18950115_lts003

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Letzte Änderung 03.07.2021, 11:10
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp07,lts1895,lt1895,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 3. Sitzung am 15. Januar 1895, unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 18 Abgeordnete. Abwesend die Herren: Hochwürdigster Bischof und Dr. Schmid. Regierungsvertreter: Herr Hofrath Graf St. Julien-Wallsee. Beginn der Sitzung 10 Uhr 10 Min. Vormittag. Landeshauptmann: Die Sitzung ist eröffnet. Ich bitte um Verlesung des Protokolles der gestrigen Sitzung. (Secretär verliest dasselbe.) Landeshauptmann: Hat einer der Herren gegen die Fassung des Protokolles etwas einzuwenden? — Es ist nicht der Fall, somit betrachte ich dasselbe als genehmigt. Es sind mir mehrere Einlaufstücke zugekommen. Das Eine ist die Petition des Vorarlberger Fischerei-Vereines um Unterstützung, das zweite eine Petition desselben Vereines um Zuerkennung einer Entlohnung für die Erlegung einer Fischotter, — überreicht durch den Hrn. Abg. Dr. Beck, das dritte eine Petition der Gemeinde Satteins um einen Beitrag zu Illwuhrbauten und ein Gesuch — überreicht durch den Herrn Abg. Reisch; endlich ein Gesuch der Gemeinde Lorüns um einen Beitrag zu den Kosten der Schutzbauten an der Ill — eingebracht durch den Herrn Abg. Schapler. Martin Thurnher: Ich bitte um das Wort. Ich beantrage, dass die zwei letztgenannten Gesuche, nämlich die Petitionen der Gemeinden Satteins und Lorüns dringlich behandelt und an den volkswirtschaftlichen Ausschuss zur Vorberathung und Berichterstattung zugewiesen werden. 18 III. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session, 7. Periode 1895. Landeshauptmann: Der Herr Abg. Martin Thurnher beantragt für die Behandlung dieser Gesuche die Dringlichkeit. Wird dagegen eine Einwendung erhoben? — Es ist nicht der Fall. Ferner beantragt der Herr Abgeordnete die Verweisung der beiden Gegenstände an den volkswirtschaftlichen Ausschuss zur Vorberathung und Berichterstattung. Es wird auch dagegen keine Einwendung erhoben, somit sind diese Anträge zum Beschlusse erhoben und wird in diesem Sinne vorgegangen werden. Die in der letzten Sitzung gewählten vier Ausschüsse haben sich constituiert und hat der Finanz-Ausschuss als Obmann Herrn Fritz, als Berichterstatter die Herren Pfarrer Rudigier und Nägele gewählt. Der volkswirtschaftliche Ausschuss bestimmte als Obmann Herrn Johann Thurnher, als Berichterstatter die Herren Martin Thurnher und Fink; der Schul-Ausschuss als Obmann den Hochwürdigsten Bischof, als Berichterstatter Herrn Pfarrer Rudigier; endlich bestimmte der Wehrausschuss als Obmann Herrn Johann Thurnher, als Berichterstatter Herrn Martin Thurnher. Ich ertheilte das Wort dem Herrn RegierungsVertreter. Regierungsvertreter: In der sechsten Landtagssitzung der letzten Session am 20. Januar 1894 hat der Herr Landtags-Abgeordnete Bösch eine Interpellation betreffend das angeblich betrügerische Vorgehen des Oberinspectors der ersten allgemeinen ungarischen Assecuranz - Gesellschaft in Budapest Max Löwy bei Abschließung von Versicherungsverträgen eingebracht. Bei Wiederzusammentritt des Landtages habe ich die Ehre diese Interpellation in Nachstehendem zu beantworten. Aus den von der hohen k. k. Statthalterei gepflogenen Erhebungen geht hervor, dass Löwy wohl ein aufdringliches und in manchen Fällen entschieden unreelles und zweideutiges Gebühren zur Last gelegt werden muss, welches auch eine fernere Überwachung dieses und anderer Versicherungs-Agenten und Aufklärung der Bevölkerung nöthig erscheinen läßt, dass aber von einem geradezu betrügerischen Vorgehen vorläufig wohl kaum gesprochen werden kann und dass eine diesfällige Strafanzeige beim k. k. Kreisgerichte Feldkirch auch keinen strafbaren Thatbestand zu Tage gefördert hat. | Gleichwohl hat Se. Excellenz der Herr Statthalter das k. k. Ministerium des Innern, welches die fragliche Versicherungsgesellschaft mit Erlass vom 18. Mai 1890, Zl. 5457 (h. ä. Erlass vom 27. Juli 1890, Zl. 4391 pr.) zur Wiederaufnahme ihres Geschäftsbetriebes in Österreich und Errichtung einer Zweigniederlassung in Wien zugelassen hat, auf die wenig empfehlende Geschäftsvermittlung Löwy's aufmerksam gemacht und die Bezirkshauptmannschaften Vorarlberg's angewiesen, nicht nur fernerhin den Geschäftsbetrieb Löwy's und anderer Agenten im Auge zu behalten, sondern auch die Bevölkerung angemessen aufzuklären, dass Versicherungen, welcher Art immer, nur dann von unbestreitbarem Werte sind, wenn sie mit den Vermögensverhältnissen des Versicherten insoweit im Einklänge stehen, dass derselbe die Prämien sammt Nebengebühren voraussichtlich ohne zu große Opfer wird tragen können und wenn sich der Betreffende vor Abschluss der Versicherung nicht nur über die Legitimation des Agenten durch Einsicht in seine Papiere, sondern auch über alle Bedingungen, Vortheile und Folgen des Vertrages, sei es durch eigene Überzeugung, sei es durch Rath einsichtiger Gemeindemitglieder vollkommen klar geworden ist. Da mittlerweile keine Beschwerden über das Gebühren des genannten Assecuranz-Oberinspectors mehr eingelaufen sind, so ist wohl anzunehmen, dass Löwy den Bezirk Feldkirch und auch das Land Vorarlberg verlassen hat. Landeshauptmann: Ich ertheile dem Herrn Abg. Martin Thurnher das Wort zur GeschäftsOrdnung. Martin Thurnher: Ich habe mir das Wort erbeten nicht so fast zur Geschäftsordnung, sondern vielmehr zur Tagesordnung. Unter den Anträgen, welche in der letzten Session wegen Vertagung des Landtages nicht mehr zur Behandlung gelangen konnten, befindet sich auch der Act betreffend die Hebung der Rindviehzucht. Es ist dies ein für unser Land außerordentlich wichtiger Gegenstand, und es hat bereits der Landes-Ausschuss im Currentalwege beschlossen, dass dieser Act neuerdings dem hohen Landtage in Vorlage gebracht wird. Zur möglichsten Beschleunigung der Arbeiten erlaube ich mir, den in. Sitzung des vorarlberger Landtages. V. Session, 7. Periode 1895. 19 Dringlichkeitsantrag zu stellen, dass dieser Act auf | die heutige Tagesordnung gesetzt und in formeller Beziehung dem volkswirtschaftlichen Ausschüsse zugewiesen wird. Landeshauptmann: Wünscht Jemand das Wort? — Es ist dies nicht der Fall, ich werde daher nach Schluss der heutigen Tagesordnung nochmals auf diesen Gegenstand zurückkommen. Wir kommen nun zur Tagesordnung. Auf derselben steht als erster Gegenstand der Bericht des Landes-Ausschusses über die Wirksamkeit der Naturalverpflegsstationen im Jahre 1893. Ich ersuche den Herrn Abg. Martin Thurnher, den Antrag zu verlesen. Martin Thurnher: Der Bericht, der hier dem hohen Landtage zur Kenntnis gebracht wird, betrifft die Thätigkeit der Natural-Verpflegsstationen im Jahre 1893. Über das Jahr 1894 kann in der laufenden Session voraussichtlich kein Bericht erscheinen, weil mit Ausnahme des Bezirkes Dornbirn die Rechnungen noch nicht abgeschlossen und die anderweitig abverlangten Berichte noch nicht vollständig eingelangt sind. Soviel kann aber heute schon constatirt werden, dass der Besuch der Natural-Verpflegsstationen im Jahre 1894 beiläufig die gleiche Höhe erreicht haben dürfte, wie im Jahre 1893. Auch die Erfolge sind nicht hinter jenen des Vorjahres zurückgeblieben. In allen Gemeinden, in denen die Bevölkerung den Zweck dieser Stationen richtig auffaßt, in Gemeinden, in denen die Vorstehungen zielbewußt wirken, zeigen sich die wohlthätigen Folgen der Natural-Verpflegsstationen ausnahmslos in hervorragender Weise. Der Landes-Ausschuss hat nicht ermangelt, im Laufe des vergangenen Jahres die Gemeindevorstehungen neuerdings aufzufordern, die Bevölkerung von Zeit zu Zeit über Zweck und Wesen dieser Anstalten zu belehren, und zu veranlassen, die Erreichung ihres Zweckes zu fördern. Bei den sich häufenden Klagen, dass von Mitteln ganz entblößte, vielfach nicht mit Reisedocumenten versehene auswärtige Reisende anstandslos vom Auslande über die Grenze in unser Land hereingelassen werden, fand sich der Landes-Ausschuss veranlasst, im vergangenen Sommer an die hohe k. k. Statthalterei das Ansuchen zu richten, die berufenen Organe anzuweisen, diesbezüglich strenge nach den bestehenden Gesetzen und Verordnungen vorzugehen. Die hohe k. k. Statthalterei hat diesem Ansuchen entsprochen und geeignete diesbezügliche Erlässe an die Vorarlbergischen Bezirkshauptmannschaften und die Finanz-Bezirks-Direction gerichtet und ist auch diesbezüglich eine Besserung der Verhältnisse zu constatiren. Einige wenige in einzelnen Fällen vorgekommene Anstände wurden behoben, und es kann im Allgemeinen gesagt werden, dass die Stationsleitungen sich ihrer Aufgabe und Pflichten voll bewusst sind und denselben in jeder Beziehung nachkommen. So mögen auch in der Folge die berufenen Factoren zusammenwirken, die Zwecke dieser Institution, die insbesondere für das an eine Reihe von Ländern und Staaten anstoßende, dem Zu- und Durchzuge mittelloser Reisender besonders ausgesetzte Land Vorarlberg besondere Wichtigkeit haben, kräftigst und bestens zu fördern. Nach dieser kurzen Einleitung stelle ich namens des Landes-Ausschusses den Antrag: „Der Landtag wolle den Bericht, betreffend die Thätigkeit und den Erfolg der Natural-Verpflegsstationen im Lande Vorarlberg pro 1893 zur Kenntnis nehmen." Landeshauptmann: Ich eröffne über diesen Bericht und Antrag die Debatte. — Es meldet sich Niemand in derselben zum Worte. Die Debatte ist daher geschlossen und ich schreite zur Abstimmung. Jene Herren, welche dem Anträge des Landes Ausschusses ihre Zustimmung geben wollen, ersuche ich, sich von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Der zweite Gegenstand der Tagesordnung ist der Act, betreffend die Herstellung der Flexenstraße. Ich erwarte über die formelle Behandlung dieses Gegenstandes einen Antrag aus der Mitte der Versammlung. Fritz: Ich beantrage, diesen wichtigen Gegenstand dem schon gewählten volkswirtschaftlichen Ausschüsse zur Vorberathung und Berichterstattung zu überweisen. Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Fritz beantragt die Verweisung dieses Gegenstandes an den volkswirtschaftlichen Ausschuss. Wird eine Einwendung dagegen erhoben? — 20 III. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session, 7. Periode 1895. Es ist nicht der Fall, somit betrachte ich den Antrag als genehmigt und wird die Zuweisung in diesem Sinne erfolgen. Der dritte Gegenstand der Tagesordnung- ist der Bericht des Landesausschusses über den Antrag des Abgeordneten Bösch, betreffend die Herabsetzung der Erwerbsteuer für Sticker. Ich ersuche im Namen des Landesausschusses den Herrn Abgeordneten Martin Thurnher zu referiren. Martin Thurnher: Der Bericht und Antrag, der dem hohen Hause in der gegenwärtigen Session vorliegt, behandelt einen Gegenstand, der ebenfalls bereits in der letzten Session von Seite des Landtages in formelle Behandlung gezogen und vom betreffenden Ausschüsse auch erledigt worden war. Wie mehrere andere Gegenstände, konnte auch dieser nicht mehr im Hause selbst zur endgiltigen Verhandlung gelangen. Der Landes-Ausschuss hat aber geglaubt, diesen wie auch mehrere andere Gegenstände aufnehmen zu sollen um dieselben im kurzen Wege der Erledigung zuzuführen. Ich stelle daher namens des Landesausschusses den Antrag: (Liest den Antrag aus Beilage VI.) Landeshauptmann: Indem ich über diesen Bericht und Antrag die Debatte eröffne, ertheile ich zunächst dem Herrn Dr. Waibel das Wort. Dr. Waibel: Ich werde diesem Anträge in Übereinstimmung mit dem Berichte, der bereits in der letzten Session vorgelegen ist, meine Zustimmung geben. Ich mache aber aufmerksam, dass diese Steuer voraussichtlich so wie so für die Zukunft entfallen wird, da das Personal-Steuergesetz, welches von der permanenten Steuercommission im Reichsrathe bereits fertiggestellt ist, im § 3 folgende Bestimmung enthält: Der § 3 sagt: „Von der allgemeinen Erwerbsteuer sind befreit . . . (Abs. 5) Hausindustrielle, welche ausschließlich im Auftrage und für Rechnung von Unternehmern persönlich oder unter Mitwirkung von Personen des eigenen Hausstandes, jedoch ohne fremde Hilfsarbeiter industrielle Erzeugnisse herstellen oder bearbeiten." Es dürfte also die Stickereiindustrie in der Hausindustrie, welche hier im Absatz 5 aufgeführt ist, inbegriffen sein, und es ist daraus zu entnehmen, dass, wenn dieses Gesetz in Wirksamkeit tritt, diese Steuer so wie so gänzlich entfällt. Negierungsvertreter: Ich habe mir das Wort erbeten, um einige Unrichtigkeiten in dem gegenständlichen Berichte des Gemeinde- und Verwaltungsausschusses vom 5. Februar 1894 richtig zu stellen. Es wird den Ausführungen dieses Berichtes nach angeblich häufig Klage geführt, dass die ErwerbSteuer für die Sticker in verschiedenen Bezirken verschieden bemessen werde. Es wird gesagt, dass in Feldkirch diese Steuer durchgehends mit 2 fl. 62 fr. Ordinarium bemessen wird, während dieselbe in Bregenz theils mit 2 fl. 62 fr., theils mit 2 fl. 10 fr. angesetzt ist. Es ist im Berichte ganz richtig hinzugefügt „je nach dem Verhältnisse des Gewerbe-Anmelders". Dieser Untstand ist eben sehr ausschlaggebend. Im Erwerbsteuer-Patente vom 20. Januar 1817 und 1. October 1822 ist die Steuerbemessung genau vorgeschrieben. Es heißt dort, dass die Steuer bemessen werden soll nach Maßgabe der Bevölkerungszahl und des Betriebsortes. Es kommt daher die Bevölkerungszahl und der Betriebsort in Betracht, und je nachdem erstere größer oder kleiner ist, wird eben die Steuer höher oder niedriger bemessen. Dass eine Erhöhung des Steuersatzes auf 2 fl. 62T/2 fr. erst seit dem Jahre 1888 eingetreten sein soll, ist nicht richtig. Dieser höhere Steuerersatz wurde bereits im Jahre 1876 bemessen, und zwar in allen Bezirken Vorarlbergs. Ich wollte diese Angaben nur richtig stellen, damit es nicht scheint, als ob das in Beschwerde gezogene Vorgehen eine Eigenmächtigkeit der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch wäre, und damit darthun, das dieses in den Bestimmungen der erwähnten Patente vollkommen begründet ist. Bösch: Der Herr Negierungsvertreter hat auf ein Patent vom 20. Jänner 1817 hingewiesen und mag nach seiner Anschauung recht haben. Es sollte aber auch die Steuerbehörde nach meiner Auffassung die Sache in der Richtung beurteilen, ob bei diesem Gewerbe die Volkszahl überhaupt von Einfluß für den Erwerb ist. Für Schuster, Wirte, Bäcker u.s.w. ist es allerdings nicht einerlei, ob die Volkszahl eine große oder kleine ist. Die Stickerei aber wird nicht im Lande verwerthet. III. Sitzung des Vorarlberger Landtags- V. Session, 7. Periode 1895. 21 sondern geht zumeist außer Landes. Es übt daher absolut gar keinen Einfluß aus, ob in einzelnen .Gemeinden eine oder mehrere Stickmaschinen sind. Bei anderen Gewerben ist das, was der Herr Regierungsvertreter gesagt hat, wirklich zutreffend; bei der Stickerei aber, wie gesagt, gar nicht. Weiter möchte ich bemerken, dass gerade zu jener Zeit, in welcher der Erwerb der Stickerei im Sinken begriffen war, die Erwerbsteuer für die Sticker aufgestiegen ist. Mir ist nur bekannt, dass dies im Jahre 1888 vorgekommen ist. Bis dorthin ist mir von einer Steuererhöhung nichts bekannt. Damals und noch später sind Beschwerden und Recurse gegen zu hohe Steuervorschreibungen eingereicht worden, sie waren aber in der Regel fruchtlos. Bekanntlich war die Stickerei früher eine Zeit ein guter Erwerb; das war aber damals der Fall, als die Stickerei in Vorarlberg noch in den Kinderschuhen war. Sobald sie sich aber weiter ausgebreitet hatte, kamen lange, fast Jahre hindurch dauernde Krisen, so dass die Sticker die durch Anschaffung der Maschinen und Erstellung der nöthigen Baulichkeiten erwachsenen Schulden nicht mehr bezahlen konnten. Gerade Anfangs oder Mitte der 80ger Jahre war dies am meisten zutreffend, viele kleine Bauern haben damals die Zuflucht zur Stickerei genommen, um sich eine Existenz zu gründen, dadurch wurden massenhaft Maschinen angeschafft, und die Stickerei war kein Erwerbsmittel mehr, Schulden abzutragen, sondern es musste Jeder froh sein, wenn er durch fleißige Arbeit sich und seine Familie durchbrachte. Von diesem Moment an fand es die Steuerbehörde für angemessen, die Erwerbsteuer der Sticker hinaufzuschrauben, und, weil die Einkommensteuer nach der Erwerbsteuer bemessen wird, so wurde auch in gleicher Weise die Einkommensteuer erhöht. Ich ersuche also das hohe Haus, es möge dem Anträge, wie er vom hohen LandesAusschusse gestellt wird, die Zustimmung ertheilen und das Seinige beitragen, damit dieser wirklich zu hohen Belastung der Sticker, hauptsächlich den Einzelmaschinen oder Klein-Maschinenbesitzer etwas Linderung zuth-ül werde. Welte: Ich erlaube mir zu constatieren, dass namentlich in unserer Gemeinde vor 1888 für Sticker niemals mehr als 2 fl. 10 kr. SteuerOrdinarium vorgeschrieben wurde. Von jener Zeit an bis heute wird jedem Gewerbeansuchenden, wenn es auch weibliche Personen sind, mit 2 fl. 62 kr. Ordinarium bemessen, folglich wird auf die Tüchtigkeit des Allsuchers nicht stark Rücksicht genommen, sonst müßte man weibliche Personen niedriger besteuern. Überhaupt kommt es mir sonderbar vor, dass da eine verschiedene Vorschreibung stattfinden müsse. Es kann kaum von der Behörde vorausgesetzt werden, welche Person weniger oder besser qualificiert ist, daher mehr oder weniger Steuerzahlen soll. Daher glaube ich, dass wenigstens ein gleiches Ordinarium mit 2 fl. 10 kr. für Sticker gerechtfertigt wäre. Ich erhoffe, die Regierung dürfte aus Billigkeitsrücksichten wohl auf den Antrag, der heute dem h. Hause vorliegt, eingehen und diese Erwerbsteuer dahin reguliren, dass jedem gewerbetreibenden Sticker nur 2 fl. 10 kr. als Ordinarium vorgeschrieben werden, wenn er auch das Gewerbe schon früher oder später erhalten hat, und das von Amtswegen diese Steuer richtig gestellt werde. Landeshauptmann: Wer wünscht noch das Wort? — Es meldet sich Niemand, somit erkläre ich die Debatte für geschlossen und ertheile das Wort dem Herrn Berichterstatter. Martin Thurnher: Der Herr Abgeordnete Dr. Waibel hat mit Hinweis auf eine Bestimmung des dermalen im Reichsrathe vorliegenden neuen Steuergesetzes geglaubt, dass dieser Antrag oder die Annnahme desselben für die Zukunft vielleicht nicht nothwendig falle, weil in dieser Bestimmung bereits Vorsorge getroffen werde, dass die Hausindustrie nicht mehr so belastet wird. Das mag richtig sein; dieser Passus ist im Steuerentwurfe wohl enthalten. Ob ihn aber die Finanzorgane immer gerade in dieser Weise auslegen werden, wie der Herr Vorredner gemeint hat, ist bei den bekannten diesbezüglichen bei uns bestehenden Verhältnissen sehr fraglich. Aber selbst dann, wenn es ganz so zutreffen würde, so hat der Herr Abgeordnete Dr. Waibel dadurch, dass er gesagt hat, dass er für den Antrag stimmen werde, doch zugegeben, dass wir durch Annahme des Antrages richtig vorgehen, weil es immer fraglich bleibt, ob diese Steuerreform so rasch zur Durchführung gelangen wird. Wir wollen hoffen, dass es geschieht, 22 III. Sitzung des Vorarlberger Landtags. V. Session, 7. Periode 1895. wenn auch die Änderungen, die der Steuerentwurf in den Ausschussberathungen erfahren hat, nicht zur Verbesserung desselben beigetragen haben. Aber bessere Zustände, als die jetzigen, auf dem Gebiete der Steuergesetzgebung, wird er doch herbeizuführen geeignet sein. Über das, was der Herr Negierungsvertreter gesagt hat, brauche ich mich nicht weiter zu ergehen. Es beziehen sich seine Ausführungen nicht auf den Landes-Ausschussbericht, sondern auf denjenigen des Gemeinde- und Verwaltungs-Ausschusses des Vorjahres und in dieser Beziehung haben die betreffenden Herren, die damals mitgewirkt haben, ihre Bemerkungen bereits gemacht. Im Allgemeinen muß constatiert werden, dass die Stickerei nothleidend ist, und dass die Finanzverwaltung daher alle Ursache hätte, diese Verhältnisse zu berücksichtigen und die möglichste Schonung in diesem Gewerbe bei Bemessung dieser Steuer Platz greifen zu lassen. Ich empfehle daher den Antrag des Landes-Ausschusses bezw. des vorjährigen Gemeinde- und Verwaltungs-Ausschusses zur Annahme. Landeshauptmann: Ich schreite zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche dem Anträge Ihre Zustimmung geben wollen, sich von den Sitzen zu erheben. Einstimmig angenommen. Der vierte Gegenstand ist die Petition des Lehrers Ellensohn und Genossen wegen Regelung der Lehrergehalte. Ich erwarte über die formelle Behandlung derselben einen Antrag. Rüf: Ich beantrage, dass der Gegenstand zur Vorberathung und Berichterstattung dem SchulAusschusse zugewiesen werde. Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Rüf beantragt die Zuweisung dieses Gegenstandes an den Schulausschuss. Es erfolgt keine Einwendung, daher nehme ich an, dass die Zustimmung gegeben ist. Der fünfte Gegenstand ist der Bericht des Landes-Ausschusses über den Antrag Welte und Genossen in Angelegenheit des Rauschbrandes für Rinder. Ich ersuche den Herrn Abgeordneten Martin Thurnher, den Antrag des Landes-Ausschusses zu verlesen. Martin Thurnher: Dieser Gegenstand, mit dem wir uns hier zu beschäftigen haben, stammt auch noch aus der vorigen Session her und ist auch in den Sessionen der letzten 15 Jahre wiederholt behandelt worden. Die Sachlage ist dem hohen Hause bekannt, ich kann mich daher darauf beschränken, namens des Landes-Ausschusses folgenden Antrag zu stellen: (Liest den Antrag aus Beilage VIII.) Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag die Debatte. Regierungsvertreter: Wie ich es bereits anlässlich der Berathung dieses Gegenstandes im volkswirtschaftlichen Ausschüsse in der vorigen Session im Vorjahre gethan habe, so muss ich mir auch heute erlauben, mich gegen diesen Antrag auszusprechen, und ohne jedoch auf die veterinär-technische Seite näher einzugehen, meinen ablehnenden Standpunkt kurz zu begründen. Dieser Antrag geht darauf hinaus, dass die hohe Regierung zu ersuchen sei, die Minist.-Verord. vom 10. April 1885, R.-G.-Bl. Nr. 54 dahin abzuändern, dass der Rauschbrand aus den Milzbrandformen und damit aus der Kategorie der ansteckenden Krankheiten ausgeschieden werde, nachdem die allgemeine Meinung dahin gehe, dass der Rauschbrand keine ansteckende Krankheit sei, sondern nur vereinzelt vorkomme und die Übertragung nicht nachgewiesen werden könne. Es ist nun allerdings richtig, dass diese Krankheit oft nur einzelne Thiere auf einer Alpe ergreift, von einer Alpe auf die andere überspringt, dort wieder nur einzelne Thiere ergreift, sozusagen also angeflogen kommt; deshalb hat sie auch bei der Bevölkerung den Namen Flugkrankheit erhalten. Diese Art der Krankheitsübertragung kommt aber auch bei menschlichen Krankheiten vor, wie z. B. bei den Masern, welche oft die nächsten Angehörigen, die in steter Berührung mit dem Erkrankten sind, verschont, in einem der nächsten Häuser aber plötzlich wieder auftritt. Dieses sprungartige Auftreten der Krankheit ist daher noch kein Beweis, dass diese Krankheiten nicht contagiöse sind; aber ein anderer Umstand scheint nur noch dafür zu sprechen, dass die Contagiosität dem Rauschbrande nicht ab gesprochen werden könne und zwar die Erfahrung, dass mit der Impfung gegen diese Thierkrankheit so große III. Sitzung des Vorarlberger Landtags. V. Session, 7. Periode 1895. 23 Erfolge erzielt werden, welche auch in der vorjährigen Ausschussberathung rückhaltlos anerkannt worden sind. Worin besteht die Impfung? Die Impfung besteht darin, dass der Ansteckungsstoff auf gesunde Thiere übertragen wird, wodurch die Krankheit bei denselben in milderer Form erzeugt wird, so dass die Thiere gegen das Auftreten der Krankheit in schwereren Formen immunisirt werden. Daraus geht nun hervor, dass diese Krankheit durch den Ansteckungsstoff übertragbar ist. Wenn nun in der Vorlage des Landesausschusses, die uns noch in der heutigen Sitzung beschäftigen wird, vom hohen Landtage Geldmittel angesprochen werden zur Anschaffung eines solchen Ansteckungungsstoffes und andererseits die Möglichkeit der Ansteckung in Abrede gestellt wird, so scheint mir darin ein unlösbarer Widerspruch zu liegen; ich glaube daher, dass die hohe Regierung nicht in der Lage sein dürfte, auf den gestellten Antrag einzugehen. Dr. Waibel: Obwohl der Herr Regierungsvertreter zu diesem Gegenstände bereits in meiner Intention gesprochen hat, so musste ich mich doch auch noch zum Worte meiden, da ich die Absicht habe, im Wesentlichen dieselben Gesichtspunkte auszusprechen, welche der Herr Negierungsvertreter bereits ausgesprochen hat. Wir haben es hier mit einer Krankheit räthselhafter Natur zu thun, das ist richtig. Ich habe in der Gemeinde Dornbirn, in welcher viel Viehzucht getrieben wird, auch Gelegenheit gehabt, in dieser Beziehung Erfahrungen zu machen und habe zur Genüge gesehen, dass das Auftreten dieser Krankheit ein derartiges ist, als ob sie nicht ansteckend wäre. Wir haben aber auch die traurige Erfahrung gemacht, dass diese Krankheit in dieselbe Kategorie von Erkrankungen fällt, die man Milzbrand nennt. Wenn man ein am Rauschbrande gefallenes Thier untersucht, so zeigen sich bei ihm dieselben pathologischen Erscheinungen, welche beim Milzbrand vorkommen, ein Beweis, dass sie im Wesentlichen dieselbe Erkrankung ist, wie der eigentliche Milzbrand. Ich habe vor Jahren Gelegenheit gehabt, die Wirkung einer solchen Milzbrand-Geschichte in Hohenems mitzumachen. Ich habe dort als GerichtsArzt fungiert und es sind aus jenem Anlasse wirklich mehrere Personen dem Tode verfallen und andere schwer erkrankt. Ich wollte hier noch bemerken, dass es als ein weiterer Beweis dafür angesehen werden muss, dass man es hier doch mit einer ansteckenden Krankheit zu thun hat, wenn man einen Rückschluss macht von der Impfung auf die Natur der Krankheit. Die Rauschbrandschutz-Impfung ist ganz analog wie die Blattern-Impfung. Man macht jetzt auch Versuche mit der Impfung gegen Diphtherie. Die Wirkung, welche der Pasteurische Impfstoff hat, ist ganz eclatant und jeder Mediciner und Thierarzt wird zugeben müssen, dass der Zusammenhang ein ganz unlvsbarer ist. Wenn diese Natur der Ansteckung nicht vorhanden wäre, so könnte die Impfung jene Wirkung gewiß nicht haben, die wir durch jahrelange Versuche constatiert und auch hier ausgesprochen haben. Es ist eigenthümlich, wenn sich eine Körperschaft, wie der Landtag ist, heranwagt, solche Thatsache in Abrede zu stellen und durch einen Landtagsbeschluss die Natur einer Krankheit abzuändern. (Heiterkeit.) Es kann dieser Versuch ja gemacht werden; gelingt er, so ist das ganz nachahmenswerth. Wir könnten dann auch daran gehen, auch die Diphtherie als nicht ansteckende Krankheit zu beschließen — wirksam für das Land Vorarlberg. (Grotze Heiterkeit.) Wir sind da gewiß in einer etwas eigenthümlichen Lage, wenn wir einen solchen Beschluss fassen, und wenn wir andererseits berücksichtigen, wie die Wissenschaft zu dieser Frage steht. Nach diesen Auseinandersetzungen, die ich als Arzt hier ausgesprochen habe, kann ich dem Anträge nicht wohl beistimmen, er widerspricht meiner ärztlichen Überzeugung. Landeshauptmann: Wer wünscht noch weiter das Wort? — Da sich Niemand mehr zum Worte meldet, so erkläre ich die Debatte für geschlossen und ertheile das Wort dem Herrn Berichterstatter. Martin Thurnher: Der Herr Negierungsvertreter und der Herr Abgeordnete der Handels- und Gewerbekammer haben sich dem vorliegenden Anträge gegenüber ablehnend ausgesprochen und ihren Standpunkt dazu eingehend begründet. Dem gegenüber muss ich doch constatieren, wie es auch schon im vorliegenden Berichte und in einer Reihe von Berichten in früheren Sessionen geschehen ist, dass im Lande allgemein die Ansicht herrscht, dass der Rausch- und Milzbrand zwei ganz verschiedene. 24 III, Sitzung des Vorarlberger Landtags. V. Session, 7. Periode 1895 nicht in dieselbe Kategerie fallende Krankheiten sind. Wenn der Herr Dr. Waibel sich auf einen Fall in Hohenems bezogen hat, so ist dort ganz sicher konstatiert worden, dass es sich nicht um Rausch-, sondern um Milzbrand handelte, von welch' letzterem allseitig anerkannt wird, dass er eine ansteckende Krankheit ist. Bezüglich des Rauschbrandes sind die Sachverständigen, die ins Tressen geführt worden sind, selbst nicht einig. Die einen Thierärzte, und zwar nur Einzelne, sagen, der Rauschbrand gehört zu den Milzbrandformen, die weit größere Zahl der Thierärzte widerstreitet dem, -gestützt auf lange Erfahrungen. Solang nun diese Frage nicht vollständig vom wissenschaftlichen Standpunkte aus gelöst ist, hat der Landtag, glaube ich, das volle Recht, den Anschauungen, wie sie im Lande unwiderstritten bestehen, Ausdruck zu geben und es wird dieses auch der Regierung den Anlass geben, dieser Frage neuerdings ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden, neue Untersuchungen zu pflegen und nach den Ergebnissen derselben ein endgiltiges Urtheil zu fällen. In diesem Sinne und nach diesen Auseinandersetzungen empfehle ich die unveränderte Annahme des Antrages. Landeshauptmann: Ich bringe nun den Antrag zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche damit einverstanden sind, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Majorität. Der sechste Gegenstand der heutigen Tagesordnung ist die Petition der Gemeinde Damüls in Sachen der Vollendung der Straße Au-Damüls. Nägele: Nachdem bisher noch kein Ausschuss für Straßenangelegenheiten eingesetzt ist, so stelle ich den Antrag, diesen Gegenstand den: volkswirtschaftlichen Ausschüsse zur Vorberathung und Berichterstattung zu überweisen. Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Nägele beantragt die Zuweisung dieses Gegenstandes an den volkswirthschaftlichen Ausschuss. — Es erfolgt dagegen keine Einwendung, ich betrachte daher den Antrag als angenommen und es wird die Zuweisung in diesem Sinne erfolgen. Der siebente Gegenstand ist der Bericht des Landes-Ausschusses betreffend die Schutzimpfung der Rinder gegen Rauschbrand. Ich ersuche den Herrn Abgeordneten Martin Thurnher, den Antrag zu verlesen. Martin Thurnher: In früheren Jahren hat das Land unter Mitwirkung der Regierung die Kosten der Impfung gegen Rauschbrand aus der Landeskasse bezahlt. Später lehnte die Regierung die Mitwirkung ab, und das Land hat gegen eine kleine Impftaxe von zehn Kreuzern die Auslage ganz aus der Landescassa bestritten. Vom Jahre 1892 an ist dies nicht mehr geschehen, weil der Landtag der Ansicht war, dass die Schutzimpfung der Rinder gegen Rauschbrand nicht mehr im Stadium des Versuches sich befinde und es sonach Sache der betreffenden Interessenten sei, die Kosten derselben wenigstens zum größten Teile selbst zu tragen. Es wurde demnach beschlossen, für die Jahre 1892, 1893 und 1894 nur die Kosten für den Impfstoff und das nöthige Werkzeug auf die Landescassa zu übernehmen. Nun hat aber der Landes-Ausschuss geglaubt, es wäre doch zweckmäßig, für weitere zwei Jahre in gleicher Weise mitzuwirken und erhebt daher den Antrag: (Liest den Antrag aus Beilage X.) Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag die Debatte. Da sich Niemand zum Worte meldet, ist die Debatte geschlossen. Ich werde nun zur Abstimmung schreiten und ersuche jene Herren, welche dem Anträge die Zustimmung geben, sich von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Als achter Gegenstand liegt vor die Petition des Asylvereines der Wiener Universität um Unterstützung. Der Herr Abgeordnete Schapler hat das Wort. Schapler: Ich beantrage die Zuweisung dieses Gegenstandes an den Finanz-Ausschuss. Landeshauptmann: Es ist die Zuweisung dieses Gegenstandes an den Finanz-Ausschuss beantragt. — Es erfolgt keine Einwendung, deshalb nehme ich an, dass der Antrag die Zustimmung des hohen Hauses gefunden hat. Endlich haben wir noch nach dem Anträge, der bei Beginn der Sitzung gestellt wurde, als letzten Gegenstand zu behandeln die Landes-AusschussIIL Sitzung des Vorarlberger Landtags. V. Session, 7. Periode 1895. 25 Vorlage, betreffend die Verwendung des Fondes M Hebung der Rindviehzucht. Der Herr Abg. Martin Thurnher hat bei Beginn der Tagesordnung den Antrag gestellt, dass dieser Gegenstand dem volkswirtschaftlichen Ausschusse zugewiesen werde. Wird eine Einwendung dagegen erhoben? — Es ist nicht der Fall, somit betrachte ich den Antrag als mit Ihrer Zustimmung versehen und wird in diesem Sinne die Zuweisung erfolgen. Ich habe dem hohen Hause noch mitzutheilen, dass der volkswirtschaftliche Ausschuss unmittelbar nach der Haussitzung zu seiner ersten Berathung sich zusammen finden wird. Ferner habe ich mitzutheilen, dass alle Herren eingeladen sind, heute Nachmittag drei Uhr sich beim neuen Postgebäude zu versammeln, woselbst Vorkehrungen getroffen sind, dass man in die einzelnen Räumlichkeiten hinauf kann, um sie zu besichtigen. Die nächste Sitzung beraume ich auf Donnerstag den 17. d. Ms. halb 11 Uhr Vormittag an mit nachstehender Tagesordnung: 1. Gesetzentwurf, betreffend die Regelung der Tanzmusiken. 2. Bericht des Landes-Ausschusses über den Gesetzentwurf, betreffend Abänderung des § 12 der Bauordnung. 3. Petition des Fischereivereines um eine Subvention aus Landesmitteln. 4. Petition desselben Vereines um Zuerkennung einer Belohnung für den Erleger einer Fischotter. 5. Bericht des Landes-Ausschusses über den Antrag des Herrn Dr. Waibel, betreffend Stipendien für Gewerbeschüler. 6. Zuschrift des k. k. Bezirksgerichtes Bezau in Sachen der gerichtlichen Verfolgung des Herrn Abgeordneten Fritz. 7. Bericht des Landes-Ausschusses über das Gesuch der Gemeinde Buch um einen Beitrag zum Straßenbau nach Alberschwende. 8. Wahl von drei Mitgliedern und drei Ersatzmännern in die Grundsteuer-Landes-Commission laut Zuschrift der k. k. Statthalterei. Die heutige Sitzung ist geschlossen. (Schluss der Sitzung 11 Uhr Vormittag.) "Druck von J. N. Teutsch, Bregenz. Mrarl'öerger Landtag. 3. Sitzung am 15. Januar 1895, unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. ------ ------- HB-*------------Gegenwärtig 18 Abgeordnete. Abwesend die Herren: Hochwürdigfter Kischof und Dr. Schmid. Reglsl'ungsvertretsr: Herr Hofrath Gräf St. Julien-Wall fee. Beginn der Sitzung 10 Uhr 10 Min. Vormittag. Landeshauptmann: Die Sitzung ist eröffnet. Ich bitte um Verlesung des Protokolles der gestrigen Sitzung. (Secretär verliest dasselbe.) Landeshauptmann: gegen die Fassung zuwenden? — des Hat einer der Herren Protokolles etwas ein­ Es ist nicht der Fall, somit betrachte ich das­ selbe als genehmigt. Es sind mir mehrere Einlaufstücke zugekommen. Das Eine ist die Petition des Vorarlberger Fischerei-Vereines um Unterstützung, das zweite eine Petition desselben Vereines um Zuerkennung einer Entlohnung für die Erlegung einer Fischotter, — überreicht durch den Hrn. Abg. Dr. Beck, das dritte eine Petition der Gemeinde Satteins um einen Beitrag zu Jllwuhrbauten und ein Gesuch — überreicht durch den Herrn Abg. Reisch; endlich ein Gesuch der Gemeinde Lorüns um einen Bei­ trag zu den Kosten der Schutzbauten an der Jll — eingebracht durch den Herrn Abg. Schapler. Martin Thurnhcr: Ich bitte um das Wort. Ich beantrage, dass die zwei letztgenannten Gesuche, nämlich die Petitionen der Gemeinden Satteins und Lorüns dringlich behandelt und an den volks­ wirtschaftlichen Ausschuss zur Vorberathung und Berichterstattung zugewiesen werden. 18 III. Sitzung des Vorarlberger Landtages. Landeshauptmann: Der Herr Abg. Martin Thurnher beantragt für die Behandlung dieser Gesuche die Dringlichkeit. Wird dagegen eine Einwendung erhoben? — Es ist nicht der Fall. Ferner beantragt der Herr Abgeordnete die Verweisung der beiden Gegenstände an den volkswirtschaftlichen Ausschuss zur Vorberathung und Berichterstattung. Es wird auch dagegen keine Einwendung er­ hoben, somit sind diese Anträge zum Beschlusse erhoben und wird in diesem Sinne vorgegangen werden. Die in der letzten Sitzung gewählten vier Ausschüsse haben sich constituiert und hat der Finanz-Ausschuss als Obmann Herrn Fritz, als Berichterstatter die Herren Pfarrer Rudigier und Nägele gewählt. Der volkswirtschaftliche Ausschuss bestimmte als Obmann Herrn Johann Thurnher, als Berichterstatter die Herren Martin Thurnher und Fink; der Schul-Ausschuss als Obmann den Hochwürdigsten Bischof, als Berichterstatter Herrn Pfarrer Rudigier; endlich bestimmte der Wehrausschuss als Obmann Herrn Johann Thurn­ her, als Berichterstatter Herrn Martin Thurnher. Ich ertheilte das Wort dem Herrn Regierungs­ Vertreter. V. Session, 7. Periode 1895. Gleichwohl hat Se. Excellenz der Herr Statt­ halter das k. k. Ministerium des Innern, welches die fragliche Versicherungsgesellschaft mit Erlass vom 18. Mai 1890, Zl. 5457 (h. ä. Erlass vom 27. Juli 1890, Zl. 4391 pr.) zur Wieder­ aufnahme ihres Geschäftsbetriebes in Österreich und Errichtung einer Zweigniederlassung in Wien zugelassen hat, auf die wenig empfehlende Geschäfts­ vermittlung Löwy's aufmerksam gemacht und die Bezirkshauptmannschaften Vorarlberg's angewiesen, nicht nur fernerhin den Geschäftsbetrieb Löwy's und anderer Agenten im Auge zu behalten, sondern auch die Bevölkerung angemessen aufzuklären, dass Versicherungen, welcher Art immer, nur dann von unbestreitbarem Werte sind, wenn sie mit den Vermögensverhältnissen des Versicherten insoweit im Einklänge stehen, dass derselbe die Prämien sammt Nebengebühren voraussichtlich ohne zu große Opfer wird tragen können und wenn sich der Be­ treffende vor Abschluss der Versicherung nicht nur über die Legitimation des Agenten durch Einsicht in seine Papiere, sondern auch über alle Be­ dingungen, Vortheile und Folgen des Vertrages, sei es durch eigene Überzeugung, sei es durch Rath einsichtiger Gemeindemitglieder vollkommen klar geworden ist. Da mittlerweile keine Beschwerden über das Gebühren des genannten Assecuranz-Oberinspectors mehr eingelaufen sind, so ist wohl anzunehmen, dass Löwy den Bezirk Feldkirch und auch das Land Vorarlberg verlassen hat. RcgiernngSvertretcr: In der sechsten Land­ tagssitzung der letzten Session am 20. Januar 1894 hat der Herr Landtags-Abgeordnete Bösch eine Interpellation betreffend das angeblich betrügerische Vorgehen des Oberinspectors der ersten allgemeinen Landeshauptmann: Ich ertheile dem Herrn ungarischen Assecuranz - Gesellschaft in Budapest Abg. Martin Thurnher das Wort zur Geschäfts­ Max Löwy bei Abschließung von Versicherungs­ Ordnung. verträgen eingebracht. Bei Wiederzusammentritt des Landtages habe ich die Ehre diese Interpellation Martin Thurnher: Ich habe mir das Wort in Nachstehendem zu beantworten. erbeten nicht so fast zur Geschäftsordnung, sondern Aus den von der hohen k. k. Statthalterei ge­ vielmehr zur Tagesordnung. pflogenen Erhebungen geht hervor, dass Löwy Unter den Anträgen, welche in der letzten wohl ein aufdringliches und in manchen Fällen Session wegen Vertagung des Landtages nicht entschieden unreelles und zweideutiges Gebühren mehr zur Behandlung gelangen konnten, befindet zur Last gelegt werden muss, welches auch eine fernere Überwachung dieses und anderer Versicher­ sich auch der Act betreffend die Hebung der Rind­ ungs-Agenten und Aufklänmg der Bevölkerung viehzucht. Es ist dies ein für unser Land außer­ ordentlich wichtiger Gegenstand, und es hat bereits nöthig erscheinen läßt, dass aber von einem geradezu der Landes-Ausschuss im Currentalwege beschloffen, betrügerischen Vorgehen vorläufig wohl kaum ge­ dass dieser Act neuerdings dem hohen Landtage sprochen werden kann und dass eine diesfällige in Vorlage gebracht wird. Zur möglichsten Be­ Strafanzeige beim k. k. Kreisgerichte Feldkirch auch keinen strafbaren Thatbestand zu Tage gefördert hat. | schleunigung der Arbeiten erlaube ich mir, den in. Sitzung des vorculberger Landtages. V. Session, 7. Periode 1895. 19 Dringlichkeitsantrag zu stellen, dass dieser Act auf | berufenen Organe anzuweisen, diesbezüglich strenge die heutige Tagesordnung gesetzt und in formeller nach den bestehenden Gesetzen und Verordnungen Beziehung dem volkswirtschaftlichen Ausschüsse zu­ vorzugehen. Die hohe k. k. Statthalterei hat diesem Ansuchen entsprochen und geeignete dies­ gewiesen wird. bezügliche Erlässe an die Vorarlbergischen Bezirks­ hauptmannschaften und die Finanz-Bezirks-Direction Landeshauptmann: Wünscht Jemand das gerichtet und ist auch diesbezüglich eine Besserung Wort? — Es ist dies nicht der Fall, ich werde daher der Verhältnisse zu constatiren. Einige wenige in nach Schluss der heutigen Tagesordnung nochmals einzelnen Fällen vorgekommene Anstände wurden behoben, und es kann im Allgemeinen gesagt auf diesen Gegenstand zurückkommen. werden, dass die Stationsleitungen sich ihrer Auf­ Wir kommen nun zur Tagesordnung. gabe und Pflichten voll bewusst sind und denselben Auf derselben steht als erster Gegenstand der Bericht des Landes-Ausschusses über in jeder Beziehung nachkommen. So mögen auch in der Folge die berufenen Factoren zusammen­ die Wirksamkeit der Naturalverpflegsstationen im Jahre 1893. Ich ersuche den wirken, die Zwecke dieser Institution, die ins­ besondere für das an eine Reihe von Ländern und Herrn Abg. Martin Thurnher, den Antrag zu verlesen. Staaten anstoßende, dem Zu- und Durchzuge mittel­ Martin Thurnher: Der Bericht, der hier dem loser Reisender besonders ausgesetzte Land Vorarl­ berg besondere Wichtigkeit haben, kräftigst und bestens , hohen Landtage zur Kenntnis gebracht wird, berifft die Thätigkeit der Natural-Verpflegsstationen zu fördern. im Jahre 1893. Über das Jahr 1894 kann in Nach dieser kurzen Einleitung stelle ich namens der laufenden Session voraussichtlich kein Bericht des Landes-Ausschusses den Antrag: „Der Landtag wolle den Bericht, betreffend die Thätigkeit und den erscheinen, weil mit Ausnahme des Bezirkes Erfolg der Natural-Verpflegsstationen im Lande Dornbirn die Rechnungen noch nicht abgeschlossen Vorarlberg pro 1893 zur Kenntnis nehmen." und die anderweitig abverlangten Berichte noch nicht vollständig eingelangt sind. Soviel kann Landeshauptmann: Ich eröffne über diesen aber heute schon constatirt werden, dass der Be­ Bericht und Antrag die Debatte. — such der Natural-Verpflegsstationen im Jahre 1894 Es meldet sich Niemand in derselben zum beiläufig die gleiche Höhe erreicht haben dürfte, Worte. Die Debatte ist daher geschlossen und ich wie im Jahre 1893. Auch die Erfolge sind nicht hinter jenen des Vorjahres zurückgeblieben. In schreite zur Abstimmung. Jene Herren, welche dem An­ allen Gemeinden, in denen die Bevölkerung den träge des Landes Ausschuffes ihre Zustimmung geben wollen, ersuche ich, sich von den Sitzen zu erheben. Zweck dieser Stationen richtig auffaßt, in Ge­ meinden, in denen die Vorstehungen zielbewußt Angenommen. wirken, zeigen sich die wohlthätigen Folgen der Der zweite Gegenstand der Tagesordnung ist Natural-Verpflegsstationen ausnahmslos in hervor­ der Act, betreffend die Herstellung der Flexenstraß e. Ich erwarte über die formelle ragender Weise. Der Landes-Ausschuss hat nicht ermangelt, im Laufe des vergangenen Jahres die Behandlung dieses Gegenstandes einen Antrag aus Gemeindevorstehungen neuerdings aufzufordern, die der Mitte der Versammlung. Bevölkerung von Zeit zu Zeit über Zweck und Wesen dieser Anstalten zu belehren, und zu ver­ Fritz: Ich beantrage, diesen wichtigen Gegen­ stand dem schon gewählten volkswirtschaftlichen anlassen, die Erreichung ihres Zweckes zu fördern. Bei den sich häufenden Klagen, dass von Mitteln Ausschüsse zur Vorberathlmg und Berichterstattung ganz entblößte, vielfach nicht mit Neisedocumenten zu überweisen. versehene auswärtige Reisende anstandslos vom Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Auslande über die Grenze in unser Land herein­ Fritz beantragt die Verweisung dieses Gegenstandes gelassen werden, fand sich der Landes-Ausschuss an den volkswirtschaftlichen Ausschuss. Wird eine veranlasst, im vergangenen Sommer an die hohe V t Statthalterei das Ansuchen zu richten, die Einwendung dagegen erhoben? — 20 HL Sitzung des Vorarlberger Landtages. Es ist nicht der Fall, somit betrachte ich den Antrag als genehmigt und wird die Zuweisung in diesem Sinne erfolgen. Der dritte Gegenstand der Tagesordnung- ist der Bericht des Landesausschusses über den Antrag des Abgeordneten Bösch, be­ treffend die Herabsetzung der Erwerb­ steuer für Sticker. Ich ersuche im Namen des Landesausschusses den Herrn Abgeordneten Martin Thurnher zu referiren. Martin Thurnher: Der Bericht und Antrag, der dem hohen Hause in der gegenwärtigen Session vorliegt, behandelt einen Gegenstand, der ebenfalls bereits in der letzten Session von Seite des Land­ tages in formelle Behandlung gezogen und vom be­ treffenden Ausschüsse auch erledigt worden war. Wie mehrere andere Gegenstände, konnte auch dieser nicht mehr im Hause selbst zur endgiltigen Verhandlung gelangen. Der Landes-Ausschuss hat aber geglaubt, diesen wie auch mehrere andere Gegenstände aufnehmen zu sollen um dieselben im kurzen Wege der Erledigung zuzuführen. Ich stelle daher namens des Landesausschusses den Antrag: (Liest den Antrag aus Beilage VI.) Landeshauptmann: Indem ich über diesen Bericht und Antrag die Debatte eröffne, ertheile ich zunächst dem Herrn Dr. Waibel das Wort. Dr. Waibel: Ich werde diesem Anträge in Übereinstimmung mit dem Berichte, der bereits in der letzten Session vorgelegen ist, meine Zustimmung geben. Ich mache aber aufmerksam, dass diese Steuer voraussichtlich so wie so für die Zukunft entfallen wird, da das Personal-Steuergesetz, welches von der permanenten Steuercommission im Reichs­ rathe bereits fertiggestellt ist, im § 3 folgende Bestimmung enthält: Der § 3 sagt: „Von der allgemeinen Erwerb­ steuer sind befreit . . . (Abs. 5) Hausindustrielle, welche ausschließlich im Auftrage und für Rechnung von Unternehmern persönlich oder unter Mitwirkung von Personen des eigenen Hausstandes, jedoch ohne fremde Hilfsarbeiter industrielle Erzeugnisse herstellen oder bearbeiten." Es dürfte also die Stickerei­ industrie in der Hausindustrie, welche hier im Absatz 5 aufgeführt ist, inbegriffen sein, und es V. Session, 7. Periode 1895. ist daraus zu entnehmen, dass, wenn dieses Gesetz in Wirksamkeit tritt, diese Steuer so wie so gänzlich entfällt. Negierungsvertreter: Ich habe mir das Wort erbeten, um einige Unrichtigkeiten in dem gegen­ ständlichen Berichte des Gemeinde- und Verwaltungs­ ausschusses vom 5. Februar 1894 richtig zu stellen. Es wird den Ausführungen dieses Berichtes nach angeblich häufig Klage geführt, dass die Erwerb­ Steuer für die Sticker in verschiedenen Bezirken verschieden bemessen werde. Es wird gesagt, dass in Feldkirch diese Steuer durchgehends mit 2 fl. 62 fr. Ordinarium bemessen wird, während dieselbe in Bregenz theils mit 2 fl. 62 fr., theils mit 2 fl. 10 fr. angesetzt ist. Es ist im Berichte ganz richtig hinzugefügt „je nach dem Verhältnisse des Gewerbe-Anmelders". Dieser Untstand ist eben sehr ausschlaggebend. Im Erwerbsteuer-Patente vom 20. Januar 1817 und 1. October 1822 ist die Steuerbemessung genau vorgeschrieben. Es heißt dort, dass die Steuer bemessen werden soll nach Maßgabe der Bevölkerungszahl und des Betriebsortes. Es kommt daher die Bevölkerungs­ zahl und der Betriebsort in Betracht, und je nachdem erstere größer oder kleiner ist, wird eben die Steuer höher oder niedriger bemessen. Dass eine Erhöhung des Steuersatzes auf 2 fl. 62T/2 fr. erst seit dem Jahre 1888 eingetreten sein soll, ist nicht richtig. Dieser höhere Steuerersatz wurde bereits im Jahre 1876 bemessen, und zwar in allen Be­ zirken Vorarlbergs. Ich wollte diese Angaben nur richtig stellen, damit es nicht scheint, als ob das in Beschwerde gezogene Vorgehen eine Eigenmächtgkeit der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch wäre, und damit darthun, das dieses in den Bestimmungen der erwähnten Patente vollkommen begründet ist. Bösch: Der Herr Negierungsvertreter hat auf ein Patent vom 20. Jänner 1817 hiugewiesen und mag nach seiner Anschauung recht haben. Es sollte aber auch die Steuerbehörde nach meiner Auffassung die Sache in der Richtung beurteilen, ob bei diesem Gewerbe die Volkszahl überhaupt von Einfluß für den Erwerb ist. Für Schuster, Wirte, Bäcker u. s. w. ist es allerdings nicht einerlei, ob die Volkszahl eine große oder kleine ist. Die Stickerei aber wird nicht im Lande verwerthet. III. Sitzung des Vorarlberger Landtags- sondern geht zumeist außer Landes. Es übt daher absolut gar keinen Einfluß aus, ob in einzelnen .Gemeinden eine oder mehrere Stickmaschinen sind. Bei anderen Gewerben ist das, was der Herr Regierungsvertreter gesagt hat, wirklich zutreffend; bei der Stickerei aber, wie gesagt, gar nicht. Weiter möchte ich bemerken, dass gerade zu jener Zeit, in welcher der Erwerb der Stickerei im Sinken begriffen war, die Erwerbsteuer für die Sticker aufgestiegen ist. Mir ist nur bekannt, dass dies im Jahre 1888 vorgekommen ist. Bis dorthin ist mir von einer Steuererhöhung nichts bekannt. Damals und noch später sind Beschwerden und Recurse gegen zu hohe Steuervorschreibungen eingereicht worden, sie waren aber in der Regel fruchtlos. Bekanntlich war die Stickerei früher eine Zeit ein guter Erwerb; das war aber damals der Fall, als die Stickerei in Vorarlberg noch in den Kinder­ schuhen war. Sobald sie sich aber weiter aus­ gebreitet hatte, kamen lange, fast Jahre hindurch dauernde Krisen, so dass die Sticker die durch An­ schaffung der Maschinen und Erstellung der nöthigen Baulichkeiten erwachsenen Schulden nicht mehr bezahlen konnten. Gerade Anfangs oder Mitte der 80ger Jahre war dies am meisten zutreffend, viele kleine Bauern haben damals die Zuflucht zur Stickerei genommen, um sich eine Existenz zu gründen, dadurch wurden massenhaft Maschinen angeschafft, und die Stickerei war kein Erwerbsmittel mehr, Schulden abzutragen, sondern es musste Jeder froh sein, wenn er durch fleißige Arbeit sich und seine Familie durchbrachte. Von diesem Moment an fand es die Steuerbehörde für angemessen, die Erwerbsteuer der Sticker hinaufzuschrauben, und, weil die Ein­ kommensteuer nach der Erwerbsteuer bemessen wird, so wurde auch in gleicher Weise die Einkommen­ steuer erhöht. Ich ersuche also das hohe Haus, es möge dem Anträge, wie er vom hohen Landes­ Ausschusse gestellt wird, die Zustimmung ertheilen und das Seinige beitragen, damit dieser wirklich zu hohen Belastung der Sticker, hauptsächlich den Einzelmaschinen oder Klein-Maschinenbesitzer etwas Linderung zuth-ül werde. Welte: Ich erlaube mir zu constatieren, dass namentlich in unserer Gemeinde vor 1888 für Sticker niemals mehr als 2 fl. 10 kr. SteuerOrdinarium vorgeschrieben wurde. Von jener Zeit V. Session, 7. Periode 1895. 21 an bis heute wird jedem Gewerbeansuchenden, wenn es auch weibliche Personen sind, mit 2 fl. 62 kr. Ordinarium bemessen, folglich wird auf die Tüch­ tigkeit des Allsuchers nicht stark Rücksicht genommen, sonst müßte man weibliche Personen niedriger be­ steuern. Überhaupt kommt es mir sonderbar vor, dass da eine verschiedene Vorschreibung stattfinden müsse. Es kann kaum von der Behörde voraus­ gesetzt werden, welche Person weniger oder besser qualificiert ist, daher mehr oder weniger Steuer­ zahlen soll. Daher glaube ich, dass wenigstens ein gleiches Ordinarium mit 2 fl. 10 kr. für Sticker gerechtfertigt wäre. Ich erhoffe, die Regierung dürfte aus Billigkeitsrücksichten wohl auf den Antrag, der heute dem h. Hause vorliegt, eingehen und diese Erwerbsteuer dahin reguliren, dass jedem gewerbetreibenden Sticker nur 2 fl. 10 kr. als Ordinarium vorgeschrieben werden, wenn er auch das Gewerbe schon früher oder später erhalten hat, und das von Amtswegen diese Steuer richtig gestellt werde. Landeshauptmann: Wer wünscht noch das Wort? — Es meldet sich Niemand, somit erkläre ich die Debatte für geschlossen und ertheile das Wort dem Herrn Berichterstatter. Martin Thurnher: Der Herr Abgeordnete Dr. Waibel hat mit Hinweis auf eine Bestimmung des dermalen im Reichsrathe vorliegenden neuen Steuergesetzes geglaubt, dass dieser Antrag oder die Annnahme desselben für die Zukunft vielleicht nicht nothwendig falle, weil in dieser Bestimmung bereits Vorsorge getroffen werde, dass die Haus­ industrie nicht mehr so belastet wird. Das mag richtig sein; dieser Passus ist im Steuerentwurfe wohl enthalten. Ob ihn aber die Finanzorgane immer gerade in dieser Weise auslegen werden, wie der Herr Vorredner gemeint hat, ist bei den bekannten diesbezüglichen bei uns bestehenden Ver­ hältnissen sehr fraglich. Aber selbst dann, wenn es ganz so zutreffen würde, so hat der Herr Ab­ geordnete Dr. Waibel dadurch, dass er gesagt hat, dass er für den Antrag stimmen werde, doch zu­ gegeben, dass wir durch Annahme des Antrages richtig vorgehen, weil es immer fraglich bleibt, ob diese Steuerreform so rasch zur Durchführung gelangen wird. Wir wollen hoffen, dass es geschieht,