18960127_lts011

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Letzte Änderung 03.07.2021, 10:16
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp07,lts1896,lt1896,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 11. Sitzung am 27. Januar 1896, unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. ----------------Gegenwärtig 21 Abgeordnete. Abwesend: — Regierungsvertreter: Herr Hofrath Graf St. Julien-Wallsee. Beginn der Sitzung 10 Uhr 25 Min. Vormittags. Landeshauptmann: Die Sitzung ist eröffnet. Ich ersuche um die Verlesung des Protokolles der letzten Sitzung. (Secretär verliest dasselbe.) Findet einer der Herren gegen die Fassung des Protokolles eine Einwendung zu erheben? — Dies ist nicht der Fall, somit betrachte ich dasselbe als genehmiget. Es sind mir zwei Einlaufstücke zugekommen. Das eine ist ein Gesuch der Spar- und Darlehenscassen Vorarlbergs um eine Subvention zur Deckung der Verbandskosten, überreicht durch Herrn Abgeordneten Kohler; das andere ist ein Gesuch, beziehungsweise eine Vorstellung der Gemeindevorstehung Buch in Angelegenheit der Straße BuchAlberschwende. Ich glaube die Herren werden von der Verlesung Umgang nehmen. Martin Thurnher: Ich möchte beantragen, dass diese zwei Gegenstände sogleich in Behandlung gezogen werden. Bezüglich des Raiffeisen-Cassen-Verbandes beantrage ich die Zuweisung an den volkswirtschaftlichen Ausschuss, bezüglich der StraßenAngelegenheit Buch-Alberschwende die Zuweisung., an den Gemeinde-Ausschuss. Landeshauptmann: Es ist die dringliche Behandlung dieser beiden Einlaufstücke beantragt worden. Wird dagegen eine Einwendung erhoben? — Es ist nicht der Fall. In formeller Beziehung beantragt der Herr Abgeordnete Martin Thurnher die Zuweisung, dieser beiden Gegenstände an den volkswirtschaftlichen, beziehungsweise an den Gemeinde-Ausschuss.. 154 XI. Sitzung des Vorarlberger Landtags. VI. Session, 7. Periode 1896. Wenn hierüber ebenfalls keine Einwendung -erfolgt, betrachte den Antrag als genehmiget und es wird die Zuweisung in diesem Sinne erfolgen. Wir kommen nun zur Tagesordnung. Als erster Gegenstand steht darauf der Bericht des landtäglichen Finanz-Ausschusses über verschiedene Subventionsgesuche, als: 1. des Vorarlberger Unterstützungsvereines in Innsbruck; 2. des Vereines zur Pflege kranker Studierender in Wien; 3. des Vereines für Knaben Handarbeit in Österreich in Wien; 4. des Asylvereines der Wiener Universität; 5. des Unterstützungsvereines für Hörer der k. k. Hochschule für Bodencultur in Wien. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Abgeordneten Nägele das Wort zu nehmen. Nägele: Wie aus dem Berichte hervorgeht, haben diese verschiedenen Vereine um eine Unterstützung sich an den h. Landtag gewendet. Der Finanzausschuss hat nach eingehender Prüfung und Durchsicht der Gesuche, der Statuten dieser Vereine und der Rechnungsauszüge folgenden Antrag gestellt. (Liest aus Beil. XXXVI den Antrag). Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag des Finanz-Ausschusses die Debatte. Dr. Waibel; Bei der Post 1 des Vorarlberger Unterstützungsvereines in Innsbruck wird eine Subvention von 30 fl. beantragt. Ich möchte beantragen, dass diese Ziffer auf 50 fl. erhöht werde. Ich glaube, mein Antrag findet seine Begründung wohl in folgenden Ausführungen. Der Vorarlberger Unterstützungsverein in Innsbruck steht uns Vorarlbergern wohl am allernächsten. Er weist eine außerordentlich wohlthuende Thätigkeit in Innsbruck auf. Die Herren, die sich der dürftigen Vorarlberger in Innsbruck annehmen, gehen in dieser Wohlthätigkeit ganz unbefangen vor. ES werden die Unterstützungsgelder, die ihnen aus Vorarlberg zufließen, in ganz unparteiischer Weise verwendet zum Wohle derjenigen, die es benöthigen und verdienen. Ich habe den Rechenschaftsbericht vom Jahre 1894 vor mir — der vom Jahre 1895 liegt noch nicht vor — und da sind Ziffern darinnen, welche eine sehr beredte Sprache führen. Der Verein verfügt über mäßige Mittel und doch sind im Jahre 1894 von ihm z._ B. an dürftige Universitätshörer 33 fl. 60 kr. geleistet worden, an Gymnasialschüler 19 fl. 40 kr., an Realschüler 20 fl. 20 kr., an Lehramtscandidaten 469 fl. 20 kr., an Staatsgewerbeschüler 59 fl. 50 kr., so dass also an Studierende aller Gattungen die Summe von 623 fl. 20 kr. verabfolgt wurde. Ferner sind an andere, in Innsbruck wohnende dürftige Vorarlberger 115 fl. überreicht worden. Dann wissen die Herren, dass die Klinik in Innsbruck seit einer langen Reihe von Jahren sehr stark von Vorarlbergern besucht wird. Auch da sind den armen Leuten, welche vorübergehend eine Unterstützung benöthigten, rund 79 fl. verabfolgt worden. Zur Unterstützung Durchreisender, dürftiger Vorarlberger wurden 17 fl. verausgabt. Aus diesen Ziffern ersehen die Herren, dass der Verein in Innsbruck sich außerordentlich und in wohlwollender Weise um die Vorarlberger annimmt und eine Thätigkeit entwickelt, die von uns nur auf das freudigste begrüßt werden kann. Und wenn wir dieser Gebarung unsere Anerkennung zollen, was unsere Schuldigkeit ist, so geschieht dies am entsprechendsten und besten dadurch, dass wir diesem Vereine eine größere Summe bewilligen. Es werden nicht die Mitglieder des Vereines, sondern arme, dürftige Vorarlberger damit betheiliget. Sie haben vor einigen Tagen einem Vereine, der uns Vorarlbergern eigentlich gar nichts angeht, eine viel größere Summe verabfolgt. Ich glaube, das ist nur ein Act der Gerechtigkeit, wenn wir hier diesen Standpunkt einnehmen; daher empfehle ich meinen Antrag zur Annahme. • Landeshauptmann: Wer wünscht noch weiter das Wort? — Da sich Niemand mehr zum Worte meldet, so ist die Debatte geschlossen. Wünscht der Herr Berichterstatter noch das Wort? Nägele: Der Herr Vorredner hat gesagt, dass uns die Vorarlberger am nächsten stehen, und deshalb sollen wir den Verein unterstützen. Ich bin insoweit einverstanden, dass uns die Vorarlberger am nächsten stehen. Wenn ich aber daran denke, was ich letzthin in der Landeszeitung gelesen XI. Sitzung des Vorarlberger Landtags. VI. Session, 7. Periode 1896. 155 habe, so glaube ich, dass wir den Antrag des Finanzausschusses annehmen können. Diese Zeitung brachte nämlich einen Bericht über die Generalversammlung dieses Vereines. Da wurde berathen, dass man solle 20—3O% dem Reservefonds zuweisen. Wenn nun ein Verein über solche Überschüsse verfügt, so glaube ich, dass er nicht gar so sehr einer größeren Unterstützung bedarf. Ich halte also den Antrag des Finanz-Ausschusses aufrecht. Landeshauptmann: Ich schreite nun zur Abstimmung. Nachdem bezüglich der übrigen Punkte keine weiteren Anträge gestellt worden sind, so werde ich dieselben unter Einem zur Abstimmung bringen. Beim 1. Punkte werde ich die getrennte Abstimmung durchführen und zwar über den Abänderungsantrag des Herrn Abgeordneten Dr. Waibel, wonach dem Vorarlberger Unterstützungsvereine in Innsbruck 50 fl. statt 30 fl. bewilliget werden sollen. Ick ersuche jene Herren, welche diesem Anträge Ihre Zustimmung ertheilen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Minorität. Nun ersuche ich jene Herren, welche dem Anträge, wie er vom Finanzausschüsse gestellt ist, zustimmen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Der nächste Gegenstand unserer Tagesordnung ist der Bericht des Landesausschusses über die Prüfung der Wahl des Landtagsabgeordneten hochw. Pfarrer Andreas Thurnher. (Abg. Pfarrer Thurnher verlässt den Saal.) Ich ersuche den Herrn Ausschussreferenten Martin Thurnher das Referat zu übernehmen. Martin Thurnher: Gegen die betreffende Wahl ist von keiner Seite irgend eine Beschwerde erhoben worden, auch nicht gegen die vorangehende Wahl der Wahlmänner. Aus den Acten ist ersichtlich, dass Alles nach gesetzlicher Vorschrift vollführt worden ist, und ich stelle daher im Namen des Landesauschusses den Antrag. (Liest den Antrag aus Beilage XL.) Landeshauptmann: Ich eröffne über den Bericht und Antrag die Debatte. — Da sich Niemand zum Worte meldet, so schreite ich zur Abstimmung. Ich ersuche die Herren, welche diesem Anträge die Zustimmung ertheilen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. (Abgeordneter Pfarrer Thurnher erscheint wieder im Saale.) Der nächste Gegenstand der heutigen Tagesordnung ist der Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über den selbständigen Antrag der Abgeordneten Fink und Genossen betreffend die Abänderung der Normen in Angelegenheit der Handhabung der Polizeistunde. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Abgeordneten Fink das Wort zu ergreifen. Fink: Der Bericht und Antrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses bezweckt hauptsächlich, wie schon aus dem Berichte zu ersehen ist, dass die k. k. Regierung aufgefordert werde, möglichst präcise Normen festzusetzen, welche es den Gemeindevorstehern ermöglichen, die Einhaltung der Polizeistunde in ordnungsmäßiger Weise zu überwachen. Wir sehen aus dem Berichte, dass in neuerer Zeit, nämlich im Jahre 1895, von der k. k. Statthalterei eine Verordnung ausgegeben wurde, welche in dieser Beziehung eigentlich noch eine Verschlechterung der bis dahin geltenden Vorschriften enthält. Die Mitglieder des h. Landtages werden sich noch erinnern, dass der Landtag schon mit den früheren Normen, betreffend Einhaltung der Polizeistunde, nicht einverstanden war, und umsoweniger kann der Landtag mit den heutigen Normen sich befreunden. Dadurch wird nämlich im Verordnungswege ein für allemal festgesetzt, dass in allen Orten die Polizeistunde wenigstens um eine halbe Stunde verlängert werden solle. Das ist aber noch nicht die schlimmste Frucht der Verordnung. Weit schlimmer ist noch, dass dadurch die Überwachung in manchen Gemeinden des Landes, namentlich in den ausgedehnteren, geradezu unmöglich gemacht wird. Ich will nicht länger sprechen über den materiellen, socialen und moralischen Nutzen der Einhaltung der Polizeistunde. Dieses Thema ist öfters schon im h. Hause erörtert worden. Wir wissen ja ganz gut, dass die Einhaltung der Polizeistunde, wenn sie 1156 XI. Sitzung des Vorarlberger Landtags. VI. Session. 7. Periode 1896. richtig gehandhabt mürbe, viel Kummer und Sorge der Eltern und hauptsächlich auch der Ehegattinnen beseitigen wurde. Wir wissen, dass auch bei richtiger Handhabung der Polizeistunde viele Laster und Verbrechen nicht vorkommen würden. Wir erfahren dies am allerbesten aus den Schwurgerichtsverhandlungen, die alljährlich uns sagen, dass gerade wegen Nichteinhaltung der Polizeistunde und gerade nach Mitternacht solche Ausschreitungen und Verbrechen in den Wirtshäusern vorkommen. Ich will nur noch darauf Hinweisen, dass ich mich oft schon geärgert habe, dass die Polizeistunde in manchen Gegenden des Landes nicht eingehalten wurde. Aber das ist theilweise verzeihlich, da die bestehenden Verordnungen der Art waren, dass eine Einhaltung wirklich sehr schwer war. Ich möchte wünschen, dass einmal' präcise und einhaltbare Normen festgesetzt werden und möchte auch dringend wünschen, dass dieselben auch überall und allerorts strenge durchgeführt werden. Es würde dem Landesausschusse gewiss zu einem großen Verdienste angerechnet, wenn er seinerseits energisch darauf dringt, dass die Gemeindevorsteher die Überwachung der Einhaltung der Polizeistunde ordnungsmäßig besorgen lassen. Auf Grund dieser Auseinandersetzungen erlaube ich mir im Namen des volkswirtschaftlichen Ausschusses folgenden Antrag zu stellen: (Liest den Antrag aus Beil. XXXVII). Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag die Debatte. Kohler: Wir müssen es wirklich sehr bedauern, dass die lang geführten Verhandlungen bezüglich Polizeistunde und Einhaltung derselben rein nur diesen Abschluss gefunden haben. Wir haben aus der Art und Weise, wie die Verhandlungen geführt wurden, doch den Schluss ziehen dürfen, dass es der hohen Regierung selbst daran liege, diesbezüglich präcise Normen festzusetzen, um die gehörige Einhaltung der Polizeistunde dadurch den Gemeinden zu ermöglichen. Wir konnten unmöglich die gute Absicht der hohen Regierung hiebei in Zweifel ziehen. Dass es aber so gekommen ist, hat wohl seinen wesentlichen Grund darin, dass die Regierungsorgane heim Erlasse solcher Verordnungen einfach städtische Verhältnisse oder Verhältnisse kleinerer Gemeinden sich vor Augen hielten. Ich will nicht bestreiten, dass diese Verordnung für städtische Verhältnisse oder solche Gemeinden, denen genügend Polizeiorgane zur Verfügung stehen, oder für kleinere Gemeinden, wo die Wirtschaften nahe beisammen sind, ausführbar und zweckdienlich seien. Wenn wir uns aber Gemeinden denken, wo die Wirtshäuser sehr weit auseinander liegen, eine halbe Stunde vielleicht und noch mehr, und wo nur ein einziges Polizeiorgan, was meistens der Fall, zur Überwachung des Gesetzes aufgestellt ist und füglich auch nicht mehr solche Organe gehalten werden können, da kann man sich eine Vorstellung machen, wie dann mit dieser halbstündigen Frist, welche den Wirten aus übertriebener Humanität gewährt wird, die Gemeinde die Normen für Einhaltung der Polizeistunde handhaben wird. Das ist in den Landgemeinden, besonders in räumlich ausgedehnten, absolut unmöglich. Ich bedaure, dass dieser Umstand den Regierungsorganen nicht gegenwärtig war und dass die hohe Regierung solche Normen festgesetzt har, die nur auf städtische Verhältnisse und sehr gut situierte Gemeinden angewendet werden können. Es ist mir sehr leid, dass eine baldige Änderung der Verordnungen eintreten soll. Es ist uns selbst nur angenehm, wenn Verordnungen nicht mißglücken. Aber hier sind sie entschieden mißglückt. Ich glaube, dass die hohe Regierung sich die Thatsache vor Augen halten muss, die Verordnungen müssen geändert werden. Und wenn dies nicht geschieht, so wäre die Folge die, dass es mit der Einhaltung der Polizeistunde schlimmer stände, als zuvor. (Rudigier: Sehr wahr!) Die Vorsteher können das einmal nicht machen. Wir, Gemeindevorsteher, müssen mit den Ausgaben sehr haushälterisch umgehen; wir zahlen dem Gemeindediener, wenigstens bei uns, alljährlich ein kleines Pauschale für die Überwachung der Polizeistunde, wenn auch nur an Sonn- und Feiertagen, um die Sache doch möglich zu machen. Ich kann daher vom Standpunkte eines Gemeindevorstehers nur den dringenden Wunsch aussprechen, diese Verordnung in diesem Punkte zu ändern, denn es ist nicht nothwendig, dass man den Wirten diesen weiten Spielraum von einer halben Stunde gewährt und infolge dessen die Gemeinde ohnmächtig macht in Ausführung dieser Verordnung. XI. Sitzung des Vorarlberger Landtags. VI. Session, 7. Periode 1896. 157 Ich kann den Antrag des Finanzausschusses nur wärmstens empfehlen und die Hoffnung aussprechen, dass dieser Punkt im Interesse der Volkswohlfahrt und einer richtigen Durchführung der Verordnung geändert werden möge. Dr. Waibel: Ja, diese Verordnung der k. k. Statthalterei vom 3. Juni 1895 ist ein Stück Arbeit, das nach dem Grundsatze verfasst ist: .„Wasch mir den Pelz und mach mir ihn nicht nass." (Rufe: Bravo! Richtig!) Wenn ich etwas zu befehlen hätte in Österreich, so würde ich der Statthalterei befehlen, daß sie durch ihre Organe diese Verordnungen ausführen lasse. (Rufe: Bravo!) Für uns, für die Gemeinden ist das die reinste Schinderei, für größere Gemeinden umsomehr. (Lebhafte Zustimmung). In jedem Hause, Zimmer und auch Uhr, welche die hat heute schon meine Herren, in jedem in jedem Wirtshause hängt eine Zeit anzeigt. Jeder Schulbube eine Uhr im Sacke. (Lebhafte Zustimmung). Und da soll noch die Polizei kommen und sagen: „Meine Herren, es ist jetzt 12 Uhr! (Rufe: Sehr richtig!) Das ist eine ganz lächerliche Mission. Das muss man mitgemacht haben, um eine richtige -Empfindung davon zu bekommen. (Rufe: Bravo!) Nun ich stehe aber der Sache anders gegenüber, als der Antrag ist, der uns vorliegt. Ich bin nämlich folgender Ansicht. Es steht wohl in § 27 der Gemeindeordnung, wo vom selbständigen Wirkungskreise der Gemeinde die Rede ist. Hierher gehören insbesondere: „7. die Sittlichkeitspolizei; insbesondere die Überwachung der Wirts- und Schankgewerbe und der Sperrstunde." Meine Herren! Das Gastgewerbe ist ein Gewerbe, und für die Überwachung der Gewerbe find nicht die Gemeinden da ; da ist die Gewerbebehörde, d. i. die politische Behörde dafür da. Es handelt sich hier um die Einschränkung des Gewerbes über eine gewisse Stunde der Tageszeit hinaus, über 10, 11 oder 12 Uhr. Es gibt ähnliche Vorschriften — ich erinnere nur an die Vorschriften bezüglich der Sonntagsruhe — diese gehen dahin, dass bestimmte Gewerbe zu gewissen Stunden des Tages nicht ausgeübt werden dürfen. Und wer überwacht das? Haben das etwa die Gemeinden zu übernehmen? Nein! die Organe der politischen Behörde. Ich bin der Ansicht, dass die politischen Behörden berufen sind, auch diese Polizeistunde-Vorschriften zu überwachen. Das gehört nach meiner Ansicht nicht mehr in die Gemeinde-Ordnung hinein. Wenn man mir dann sagt: „Wir haben nicht Organe genug", so kann ich dasselbe sagen, was die Staatsbehörde vielleicht uns auf diese Antwort sagen würde: „Ja, dann vermehrt dieselben." Wenn die politische Behörde nicht genug Gendarmen hat, so soll sie solche mehr anstellen, oder man kann auch einen andern Weg einschlagen und eigene Polizeistunden-Commissäre aufstellen. Das kann auch geschehen, das ist ganz gut denkbar. Ich stehe also auf dem Standpunkte, dass der § 27, Punkt 7 der Gemeinde-Ordnung zu ändern sei und in Hinkunft lauten soll: „7. die Sittlichkeitspolizei", und das übrige soll eliminiert werden. Wenn die Staatsverwaltung ein Interesse hat, dass es eine Polizeistunde gibt — nach der Verordnung vom 3. Juni 1895 scheint sie auch ein solches zu haben — so soll sie auch begreifen, dass das ihre Angelegenheit ist, weil es sich hier um eine rein gewerbliche Angelegenheit handelt. Ich stelle daher den Antrag, dass Punkt 7 des § 27 der Gemeinde-Ordnung in diesem Sinne abgeändert werde. Wird die Eliminierung von uns vorgenommen und die Sanction nicht verweigert, so wird die Staatsbehörde sich überlegen müssen, wie sie weiter in dieser Sache vorgehen will. Wird aber diese. Angelegenheit uns als eine wirklich zum selbständigen Wirkungskreise der Gemeinde gehörende interpretiert, dann stehen wir wiederum auf einem andern Standpunkte. Das kann dann nur durch die Landesgesetzgebung geregelt werden; da brauchen wir den Statthalter nicht. Denn die wichtigsten Agenden, die im selbstständigen Wirkungkreise der Gemeinde auszuüben sind, werden ja durch specielle Gesetze des Landes geregelt. So sind ja durch eigene Landesgesetze geregelt worden: die freie Verwaltung des Gemeindevermögens, die Sorge für Erhaltung der Straßen, das Armenwesen, die Bau- und Feuerpolizei, das 158 XI. Sitzung des Vorarlberger Landtags. VI. Session, .7. Periode 1896. Schulwesen, der Vergleichsversuch u.s.w. Alle diese Angelegenheiten sind enthalten im § 27 der Gemeinde-Ordnung. Dahin gehört dann auch, dass ebenso die Überwachung der Gast- und Schankgewerbe und die Handhabung der Polizeistunde, wenn man das als zum selbständigen Wirkungskreise der Gemeinde gehörig betrachtet, durch die Landesgesetzgebung zu regeln wäre. Wenn also mein erster Antrag auf Abänderung des § 27 Punkt 7 der Gemeinde-Ordnung nicht angenommen werden wollte, so möchte ich den Eventual-Antrag stellen, dass die Einhaltung der Polizeistunde im Wege der Landesgesetzgebung zu regeln sei. Das ist meine Anschauung in dieser Angelegenheit. Ich empfehle den Herren die Annahme dieses Antrages. Ich glaube, es wird nicht unzweckmäßig sein, den ersten Antrag auf Abänderung des § 27 Punkt der Gemeindeordnung anzunehmen, wenn mein 2. Antrag, diese Angelegenheit im Wege der Landesgesetzgebung zu regeln, fallen sollte. Landeshauptmann: Der 1. Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Waibel dürfte wohl als selbständiger Antrag in Verhandlung zu ziehen sein. Martin Thurnher: Ich werde mir erlauben zuerst auf das, was der Berichterstatter vorbrachte, ein Wort zu sagen und dann noch dem unmittelbaren Vorredner Einiges erwidern. Der Herr Berichterstatter hat die Anschauung ausgesprochen, dass wenn einmal die Polizeistunde geregelt sei, der Landesausschuss energisch vorgehen würde, wodurch er sich gewiss Verdienste erwerben könne. Diesbezüglich kann ich dem Herrn Berichterstatter sagen, dass es am Landesausschusse gewiss nicht gefehlt hat, wenn die Polizeistunde in den letzten Jahren nicht eingehalten wurde, so wie es hätte sein sollen. Der Landesausschuss hat gleich nach der Verordnung vom Jahre 1887 oder etwas später, einen energischen Erlass an alle Gemeinden gerichtet, und auf die genaue Einhaltung der Polizeistunde aufmerksam gemacht, und hat es auch bei Anzeigen über die geringfügigsten Übertretungen an Belohnungen und Strafen nicht fehlen lassen. Wenn wir aber die neueste StatthaltereiVerordnung anschauen, so ist damit, wie bereits hervorgehoben worden ist, die Einhaltung der Polizeistunde fast unmöglich gemacht. Wenn die Statthalterei solche Verordnungen hinausgibt, so* würde ich für die Einhaltung der Polizeistundenichts mehr geben und deren jetzige Handhabung, und Auflassung als gleichwertig anschauen. (Heiterkeit.) Der Herr Dr. Waibel hat beantragt, es soll. § 27 der Gemeinde-Ordnung dahin abgeändert werden, dass der Passus bezüglich der Einhaltung, der Polizeistunde gestrichen werde. Nun, ich hätte im allgemeinen, insbesondere wenn die politische Behörde, beziehungsweise die Gensdarmerie mit der Überwachung der Polizeistunde betraut wird, gegen die Abänderung dieses Paragraphen nichts einzuwenden. Es ist zwar § 27 der GemeindeOrdnung nahezu wörtlich herübergenommen aus dem Reichsgesetze vom Jahre 1862, betreffend die Grundzüge über die Gemeindeverwaltung. Nun ist gerade von der anderen Seite des Hauses immer behauptet worden, dieses Gesetz, vom Jahre 1862 sei noch in voller Kraft, und als wir seinerzeit versuchten, die Gemeindewahlordnung zu erweitern, da ist dieses Gesetz als hochwichtig dargestellt und gesagt worden, dass unser Landesgesetz mit dem Reichsgesetze vom Jahre 1861 nicht in Widerspruch stehen dürfe. Es ist. auch gesagt worden, durch unser Landesgesetz werde das Reichsgesetz vom Jahre 1861 verletzt. Ich habe diese Ansicht nicht und besteht darum auch, kein Hindernis, diesen Paragraphen abzuändern. Nach der Februar-Verfassung vom Jahre 1861 hat der Reichsrath vermieden, etwas über die Grundzüge der Gemeindeverwaltung zu sprechen. Nach der December-Verfassung vom Jahre 1867 ist aber diesbezüglich die volle Gewalt den LandesVertretungen eingeräumt worden (Sehr richtig!) und deshalb glaube ich, haben wir das volle Rechts in die Gemeinde-Ordnung und Gemeinde-Wahl-Ordnung Bestimmungen aufzunehmen, welche nicht mehr dem bezüglichen Reichsgesetze entsprechen. Ich bin dafür, dass zwar der Antrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses vollständig angenommen, werde, dass aber der Antrag des Herrn Dr. Waibel. nicht ignoriert, sondern an den Landesausschuss zur Einleitung von diesbezüglichen Verhandlungen verwiesen werde, worüber in der nächsten Session dem hohen Hanse Bericht und Antrag zu unterbreiten sein wird. XI. Sitzung des Vorarlberger Landtags. VI. Session, 7. Periode 1896. 159 Was den Eventual-Antrag des Herrn Dr. Waibel anbelangt, betreffend die Regelung der Polizeistunde im Wege der Landesgesetzgebung, so ist das nichts Neues. Es ist bereits vor einigen Jahren ein umfassendes und gewiss strenges Landesgesetz erlassen worden, bezüglich der Regelung der Polizeistunde, welches aber die Regierung nicht unterstützte und der Allerhöchsten Sanction nicht unterbreitete. Ganz genau kann ich mich nicht erinnern, doch muss ich wiederholen, dass die Regierung für diesen Gesetzentwurf eine ablehnende Haltung eingenommen hat, indem sie gesagt hat, die Handhabung der Polizeistunde gehöre zu den gewerblichen Angelegenheiten, und sei darum nicht Sache der Landes- sondern Reichsvertretung. Darum glaube ich, sollten wir von diesem Eventual-Antrage vorläufig abgehen, dagegen aber der Landes-Ausschuss in weitere Berathungen und Verhandlungen mit der Regierung eintreten. Fritz: Mit der Verordnung über die Handhabung der Polizeistunde hat es ein ganz eigenes Bewandtnis. Der Wirt, dem diese Verordnung in den Gastlocalen anzuschlagen obliegt, hat dieselbe immer vor sich und dennoch soll die Gemeindepolizei auf Kosten der Gemeinde den Wirt noch erinnern und bei den Gästen aber ist wieder die Anschauung vorhanden, dass über eine halbe Stunde hinaus diese Verordnung sozusagen noch übertreten werden dürfe, bis man einschreiten könne. Bei anderen Verordnungen und Gesetzen ist die Ausführung eine ganz andere. Der Vorsteher wird strengstens aufgefordert mit Hinweis auf § 90 der G.O. die Polizeistunde mit aller Rigorosität zu handhaben. Da heißt es aber ganz anders. Da sagt man „Unkenntnis des Gesetzes entschuldigt nicht." Es ist hier unstreitig ein gewisser Widerspruch vorhanden, der die Einhaltung der Polizeistunde in den allermeisten Gemeinden unmöglich macht. Ich bin also mit Bericht und Antrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses vollkommen einverstanden und werde dafür stimmen. Dr. Waibel: Der Herr Vorredner Martin Thurnher hat bemerkt, dass wir vor einigen Jahren solche Beschlüsse gefasst haben, welche sich mit der Polizeistunde befassten. Das ist richtig, aber es sind meiner Erinnerung nach auch noch andere Dinge mitbegriffen gewesen. Wir haben es hier lediglich mit der Polizeistunde zu thun und thun nicht gut, wenn wir das vermischen; wir sollen bei diesen Punkten allein bleiben. Ich bin der Ansicht, dass, wenn mein Eventual-Antrag angenommen wird, wieviel eher wir zum Ziele gelangen, als wenn wir den Antrag, den der Landesausschuss gestellt hat, annehmen. Wenn wir gehört haben, dass die Statthalterei diese Normen im Einvernehmen mit dem Landesausschusse herausgegeben hat, so weiß ich noch nicht, ob das wirklich der Fall war, wenigstens im Wortlaute der Polizeistunde-Verordnung vom Juni v. J. ist nichts davon enthalten. Wenn ein officieller Verkehr zwischen beiden Instanzen stattgefunden hätte, so würde das voraussichtlich in der Verordnung angeführt sein, das ist aber nicht der Fall. Die jüngste PolizeistundeVerordnung ist lediglich eine Emanation des Herrn Statthalters. Mit einer solchen Resolution, wie sie der Landesausschuss vorlegt, wird man keinen Eindruck hervorbringen, man wird bei diesen Vorschriften bleiben. Da muss man radical sein, entweder, oder. Ich kann daher dieser zahmen Resolution nicht zustimmen. Wenn man die Sache ernst nimmt, so wird man von dieser Resolution wohl keinen Erfolg erwarten. Martin Thurnher: Ja, etwas ist geschehen, nämlich die Statthalterei hat eine Zuschrift an den Landesausschuss gerichtet und mitgetheilt, dass eine Änderung diesbezüglich bezweckt werde und zwar hauptsächlich aus dem Grunde sollte in eine neuerliche Änderung der Verordnung über die Polizeistunde eingetreten werden, damit für Tirol und Vorarlberg gleichartige Bestimmungen in Kraft treten. Der Landes-Ausschuss hat sich gegen die betreffenden Bestimmungen der Verordnung sehr gewehrt und erklärt, dass jene Grundsätze bei einer solchen Verordnung eingehalten werden sollten, welche bereits der Landtag von Vorarlberg seinerzeit beschlossen oder in Aussicht genommen hat, und die seinerzeit in einem Landesgesetzentwurfe Ausdruck gefunden haben. Aber auf diese Darstellungen des Landes-Ausschusses ist die Statthalterei nicht eingegangen. Der Herr Vorredner hat ferner gewünscht, dass der Eventual-Antrag angenommen werden sollte. 160 XI. Sitzung des Vorarlberger Landtags. VI. Session, 7. Periode 1896. Dieser Antrag bezieht sich auf die Schaffung eines Polizeistunden-Gesetzes; das haben wir bereits vor Jahren versucht. Die Regierung aber hat erklärt, das gehe den Landtag nichts an, es falle die Handhabung der Polizeistunde in den Bereich der gewerblichen Angelegenheiten und diese gehören der Reichs-Gesetzgebung an. Dass dann aber der Landesausschuss, wenn ihm der Antrag des Herrn Dr. Waibel zur Vorberathung überwiesen wird, auch in Verhandlungen wegen eventueller Regelung der Polizeistunde durch die Landes-Gesetzgebung mit der Regierung treten wird, ist selbstverständlich. Ich glaube daher, es sollte vorläufig auf den EventualAntrage nicht eingegangen, dagegen der Antrag bezüglich Änderung des § 27 der G.- O. dem Landesausschusse zur weiteren Verhandlung überwiesen werden. Landeshauptmann: Die Debatte ist geschlossen und ich ertheile das Wort dem Herrn Berichterstatter. Fink: Ich habe nach den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Martin Thurnher nicht mehr viel zu sagen. Ich will nur bemerken, dass es mich sehr gefreut hat, dass von allen Seiten des Hauses übereinstimmend die Anschauung zutage getreten ist, dass die heute bezüglich der Polizeistunde bestehende Verordnung nicht genüge und geradezu undurchführbar sei. Ich bin auch der Ansicht, es wird das Beste sein, wenn man dem Anträge des Herrn Dr. Waibel insoweit Folge gibt, dass man dem Landesausschusse den Auftrag ertheilt, mit der Regierung, wegen die Abänderung des § 27 der Gemeindeordnung in Unterhandlungen zu treten. Es wird hiebei dann von selbst der Eventual-Antrag ebenfalls in Berücksichtigung gezogen werden. Ich will nur noch bemerken, daß nicht die consumierende Bevölkerung Vorarlbergs allein, sondern auch die Mehrzahl der Gastwirte in Vorarlberg eine geregelte Polizeistunde wünschen. Es ist wohl vielleicht bekannt, dass in Vorarlberg ein gewisser Michel im ganzen Lande auf- und abgefahren ist, wo es sich um die Schaffung des erwähnten Landesgesetzes über die Polizeistunde handelte. (Heiterkeit.) Derselbe ist bis in den Bregenzerwald hineingekommen, um die Wirte gegen den Landtag zu mobilisieren, bezw. gegen die Erlassung eines solchen Landesgesetzes. Er hat dann aber bei manchen Wirten, wie ich zuverlässig weiß, einen gehörigen Korb bekommen. Die Wirte haben gesagt, sie wären ebenso froh, wie die Gemeinde-Vorstehungen, wenn da Ordnung wäre, sie gingen auch gerne nach elf oder zwölf Uhr ins Bett und würden dem Hauspersonale die nöthige Ruhe sehr gönnen. Also auch der größte Theil der Gast- und Schankwirte würde die gehörige Durchführung der Polizeistunde nur wünschen. Ich muß noch bemerken, dass, soweit ich mich noch erinnere, der vor vier Jahren vorbereitete Gesetzesentwurf, betr. die Regelung der Polizeistunde gar nichts anderes enthielt, als gerade diesen Gegenstand; er ist aber nicht mehr zur Verhandlung im hohen Hause gekommen. Nachdem er von einem Subcomite ausgearbeitet und von dem Landes-Ausschüsse mit Majorität angenommen worden ist, wurde er der Regierung zur Äußerung vorgelegt. Sie erklärte nur, das gehe das Land gar nichts an, das sei Sache der Regierung. Da. wurde also dem Landtage jedes Recht mitzusprechen direct abgesprochen. Soweit ich mich erinnere, war damit etwasAnderes, wie Dr. Waibel meinte, nicht vermengt. Nach diesen Auseinandersetzungen möchte ich um einstimmige Annahme des Ausschussantrages bitten und ebenso um die Annahme des von Herrn Dr. Waibel gestellten Antrages auf Abänderung, des § 27 G.-O. mit der Modifizierung des von Herrn Martin Thurnher gestellten Zusatzantrages dass nämlich dieser Antrag dem Landes-Ausschusse überwiesen werde. Landeshauptmann: Bevor sich die Abstimmung, einleite, muss ich folgendes bemerken. Der von Herrn Dr. Waibel gestellte Abänderungsantrag betreffend den § 27 der GemeindeOrdnung ist als selbständiger zu betrachten und separat auf die Tagesordnung zu setzen. Bezüglich der Behandlung dieses Antrages hat Herr Martin Thurnher einen formellen Antrag gestellt, nämlich diesen Antrag dem Landesausschusse zu überweisen, mit dem Auftrage, in die nöthigen Verhandlungen mit der Regierung zu treten. Mir dem Abänderungsantrage werde ich in der von Herrn Dr. Waibel gewünschten Weise vorgehen. XI. Sitzung des Vorarlberger Landtags. VI. Session, 7. Periode 1896. 161 Martin Thurnher: Die Debatte ist zwar geschlossen, ich möchte mir aber hinsichtlich der formellen Behandlung eine Bemerkung erlauben. Wenn der Herr Vorsitzende die Ansicht hat, dass der Antrag des Herrn Dr. Waibel als selbständiger zu betrachten sei, so möchte ich beantragen, dass er in dringlicher Weise dem Landes-Ausschusse zugewiesen werde, und zwar in der Weise, dass der Landesausschuss die nöthigen Verhandlungen mit der Regierung einleite und auf Grund derselben seinerzeit in einer späteren Session Bericht erstatte. Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Martin Thurnher beantragt die dringliche Behandlung dieses Antrages des Herrn Dr. Waibel, betreffend die Abänderung des § 27 und die Verweisung desselben an den Landes-Ausschuss in der bereits besprochenen Art und Weise. Wird gegen diesen Antrag eine Einwendung erhoben? — Es ist nicht der Fall, somit betrachte ich denselben als genehmigt. Ich schreite nun zunächst zur Abstimmung über den Eventual-Antrag. Dr. Waibel: Nachdem mein erster Antrag angenommen worden ist, ziehe ich den Eventual-Antrag zurück. Landeshauptmann: Dann hätten wir noch über den Antrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses abzustimmen. Ich ersuche die Herren, welche mit diesem Antrage einverstanden sind, sich zu erheben. Angenommen. Somit ist dieser Gegenstand erlediget. Der letzte Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses, betr. die Subventionierung des hydrographischen Dienstes in Tirol und Voralberg. Ich ersuche den Herrn Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Beck das Wort zu ergreifen. Dr. Beck: Die k. k. Statthalterei hat schon zu Ende des Jahres 1873 an den Landesausschuss die Mittheilung gemacht, dass das h. Ministerium des Innern damit umgehe, einen sogenannten hydrographischen Dienst in Cisleithanien einzuführen, und dabei die Anfrage gestellt, ob von Seite des Landesausschusses eine Förderung dieses Unternehmens zu erwarten sei. Der Landes-Ausschuss hat in seiner Sitzung vom 9. November 1893 sich sympathisch für das Unternehmen ausgesprochen und gegebenen Falles sich bereit erklärt, demselben seine Unterstützung angedeihen zu lassen. In der Sitzung vom 20. April 1895 wurde jedoch beschlossen, in eine Beitragsleistung vorläufig nicht eingehen zu können, besonders mit Rücksicht darauf, dass es sich nicht um einen einzelnen Jahresbeitrag handle, sondern um eine bleibende oder wenigstens für längere Jahre dauernde Ausgabe. Die hohe Regierung hat dann in mehreren Mittheilungen dem Landes-Ausschusse bekannt gegeben, dass mit Juli 1895 der hydrographische Dienst bereits eingeführt sei und die Stationen, normal functionieren und hat zugleich ein Verzeichnis dieser Stationen übermittelt, aus welchen zu ersehen ist, dass in Vorarlberg 25 ombrometrische Stationen theilweise mit Schneemessern und 19 Pegelstationen eingerichtet worden sind. Ich will zur Aufklärung bemerken, dass dieser Dienst den Zweck hat, die Niederschlagsmengen zu messen und den Stand der Flüsse, Bäche, Seen u.s.w. anzuzeigen. Zugleich hat sich die hohe Statthalterei an den Landes-Ausschuss gewendet mit dem Ersuchen, beim hohen Landtage auf Gewährung eines entsprechenden Landes-Beitrages hinwirken zu wollen. Es kann nicht in Abrede gestellt werden, dass die Einführung des hydrographischen Dienstes eine gewisse Bedeutung hat, weil damit eine Reihe interessanter Daten gesammelt wird, welche nach Jahren einen wertvollen Beitrag liefern können, indem für eine gewisse Periodicität der Erscheinungen klar legen werden, so dass daraus auch wertvolle Anhaltspunkte für hydrotechnische Unternehmungen, sich ergeben dürften. Einen directen Nutzen desselben können wir vorläufig noch nicht erkennen und dürfen infolge dessen auch nicht erwarten, dass die Bevölkerung ein großes Interesse dieser Sache entgegenbringen werde. Der volkswirtschaftliche Ausschuss hat aber mit Rücksicht darauf, dass es sich doch um ein wissenschaftliches und mit der Zeit möglicherweise reelles, praktisches Unternehmen handelt, sich nicht ganz ablehnend verhalten, sondern den LandesAusschuss ermächtiget, mit der Regierung betreffs 162 XI. Sitzung des Vorarlberger Landtags. VI. Session, 7. Periode 1896. einer Beitragsleistung in Verhandlungen zu treten, insoweit die Interessen des Landes bezüglich dieses Dienstes in Frage kommen. Derselbe stellte daher folgenden Antrag. (Liest denselben aus Beil. XLII1.) Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag die Debatte. Johann Thurnher: Ich habe ein paar kurze Bemerkungen zum machen. Ich werde dem Anträge, den der volkswirtschaftliche Ausschuss stellt, meine Zustimmung nicht versagen. Ich will nur meine persönliche Ansicht dahin aussprechen, es sollte die Regierung das mehr als eine Reichsangelegenheit betrachten, denn für die Verwertung der bei diesen Stationen gemachten Beobachtungen haben die Länder eigentlich nicht die nothwendigen Organe und ist es hauptsächlich das Forst- und Ackerbauwesen, welche eigentlich einen Nutzen davon haben. Das ist ein specieller Ländernutzen, und weil wir auch nicht die nothwendigen Organe haben, dieses zu besorgen, so bin ich der Ansicht, die Regierung wolle sich aussprechen, dass es zweckmäßig erscheine, wenn weiterhin der Landtag nicht mehr mit diesen Angelegenheiten in Berührung gebracht werde. Dass er zwar die gewiss lobenswerten und nützlichen Studien fortsetze, aber das Reich die Kosten übernehme. Landeshauptmann: Wenn Niemand mehr das Wort wünscht, schreite ich zur Abstimmung. Ich ersuche jene Herren, welche mit dem Anträge des volkswirtschaftlichen Ausschusses einverstanden sind, sich zu erheben. Angenommen. Die Die den mit heutige Tagesordnung ist somit erschöpft. nächste Sitzung beraume ich auf Mittwoch 29. ds. Mts. Vormittag um 11 Uhr an, folgender Tagesordnung: 1. Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über das Gesuch der Gemeinde Au um Subventionierung zu den Kosten der Au-Damülser-Straße. 2. Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über das Gesuch der vier Parcellen von Nenzing um eine Subvention zu Wuhrbauten. 3. Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses, betreffend den ungarischen Ausgleich. 4. Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses, betreffend die Errichtung einer landwirtschaftlichen Lehranstalt. 5. Wahl eines Landesausschuss-Ersatzmitgliedes aus dem vollen Hause nach § 12 der Landesordnung an Stelle des Herrn Abgeordneten Nägele. Ich habe dem hohen Hause noch die Mittheilung zu machen, dass heute Nachmittag um 3 Uhr der Grundbuchs-Ausschuss im Sitzungssaale zu einer Sitzung zusammentreten wird, wozu ich sämmtliche Mitglieder des hohen Hauses einlade, zu erscheinen. Die heutige Sitzung ist geschlossen. (Schluss der Sitzung 11 Uhr 30 Min. vormittags.) Druck von J. N. Teutsch, Bregenz. MrarKerger Landtag. 11. Sitzung am 27. Januar 1896, unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg.. ---------- -------------®t$cnw6tfig 21 AdgeorLnete. Abmrsrtib: — Aegrerungsvsrtreter: Herr' Hofralh Graf St. Iulien-Wallfee. Beginn der Sitzung 10 Uhr 25 Min. Vormittags. Landeshauptmann: Die Sitzung ist eröffnet. Ich ersuche um die Verlesung des Protokolles der letzten Sitzung. (Secretär verliest dasselbe.) Findet einer der Herren gegen die Fassung des Protokolles eine Einwendung zu erheben? — Dies ist nicht der Fall, somit betrachte ich dasselbe als genehmiget. Es sind mir zwei Einlaufstücke zugekommen. Das eine ist ein Gesuch der Spar- und Darlehenscassen Vorarlbergs um eine Subvention zur Deckung der Verbandskosten, überreicht durch Herrn Abge­ ordneten Kohler; das andere ist ein Gesuch, be­ ziehungsweise eine Vorstellung der Gemeindevor­ stehung Buch in Angelegenheit der Straße BuchAlberschwende. Ich glaube die Herren werden von der Verlesung Umgang nehmen. Martin Thurnher: Ich möchte beantragen, dass diese zwei Gegenstände sogleich in Behandlung gezogen werden. Bezüglich des Raiffeisen- CassenVerbandes beantrage ich die Zuweisung an den volkswirtschaftlichen Ausschuss, bezüglich derStraßenAngelegenheit Buch-Alberschwende die Zuweisung., an den Gemeinde-Ausschuss. Landeshauptmann: Es ist die dringliche Be­ handlung dieser beiden Einlaufstücke beantragt wor­ den. Wird dagegen eine Einwendung erhoben? — Es ist nicht der Fall. In formeller Beziehung beantragt der Herr Abgeordnete Martin Thurnher die Zuweisung, dieser beiden Gegenstände an den volkswirtschaft­ lichen, beziehungsweise an den Gemeinde-Ausschuss.. 154 XI. Sitzung des Vorarlberger Landtags. Wenn hierüber ebenfalls keine Einwendung -erfolgt, betrachte den Antrag als genehmiget und es wird die Zuweisung in diesem Sinne erfolgen. Wir kommen nun zur Tagesordnung. Als erster Gegenstand steht darauf der Bericht des landtäglichen Finanz-Ausschusses über verschiedene Subventionsgesuche, als: 1. des Vorarlberger Unterstützungs­ vereines in Innsbruck; 2. deSVereineS zur Pflege kranker Studierender in Wien; 3. des Vereines für Knaben Handarbeit in Österreich in Wien; 4. des Asylvereines der Wiener Uni­ versität; 5. des Unter st ützungSvereines für Hörer der k. k. Hochschule für Bodencultur in Wien. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Abgeord­ neten Nägele das Wort zu nehmen. Nägele: Wie aus dem Berichte hervorgeht, haben diese verschiedenen Vereine um eine Unter­ stützung sich an den h. Landtag gewendet. Der Finanzausschuss hat nach eingehender Prüfung und Durchsicht der Gesuche, der Statuten dieser Ver­ eine und der Rechnungsauszüge folgenden Antrag gestellt. (Liest aus Beil. XXXVI den Antrag). Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag des Finanz-Ausschusses die Debatte. Dr. Waibel; Bei der Post 1 des Vorarl­ berger Unterstützungsvereines in Innsbruck wird eine Subvention von 30 fl. beantragt. Ich möchte beantragen, dass diese Ziffer auf 50 fl. erhöht werde. Ich glaube, mein Antrag findet seine Begründung wohl in folgenden Ausführungen. Der Vorarlberger Unterstützungsverein in Inns­ bruck steht uns Vorarlbergern wohl am aller­ nächsten. Er weist eine außerordentlich wohlthuende Thätigkeit in Innsbruck auf. Die Herren, die sich der dürftigen Vorarlberger in Innsbruck an­ nehmen, gehen in dieser Wohlthätigkeit ganz un­ befangen vor. ES werden die Unterstützungsgelder, die ihnen aus Vorarlberg zufließen, in ganz un­ parteiischer Weise verwendet zum Wohle derjenigen, die es benöthigen und verdienen. Ich habe den Vf. Session, 7. Periode 1896. Rechenschaftsbericht vom Jahre 1894 vor mir — der vom Jahre 1895 liegt noch nicht vor — und da sind Ziffern darinnen, welche eine sehr beredte Sprache führen. Der Verein verfügt über mäßige Mittel und doch sind im Jahre 1894 von ihm z._ B. an dürftige Universitätshörer 33 fl. 60 kr. geleistet worden, an Gymnasialschüler 19 fl. 40 kr., an Realschüler 20 fl. 20 kr., an Lehramrscandidaten 469 fl. 20 kr., an Staatsgewerbeschüler 59 fl. 50 kr., so dass also an Studierende aller Gattungen die Summe von 623 fl. 20 kr. verabfolgt wurde. Ferner sind an andere, in Innsbruck wohnende dürftige Vorarlberger 115 fl. überreicht worden. Dann wissen die Herren, dass die Klinik in Innsbruck seit einer langen Reihe von Jahren sehr stark von Vorarlbergern besucht wird. Auch da sind den armen Leuten, welche vorübergehend eine Unterstützung benöthigten, rund 79 fl. verabfolgt worden. Zur Unterstützung Durchreisender, dürftiger Vorarlberger wurden 17 fl. verausgabt. Aus diesen Ziffern ersehen die Herren, dass der Verein in Innsbruck sich außerordentlich und in wohlwollender Weise um die Vorarlberger an­ nimmt und eine Thätigkeit entwickelt, die von uns nur auf das freudigste begrüßt werden kann. Und wenn wir dieser Gebarung unsere Anerkennung zollen, was unsere Schuldigkeit ist, so geschieht dies am entsprechendsten und besten dadurch, dass wir diesem Vereine eine größere Summe bewilligen. Es werden nicht die Mitglieder des Vereines, sondern arme, dürftige Vorarlberger damit betheiliget. Sie haben vor einigen Tagen einem Vereine, der uns Vorarlbergern eigentlich gar nichts angeht, eine viel größere Summe verabfolgt. Ich glaube, das ist nur ein Act der Gerechtigkeit, wenn wir hier diesen Standpunkt einnehmen; daher empfehle ich meinen Antrag zur Annahme. • Landeshauptmann: Wer wünscht noch weiter das Wort? — Da sich Niemand mehr zum Worte meldet, so ist die Debatte geschlossen. Wünscht der Herr Berichterstatter noch das Wort? Nägele: Der Herr Vorredner hat gesagt, dass uns die Vorarlberger am nächsten stehen, und deshalb sollen wir den Verein unterstützen. Ich bin insoweit einverstanden, dass uns die Vorarl­ berger am nächsten stehen. Wenn ich aber daran denke, was ich letzthin in der Landeszeitung gelesen