18960205_lts015

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Letzte Änderung 03.07.2021, 10:57
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp07,lts1896,lt1896,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 15. Sitzung am S. Februar 1896, unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 21 Abgeordnete. Regierungsvertreter: Herr Hofrath Graf St. Julien-Wallsee. Beginn der Sitzung 10 Uhr 20 Min. Vormittags. Landeshauptmann: Ich erkläre die heutige Sitzung für eröffnet und ersuche um die Verlesung des Protokolles der vorgestrigen Sitzung. (Secretär verliest dasselbe.) Landeshauptmann: Hat einer der Herren gegen die Fassung des Protokolles eine Einwendung zu erheben? Johann Thurnher: Ich weiß nicht habe ich falsch gehört oder nicht; ich nehme an, dass Ersteres der Fall war. Ich habe nämlich bei dem Passus über die Petition der Gemeinden Hard—Fußach die Worte gehört, dass die Anträge der Herren Abgeordneten Nägele und Dr. Schmid abgelehnt worden seien- und ebenso ein Antrag vom Herrn Abg. Fink, letzterer aber ist angenommen worden. Landeshauptmann: Es heisst in dem Protokolle: „beide Anträge werden abgelehnt, der Ausschussantrag hingegen angenommen, ebenso ein vom Herrn Abgeordneten Fink gestellten Antrag. Johann Thurnher: Ich habe überhört, dass der Ausschussantrag angenommen wurde. Landeshauptmann: Hat sonst noch einer der Herren eine Bemerkung gegen die Fassung des Protokolles zu machen? — 246 XV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 7. Periode 1896. Da dies nicht der Fall ist, betrachte ich dasselbe als genehmiget. Bevor wir zur Tagesordnung übergehen, muss ich eine Interpellation zur Kenntnis bringen, welche seitens des Herrn Abgeordneten Pfarrer Rudigier und Genossen in Betreff eines kirchenfeindlichen Artikels in der in Innsbruck erscheinenden „Volkszeitung" an die h. Regierung gestellt wird. Ich bitte dieselbe zu verlesen. (Secretär liest die Interpellation.) (Wortlaut derselben Beilage LVII.) Landeshauptmann: Ich werde diese Interpellation dem Herrn Regierungsvertreter überreichen. Regierungsvertreter: Ich werde nicht ermangeln, dieselbe dem Herrn Statthalter vorzulegen. Nachdem heute die letzte Landtagssitzung stattfindet, dürste die Erledigung direct an den Landesausschuss erfolgen. Landeshauptmann: Wir kommen nun zur Tagesordnung. Auf derselben steht als erster Gegenstand der Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über das Gesuch des Verbandes der Spar-und Darlehenscassenvereine in Vorarlberg. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Welte das Wort zu ergreifen. Welte: Vorerst habe ich noch eine Correctur und Ergänzung des Berichtes vorzunehmen. In demselben ist nämlich gesagt, dass 20 Raiffeisencassen dem Verbände angehören, es sind aber nur 19 in demselben; 15 sind noch nicht beigetreten. Es existieren demnach 34 solcher Vereine in unserem Lande. Ferner muss ich bemerken, dass im Berichte übersehen worden ist, extra darauf aufmerksam zu machen, dass der Verband auf Vermittlung von Kunstdünger pro 1895 einen Gewinn von 186 fl. 26 kr. erzielt hat, weil laut dem Rechnungs-Ausweise Post 7 4250 fl. 56 kr. Einnahmen und Post 3 4064 fl. 30 kr. Ausgaben gemacht wurden. Dieser Gewinn ist für kommende Jahre nicht in sicherer Aussicht, mithin wird der Verband noch mehr Deficit machen müssen und rechtfertiget sich ein Landesbeitrag umsomehr. Der Verband der Raiffeisencassen kam beim h. Landtage um Landeshilfe ein und bittet um Beiträge pro 1895 per 400 fl., pro 1896 per 800 fl. Die Gründung dieses Verbandes vollzog sich im letzten Jahre und begann dessen Activität mit 1. Juni. Der Zweck desselben ist zuvörderst die möglichst billige Geldvermittlung untereinander, die Erzielung einer gleichheitlichen Geschäftsgebarung und die periodische Revision der einzelnen Cassen, somit die Befestigung, Förderung und Sicherung der Spar- und Darlehenscassenvereine unseres Landes. Nach dem RechnungsAusweise für diese Periode, II. Semester 1895 hat der Verband nur 6 fl. 68 kr. Reingewinn erzielt. Wenn aber berücksichtiget wird, dass der Buchhalter noch keine Entschädigung erhalten hat und die Barauslagen der Verbandsleitung mit 30 fl. nicht in die Rechnung genommen werden konnten, so ergibt sich thatsächlich ein Deficit. Dieses Resultat erklärt sich einerseits damit, dass jeder Anfang schwer ist und dass außerordentliche Auslagen, die nicht immer wiederkehren, geleistet werden mussten, z. B. für den Zahlmeister-Curs 107 fl. 42 kr. und auf Kanzleispesen 149 fl. 3 kr., andererseits musste bei der Gründung des Verbandes besondere Rücksicht darauf genommen werden, für die Geldvermittlung einen möglichst billigen Percentsatz zu bestimmen, damit nicht etwa der Beitritt zu sehr erschwert werde. Wenn sich der Verband eingelebt haben wird, so dürfte er wohl auf eigenen Füßen zu stehen vermögend werden. Für das Jahr 1896 ist dieses aber voraussichtlich nicht zu erwarten, weil nochmals die Abhaltung eines Zahlmeister-Curses projectiert ist und die Auslagen auf eingehende Revision der Cassen außerordentliche Kosten verursachen werden. Ferner ist auf die außerordentliche Einnahme per 186 fl. 26 kr. auf Kunstdünger Vermittlung, wie sie im Jahre 1895 erzielt wurde, nicht zu rechnen, daher rechtfertiget sich die Gewährung von Subventionen und zwar pro 1895 mit 300 fl. und pro 1896 mit 600 fl. Dabei kann noch bemerkt werden, dass das Land in den letzten Jahren für die Überwachung der Raiffeisencassen durch Besoldung eines Cassenberathers bereits so hohe Beiträge geleistet hat und dass nun diese Auslagen aufhören, weil der Verband diese Überwachung und Revision besorgen wird. Daher handelt es sich im gegenständlichen XV, Sitzung des Vorarlberger Landtages. 'VI. Session, 7. Periode 1896. 247 Falle nicht um einen neuen, sondern um einen bisher schon gewährten Beitrag, welcher nur in anderer Form votiert wird. Der Zweck bleibt der gleiche, nämlich die Erhaltung, Förderung und Befestigung der Raiffeisencassen, nur kann derselbe auf diese Weise besser erreicht werden. Was den Antrag Punkt 2 anbelangt, dass in Hinkunft nur jene neu zu gründenden Cassen eine Landessubvention bekommen, wenn die Verbandsleitung den Antrag hiezu stellt, rechtfertiget sich gewiss, weil damit dem Verbände die gebärende Anerkennung gezollt und auch ein nicht zu verkennender Wink sein wird, dass die außerhalb stehenden Cassen dem Verbände sich anschließen sollten. In Erwägung dessen und insbesonders der Darlegung der Begründung in dem vorliegenden Berichte erhebe ich namens des volkswirtschaftlichen Ausschusses die Anträge. (Liest die Anträge aus Beilage LV.) Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag die Debatte. — Wenn Niemand sich zum Worte meldet, schreite ich zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche mit den Anträgen des volkswirtschaftlichen Ausschusses einverstanden sind, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Der zweite Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des zur Vorberathung der Regierungsvorlage über das Grundbuch eingesetzten Ausschusses. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Kohler, sich auf die Tribüne zu begeben und das Wort zu ergreifen. Kohler: Hohes Haus! In dem vorliegenden Berichte sind in möglichster Kürze die Gründe aufgeführt, die für folgenden Antrag sprechen dürften. Derselbe lautet: (Liest den Antrag aus Beilage LVI.) Ich glaube einfach auf den Bericht und dessen Inhalt verweisen zu dürfen, um dem h. Hause diesen Antrag zur Annahme zu empfehlen. Landeshauptmann: Bevor ich über Bericht und Antrag die Debatte eröffne, muss ich bekannt geben, dass der Herr Dr. Waibel einen MinoritätsAntrag angekündiget hat, und ich ertheile ihm daher in seiner Eigenschaft als Minoritäts-Berichterstatter das Wort. Dr. Waibel: Ich habe den Minoritäts-Antrag im Ausschüsse gestellt und es hätte nach meiner Meinung auch in diesem Berichte davon Kenntnis dem h. Hause gegeben werden sollen, aber dass das nicht geschah ist begreiflich, da der Bericht eben in Schwarzach verfasst wurde, konnte man natürlich dort nicht wissen, was in Bregenz ausgemacht worden ist. (Heiterkeit.) Martin Thurnher: Das ist nicht richtig, es ist kein Antrag eingebracht, sondern nur angekündiget worden. Dr. Waibel: Ich hätte wenigstens eine Bemerkung darüber im Berichte erwartet, dass ich einen Minoritäts-Antrag angekündet habe. Martin Thurnher: Das geschah erst bei der Verificierung des Berichtes, aber nicht früher im Ausschüsse. Dr. Waibel: Ich will Folgendes bemerken. In der Sitzung, in welcher von dem Anträge die Rede war, ist derselbe noch nicht endgiltig formuliert gewesen. Ich erinnere Sie, dass es geheißen hat, wir wollen die Redaction noch Vorbehalten und sie dem Berichterstatter überlassen. Dieser Antrag, der jetzt vorliegt, ist seinem Wesen nach erst bei der Verification hervorgegangen. Johann Thurnher: Der Form, aber nicht dem Inhalte nach. Dr. Waibel: Das ist nebensächlich. Meine Herren! Der 5. Februar 1896 ist ein Datum, welches in der Geschichte der beiden Länder Tirol und Vorarlberg eine Rolle zu spielen bestimmt ist. Wir berathen heute über das Grundbuch. Auch der Landtag des Landes Tirol berathet heute die Frage der Einrichtung und Einführung des Grundbuches. In Tirol spielt diese Frage verhältnismäßig erst kurze Zeit eine Rolle, 248 XV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session, 7. Periode 1896. während bei uns das Grundbuch seit dem Bestände unseres Landtages eine Rolle spielte. In Tirol ist man in verhältnismäßig kurzer Zeit zu dem Resultate gelangt, welches heute erwartet wird, dass nämlich dort die Einführung des Grundbuches gelingen werde. Bei uns, wo man seit dem Jahre 1861 sich mit dieser Frage befasst, liegt heute ein Antrag vor, welcher die unverkennbare Absicht hat, die Lösung dieser Frage auf unbestimmte Zeit hinaus zu verschleppen. Schon bei der Zusammensetzung des Ausschusses habe ich bemerkt, von vorneherein, dass es dringend wünschenswert wäre, praktische Juristen, eigentliche Fachleute zur Berathung dieser Vorlage heranzuziehen Das Bedürfnis war um so dringender und wahrer empfunden, als unsere Körperschaft kein einziges Mitglied dieses wichtigen Standes hat. In Tirol hat man in den Grundbuchs-Ausschuss 4 hervorragende Juristen gewählt. Bei uns hat man es nicht bloß gegenüber der ersten Anregung, sondern auch im weiteren Verlaufe der Dinge mit merkwürdiger Zähigkeit abgelehnt, auch nur einen einzigen Sachverständigen heranzuziehen. Auch im vorliegenden AusschussAntrage ist mit keiner Silbe davon die Rede, sondern bloß von Vertrauensmännern. Ich habe noch etwas zu bemerken, bezüglich der Art und Weise, wie bei uns diese Frage in Verhandlung genommen wurde. Der Ausschuss ist gewählt worden, ich weiß das Datum nicht mehr, sobald die Frage überhaupt auf die Tagesordnung kam und dann hat es 9 Tage gedauert, bis dieser Ausschuss einmal zusammenberufen wurde. Aber wie? Nicht zu einer kollegialen Berathung unter sich, sondern es wurde gleich das ganze Haus und der Herr Regierungsvertreter eingeladen, an der ersten Berathung theilzunehmen. Man hätte glauben sollen, dass von Verschiedenen das Bedürfnis empfunden worden wäre und dass es sich empfohlen haben würde, für diese außerordentlich wichtige Frage den Ausschuss gleich nach seiner Constituierung einzuberufen und in einem kleineren Kreise sich zu berathen, in welcher Weise man die geschäftliche Behandlung dieser Frage in die Hand nehmen wolle. Aber das geschah nicht, und es geschah in der ganz klaren Absicht nicht, jede Heranziehung eines Fachmannes von sich abzulehnen. Schon in diesem Zuge liegt für mich der wohlbegründete Verdacht, dass man es von vorneherein darauf abgesehen habe, diese Geschichte vom Tische wegzuräumen. Ich bin aber auch in der Lage aus der parlamentarischen Geschichte unseres Landes den ziemlich klaren Beweis zu erbringen, dass es, man mag sagen, was man will, auf eine Verschleppung mit diesem Anträge abgesehen ist. Der Vorarlberger Landtag hat im Jahre 1861 zum erstenmal und zwar einstimmig diese Frage in Anregung gebracht und den Wunsch auf Einführung des Grundbuches geäußert. Im Jahre 1863 ist ein Regierungs-Erlass vom 16, Februar mit einem GrundbuchsgesetzEntwurfe an den Landtag gekommen. Es wurde damals eine Enquete abgehalten für diese Grundbuchsfrage und das Elaborat liegt unter den Acten des Landes-Ausschusses. Es ist Jedermann in der Lage, von diesen Acten Einsicht zu nehmen. Im Jahre 1866 wurde eine Interpellation von Baron Seyffertitz an die Regierung über den Stand der Grundbuchs - Angelegenheit gestellt, worauf der Landes-Ausschuss im Jahre 1870 beauftragt wurde, die geeigneten Schritte zur Erlangung einer baldigen Erledigung der Grundbuchsfrage einzuleiten. Im September 1871 kam an den Landtag wieder ein Gesetzentwurf über die Anlegung von Grundbüchern. Ich darf die Herren Abgeordneten Kohler und Johann Thurnher erinnern, dass sie bereits im Jahre 1870 dem Landtage angehörten und an diesen Verhandlungen theilgenommen haben. Im October 1872 kam ein neuer Gesetzentwurf; Berichterstatter war Abgeordneter Dr. Fetz. Es bildete sich damals eine ansehnliche grundbuchfreundliche Minorität gegenüber der Majorität. Die Gründe für die vorläufige Ablehnung des Entwurfes waren noch acceptabel; der Legalisierungszwang war das Hindernis der Annahme des Gesetzes. Im Jahre 1873 bekam der Landesausschuss den Auftrag Erhebungen behufs Einführung der Hypotheken - Erneuerung anzustellen. Auch bei den Verhandlungen über diese Frage wurde ausdrücklich der Legalisierungszwang als Hindernis für das Grundbuch bezeichnet. Im Jahre 1874 beschloss man, da eine Wahl vor der Thüre stand, in die Berathung des Grundbuches in dieser Session nicht mehr einzugehen. XV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session, 7. Periode 1896 249 Im Jahre 1875 kam wieder eine Vorlage. Im Comitäberichte heißt es: „Wird eine entsprechende Gesetzesvorlage im Reichsrathe auf Aufhebung des Legalisierungszwanges eingebracht und angenommen, dann würde jenes Bedenken wegfallen, welches gegenwärtig der Errichtung von Grundbüchern im Lande Vorarlberg hauptsächlich entgegensteht." Der Antrag gierig dahin, die Berathung und Beschlussfassung auf die nächste Session zu vertagen. Nun kommt das Jahr 1876; das war genau vor 20 Jahren. Da wurde von der Majorität beantragt, es sei vorläufig in die Vorlage eines Gesetzentwurfes, betreffend die Anlegung von Grundbüchern in Vorarlberg nicht einzugehen. Die Minorität, vertreten durch Dr. Fetz, empfiehlt dem Landtage die Annahme des unter Einem vorgelegten Gesetzentwurfes, betreffend die Anlegung von Grundbüchern. In dieser Debatte ereignete sich etwas, was heute zu bemerken von einigem Werte ist. Ein Abgeordneter hat an Herrn Johann Thurnher die Anfrage gestellt, was denn eigentlich geschehen müsse, um ihn für das Grundbuch zu stimmen und, wann der Zeitpunkt eintrete, in welchem er für das Grundbuch sein werde. Der Herr Abgeordnete Johann Thurnher erklärte: „Ich bin bereit, in dem Momente der Einführung des Grundbuches meine Zustimmung zu geben, in welchem der Legalisierungszwang fällt". Der Herr Abg. Johann Thurnher hat bei den Verhandlungen, die im Jahre 1876 stattfanden, einen Antrag gestellt, welcher diesem seinem Ausspruche die volle Bestätigung gibt, aber mir ganz besonders wertvoll ist, weil er für die gegenwärtige Vorlage sehr bezeichnend ist. Der Herr Abg. Johann Thurnher stellte nämlich folgenden Antrag: „Der hohe Landtag wolle dem vorliegenden Gesetzentwürfe. . . . seine Zustimmung ertheilen", mit folgendem Zusatz: „Unterschriften auf Urkunden, welche einer Beglaubigung (Grundbuchsgesetz § 31) bedürfen, sind am Sitze eines Gerichtes oder Notars gerichtlich oder notariell zu beglaubigen. In anderen Gemeinden kann diese Beglaubigung mit der gleichen Giltigkeit durch eine amtliche Bestätigung der Gemeindevorstehung geschehen". Das ist der Antrag, welchen der Herr Abgeordnete Johann Thurnher damals gestellt hat und der mit der gegenwärtigen Vortage eine außerordentliche 'Verwandtschaft hat, wenn auch der Wortlaut nicht der gleiche ist. Dieser Antrag wurde vom h. Hause angenommen, aber mit Rücksicht auf diese Clausel konnte er nach dem damaligen Stand der Dinge von der Regierung nicht sanctioniert werden. Im Jahre 1877 wurde über das Grundbuch wiederum in eingehenden Berathungen verhandelt. Da muss ich nun den Herrn Abg. Kohler, als Referenten des Antrages, der uns gegenwärtig vorliegt, erinnern, was er damals als Berichterstatter gesagt hat. Er sagte nämlich: „ .... es bleibt demnach nur ein Grund noch fortbestehen, der das Zustandekommen des Grundbuches behindert, das ist der Legalisierungszwang". Das sind ausdrücklich die Worte des Herrn Abg. Kohler. Es ist ganz gewiss von Interesse bei diesem Anlasse jene Persönlichkeiten hier wieder zu nennen, welche bei der Beschlussfassung über die Annahme oder Nichtannahme der Anträge, die vorgelegen sind, ihre Stimme zur Annahme des Grundbuches gegeben haben. Das waren folgende Herren, ich nenne sie in alphabetischer Ordnung: Graf Belrupt, Burtscher, Dr. Fetz, Karl Ganahl, v. Gilm, Albert Rhomberg, Witzemann, ferner Landeshauptmann Dr. Jussel und Bischof Amberg. Im Jahre 1878 ist ein Antrag von Herrn Schmid und Genossen eingebracht worden, in welchem der Landesausschuss beauftragt wurde, bei der Regierung auf Aufhebung des Legalisierungszwanges einzuwirken. Im Jahre 1880 kommt noch etwas und damit kann ich diesen chronologischen Auszug schließen. Im Jahre 1880 wurde dem Landtage ein großer, weitläufiger Bericht, der sich über die sociale Frage ausbreitet, vorgelegt und welcher die Signatur des Herrn Abg. Johann Thurnher als Berichterstatter trägt. Da ist gesagt: .... „die Herstellung des Grundbuches als Basis alles Realcredites ist für Vorarlberg nur mehr eine Frage der Zeit, und wer eine Verbesserung der Creditverhältnisse des Bauernstandes aufrichtig wünscht, muss ihre beschleunigte Inangriffnahme ersehnen, " 250 XV, Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session der 7. Periode 1896. Das sind die ipsissima verba des Herrn | Abg. Johannes Thurnher. Johann Thurnher: Bei welchem Gegenstände? Dr. Waibel: Beim Grundbuche! Wenn wir den Landtagsbericht vom Jahre 1880 hernehmen, in welchem eine Reihe socialer Fragen in Erörterung gezogen werden, so kann der Herr Abgeordnete Johann- Thurnher die nähere Stelle dort lesen. Ich stehe für die Richtigkeit des Citates ein und habe auch keine Silbe daran erfunden. Übrigens kann Alles, was ich hier gesagt habe, in den Protokollen des Landtages nachgesehen und bestätiget gefunden werden. Der Bericht um den es sich handelt, ist die Beilage X. zu den stenographischen Protokollen des Vorarlberger Landtages. Im Berichte des volkswirtschaftlichen Ausschusses in Angelegenheit der Wucher- und Gewerbefrage, sowie über die Lage des kleinen Grundbesitzes, heißt es auf Seite 17 (liest): „Die Herstellung des Grundbuches als Basis alles Realcredites ist für Vorarlberg nur mehr eine Frage der Zeit, und wer eine Verbesserung der Creditverhältnisse des Bauernstandes aufrichtig wünscht, muss ihre beschleunigte Inangriffnahme ersehnen". Johann Thurnher: Ja, das ist etwas Anderes! Sie haben gesagt, beim Grundbuche. Dr. Waibel: Da ist auch vom Grundbuch unter Anderem die Rede. Auf Seite 17 des Berichtes können Sie sich überzeugen, dass das wörtlich stimmt, was ich hier gesagt habe. Johann Thurnher: Das ist ganz richtig, aber nicht vom Grundbuch war dort die Rede. Dr. Waibel: Ich sage auch nicht Grundbuch, ich sage nur im Verlaufe des Berichtes war davon die Rede. Das ist überhaupt nebensächlich. Johann Thurnher: Das ist nicht nebensächlich! Dr. Waibel: Im JahrejN881 wurde noch einmal über das Grundbuch verhandelt. Vom Jahre 1882 an wurde über das Grundbuch nicht mehr verhandelt; in diesem Jahre begannen die Verhandlungen über die HypothekarErneuerung. Im Jahre 1881 war der Herr Abg. Schneider Berichterstatter, und dieser Bericht war auch ausdrücklich für die Einführung des Grundbuches, allerdings unter der Voraussetzung einer geänderten Legalisierungsvorschrift. Damit will ich diese Citate schließen und gehe auf den Bericht über, der uns vorgelegt wird. Es kann sich wohl nicht darum handeln, in die eigentliche Discussion über die Einführung des Grundbuches einzutreten und über vorliegenden Gesetzentwurf zu sprechen. Das ist ja auch vom Ausschüsse nicht geschehen. Der Ausschuss hätte doch — man hätte glauben sollen, dass es auf der Hand gelegen ist — wenigstens Einsicht nehmen sollen in die für den Reichsrath bestimmte Vorlage. Aber auch das ist nicht geschehen. Es ist nur im Allgemeinen verhandelt worden, und sind alle möglichen Schwierigkeiten hervorgezogen worden. Die Sache liegt nun im Wesentlichen so: Bis herauf und herauf, so ost und so lange seit dem Jahre 1870 über diesen Gegenstand gesprochen wurde, geht aus allen Dingen hervor, dass lediglich der Legalisierungszwang das Hindernis für die Einführung des Grundbuches war. Run, dieses Hindernis ist so ziemlich genau in dem Sinne beseitiget, wie es im Jahre 1876 der Herr Abgeordnete Johann Thurnher, also bereits vor 20 Jahren, beantragt hat. Um mich näher auszudrücken, ist durch die Vorlage jetzt zugegeben worden, dass die Legalisierung, welche überall als nothwendig anerkannt wird, jene Erleichterung bekommt, die wiederholt gewünscht wurde, dass sie nämlich nur für jene, die am Sitze von Gerichten wohnen, vom Notare oder vom Gerichte vorzunehmen sei, in den Landgemeinden aber sogenannte Legalisatoren aufgestellt werden können. Dem Wunsche, der in dem erwähnten Landtagsbeschlusse gelegen ist, ist durch die Regierung nunmehr bis zu jenem Maße Rechnung getragen worden, als die Justizverwaltung Rechnung tragen hat können. Es darf nicht übersehen werden, dass beim Grundbuche der Staat die Haftung für die Grundbuchsführung übernimmt, während dies beim Verfachbuche nicht der Fall ist. Wer die Haftung für so eine wichtige Action übernimmt, dem muss zugestanden werden, dass XV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session, 7. Periode 1896. 251 er sich eine gewisse Sicherheit verschafft, die die Haftung ermöglichet. Ich muss noch ein paar Punkte aus dem Berichte selbst berühren. Da ist z. B. die Frage, „ob die Vorzüge des Grundbuches im Ganzen die in einer weit complicierteren und kostspieligeren Institution für den Grundbesitz gelegenen Nachtheile überwiegen." Es wird hier merkwürdiger Weise behauptet, dass das Grundbuch eine complicierte und kostspielige Institution sei. Nun das ist wohl etwas Neues. Wer ein Grundbuch gesehen hat »der auch keines gesehen hat und nur die im Gesetze vorgeschriebene Anlegung sich zu vergegenwärtigen im Stande ist, findet, dass das Grundbuch einfach und klar ist. Mit einem Blicke hat man die Situation vor Augen. Beim Verfachbuche da ist es nicht klar. Hier, um sich Daten zu verschaffen, muss man ganze Bände nachschlagen und wenn man alles nachgeschlagen hat, so ist man doch nicht gewiss, ob man alles gefunden hat. Das ist das complicierte und unsichere Verfachbuch. Ich muss noch etwas hinzufügen, das nämlich, dass die Herren Abg. Kohler und Johann Thurnher, die sich sonst, wenn es sich um bloße Redensart handelt, recht warm für das Grundbuch auszusprechen vermögen, in ihrer Eigenschaft als Reichsrathsabgeordnete seit Jahren genug Gelegenheit gefunden hätten, sich von der Einrichtung der Grundbücher durch eigene Anschauungen zu überzeugen. Man reist durch Salzburg, Ober- und Niederösterreich oder Steiermark, aber es ist, wie es scheint, keinem der Herren eingefallen, irgendwo abzusteigen und sich von der Einrichtung der Grundbücher persönlich zu überzeugen. Ich glaube auch heute nicht daran, dass diese Bereisung durch Vertrauensmänner den aufrichtigen Zweck hat, sich redlich von der Grundbuchs Einrichtung zu unterrichten, sondern lediglich den Zweck hat, Materiale gegen das Grundbuch zu sammeln. Das ist meine persönliche Überzeugung. Ich kann vielleicht Unrecht haben, aber ich kann mir nicht helfen, ich habe diese Überzeugung. Wenn weiters gesagt wird, es sei ohne solche Bereisungen unmöglich, einer Bevölkerung, der diese Einrichtung bisher fremd war, beruhigende Aufklärung über den Wert und Zweckmäßigkeit derselben zu geben, so bin ich der Ansicht, dass man mit diesen Reisen und Studien dieselbe Absicht hat, wie sie bisher verfolgt, worden ist, nämlich die, der Bevölkerung beunruhigende anstatt beruhigende Aufklärungen zu geben. Man will herumreisen, um gegen die Einführung des Grundbuches weiteren Stoff zusammen zu bringen. Das sind im wesentlichen die Bedenken, die ich habe und welche, wie ich glaube, auch meine Gesinnungsgenossen theilen. Wir sehen in dem Anträge eine beabsichtigte endlose Verschleppung der ganzen Angelegenheit. Dem können wir unter keinen Umständen zustimmen. Wenn redliche Patrioten, redliche Freunde des Vaterlandes und Volkes schon seit langer Zeit darnach getrachtet haben, dieses Buch einzuführen, und es schon seit 35 Jahren für dringend und nothwendig gehalten haben, so können wir einem Anträge nicht beistimmen, der diesem Wunsche diametral entgegensteht und diametrale Ziele verfolgt. In Anbetracht, dass die Einrichtung des Grundbuches allein geeignet ist, dem Realcredit eine sichere Grundlage zu bieten, weil sie allein unter größtmöglicher Übersichtigkeit die Gewähr bietet, dass Niemanden, der sich auf das öffentliche Buch verlässt, aus diesem Vertrauen ein Schaden erwachse; in Erwägung, dass diese Einrichtung in allen österreichischen Kronländern mit Ausnahme von Tirol und Vorarlberg bereits besteht und sich überall derart bewährte, dass eine Abschaffung des Grundbuches und die Ersetzung desselben durch das Verfachbuch überall da, wo das Grundbuch besteht, für ganz undenkbar erachtet wurde; % in Erwägung, dass die durch die HypothekarErneuerung hergestellte verhältnismäßige Ordnung sich beim Fortbestehen des Verfachbuches mit Naturnothwendigkeit von Jahr zu Jahr verringern muss, weil viele Übergänge nicht zur Verfachung gelangen und ein Fehler im Register immer wieder eine endlose Kette anderer Fehler nach sich zieht; in endlicher Erwägung, dass nur durch die Einführung des Grundbuches eine wirkliche, vollständige und dauerhafte Ordnung der öffentlichen Bücher zu erzielen ist, — halten es die Antragsteller für Pflicht des Landtages, dieser Frage nicht nur näher zu treten, sondern sie auch ohne jede nicht absolut nothwendige Verzögerung zur Lösung zu bringen, 252 XV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session, 7. Periode 1896. und die Erhebungen unter Beizug von juristisch gebildeten Sachverständigen ohne überflüssige Weisungen mit Energie derart zu pflegen, dass bei der nächsten Tagung der h. Landtag in die Lage kommt, über die Einführung des Grundbuches schlüssig zu werden. Sie stellen daher den Antrag: Der h. Landtag wolle beschließen: „Der Landesausschuss wird beauftragt, an der Hand der gebotenen Vorlagen und unter Zuziehung von juristischen Fachmännern die Einführung der Grundbücher im Lande Vorarlberg in der Weise zu berathen, dass er in die Lage kommt, dem nächstzusammentretenden Landtage eine zur definitiven Beschlussfassung geeignete Vortage zu unterbreiten". Johann Thurnher: Ich habe mich während der Ausführungen des unmittelbaren Herrn Vorredners schon deshalb gerührt, weil er gesagt hat, dass er eine von mir, als damaligen Berichterstatter des Grundbuches gemachte Äußerung, im Berichte gefunden habe. Nun ist das aber nicht ein Bericht über das Grundbuch; ich war mir nämlich wohlbewusst, dass ich nie GrundbuchsBerichterstatter war. Das wäre mir gar nicht eingefallen, mich dazu fähig zu halten. Es war das ein Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über die Wucher- und Gewerbefrage und die Lage des kleinen Grundbesitzes; es wurden im ganzen Lande herum an verschiedenen Orten von den Bauern und Gewerbetreibenden Versammlungen abgehalten und über die Lage und Forderungen derselben Beschlüsse gefasst. Das habe ich dann, als Ergebnis aller dieser Resolutionen in einen' Bericht zusammengefasst, in dem die von Herrn Dr. Waibel angezeichnete Stelle, die er citierte, sich findet. Aber diese Stelle lautet nicht so, wie ihr Ausdruck gegeben worden ist. (Dr. Waibel: Bitte nur zu lesen.) (Liest:) „Die Herstellung des Grundbuches als Basis alles Realcredites ist für Vorarlberg nur mehr eine Frage der Zeit, und wer eine Verbesserung der Creditverhältnisse des Bauernstandes aufrichtig wünscht, muss ihre beschleunigte Inangriffnahme ersehnen; eine bessere Freude am dauernden Besitze hingegen und pünktliche Einhaltung der übernommenen Verpflichtungen kann keine von Außen kommende Maßregel bezwecken; dafür liegt eine Besserung nur in dem Willen und in einem richtigen Verständnisse des Volkes selbst". Den letzten Passus hat der Herr Vorredner unterlassen dem h. Hause mitzutheilen. (Dr. Waibel: Weil er nicht zum Grundbuch gehört.) Ja ich habe auch damals nicht vom Grundbuch gesprochen. Der Herr Dr. Waibel wirft uns vor, dass wir absichtlich verschleppen. Eine ganze Reihe von Jahren hindurch, die historisch aufgezählt wurden, ist nichts als verschleppt worden. Nun, ich lasse es gelten, wir haben verschleppt, und zwar deshalb um eine Zeit abzuwarten, wo die Annahme des Grundbuches ohne solche Belästigungen des Volkes, wie der Legalisierungszwang, den die früheren Vorlagen mit sich führten, möglich gemacht ist. Das war die wahre Ursache der Verschleppung. Diese Ursache ist aber jetzt gefallen, sagt der Herr Vorredner. Nun ich gebe zu, dass sie zu einem wesentlichen Theile gefallen ist. Aber deswegen kann uns doch nicht zugemuthet werden, am Schlüsse einer Session und Periode, noch in den letzten Tagen, eine so wichtige Frage zu studieren, wo uns nur die, für das Land berechnete Vorlage unterbreitet wurde, die auf einer Reichsgesetzvorlage beruht, die wir bis in die letzten Tage gar nicht kannten. Da ist eine abermalige Verschleppung gerechtfertiget. Man kauft ja keine Katze im Sacke. Dr. Waibel hat sich dann beklagt, dass von der (Konstituierung des Grundbuchs-Ausschusses bis zur Abhaltung der ersten Sitzung 9 Tage verstrichen seien. Nun gerade so lange hat es gedauert, bis wir von der Regierung die nothwendigen Beilagen erhalten haben. Der Vorwurf kann sich also nicht gegen die Majorität des Hauses richten. Wenn gesagt wird, dass in Tirol 4 Juristen in den Grundbuchs-Ausschuss gewählt worden seien, nun dann ist eben die Zusammensetzung des Tiroler Landtages eine glücklichere. Wer weiß, ob es nicht besser wäre, wenn statt eines Dr. medicinae, ein Dr. Juris hier säße. Wir können nichts dafür, wenn man keinen Juristen in den Landtag gesandt hat; vielleicht wäre statt des Mediciner Dr. Waibel ein Jurist N. N. in den Grundbuchs-Ausschuss gewählt worden. XV. Sitzung des vorarlberger Landtages. VI. Session, 7. Periode 1896^ 253 Dann hat der Herr Vorredner gemeint, die früheren Reichsrathsabgeordneten und vielleicht auch die gegenwärtigen seien so und so oft durch Länder gereist, in denen das Grundbuch eingeführt ist, hätten es aber nie der Mühe wert gefunden, in dasselbe einmal Einblick zu nehmen. Nun, da sage ich, damals hat es keinen Zweck gehabt, diese Einrichtung, bevor nicht die Schranke gefallen ist, anzuschauen; denn es bestand der Legalisierungszwang, ich meine überhaupt. Dass aber jetzt während des Landtages einer der Herren Reichsrathsabgeordneten von Wien hieher gereist wäre, habe ich nicht wahrgenommen; aber ich muss auch sagen, dass auch wir Anderen alle Tage in dem Vorarlberger Landtage waren. Nach dem nun die Regierung Ernst zu machen scheint mit der Erleichterung des Legalisierungszwanges, so glaube ich, ist es an der Zeit und am Platze sich die Sache anzuschauen und dass der LandesAusschuss Männer seines Vertrauens wählt, welche die Grundbuchseinrichtung anschauen und darüber Bericht erstatten. Ich möchte wissen, was eine Grundbuchsanschauung und ein Bericht damals für einen Zweck gehabt hätten, als der Legalisierungszwang bestand? Jedenfalls keinen praktischen. In die anderen Sachen, welche der Herr Vorredner betreffs der Verschleppung vorgebracht hat, wird der Herr Berichterstatter mehr eingehen; nur etwas hat mich gewundert, dass nämlich dem Herrn Vorredner der Umstand nicht recht war, dass man das ganze Haus eingeladen hat, an der ersten Grundbuchsdebatte im Ausschusse theilzunehmen. Diesen Vorwurf, glaube ich, hätte der Obmann des Ausschusses Herr Martin Thurnher nicht verdient. Erstens ist das über Anregung des Herrn Landeshauptmannes in offener Sitzung geschehen; dann aber ist es doch zweckmäßig gewesen, dass, nachdem ein Jurist, von Innsbruck kam, um Aufklärungen über das Grundbuch zu geben, möglichst Alle Gelegenheit fanden, den ersten mündlichen Bericht des Herrn Regierungsvertreters zu hören und sich ein vorläufiges Urtheil bilden zu können. Darin, glaube ich, sollte kein Vorwurf liegen. Damit schließe ich vorderhand. Bösch: Ich bin zwar mit dem Berichte und Anträge des Grundbuchs-Ausschusses einverstanden und werde auch dafür eintreten. Ich kann mich jedoch nicht enthalten, noch einiges dazu zu bemerken. Es heißt hier, es soll über das Ergebnis der Verhandlungen, die zwischen der Regierung und den Vertrauensmännern gepflogen werden, in einer späteren Session Bericht erstattet werden. Nun möchte ich zu dieser Berichterstattung einiges bemerken und meine Wünsche ausdrücken. Es ist im heurigen Jahre der Landtag zusammengekommen; man hat und ein Gesetz vorgelegt und die erläuternden Bemerkungen dazu. Ich glaube aber, es werden sich in dieser kurzen Zeit die wenigsten Abgeordneten darüber vollständig klar geworden sein, wie die Sache herauskommt. Es dürfte das auch ein Grund dafür sein, dass man die Sache zu vertagen beantragt hat und in dieser Session nicht mehr darauf eingegangen ist. Ich möchte nun zu dieser uns versprochenen Berichterstattung das Wort ergreifen. Ich möchte dem Wunsche Ausdruck verleihen, dass diese Berichterstattung in einer solchen Form erfolge, dass jeder, der sich darum bekümmert und diesen Bericht in die Hände bekommt, sich ein klares, deutliches Bild verschaffen kann, wie einmal die Sache puncto Grundbuchsanlage überhaupt vor sich geht und mit welchen Stempeln, Gebüren und sonstigen Lasten das Land und die Gemeinden, wie auch Realitätenbesitzer mit der Einführung des Grundbuches belastet werden im Vergleiche zum jetzigen, bestehenden Verfachbuche. Das kann alles nach meiner Ansicht in einer Broschüre dargestellt werden, die dann nicht bloß dem Landesausschusse und den Landtagsabgeordneten, sondern auch jeder Gemeindevorstehung, aber auch, wie ich glaube, jedem andern Privaten, der sich dafür interessiert, um die Herstellungskosten zugänglich gemacht werden soll. Das wäre ein großer Vortheil bei den künftigen Berathungen in dieser Angelegenheit. Nur soll die Sache möglichst anschaulich durchgeführt werden. Es wird in dieser wichtigen Angelegenheit ja nicht auf Kosten und Zeit ankommen. Ob für diese Arbeit einige Gulden mehr oder weniger verausgabt werden, oder ob man eine längere oder kürzere Zeit braucht, das ist gleichgiltig. Aber, wie gesagt, die Sache muss recht anschaulich gemacht werden. Es ist oft den Juristen nicht möglich, viel weniger den Bewohnern auf dem Lande draußen, die Sache zu beurtheilen und zu erkennen, wie die Verhältnisse durch Einführung des Grundbuches kommen. 254 XV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session, 7. Periode 1896. Nur das möchte ich noch beifügen, dass, wenn allenfalls in der künftigen Session diese Angelegenheit wieder zur Berathung kommen sollte, dieser aufklärende Bericht rechtzeitig hinausgegeben würde, damit man die ganze Sache sich ordentlich anschauen kann. Martin Thurnher: Ich möchte mir nur ein paar Worte erlauben. Es ist von Seite des Herrn Abg. Dr. Waibel der Vorwurf erhoben worden, der Ausschuss hätte schon eine Woche früher einberufen werden sollen, statt erst 8 Tage nach seiner Wahl, um in Vorberathungssitzungen die Art und Weise des Vorgehens in der ganzen Angelegenheit zu berathen. Ich habe darauf bereits in der ersten Ausschusssitzung, in der Redner denselben Vorwurf vorgebracht hatte, geantwortet und kann jetzt nur dasselbe wiederholen, nämlich, dass die Ausschussmitglieder sich nicht bereit erklärt haben, einer Sitzung früher beizuwohnen, als bis die Drucksachen vorgelegt worden seien, sonst wäre schon am Tage der Constituierung des Ausschusses eine Sitzung anberaumt worden. Das sei nur nebenbei bemerkt. Bezüglich des Antrages der Minorität hab? ich folgende Erklärung abzugeben. Ich für meine Person bin Anhänger des Grundbuches und habe dieser Überzeugung schon Ausdruck gegeben zu einer Zeit, in der ich noch nicht im Landtage war. Ich sehe aber ein, dass es im jetzigen Momente eine Überhastung wäre, in eine Berathung des vorliegenden Gesetzentwurfes sofort einzugehen. Tirol verhandelt schon 4 Jahre mit der Regierung. Es ist aber fraglich, ob die Grundbuchsfrage heuer dort zum endgiltigen Abschlusse kommt. In Tirol liegen die Verhältnisse zudem hinsichtlich der öffentlichen Bücher viel ungünstiger. Dort ist es viel dringender und nothwendiger, dass das Grundbuch eingeführt werde, wenn man nicht eine neue Hypothekar-Erneuerung vornehmen will. Ich finde aber zudem im Anträge des Ausschusses kein Hindernis zu einer raschen Erledigung der Frage. Es wird einfach auf den guten Willen des Landesausschusses ankommen und ich zweifle nicht, dass dieser die Sache energisch in die Hände nehmen und möglichst bald dem h. Hause eine Vorlage unterbreiten wird. Wenn aber im Minoritätsantrage ausgesprochen ist, dass schon dem nächsten Landtage eine Gesetzesvorlage unter allen Umständen unterbreitet werden müsse, so könnten sich denn doch Schwierigkeiten ergeben, die eine Verzögerung unbedingt nothwendig machen würden. Es müsste dann der Landesausschuss beim Zusammentritt des nächsten Landtages erklären: „Obwohl mir vom Landtage der Auftrag gegeben wurde, eine Vorlage auszuarbeiten und einzubringen, so bin ich doch aus diesen und jenen Gründen nicht in der Lage gewesen, diesem Auftrage nachzukommen". Wenn es möglich ist, so wird es der Landesausschuss ohnedies thun; wenn es unmöglich ist, so wird auch die Annahme des Minoritätsantrages daran weder etwas verbessern noch ändern. Darum stimme ich für den Ausschussantrag. Nägele: Ich wende gegen diesen Antrag des Grundbuchs-Ausschusses nichts ein, obwohl er nicht ganz nach meinem Geschmacke ist. Hätte ich einen Antrag stellen müssen, so hätte ich ihn derart gestellt, dass auf die Einführung des Grundbuches nicht früher eingegangen werde, als bis nicht das drückende Gebürengesetz im Interesse des kleinen Bauernstandes und des Schuldners abgeändert worden wäre. Ich fürchte nicht so fast die Schwierigkeiten, welche die Besitzübertragungen mit sich bringen werden, sondern ich fürchte vielmehr die Kosten und Lasten, welche der Schuldner zu tragen hat, wenn er Pfandbriefe ausstellen soll. Darum wäre es besser, dass zuerst das Gebürengesetz abgeändert würde oder dass die Kosten, die bei der Ausfertigung und Eintragung der Pfandurkunden erfordert werden, auf die Capitalien und nicht auf die armen Schuldner übertragen werden. Der kein Geld hat, der soll alles zahlen, während der Capitalist, der das Geld in Überfluss besitzt, von allem frei ist; das ist höchst ungerecht. Darum hätte ich den Antrag anders gestellt. Aber ich werde dem Ausschuss-Antrage dennoch zustimmen, weil vorläufig nichts Anderes und Besseres zu thun möglich ist. Andreas Thurnher: Wenn ich den Herrn Abgeordneten Dr. Waibel richtig verstanden habe, hat er gegen den Bericht des Grundbuch-Ausschusses zunächst den Vorwurf erhoben, dass von seinem XV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. JVL Session der 7. Periode 1896. 255 Minoritätsantrage darin keine Erwähnung geschieht. Mir ist das deshalb aufgefallen, weil er bei der Berathung und Beschlussfassung über den vorliegenden Ausschussantrag gar keinen Einspruch erhoben hat, dass von seinem Minoritätsantrage darin keine Erwähnung gemacht wird. Er hat einfach das Wort gesprochen, er werde einen Gegenantrag einbringen und hat, wenn ich mich recht erinnere, beigefügt, er müsse sich erst noch mit seinen Collegen darüber berathen. Es ist also auch der Inhalt des Minoritätsantrages dem Ausschüsse gar nicht zur Kenntnis gekommen. (Fink: Richtig!) Ich maße mir selbstverständlich kein Urtheil in dieser Angelegenheit zu; denn ich bin Laie in der Sache. Das Eine aber ist mir aufgefallen, dass bei allen Berathungen über das Grundbuch kein Wort erwähnt worden ist von dem besonderen Nutzen, den die verschuldete Bevölkerung daraus ziehen könnte. Es hat auch Herr Abgeordneter Dr. Waibel, der so eifrige Verfechter des Grundbuches, mit keiner Silbe erwähnt, welche Vortheile für die verschuldete Bevölkerung und das Land daraus erwachsen würden. Es sind stets nur die Vortheile des Grundbuches an und für sich hervorgehoben, und als solche von dem Herrn Regierungsvertreter hauptsächlich drei genannt worden: die publica fides, das Realfolium und der Grundbuchsbescheid. Was für Vortheile aber denen, welche verschuldet sind, aus der Einführung des Grundbuches erwachsen, davon ist nichts gesprochen worden. Ich weiß, man wird mir entgegenhalten, dass der Realcredit gesteigert und dass möglicherweise auch der Zinsfuß sich einigermaßen verringern werde. Nun Credit ist, wie mir scheint, so ziemlich genug vorhanden, sonst wäre die Verschuldung im Lande nicht in so ungeheurem Maße gestiegen. Es ist nach meiner Ansicht gar nicht wünschenswert, dass der Credit noch mehr gesteigert werde — (Rufe: Richtig!) und er wird zweifelsohne noch mehr gesteigert durch die Einführung des Grundbuches, und infolge dessen wird auch die Verschuldung immer mehr zunehmen. Darum herrscht in der Bevölkerung die Ansicht, es werde in Bezug auf die Verschuldung keine Abnahme erfolgen, sondern man werde beim Grundbuche nun genau wissen, in Wieweit die Leute noch creditfähig sind, um die Gelder dann um so sicherer anlegen zu. können. Der Hauptvortheil aus dem Grundbuche wird also für die (Kapitalisten und nicht für die verschuldete Bevölkerung erwachsen. Wenn der Herr Abg. Dr. Waibel so sehr drängt und dem GrundbuchsAusschusse schlimme Absichten unterschiebt— warum er das thut, weiß ich nicht —, dann möchte ich ihm doch zu bedenken geben, dass Vorsicht in dieser Angelegenheit sehr geboten erscheint, wenn so gewiegte Juristen und Fachmänner, wie sie im Ausschüsse genannt wurden, selbst erklärt haben, es sei unzweifelhaft, dass dem Lande große Lasten aufgeladen werden, für den Fall als das Grundbuch eingeführt werde. Es herrscht kein Zweifel, dass bei dem kolossalen Wechsel der Besitzverhältnisse infolge der Zerstückelung der Güter und Freitheilbarkeit von Grund und Boden eine große Anzahl von Umschreibungen stattfinden, die auch eine große Summe an Geldbeträgen und viele Mühe erfordern. Diese Lasten und Bürden müssen aber zumeist die verschuldeten Leute tragen und nicht diejenigen, die das Geld hergeben. Darum ist Vorsicht geboten. Wenn Herr Abg. Dr. Waibel darauf besteht, dass da Juristen beigezogen werden, so habe ich selbstverständlich nichts dagegen. Ich möchte aber den Vertrauensmännern auch sagen, dass, wenn sie sich darüber zu erkundigen und allseitig in dieser Angelegenheit zu informieren haben, sie nicht bloß an jene Stellen hingehen, wo das Grundbuch geführt wird, also zu den Grundbuchsführern, sondern auch jene Stellen aufsuchen, welche über die Lasten, die der Bevölkerung in Folge des Grundbuches aufgebürdet werden, genaue Auskunft geben können und das sind die Bürgermeister und Vorsteher der einzelnen Gemeinden. Aber auch im Lande draußen bei der Bevölkerung sollen die Vertrauensmänner Nachfrage halten, was für Lasten in dieser Hinsicht die Leute zu tragen haben, welchen Mühen die Bevölkerung sich dabei zu unterziehen hätte. Aber das muss an Orten geschehen, in welchen die Zerstückelung von Grund und Boden ebensoweit gediehen ist, wie bei uns, und nicht dort, wo das Höferecht noch existiert und die Übertragung von Gütern eine viel geringere ist als hier zu Lande. Wenn bis jetzt zur Lösung dieser Frage keine Juristen beigezogen waren, so steht es dem Landesausschusse frei, solche künftig beizuziehen. Er 2L6 XV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. VI. Session, 7. Periode 1896. wird gewiss nicht ermangeln, zum Zwecke der Information über das Grundbuch tüchtige und fachkundige Leute zu entsenden. Ich glaube indeß dem Herrn Abg. Dr. Waibel gegenwärtig schon die Beruhigung geben zu können, dass jene „Schreckensmänner", die er im Ausschüsse angeführt hat, namentlich der Herr Abg. Nägele und meine Wenigkeit, als Vertrauensmänner ebenso wenig ausgeschickt werden, als es etwa dem Landesausschusse einfallen dürfte, als Fachmann den Herrn Abg. Dr. Waibel zu entsenden. (Große Heiterkeit.) Wenn ferner der Herr Abg. Waibel mit besonderem Nachdrucke hervorgehoben hat, dass verschiedene Mitglieder des h. Hauses, die bereits in früheren Perioden hier thätig waren, sich bedingungsweise schon damals für die Einführung des Grundbuches ausgesprochen haben, so mag das seine Berechtigung haben. Deswegen finde ich aber darin factisch keinen Widerspruch, wenn sie heute für den Ausschussantrag stimmen. Denn zu jener Zeit war die Hypothekar-Erneuerung noch nicht durchgeführt. Ihre Durchführung ist erst später erfolgt und zwar in einer Ari und Weise, die bedeutende Sicherheit für den Realcredit gewährt. Ich glaube, wenn man heute das Volk befragen würde, auch dieses würde sagen, die Hypothekar-Erneuerung gewähre genügende Sicherheit für den Realcredit. Es ist auch von der Haftung des Staates gesprochen worden im Falle durch das Grundbuch ein Schaden für die Parteien erwächst. Das ist gewiss gut und recht. Indessen herrscht unter der Bevölkerung ein gewisses Misstrauen gegenüber einer solchen Haftung. Auch in anderer Beziehung kommt es ja vor, dass der Staat haftet. Meine Herren, wenn ein Process entsteht zwischen dem Staate und den Privaten, wer Recht habe, und die Ursache dieses Processes in einer Schädigung eines Privaten liegt, so muss man wohl bedenken, dass der Staat eine weit größere Kraft besitzt, den Process auszuhalten und durchzufechten, als der betreffende Private. Darum darf man sich