrn Abgeordneten Kohler. Ich glaube, von der Verlesung dieses Gesuches Umgang nehmen zu können. 6. Gesuch des Verbandes der Spar- und Darlehenscassen in Vorarlberg um eine Subvention, auch eingebracht durch den Herrn Abgeordneten Kohler. Ich glaube auch hier von Verlesung Umgang nehmen zu dürfen. Oder wünscht vieleicht Jemand die Verlesung? (Rufe: Nein!) Martin Thurnher: Ich bitte um das Wort. Ich beantrage die dringliche Behandlung aller dieser Einlaufstücke und die Zuweisung der Gesuche der Gemeinden Klösterle und Nasserem und des Raiffeisen-Verbandes zur Vorberathung und Berichterstattung an den Finanzausschuss, die Überweisung der beiden Gesuche der Gemeinde Langen, dann des Gesuches der Gemeinden Rieden-Wolfurt, wie auch des Antrages des Abgeordneten Pfarrers Fink und Genossen an den volkswirtschaftlichen Ausschuss. Landeshauptmann: Herr Abgeordneter Martin Thurnher beantragt die Dringlichkeit der Behandlung und die Verweisung des ersten und sechsten Einlaufstückes an den Finanzausschuss und die Zuweisung der übrigen an den volkswirtschaftlichen Ausschuss. Wird dagegen eine Einwendung erhoben? - Da das nicht der Fall ist, so wird die Zuweisung in diesem Sinne erfolgen. Wir kommen nun zur Tagesordnung. Auf derselben steht der Bericht des GrundbuchAusschusses über die LandesausschussVorlage, betreffend die Einführung VIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. 73 des Grundbuches in Vorarlberg und die Erlassung reichsgesetzlicher Bestimmungen hierüber. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter, die Tribüne zu besteigen und das Referat vorzutragen. Martin Thurnher: Hohes Haus! Mit einer gewissen Befriedigung stehe ich heute hier als Berichterstatter. Gilt es doch die Einführung einer Institution, für die ich schon vor Jahrzehnten, noch in einer Zeit, wo ich dem hohen Hause nicht angehörte, energisch eingetreten bin. Der langandauernde Widerstand der Kronländer Tirol und Vorarlberg gegen die Einführung des Grundbuches hat aber - das muss heute wohl Jeder zugestehen - doch eine sehr gute Wirkung gehabt, die sich in der nunmehr im Reichsgesetze vorgesehenen Einrichtung des Institutes der Legalisatoren äußert. Den eigentlichen Grund der Nichteinführung des Grundbuches bildete ja bekanntlich der Legalisierungszwang. Nun, nachdem die Regierung durch das zu schassende Reichsgesetz uns weitgehende Erleichterungen hinsichtlich der Legalisierung gewährt, so ist wohl das letzte Hindernis beseitigt, das der Einführung des Grundbuches bisher im Wege stand. Es ist auch gelungen, durch die im Reichs- und Landesgesetze vorgenommenen Änderungen und Ergänzungen die eigenartigen Verhältnisse des Landes in hinreichender Weise zu berücksichtigen. Als besonders wertvoll muss die im Artikel I des Reichsgesetzes aufgenommene Bestimmung angesehen werden, nach welcher hinsichtlich der Alpen- und Weidegenossenschaften der § 830 des a. b. G. B. für Vorarlberg außer Kraft gesetzt wird. Dadurch werden wir in die Lage versetzt, die dem alemannischen Rechte und wohl auch einer tausendjährigen Übung entsprechenden Besitzverhältnisse hinsichtlich unseres Alpen- und Weidelandes auch für die Zukunft aufrecht zu halten. Es werden sonach Versuche, an diesen bewährten und eingelebten Verhältnissen aus Eigennutz oder anderen unlauteren Motiven zu rütteln, fortan unmöglich gemacht. Sie haben aus dem, Ihnen schon am Beginne der heurigen Session übermittelten Motivenberichte ersehen können, mit welchem Eifer der LandesAusschuss die ihm vom vorjährigen Landtage übertragene Aufgabe erfüllt Hat und wie es ihm gelungen ist, die Gesetzesvorlagen bis zum Beginne der jetzigen Session in einer Weise fertig zu stellen, dass dieselben sowohl die Regierung wie auch die Landesvertretung gleichmäßig befriedigen können. Die seitens der Delegierten des Landes-Ausschusses gepflogenen Erhebungen über Wesen und Einrichtung der Grundbücher in den andern Kronländern haben die letzten Bedenken gegen das Grundbuch behöben? Durch zahlreiche, unter Leitung von Delegierten des Landesausschusses abgehaltenen Versammlungen, an welchen Gemeindevorsteher, Obmänner oder Mitglieder der bestehenden Identificierungs-Commissionen, Vertreter der Gerichte, mitunter auch solche der politischen Behörden und andere Vertrauensmänner theilnahmen, gelangte der Landes-Ausschuss zur genauen Erkenntnis der im Lande bestehenden, eigenartigen Besitzverhältnisse, die bei der Anlage des Grundbuches berücksichtiget werden mussten, um keinerlei bestehende Interessen zu verletzen. Die auf Grund dieser gepflogenen Erhebungen durchgeführten Verhandlungen wurden wesentlich gefördert durch die aus Wunsch des Landes-Ausschusses erfolgte Entsendung des damaligen LT. Landesgerichtsrathes und nunmehrigen Ministerial-Secretärs Dr. Rösch, welcher als Fachkundiger Beirath zu diesen Verhandlungen beigezogen wurde. Es haben sonach die berufensten Factoren ihr Möglichstes beigetragen, alles so vorzubereiten, dass die Landesvertretung nunmehr in der Lage ist, ohne Bedenken ihr, Votum abzugeben und diese Angelegenheit einer gedeihlichen und endgiltigen Erledigung zuzuführen. Es obliegt mir noch, an dieser Stelle der k. k. Regierung für ihr in allen Stadien der Angelegenheit gezeigtes wohlwollendes Entgegenkommen den Dank auszusprechen, mit welchem Danke ich zugleich die Bitte verbinde, die hohe Regierung möge unsere Wünsche, betreffend das verfassungsmäßige Zustandekommen eines mit denselben übereinstimmenden Reichsgesetzes voll und ganz würdigen und daher für eine unveränderte Annahme des von uns vorgeschlagenen Entwurfes eintreten. So möge diese Institution, die wir heute für das Land schaffen, den in sie gesetzten Erwartungen bestens entsprechen. Möge dieselbe insbesonders der vom Volke sosehr ersehnten Landes-Hypothekenbank die Wege ebnen, deren künftiges, segensreiches Wirken fördern und ihr eine weitumfassende Thätigkeit ermöglichen. 74 VIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. Nun bitte ich Sie, meine Herren, in die Special-Debatte einzugehen und die Vorlagen einstimmig anzunehmen. Die Einstimmigkeit unseres Votums wird dem Gesetze eine erhöhte Bedeutung geben und die letzten Bedenken, die da und dort in der Bevölkerung dagegen noch vorhanden sein könnten, verschwinden machen. Landeshauptmann: Ich werde bezüglich der formellen Behandlung des heutigen Gegenstandes in der Weise vorgehen, dass ich zunächst die Generaldebatte über beide Gesetzentwürfe und zwar gleichzeitig eröffne. Nach Abwickelung der Generaldebatte werde ich übergehen zur Special-Debatte zuerst über das Landesgesetz und dann über das Reichsgesetz. Schließlich werde ich nach Vornahme der dritten Lesung des Landesgesetzes den zweiten Antrag, wie er von Seiten des Ausschusses gestellt worden ist, separat zur Abstimmung bringen. Ich eröffne nun über den Bericht und die beiden Gesetzentwürfe die Generaldebatte. Ganahl: Wenn nicht alle Zeichen trügen, so scheint die Majorität des hohen Hauses für die Vorlagen gewonnen zu sein. Es hieße demnach offene Thüren einrennen wollen, in diesem Stadium der Angelegenheit noch für das Grundbuch und seine Vorzüge zu plaidieren. Es scheint in der That, dass die Grundbuchsfrage einer glücklichen Lösung nahe gerückt ist, eine Frage, welche eine 36 jährige Geschichte in diesem Hause aufzuweisen hat. Hat doch schon der Landtag vom Jahre 1861 über Antrag des Abgeordneten Wohlwend sich principiell für das Grundbuch ausgesprochen. Ich werde die Herren mit der Aufzählung aller Phasen, welche diese Frage in den folgenden Decennien durchzumachen halte und die nicht immer erfreulicher Natur waren, nicht ermüden. Die Erkenntnis, dass unser bisheriges Verfachbuchsystem trotz der Hypothekar-Erneuerung keine Gewähr der Sicherheit bietet, dass das Grundbuch allein den Realcredit im Lande zu heben und eine Ermäßigung des" Zinsfußes herbeizuführen imstande ist und dass endlich ohne das Grundbuch die Erreichung einer Landes-Hypothekenbank unmöglich sein dürfte. (Rufe: Nicht richtig!) Diese Erkenntnis scheint allgemein im hohen Hause zum Durchbruche gelangt zu sein und den Gesetzesvorlagen eine günstige Aufnahme zu verbürgen. Es thut aber auch noth, dass wir uns beeilen, unserem Lande das österreichische Tabularrecht zu sichern, welches der Hauptsache nach in den andern Provinzen des Reiches schon sein mehr als 100 Jahren besteht und sich bewährt hat, ein Recht, mit welchem Österreich die einschlägige Gesetzgebung anderer Culturstaaten übertroffen hat. Es thut auch noth, dass wir uns beeilen, denn sonst kommen 4wL-4wch die Bussen zuvor, welche, wie ich gelesen habe in diesem Monate noch ein Grundbuchsgesetz in Petersburg berathen wollen. Ich werde daher alles vermeiden, was im geringsten geeignet sein könnte die Angelegenheit zu verschleppen oder die Harmonie im Hause zu stören. Ich werde daher auch für den ersten Antrag der Vorlage im ganzen Umfange stimmen. Was jedoch den zweiten Antrag anlangt, so möge mir gestattet sein, auf zwei Bestimmungen des proponierten Reichsgesetzes hinzuweisen, welche mir wahrhaftig würdig scheinen, eliminiert zu werden. Es sind dies Artikel V und § 14 des Artikels VI. Artikel V besagt, dass bei Grundtrennungsfällen der Evidenzhaltungsgeometer verpflichtet sein soll, die erforderlichen Theilungspläne unentgeltlich beizustellen. Es ist das eine Bestimmung, welche mir - entschuldigen Sie den Ausdruck - kleinlich zu sein scheint. Wenn schon eine Grundtrennung stattfindet - es ist ohnehin nicht wünschenswert, dass dies gar so häufig geschieht - so werden die Parteien diese l*/2 fl- wohl noch aufbringen, welche so ein Plänchen kostet. Wenn man aber schon diese Last für den Einzelnen als zu schwer und drückend erachtet, wie kann man dann eine solche Bürde für das ganze Land auf die Schulter des Evidenzhaltungsgeometers abladen, der ohnehin mit mühevoller Arbeit belastet ist? Es hat die Regierung dagegen schon Stellung genommen, wie ich im Motivenberichte gelesen habe, und ich glaube, es dürfte ihr schwer fallen, diese Fassung des Artikels V im Reichsrathe zu vertreten. Denn wollte siez. B. diese Begünstigung in den anderen Provinzen des Reiches einführen, so würde sie damit eine Reihe von behördlich concessionierten Civilgeometern empfindlich treffen, die solche Pläne anzufertigen pflegen und darin ihren Erwerb finden. Ich glaube, Ihnen empfehlen zu dürfen, von dieser Bestimmung abzulassen. Das könnte umsomehr geschehen, als ein Reichsgesetz im Zuge ist, betreffend die grundbücherliche Theilung von Catastral-Parcellen. In VIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. 75 diesem Gesetze kommen dann diesbezügliche Bestimmungen vor, welche Ihre Forderungen, wenn sie auch jetzt angenommen würden, doch derogieren würden. Ich stelle darum den formellen Antrag, den Artikel V des proponierten Reichsgesetzes zu streichen. Noch ungleich kritischer aber scheint mir § 14 des Artikels VI zu sein. Er bestimmt, dass das Institut der Legalisatoren nur über Antrag oder mit Zustimmung des Vorarlberger Landtages aufgehoben werden soll. Hier haben Sie nach meiner Auffassung den schönsten Competenzconflict, den Sie sich denken können. Die ganze Civilgesetzgebung gehört in das Ressort des Reichsrathes. Derselbe hat die Legalisatoren zu votieren. Nun wollen Sie, dass eine Körperschaft, welche eine gesetzliche Verfügung zu treffen hat, sich ausdrücklich des Rechtes begeben soll, je wieder eine Remedur an einem von ihr votierten Gesetze vorzunehmen ohne Zustimmung des Landtages? Es ist nach meiner Ansicht undenkbar, dass sick der Reichsrath seine Prärogative in dieser Weise wird schmälern lassen. Es liegt aber auch kein Grund vor, eine solche Bestimmung aufzustellen. Hat doch Se. Excellenz, der Herr Justizminister, erklärt, dass er keinen Anstand nehmen würde, das Institut der Legalisatoren auch in den andern Ländern einzuführen, wenn sich dasselbe bewähre. Dass dieses Institut sich in Vorarlberg bewähren wird, daran dürfen w i r nicht zweifeln, weil ein ausgezeichnetes Material im Lande zu finden ist. Es besteht nach meiner Meinung absolut keine Gefahr, dass das Institut der Legalisatoren wieder aufgehoben wird. Warum also die Eventualität einer Aufhebung an die Wand malen und eine staatsrechtlich unzulässige Forderung stellen? Ich beantrage § 14 des Artikels VI zu streichen. (Martin Thurnher: Solche Anträge verstoßen gegen die Geschäftsordnung. Sie können dagegen stimmen, aber nicht die Streichung dieser Bestimmungen beantragen.) Ich bin eben ein junger Parlamentarier und da kann man leicht einen Formfehler machen. Wenn mir der hohe Landtag in diesen beiden Anträgen zustimmen wollte, so würde er nach meiner Meinung die Angelegenheit nur fördern, namentlich einen glatteren Verlauf derselben sicherstellen. Jedenfalls aber hoffe ich, dass wir heute nicht auseinandergehen werden, ohne unserem Lande die Wohlthat des Grundbuches sichergestellt zu haben, eine Wohlthat, deren Tragweite erst nach Jahren vollkommen erkannt werden wird, speciell von jenen, die ein Interesse daran haben, dass der Realcredit im Lande gehoben werde. Landeshauptmann: Bezüglich der vorn Herrn Redner gestellten Anträge muss ich bemerken, wie bereits durch einen Zwischenruf des Herrn Berichterstatters geschehen ist, dass nach der Geschäfts-Ordnung rein negative Anträge nicht zur Abstimmung kommen können, es steht aber dem Herrn Abgeordneten frei, gegen die bezüglichen Paragraphe zu stimmen. Wir werden auf diese Fragen noch in der Special-Debatte zurückkommen. (Ganahl: Es kommt dann ja im Wesen auf dasselbe hinaus.) Es wird nur der Form wegen so vorgegangen. Ich ertheile nun das Wort dem Herrn Abg. Ölz. Ölz: Hoher Landtag! Mein geehrter Herr Vorredner hat Artikel V und § 14 des Artikels VI des Reichsgesetzes beanstandet. Ich könnte ihm hierin nicht folgen. Ich habe Gelegenheit gehabt, zwar nicht als Mitglied, aber als Zuhörer den Ausschusssitzungen des Grundbuch-Ausschusses beizuwohnen. Dort sind ungefähr dieselben Bedenken geltend gemacht worden, die der Herr Landeshauptmann-Stellvertreter hier jetzt ausgeführt hat. Es hat jedoch der Herr Regierungsvertreter nicht verlangt, dass man diese Punkte eliminiere, er hat nur gemeint, gls § 14 zur Berathung gekommen ist: "Stolz lieb' ich den Spanier!" Der Herr Regierungsvertreter sicherte uns zwar nicht zu, dass dieser Paragraph Gesetz werde, er sprach sich aber auch nicht dagegen aus. Dagegen hat Herr Abgeordneter Martin Thurnher uns mitgetheilt, dass er bei den Verhandlungen in Wien aus dem Munde des Herrn Sectionschefs, dessen Name mir nicht mehr bekannt ist, die Äußerung vernommen habe: "Lasst diese Bestimmung nur darin stehen." Also selbst dieser Sectionschef hat sich nicht für die Eliminierung ausgesprochen. Es ist darum jedenfalls gut, dass wir diese unsere Wünsche auch im Vorschläge für das Reichsgesetz kund thun. Es wird der Reichstag ohnehin machen was er will. Was den § 14 des Artikels VI anlangt, so ist es wohl selbstverständlich, dass wir, das ist die 76 VIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. Majorität des Hauses, nicht auf demselben Standpunkte stehen wie der Herr LandeshauptmannStellvertreter und seine Gesinnungsgenossen. Dieser ist bekanntlich ein Centralist, wir hingegen sind Föderalisten. Wir verlangen die möglichste Selbständigkeit des Landes, während der Herr Borredner eine möglichst centralistische Gesetzgebung vom Reichsrathe aus verlangt. In diesem Punkte gehen wir immer auseinander und es wäre heute ganz überflüssig, wenn ich diese Frage weiter erörtern würde. Ich möchte mir nur erlauben, als neuer Abgeordneter, zu dieser Sache, welche heute in Verhandlung des hohen Hauses steht, Stellung zu nehmen. Man hat im Lande wohl genug gehört, wie oft die Mehrheit des Landtages angegriffen worden ist, weil sie nicht gleich auf die Einführung des Grundbuches eingegangen ist. Heute können wir nun entscheiden, wer Recht gehabt hat, ob diese Vorwürfe gerecht waren oder nicht. Ich habe mir gedacht, es sei doch nothwendig, dass man sich vor den Berathungen im hohen Hause auch orientiere über die Verhandlungen, die seit drei Jahrzehnten oder noch mehr, wie der Herr Landeshauptmann-Stellvertreter und Abgeordneter Martin Thurnher bereits gesagt haben, im Landtage geführt worden sind, um sich davon ein Bild zu verschaffen. Aus diesem Grunde habe ich in die verschiedenen stenographischen Protokolle Einsicht genommen und darin gefunden, dass - ich möchte sagen - bereits in jedem Landtage bis zum Jahre 1888 oder 1886, wo die Hyppthekarerneuerung endlich eingeführt worden ist, die Grundbuchsfrage immer auf der Tagesordnung gestanden ist. Im Jahre 1863 gab zuerst die Regierung die Veranlassung und ersuchte den damaligen Landtag ihr kundzugeben, was er für eine Stellung zu der Grundbuchsfrage einnehmen wolle. Der Landtag entschloss sich dafür. Man wartete aber immer vergeblich auf Herablangung einer diesbezüglichen Regierungsvorlage. Jeder der Landtage von 1867. bis 1870 hat sich immer wieder an die Regierung gewendet und dieselbe aufgefordert, sie möge endlich einmal eine Gesetzesvorlage einbringen. Nie erfolgte aber eine Einbringung einer Vorlage. Da hat nun der Landtag vom Jahre 1871 selbständig ein Gesetz gemacht. Sie müssen bedenken, meine Herren, das war der sogenannte "schwarze" Landtag, und dieser hat einstimmig einen Grundbuchs-Gesetzentwurf beschlossen. Berichterstatter war damals der Abgeordnete Dr. Jussel. Dieser Gesetzentwurf ist der hohen Regierung vorgelegt worden, erhielt aber nicht die Allerhöchste Sanction. Es wurden verschiedene Gründe angeführt; einzelne Paragraphe hätten sollen abgeändert werden, wenn auch nicht im Wesentlichen. Der Hauptgrund der Nichtsanction war aber der, dass das Land, wie es zu jener Zeit üblich war, die Kosten der Durchführung des ganzen Gesetzes hätte tragen sollen, was das Land aber ablehnte. Im Jahre 1872 zog der Landtag diese von der Regierung herabgelangte Gesetzesvorlage neuerdings in Berathung. Es wurde ein Fünfer-Ausschuss gewählt von drei Juristen und zwei Laien, nämlich die Herren Dr. Fetz, Dr. Jussel, v. Gilm, Peter Jussel und Rheinberger. Dieses Comite ist an die Berathung dieser Frage gegangen. Schließlich wurden zwei Anträge dem Hause vorgelegt. Der Abgeordnete Dr. Fetz war Berichterstatter der Majorität, welche sich für die Annahme des Grundbuches erklärte und zwar mit einer Resolution dazu, während die Herren der Minorität, Dr. Jussel und Notar v. Gilm, auch für das Grundbuch waren, aber eine Petition dazu beantragten. Was gab aber die Veranlassung zu dieser Resolution und Petition? Die Veranlassung dazu war das im Jahre 1871 in Kraft getretene allgemeine Grundbuchgesetz. In dieses Gesetz vom 25. Juli 1871 wurde der Legalisierungszwang ausgenommen. Diese Bestimmung hat nicht nur in Vorarlberg Staub aufgewirbelt sondern auch in ganz Österreich. Es ist dieses Gesetz überhaupt nur mit 4 Stimmen Majorität im Abgeordnetenhause angenommen worden. In allen Ländern hat man sich gleich dagegen gewehrt. Die andern Kronländer hatten es freilich nicht so gut wie wir, dieselben hatten das Grundbuch bereits. Sie konnten wohl dagegen petitionieren, sich des Legalisierungszwanges aber erwehren, das konnten sie nicht. Wir Vorarlberger waren in einer glücklicheren Lage, wir konnten sagen, wie es die Majorität des Grundbuch-Ausschusses und des Landtages wollte: Wir führen das Grundbuch nur dann ein, wenn der Legalisierungszwang auf unser Gesetz keine Anwendung findet. Bei diesen Verhandlungen im Hause hatte es damals sehr große Debatten abgesetzt. Besonders bemüht für die Einführung, des Grundbuches mit Legalisierungszwang hat sich der damalige Regierungs-Kommissär, Herr VIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. T. Session, 8. Periode 1897. 77 Oberlandesgerichtsrath Hämmerle. Derselbe hat sich alle mögliche Mühe gegeben, aber es war umsonst. Selbst der wohlerfahrene, aber keineswegs "schwarze" Jurist Dr. Fetz hat sich mit aller Entschiedenheit gegen die Einführung des Grundbuches mit Legalisierungszwang ausgesprochen. Er hat gesagt, dass er das nicht verantworten könne, denn der Legalisierungszwang berge zu viele Lasten für das Volk in sich. Das ist wohl auch selbstverständlich. Wer weiß, was der Legalisierungszwang, wie er damals eingeführt worden ist, bedeutet, der musste sich dagegen aussprechen. Nach § 37 des allgemeinen Grundbuchgesetzes wäre es unmöglich gewesen, eine Urkunde, die der Legalisierung bedurfte, ins Grundbuch zu bringen, ohne dass sie vorher in der Kanzlei des Herrn Notars gewesen wäre. Man hat damals schon ausgerechnet, welch ungeheure Lasten und Kosten dadurch für das Volk verursacht wurden. Ein kleines Beispiel macht die Sache ersichtlich. Denken Sie sich, meine Herren, am Sulzberge hätte ein Bauer ein Grundstück um 300 fl. verkauft. Was wäre nun die Folge gewesen? Man hätte einen Kaufvertrag errichten müssen. Das hätte ganz gut in Sulzberg geschehen können. Die beiden Bauern mußten aber nach Bregenz zum Notar gehen und dort ihre Unterschrift bestätigen lassen, sonst hätten dieselben keine Gültigkeit gehabt. Nun will ich nicht sprechen von den Mehrkosten, welche durch die Legalisierung verursacht wurden. Wenn man aber bedenkt, dass nicht bloß diese zwei vom Sulzberg hätten herauskommen müssen, denn in Bregenz kennt man nicht alle Sulzberger, sondern sie hätten noch zwei hier bekannte Sulzberger z. B. den Boten und noch Jemanden mitnehmen müssen, so dass sie zu vieren nach Bregenz zu gehen gehabt hätten. Was wäre das für ein Zeitverlust gewesen, was wäre da an Zehrung aufgegangen, kurz und gut, welche Kosten wären erwachsen? Dagegen wehrte man sich im aber Landtage. Es hat damals die Minorität, welche für die Annahme des Grundbuches mit Legalisierungszwang war, gesagt: "Ja wir wollen ihn eigentlich auch nicht, und wir wollen deshalb petitionieren, dass er abgeschafft werde." Ein Abgeordneter hat damals ganz richtig gesagt, der Standpunkt der Minorität komme ihm so vor, wie wenn Jemand freiwillig in eine Falle gienge und wenn er darinnen ist, wiederum bittet, dass man ihn herauslasse. Der damalige Regierungsvertreter hat auch so angedeutet, es sei diese Opposition gegen das Grundbuch, beziehungsweise gegen den Legalisierungszwang nicht zumindesten von Advocaten veranlasst. Wenigstens herrschte damals allgemein die Ansicht, dass die Advocaten in der Gesetzesvorlage eine Beeinträchtigung ihrer Geschäfte erblicken. Ganz mit Unrecht dürfte das wohl nicht gewesen sein, denn das ist ganz zweifellos; wenn der Legalisierungszwang in der Form eingeführt worden wäre, so wären die Leute nach und nach, wenn auch unfreiwillig an die NotariatsStube gewöhnt worden. Nach und nach hätte dann jeder Bauer gemeint: Ich kann nichts anders machen, ich muss zum Notar hingehen. Das wäre für die Leute nicht gut, ja oft gefährlich gewesen. Ich will Ihnen das an einem kleinen Beispiele zeigen, das mir dieser Tage bekannt geworden ist. Sie erinnern sich noch, dass vor dem Jahre 1870 bei uns in Vorarlberg die Schuld- und Pfand-Urkunden so angelegt waren, dass es darin geheißen hat: Der oder Jener schuldet dieses oder jenes Capital gegen 5%tge Verzinsung und halbjährige Auf- oder Abkündigung. Dann hat man selbstverständlich den Zinsgroschen rückvergütet und ist so leidlich durchgekommen. Das ist aber anfangs der siebziger Jahre anders geworden. Wie wohl Alle wissen, weshalb ich es nicht ausführlich zu schildern brauche, ist damals in Wien an der Börse großer Schwindel getrieben worden. Das hatte zur Folge, dass das Anlage suchende Capital sich nicht mehr befriedigte, mit 5% oder 43/4 Procente Zins, sondern man wollte immer mehr haben und kaufte sich Papiere. Wenn ein Bauer oder sonst Geldsuchender damals Geld haben wollte, so mußte er sich gefallen lassen, mehr Zins zu bezahlen oder wenigstens strengere Bedingungen in Bezug auf die Zinsung einzugehen. Es kam damals sogar vor, dass die Sparcassen den Zins in Vorhinein verlangten. Ferner kam auch vor, dass in den Urkunden stand, der Schuldner müsse die Kündigungs- oder die Cessionskosten selbst bezahlen. Kurz Alles wurde auf den armen Schuldner abgeladen. Bekanntlich ist damals in Wien der Krach eingetreten. Durch die Erfahrungen, welche die Kapitalisten mit ihren im Curse gefallenen Papieren gemacht haben, sind dieselben anderer Anschauung geworden und haben wieder mildere Bedingungen den Geldsuchenden gestellt. Nun auf einmal tritt etwas ganz Neues in den Vordergrund. Mir wenigstens ist das bis zu den letzten Tagen 78 VIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. nie untergekommen. Es werden jetzt Urkunden ausgestellt, und zwar in Notariatskanzleien, die nämlich die Clausel der sofortigen Vollstreckbarkeit enthalten. Ja ich glaube, die meisten, die eine solche Urkunde unterschreiben, wissen nicht einmal, was das heißt. Ich habe es zuerst auch nicht gewusst. Ich habe mir aber das angeschaut. Es liegt gerade eine Urkunde vor mir, wo es sich sogar noch um Verwandte handelt in einer Erbschaftsangelegenheit. In derselben steht, dass diesem Notariatsacte die sofortige Vollstreckbarkeit eingeräumt werde. Nun, meine Herren, was kann da geschehen. Dieser Schuldner hat müssen unterschreiben, dass er die Zinsen sofort bezahle nach dem Verfalle, dann hat er müssen unterschreiben, dass er die Kosten der seinerzeitigen Kündigung übernehme, die Kosten der Cessionierung des Capitales, ebenso die der Anmeldung und Liquidierung im Executionswege. Das musste dieser Schuldner alles unterschreiben und auf sich nehmen und zwar - jetzt kommt das Wichtigste - unter der Bedingung, dass, wenn er sich in einem dieser Punkte das Kleinste zu Schulden kommen ließe, er sofort exequiert werden könne. Ich glaube, wenn das so Praxis wird hier in Vorarlberg, so ist bald unser ganzer Grund- und Realbesitz einfach in den Lüften. Wie ich überhaupt die Vorarlberger kenne, so sind weder die Schuldner noch die Gläubiger für so was. Ich kann mir es nicht anders vorstellen, als dass der Herr Notar von Bregenz hier sich den Leuten zu Diensten gestellt, und ich möchte sagen, wider ihren Willen diese Clausel in die Urkunde hineingebracht hat. Sie dürfen etwa nicht glauben, meine Herren, es sei nicht der Mühe wert, dass ich diese Angelegenheit hier zur Sprache bringe. Das geschieht nicht in vereinzelten Fällen, das geschieht sehr oft. Ich kann sagen, dass im abgelaufenen Jahre Urkunden mit über 200.000 Gulden zur Versuchung gelangt sind, welche diese Vollstreckungsclausel enthielten. Meine Herren, das ist ganz fürchterlich. Ich bringe diese Sache deshalb vor, dass namentlich die hohe Regierung oder jene Behörde, welcher der Notar unterstellt ist, darauf dringt, dass diese Clausel nur dann in die Urkunde hineinkommt, wenn das die Leute wünschen. Ich glaube aber nicht, dass es die Leute wünschen. Ich glaube nicht, dass z. B. diese zwei Bauern, von denen ich die Urkunde vor mir habe, dies veranlasst haben. Die Bauern haben in ihrem Leben hievon nie etwas gehört. Dann sage ich es auch deshalb, damit die Kapitalisten, die auch ein Herz haben sollten für ihre ohnehingeplagten Schuldner, im Falle, dass ein solches Ansinnen gestellt würde, dasselbe zurückweisen sollten. Dann sage ich es auch im Interesse der Schuldner und fordere dieselben an diesem Orte auf, damit es in die Öffentlichkeit kommt - mit aller Entschiedenheit gegen diesen Galgen sich zu wehren. Ich glaube, dass wir in Vorarlberg noch genug Leute haben, die auf ein gutes Pfand ihr Geld hergeben und zwar ohne diese Vollstreckungsclausel. Wie ich schon früher dargethan habe, so war der Grund, warum die Majorität vom Jahre 1872 bis heute auf die Einführung des Grundbuches nicht eingegangen ist, eben der Legalisierungszwang. Wir stehen heute am Schlüsse dieses großen Werkes. Und wer ist als Sieger hervorgegangen? Sieger sind die Volksvertreter von Vorarlberg, die sich trotz alles Geschimpfes nicht herbeigelassen haben, in das Grundbuch mit dem Legalisierungszwange einzugehen. Ich drücke denselben im Namen der Bevölkerung Vorarlbergs den Dank aus. Ich glaube, sie verdienen aber nicht nur den Dank des Volkes von Vorarlberg, sondern auch den Dank aller österreichischen Völker. Es sängt am zu dämmern. Wenigstens der Legalisierungszwang, wie er bisher nach § 37 des allgemeinen Grundbuchgesetzes besteht, wird sich nicht mehr halten, lassen. Die Herren dürfen ruhig auf diese Zeit zurückblicken und heute mit Befriedigung und froher Stimmung aus dem Hause gehen. Haben wir doch das erreicht, dass jetzt das Grundbuch eingeführt werden kann in einer Weise, mit der Alles zufrieden sein kann. Es ist selbstverständlich, dass ich nach meinen Ausführungen für die Annahme der Anträge stimmen werde. Johannes Thurnher: Der erste Vorredner, Herr Ganahl von Feldkirch, hat in einer für das Grundbuch im Ganzen und Großen, wie es sich von seinem Standpunkte aus ja von selbst versteht, wohlwollenden Weise gesprochen. Ich habe aber doch während seiner Rede drei Punkte bemerkt, welche mir nicht ganz richtig scheinen. Der eine ist, dass er glaubt die Durchführung der Hypothekenbank wäre ohne das Grundbuch nicht möglich gewesen und es sei eine wesentliche Ursache, warum. VIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1887. 79 wir setzt die Hypothekenbank bekommen, weil das Grundbuch so gut wie angenommen sei. Nun kann ich ihm sagen, und der Herr Berichterstatter wird das wahrscheinlich auch bestätigen können, dass von Seite der hohen Regierung schon im gegenwärtigen Momente kein Hindernis besteht, die Hypothekenbank zu genehmigen, beziehungsweise das früher beschlossene Statut, wenn auch die nothwendigen Ergänzungen für das Grundbuch erst später gemacht würden. Der Herr Vorredner wird aber Gelegenheit haben, in der heutigen Ausschusssitzung einem Anträge zu begegnen, der auf sofortige Änderung des Statutes hinzielt, sodass dann die Bestimmungen desselben sowohl für das Verfachbuch als auch für das Grundbuch in jenen Gemeinden gelten können, in welchen das Grundbuch eingeführt wird. Das Grundbuch wird ja sehr langsam eingeführt werden; wir werden vielleicht 10 Jahre brauchen, bis es in allen Gemeinden durchgeführt wird. Was er dann zu den zwei Punkten des Reichsgesetzes gesagt hat, so weiß ich eigentlich nicht, ob es in die General- oder Specialdebatte gehört. Die bloße Ankündigung von Änderungen kann auch in der Generaldebatte geschehen, und so will ich seinen Bemerkungen über diese zwei Punkte ebenfalls jetzt schon meine Bemerkungen entgegensetzen, ohne einen Antrag zu stellen. Den Artikel 5 des Reichsgesetzes, womit über Ersuchen der Partei die Evidenzhaltungs-Geometer unentgeltlich Pläne anzufertigen hätten, hält er für kleinlich, für eine Belastung der Geometer. Ich weiß nicht inwieferne er berufen ist, für diese Organe hier im Landtage einzutreten, die doch vom Staate bezahlt werden und wie er es für gleichgiltig halten kann, ob von den kleinen Leuten auch noch 1 oder 2 fl. an den Civilgeometer bezahlt werden. Ich hoffe, dass der hohe Landtag, der sich seit einer Reihe von Jahren - seit den 70 er Jahren - zum Anwälte der kleinen Leute gemacht hat, auf ein solches Ansinnen nicht eingehen wird. Was den von ihm berührten § 14 des Artikels VI betrifft, wo er glaubt, wir sollen da die Legalisatoren streichen oder vielmehr keine Bestimmungen aufnehmen, nach welchen das Institut der Legalisatoren nur mit Zustimmung des Landtages aufgehoben wird, so macht er sich hier zum Anwälte der Regierung und des Reichsrathes, was ich von einem Vorarlberger Landtags - Abgeordneten eben auch sehr wenig verstehen kann, und dafür finde ich eine Erklärung nur in der Hervorhebung des Unterschiedes, dass wir in der Majorität Föderalisten, die Herren auf der anderen Seite aber Centralisten sind. Sonst könnte ich nicht begreifen, wie so ein Landtags-Abgeordneter dazu kommen könnte, eine von der Regierung bereits zugesagte wertvolle Bestimmung im Reichsrathe zu vertreten, zu bekritteln und die Regierung aufzumuntern, diesen Punkt eventuell zu streichen ja sogar den Landtag aufzufordern, es auch zu thun. Ich muss sagen, dass diese Bestimmung die wertvollste ist, welche das ganze Gesetz enthält, und nur im Zusammenhänge mit dieser Bestimmung im Gesetze ist die Annahme des Grundbuches von unserer Seite ermöglicht worden. Dann hat er gemeint, es wäre nicht so gefährlich, wenn diese Bestimmung nicht im Reichsgesetze sei, weil der Herr Justizminister gesagt hat, wenn die Legalisatoren der Gemeinden sich in Tirol und Vorarlberg bewähren würden, so sei kein Anstand auch in den übrigen Kronländern das Institut der Legalisatoren einzuführen. Ja, wie stehen wir denn eigentlich? Warum sollen wir, wenn ein Minister die Geneigtheit gezeigt hat, das im Reichsrathe zu vertreten, diese Wohlthat nicht gleich in Form einer gesetzlichen Bestimmung annehmen - für uns also fest und für die andern Länder zur Bestärkung ihrer Wünsche und Hoffnungen. In dieser Beziehung ist mir viel wertvoller, dass das in das Gesetz kommt als zehn goldene Versprechungen eines Ministers. Ein Minister ist heute da, kann morgen gehen oder gegangen werden. Das Gesetz hat meist eine längere Dauer als das Leben eines Ministers oder seiner Wirksamkeit auf der Ministerbank. Ich werde nicht dafür eintreten, dass wir ein Wort eines Ministers anstatt einer Gesetzesbestimmung hinnehmen, mir ist ein Gesetz viel lieber als die besten Versicherungen eines Ministers. Ich würde daher empfehlen, dass wir auf die unveränderte Annahme der Gesetzesvorlage eingehen. Ganahl: Es wurde vom Herrn Vorredner betont, die Landes-Hypothekenbank hätte auch erreicht werden können ohne das Grundbuch, und es sei in dieser Beziehung eine Eröffnung von der Regierung gekommen; ich hatte hievon keine Kenntnis. Der Herr Vorredner hat weiter auch gesagt, dass die 80 VIIT Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897 Minister wechseln und daher Zusicherungen eines Ministers wenig Wert hätten. Dass Minister wechseln, das gebe ich gerne zu, aber gewisse Grundsätze wechseln nicht und so auch das quieta non movere, d. h. das Bestehende lässt man ruhig, wenn nicht die zwingendsten Gründe vorhanden sind, etwas zu beseitigen. Diese Forderung des § 14 mag den Herren sehr weise gedacht scheinen, mir scheint es aber nicht weise, wenn man Unmögliches verlangt und mir scheint es absolut unmöglich, dass der Reichsrath eine solche Beschränkung votieren werde. Im Übrigen erkläre ich unumwunden, dass ich Centralist bin und nicht dafür sein kann, dass die Rechte des Reichsrathes zu Gunsten der Landtage beschränkt werden. Dr. v. Preu: Man darf nicht erwarten, dass ich Stellung nehmen will gegen die Vorlage, wie sie hier liegt, im Gegentheile ich bin selbstverständlich, wie jeder Jurist im Lande, ganz einverstanden und begrüße es mit großer Freude, dass das Grundbuch in Borarlberg eingeführt wird und ich weiß ganz wohl, dass die Einführung, wie schon früher erwähnt wurde, absolut davon abhängig gemacht wurde, dass der Legalisierungszwang aufgehoben wird. Nun die Sache verdient dieses Opfer. Ich begrüße mit Freuden dieses Gesetz; ich will nur betonen, dass ich mich in diese Frage nicht weiter einlassen und für die Vorlage stimmen werde. Nur auf das, was der Herr Abgeordnete Ölz eben früher erwähnt hat, möchte ich ganz kurz zurückkommen; das ist das häufige Vorkommen notarieller Urkunden, welche die Bollstreckbarkeits-Clausel enthalten. Ich muss zugeben, der Herr Abg. Ölz wird sich erkundiget haben, aber ich glaube nicht, dass es im Lande allgemein so gehalten wird. Ich bin nun 25 Jahre als Notar thätig, und so viel ich mich erinnere, habe ich vier solche Urkunden ausgenommen, von denen mir eigentlich nur eine speciell erinnerlich ist, welche ich in Schruns auf Verlangen der Partei ausgenommen habe. (Beifall). Ich glaube es wird ein zu großes Schreckbild an die Wand gemalt, wenn man von dem Vorkommnisse der Errichtung einzelner Urkunden mit der Vollstreckbarkeitsclausel so üble Folgen befürchtet. Ölz: Ich habe mit Freude vernommen, dass Herr Dr. v. Preu während seiner ganzen Wirksamkeit nur 4 solche Urkunden ausgestellt hat. (Dr. v. Preu: Ich weiß es zwar nicht ganz genau.) Ich kann aber versichern, ich habe Belege dafür vor mir, dass in diesem Jahre in Bregenz 34 solche Urkunden über einen Gesammtbetrag von über 200.000 fl. ausgestellt wurden. Landeshauptmann: Wenn Niemand mehr das Wort wünscht, so ist die Debatte geschlossen, und ich ertheile dem Herrn Regierungscommissär das Wort. Dr. Schumacher: Hohes Haus! Ich möchte vor Allem auf einige Bemerkungen zurückkommen, die während der Generaldebatte gefallen sind. Es war die Rede von der Stellung, welche die Regierung gegenüber dem Entwürfe des zu erlassenden Reichsgesetzes einnimmt. Diese Stellung kann ich kurz und aufrichtig präcisieren, wie ich sie bereits im Ausschüsse präcisiert habe. Ich bin von Sr. Excellenz dem Herrn Justizminister beauftragt in dieser Frage möglichst wenig einzugreifen. Es handelt sich nicht um ein Gesetz, sondern um den Vorschlag eines Gesetzes, um ein Gutachten des hohen Landtages, um die Wünsche des Landes und für die Regierung ist es von hohem Interesse, die Wünsche des hohen Landtages in dieser Beziehung voll, ganz und unverhüllt kennen zu lernen. Das ist im Kurzen der Standpunkt der Regierung. Nun seien mir einige allgemeine Bemerkungen gestattet. Es sind mehr als 24 Jahre, dass an diesem Platze, den ich heute einzunehmen die Ehre habe, wie bereits erwähnt wurde, der Herr Oberlandesgerichtsrath Dr. Hämmerle stand, der dieselbe Aufgabe hatte wie ich nämlich als Beirath des Herrn Regierungsvertreters bei den Landtags-Verhandlungen über die Einführung des Grundbuches zu fungieren. Aber wie ungleich schwieriger war damals seine Aufgabe als heute die meine. Der Landtag wollte damals das Grundbuch einführen, aber wie schon erwähnt, setzte er zwei Bedingungen, erstens, dass die Kosten der Grundbuchs-Einführung der Staat und nicht das Land zu tragen hätte, und zweitens, dass die Pflicht der gerichtlichen oder notariellen Urkunden-Legalisierung eingeschränkt oder aufgehoben werde. Herr Dr. Hämmerle war nach seiner Instruction nicht in der Lage, die Erfüllung dieser beiden Wünsche VIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I. Session, 8. Periode 1897. 81 in Aussicht zu stellen, und so kam, trotzdem er Standpunkt der Regierung mit großer Sachkenntnis, Beredsamkeit und Hingabe vertreten hat, keine Einigung zwischen Landtag und Regierung und daher auch kein Grundbuch zustande. Ich bin heute in viel glücklicherer Lage. Ich bringe nicht nur namens der Regierung die Erfüllung jener beiden damals ausgesprochenen Wünsche, sondern ich kann sagen, ich komme mit vollen Händen. Erlauben Sie, dass ich einen kurzen Überblick hierüber gebe. Die Kosten der Grundbuchsanlage trägt mit geringen Ausnahmen der Staat; der Kreis der zur Beglaubigung berufenen Organe wird erweitert durch das Institut der Legalisatoren; das öffentliche Gut wird Gegenstand des Grundbuches; hinsichtlich der Theilbarkeit von Gebäuden und Grundstücken werden wohlthätig wirkende Einschränkungen festgesetzt. In allen diesen Punkten wird den Wünschen entsprochen, die der hohe Landtag von Vorarlberg entweder damals oder seither zum Ausdrucke gebracht Hal. Bestimmungen gewisser Natur haben den Zweck den Übergang vom Verfachbuche zum Grundbuche zu erleichtern. Es tritt eine Erleichterung ein bei Anmeldung und Eintragung von Servituten und Reallasten, Erleichterungen im Richtigstellungverfahren, dann wesentliche und in vieler Beziehung keineswegs zu unterschätzende Gebührenerleichterungen; gleichzeitig wird auf Rechtsgebieten, wo bisher Unklarheiten herrschten, Klarheit geschaffen und zu Bestimmungen dieser Art gehören Artikel I, welcher die Rechtsverhältnisse der Gemeinschaftsalpen normiert, ferner Artikel VII-X des Reichsgesetzes, womit das bisher vielleicht zweifelhafte Recht der Parteien die Urkunden gerichtlich zu Protokoll zu bringen normiert wird. Dann zieht das Land Vorarlberg Vortheil aus allen Erfahrungen, die seit einem Vierteljahrhunderte bei Anlegung des Grundbuches in den übrigen Ländern Österreichs gemacht wurden. Dahin gehört die Bestimmung, dass nicht die Gerichte, sondern eigene Commissionen mit der Anlegung des Grundbuches betraut werden, dahin gehört Artikel XIII, der von der Beseitigung gesetzwidriger Eintragungen handelt, dahin gehören die in ihrer Art neuen und besseren Bestimmungen über die Einrichtung von Registern, Urkundensammlungen und Grundbuchs-Mappen. Es ist nicht meine Aufgabe zu erörtern, wie es gekommen ist, dass die Regierung heute so freigebig ihre Hände eröffnet. Aber ich kann meiner Freude Ausdruck geben, dass es so gekommen ist und dass auf diese Weise, nach der Stimmung im Ausschusse und im hohen Hause zu urtheilen, eine Einigung zwischen Landesvertretung und Regierung zustandegekommen ist. Ich glaube man sollte da nicht von Sieg und nicht von Niederlage sprechen. Wenn das Landesgesetz in jener Form zustande gekommen ist, wie es der Harr Berichterstatter vorschlägt, und wenn noch der Reichsrath ein den Wünschen des Landes entsprechendes Ergänzungsgesetz beschlossen haben wird, dann glaube ich, hat der hohe Landtag und die Regierung wohl in gleicher Weise Grund einander zu beglückwünschen. In der Hoffnung, dass dies eintreten werde, will ich noch einige kurze Bemerkungen beifügen. Die Harmonie, das Zusammenwirken zwischen der Landesvertretung und der Bevölkerung, die hier vertreten wird, einerseits und der Regierung andererseits ist nicht nur nothwendig zum Zustandekommen, sondern auch ganz besonders zur Durchführung des Gesetzes, das vor uns liegt. Ich habe in dieser Beziehung mit hoher Freude einen Passus im Berichte des Grundbuchs-Ausschusses begrüßt. Dort heißt es ungefähr, der LandesAusschuss werde aufgefordert, die Bevölkerung auf das Grundbuch vorzubereiten, sie auf die Wichtigkeit dieser Institution aufmerksam zu machen und für die Belehrung jener Männer zu sorgen, die bei der Anlegung des Grundbuches als Vertrauensmänner mitzuwirken berufen sein werden. Ich richte Namens der Regierung an den LandesAusschuss die Bitte, dieser Aufforderung möglichst nachzukommen, ich richte die Bitte an sämmtliche Herren Abgeordnete in diesem Sinne im ganzen Lande zu wirken, und wenn es mir gestattet ist noch weiter zu greifen, so möchte ich beifügen, ich richte die Bitte an den ganzen hochwürdigen Klerus im Lande, dass er bei dem großen Werke der Anlegung des Grundbuches, wenn es auch ein weltliches Werk ist, der Bevölkerung rathend und helfend zur Seite stehe. Die Justizverwaltung wirb gerne bereit sein, alles zu thun, was in ihren Kräften steht, um das Werk, zu dem der Grund bereits gelegt ist, einem gedeihlichen Ende zuzuführen. Heute wird der Grundstein gelegt und der Bauplan beschlossen. Lassen Sie uns im kommenden Jahre rüstig und unverzagt weiter 82 VIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. L Session, 8. Periode 1897. bauen an dem großen Werke, damit, wenn der First einst auf das Dach gesetzt wird, sie mit Beruhigung und Freude sagen können: Wir haben ein gutes Werk vollbracht, nicht nur für uns, sondern auch für spätere Geschlechter, ein Werk zum dauernden Wohle des Landes. (Beifall.) Martin Thurnher: Ich habe als Schlusswort nur noch einige kurze Bemerkungen zu machen. Es wäre überflüssig nach dan wirklich zutreffenden Auseinandersetzungen des Herrn Regierungscommissärs noch länger über diese Angelegenheit zu sprechen. Gegen den vorliegenden Gesetzentwurf sind nur von einer Seite, nämlich vom Herrn Abgeordneten Ganahl, ein paar Einwendungen erhoben worden. Bezüglich dieser Einwendungen ist zwar schon von anderer Seite erwidert worden,