18960125_lts010

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Letzte Änderung 03.07.2021, 11:33
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp07,lts1896,lt1896,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 10. Sitzung am 25. Januar 1896, unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 20 Abgeordnete. Abwesend der Herr Abgeordnete Greußing Regierungsvertreter: Herr Hofrath Graf St. Julien-Wallsee. Beginn der Sitzung 10 Uhr 15 Min. Vormittags. Landeshauptmann: Die Sitzung ist eröffnet und ich ersuche das Protokoll der gestrigen Sitzung zu verlesen. (Sekretär verliest dasselbe.) Landeshauptmann: Wird von irgend einer Seite gegen die Fassung des Protokolles eine Einwendung erhoben? Dr. Waibel: Ich bitte um das Wort. Ich möchte nur constatieren, dass im Protokolle nicht angeführt erscheint, dass ich die Bemerkungen, die ich zu Z 6 zu den den Punkten a und s gemacht habe, in dem Sinne meiner Auffassung aufrecht erhalten habe. Zu der Fassung des Protokolles möchte ich constatiert haben, dass bei diesen zwei Punkten a und f getrennte Abstimmung verlangt wurde. Den anderen Punkten habe ich meine Zustimmung auch gegeben, diesen beiden aber nicht und deshalb bin ich bei der Abstimmung sitzen geblieben. Ich möchte nur constatieren, dass mein Sitzenbleiben in dem Sinne der Zustimmung zu § 6, litt, b—e nicht aber zu litt, a und f geschehen ist. Landeshauptmann: Wünschen Herr Doctor eine diesbezügliche Abänderung des Protokolles? Dr. Waibel: Wenn diese Richtigstellung im stenographischen Protokolle Aufnahme findet, so bin ich damit zufrieden. Landeshauptmann: Ich bitte um Entschuldigung, dass dies hier übersehen worden ist. Wenn keine weitere Bemerkung mehr erfolgt, so betrachte ich das Protokoll als genehmiget. 142 X. Sitzung des vorarlberger Landtags. VI. Session, 7. Periode 1896. Es ist mir ein Einlaufstück zugekommen, dämlich eine Petition der Gemeinde Gaschurn um Unterstützung aus Landesmitteln anlässlich des drohenden Bergsturzes in Parthenen — überreicht durch den Herrn Abgeordneten Schapler. In Anbetracht der' Wichtigkeit dieses Gegenstandes ersuche ich diese Eingabe zu verlesen. (Sekretär verliest dieselbe.) Martin Thurnher: Ich beantrage für diesen -Gegenstand die dringliche Behandlung und die Zuweisung desselben an den volkswirtschaftlichen Ausschuss. Landeshauptmann: Es ist für diesen Gegenstand die dringliche Behandlung und in formeller Beziehung die Zuweisung an den volkswirtschaftlichen Ausschuss beantragt. Wenn diesbezüglich keine Einwendung erfolgt, so betrachte ich beide Anträge als angenommen. Wir kommen nun zur Tagesordnung. Auf derselben stehen als erster Gegenstand die Voranschläge des Landesfondes und des Landes-Culturfondes pro 1896. Ich erwarte über die formelle Behandlung dieses Gegenstandes einen Antrag. Welte: Ich beantrage die Zuweisung dieses Gegenstandes zur Vorberathung und Berichterstattung an den Finanz-Ausschuss. Landeshauptmann: Es ist für diesen Gegenstand die Zuweisung an den Finanz-Ausschuss beantragt. Wenn dagegen keine Einwendung erhoben wird so nehme ich an, dass die Herren diesem Anträge zustimmen. Die Zustimmung ist gegeben und ich werde diesen Gegenstand dem Finanz-Ausschusse überweisen. Der zweite Gegenstand der Tagesordnung ist die Eingabe des Vorarlberger FischereiVereines wegen Aufnahme der FischereiWirthschaftslehre als Gegenstand des "Lehrplanes an Lehrerbildungsanstalten. Ich erwarte über die formelle Behandlung dieses Gegenstandes einen Antrag. Johann Thurnher: Ich bitte um das Wort. "Der Herr Vorsitzende erwartet aus der Mitte des hohen Hauses einen Antrag über die formelle Behandlung dieses Gegenstandes. Der Gegenstand selbst ist im hohen Hause durch Verlesung nicht zur Kenntnis gebracht worden, er ist als Zuweisung des Landes - Ausschusses an den hohen Landtag gelangt, ohne dass Zeit war, dass die Mitglieder des Landes-Ausschusses vom Inhalte der Petition Kenntnis nehmen konnten. Um nämlich diesen und mehrere andere Gegenstände von Seite des Landes-Ausschusses so rasch als möglich an den Landtag zu bringen, hat der Herr Landeshauptmann den in der Geschäftsordnung vorgesehenen kurzen Currendalweg eingeschlagen und beantragt, dass unter Zustimmung der Mitglieder des LandesAusschusses diese Petition an den Landtag zur weiteren Behandlung gelange. In jenem Momente, in welchem dieser Vorschlag an sämmtliche zufällig im volkswirtschaftlichen Ausschüsse gegenwärtig gewesenen Landes - Ausschussmitglieder gelangte, war man mitten in der meritonschen Berathung anderer Gegenstände drinnen und hat sich nicht Zeit genommen, diese etwas weitläufige Petition des Fischerei-Vereines anzusehen. Dieselbe gipfelt in der Bitte, der hohe Landtag möge sich dafür verwenden, dass die Wirthschaftslehre über das Fischereiwesen einen obligaten Lehrgegenstand in Lehrerbildungsanstalten bilden soll. So wohlwollend man auch diesem Gegenstände gegenübersteht und so sehr ich dafür bin, dass im LandesAusschusse und auch im Landesschulrathe über diesen Gegenstand Erörterungen gepflogen werden und dabei darauf gesehen werde, ob da überhaupt etwas zu machen ist, so glaube ich, dass sich dieser Gegenstand nicht zur Behandlung im Landtage eignet. Zunächst aus Principellen Gründen nicht, denn das, was der Fischerei-Verein will, geht uns theils nichts an, wir sollen nur befürworten, dass die Regierung in dieser Beziehung etwas thue, und anderntheils liegt es gar nicht in unserer Competenz in den Lehrplan der Unterrichtsanstalten einzugreifen. Dieser wird auf Grund der bestehenden Gesetze von der hohen Unterrichtsverwaltung festgesetzt. Ich muss sagen, wenn es sich bloß um einen neuen Gegenstand handeln würde von weniger Bedeutung, so würde ich mich dahin aussprechen, dass ich in keinem Falle dafür sein könnte, dass an Lehrerbildungsanstalten noch mehr Gegenstände eingeführt werden. Denn auch bei Lehrerbildungsanstalten ist es ähnlich, wie in den X. Sitzung des Vorarlberger Landtags. VI. Session, 7. Periode 1896. 143 Volksschulen, denn die jungen Leute werden in so vielen Gegenständen unterrichtet, dass es einer großen Zahl derselben nicht möglich ist, von Allem, was ihnen vorgetragen wird, etwas gründlich zu erlernen. Der Gegenstand aber, der hier vorgebracht wird, ist viel nützlicher, als manche andere Gegenstände, welche an Lehrer-Bildungsanstalten unter den jetzigen Verhältnissen tradiert werden und deshalb wäre ich sehr dafür, dass dieser Gegenstand in der berufenen Körperschaft, nämlich im Landes-Schulrathe wohl erwogen werde. Nachdem wir principiell bisher die Haltung eingenommen haben, uns jeden Einflusses an einer gesetzgeberischen Action auf Abänderung im Schulwesen zu enthalten, und so lange dieses Princip nicht geändert wird, so schließt dasselbe bei allem Wohlwollen, das wir diesem Gegenstände entgegen bringen die Behandlung desselben im Landtage aus. Ich stelle deshalb keinen Antrag, dass dieser Gegenstand irgend einem Ausschüsse zugewiesen werde und ich hoffe auch, dass aus der Mitte des hohen Hauses kein diesbezüglicher Antrag gestellt wird und wenn einer gestellt würde, dass die Mehrheit dieses hohen Hauses einem solchen Anträge nicht beistimmt. Sie werden aber fragen, was geschieht dann mit diesem Gegenstände. Das ist eine ganz einfache Sache. Wenn dieser Gegenstand im Landtage nicht berathen wird, so wird vielleicht der Landes-Ausschuss und der LandesSchulrath sich damit beschäftigen. Ich glaube, dieser Gegenstand wäre auch ohne diese Erläuterung keinem Ausschüsse zugewiesen worden, aber bei der Anerkennung, welche wir dem Streben des Fischerei-Vereines zollen, glaubte ich doch diese kurze Erklärung dem Landtage und auch der Öffentlichkeit schuldig zu sein. Fink: Ich bitte um das Wort. Ich bin mit der Anschauung des Herrn Vorredners bis auf einen einzigen Punkt ganz einverstanden. Dieser Punkt ist nämlich der, dass er gesagt hat, es soll dieser Gegenstand im Landesausschusse und im Landesschulrathe einer eingehenden Würdigung unterzogen werden. Ich glaube, dass aus den gleichen Gründen, aus denen der Landtag diesen Gegenstand nicht behandeln soll, welche vom Herrn Vorredner richtig angeführt worden sind, auch der Landesausschuss und der Landesschulrath nicht in eine eingehende Berathung und Behandlung eingehen soll. Johann Thurnher: So weitgehend habe ich allerdings meinen Antrag nicht verstanden. Ich glaube, dass wir, wenn wir keinen Auftrag vom Landtage haben und dieser Gegenstand dem Landtage nicht zugewiesen wird, nichts desto weniger die Sache soweit berathen sollen, ob dieser Gegenstand einfach liegen bleiben und in den Acten des Landesausschusses begraben werden soll, oder ob derselbe dem Fischereivereine wieder zurückgestellt, oder an. den Landesschulrath geleitet werden soll. In allen diesen Fragen habe ich den Landesausschuss in keiner Weise präjudicieren wollen. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? — Nachdem dies nicht der Fall ist, ist dieser Gegenstand erlediget. Der dritte Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des volkswirtschaftlichen. Ausschusses über das Gesuch der Gemeinden Klösterle, Lech und Warth-Hochkrumbach betreffend Aufnahme eines Detailprojectes zum Neubaue einer Straße vom Flexenpaß bis an die im St.-D. der Gemeinde Steeg gelegene Grenze von Tirol mit Deckung der Kosten aus Landesmitteln. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Schapler den Antrag zu verlesen. Schapler: In dieser Angelegenheit stellt der volkswirtschaftliche Ausschuss folgenden Antrag: (Liest den Antrag aus Beilage XXXIV.) Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag die Debatte. Andreas Thurnher: Ich möchte mir zu diesemAnträge eine Abänderung zu beantragen erlauben. Es hat auf mich, als ich diesen Antrag gelesen, habe, den Eindruck gemacht, als ob der hohe Landtag sich dahin einigen wolle, dass wieder eine andere Arbeit in Angriff genommen und die Fortsetzung der Flexenstraße bis an die Landesgrenze verschoben wird. Ich glaube, es wäre niemals an den Landtag, eine Bitte gekommen zum Baue einer Straße über den Flexen nach Lech, wenn es sich nicht darum gehandelt hätte, die leidigen Lawinengefahren 144 X. Sitzung des Vorarlberger Landtags, VI. Session, 7. Periode 1896. zu beseitigen, welche die bisherige Straße bietet. Gerade in den letzten Jahren hat man ja schreckliche Beweise gewonnen, wie gefahrvoll es ist, im Winter Diesen Weg zu passieren. Innerhalb zehn Jahren ist es zweimal vorgekommen, dass Menschenleben entweder zu Grunde gegangen sind oder wenigstens in höchster Gefahr sich befunden haben. Nicht weniger als 27 Stunden lag ein Mann unter der Lawine lebendig begraben und Hunderte von Händen mussten diese ganze Zeit in angestrengter Arbeit und mit eigener Lebensgefahr thätig sein, ehe es ihnen gelang, den Verunglückten aus seinem entsetzlichen Grabe zu befreien. Ein Anderer wurde gleichfalls in die Tiefe geschleudert, nämlich der Bruder des gegenwärtigen Vorstehers in Lech und der ist todt geblieben. Aber nicht bloß Menschenleben sind auf diesem Wege gefährdet, sondern es gehen bei solchen Unglücksfällen auch sehr große Kosten auf. In beiden Fällen wurden viele Männer des Klosterthales aufgeboten, im letzten Falle wurden sogar auch die .Feuerwehren des ganzen Thales zu Hilfe gerufen, welche mehrere Tage arbeiten mussten, um den unter die Lawine Gekommenen herauszufinden. Und das verursachte große Kosten. Die Leute können doch nicht arbeiten, ohne dass sie auch etwas zum Leben haben. Es müssen auch Lebensmittel herbeigeschafft werden. Ähnlich verhält es sich auch mit der Fortsetzung der Straße vom Flexen nach Lech. So groß ist allerdings die Gefahr dort nicht, wenigstens hat man seit denkbaren Zeiten nicht gehört, dass dort ein Unglücksfall vorgekommen wäre. Schlimmer aber steht es zwischen Lech und Warth. Dort sind einige Stellen, die außerordentlich lawinengefährlich sind und zwar größere Stellen. Wenn es sich nur um den Weg handeln würde und um die Verbesserung desselben, dann wäre ich selber der Ansicht, dass im Lande noch dringendere Bedürfnisse vorhanden sind, denen man entsprechen muss. Im Sommer kann man schon fahren, aber im Winter kann man sozusagen wochenweise den Weg nicht passieren, und die Leute haben um sich zu schützen kein anderes Mittel, als einfach zu Hause zu bleiben. Lech ist zwar nur eine halbe Stunde von Warth entfernt, aber infolge von starken Schneefällen können die Bewohner dieser beiden Gemeinden im Winter oft lange Zeit nicht miteinander verkehren. Damit nun dieser Zustand beseitiget werde, ist das in Rede stehende Gesuch von diesen Gemeinden eingereicht worden, und ich möchte zu dem vom volkswirthschaftlichen Ausschüsse gestellten Anträge einen Zusatz beantragen. Es handelt sich nämlich nicht um den Weg allein, sondern es handelt sich vor allem auch um die Beseitigung der Gefahren. Allerdings haben die Leute sich in diesen Zustand, der nicht mehr menschenwürdig ist, schon hineingelebt, sie sind so auferzogen worden in dem Bewusstsein, dass man, wenn man in Warth oder Lech ist, im Winter zu Hause bleiben und auf den Verkehr mit anderen Leuten verzichten muss. Aber das ist kein richtiger Zustand. Darum möchte ich mir erlauben, diesbezüglich, um die Sache etwas dringlicher darzustellen, zu beantragen, dass im vorliegenden Anträge nach dem Worte „Landes" eingeschaltet werde, , , soweit immer möglich noch in diesem Jahre zu entsprechen". Ich möchte dies auch mit Rücksicht auf den Umstand thun, weil der Landtag von Tirol bereits die Erlaubnis gegeben hat zur Aufnahme eines Detailprojectes zur Fortsetzung der Straße von Steeg bis an die Landesgrenze und es würde sich daher empfehlen, auch in Vorarlberg die Sache in die Hand zu nehmen und an die Fortsetzung des Weges zu denken, damit derselbe auf beiden Seiten gleichzeitig erstellt wird. Es handelt sich aber auch noch um einen weiteren Neben umstand. Die Bewohner von Warth suchen ihre Lebensbedürfnisse bei den Vorarlberger Geschäftsleuten und nicht bei den Tirolern zu decken; würde aber der Weg auf unserer Seite nicht gleichzeitig mit jenem von Tirol her erstellt, so würde die Bevölkerung in Warth wenigstens zur Winterszeit, sich genöthiget sehen, mit den Geschäftstheilen des Lechthales in Verkehr zu treten. Bei dieser Gelegenheit muss ich noch meine volle Anerkennung aussprechen, dass der hohe Landtag den Bewohnern von Lech und Warth in so außerordentlicher Weise entgegengekommen ist. Das Land wird finden, dass die Bewohner des Tannberges außerordentlich dankbar dafür sind. Es ist die Erstellung dieser Straße auch ein schönes Werk, insoferne, dass nicht nur der gegenwärtige missliche Zustand beseitiget wird, sondern dass dasselbe auch für das technische Auge schön zu besehen ist. Ich bitte darum nochmals das hohe Haus, meinem Anträge die Zustimmung zu geben. X. Sitzung des Vorarlberger Landtags. VI. Zession, 7. Periode 1896. 145 Martin Thurnher: Der hohe Landtag hat im vorigen Jahre in außerordentlich vorsorgender Weise mit Gewährung von bedeutenden Landesmitteln die Flexenstraße in Angriff genommen und das Land und die hohe Regierung haben in gleicher Weise ihre Mitwirkung hiezu bereits gewährt. Es ist sicher, dass mit dem Baue der Flexenstraße noch nicht Alles beendigt ist, was da droben veranstaltet werden soll. Die Fortsetzung der Straße bis an die Landesgrenze ist sehr nothwendig, aber das Land allein wird nicht in der Lage sein die Kosten für die Fortsetzung dieser Straße aufzubringen, wenn es nicht zu einer Erhöhung der Umlagen oder zum Schuldenmachen greift, denn von den sehr armen Gemeinden, welche an dieser Straße interessiert sind, wird nur ein sehr geringfügiger, im Verhältnisse zu den erwachsenden Kosten verschwindend kleiner Beitrag aufgebracht werden können. In erster Linie wird es nothwendig sein, die weitere Mitwirkung des Staates für den weiteren Bau der Straße zu gewinnen. Selbstverständlich ist es aber nothwendig, dass voraus einige Erhebungen gepflogen werden. Es können aber die Verhandlungen mit der Regierung auch dann eingeleitet werden, wenn nicht gerade ein Detailproject, sondern nur ein generelles Project verfaßt wird. So weit es möglich ist, wird der Landes-Ausschuß und die Landes-Verwaltung sehr gerne bereit sein, soweit immer möglich und ohne die anderen Theile des Landes, ich möchte sagen, nicht vollständig zu ignorieren, alles aufzubieten, um die Fortsetzung des Baues dieser Straße zu ermöglichen. Auch wenn dieses Gesuch gar nicht an den Landtag gekommen wäre, so habe ich doch die Überzeugung, dass zur Vollendung dieses Werkes gewiss nichts versäumt worden wäre. Es wird in erster Linie bei der Ausführung davon abhängen ob und wie rasch die Arbeit in Angriff genommen wird, welche Stellung der Staat gegenüber dieser Frage einnimmt und in welchem Tempo er die Subventionen gewähren wird. Mit dem Anträge des Herrn Pfarrers Thurnher, dass im Anträge des volkswirtschaftlichen Ausschusses nach dem Worte „Landes" eingesetzt wird „soweit immer möglich noch in diesem Jahre zu entsprechen" bin ich einverstanden, es wird aber jedenfalls nur dasjenige geschehen können, was unter den gegebenen Verhältnissen möglich ist, nämlich, dass einerseits die anderen Theile des Landes nicht auf die Seite gesetzt werden und anderntheils die Staatshilfe sicher gestellt ist, da das Land nicht in der Lage wäre allein die Lasten dieses Baues auf sich zu nehmen. Fritz: Ich kann nur bestätigen, was der Herr Abgeordnete Pfarrer Thurnher bezüglich dieses Gegenstandes gesagt hat. Ich bin in dieser Gegend auch bekannt und dort ebenfalls in Lebensgefahr gekommen. Wir haben es mit einer Nothlage zu thun, welcher sobald als möglich abzuhelfen gewiss nur billig und recht ist und deshalb stimme ich dem Anträge des Herrn Pfarrers Thurnher vollkommen bei. Landeshauptmann: Nach der Geschäftsordnung ist es mir zwar nicht gestattet von dieser Stelle aus in die Debatte einzugreifen, ich hoffe aber, dass das hohe Haus nichts dagegen haben wird, wenn ich ein paar Bemerkungen mache. Ich muss constatieren, dass der Landes-Ausschuss der Frage der Verlängerung der FlexenStraße schon ein volles Jahr seine regste Aufmerksamkeit geschenkt hat. Er hat in einer Sitzung vom August d. I. beschlossen, sich aus eigener Initiative an die k. k. Statthalterei zu wenden und hat eine Art Straßen-Programm in Vorlage gebracht, in welchem sich als erster Punkt die Verlängerung der Flexenstraße vom Flexenpaß bis zur Landesgrenze befand. Eine Erledigung über diese Eingabe des Landes-Ausschusses ist bis dato seitens der k. k. Statthalterei nicht eingetroffen, aber nach den Beschlüssen des Tiroler Landtages, welcher auch ein Straßen-Programm mit der k. k. Statthalterei vereinbart hat, zu urtheilen, scheint die Verlängerung dieser Straße auf günstigen Boden gefallen zu sein und dürfte vielleicht schneller realisiert werden, als ursprünglich vermuthet wurde. Was die Ausführung dieses Projektes anbelangt, so glaube ich, dass schon im Verlaufe des heurigen Sommers vom Herrn Landescultur-Ingenieur an einem oder dem anderen Tage Zeit gefunden werden wird ein generelles Projekt abzufassen. Er hat den größten Theil des Sommers voraussichtlich wieder den Bau der Flexenstraße zu controlieren, es wäre aber immerhin möglich, dass er einen oder den anderen Tag frei hat, an welchem es X. Sitzung des Vorarlberger Landtags. VI. Session. 7. Periode 1896. nicht der Mühe wert wäre, wieder nach Bregenz zurückzukehren und er daher in die Lage käme, seine Aufnahme für ein generelles Project, dessen Vollendung dann im Winter in der Kanzlei gemacht werden könnte, vorzunehmen. Ich glaube, der Antrag des Herrn Pfarrers Thurnher wird nur günstig auf den Landesausschuss einwirken, dass er das, was er im Sinne hat durchzuführen, um so kräftiger durchführen wird. Wünscht noch Jemand das Won? — Da dies nicht der Fall ist, so ist die Debatte geschlossen. Hat der Herr Berichterstatter noch etwas zu bemerken? Schapler: Nein. Nachdem ein wesentlicher Abänderungsantrag nicht vorliegt, so habe ich nichts weiter zu sagen. Landeshauptmann: Ich schreite nun zur Abstimmung und zwar zunächst über den AbänderungsAntrag des Herrn Pfarrer Thurnher. Nach diesem Anträge hätte der Ausschuss-Antrag in seiner Gesammtheit zu lauten: „Der Landes-Ausschuss wird ermächtigt, dem Ansuchen der Gemeinden Klösterle, Lech und Warth Hochkrumbach zur Aufnahme eines Straßenprojectes vom Flexenpass bis an die Landgrenze auf Kosten des Landes soweit immer möglich noch in diesem Jahre zu entsprechen, als dadurch nicht andere, nothwendige technische Arbeiten eine Verzögerung erleidend Ich ersuche jene Herren, welche diesem Anträge beistimmen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Einstimmig angenommen, somit entfällt die Abstimmung über den Ausschuss-Antrag. Nun kommen wir zum vierten Gegenstände der Tagesordnung, nämlich zum Berichte des volkswirtschaftlichen Ausschusses über das Gesuch des katholischen Bauernvereines in Montavon um eine Subvention aus Landesmitteln zur Einführung und Fortzucht der rassereinen Saanenziegen. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Johann Thurnher das Wort zu nehmen. Johannes Thurnher: Montavon ist in früherer Zeit eine sehr gute Bezugsquelle für Rinder gewesen, für einen großen Theil der österreichischen Monarchie und ich glaube auch für Deutschland, ich weiß aber nicht, ob es diesen Ruf heute auch noch geniest. (Martin Thurnher: Gewiß!) Ich habe auch schon gehört, dass in Montavon nicht mehr so sehr auf Rassenreinheit gesehen wird, sondern dass vielfach billige und leichte Tirolerkühe bezogen werden. Das wäre für das weitere Gedeihen dcrMontavoner Viehzucht jedenfalls nicht günstig. Dass aber in Montavon Sinn für rassenreine Zucht herrscht, das bezeugt neuerdings das Bestreben des Montavoner Bauernvereines nach Einführung einer ihm bekannt gewordenen vorzüglichen Ziegenrasse. Der Verein hat nach den dem Gesuche beigelegten Correspondenzen sich schon seit dem Jahre 1894 mit dieser Frage beschäftiget und dem Gesuche Briefe beigelegt vom Vorstande des landwirtschaftlichen Vereines in Schluckenau - Hainspach, von G. Imobergsteg, Lehrer in Oberwyl; vorn Professor E. Heß an der Thierarzneischule in Bern; von Samuel Würsten in Saanen und von Dr. Pusch, Professor in Dresden, aus welchen Briefen ein ganz kurzer Auszug dem gegenwärtigen Berichte beigegeben ist, damit nicht bloß das Thal Montavon, sondern ebenfalls auch andere Thäler im Lande, in welchen Ziegen gezüchtet und gehalten werden, von dieser Vorarbeit Nutzen ziehen können. Der volkswirtschaftliche Ausschuss war der Meinung, wenn er schon dem Bauernvereine in Montavon eine solche Subvention, wie er sie in Antrag bringt, gibt, dass er die Sache so gestalten soll, dass sie nicht bloß dem Thale Montavon — allerdings zunächst diesem — sondern auch anderen Landestheilen zugute kommen könnte. Das Thal Montavon ist [mit dem angeblichen Stande von 2000 Ziegen gewiss ein sehr ergiebiges Versuchsfeld für die Einführung der Saanenziegen, welchen ganz vorzügliche Eigenschaften nachgerühmt werden. Wenn die im Berichte zuerst angeführte Eigenschaft dieser Ziege, nämlich die schöne Körperform dadurch bedingt ist, dass das Thier fleischreicher ist, dann hat auch diese Eigenschaft einen praktischen Nutzen. Weiter wird dieser Ziege die große Anspruchslosigkeit nachgerühmt. Das ist eine ganz vorzügliche Eigenschaft, zumal das Thier in einer gebirgigen Gegend gehalten wird, wo der Winter lang ist und man das Thier im Frühjahr und Herbst bei karger Weide austreiben muss. Als X. Sitzung des Vorarlberger Landtags. 1. Session, 7. Periode 1896. 147 dritte Eigenschaft ist angeführt die große Widerstandsfähigkeit, eine Eigenschaft, die man sehr wohl braucht und wenn damit auch noch eine größere Milch-Ergiebigkeit verbunden ist, so ist das die Hauptsache. Es empfiehlt sich daher den strebsamen Montavoner Bauernverein in dieser Beziehung von Seite des Landes mit der erbetenen Subvention zu unterstützen und die im Berichte näher angeführte Vorschrift zu geben, in welcher Weise er vorzugehen und dem Lande Rechenschaft zu geben hat. Ich erhebe im Namen des volkswirtschaftlichen Ausschusses folgenden Antrag. (Liest den Antrag aus Beil. XXXIII.) Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag die Debatte. Dr. Waibel: Meines Wissens ist dieses das zweite Mal, dass der katholische Bauernverein von Montavon petitioniert. Wenn man den Titel dieses Berichtes anschaut, so möchte man glauben, dass Montavon paritätisch sei. Ich war in Montavon längere Zeit als praktischer Arzt und habe die Bevölerung des ganzen Thales kennen gelernt. Meines Erinnerns waren aber damals lauter Katholiken in Montavon. Ich rechnete mich auch dazu. ' Es hat das nichts zu sagen, ich bemerke das nur nebenbei. Es hat -auch nichts Bedenkliches an sich, dass durch diese katholische Gesellschaft Ziegen aus einer ganz reformierten Gegend eingeführt werden wollten. (Heiterkeit.) Warum ich eigentlich das Wort ergriffen habe, ist folgendes. Wir stehen hier vor einem landwirtschaftlichen Versuche, der alle Beachtung verdient und ich ersehe hier aus dem Berichte, dass hier von einer großen Anzahl Stellen Auskünfte eingeholt worden find, und zwar a) vom Vorstande des landwirtschaftlichen Vereines in Schluckenau-Hainspach, b) vom Lehrer Imobergsteg in Oberwyl, o) von Professor Heß in Bern, d) von Samuel Würsten in Saanen, e) vom Gleichen und f) von Professor Dr. Pusch in Dresden, ich vermisse aber die Auskunft von einer Stelle, die doch sehr nahe liegt, und auf deren Gutachten wir in solchen Dingen das größte Gewicht zu legen hätten. Das ist nämlich die offizielle Körperschaft des landwirtschaftlichen Vereines von Vorarlberg. Ich hätte doch gedacht, dass man die Vorstehung dieses Vereines, in dieser Frage um ein Gutachten ansprechen soll. Es würde das einer sicheren Erörterung dieser Frage nur dienlich gewesen sein. Das könnte nach meiner Ansicht auch jetzt noch geschehen. Wir werden jedenfalls noch in der Woche, möglicherweise auch noch in den nächsten Tagen der darauf folgenden Woche versammelt sein. Der Sitz des landwirtschaftlichen Vereines ist in Bregenz und es würde nur ein paar Tage Zeit kosten, um dieses Gutachten erhalten zu können. Ich halte es in dieser Erwägung ganz am Platze den Antrag zu stellen, es wolle das Gutachten des landwirtschaftlichen Vereines in dieser Frage eingeholt und nach dessen Eintreffen die Schlußberahtung über diesen Gegenstand eingeleitet werden. Es wäre das eine Vertagung dieser Berathung bis zum Eintreffen des Gutachtens des landwirtschaftlichen Vereines. Landeshauptmann: Wünscht Jemand das Wort? — Rudigier: Der Antrag des geehrten Herrn Vorredners, dass zuerst das Gutachten des im im Lande bestehenden landwirtschaftlichen Vereines eingeholt werden soll, geht zum mindesten auf Verschleppung hinaus. Ich halte das nicht für nothwendig. Es wäre recht gewesen, wenn es geschehen wäre, aber für nothwendig halte ich es gerade nicht. Herr Dr. Waibel hat jedenfalls in sehr humorvoller Weise sich über den katholischen Bauernverein ausgesprochen und das rechne ich ihm auch gar nicht zur Unehre, ich glaube aber, der Grund, warum er ein Bischen disgustiert ist, liegt im Worte „katholisch". (Dr. Waibel: Ich bin nicht disgustiert, ich bin nur heiter angelegt.) Ich kann nur constatieren, dass ich und ein großer Theil dieses Hauses nicht unangenehm berührt sind, wenn wir vor dem Worte „Bauernverein von Montavon" das Wort „katholisch" lesen. Der katholische Bauernverein von Montavon hat sich während der ganzen Dauer seines Bestandes sehr große Verdienste erworben und zwar in Bezug auf Hebung der Landwirtschaft und Viehzucht, er hat sich weiter auch bedeutende Kosten auserlegt, um Obstbauzüchter heranzubilden, allerdings 148 X. Sitzung des Vorarlberger Landtags. VI. Session, 7. Periode 1896. unter gütiger Mitwirkung des Landes-Ausschusses und Landtages. Es geschieht seit einigen Jahren sehr viel zur Veredlung unseres Obstbaues, ich sage unseres Obstbaues, weil ich ein Montavoner bin und für die Montavoner eintrete. Weiters hat der katholische Bauernverein in Montavon eine bedeutende Quantität Kunstdünger aus dem Auslande bezogen und mit diesem bisher unbekannten Artikel Versuche zur vollen Befriedigung des Thales angestellt. Das geht zwar nicht unmittelbar vom katholischen Bauernverein aus, aber doch war es dieser Verein, der die Anregung dazu gegeben hat, dass sich ein Consortium zusammenthat zum gemeinsamen Bezüge von Lebensmitteln. Wir müssen Alles begrüßen, was die arme Bevölkerung im Lande materiell und geistig zu heben im Stande ist. Auch für die geistige Hebung des Volkes wird in vielen Versammlungen durch Vorträge, welche gehalten werden, gesorgt und darum begrüße ich es auch, dass der katholische Bauernverein in Montavon sich gleichsam als geborenen Repräsentanten, als geborenen Anwalt für die Bedürfnisse seines Thales erachtet und an den hohen Landtag mit einer derartigen Petition herantritt, um in volkswirtschaftlicher Beziehung ein sehr wichtiges Element zu importieren, wenn es auch aus der reformierten Schweiz geschieht. Es ist ja im Interesse der Schmalviehzucht geschehen, dort spricht man nicht von Parität oder Disparität, dort ist Alles gleicher Gesinnung und darum begrüße ich Alles, was der Montavoner Bauernverein ausführt. Es kann dies nicht bloß dem Thale Montavon, sondern dem ganzen Lande zustatten kommen und deshalb ersuche ich um einstimmige Annahme des Antrages. Fink: Ich bin auch dafür, dass der Antrag so angenommen wird, wie er vom volkswirtschaftlichen Ausschüsse gestellt worden ist, nicht etwa deswegen, weil ich gegen den Vorarlberger Landwirtschaftsverein in dieser Beziehung ein Mistrauen hege, sondern vielmehr deshalb, weil wir uns doch sagen müssen, die ganze Angelegenheit ist vorläufig doch nur ein Versuch. Man hat überhaupt schon viele Informationen eingeholt, wie Herr Antragsteller Johannes Thurnher bereits hervorgehoben hat, und wir werden auch nicht mit großer Zuversicht sagen können, dass der Landwirtschaftsverein hierin eine größere Autorität hätte als diejenigen, die den Versuch selbst schon gemacht haben. Ich glaube daher, dass es nicht nothwendig sei, vom Vorarlberger LandwirtschaftsVereine ein Gutachten einzuholen. Ich halte es auch noch darum für unnothwendig, weil wir ja erfahren haben, dass trotz aller Verdienste, die der Vorarlberger Landwirtschaftsverein und die Vorarlberger Landwirtschaft aufzuweisen haben, es doch vorgekommen ist, dass berechtigten Wünschen dev Bevölkerung nnd des Landtages nicht entsprochen worden ist. Ich verweise nur auf den im Vorjahre vom Vorarlberger Landtage mit großer Majorität angenommenen Beschluss betr. Theilung, des Thierschaubezirkes Feldkirch—Dornbirn. (Rudigier: Sehr richtig!) Ich will ferner auch hier im h. Hause folgendes anführen, damit der Vorarlberger Landwirtschaflsverein, wenn er das hört, sich wehren kann. Es ist nämlich das Gerücht verbreitet worden, dass der Landwirtschaftsverein im Herbste des Jahres 1895 sich dagegen ausgesprochen hat, dass aus der Schweiz Zuchtkälber eingeführt werben. (Rufe: Oho!) Ich sage nur, es ist ein Gerücht; ich zweifle, ob demselben eine Thatsache zugrunde liegt. Aber das habe ich erfahren, dass in den verschiedenen. Theilen des Landes dieses Gerücht verbreitet ist. Wenn dieses wahr ist, so müssten wir uns doch auch sagen, dass das dem Willen der Bevölkerung nicht entsprochen hätte. (Rudigier: Sehr wahr!) Ich will damit nicht behaupten, dass der Landwirtschaftsverein, wenn er dagegen Stellung, genommen hat, keinen Grund hiefür gehabt haben wird, aber dem Willen und Wunsche der Bevölkerung ist nicht entsprochen worden. Ich glaube denn doch, dass wir hier im Landtage den dringenden Wünschen der Bevölkerung, die wir hier doch anerkennen müssen, zum Ausdrucke verhelfen sollen. Aus diesen Gründen ist es wohl gerechtfertigt, diesen Gegenstand so zum Beschlusse zu erheben, wie ihn der volkswirtschaftliche Ausschuss, uns vorgeschlagen hat. Dr. Waibel: Die Ausführungen, die ich eben gehört habe, sind nicht imstande, in mir eine Änderung der Gesinnung hervorzubringen. Ich bin der Ansicht, dass es nicht bloß rathsam gewesen X. Sitzung des Vorarlberger Landtags. VI. Session, 7. Periode 1896 14fr wäre, die officielle, fachliche Körperschaft, nämlich den Landwirtschaftsverein für Vorarlberg in dieser Angelegenheit zu befragen, sondern dass es sogar auch schicklich gewesen wäre. In solchen Dingen sollte eine Körperschaft, wie der Landtag ist, ein gutes Exempel geben. Es sollte dieser Körperschaft die Ehre erwiesen werden, welche ihr gebührt, nachdem sie eine so große Vertrauensstellung im Lande entnimmt. Der Umstand, dass z. B. einem Wunsche, den Herr Abg. Fink hier ausgesprochen hat, vom Landwirtschaftsvereine einmal nicht entsprochen worden ist, hat in dieser Angelegenheit nichts zu sagen. Diesem Wunsche konnte vielleicht damals aus wohlerwogenen Gründen nicht entsprochen worden sein. Ein anderes Mal, wenn die Erfahrung zeigt, dass er berechtiget ist, wird er die Erfüllung gewiss finden. Wenn wir das Gutachten des landwirtschaftlichen Vereines vor uns haben, sind wir daran ja nicht gebunden. Wir sehen dasselbe an, denken darüber nach, und wenn das Gutachten derart beschaffen ist, dass wir glauben, den Anschauungen dieser Körperschaft nicht zustimmen zu können, so können wir immerhin noch so vorgehen, wie es hier beantragt ist. Das verwehrt man uns nicht. Der beliebte Vorwurf der Verschleppung hat nach meiner Ansicht keine Berechtigung. Ich habe gesagt, dass es noch ganz leicht möglich ist, dieses Gutachten einzuholen, nachdem der Sitz dieses Vereines hier in Bregenz ist; nach ein paar Tagen haben wir es. Ob der Beschluss heute oder nächsten Donnerstag gefasst wird, das bringt der Ausführung gewiss keinen Eintrag. Ich muss deshalb meinen Antrag aufrecht halten. Martin Thurnher: Ich beantrage Schluss der Debatte. Landeshauptmann: Es Schluss der Debatte jene Herren, welche sich gefälligst von ist der Antrag auf gestellt worden. Ich ersuche diesem Anträge beistimmen, den Sitzen zu erheben. Angenommen. Regierungsvertreter: Der Gegenstand ist zwar nicht ein solcher, dass ich mich als Regierungsvertreter mit ihm zu befassen Anlass hätte, weil er nur eine Landesangelegenheit betrifft. Nachdem aber von Herrn Abg. Fink erwähnt worden ist, dass der Vorarlberger Landwirtschaftsverein sich gegen die Einführung von Zuchtkälbern aus der Schweiz ausgesprochen hat, so möchte ich auf die Bemerkung des Herrn Abgeordneten Fink erwidern, dass sich der Landwirtschaftsverein nicht dagegen, sondern im Gegentheile dafür ausgesprochen und gesagt hat, dass er, obwohl die Rindviehzucht auf einer hohen Stufe steht, dock nicht auf die Einführung von frischem Zuchtmateriale verzichten könne. Welte: Ich war schon im volkswirtschaftlichen Ausschüsse, als daselbst dieser Beschluss gefasst worden ist, mit dem gegenständlichen Anträge einverstanden und zwar hauptsächlich aus dem Grunde, weil ich glaube, dass dieser Versuch, sofern er gelingt, auch für andere Landestheile von großem Vortheile sein wird. Es ist ja bekannt, dass auch andere Landestheile sich mit der Ziegenzucht ziemlich stark befassen. Aber auch noch eine andere Hoffnung hat mich darin bestärkt; denn ich glaube, dass, wenn diese Saanenziege eingeführt ist, dieselbe eventuell mehr Rücksicht bei der k. k. Behörde finden könnte, als die jetzige und sie mit der sogenannten Herrengeis in die gleichen Rechte kommt. (Rufe: Bravo!) Es ist ja bekannt, dass, wenn die Ziegen auf die Weide getrieben werden wollen, dabei die strengsten Maßnahmen von den bezüglichen Behörden getroffen wurden. Ich meldete vor zwei Jahren Ziegen zur Weide in meiner Gemeinde und zwar auf Grund der bestehenden Bestimmungen an, aber es kam nicht einmal eine Erledigung, zurück. Hoffentlich wird in Zukunft mehr Rücksicht auf die Ziegenzucht geübt, denn dieselbe ist immerhin für unsere Bevölkerung sehr nützlich. Landeshauptmann: Die Debatte ist geschlossen. Der Herr Berichterstatter hat noch das Wort. Johann Thurnher: Es ist über den an und "für sich nicht so bedeutungsvollen Gegenstand schon eine solche Menge gesprochen worden, dass ich erstaunt bin, dass überhaupt so viele Redner sich mit dem Gegenstände beschäftigt haben. In meinen Ausführungen als Berichterstatter fange ich gleich beim letzten Redner an, um seine Ansicht zu unterstützen, nämlich dass in Bezug auf 150 X. Sitzung des Vorarlberger Landtags. - VI. Session, 7. Periode 1896. Verwertung der Weiden in den Gemeinden und in den Wäldern von Seite der hohen Regierung der Kuh des Armen nicht jene Berücksichtigung zutheil wird, welche ihr gebürt. Ich danke dem Herrn Abgeordneten Welte, dass er, nachdem schon von so vielen Seiten zu diesem Gegenstände gesprochen worden ist, diesen Punkt berührt hat. Nun will ich von vorne anfangen und mich mit dem Antrage des Herrn Dr. Waibel beschäftigen. Ich übergehe, was er charakteristisch über den Montavoner Bauernverein gesagt hat bezüglich des Eigenschaftswortes „katholisch". Jedenfalls aber hat es mich angenehm berührt, dass er an diesem Vereine etwas Gutes gefunden hat, nämlich dass derselbe zur Förderung landwirtschaftlicher Zwecke schon zweimal an die Hilfe des Landes appelliert hat und trenn wir es sonst nicht wüssten, so hätten wir es aus den Äußerungen des Herrn Pfarrers Rudigier erfahren, auf welch verschiedenen Gebieten der Landwirtschaft sich der Bauernverein Mühe gibt die Vage des Bauernstandes zu verbessern. Man kann von diesem Vereine mit Fug und Recht sagen, dass er einer der thätigsten Vereine im Lande ist und die Früchte seiner Thätigkeit auf seinem kleinen Gebiete bereits aufzuweisen hat. Wenn der Herr Pfarrer Rudigier geglaubt hat, der Antrag des Herrn Dr. Waibel auf Einholung eines Berichtes über diesen Gegenstand beim landwirtschaftlichen Vereine habe es auf eine Verschleppung abgesehen, so muss ich sagen, dass ich mit Rücksicht auf die vom Herrn Antragsteller angegebene Zeit nicht der gleichen Ansicht bin. Ich glaube aber, dass in der Zeit bis zum nächsten Donnerstag der Landwirtschaftsverein uns nicht mehr bieten sann, als was uns der Montavoner Bauernverein bereits geboten hat. Es ist dies um so eher anzunehmen, weil der Landwirtschaftsverein sich bis jetzt mit diesem Gegenstände nicht beschäftiget hat, wenigstens hat man in den Arttheilungen des vorarlbergischen Landwirtschaftsvereines nichts gelesen und auch in Versammlungen nichts gehört, dass.dieser Zweig der Landwirtschaft vom genannten Vereine cultiviert worden wäre. * Es ist auch bei den Berathungen im volkswirtschaftlichen Ausschüsse von keiner Seite hervorgehoben worden, dass man vom vorarlbergischen Landwirtschaftsvereine bessere Informationm erhalten könne, als uns der Bauernverein von Montavon bereits geboten hat. Angenommen, es würde der Antrag des Herrn Dr. Waibel zum Beschlusse erhoben, was wäre die Folge davon. Zweierlei, nämlich einerseits eine Verschleppung und andererseits vielleicht kein besseres Resultat. Der Landwirtschaftsverein könnte sich über die Saanenziege auch nicht anders, als auf zweierlei Weise informieren, nämlich auf schriftlichem Wege, wie es der Bauernverein seit dem Jahre 1894 mehrfach schon gethan hat, oder auf persönlichem Wege. Der Montavoner Bauernverein hat an verschiedenen Stellen in Deutschland und an Ort und Stelle selbst im Saanenthale Erkundigungen eingezogen und sind dieselben deshalb im Berichte ausgenommen worden, damit auch Andere das Gleiche thun können. Der landwirtschaftliche Verein müsste den gleichen Weg einschlagen, um die nöthigen Informationen zu einer Auskunft zu erhalten und dabei würde einerseits die Zeit herumgehen, in der die Ziegen gekauft werden sollen, und da der Bauernverein ohnehin einen Sachverständigen in das Saanenthal schickt, um solche Ziegen zu kaufen, so glaube ich, ist es doch besser, das Geld, welches der landwirtschaftliche Verein zu Informationen verwenden müsste, gleich zum Ankäufe von Ziegen zu verwenden. So gut also der Antrag des Herrn Dr. Waibel gemeint sein mag, so glaube ich, können wir ihm doch nicht zustimmen. Der Herr Dr. Waibel hat auch gemeint, es wäre schicklich gewesen, den Landwirtschaftsverein, in dieser Angelegenheit zu befragen. Ich glaube auch, dass dies schicklich gewesen wäre, wenn wir dem Landwirtschaftsverein zumuthen könnten, dass er uns mehr und etwas Besseres sagen könnte, als was der Montavoner Bauernverein bereits erhoben hat, nachdem wir aber der Meinung sind, dass der Landwirtschaftsverein sich mit dieser Sache bisher nie befasst hat, so glaube ich, dass ich über diese Bemerkung kurz hinweggehen kann. Etwas anderes wäre es, wenn es sich um eine Summe von 3 bis 4000 fl. handeln würde, dann könnte man sagen, man reist in die Schweiz und gibt vielleicht 50 fl. zu Informationszwecken aus, da es sich hier aber nur um einen Versuch handelt, der nicht viel kostet, so ist es doch jedenfalls besser, man gibt diese 50 fl. zum Ankäufe von ein paar Ziegen aus. Mit diesem Gelde kann man gleich ein paar Ziegen mehr kaufen. Das scheint mir unpraktisch, zu sein. X Sitzung des Vorarlberger Landtags. VI. Session, 7. Periode 1896. 151 Auf andere Sachen, die in Bezug auf den Landwirtschaftsverein berührt worden sind, will ich nicht eingehen, da sie mit dem Anträge nichts zu thun haben. Ich halte also den Antrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses aufrecht und zur sofortigen Behandlung geeignet und ersuche deshalb, das hohen Haus wolle demselben zustimmen. Landeshauptmann: Ich werde zunächst über den Vertagungsantrag des Herrn Dr. Waibel die Abstimmung einleiten, welcher dahin geht, den vorliegenden Gegenstand behufs Einholung eines Gutachtens seitens des landwirtschaftlichen Vereines zu vertagen. Ich ersuche jene Herren, welche diesem Anträge die Zustimmung geben, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Minorität. Nun kommt der Ausschussantrag zur Abstimmung. Ich ersuche jene Herren, welche diesem Anträge zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. Majorität. Der letzte Gegenstand unserer Tagesordnung ist der Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses, betreffend die Erlassung eines neuen Zuchtstier-Gesetzes. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Abgeordneten Fink das Wort zu ergreifen. Fink: Nachdem uns bereits die vorhergehenden drei Gegenständen weit länger beschäftigt haben, als ich mir gedacht hatte, so werde ich bei der Einbegleitung dieses Gegenstandes mich möglichst kurz fassen. Derselbe ist ja, wie wir Alle wissen, im vorigen Jahre schon eingehend sowohl im Ausschüsse, als auch im hohen Hause in zwei Sitzungen behandelt worden. Ich werde daher nur noch darauf Hinweisen, dass mit dem Stiergesetze eigentlich. nur bezweckt werden will, dass die Hebung der Viehzucht im Lande Vorarlberg leichter ermöglich! und die Haltung von Zuchtstieren auf das Beste geregelt werde. In letzterer Beziehung ersehen wir ans dem Gesetzesentwurfe, dass, wenn er zum Gesetze wird, die Gesammtheit der Viehhalter einer Gemeinde oder kleineren Fraction für die Stierbeschaffung gemeinschaftlich zu sorgen hat. Das hat vor Allem den Vortheil, dass dadurch -einerseits die Stierbeschaffung besser besorgt werden kann und andererseits die Kosten auf die Einzelnen gleichmäßig verumlagt werden. Bis jetzt war es in Vorarlberg vielfach Übung, dass die Stierbeschaffung von einzelnen Privaten vorgenommen wurde. Dieselben haben es dann wiederum vielfach in ihrem Interesse gefunden, möglichst billige, daher nicht gute Stiere anzukaufen, um dadurch beim Verkaufe derselben nicht zu Schaven kommen, sondern, wenn möglich noch einen kleinen Vortheil zu machen. Das ist gewiss zur Hebung der Viehzucht nicht dienlich. Desgleichen lag es im Interesse der Stierhalter, die Stiere möglichst oft zum Sprunge an einem Tage herzugeben, damit sie wierderum eine möglichst große Einnahme durch das Sprunggeld bekommen. Diesen Mißbräuchen und Übelständen wird durch das vorliegende Gesetz soweit als möglich abgeholfen. Daher möchte ich ersuchen, dass dasselbe zur einstimmigen Annahme gelange. Ich möchte mir noch erlauben ein paar Druckfehler zu berichtigen. Im Berichte hat sich auf der 4. Seite, Zeile 24 von oben herab, ein sinnstörender Druckfehler eingeschlichen. Es sollte da heißen statt „Stiere" „Thiere". Dann ist auch noch eine weitere Berichtigung im Gesetze selbst vorzunehmen. Im § 12 finden die Herren, dass es auf der anderen Colonne heißt, „gleichlautend", nämlich mit § 12 des vorjährigen Gesetzentwurfes. Das ist nicht richtig, soweit es den Eingang betrifft. Ich werde mir erlauben, den Herren den Eingang des § 12 des vorjährigen Gesetzentwurfes vorzulesen. Derselbe lautet. (Liest:) „Über die Tauglichkeit eines Zuchtstieres zur Nachzucht entscheidet die Localcommission. Wird er von dieser als geeignet erklärt, so hat die Gemeindevorstehung dem Besitzer desselben einen Erlaubnisschein (Formular I) behufs dessen Verwendung zur Nachzucht auszufertigen und die ertheilte Bewilligung ortsüblich bekannt zu machen." Das sollte auf der anderen Colonne statt „gleichlautend" stehen. Schließlich erlaube ich mir, den Antrag des volkswirtschaftlichen Ausschusses dem hohen Hause zur Annahme zu empfehlen. Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Gesetzentwurf die Generaldebatte. — Wenn sich Niemand zum Worte meldet, so ist dieselbe geschlossen. 152 X. Sitzung des Vorarlberger Landtags. VI. Session, 7. Periode 1896. Wir gehen nun zur Specialdebatte über. Hierbei möchte ich mir die Anregung erlauben, dass ähnlich, wie beim Gesetzesentwurfe betreffend die Errichtung einer Landeshypothekenbank, vorgegangen wird, nämlich dass nur diejenigen Paragraphen welche einer Abänderung unterzogen wurden, angerufen und die übrigen einfach en bloc angenommen werden. Wenn kein Einspruch dagegen erfolgt, so ist die Art und Weise dieses Vorgehens genehmiget. Ich ersuche also den Herrn Berichterstatter, diejenigen Paragraphe, welche geändert wurden, anzurufen, ich werde dann bei jedem derselben eine Pause eintreten lassen, und wenn keine Einwendung erfolgt, die Annahme constatieren. Fink: Damit wir nichts übersehen, möchte ich nur noch nachschauen, wohin die entsprechenden Formularien, bei welchen auch eine Änderung erfolgt ist, gehören. — Das eine Formular gehört zu § 12, das andere zu zu 16. § 6. Landeshauptmann: Angenommen. Fink: § 12 inclusive Formulare I. — Landeshauptmann: Angenommen.