18960116_lts006

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Letzte Änderung 03.07.2021, 10:51
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp07,lts1896,lt1896,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Vorarlberger Landtag. 6. Sitzung am 16. Januar 1896, unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg Gegenwärtig 19 Adgeordnete. Abwesend der Herr: Dr. Schmid. Regierungsvertreter: Herr Hofrath Graf St. Julien-Wallsee. Beginn der Sitzung 10 Uhr 10 Min. Vormittags. Landeshauptmann: Die Sitzung ist eröffnet. Ich ersuche um Verlesung des Protokolles der letzten Sitzung. (Secretär verliest dasselbe.) Wird gegen die Fassung des Protokolles eine Einwendung erhoben? — Da dies nicht der Fall ist, betrachte ich dasselbe als genehmiget. Anschließend an den Beschluß ad 9, der in vertraulicher Sitzung gefaßt worden ist, beehre ich mich, den Herren mitzutheilen, dass die dortige vorgesehene Kündigung bereits erfolgt ist. Im Einlaufe befindet sich eine Petition der Gemeinden Fußach und Hard in Angelegenheit der Herstellung einer Brücke über den künftig regulierten Rheinstrom und die Dornbirner Ach. Ich ersuche um die Verlesung. (Secretär liest.) Hoher Landtag! Es sind heute die zwei Gemeinden Hard und Fußach, welche durch den Beschluß der internationalen Rheinbau-Commission — „die seit undenklichen Zeiten bestehende bequeme und kurze Verbindung untereinander und der Gemeinde Fußach mit der Landeshaupstadt auf der von diesen zwei Gemeinden erhaltenen Gemeindestraße infolge des Rheindurchstiches ganz aufzulassen und durch einen weiten Umweg auf der neu herzustellenden Reichsstraße von deren Überbrückung in ungenügender Weise zu übersetzen" — in ihren agrikolen und ökonomischen Verhältnissen auf das Ärgste sich bedroht sehen. 52 IV. Sitzung des Vorarlberger Landtags. V. Session, 8. Periode 1896. Nachdem bei den letztjährigen Verhandlungen in Hard und Lustenau in Sachen der Rhein- und Binnengewässer-Correction unsere wohlbegründeten Proteste gegen die Auflassung dieser Gemeindestraße, -wie es nunmehr scheint, von Seite der internationalen Rheinbau-Commission gänzlich unberücksichtigt geblieben sind, so wenden wir uns vertrauensvoll an den hohen Landtag, als dem natürlichen und gesetzlichen Beschützer der Gemeindeinteressen und erlauben uns, dessen hohe und gewichtige Dazwischenkunft anzurufen, damit nicht die genannten zwei Gemeinden, welche ohnehin das Opferlamm für die hauptsächlich fremden und ausländischen Vortheilen dienende Rheincorrection abgeben müssen, — in ihren wichtigsten Interessen auf das Empfindlichste geschädiget werden. Zur Begründung ihres Hilferufes erlauben sich dieselben die auf diese Straßen- und Brückenfragen bezüglichen Protokoll-Abschriften der Lustenauer Verhandlungen anzuschließen, in welchen alle jene Motive aufgeführt sind, welche die Gemeinden bestimmten, an der Forderung der Aufrechthaltung ihrer bisherigen Communication auch nach der Durchführung der Binnengewässer-Correction festzuhalten; geruhe der hohe Landtag dieselben einer eingehenden Prüfung zu unterziehen, zu deren Erläuterung nur noch Weniges hier beigefügt werden soll. Die beiden Gemeinden müssen an dem Grundsätze festhaltcn, dass es eine Expropriation dieser Gemeindestraße eigentlich gar nicht geben kann, dass dieselbe von einem Wasserbau-Unternehmen aufrecht zu erhalten ist im öffentliche n Interesse und dass derselbe daher zu verhalten ist, die durch seine Unternehmung nöthig werdende Überbrückung herzustellen. Diesen Grundsatz eventuell durchzufechten, müssen sich die Petenten vorbehalten. Allerdings haben dieselben bei den citierten Verhandlungen das Entgegenkommen gezeigt, bei der Wahl der untersten Variante der Reichsstraßenführung auf ihre Gemeindestraße verzichten zu wollen, allein nur bei Adoptierung dieser Variante durch die internationale Rheinbau-Commission und des k. k. Straßenärars, weil sich nämlich diese unterste Variante am meisten der bestehenden kurzen Gemeindestraße nähert. Nun ist aber, wie aus der Eröffnung der k. k. Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 22. Dec. v. J. Zl. 18270 hervorgeht, diese von der Rheinbauleitung selbst vorgeschlagene unterste Variante von der internationalen Commission verworfen und dafür die oberste Variante gewählt worden, welche den landwirtschaftlichen und commerciellen Verkehr der beiden Gemeinden zu einem weiten Umwege zwingt und die Gemeinde Fußach sowie die in ihr gelegenen Grundstücke, deren viele Eigenthum von Hardern sind, gänzlich isoliert. Für diese letztere Gemeinde kommt überdies durch das Auflassen der Gemeindestraße beziehungsweise der untersten Variante auch noch die Erschwerung der Rettung bei einem allfälligen Rheinausbruche, welcher nach der Correction von allen Localkundigen nicht bloß als möglich, sondern sogar als sehr wahrscheinlich hingestellt wird, in Betracht. In einem solchen Falle hat nämlich die Gemeinde Fußach nur den einzigen Rückzugsweg in der Richtung nach Hard, dieser aber wird ihr wesentlich erschwert, ja vielleicht verunmöglicht, wenn sie durch die Wahl der obersten Variante gezwungen ist, dem ausgebrochenen Strome entgegen, aufwärts zu fliehen, um die Überbrückung zu erreichen, da es denkbar ist, dass sie auch von dieser Verbindung durch die Überschwemmung abgeschnitten werde, während die untere Variante wenigstens eine directe kurze Verbindung nach Hard zuläßt. Hoher Landtag! Bei einem so kolossalen Unternehmen, wie es durch den österreichisch-schweizerischen Staatsvertrag festgestellt wurde, sollte der österreichische Staat doch billigerweise auch auf die Wahrung der österreichischen Gemeinden sehen und dieselben nicht aus Sparsamkeitsrücksichten, welche sich mit den vorgeschobenen Interessen des allgemeinen Verkehres bemänteln, fremden Vortheilen opfern, zumal bei den für die Correction ausgeworfenen großen Beträgen es auf Weniger oder Mehr umsoweniger ankommen kann, als bei solchen im öffentlichen Interesse unternommenen Bauten, welche der oberschweizerischen und österreichischen Rheinebene so ungemein nützen sollen, ein weitherziges, einem Großstaate würdiges Vorgehen wohl allein am Platze wäre. Geruhe nun der hohe Landtag die vitalen Interessen unserer zwei Gemeinden Hard und Fussach in Schutz zu nehmen, in der Weise, dass, wenn die oberste Variante gewählt werden sollte, die bauwerbende internationale Unternehmung IV. Sitzung des Vorarlberger Landtags. V. Session, 8. Periode 1896. 53 dahin gebracht werde, die bestehende Gemeindestraße aufrecht Zu erhalten, die hiezu nöthigen Überbrückungen herzustellen. Bregenz, am 15. Januar 1896. N. Helbok, Vorsteher in Fussach. Josef Schneider, Gemeinderath. Nikolaus Küster, „ Leonhard Weiß, Ausschuss. Valentin Küster, „ Ferdinand Küster, „ Josef Anton Nagel, „ Heinrich Küster, „ Nikolaus Küster, „ Jakob Blum, „ . Gebhard Schneider, „ Kölbl, Vorsteher in Hard. Jakob Birnbaumer, Gemeinderath. Konrad Hermann, „ Josef Ruf, „ Anselm Büchele, Cassier. Johann Dörler, Ausschuss. Josef Feßler, „ Franz Xaver Birnbaumer, „ Johann Bapt. Büchele, „ Ferdinand Reifete, , t Anton Schwärzler, August Hermann, „ M. Büchele, •„ Peter Feßler, „ Ferdinand Zwickle, Anton Kloser, „ Anton Kalb, „ Wilhelm Rohner „ „ „ Landeshauptmann: Der Petition ist auch ein sehr interessanter, den Sachverhalt versinnbildlichender Situationsplan beigelegt. Als Überreicher dieser Petition möchte ich in Anbetracht der Wichtigkeit dieses Gegenstandes die Anregung machen, dass derselbe vollinhaltlich in dem stenographischen Protokolle ausgenommen werde. Martin Thurnher: Ich habe nichts gegen die Anregung des Herrn Vorsitzenden einzuwenden, sondern stimme demselben bei. Ich möchte hiezu den Antrag anknüpfen, dass die Petition dringlich behandelt und sofort dem volkswirtschaftlichen Ausschüsse zur Berathung zugewiesen werde. Landeshauptmann: Wird gegen meine Anregung und gegen die von dem Herrn Abgeordneten Martin Thurnher gestellte Dringlichkeit eine Einwendung erhoben? — Es ist nicht der Fall, und nachdem auch bezüglich der Zuweisungsfrage keine Äußerung erfolgt, so nehme ich an, dass das hohe Haus zustimmt, und es wird die Zuweisung in diesem Sinne erfolgen. — Der Herr Abgeordnete Dr. Schmid hat sich für die heutige Sitzung wegen Unwohlsein entschuldigt. Regierungsvertreter: Hohes Haus! „Ich habe die Ehre im Namen der hohen Regierung den bereits in der Eröffnungssitzung des Landtages angekündigten Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Anlegung von Grundbüchern und die innere Einrichtung derselben als Regierungsvorlage in diesem hohen Hause einzubringen. Diese Gesetzesvorlage unterscheidet sich in ihren Hauptbestimmungen nicht wesentlich von dem in den andern Theilen der Monarchie bereits bestehenden Landesgesetzen und es wird nun die Aufgabe der hohen Landesvertretung sein, dieselbe den besonderen Verhältnissen des Landes Vorarlberg im Allgemeinen anzupassen. Da aber einige der zu treffenden Sonderbestimmungen, theils finanzieller Natur, theils dem Gebiete der Civilrechtsgesetzgebung angehörend welche in den Wünschen der Bevölkerung gelegen sind und den thatsächlichen Rechtsverhältnissen Rechnung tragen, der Competenz des Landtages sich entziehen, so ist die Regierung in Berücksichtigung der oben angeführten Momente genöthigt, die hiernach erforderliche Abänderung der allgem. Grundbuchsordnung im Wege der Reichsgesetzgebung, anzustreben und ich lege daher auf den Tisch des hohen Hauses zur Information des Landtages noch einen für die' Verhandlung im Reichsrathe bestimmten Gesetzentwurf nieder, womit für den Fall der Einführung der Grundbücher in Tirol einige grundbuchsrechtliche Sonderbestimmungen und erleichternde Gebührenvorschriften, sowie das Real-Exetutionsverfahren betreffende Anordnungen erlassen und Beschränkungen der Theilung von Gebäuden nach materiellem Antheile eingeführt werden. Dieser noch von besonderen Erläuterungen begleitete Entwurf des Reichsgesetzes ist zwar zunächst nur für Tirol in Aussicht genommen, doch ist die Regierung geneigt, denselben im Falle der 54 IV. Sitzung des Vorarlberger Landtags. V. Session, 8. Periode 1896. Annahme des Landesgesetzes auch auf das Land Vorarlberg auszudehnen. Indem ich nun den Entwurf dieses Landesgesetzes zur verfassungs- uud geschäftsordnungsmäßigen Behandlung übergebe, glaube ich, im Namen der hohen Regierung die Hoffnung aussprechen zu dürfen, dass die hohe Landesvertretung das in jeder Beziehung weitgehende Entgegenkommen der Regierung entsprechend würdigen und auch das Ihrige zum ehebaldigen Inslebentreten einer in Ansehung der Erhöhung der Rechtssicherheit und Erhöhung des Realcredites so überaus wichtigen Institution beitragen werde." Landeshauptmann: Ich werde diese Regierungsvorlage auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung als ersten Gegenstand setzen. Wir kommen nun zur Tagesordnung. Auf derselben steht als erster Gegenstand die Petition der Gemeinde Dornbirn betreffend die Subventionierung der gewerblichen Fortbildungsschule. Ich erwarte über die Behandlung dieses Gegenstandes einen Antrag. Dr. Waibel: Ich beantrage die Zuweisung dieser Petition an den Finanzausschuss. Fink: Ich möchte mir zu diesem Anträge ein Bemerken erlauben. Ich halte nämlich dafür, dass wir keine Veranlassung haben, diese Eingabe der Gemeinde Dornbirn irgend einem Ausschüsse, sei es dem Finanz- oder einem andern Ausschüsse .zuzuweisen. Es ist ja bekannt, dass wir vor zwei Jahren den Landtagsbeschluß gefasst haben, dass derartige Gesuche von dem Landes-Ausschusse in meritorischer Beziehung behandelt werden sollen. Wir haben dort dem Landes-Ausschusse die nothwendigen Directiven gegeben, nach denen er vorzugehen hat, wenn solche Gesuche einlaufen. Ich muss daher sagen, dass ich mich gleich von Anfang gewundert habe, dass dieses Gesuch der Gemeinde Dornbirn gerade durch den Herrn Abgeordneten Dr. Waibel, der Mitglied dieses hohen Hauses ist, eingebracht worden ist. Ich hätte geglaubt, es würde ihm gewiss der citierte Landtagsbeschluss nicht entgangen sein und hätte auch geglaubt, er wäre sich klar gewesen, dass, wenn man sich in solchen Angelegenheiten an den Landtag wendet, eigentlich die unrichtige Adresse gewählt worden ist. Wir haben dem Landesausschusse auch die weitgehendsten Vollmachten ertheilt, und ich meine, da die unrichtige Adresse gewählt worden ist, so ist es am Platze, dass wir dem Anträge des Herrn Dr. Waibel, nämlich, dass dieser Gegenstand an den Finanz-Ausschuss verwiesen werde, nicht zustimmen. Ich zweifle gar nicht, dass, wenn es ihm darum zu thun ist, für die betreffende Schule einen Beitrag zu bekommen, er, wenn er es schon vorher nicht gewusst hätte, sicher jetzt den richtigen Weg finden wird. Dr. Waibel: Was mir der Herr Abgeordnete Fink sagt, ist mir vom Anfang bis zum Ende nicht neu. Das habe ich gerade so gut gewusst, wie er. Warum diese Petition an den Landtag und nicht an den Landes-Ausschuss gerichtet wurde, hat seinen Grund in folgendem: Für die Ausschreibung, welche für das Jahr 1895 bestimmt war, war die Gemeinde nicht mehr in der Lage einzuschreiten, weil der in der Ausschreibung bestimmte Einreichungstermin längst verstrichen war, und für das Jahr 1896 war aber zur Zeit unserer Beschlussfassung eine Ausschreibung noch nicht erfolgt. (Martin Thurnher: O ja, in der letzten Landeszeitung.) Unser Beschluss ist früher gefasst worden. Ich habe diese Ausschreibung erst in den letzten Tagen gelesen; ich kann sie doch nicht lesen, bevor sie da ist. Das ist der Grund gewesen, warum die Gemeindevertretung Dornbirn sich an den Landtag gewendet hat. Die Gemeinde hat nicht wissen können, ob auch für das Jahr 1896 eine solche Ausschreibung erfolgen werde; man wußte nicht, ob nicht die auf Grund der früheren Ausschreibungen verliehenen Subventionen ständig seien oder ob die Bewilligung von Jahr zu Jahr erfolge. Aus diesem Grunde hat man sich an diese Adresse, d. h. an die Adresse des Landtages gewendet. Wenn nunmehr hier beschlossen wird, die Petition an den Landes-Ausschuss abzutreten, so glaube ich, dass die Sache damit abgethan ist, und ich habe auch nickt das Geringste einzuwenden, "wenn dies geschieht. Fink: Ich habe vorhin bemerkt, dass ich es gar nicht für nothwendig halte, die Petition irgend VI. Sitzung Les Vorarlberger Landtages. V. Session, 8. Periode 1896. 55 einem Ausschüsse zuzuweisen; als Ausschuss betrachte ich aber auch den Landes-Ausschuss. Ich halte es also auch nicht für nothwendig, dass die Petition an den Landes-Ausschuss verwiesen werde. Ich zweifle gar nicht, dass dieselbe auch ohnedies dorthin gelangen wird. Weiter kann ich meiner Befriedigung Ausdruck geben über die Erklärungen des Herrn Abgeordneten Dr. Waibel; nämlich als entfernteres Mitglied des Landes-Ausschusses, nämlich als ErsatzMitglied kann ich meiner Befriedigung Ausdruck Heben und constatieren, dass die Nichteinreichung des Gesuches an den Landes-Ausschuss andere Gründe hatte, als Animosität gegen den LandesAusschuss, wie es in den öffentlichen Blättern hieß. Ich will dies öffentlich constatieren und meiner Befriedigung Ausdruck geben. Martin Thurnher: Nachdem der Herr Abgeordnete Dr. Waibel selbst eingestanden hat, dass die Ausschreibung von Seite des Landesausschusses wie sie in der letzten Sitzung desselben vom 4. Jänner d. I. beschlossen worden ist —, das Einbringen der Petition in den Landtag überflüssig gemacht hat, so nehme ich keinen Anstand zu beantragen, dass die Petition zur Erledigung an den Landes-Ausschuß abgetreten werde. Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Dr. Waibel wird also wahrscheinlich erstgestellten Antrag zurückziehen. Dr. Waibel: Ich bin vollkommen einverstanden, weise übrigens am Schlüsse meiner Worte auch darauf hin. Landeshauptmann: Somit liegt nur ein formeller Antrag vor, und der will diesen Gegenstand zur Erledigung an den Landes-Ausschuß abtreten. Wird dagegen eine Einwendung erhoben? — Es ist nicht der Fall, somit wird diese Angelegenheit in der Weise die Erledigung finden. Ich ersuche nun den Herrn LandeshauptmannStellvertreter, gefälligst den Vorsitz zu führen. (Der Herr Landeshauptmann - Stellvertreter übernimmt den Vorsitz.) Landeshauptmann-Stellvertreter: Der zweite Punkt der Tagesordnung ist der Bericht des Landes-Ausschusses, betr. die Miethe im neuen Post- und Telegraphen-Gebäude in Bregenz getroffenen Maßnahmen. Landeshauptmann als Referent: Der 17. Jänner d. I. bildet in der Chronik der Vorarlbergerschen autonomen Landesregierung und der hohen Landesvertretung einen Denkstein, denn an diesem Tage hatte der hohe Landtag den Anträgen des Landesausschusses entsprechend, den Beschluß gefasst, einen Wechsel in den Mierhsverhältnissen eintreten zu lassen und nachdem das k. k. PostÄrar den seitens der Landesvertretung offerierten jährlichen Miethzins von 1600 fl. für 10 Räume des ersten und 7 des zweiten Stockes sammt dazu gehörigen Estrich und Keller acceptiert hatte, wurde das Project ein definitives und seit 1. October hat der Landesausschuß als Miethpartei des Post-Ärars von dem gemietheten Trakte Besitz ergriffen und sich in den Räumen des prachtvollen, neu gebauten Post- und Telegraphen - Gebäudes für die nächsten 10 Jahre häuslich niedergelassen. Die verehrten Herren konnten in den letzten Tagen nicht nur den Sitzungssaal und die anstehenden Zimmer kennen lernen, sondern es war Ihnen auch Gelegenheit geboten, sämmtliche dem Lande zur Verfügung stehenden Räume beider Stockwerke zu durchwandern, und ich bin überzeugt, dass unser neues Heim in all seinen Theilen den vorzüglichsten Eindruck ans Sie gemacht hat. ' Wie nun aber bereits im Berichte ausführlich dargethan ist, bedurfte es, um diese vielen Zimmer entsprechend zu meublieren und auszustalten, einer Reihe von Anschaffungen von Möbeln verschiedener Art; ich erwähne hier in erster Linie die ganze Ausmalung und Ausstattung dieses unseres Saales, ferner die nothwendige Anschaffung von Schränken für unsere Bücher und Akten, von Vorhängen, verbunden mit Verbesserungen des bereits Vorhandenen. Im Berichte ist weiters hervorgehoben, dass der Landes-Ausschuss den Bestimmungen des zwischen dem Lande und dem k. k. Postärar abgeschlossenen Mietvertrages entsprechend, auch die Kosten der baulichen Adaptierungen zu übernehmen hatte, wogegen das Ärar bei Aufgabe der Miete auf die Wiederherstellung in den früheren Stand Verzicht leistet. Diese Adaptierungen betrafen in erster Reihe den Sitzungssaal, den man durch Ausbruch der Zwischenmauern gewann, das 56 IV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session, 8. Periode 1896. Vorzimmer, welches ursprünglich als Küche und ein kleines Zimmer projectiert war, heute während des Jahres als Kanzleilocalität und als Sitzungszimmer des Landes-Ausschusses sehr gute Dienste leistet und endlich das Archiv nebst eigenem Zugang, das ebenfalls umgebaut werden mußte. Die Beleuchtungsfrage endlich, welche im Berichte „ebenfalls ausführlich dargestellt ist, wurde nach Überzeugung des Landes-Ausschusses glücklich und Vortheilhaft dadurch gelöst, dass der Landes-Ausschuss durch Vermittlung des k. k. Postärars auch für unsere gejammten Räume elektrisches Licht von der Dynamomaschine der k. k. SchiffahrtsWerkstätte gegen jährliche Vergütung nach Lichtstunden erhalten hat, wogegen die Anschaffung der nöthig gehaltenen, zahlreichen Lampen und Lustres auf Kosten des Landes zu erfolgen hat. Zählt man die verschiedenen Anschaffungs- und Adaptiernngskosten aller Art zusammen und rechnet hiezu noch die nicht unbedeutenden Spesen, welche beim Umzug aufliefen, so crgiebt sich eine nicht unbeträchtliche, ziffermäßig heute noch nicht zusammenstellbare Summe, um deren nachträgliche Bewilligung der Landes-Ausschuss beim hohen Landtag ausucht. Nachdem es wohl unmöglich war, alle diese Maßnahmen und Veranstaltungen bis zum Zusammentritt des hohen Landtages aufzuschieben, so bin ich fest überzeugt, dass das hohe Haus uns hierfür Indemnität ertheilen wird. Sind die verehrten Herren doch gleichwie der Landes-Ausschuss davon überzeugt, dass wir mit diesem 10jährigen Mietverhältnis, ohne zu große Belastung des Landes einen guten Griff gethan haben, dass die uns zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten nicht nur allen Anforderungen entsprechen, sondern auch licht, hoch und vorzüglich gelegen sind, dass mit einem Worte, wie ich schon bei meiner Eröffnungsrede betonte, das Land ein würdiges Heim gefunden hat. Möge in diesem neuen Wohnsitze der Landesregierung stets der Segen des Himmels walten, auf dass die darin zu leistenden Arbeiten und Verhandlungen zum Wohle unseres heißgeliebten engeren und weiteren Vaterlandes und unserer arbeits- und strebsamen Bevölkerung ausfallen. Das walte Gott ! Und nun bitte ich um Annahme des LandesAusschuss-Antrages, welcher lautet: (Liest den Antrag aus Beilage XVII.) Landeshauptmann-Stellvertreter: Ich eröffne über diesen Antrag die Debatte: Es meldet sich niemand zum Worte, und schreite ich daher zur Abstimmung. Ich ersuche jene Herren, welche mit dem Anträge einverstanden sind, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Einstimmig angenommen. (Der Herr Landeshauptmann übernimmt wieder den Vorsitz.) Landeshauptmann: Wir kommen zum dritten Gegenstand der Tagesordnung, zum Berichte des Landesausschusses über die Ausführung der Landtagsbeschlüsse, wegen Verbesserung der materiellen Lage der Lehrpersonen. Ich ersuche den Herrn Referenten, das Wort zu ergreifen. Martin Thurnher: Der dem hohen Hause schon durch längere Zeit vorliegende Bericht bett. der im abgelaufenen Jahre auf Grund des vorjährigen Landtagsbeschlusses getroffenen Maßnahmen hinsichtlich der Verbesserung der materiellen Lage der Lehrpersonen an den allgemeinen Volksschulen gibt über die Angelegenheit erschöpfenden Aufschluss. Es geht daraus hervor, dass nach den gegebenen Weisungen des Landtages und innerhalb der von ihm bezeichneten Grenzen das Möglichste gethan wurde zur Erreichung des beabsichtigten Zweckes. Im Jahre 1870 waren die Landesschulgesetze in Kraft getreten und damals wurde die erste Einreihung von Schulen in die verschiedenen Gehaltsclassen vorgenommen. Es war wohl damals erklärlich und selbstverständlich, dass, um den Gemeinden gleichsam ein Übergangsstadium zu schaffen, nahe an 3/4 aller Schulen, bezw. Classen in die dritte — d. h. in die letzte GehaltsClasje versetzt wurden. Mit geringfügigen Ausnahmsfällen blieb es hiebei stehen, bis zum Jahre 1892. Die Landes - Vertretung hatte anfangs der 1870er Jahre vergeblich versucht, eine Änderung der Schulgesetze nach der Richtung zu erwirken, dass der Einfluss der Kirche und der Familie auf die Schule ein größerer werde, dass die Schule des confessionellen Characters entkleidet und auf christliche Grundlage gestellt werde. IV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session, 8. Periode 1696. 57 Die diesfälligen Bemühungen des Landtages -lieben ohne Erfolg, und von jenem Zeitpunkte an verhielt sich die Landesvertretung ablehnend gegen die an sie herantretenden Fragen auf dem Gebiete des Volksschulwesens. Sie lehnte es principiell ab, in irgend eine Änderung des Volksschulgesetzes einzutreten, einlangende Gesuche von Gemeinden um Zuwendung von Landesbeiträgen zur Bestreitung des Schulaufwandes wurden abgewiesen und die Voranschläge über die vom Lande zu deckenden Schulausgaben durch Jahre hindurch abgelehnt. Der Landtag war hiebei Don, der Absicht geleitet, auf diesem Wege eher eine Änderung der Schulgesetze zu erwirken. Diese Hoffnungen giengen nicht in Erfüllung und auch heute noch sind wir weiter denn je davon entfernt, eine Änderung des Reichsschulgesetzes zu erwirken, nämlich nach der Richtung, dass die Schule auf confessionelle Grundlage gestellt werde. Auch der k. k. Landesschulrath, der durch viele Jahre infolge Abwesenheit der Vertreter der Kirche und des Landes gleichsam ein Rumpfparlament bildete, trat in die Frage der Verschiebung der Schulen in höhere Gehaltsclassen nicht ein. Nachdem die von der ablehnenden Haltung erwarteten Erfolgeausblieben, nachdem die materielle Lage des Lehrerstandes sich immer ungünstiger gestaltete, nachdem die Zahl der nicht qualificierten Lehrer statt ab- vielmehr zunahm und ein volles Viertel der Lehrkräfte umfasste, nachdem immer und immer wieder neue Gesuche an den Landtag um Beseitigung der unhaltbaren Zustände gelangten, so musste eine Änderung in der bisherigen Taktik eintreten und diese datiert von den Beschlüssen des Landtages im Jahre 1890. Ohne von seinen Grundsätzen und Forderungen abzugehen, eine Änderung der Gesetze vielmehr perhorescierend, beauftragte der Landtag den LandesAusschuss innerhalb der Grenzen der bestehenden Gesetze, das thunlichste für Verbesserung der Lage des Lehrerstandes einzuleiten und durchzuführen. Der Landes-Ausschuss hat sich dieser Aufgabe pflichtgemäß unterzogen. Wenn sie den Bericht des Landes-Ausschusses vom 31. August 1891 (I. der Beilagen der stenographischen Protokolle der Session 1891/92) mit dem Ihnen heute vorliegenden vergleichen, so werden Sie den besten Einblick in die diesbezügliche Thätigkeit bekommen und sich davon überzeugen, dass in dieser kurzen Spanne Zeit sehr viel gethan und erreicht wurde. Es wird aber immer noch einiger Nachhilfe in den nächsten Jahren bedürfen, wenn auch die eigentliche Hauptaction bis auf weiteres als abgeschlossen betrachtet werden kann. Wenn bei der so umfassenden Arbeit nicht allen Wünschen entsprochen werden konnte, wenn vielleicht in dem einen oder andern Falle nicht genau das Richtige getroffen worden sein sollte, so ist dieses bei einer so großen Action wohl selbstverständlich, indem ja alle menschlichen Werke fehlerhaft und mangelhaft bleiben. Der gute Wille, das in den gegebenen engen Grenzen möglich Beste durchzuführen, hat sowohl beim Landes-Ausschusse als auch beim Landesschulrathe gewiss nicht gefehlt. Und nun empfehle ich Ihnen die Anträge des Landes-Ausschusses zur Annahme, welche lauten: (Liest die Anträge aus Beilage XIV.) Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und über gestellten Antrag die Debatte. Greißing: Es ist mir wie vielleicht mehreren der Herren Abgeordneten aufgefallen, dass der Landes-Ausschuss in seinen Anträgen die Zeit für die Subventionierung der Gemeinden verschieden angesetzt hat. Ich glaube, es wäre genug, wenn die Gemeinden vorderhand ausnahmslos nur auf 10 Jahre subventioniert würden und meine, man könnte später ja wieder helfen. Deshalb möchte ich beantragen, Punkt 2 dahin abzuändern, dass die Zeit der Subventionierung für alle Gemeinden auf 10 Jahre festgestellt würde, und bitte das hohe Haus, diesen Antrag unterstützen zu wollen. Dr. Marbel: Ich habe die gleiche Bemerkung machen wollen, welche der Herr Vorredner gemacht hat. Es ist mir gleichfalls ausgefallen, dass man bei verschiedenen Gemeinden verschiedene Unterstützungstermine angesetzt hat, 10, 15, 20 Jahre. Ich werde darum dem Anträge des Vorredners die Zustimmung geben. Es fällt mir auf die Höhe der Unterstützung für die Gemeinde Bildstein. Es ist das doch eine Gemeinde, die 721 Einwohner hat und gewiss nicht zu den ärmsten gehört. Ich sehe da Gemeinden, die viel 'unterstützungswürdiger und nur mit 100 und noch weniger als 100 fl. bedacht sind. 58 VI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session, 8. Periode 1896. Ich möchte darum Aufschluss erbitten, warum gerade die Gemeinde Bildstein in der Höhe von 200 fl. subventioniert wird. Im Zusammenhänge mit dieser Bemerkung, welche Herr Vorredner gemacht hat, möchte ich auch fragen, wie man dazu gelangt ist, für diese Gemeinde einen 20jährigen Unterstützungstermin anzusetzen. Weiters finde ich im Berichte folgendes, worüber ich auch aufgeklärt zu werden wünsche. Es heißt hier: Die gemäß Landtagsbeschlusses vom 14. Febr. v. I. zur Subventionierung schlecht besoldeter Lehrer aus der Landescasse gewährten 3000 fl. wurden bisher nicht in Anspruch genommen, da einentheils noch nicht alle für das Jahr 1895 beschlossenen Subventionen des k. k. Landesschulrathes zur Anweisung gelangten, anderntheils eine Anzahl der zugesicherten Subventionen erst vom Jahre 1896 an zur Ausfolgung gelangen. Ich möchte nun Aufschluss erbitten, worin das Hindernis liegt, dass der Landesschulrath die Anweisungen noch nicht gemacht hat. Auf die allgemeinen Bemerkungen des Referenten bezüglich der Schulgesetzgebung will ich nicht eingehen. Es ist dies ein Thema, welches sich schon so oft abgespielt hat und schon hundert und tausendmal erörtert worden ist. Wenn der Herr Referent bedauert, dass das Reichsgesetz bezüglich der Volksschule noch nicht in seinem Sinne und dem seiner Gesinnungsgenossen abgeändert worden ist, so gibt es ihm gegenüber eine große Anzahl unter der Bevölkerung, welche 'der gegentheiligen Ansicht ist, und welche es begrüßt, dass die Reichsvolksschulgesetze stehen bleiben werden, wie sie im Jahre 1868/69 geschaffen wurden. Regierungsvertreter: Der Herr Abgeordnete Dr. Waibel hat mit Rücksicht auf eine im Berichte vorkommende diesbezügliche Bemerkung bemängelt, dass noch nicht alle für das Jahr 1895 beschlossenen Subventionen seitens des k. k. Landes-Schulrathes zur Anweisung -gelangt sind. Was nun die im vorliegenden Berichte gemachte Bemerkung, welche gegen den Landesschulrath gerichtet ist, anlangt, dass nämlich noch nicht alle Subventionen zur Anweisung gelangten, so habe ich Nachschau gehalten, und konnte einen diesbezüglichen Rückstand bei der Revision der einschlägigen Akten nicht bemerken. Es ist aber allerdings möglich, dass, nachdem durch das plötzliche Ableben des Herrn Referenten des Landesschulrathes Billek, eine kleine Stockung in den Geschäften eingetreten ist, infolge dessen einige wenige Rückstände existieren, deren Erledigung übersehen worden ist. Ich werde nicht ermangeln, eine neuerliche Revision der betreffenden Acten vorzunehmen und das Erforderliche vorsehen, um eventuellen Falles die nöthige Remedur eintreten zu lassen. Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Fritz hat sich zum Worte gemeldet, aber nach der Geschäftsordnung muss ich dem Herrn Abgeordneten Martin Thurnher das Wort ertheilen, nachdem sich dieser früher gemeldet hat. Martin Thurnher: Ich werde mich kurz fassen. Was den Antrag des Herrn Abg. Greißing anbelangt, so habe ich gegen die Annahme dieses Antrages von Seiten des hohen Hauses nichts einzuwenden. Ich bemerke nur, dass man bei der Beschlussfassung bezüglich der Gemeinde Bildstein, welche als erste um eine Subvention eingekommen ist, der Ansicht war, dass sich bei der sehr armen Berggemeinde Bildstein, die finanziell immer mehr zurückgeht, voraussichtlich in einer langen Anzahl von Jahren keine Besserung ihrer finanziellen Verhältnisse eintreten dürfte, und wurde deswegen die große Zahl von 20 Jahren in Aussicht genommen. Dieser Antrag ist zwischen dem Landesschulrathe und dem Landes-Ausschüsse vereinbart worden. Später hat man aber eingesehen, dass es wohl besser sei, eine Dauer von nur 10 Jahren festzusetzen, wobei es der künftigen Landesvertretung, unbenommen bliebe, wenn die Zeit abgelaufen ist, neue Beschlüsse bezüglich Betheiligung der Gemeinden zu fassen. Ich gestehe offen, dass ich, als ich an die Anfertigung des Berichtes gieng, nachdem ich nahezu eine einjährige Erfahrung in dieser Beziehung hinter mir hatte, viel lieber den Antrag gestellt hätte, es sollte für alle aufgeführten Gemeinden die Anzahl der Jahre auf 10 beschränkt bleiben. Nachdem aber vorher die Vereinbarung zwischen dem Landes-Ausschusse und dem Landesschulrathe bereits getroffen war, und da ich nach der Actenlage bei der Zusammenstellung des Berichtes vorgehen musste, konnte ich einen diesbezüglichen Antrag selbst nicht stellen. Ich werde also dem Anträge Greißing, wie bereits bemerkt, nichts entgegenstellen, sondern VI. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session, 7. Periode 1896. 59 ich kann den Antrag dem hohen Hause zur Annahme empfehlen. Herr Abgeordneter Dr. Waibel hat gefragt, warum gerade die Gemeinde Bildstein mit einer höheren Subvention, betheiligt worden sei als verhältnismäßig die übrigen Gemeinden, welche meist mit 100 fl. betheiligt erscheinen. Diesbezüglich bemerke ich, dass die Gemeinde Bildstein 3 Schulen hat, die sich in der 3. Gehaltsclasse befanden. Die Gemeinde Bildstein hat sich unter der Voraussetzung, dass ihr eine entsprechende Subvention gewährt werde, dafür ausgesprochen, dass diese Schulen in die 2. Gehaltsclasse vorgeschoben werden und, weil nun für 3 Classen mindestens eine Erhöhung der Auslagen der Gemeinde von 300 bis 400 fl. erfolgte, so war es nicht mehr als billig, dass der Landesbeitrag mindestens auf 200 fl. festgesetzt wurde, nachdem viele andere Gemeinden bei Vorschiebung nur einer Schule vom Landes - Ausschüsse eine Subvention von 100 fl. erhielten. Der Herr Regierungsvertreter hat bereits darauf hingewiesen, warum einige vom LaudesAusschusse und Landes-Schulrathe vereinbarte, den Gemeinden auszufolgenden Beiträge pro 1895 zur Auszahlung bisher nicht angewiesen wurden. Ich glaube, dass dies infolge der langen Krankheit und des Todes des Herrn Referenten des k. k. Landes-Schulrathes nicht geschehen konnte. Den Landes-Ausschuss trifft nicht die geringste Schuld. Er hat sich noch gegen Ende des vorigen Jahres veranlasst gesehen, den Landes-Schulrath aufmerksam zu machen, dass die Beiträge angewiesen werden können. Landeshauptmann: Ich ertheile dem Herrn Abgeordneten Fritz das Wort. Fritz: Auch ich begrüße den Abänderungsantrag des Herrn Abgeordneten Greißing und möchte nur noch bemerken, dass man auf so viele Jahre hinaus denn doch die Verhältnisse und die Sachlage nicht kennen kann, die eine so weitgehende Vorsorge rechtfertigen; daher werde ich auch diesem Abänderungsantrage zustimmen. Im allgemeinen bin ich denn doch der Anschauung, dass man in den letzteren Jahren ziemlich viel zu Gunsten des Lehrerstandes gethan hat und zwar sowohl von Seite des Landes wie der Gemeinden. Man hat sich ernstlich bemüht, dort zu helfen, wo es am nothwendigsten war; aber alle Lehrer zufrieden zu stellen, ist man meiner Ansicht nach nicht im Stande. Man vergesse nur nicht, dass in manchen Gemeinden die Mehrzahl der FamilienVäter mit den meisten Lehrern des Landes bezüglich der Existenz tauschen würden. Somit sollte denn doch auch Vorsorge getroffen werden, dass die Gemeinden auch existenzfähig bleiben, um nicht an allzuhohen, sich immer mehr steigernden Lehrergehalten zu verbluten. Dr. Waibel: Zum Schlüsse möchte ich mir noch eine allgemeine Bemerkung erlauben. Diese geht dahin, dass der Eindruck, den diese Vorlage auf mich gemacht hat, nichtsweniger als erfreulich ist. Wir ersehen aus derselben nur, dass eine große Anzahl von Lehrern mit ihrer Lage nicht zufrieden ist und zum Zwecke einer Erleichterung derselben sich an das Land wandte. Wir sehen aber auch, dass mit diesen Vorschiebungen von niederen in höhere Classen eine große Anzahl von Gemeinden in die Lage gebracht wurde, LehrerGehalte auszahlen zu müssen, die zu erschwingen ihnen sehr schwierig wird. Das Kunststück im Landes-Ausschusse und im Landes-Schulrathe, die Lehrer aus der 3. in die 2. und aus der 2. in die 1. Gehaltsclasse vorzuschieben, ist nicht groß. Diejenigen aber, welche die Zahlung zu leisten haben, empfinden das. Solche Beschlüsse zu fassen, Vorschiebungen zu beschließen, das ist leicht gethan. Das ist einfach eine Bureau-Arbeit. Wir sehen hier, dass es sich um eine sehr große Anzahl von Lehrern und Gemeinden handelt, welche aus der LandeScasse Subventionen bekommest, und nachdem wir voraussehen können, dass es bei diesen Posten nicht bleiben, sondern dass ihre Anzahl von Jahr zu Jahr wachsen wird, kommen wir nach und nach in eine so missliche und absonderliche Lage, wie eine solche in keinem andern Kronlande besteht. Es ist dem Ermessen einzelner weniger Personen überlassen zu beurtheilen, ob der oder jener Lehrer eine Subvention bekommen, oder die und jene Gemeinde subventioniert werden soll. Wo es sich aber um eine solche Anzahl von Persönlichkeiten und nm einen so großen Kreis handelt, muss man — ich kann es mir nicht anders denkem — in manchen Fällen auf Irrwege gerathen. -60 VI. Sitzung des Vorarlberger Landtags. VI. Session, 7. Periode 1896. Nun glaube ich, hätte doch diese Subventionierungsaction den Landes-Ausschuss und Landes- Schulrath zur Erwägung führen sollen, ob es denn nicht besser wäre, das Gesetz, welches vom Gehalte des Lehrerpersonals handelt, abzuändern und zwar in einer Weise, dass das Land für diesen Aufwand einzutreten hat, wie das in einer großen Anzahl anderer Kronländer schon von Anfang an eingeführt worden ist und was auch entschieden das Beste ist. Das Gesetz, welches die Rechtsverhältnisse des Lehrerstandes regelt, hat mit der Confession absolut gar nichts zu thun. Das ist eine rein materielle Frage. Dieselbe kann, ob man katholisch, evangelisch oder jüdisch ist, ob liberal oder klerikal, ganz unbefangen behandelt werden. Wenn das gemacht wird, so entfällt die Unterstützung der Gemeinden aus der Landescasse und den Lehrern wächst dann der gebührende Bortheil zu, dass ihre Bezüge auch als Basis für die Pension gelten. Die Unterstützungen, wie sie hier vorgeschlagen werden, fonimen im Falle, dass einer der Lehrer lehrunfähig wird, für die Pensionsberechnung nicht zur Geltung. Sie gehen verloren. Man wird auch, wenn man die Frage der Reform des sogenannten Lehrergesetzes in die Hand nehmen will, darauf Bedacht nehmen müssen, die Gehaltsclassen abzuändern, und die jetzige dritte Gehaltsclasse ganz fallen lassen müssen; sie hat heute keine Berechtigung mehr. Wir sehen in Gemeinden, die bereits längere Leit sich in der 1. Gehaltsstufe befinden, dass dort die Lehrer mit 600 fl. nicht mehr ihr Auskommen finden und auf höhere Bezüge hinarbeiten. Ich möchte nun die Anfrage stellen, ob die "Reform des Lehrergesetzes in den beiden Rathskörpern, dem Landesausschusse und Landesschulrathe, nie zur Sprache gekommen ist und ob man nicht wenigstens akademisch die Frage berührt hat. Nagele: Hohes Haus! Ich kann selbstverständlich auch gegen den Abänderungsantrag des Herrn Abgeordneten Greißing nichts einwenden und werde demselben auch zustimmen. Wenn ich mir sonst noch zu sprechen erlaube, so thue ich es nicht so fast, um gegen die Ausführungen, welche im Berichte enthalten sind, und -gegen die Anträge zu demonstrieren oder allenfalls Abänderungsanträge zu stellen. Dessenungeachtet muss ich trotz der ausgesprochenen Ansichten meines geehrten Herrn Vorredners bemerken, dass ich mit den Vorschiebungen von der 2. in die 1. Gehaltsclasse nicht vollständig einverstanden bin, und glaube, dass man diesfalls doch etwas zu weit gegangen ist, und dass man den Landtagsbeschluss des letzten Jahres in ausgiebigstem Maße benützt hat, Diese Borschiebung aus der 2. in die 1. Gehaltsclasse ist ein zu großer Schritt, als dass einfache Landgemeinden für die Kosten aufkommen könnten. Denn die 1. Gehaltsclasse trägt doch für Oberlehrer und, namentlich wenn sie Schulleiter sind und die Dienstalterszulagen haben, — die jüngeren kommen nicht so leicht zu einem solchen Posten — einen Jahresgehalt von 1070 fl. alles in allem. Das ist für Gemeinden, die ihre Zahlungen aus Steuereinnahmen decken müssen, immerhin schwer. Allerdings die Lehrer werden es schon nehmen und vielleicht auch brauchen. Aber das Einnehmen ist leichter als das Zahlen. Überhaupt erscheint das Classenverschiebungssystem nicht besonders geeignet, schon wegen der Functionsgebüren. In dieser Beziehung ist das Gesetz über die Rechtsverhältnisse des Lehrerstandes wirklich ein unglückliches zu nennen. Nach diesem Gesetze aber haben die Unterlehrer nur 6O% des bestimmten Gehaltes, womit sie, wenn sie auch in der 1. Classe nur 360 und in der 2. Classe 240 fl. erhalten, doch nicht ihr Auskommen finden können. Eine solche Ungleichheit ist aber geeignet, unter den Lehrern — ich möchte sagen — eine gewisse Abneigung oder gar einen Neid gegen einander zu erregen. Wenn ich trotzdem eingangs gesagt, dass ich gegen den Bericht und die Anträge nicht opponieren werde, und dem vorjährigen Landtagsbeschlusse beigestimmt habe, so geschah dieses, weil ich eingesehen habe, dass die Lage der Lehrer verbessert werden muss, und auch deshalb, weil der Landtagsbeschluss dahin geht, den armen Gemeinden Unterstützungen zutheil werden zu lassen. Immerhin aber müssen die maßgebenden Factoren für die Zukunft es wohl überlegen, bevor Vorschiebungen von der 2. in die 1. Gehaltsclasse vorgenommen werden. Aber noch einen Punkt glaube ich nicht unberührt lassen zu dürfen. Natürlich mit der Erhöhung der Gehalte wachsen auch die Pensionen. Auch ist es sehr leicht möglich, dass man auch die VI. Sitzung des Vorarlberger Landtags. VI. Session, 7. Periode 1896. 61 Lehrer, wie es bei den Staatsbeamten ja vorkommt, vor ihrer Pensionierung noch in eine höhere Gehaltsclasse stellt. Wenn das hier der Fall wäre, so würden die Gemeinden und der Normaischulfond zu stark ins Mitleid gezogen werden. Da poche man nicht mit dem Normalschulfonde, welcher jährlich circa 3500 fl. Interessen abwirft! Dadurch dass immer größere Pensionen ausgezahlt werden müssen, wird das Land sosehr in Anspruch genommen, dass schliesslich das Land gleichwie die Gemeinden in finanzielle Noth gerathen könnten. Mit diesen Worten will ich nun schließen und nur noch bemerken, dass die Schuld, warum die Lehrer nicht durchgehends zufrieden gestellt werden, nicht so fast in der Abgeneigtheit des Landtages, als vielmehr im verfehlten Schulsysteme liegt. (Rufe: Bravo!) Fink: Ich sehe, dass bei der Generaldebatte schon über die verschiedenen Punkte der Anträge gesprochen wurde und auch ein Antrag zu einem speciellen Punkte der Anträge gestellt worden ist. Es wird daher erlaubt sein, wenn ich hauptsächlich zu einem Punkte der Anträge in der Generaldebatte das Wort nehme. Ich möchte überhaupt darauf Hinweisen, dass Herr Abgeordneter Dr. Waibel — was mir ausgefallen ist — gar nicht einsehen will, dass wir denn doch auch noch andere Wünsche bei Abänderung eines Schulgesetzes haben können, als nur einzig und allein die Regelung der Rechtsverhältnisse und der Gehaltsfrage der Lehrer. (Rufe: Bravo!) Er hat das was da zu ändern wäre ganz als das einzige hingestellt. Es hat das überhaupt bereits der Herr Berichterstatter hervorgehoben, dass wir diesfalls auch noch andere Wünsche und Bedürfnisse haben. Ich will mich daher ganz kurz fassen und sagen: Wir müssen die confessionslose Schule verdammen und verlangen die confessionelle Schule. Wir thun dieses nicht so fast deshalb, weil wir Vorarlberger dermalen befürchten möchten, dass der katholischen Bevölkerung, der katholischen Schule etwa ein Israelit als Lehrer gegeben werde, sondern weil wir wünschen, dass das ganze Schulgesetz den Ton einer confessionellen Schulgesetzgebung hätte. So sollte z. B. die Kirche den nöthigen Einfluss auf die Lehrbücher und Lehrmittel besitzen. Es find da viele andere Umstände noch maßgebend. Wir wünschen wie gesagt nicht bloß, dass nicht ein Lehrer einer andern Confession an einer Schule, wo katholische Kinder sind, wirkt. Sondern wir wünschen auch deshalb die confessionelle Schule, weil wir ab und zu auch bei unsern Lehrern sehen können, dass die verfehlten Tendenzen unserer confessionslosen Schulgesetze auch auf unsere Lehrer, die zwar katholisch getauft und Katholiken sind, doch manchmal sehr schädlich wirken. Ich will gewiss nicht allen Lehrern sammt und sonders entgegentreten. Ich weiß ganz gut, dass wir auch tüchtige, brave und wirklich katholisch gesinnte Lehrer haben, die geradeso gut ihre Aufgabe erfüllen, wie sie dieselbe erfüllen würden, wenn eine confessonelle Schule bestände. Ab und zu kann man das eine, wie das andere sehen. Kann mau doch sehen, dass ein Lehrer, den man vorher punkto Religion und christlicher Lebensanschauung für einen tüchtigen, braven Mann gehalten hat, in einem unbewachten Augenblicke sich derart äußert, dass er als ein Materialist und Darwinist erkannt werden muß. Und deshalb können wir uns erst dann unbedingt in Verhandlungen einlassen auf Abänderung des Schulgesetzes bezw. auch des Gesetzes bezüglich der Regelung der Rechtsverhältnisse der Lehrer, wann einmal Aussicht vorhanden wäre, dass das allgemeine Reichsvolksschulgesetz auch in der angedeuteten Richtung abgeändert würde. Was nun die Anträge des Landes-Ausschusses anlangt, so will ich eingestehen, dass mir eine Vorschiebung, die seit dem letzten Jahre vorgenommen wurde, etwas auffallend ist, nämlich die Vorschiebung der Gemeinde Klösterle von der 2. in die 1. Gehaltsclasse. Ich habe mir gedacht, als ich diese Mittheilung zu Hause gelesen habe^ wie ist das denn möglich, dass diese kleine Berggemeinde von der 2. in die 1. Gehaltsclasse vorgeschoben wurde. Ich hoffe, der Herr Berichterstatter wird in seiner Schlussrede die nöthigen Aufklärungen geben, wie das gekommen sei. Ferner habe ich aus den Zahlen und Zusammenstellungen des Berichtes ersehen, dass der Bezirk Feldkirch am weitesten vorgeschritten ist bezüglich Vorschiebung und überhaupt Einteilung, in die erste Gehaltsclasse. Es sind nämlich im '62 VI. Sitzung des Vorarlberger Landtags. VI. Session, 7. Periode 1896. politischen Bezirke Feldkirche 19 Schulen in der ersten Gehaltsclasse. In zweiter Linie steht der politische Bezirk Bludenz, welcher 8 Schulen in der 1. Gehaltsclasse hat. Am weitesten zurück aber ist der Bezirk Bregenz, wo nur 2 Schulen in der 1. Gehaltsclasse sind. Im Bezirksgerichte Bregenzerwald ist gar keine einzige Schule in der 1. Gehaltsclasse. Diese Zahlen haben in mir so eine gewisse Vorahnung aufkommen lassen, es könnten nun, weil der Bezirk Bregenz dermalen mir der Vorschiebung seiner Schulen in die 1. Gehaltsclasse noch am weitesten zurück ist, der Landes-Ausschuss