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Letzte Änderung 03.07.2021, 10:16
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp07,lts1896,lt1896,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 1. Sitzung am 8. Januar 1896, unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 17 Abgeordnete. Abwesend die Herren: Reisch und Dr Waibel. Regierungsvertreter: Herr Hofrath Graf St. Julien-Wallsee. Beginn der Sitzung um 11 Uhr 45 Min. Vormittags. Landeshauptmann: Hohes Haus! Dem allerhöchsten Ruse Folge leistend, versammelt sich am heutigen Tage die Vertretung des Landes Vorarlberg — in der gegenwärtigen Legislatur-Periode voraussichtlich zum letzten Male — zur Ausübung ihrer verfassungsmäßigen Thätigkeit und es gereicht mir zur besonderen Freude, Sie, meine Herren Abgeordneten, an der Schwelle der Session herzlichst zu begrüßen. Diesen meinen hochachtungsvollen Gruß bringe ich in vollem Maße auch dem hochverehrten Herrn Regierungsvertreter k. k. Hofrath Graf St. JulienWallsee entgegen und bitte denselben, unseren bevorstehenden wichtigen Berathungen und unseren Verhandlungen sein Wohlwollen und seine bewährte Einsicht entgegenbringen zu wollen. Hohes Haus! Ein zahlreiches und hochbedeutsames Berathungsmaterial harrt in der bevorstehenden Session seiner Erledigung. Unter den vielen ausgearbeiteten Vorlagen, die den Herren theils bereits vor einiger Zeit gedruckt zugegangen sind, theils in den nächsten Tagen zugehen werden, befinden sich eine Reihe Stücke, die von allgemeinstem Interesse und für das Wohl der Bevölkerung unseres theueren Heimatlandes von geradezu weittragender Bedeutung sind und die ich schon heute Ihrer eingehenden Prüfung und Annahme wärmstens empfehle. Dahin gehört in erster-Linie die LandtagsWahlreform, ein Gesetzentwurf, der aufgebaut wurde auf den Grundsätzen der Gerechtigkeit und 6 L Sitzung des Vorarlberger Landtages. VF. Session, 7. Periode 1896. den Anforderungen der Zeit entsprechender steter Fortentwicklung des Bestehenden unter gleichzeitiger Anstrebung des dermalen erreichbar Möglichen. Die Wahlreform involviert, wenn sie zustande kommt, einen wesentlichen Fortschritt in der Ausdehnung des Wahlrechtes auf den „kleinen Mann", der auch ein Anrecht hat, in die Geschicke des Landes durch Ausübung feines Stimmrechtes nach seinen Kräften mit einzugreifen und dessen Gefühl der Zusammengehörigkeit zum Lande dadurch nur sich heben und kräftigen wird. Mit der geplanten bedeutenden Ausdehnung des Wahlrechtes geht unser kleines Vorarlberg, wie in so manchen anderen Angelegenheiten den übrigen Kronländern unseres geliebten Österreich bahnbrechend voran, möge diese That auch von Erfolg gekrönt werden! Zur Hebung der materiellen Lage des Lehrerstandes hat der Landes-Ausschuss, wie das hohe Haus aus dem bezüglichen Berichte ersehen kann, im abgelaufenen Jahre, von der ihm zufolge Landtagsbeschlusses vom 11. Februar 1895 ertheilten Ermächtigung Gebrauch machend, weittragende Beschlüsse gefaßt und eine bedeutende Summe aus den Normalschulfonds-Erträgnissen zu obigem Zwecke flüssig gemacht und wird es sein Bestreben sein, mit Ihrer Zustimmung auf dem betretenen Wege auch in Hinkunft fortzuschreiten. Sehr wichtig und zum Wohle der Viehzucht treibenden Bevölkerung des Landes erscheinen all' jene Maßnahmen, welche der Landes-Ausschuss in Ausführung der bezüglichen Landtagsbeschlüsse im verflossenen Jahre und in gleichzeitiger Verwendung der Erträgnisse des Fondes zur Hebung der Rindviehzucht und der ihm noch außerdem zum gleichen Zwecke votirten Landesmittel zur Ausführung brachte. Die geehrten Herren werden aus dem bezüglichen Passus des Rechenschaftsberichtes entnehmen, was in dieser Hinsicht zum Wohle der bäuerlichen Bevölkerung Alles geschehen ist. Als weiterer Factor auf dem Gebiete der Viehzucht und der landwirthschaftlichen Production war von Seite des hohen Landtages schon im Vorjahre die Errichtung einer landwirthschaftlichen Schule im Lande in Aussicht genommen und wurde der Landes-Ausschuss mit den entsprechenden Vorerhebungen beauftragt. Heute nun sind wir in der angenehmen Lage, dem hohen Hause bestimmte seitens der Vorstehung des landwirthschaftlichen Vereines über Einladung des Landes-Ausschusses ausgearbeitete Vorschläge vorzulegen, welche die Angelegenheit um einen wesentlichen Schritt vorwärts zu bringen geeignet sind und die Finalisierung dieser für die Landwirthschaft so hochwichtigen Institution in naher Zeit ermöglichen. Auch diese bedeutsame Frage einer zu schaffenden landwirthschaftlichen Lehranstalt empfehle ich Ihnen wärmstens zur Annahme. Eine weitere mit den agrarischen Reformen im engsten Zusammenhang stehende Angelegenheit, welche das hohe Haus bereits in der Session des Jahres 1894 sehr eingehend beschäftiget hat, nämlich die Frage der Errichtung einer Landeshypothekenbank in Vorarlberg wird die hohe Landesvertretung auch in der gegenwärtigen Session nochmals zu verhandeln haben, nachdem das in der Session von 1894 beschlossene Statut die allerhöchste Sanction nicht erhalten hat und nunmehr nach gepflogenen Verhandlungen mit der hohen Regierung in einer in mehreren Punkten abgeänderten Fassung dem hohen Hause in dieser Session neuerlich vorgelegt wird, und hoffe ich zuversichtlich, dass auch diese hochbedeutsame Frage ihre endgiltige Lösung heuer finden möge. In der im Vorjahre beschlossenen Antheilnahme des Landes an der Wildbachverbauungsaction im österreichischen Rheingebiete und in der Fortsetzung der Illregulierungsbauten werden in dieser Session mehrere Ergänzungen in Verhandlung gezogen werden, wie die Einbeziehung des Plisadonatobels, der Dornbirner Ach und des Klausbaches in diese Action, sowie die Illregulierung bei Satteins und St. Anton. Auch in der fortschreitenden Entwicklung des Communications- und Straßenwesens erfolgen dieses Jahr mehrere Vorlagen, von denen ich hier als die bedeutendste die Bregenzerwälderbahn nenne; deren Realisierung nunmehr näher gerückt erscheint und wobei das hohe Haus in Consequenz der in der Landtagssession vom Jahre 1894 gefaßten Beschlüsse über die Mitwirkung bei Financierung des Unternehmens zu berathen haben wird. Ein Gesetzentwurf über die Entlohnung der von den Gemeinden angestellten I. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session, 7. Periode 1896. 7 Hebammen wird die hohe Landesvertretung ebenfalls beschäftigen, ferner der in Folge des Umstandes, dass der in der vorjährigen Session beschlossene Gesetzentwurf über die Abhaltung von Tanzunterhaltungen die Allerhöchste Sanction nicht zu Theil geworden war, umgearbeitete diesbezügliche Entwurf. Wie alle Jahre erfolgt auch in dieser Session die Vorlage eines umfassenden Rechenschaftsberichtes des Landes-Ausschusses im Vereine mit den Schlußrechnungen aller einzelnen landschaftlichen Fonde pro 1895 und den Voranschlägen pro 1896, sowie der Landesirrenanstalt Valduna. Hohes Haus! Als ich am Schlusse der vorjährigen Session mich von Ihnen verabschiedete, konnte ich nicht unterlassen, gleichzeitig auch von den Räumen, in denen wir seit 30 Jahren ein gastliches Heim Dank des Entgegenkommens der löblichen Stadtgemeinde Bregenz gefunden hatten, Abschied zu nehmen. Heute, meine Herren, begrüße ich Sie zum ersten Male in unserem neuen Heim, das wir zufolge Beschlusses des hohen Landtages und nach Abschluss des bezüglichen Mietvertrages mit dem k. k. Postärar mit 1. October bezogen haben, und wenn den Herren dieser Tage Gelegenheit geboten ist, nicht nur den gegenwärtigen Sitzungssaal, sondern alle unsere übrigen Kanzleilocalitäten zu besichtigen, so werden Sie mit mir gewiss übereinstimmen, wenn ich behaupte, diese Räume entsprechen nunmehr der Würde des Landes und seiner autonomen Regierung. Allerdings mußte bei der baulichen Adaptierung und infolge der nothwendig gewordenen Anschaffungen ein nicht unbeträchtlicher Betrag aus den Landesmitteln entnommen werden, um dessen nachträgliche Bewilligung der Landes-Ausschuss in einem eigenen Berichte beim hohen Hause einkommen wird. Hohes Haus! Wenn wir unsere Blicke von unserem engeren Heimatlande weg nach dem Centrum des altehrwürdigen Habsburgerreiches, nach der Residenz unseres erhabenen Monarchen richten, mit Allerhöchst welchem die Völker Österreichs auf das innigste in Freud und Leid verbunden sind, so kehrt die Erinnerung an zwei überaus schmerzliche Ereignisse wieder, welche in der ganzen Bevölkerung ein lebhaftes Echo der Trauer gefunden haben. Im Monate Februar v. Js. kam aus dem südtirolischen Curorte Arco die Trauerkunde, dass | dortselbst Se. kaiserliche Hoheit der durchlauchtigste Herr Erzherzog Albrecht, der Sieger von Custozza, der ruhmgekrönte Feldherr und Vater der Armee, der Mann voll Heldenthum gepaart mit wahrhaft tiefer Religiosität verschieden sei und im September theilte der Telegraf den auf das Tiefste mitfühlenden Völkern der Monarchie das tragische Geschick mit, dass nach Gottes Rathschluss einer der edelsten jungen Sprossen Habsburgs, Se. kaiserliche Hoheit der Herr Erzherzog Ladislaus, in wunderbarer Gottergebenheit an den Folgen des ihm zugestoßeneu Unfalles in ein besseres Jenseits abberufen wurde. Wie alle Völker unserer weiten Monarchie in Freud und Leid treu zu Kaiser und 'Reich stehen, so thut das nicht minder der Vorarlberger in angestammter Liebe zu Habsburgs Kaiserhause. Und so wollen wir denn, verehrte Herren, die gegenwärtige Session beginnen mit dem begeisterten Rufe: Se. kaiserl. königl. apostolische Majestät, unser allergnädigster Kaiser und Herr lebe hoch! (Die Versammlung bringt begeisterte HochRufe aus.) Somit erkläre ich die VI. Session der 7. Landtagsperiode für eröffnet. Regierungsvertreter: Hohes Haus! Im Namen der hohen Regierung habe ich die Ehre den hohen Landtag von Vorarlberg bei seinem Wiederzusammentritte herzlichst und hochachtungsvollst zu begrüßen und gestatte mir der Hoffnung Ausdruck zu geben, dass die voraussichtlich letzte Session VII. Landtags-Periode ebenso fruchtbar und reich an Erfolgen und Ergebnissen sein wird, wie die früheren es waren. Ich erlaube mir diesen Anlaß auch zu benützen, das h. Haus zu beglückwünschen zur Erwerbung der stattlichen und prachtvollen Räume, in welchen die Landesvertretung durch eine Reihe von Jahren nunmehr tagen wird. Der Umstand, dass die autonome Landesbehörde unter einem Dache mit einer Staatsbehörde wohnt, möge ein glückliches Omen sein, für das innige Zusammenwirken beider Behörden und für das gute und innige Einvernehmen zwischen Regierung und Landesvertretung. Eine Regierungsvorlage ist mir bis dato nicht zugekommen, ich kann aber die Einbringung einer I solchen in Aussicht stellen. 8 I. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session, 7. Periode 1896. Es ist dies der Gesetzentwurf betreffend die Anlegung der Grundbücher, deren innere Einrichtung ein Gesetzentwurf, der im Landtage in Innsbruck als Regierungsvorlage vor wenigen Tagen eingebracht worden ist. Sollte meine Mitwirkung auch bei anderen Landes-Angelegenheiten gewünscht werden, so werden Sie mich stets bereit finden, meine schwachen Kräfte in den Dienst des Landes zu stellen und werde ich mich glücklich schätzen, wenn ich in die Lage versetzt werden sollte, jenen Erwartungen zu entsprechen, mit welchen der Herr Landeshauptmann mich zu begrüßen die Güte hatte. Landeshauptmann: Hohes Haus! Seitdem wir das letzte Mal versammelt waren, hat der Tod in unsere Reihe eine empfindliche Lücke gerissen. Der verehrte Herr Abgeordnete des Bezirkes Bregenzerwald, der hochwürdige Herr Decan Berchtold weilt nicht mehr unter uns. Noch im vorigen Jahre war es ihm vergönnt, in Privatkreisen von Freunden sein 25. Jubiläum als Landtags-Abgeordneter zu feiern. Seit 1870 gehörte Herr Decan Berchtold ununterbrochen, während der. verschiedenen Landtagsperioden, diesem hohen Hause an, und wir Alle, die wir den hochwürdigen Herrn Collegen zu kennen das Glück gehabt haben, haben ihn jederzeit zu schätzen gewußt, und seinen edlen Charakter, seine Offenheit und Anhänglichkeit an sein geliebtes engeres Vaterland kennen gelernt. Wir wollen unserem hochverehrten langjährigen Herrn Collegen ein treues Andenken bewahren, und ich fordere die Herren auf zum Zeichen der Theilname an dem Verluste sich von den Sitzen erheben zu wollen. (Das ganze Haus erhebt sich.) An Stelle des hochwürdigen Herrn Decan Berchtold ist in Folge Neuwahl der Herr Abgeordnete Johann Kohler von Schwarzach getreten, und ich begrüße denselben in unserer Mitte nicht als Neuling, sondern als ein Mitglied, das schon seit einer Reihe von Jahren, seit dem Jahre 1870 bis 1890 den regsten Antheil an den Arbeiten der Landesvertretung genommen hat, und ich bitte denselben, in meine Hände das verfassungsmäßige Gelöbnis ablegen zu wollen. Sie haben dem Kaiser Treue und Gehorsam, Beobachtung der Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten an Eidesstatt zu geloben. Kohler: Ich gelobe. Der Herr Abgeordnete Reisch hat an mich eine Depesche gerichtet, dass er in Folge dringender und unaufschiebbarer Gemeinde-Angelegenheiten sich zur Eröffnungssitzung nicht einfinden könne, und ersucht um Gewährung eines Urlaubes bis 13. d. Mts. Nachdem die Bewilligung eines solchen Urlaubes die Competenz des Landeshauptmannes überschreitet, muß ich das hohe Haus fragen, ob es diesem Ansuchen die Zustimmung ertheilt. Wünscht Jemand das Wort? — Da dies nicht der Fall ist, so schreite ich zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche diesem Ansuchen die Zustimmung ertheilen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Dem Herrn Abgeordneten Reisch ist also der Urlaub ertheilt. Nach einer alten Gepflogenheit habe ich auf die Tagesordnung der Eröffnungssitzung keine Geschäftsstücke gesetzt; ich beraume daher auf heute Nachmittag um 4 Uhr die 2. Sitzung an mit folgender Tagesordnung: 1. Wahl eines Wahlreform-, eines Finanz- und eines volkswirtschaftlichen Ausschusses. 2. Rechenschaftsbericht des Landes-Ausschusses und Schlussrechnungen der landschaftlichen Fonde. 3. Haushaltsrechnung der Landesirrenanstalt Valduna pro 1894. 4. Voranschlag derselben pro 1896. 5. Bericht des Landes-Ausschusses über die Landtags-Wahlreform. 6. Act betreffend Errichtung der Landes-Hypothekenbank. 7. Gesetzentwurf betreffend Bestellung und Entlohnung der Gemeinde-Hebammen. 8. Bericht des Landes-Ausschusses betreffend die Thätigkeit der Natural – Verpflegsstationen pro 1894. 9. Act des Landes-Ausschusses betreffend die Einbeziehung des Plisadonatobels bei Klösterle in die Wildbachverbauung. 10. Bericht des Landes-Ausschusses betreffend die Gewährung einer Subvention zu den Illwuhrbauten in Satteins. Martin Thurnher: Ich glaube, man könnte die unter Punkt 8, 9 und 10 der vom Vorsitzenden vorgeführten Gegenstände der Tagesordnung gleich L Sitzung des Vorarlberger Landtages, V1. Session der 7. Periode 1896. 9 heute Nachmittag in meritorische Behandlung nehmen, weil die bezüglichen Berichte vom Landes-Ausschusse verfasst sind und daher nach der Geschäftsordnung der Zuweisung an einen Ausschuss nicht bedürfen. Ich wollte dieses bemerken, damit die Herren, welche diese Berichte schon längst in Händen haben, sich über diese Angelegenheit, wenn nöthig, noch informieren können. Ich werde heute Nachmittag die betreffenden Anträge stellen und das hohe Haus bitten, dieselben anzunehmen. Landeshauptmann: Die heutige Sitzung ist geschlossen. (Schluß der Sitzung 12 Uhr 10 Min. Mittags.) Druck von J. N. Teutsch, Bregenz. Mrarlöerger Landtag. 1. Sitzung am 8. Januar 1896, unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. ■ ----- -—*HH------Gegenwärtig 17 Abgeordnete. Abwesend die Herren: Krisch und Dr Waibet. Kegierungsvertreter: Herr Hofrath Graf St. Iuklen-Msllsee. Beginn der Sitzung um 11 Uhr 45 Min. Vormittags. Landeshauptmann: Hohes Haus! Dem aller­ höchsten Ruse Folge leistend, versammelt sich am heutigen Tgge die Vertretung des Landes Vorarlberg — in der gegenwärtigen Legislatur-Periode voraus­ sichtlich zum letzten Male — zur Ausübung ihrer ver­ fassungsmäßigen Thätigkeit und es gereicht mir zur besonderen Freude, Sie, meine Herren Abgeordneten, an der Schwelle der Session herzlichst zu begrüßen. Diesen meinen hochachtungsvollen Gruß bringe ich in vollem Maße auch dxm hochverehrten Herrn Regierungsvertreter k. k. Hofrath Graf St. JulienWallsee entgegen und bitte denselben, unseren be­ vorstehenden wichtigen Berathungen und unseren Verhandlungen sein Wohlwollen und seine bewährte Einsicht entgegenbringen zu wollen. Hohes Haus! Ein zahlreiches und hochbedeut­ sames Berathungsmaterial harrt in der bevor­ stehenden Session seiner Erledigung. Unter den vielen ausgearbeiteten Vorlagen, die den Herren theils bereits vor einiger Zeit gedruckt zugegangen sind, theils in den nächsten Tagen zugehen werden, befinden sich eine Reihe Stücke, die von allgemein­ stem Interesse und für das Wohl der Bevölkerung unseres theueren Heimatlandes von geradezu weit­ tragender Bedeutung sind und die ich schon heute Ihrer eingehenden Prüfung und Annahme wärm­ stens empfehle. Dahin gehört in erster-Linie die Landtags­ Wahlreform, ein Gesetzentwurf, der aufgebaut wurde auf den Grundsätzen der Gerechtigkeit und 6 L Sitzung des Vorarlberger Landtages. den Anforderungen der Zeit entsprechender steter Fortentwicklung des Bestehenden unter gleichzeitiger Anstrebung des dermalen erreichbar Möglichen. Die Wahlreform involviert, wenn sie zustande kommt, einen wesentlichen Fortschritt in der Aus­ dehnung des Wahlrechtes auf den „kleinen Mann", der auch ein Anrecht hat, in die Geschicke des Landes durch Ausübung feines Stimmrechtes nach seinen Kräften mit einzugreifen und dessen Gefühl der Zusammengehörigkeit zum Lande dadurch nur sich heben und kräftigen wird. Mit der geplanten bedeutenden Ausdehnung des Wahlrechtes geht unser kleines Vorarlberg, wie in so manchen anderen Angelegenheiten den übrigen Kronländern unseres geliebten Österreich bahn­ brechend voran, möge diese That auch von Erfolg gekrönt werden! Zur Hebung der materiellen Lage des Lehrerstandes hat der Landes-Ausschuss, wie das hohe Haus aus dem bezüglichen Berichte er­ sehen kann, int abgelaufenen Jahre, von der ihm zufolge Landtagsbeschlusses vom 11. Februar 1895 ertheilten Ermächtigung Gebrauch machend, weit­ tragende Beschlüsse gefaßt und eine bedeutende Summe aus den Normatschulfonds-Erträgnissen zu obigem Zwecke flüssig gemacht und wird es sein Bestreben sein, mit Ihrer Zustimmung auf dem betretenen Wege auch in Hinkunft fortzuschreiten. Sehr wichtig und zum Wohle der Viehzucht trei­ benden Bevölkerung des Landes erscheinen all' jene Maßnahmen, welche der Landes-Ausschuss in Ausführung der bezüglichen Landtagsbeschlüsse im verflossenen Jahre und in gleichzeitiger Verwendung der Erträgnisse des Fondes zur Hebung der Rindviehzucht und der ihm noch außerdem zum gleichen Zwecke votirten Landesmittel zur Aus­ führung brachte. Die geehrten Herren werden aus dem bezüglichen Passus des Rechenschafts­ berichtes entnehmen, was in dieser Hinsicht zum Wohle der bäuerlichen Bevölkerung Alles ge­ schehen ist. Als weiterer Factor auf dem Gebiete der Viehzucht uud der landwirthschaftlichen Production war von Seite des hohen Land­ tages schon im Vorjahre die Errichtung einer land­ wirthschaftlichen Schule im Lande in Aus­ sicht genommen und wurde der Landes-Ausschuss mit den entsprechenden Vorerhebungen beauftragt. VF. Session, 7. Periode 1896. Heute nun sind wir in der angenehmen Lage, dem hohen Hause bestimmte seitens der Vorstehung des laydwirthschaftlichen Vereines über Einladung des Landes-Ausschusses ausgearbeitete Vorschläge vorzulegen, welche die Angelegenheit um einen wesentlichen Schritt vorwärts zu bringen geeignet sind und die Finalisierung dieser für die Landwirth­ schaft so hochwichtigen Institution in naher Zeit ermöglichen. Auch diese bedeutsame Frage einer zu schaffenden landwirthschaftlichen Lehr­ anstalt empfehle ich Ihnen wärmstens zur An­ nahme. Eine weitere mit den agrarischen Reformen im engsten Zusammenhang stehende Angelegenheit, welche das hohe Haus bereits in der Session des Jahres 1894 sehr eingehend beschäftiget hat, näm­ lich die Frage der Errichtung einer Landes­ hypothekenbank in Vorarlberg wird die hohe Landesvertretung auch in der gegenwärtigen Session nochmals zu verhandeln haben, nachdem das in der Session von 1894 beschlossene Statut die allerhöchste Sanction nicht erhalten hat und nun­ mehr nach gepflogenen Verhandlungen mit der hohen Regierung in einer in mehreren Punkten abgeän­ derten Fassung dem hohen Hause in dieser Session neuerlich vorgelegt wird, und hoffe ich zuversichtlich, dass auch diese hochbedeutsame Frage ihre endgiltige Lösung heuer finden möge. In der im Vorjahre beschlossenen Antheilnahme des Landes an der Wildbachverbauungs­ action im österreichischen Rheingebiete und in der Fortsetzung der Jllregulierungsbauten werden in dieser Session mehrere Er­ gänzungen in Verhandlung gezogen werden, wie die Einbeziehung des Plisadonatobels, der Dornbirner Ach und des Klausbaches in diese Action, sowie die Jllregulierung bei Satteins und St. Anton. Auch in der fortschreitenden Entwicklung des Communications- und Straßenwesens erfolgen die­ ses Jahr mehrere Vorlagen, von denen ich hier als die bedeutendste die B regenzerwälderbahn nenne; deren Realisierung nunmehr näher gerückt erscheint und wobei das hohe Haus in Consequenz der in der Landtagssession vom Jahre 1894 ge­ faßten Beschlüsse über die Mitwirkung bei Financierung des Unternehmens zu berathen haben wird. Ein Gesetzentwurf über die Entlohnung der von den Gemeinden angestellten Heb- I. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session, 7. Periode 1896. 7 ammen wird die hohe Landesvertretung ebenfalls | dortselbst Se. kaiserliche Hoheit der durchlauch­ tigste Herr Erzherzog Albrecht, der Sieger beschäftigen, ferner der in Folge des Umstandes, dass der in der vorjährigen Session beschlossene von Custozza, der ruhmgekrönte Feldherr und Vater Gesetzentwurf über die Abhaltung von der Armee, der Mann voll Heldenthüm gepaart Tanzunterhaltungen die Allerhöchste Sanction mit wahrhaft tiefer Religiosität verschieden sei und nicht zu Theil geworden war, umgearbeitete dies­ im September theilte der Telegraf den auf das Tiefste mitfühlenden Völkern der Monarchie das bezügliche Entwurf. tragische Geschick mit, dass nach Gottes Rathschluss Wie alle Jahre erfolgt auch in dieser Session einer der edelsten jungen Sprossen Habsburgs, die Vorlage eines umfassenden Rechenschafts­ Se. kaiserliche Hoheit der Herr Erzherzog berichtes des Landes-Ausschusses im Vereine mit Ladislaus, in wunderbarer Gottergebenheit an den Schlußrechnungen aller einzelnen land­ den Folgen des ihm zugestoßeneu Unfalles in ein schaftlichen Fonde pro 1895 und den Vor­ besseres Jenseits abberufen wurde. anschlägen pro 1896, sowie der Landesirren­ Wie alle Völker unserer weiten Monarchie in anstalt Valduna. Hohes Haus! Als ich am Schluffe der vor­ Freud und Leid treu zu Kaiser und 'Reich stehen, jährigen Session mich von Ihnen verabschiedete, so thut das nicht minder der Vorarlberger in an­ konnte ich nicht unterlassen, gleichzeitig auch von gestammter Liebe zu Habsburgs Kaiserhause. den Räumen, in denen wir seit 30 Jahren ein Und so wollen wir denn, verehrte Herren, die gastliches Heim Dank des Entgegenkommens der gegenwärtige Session beginnen mit dem begeisterten Rufe: Se. kaiserl. königl. apostolische Majestät, löblichen Stadtgemeinde Bregenz gefunden hatten, Abschied zu nehmen. Heute, meine Herren, begrüße unser allergnädigster Kaiser und Herr lebe hoch! (Die Versammlung bringt begeisterte Hoch­ ich Sie zum ersten Male in unserem neuen Heim, Rufe aus.) das wir zufolge Beschlusses des hohen Landtages und nach Abschluss des bezüglichen Mietvertrages Somit erkläre ich die VI. Session der 7. Land­ tagsperiode für eröffnet. mit dem k. k. Postärar mit 1. October bezogen haben, und wenn den Herren dieser Tage Gelegen­ Regierungsvertreter: Hohes Haus! Im heit geboten ist, nicht nur den gegenwärtigen Sitzungs­ Namen der hohen Regierung habe ich die Ehre saal, sondern alle unsere übrigen Kanzleilocalitäten den hohen Landtag von Vorarlberg bei seinem zu besichtigen, so werden Sie mit mir gewiss über­ Wiederzusammentritte herzlichst und hochachtungs­ einstimmen, wenn ich behaupte, diese Räume ent­ vollst zu begrüßen und gestatte mir der Hoffnung sprechen nunmehr der Würde des Landes und Ausdruck zu geben, dass die voraussichtlich letzte seiner autonomen Regierung. Allerdings mußte Session VII. Landtags-Periode ebenso fruchtbar und bei der baulichen Adaptierung und infolge der noth­ reich an Erfolgen und Ergebniffen sein wird, wie wendig gewordenen Anschaffungen ein nicht un­ beträchtlicher Betrag aus den Landesmitteln ent­ die früheren es waren. Ich erlaube mir diesen Anlaß auch zu benützen, nommen werden, um dessen nachträgliche Bewilligung das h. Haus zu beglückwünschen zur Erwerbung der Landes-Ausschuss in einem eigenen Berichte der stattlichen und prachtvollen Räume, in welchen beim hohen Hause einkommen wird. Hohes Haus! Wenn wir unsere Blicke von die Landesvertretung durch eine Reihe von Jahren unserem engeren Heimatlande weg nach dem Cen­ nunmehr tagen wird. Der Umstand, dass die autonome Landesbehörde trum des altehrwürdigen Habsburgerreiches, nach der Residenz unseres erhabenen Monarchen richten, unter einem Dache mit einer Staatsbehörde wohnt, mit Allerhöchst welchem die Völker Österreichs auf möge ein glückliches Omen sein, für das innige das innigste in Freud und Leid verbunden sind, Zusammenwirken beider Behörden und für das so kehrt die Erinnerung an zwei überaus schmerz­ gute und innige Einvernehmen zwischen Regierung liche Ereignisse wieder, welche in der ganzen Bevöl­ und Landesvertretung. kerung ein lebhaftes Echo der Trauer gefunden haben. Eine Regierungsvorlage ist mir bis dato nicht Im Monate Februar v. Js. kam aus dem zugekommen, ich kann aber die Einbringung einer südtirolischen Curorte Arco die Trauerkunde, dass I solchen in Aussicht stellen. 8 I. Sitzung des Vorarlberger Landtages. Es ist dies der Gesetzentwurf betreffend die Anlegung der Grundbücher, deren innere Einrichtung ein Gesetzentwurf, der int Landtage in Innsbruck als Regierungsvorlage vor wenigen Tagen ein­ gebracht worden ist. Sollte meine Mitwirkung auch bei anderen Landes-Angelegenheiten gewünscht werden, so werden Sie mich stets bereit finden, meine schwachen Kräfte in den Dienst des Landes zu stellen und werde ich mich glücklich schätzen, wenn ich in die Lage versetzt werden sollte, jenen Erwartungen zu entsprechen, mit welchen der Herr Landeshauptmann mich zu begrüßen die Güte hatte. Landeshauptmann: Hohes Haus! Seitdem wir das letzte Mal versammelt waren, hat der Tod in unsere Reihe eine empfindliche Lücke gerissen. Der verehrte Herr Abgeordnete des Bezirkes Bregenzer­ wald, der hochwürdige Herr Decan Berchtold weilt nicht mehr unter uns. Noch im vorigen Jahre war es ihm vergönnt, in Privatkreisen von Freunden sein 25. Jubiläum als Landtags-Abgeordneter zu feiern. Seit 1870 gehörte Herr Decan Berchtold ununterbrochen, während der. verschiedenen Landtagsperioden, diesem hohen Hause an, und wir Alle, die wir den hochwürdigen Herrn Collegen zu kennen das Glück gehabt haben, haben ihn jederzeit zu schätzen gewußt, und seinen edlen Charakter, seine Offenheit und Anhänglichkeit an sein geliebtes engeres Vaterland kennen gelernt. Wir wollen unserem hochverehrten langjährigen Herrn Collegen ein treues Andenken bewahren, und ich fordere die Herren auf zum Zeichen der Theilname an dem Verluste sich von den Sitzen erheben zu wollen. (Das ganze Haus erhebt sich.) An Stelle des hochwürdigen Herrn Decan Berch­ told ist in Folge Neuwahl der Herr Abgeordnete Johann Kohler von Schwarzach getreten, und ich begrüße denselben in unserer Mitte nicht als Neuling, sondern als ein Mitglied, das schon seit einer Reihe von Jahren, seit dem Jahre 1870 bis 1890 den regsten Antheil an den Arbeiten der Landesver­ tretung genommen hat, und ich bitte denselben, in meine Hände das verfaffungsmäßige Gelöbnis ab­ legen zu wollen. Sie haben dem Kaiser Treue und Gehorsam, Beobachtung der Gesetze und gewiffenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten an Eidesstatt zu geloben. Kohler: Ich gelobe. VI. Session, 7. Periode 1896. Der Herr Abgeordnete Reisch hat an mich eine Depesche gerichtet, dass er in Folge dringender und unaufschiebbarer Gemeinde-Angelegenheiten sich zur Eröffnungssitzung nicht einfinden könne, und ersucht um Gewährung eines Urlaubes bis 13. d. Mts. Nachdem die Bewilligung eines solchen Urlaubes die Competenz des Landeshauptmannes überschreitet, muß ich das hohe Haus fragen, ob es diesem Ansuchen die Zustimmung ertheilt. Wünscht Jemand das Wort? — Da dies nicht der Fall ist, so schreite ich zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche diesem Ansuchen die Zustimmung ertheilen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Dem Herrn Abgeordneten Reisch ist also der Urlaub ertheilt. Nach einer alten Gepflogenheit habe ich auf die Tagesordnung der Eröffnungssitzung keine Ge­ schäftsstücke gesetzt; ich beraume daher auf heute Nachmittag um 4 Uhr die 2. Sitzung an mit folgender Tagesordnung: 1. Wahl eines Wahlreform-, eines Finanz- und eines volkswirtschaftlichen Ausschuffes. 2. Rechenschaftsbericht des Landes-Ausschusses und Schlussrechnungen der landschaftlichen Fonde. 3. Haushaltsrechnung der Landesirrenanstalt Valduna pro 1894. 4. Voranschlag derselben pro 1896. 5. Bericht des Landes-Ausschusses über die Landtags-Wahlreform. 6. Act betreffend Errichtung der Landes-Hypo­ thekenbank. 7. Gesetzentwurf betreffend Bestellung und Ent­ lohnung der Gemeinde-Hebammen. 8. Bericht des Landes-Ausschusses betreffend die Thätigkeit der Natural - Verpflegsstationen pro 1894. 9. Act des Landes-Ausschusses betreffend die Einbeziehung des Plisadonatobels bei Klösterle in die Wildbachverbauung. 10. Bericht des Landes-Ausschusses betreffend die Gewährung einer Subvention zu den Jllwuhrbauten in Satteins. Martin Thurnher: Ich glaube, man könnte die unter Punkt 8, 9 und 10 der vom Vorsitzenden vorgeführten Gegenstände der Tagesordnung gleich L Sitzung des Vorarlberger Landtages, heute Nachmittag in meritorische Behandlung nehmen, weil die bezüglichen Berichte vom Landes-Ausschuffe verfasst sind und daher nach der Geschäfts­ ordnung der Zuweisung an einen Ausschuss nicht bedürfen. Ich wollte dieses bemerken, damit die Herren, welche diese Berichte schon längst in Händen haben, sich über diese Angelegenheit, wenn nöthig, V1. Session der 7. Periode 1896. 9 noch informieren können. Ich werde heute Nach­ mittag die betreffenden Anträge stellen und da­ hohe Haus bitten, dieselben anzunehmen. Landeshauptmann: Die heutige Sitzung ist geschloffen. (Schluß der Sitzung 12 Uhr 10 Min. Mittags.) Druck von I. N. Teutsch, Bregenz.