18950204_lts012

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Letzte Änderung 03.07.2021, 09:53
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp07,lts1895,lt1895,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 12. Sitzung am 4 Februar 1895, unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 20 Abgeordnete. Regierungsvertreter: Herr Hofrath Graf St. Julien-Wallsee. Beginn der Sitzung um 10 Uhr 40 Min. Vormittags. Landeshauptmann: Ich erkläre die Sitzung als eröffnet und ersuche um Verlesung des Protokolles der letzten Sitzung. (Secretär liest dasselbe.) Landeshauptmann: Wird gegen die Fassung des Protokolles eine Einwendung erhoben? — Es ist nicht der Fall, somit betrachte ich dasselbe als genehmigt. Bevor wir zur Tagesordnung übergehen, möchte ich mir noch die Anfrage erlauben, ob das hohe Haus nichts dagegen einzuwenden findet, wenn ich die Tagesordnung um einen fünften Gegenstand verstärke, nämlich um den Bericht des Finanz-Ausschusses über das Gesuch des Unterstützungsvereines für dürftige und würdige Hörer an der k. k. Hochschule für Bodencultur in Wien um eine Spende. Es ist dies eine kleine Angelegenheit und ich glaube, es wird wohl kein Widerspruch dagegen erhoben werden, dass dieselbe noch heute zur Verhandlung gelange. — Es erhebt sich kein Widerspruch, somit erscheint dieser Gegenstand als fünfter auf die heutige Tagesordnung gesetzt. Als erster Gegenstand steht auf derselben die Wahl des Wahlreform-Ausschusses. Der Ausschuss soll aus 5 Mitgliedern bestehen und ersuche ich daher die Herren, 7 Namen zu schreiben. Ich ersuche die Herren Abgeordneten 138 XII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. V. Session, 7. Periode 1895. Wolf und Decan Berchtold, gefälligst das Scrutinium zu übernehmen. Decan Berchtold: Es erhielt der Herr Abgeordnete Reisch 18, Wolf 17, Berchtold 16, Fritz und Welte je 15 Stimmen. Die Nächstfolgenden sind die Herren Abgeordneten Greißing mit 6 Stimmen und Rüf und Schapler mit je 5 Stimmen. Landeshauptmann: Es sind somit die Herren Abgeordneten Reisch, Wolf, Berchtold, Fritz und Welte zu Mitgliedern des Wahlreform-Ausschusses gewählt, ferner als erster Ersatzmann der HerrAbgeordnete Greißing. Zwischen den beiden Herren Abgeordneten Rüf und Schapler, welche je 5 Stimmen erhalten haben, ist das Loos zu ziehen, welcher von diesen beiden Herren Abgeordneten zweiter Ersatzmann werden soll. Ich bitte den Herrn Abgeordneten Büchele, gefälligst das Loos zu ziehen. Büchele: Schapler. Landeshauptmann: Es ist somit der Herr Abgeordnete Schapler zum Ersatzmanne in diesen Ausschuss bestimmt. Ich ersuche die Herren Mitglieder dieses Ausschusses, sich baldmöglichst zu constituieren und mir das Resultat bekannt geben zu wollen. Der zweite Gegenstand unserer heutigen Tagesordnung ist der Bericht des FinanzAusschusses über das Gesuch des Leopold Schugg von Riezlern um Verleihung eines Stipendiums zur Fortsetzung seiner Studien am k. k. Militär-Thierarznei-Institute in Wien. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Abgeordneten Greißing, den Antrag bekannt zu geben. Greißing: Der Finanz-Ausschuss hat in diesem Gegenstände folgenden Antrag zu stellen: (Liest den Antrag aus Beilage XXXIII.) Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag die Debatte. — Da sich in derselben Niemand zum Worte meldet, so werde ich zur Abstimmung schreiten und ersuche diejenigen Herren, welche dem Anträge | des Finanz-Ausschusses ihre Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Der dritte Gegenstand unserer heutigen Tagesordnung ist der Bericht des Finanz-Ausschusses über das Gesuch des katholischen Schulvereines für Österreich inWien. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Abgeordneten Fritz, darüber zu referieren. Fritz: Der Antrag des Finanz-Ausschusses lautet: (Liest den Antrag aus Beilage XXXIV.) Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag die Debatte. — Dr. Waibel: Ich habe hier nur eine kurze Bemerkung zu machen und eine Frage zu stellen. Es wird in diesem Berichte mit besonderem Nachdrucke gesagt, dass in dem katholischen Lehrerseminare in Währing unverdorbene Jünglinge zu tüchtigen, von wahrer Liebe zur Religion, zu Kaiser und Vaterland beseelten Lehrern herangebildet werden. Ich möchte fragen, ob nicht auch die Staatsanstalten, welche sich zur Aufgabe machen, Lehrer heranzubilden, das gleiche Ziel im Auge haben und verfolgen. Wenn man hier einen Gegensatz zu den unter staatlicher Leitung, derjenigen der Unterrichtsverwaltung, bestehenden Anstalten erblicken muss, also eine Art Trutzunternehmung, so finden wir uns nicht in der Lage, zu diesem Anträge unsere Zustimmung zu geben. Johann Thurnher: Der Herr Abgeordnete Dr. Waibel fragt, ob Dasselbe, was in dieser zu unterstützenden Anstalt besonders hervorgehoben wird, nämlich die Pflege der Religion, die Liebe zu Kaiser und Vaterland, nicht auch in den staatlichen Anstalten gefördert werde. Ich glaube, diese Frage wäre sehr berechtigt, wenn jetzt die Frage wegen einer Subvention für staatliche Unterrichtsanstalten auf der Tagesordnung stände. Aber nachdem dies nicht der Fall ist, so glaube ich, dass das hohe Haus gar keine Veranlassung hat, auf eine Beantwortung der Frage, in welcher Richtung die staatlichen Unterrichtsanstalten wirken, einzugehen. XII. Sitzung des Vorarlberger Landtags, v. Session, 7. Periode 1895. 139 Landeshauptmann: Wer wünscht weiter das Wort? — Es meldet sich Niemand, somit ist die Debatte geschlossen. Hat vielleicht der Herr Berichterstatter noch etwas beizufügen? Fritz: Nein. Landeshauptmann: Dann schreite ich zur Abstimmung und ersuche diejenigen Herren, welche dem Antrage des Finanz-Ausschusses, wie er verlesen worden ist, ihre Zustimmung geben wollen, sich von den Sitzen zu erheben. Majorität. Der vierte Gegenstand unserer heutigen Tagesordnung ist der Bericht des Finanz-Ausschusses über die ihm in der Landtagssitzung vom 21. Jänner d. J. zur Prüfung und Berichterstattung zugewiesenen Voranschläge. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Abgeordneten Nägele, mit der Verlesung des Berichtes zu beginnen. > Martin Thurnher: Ich glaube, es sollten nur die Anträge zur Verlesung gebracht werden. Nägele: Zum Landesfond-Voranschlage stellt der Finanz-Ausschuss folgende Anträge. Der hohe Landtag wolle beschließen: 1. „Dem Voranschläge des Vorarlberger Landesfondes für das Jahr 1895 wird mit den oben angeführten Bemerkungen über die Bedeckung der 5000 fl. zum Landhausbaufonde die Zustimmung ertheilt. 2. Ebenso wird zur Deckung des Gesammterfordernisses per 83.700 fl. die Einhebung der Zuschläge zu den directen Staatssteuern, und zwar von 10% zur Hauszins- und Hausclassensteuer, und von 20% zur Grund-, Erwerb- und Einkommensteuer; ferner von 1% zu sämmtlichen Staatssteuern zum Fonde für Hebung der Viehzucht im Lande Vorarlberg bewilliget." Landeshauptmann: Ich eröffne über diesen Theil des Berichtes sowie über die Anträge die Debatte. Dr. Waibel: Ich stelle mir vor, dass es doch erlaubt sein wird, über den- gesummten Voranschlag zu sprechen. Der Herr Landeshauptmann hat gewiss nicht bloss über diese Anträge, die der Herr Berichterstatter vorgelesen hat, die Debatte eröffnet. Da muss ich mir im Allgemeinen zum voraus folgende Bemerkung erlauben. Wir haben es beim Anblicke dieses Voranschlages mit dem richtigen Zwillingsbruder der Rechnungslegung zu thun. Er macht sich noch dadurch etwas kenntlicher, dass bei ihm etwas ausgelassen erscheint, was in der Rechnungslegung doch enthalten ist. Die Rechnungslegung bringt doch wenigstens die 2425 fl. 50 kr. Zinsen, die aus dem in der Sparkasse und m Salinenscheinen angelegten Überschüsse erzielt worden sind. Der Voranschlag aber befaßt sich absolut nicht mit dem Kassensaldo, weder mit der Hauptsache noch mit den Zinsen, welche aus diesem Saldo sich im Laufe der Jahre ergeben haben. Wenn eine Gemeinde in die Lage kommt, den Voranschlag über ihr Gebühren zu verfassen, so wird das regelmäßig so gemacht und auch verlangt, das es so gemacht wird, dass der erzielte Überschuss oder Kassensaldo als Einnahmepost im Präliminare erscheint. Das ist hier gänzlich unterlassen worden. Ich spreche da nur im Allgemeinen davon und mache darauf aufmerksam, wir hätten, wenn die Präliminierung richtig wäre, als erste Post hier zu erwarten: Kassasaldo 126, 884 fl., die Zinsen nicht mitgerechnet. Ich weiß nicht, wie hoch sie sich belaufen, aber der effecttve Kassa-Überschuss beziffert sich auf 126.884 fl. „ Von diesem Kassen-Überschusse und von den Zinsen, welche aus diesem fruchtbringend angelegten Überschüsse erzielt worden sind, ist mit keiner Sylbe im Voranschläge die Rede. Man wird mir entgegnen, das sei in den früheren Voranschlägen auch nicht der Fall gewesen. Ich kann zugeben, dass dies seine Richtigkeit hat, aber ich könnte nicht zugeben, dass dieses Vorgehen das richtige ist. In das ordnungsmäßige Rechnungsgebühren gehört eine Übersicht dessen, was man besitzt, und eine Übersicht dessen, was man zu bestreiten hat. Diesen ganz wesentlichen Mangel kann ich nicht unterlassen hier mit allem Nachdrucke auszusprechen und die Landesversammlung nicht bloß auf dieses Gebrechen aufmerksam zu 140 XII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. V. Session, 7. Periode 1895. machen, sondern auch auf den Umstand, dass erwartet werden darf, dass dieser Mangel auch zur Kenntnis der Bevölkerung kommen wird, aus deren Taschen das Geld zusammengebracht worden ist. Ich will damit vorläufig meine allgemeinen Bemerkungen schließen und behalte mir vor, bei der Einnahmepost „Landesfonds-Zuschläge" des Weiteren zu sprechen. Desgleichen habe ich auch sonst einige Bemerkungen anzubringen und erwarte daher, dass es bei der Berathung dieses LandesVoranschlages ermöglicht sein wird, in der Weise darüber zu sprechen, dass man Post für Post besprechen kann. Wenn aber dies nicht gestattet werden könnte, was jedenfalls gegenüber anderen parlamentarischen Körperschaften eigenthümlich wäre, so würde ich bitten, mich meine Besprechung fortsetzen zu lassen, um das, was ich bezüglich der Erfordernisse und Landesfond-Zuschläge zu sagen habe, sofort jetzt anzubringen. Landeshauptmann: Es ist selbstverständlich, dass bei dieser Post über den ganzen Voranschlag des Landesfondes gesprochen werden kann und ebenso auch über jede einzelne Post. Nachdem diesbezüglich der Wunsch ausgesprochen worden ist, dass über die einzelnen Posten separat gesprochen werden möchte, so werde ich die Sache so vornehmen, dass ich zunächst die Generaldebatte über den Voranschlag des Landesfondes pro 1895 eröffne. Wenn dieselbe geschlossen ist, wird den Herren Gelegenheit geboten werden, in einer Art Specialdebatte zu den einzelnen Punkten, die im Voranschläge und Berichte enthalten sind, das Wort zu nehmen, und am Schlusse derselben werden wir zur Abstimmung und Berathung der zwei verlesenen Anträge schreiten. Die Generaldebatte ist bereits eröffnet, und ich ersuche die Herren, welche weiter im Allgemeinen sprechen wollen, sich zum Worte zu melden. Martin Thurnher: Ich bitte um das Wort. Ich kann mich auf wenige Worte beschränken, da bereits in der Freitagdebatte über den Punkt, den der Herr Abgeordnete Dr. Waibel soeben wieder vorgebracht hat, eigentlich schon genügend gesprochen worden ist. Es ist wohl richtig, dass bei den Praeliminarien der Gemeinden in Vorarlberg auch die früheren Kassenbestände und die etwaigen daraus resultierenden Zinsen in den 1 Voranschlag einzusetzen sind. In dieser Beziehung ist das vorhin Gesagte richtig. Bei größeren Körperschaften aber, wie sie Österreich hat, beim Reichsrathe, bei den LandesVoranschlägen, auch bei den Voranschlägen größerer Gemeinden anderer Kronländer ist das nicht der Fall. Ich habe hier den Entwurf des Finanzgesetzes und des Staatsvoranschlages für die im Reichsrache vertretenen Königreiche und Länder für das Jahr 1885 vor mir. Wir haben ja bereits am Freitage auseinandergesetzt, dass der Staat auch bedeutende Kassabestände hat, die verhältnismäßig mindestens ebenso hoch sind als die unsrigen, nämlich 200 Millionen, dass aber kein Kreuzer von diesen früheren Überschüssen der vergangenen Jahre in das Budget pro 1895 eingesetzt ist. Sie finden da 18 Posten und zwar: Allerhöchster Hofstaat, Kabinetskanzlei, Reichsrath, Reichsgericht, Ministerrath, gemeinsame Angelegenheiten, dann kommen 7 Ministerien, oberster Rechnungshof, Pensionen, Subventionen, Staatsschuld, aber von irgend einem Überschüsse der Vorjahre ist da absolut kein Kreuzer eingesetzt. Ich kann mich erinnern, dass auch bei den Verhandlungen anderer Länder so vorgegangen wird, wie es beim Reichsrathe und auch bei uns der Fall ist. Ich weiß auch ganz sicher, dass es auch so ist bei der Stadt Wien. Da werden ihre eigenen Einnahmen aufgeführt, dann die Einnahmen aus den zu beschließenden Umlagen, und endlich wenn die Deckung noch nicht genügend ist, heißt es: Das noch verbleibende Deficit wird aus den Kassaständen gedeckt. Diese sind aber selbst auch nicht in den Voranschlag ausgenommen. Die Cassabestände werden sonach in den Voranschlägen größerer Körperschaften nur erwähnt, wenn allenfalls ein Abgang besteht. Wenn wir z. B. in einem Jahre mehr brauchen würden als 83.000 fl., so werden wir die Steuern auch nicht erhöhen, sondern werden sagen, dieser Betrag wird aus den Kassarückständen gedeckt. Das kommt bei allen größeren Körperschaften Österreichs vor, und auch wir haben vorläufig keine Ursache, von diesem Modus abzugehen. Dr. Waibel: Nachdem der Herr Abgeordnete Martin Thurnher auch Mitglied des Abgeordnetenhauses ist, dürfte er sich erinnern, dass diese Kassenbestände wiederholt Gegenstand der XII. Sitzung des Vorarlberger Landtags, v. Session, 7. Periode 1895. 141 Besprechung im Abgeordnetenhause gewesen sind und | dass dort wiederholt etwas ausgesprochen wurde, was ich hier schon wiederholt verlangt habe; nämlich es sollte dem Reichsrathe die Befugnis eingeräumt werden, über die Verwendung der Kassenüberschüsse Beschlüsse zu fassen. Diese Forderung wird jährlich gestellt und wird jährlich ihre Erfüllung finden, wenn die Finanzverwaltung in der Lage ist, die entsprechende Vorlage an das Haus zu machen. Es ist aber da offenbar, wie es aus den Auseinandersetzungen des Finanzministers in de.r letzten Zeit hervorgeht, ein Hindernis vorhanden. Diese Kassenbestände befinden sich nämlich nicht in der Centralcasse in Wien, sondern sind Überschüsse, die sich aus der Verwaltung der einzelnen Provinzen des Kaiserthums ergeben und dort festgehalten werden. Der Finanzminister hat erklärt, er sei nicht in der Lage, aus freiem Willen über diese Bestände zu verfügen. Es müssen erst Wege gefunden werden, welche es der Finanz-Central-Verwaltung in Wien möglich machen, über diese Überschüsse selbst zu verfügen, und dann wird der Zeitpunkt da sein, dass der Reichsrath über dieselben sich zu Rathe wird setzen können. Das ist das Richtige. Ich habe es hier wiederholt behauptet und muss es auch jetzt behaupten, es ist nicht das Richtige, wenn Kassenbestände aufgehäuft werden und über die Bestimmung derselben nicht von den berufenen Instanzen ordnungsmäßig Beschlüsse gefasst werden. Run bitte ich aber noch Eines zu bedenken. Wenn aus einer langen Reihe von Jahren Überschüsse von, sagen wir von circa 200 Millionen laut dem letzten Rechnungsabschlüsse unserer Staatsverwaltung sich ergeben haben, so steht das doch nicht im Verhältnisse zu dem Überschusse, den wir da in unserer kleinen Verwaltung haben, die nicht einmal 100.000 fl., sondern etwa 70.000 fl. Jahreserfordernis ausweist und wo die Überschüsse fast das Doppelte davon ausmachen. Das ist ein ungesunder Rechnungszustand. Für diese Gebarung kann die Finanzverwaltung, die an der Spitze des Staates steht, zum Vergleiche nicht herangezogen werden; der Vergleich hinkt sehr, nicht bloß auf einem Fuße, sondern auf beiden Füßen. Wir haben es hier mit einem Kassageschäft zu thun, das viel kleiner ist als diejenigen einiger Gemeinden Vorarlbergs. Da darf man doch wohl wegen der paar Ziffern Klarheit und richtige Aufschlüsse verlangen. Nehmen Sie an. Sie weisen hier ein Erfordernis von 83.700 fl. aus. Wenn Sie nun das Präliminare annehmen, wie Sie es hier aufgestellt haben mit 800 fl., 2500 fl., 79.400 fl., 1000 fl., und zu diesen Posten den Überschuss von 126.884 fl. dazu rechnen, so bekommen Sie eine Summe von 210.584 fl. Dem gegenüber steht ein Erfordernis von 83.700 fl., macht also am Schlusse des nächsten Jahres wieder netto einen Überschuss von 126.884 fl. Das ist aber nicht ganz der richtige Überschuss, es kommen noch dazu circa 3000 fl. aus Depositen-Zinsen und wahrscheinlich Ersparnisse, wie sie noch jedes Jahr erzielt worden sind. Das bildet also einen Überschuss, der fast doppelt so groß ist als das Jahreserfordernis. Ich werde mich des näheren noch aussprechen bei Post C. der Bedeckung. Landeshauptmann: Ich werde mir zunächst auch eine Bemerkung erlauben, selbstverständlich nicht polemischer Natur, sondern nur eine Constatierung, nachdem diese Angelegenheit, die Art und Weise der Zusammenstellung der Voranschläge, die Landeskanzlei in erster Linie berührt. Ich bemerke, dass die Art und Weise, wie diese Voranschläge gemacht sind, nicht eingeführt ist, seit ich die Ehre habe, an der Spitze der Landesverwaltung zu stehen, sondern zu einer Zeit, wo die Landesverfassung wiederum in Kraft getreten ist. Schon unter dem ersten Landeshauptmanne, Herrn v. Froschauer, und dessen Nachfolgen! ist genau diese Art der Verbuchung eingehalten worden. Allerdings waren unter den ersten Herren noch keine verfügbaren Kassabestände vorhanden, aber unter meinem unmittelbaren Herrn Vorgänger war dieses bereits der Fall. Ich habe also da nur eine Gepflogenheit beibehalten, wie sie bei meinen Vorgängern bestanden hat; aber selbstverständlich ist es dem hohen Hause jederzeit unbenommen, einen anderen Modus beschlussweise auszusprechen, und ebenso ist es Jedem der Herren Abgeordneten unbenommen, sich genaueren Einblick in die vorliegende Verrechnung des Landeshaushaltes zu verschaffen. Dr. Waibel: Ich habe nichts weniger beabsichtigt, als dem Herrn Präsidenten aus diesem Gebühren einen Vorwurf zu machen. Im 142 XII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. V. Session, 7. Periode 1895 vorliegenden Voranschlage ist nach alter Gepflogenheit immer der Landes-Ausschuss Derjenige, welcher einen Antrag stellt, nicht der Vorsitzende allein. Es wird auch Niemandem einfallen, dem eigentlichen Manipulanten für die Landes-Fondsverwaltung einen Vorwurf zu machen. Es handelt sich hier um ganz grundsätzliche Dinge. Wenn früher da etwas einfacher vorgegangen worden ist, so erklärt sich dies, wie ich bemerken muss, sehr leicht, wenn man sich Einblick verschafft in die Verwaltung, welche bis zum Jahre 1884 geübt wurde. Das Jahr 1884 hat noch den bescheidenen Überschuss von 5417 fl. 34 fr. Das ist ein Überschuss, der ganz naturgemäß ist; bei einem Gebühren von etwa 70—80.000 fl. kann sich ein solcher Überschuss ganz wohl ergeben. Aber von dort an, meine Herren, steigt es constant. Das ist etwas ganz Anderes, was von dort an sich abspielt; wir haben vom Jahre 1885 an Überschüsse, die enorm wachsen. Im Jahre 1886 schon hat man einen Überschuss von 36.000 fl. gehabt, im Jahre 1887 von 41.000 fl., 1888 von 55.000 fl., 1889 von 56.000 fl., 1890 von 71.000 fl., 1891 von 76.000 fl., 1892 von 81.000 fl. und 1893 von 92.000 fl. Das ist, wie ich schon bei der früheren Besprechung gesagt habe, kein richtiges Verfahren. Ich habe damals erklärt und kann mir diese Meinung nicht nehmen lassen, es ist hier etwas beabsichtigt, was man nicht aussprechen will. (Martin Thurnher: Was denn? Sagen Sie es uns doch!) Ich habe mich das gegenüber den Bemerkungen des Herrn Landeshauptmannes zu sagen für schuldig erachtet und behalte mir vor, bei Punkt C noch weiter zu sprechen. Martin Thurnher: Nur eine kleine Bemerkung. Es ist gesagt worden, dass der Vorschuss, den Vorarlberg hat, ganz unverhältnismäßig sei gegenüber den Kassavorschüssen des Reiches. Wir haben 100.000 fl. Kassabestände, das Reich hat 200 Millionen, wir sind der Einwohnerzahl nach ein Zweihundertzwanzigstel des Reiches. Die Verhältnisse der Kassabestände sind aber wie 1: 2000 und da kann man denn doch nicht sagen, dass die des Landes verhältnismäßig hohe seien. Dr. Waibel: Ich glaube, der Vergleich kann nur gelten, wenn man das Budget dem Budget gegenüberstellt. Wenn Sie einen Staatsüberschuss von 200 Millionen rechnen, so wäre das doch gegenüber einem Budget, das circa 600 Millionen ausmacht. Hier ist ein anderes Verhältnis, wir haben einen Überschuss von circa 126.000 fl. und ein Landesbudget von 83.700 fl. Das ist nicht Dasselbe. Johann Thurnher: Ich war in der letzten Sitzung, wo das Budget verhandelt worden ist, nicht gegenwärtig, aber an dem Auftreten des Herrn Dr. Waibel ist mir Eines auffällig, nämlich dass er gewissermaßen seinen Ärger darüber ausspricht, dass ein Geld da ist, von dem er nicht weiß, wozu es verwendet wird. Das wissen wir auch noch nicht, aber das wissen wir, dass täglich größere Ausgaben an uns herankommen. Wir haben die Wildbachverbauung, die Rheinkatastrophen, danken wir Gott, dass der Landes-Ausschuss in den letzten 20 Jahren so gut hausgehalten hat, dass die Schulden abgezahlt werden konnten, und dass man sich nun rühren kann. Ich meine, sein Arger, dass etwas da ist, obwohl nicht dies und jenes der Form nach ausgewiesen ist und wovon er nicht weiß, was man damit will, ist ungerechtfertigt. Der Herr Dr. Waibel wird im nächsten Jahre wieder kommen und, wenn ihm dann etwas nicht richtig verwendet erscheint, wird er gewiss nicht versäumen es uns zu sagen, und wenn wir eine Post nicht recht handhaben, so wird er uns schon belehren. Landeshauptmann: Wenn Niemand mehr das Wort wünscht, ist die Generaldebatte über den Voranschlag des Landesfondes geschlossen. Wünscht der Herr Berichterstatter an dieser Stelle noch etwas zu bemerken? Nägele: Ich habe eigentlich nicht viel darüber zu bemerken, nur Einiges. Schon bei der Erledigung des Rechenschaftsberichtes des LandesAusschusses hätte man gar nicht so arg boshaft sein müssen, wenn man aus den Bemerkungen des Herrn Dr. Waibel hätte schließen wollen, dass die Landesverwaltung etwa heimlich Gelder auf die Seite schiebe. Der Herr Dr. Waibel hat quasi Dasselbe auch heute wieder, nur in etwas milderem Tone, durchblicken lassen. Dass er das früher XII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. V. Session, 7. Periode 1895. 143 Angedeutete meint, will ich ihm nicht zumuthen. Aber wenn es nicht der Fall ist und es sich nur um eine reine Formsache und Kritisation wegen der Form handelt, so muss ich sagen, dass eine solche Formreiterei logisch hier nicht am Platze ist. Alle Mitglieder des Finanz-Ausschusses haben sich jedenfalls überzeugt, dass das Geld vorhanden ist, dass es richtig verwaltet wird, dass diese Dispositionsgelder auch zinsbringend angelegt sind und dass die Zinsen, welche einfließen, in Verrechnung kommen. Das Andere ist Formsache; ob diese oder jene Form gewählt wird, ist gleich, die Hauptsache ist, dass die Rechnung richtig ist, dass alle Einnahmen und Ausgaben richtig verbucht werden und dass die Überschüsse, welche vorhanden sind, die Erfordernisse decken können, mag über das Land hereinkommen was will. (Bravorufe.) Landeshauptmann: Ich werde also nun, nachdem die Generaldebatte geschlossen ist, den Mitgliedern des hohen Hauses Gelegenheit bieten, zu den einzelnen Posten, Einnahmen und Ausgaben des Voranschlages, ad A das Wort zu nehmen und Bemerkungen zu machen. Ich bitte sich diesbezüglich zu melden. — Es meldet sich keiner der Herren. Zu Punkt C (Zahl 3 der Einnahmen) hat sich der Herr Dr. Waibel zum Worte gemeldet. Dr. Waibel: Das was ich meine, ist im Berichte unter Punkt 3 (Besteuerungsantrag), und ich glaube, das ist der Cardinalpunkt, um den es sich handelt. Die Landtage haben nach dem § 22 L.-O. das Recht, Zuschläge zu den bestehenden Steuern bis zu 10% zu beschließen; über 10% hinaus unterliegt diese Beschlussfassung der Genehmigung Sr. Majestät des Kaisers. Wir haben uns also zu fragen: sind wir thatsächlich genöthigt, nach der Finanzlage des Landes und nach der Höhe des Erträgnisses der directen Steuern Denjenigen, die uns in diese Versammlung geschickt haben, eine Auflage von 2O% zur Grundsteuer, 2O% zur Erwerb- und Einkommensteuer und circa 10% zur Gebäudesteuer aufzuladen? Ich habe nach den Ausführungen, die ich bereits gemacht habe und an welche ich weitere Ausführungen anzuschließen vielleicht in die Lage kommen werde, die Ansicht, dass wir einen Anlass dazu nicht haben, und wenn wir keinen Anlass haben, auch kein moralisches Recht dazu, wie mir vorkommt. Die Gewalt dazu haben wir bis zu einem gewissen Grade, aber Gewalt und Recht sind doch zweierlei. Ich möchte auf eine Bemerkung zurückkommen, welche der Herr Abgeordnete Nägele in der letzten Sitzung gemacht hat, wo wir über die Rechnungslegung des Landes-Ausschusses verhandelten. Da hat er die Behauptung aufgestellt, dass man in Rücksicht auf die Steuereingänge die Verumlagung herabgemindert habe. Damit hat es folgende Bewandtnis, meine Herren. Wir begreifen die Richtigkeit oder Unrichtigkeit dieser Bemerkung erst dann, wenn wir auf die Umlagen der früheren Jahre zurückgreifen. In den Anfangsjahren der Landesvertretung hat man sich begnügen können mit einer Umlage von 13 1/2%; man ist dann in den Jahren 1870 und 1871 auf 15 1/2% gestiegen, 1872 und 1873 auf 18%, im Jahre 1874 auf 26% und in den nächstfolgenden Jahren, 1875 bis 1879, auf 31 1/2% — anscheinend ein sehr großer Procentsatz, aber wenn Sie das Steuererträgnis damit vergleichen, gewinnt das doch wieder ein anderes Ansehen. Zum Beispiel bei diesen 311/20/0 Umlage ist für das Land als factisches Steuererträgnis erzielt worden die Summe von 46.000 fl. Meine Herren! Ich will gleich noch den Sprung in die nächste Zeit machen, in das Jahr 1884, wo zum ersten Male 20 1/2% auf alle drei Steuergattungen verumlagt worden sind, und es sind bei diesen 20 1/2%, also einem weit niedereren Procentsatze, fast 56.000 fl. erzielt worden. In der Periode von 1880 bis 1882 ist aus den Voranschlägen, die in den Landtagsberichten enthalten sind, nicht zu entnehmen, wie viel Procent damals eingehoben worden sind, aber ich habe Grund, anzunehmen, dass ungefähr 23 1/2% eingehoben wurden. Der Grund, warum in jenen Jahren eine sichere Verumlagung nicht beschlossen werden konnte, wenigstens während der Landtagssitzungen nicht, liegt einfach darin, dass in jenen Jahren große Steuer-Reformen unternommen worden sind, nämlich die Grund-Steuer-Reform und die bekannte Gebäude-Steuer-Reform, die großen Einfluss auf die Berechnungen gehabt hat. Es war der hohen Regierung, beziehungsweise der Statthalterei nicht möglich, an den Landtag die zur Beurtheilung der Sache nothwendigen Nachweise zu liefern. Erst im Jahre 1883 erscheinen 144 XII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. V. Session, 7. Periode 1895. noch 23 1/2% Grundsteuer und 23%% Erwerb- und Einkommensteuer. Eine Gebäudesteuer erscheint damals noch gar nicht, aber trotzdem ergab sich ein Eingang von 57.000 sl. Im Jahre darauf erscheint zum ersten Mal die Gebäudesteuer. Sie wurde mit 23 1/2% verumlagt, gerade so wie die übrigen Steuergattungen. Im Jahre 1885 wurden 20% Grundsteuer, 20% Erwerb- und Einkommensteuer und 10% Gebäudesteuer beschlossen. Diese Rücksicht auf die Gebäudesteuer war berechtigt, weil man wusste, dass diese Steuer von Jahr, zu Jahr steigen werde und man die Steuerträger unverhältnismäßig belasten würde, wenn man auch die Gebäudesteuer mit 20% ansetzen würde. Nun bitte ich zu beachten, dass vom Jahre 1885 an die Eingänge an Steuern sehr große und stetig wachsende waren: im Jahre 1886: 59.000 fl.; im Jahre 1887: 67.000 fl.; in: Jahre 1888: 65.000 fl.; im Jahre 1889 66.000 fl.; im Jahre 1890: 70.000 fl.; im Jahre 1891: 70.000 fl.; im Jahre 1892: 74.000 fl.; im Jahre 1893: 76.000 fl. und im letzten Jahre sogar 81.000 fl. Meine Bemerkungen, die ich bei der Berathung über die Rechnungslegung im Rechenschaftsberichte gemacht habe, bezogen sich nur auf die Jahre von 1885 an. Es trifft also nicht zu, dass von dort an trotz der ungeheuren Überschüsse, welche erzielt worden sind, den Steuerträgern eine Erleichterung gewährt worden wäre. Im Gegentheil, man ist immer auf 20 0/0 Grundsteuer, 20% Erwerb- und Einkommensteuer und 10% Gebäudesteuer stehen geblieben, und trotz der Erhöhung des Ertrages dieser Steuern schlagen Sie wieder vor 20% Grundsteuer, 20% Erwerb- und Einkommensteuer und 10% Gebäudesteuer — trotzdem anzunehmen ist, dass der wirkliche Ertrag der Steuern im Jahre 1895 sich wieder steigern werde. Meine Herren! Diese 20% repräsentieren doch eigentlich den fünften Theil der gesammten directen Steuerlast, welche die Bevölkerung von Vorarlberg zu tragen hat. Nun kommt aber doch noch die indirecte Steuerleistung dazu. Wie hoch dieselbe zu veranschlagen ist, weiß ich nicht, aber es muss Jedermann einleuchten, dass dieselbe als sehr bedeutend höher sich ergeben wird als die directen Steuern. Dann, meine Herren, kommen dazu noch so ziemlich in allen Gemeinden des Landes die wachsenden Communallasten, — also Communallasten, die unvergleichlich höher sind als das bischen Erfordernis, das hier für das ganze Land ausgestellt wird. Es sind einzelne Gemeinden hier im Lande, die 20—30.000 fl. Mehrerfordernis haben, als das Land. Zu diesen Lasten also, welche der Bevölkerung bereits auferlegt sind und denen sie nicht ausweichen kann, kommt noch die riesige Zinsenlast, welche die Bevölkerung zu tragen hat. Wenn Sie sich an den vorjährigen Bericht und das Gründungsstatut der Hypothekenbank erinnern, so wissen Sie aus den dortigen Darstellungen, dass das Land Vorarlberg eine Last von circa 40 Millionen Gulden zu verzinsen hat, größtentheils mit 5%, theilweise mit 4%%, weniger mit 4%. Diese Last vertheilt sich auf eine Bevölkerung von 116.000 Seelen. Wie viele sind darunter, die am Aufbringen dieses Geldes mitleisten können? Ziehen Sie die Kinder ab, welche nichts leisten, sondern nur noch kosten; ziehen Sie die Alten, Invaliden ab, ziehen Sie ab einen großen Theil des weiblichen Geschlechtes — wie Viele bleiben übrig? Es bleiben nur noch Männerhände, welche diese enorme Last aufzubringen haben. Es ist nicht zu verkennen, dass diese Last an directen Steuern und Zinsen — 35 Millionen verzinsen, das will etwas heißen — eine sehr drückende ist. Ein Beispiel: Belasten Sie den Einzelnen mit einer ordinären, gewöhnlichen Manneslast, sagen wir 120 Pfund, sagen wir 150, Wenn Sie an die Grenze gekommen sind, wo seine Leistungsfähigkeit gewissermaßen aufhört, so wird er jedes Pfund, welches Sie zugeben, außerordentlich schwer empfinden. Umgekehrt wird er jedes Pfund, welches Sie ihm von seiner schweren Last abnehmen, begrüßen als eine Erleichterung von der schweren Bürde, welche ihm auferlegt ist. Angesichts dieser Erwägungen, denen wir wohl nicht ausweichen können, halte ich es für nicht zu verantworten, wenn man leicht darüber hinweggeht und diese 20% und 10% Zuschläge hier beschließt, ohne dieselben zu benöthigen. Es ist wohl in dem Voranschläge des Landesfondes auf der vierten Seite gesagt: „Der LandesAusschuss glaubt die Landesfondszuschläge für das Jahr 1895 in der Höhe der im Jahre 1894 bestandenen Umlagspercente beibehalten und nicht auf die Verwendung des seit Jahren gesammelten Depot greifen zu sollen, weil dieser Betrag theilweise anlässlich der Votierung eines Wohlthätigkeitsactes gelegentlich des Kaiserjubiläums, dann XII. Sitzung des Vorarlberger Landtags, v. Session, 7. Periode 1895. 145 . für den Fall des Zustandekomnlens der Bregenzerwälderbahn, für die Rückzahlung der Landesschuld an den staatlichen Meliorationsfond und in nicht zu ferner Zeit für die Beistellung eines eigenen Landhauses für Vorarlberg, sehr zu Statten kommen wird." Ich halte keinen von diesen vier Punkten für geeignet, die Beibehaltung der hier beantragten Verumlagung zu rechtfertigen. Ich erlaube mir zur Begründung dieser meiner Ansicht auf diese vier Punkte des Näheren einzugehen. Was die Herstellung eines eigenen Landhauses anbelangt, so mache ich aufmerksam, dass die Quote eine sehr mäßige ist, — es sind durch zehn Jahre 5000 fl. jährlich zu leisten — und dass sie bereits in das Praeliminare von 83.700 st. ausgenommen ist. Wenn Sie ferner die Rückzahlung der Landesschuld an den staatlichen Meliorationsfond anführen, so kann das wohl nicht ernst gemeint sein, dass man zu diesem Zwecke einen Überschuss von 126.000 fl. zurücklegt. Der Betrag ist 75.000 st. und vertheilt sich auf 30 Jahre, jedes Jahr sind 2500 fl. zu bezahlen. Dieses Pöstchen ist auch schon im Praeliminare enthalten, ohne einen besonderen Eindruck hervorzubringen. Wenn Sie sich weiters darauf berufen, es sei nothwendig, sich auf einen Wohlthätigkeitsact gelegentlich des Kaiserjubiläums vorzubereiten, so erinnere ich Sie daran, dass ja darüber schon ein Beschluss gefasst worden ist; es ist dem Landes- Ausschusse der Auftrag ertheilt worden, etwas Geeignetes zur Feier dieses erfreulichen Actes vorzubereiten. Aber wenn ich die Größe, beziehungsweise Kleinheit des Landes Vorarlberg, wenn ich den Voranschlag, das Finanztableau des Landes betrachte, das ist ein Budget von etwa 80.000 st. jährlich, dann kann ich es mir nicht vorstellen, dass das Land Vorarlberg es für schicklich halten werde auf eine Summe zu greisen, welche außer Verhältnis zu den Kräften des Landes steht. Ich will keine Ziffer nennen und will den Erwägungen des Landes-Ausschusses nicht vorgreifen, aber das glaube ich doch dabei zu bedenken geben zu dürfen. Endlich komme ich zum Punkte, betreffend die Bregenzerwälderbahn. Es liegt ja bereits vom Landesauschusse ein Act vor, und wenn der Inhalt dieses Actes ernst gemeint ist, so ist jedenfalls das Zustandekommen der Wälderbahn nicht so rasch zu erwarten. Es werden jedenfalls Verhandlungen von einem oder zwei Jahren vergehen, bis es dazu kommt, dass die Bregenzerwälderbahn zur Thatsache wird. Ich habe aber erstens die Ansicht, vorausgesetzt es kommt thatsächlich dazu, dass das Land Vorarlberg die votierten 110.000 fl. zu leisten haben wird, sich auch diese Summe voraussichtlich auf mehrere Jahre vertheilen wird; und zweitens, wenn es nothwendig werden sollte, zu diesen! Zwecke die Landesumlagen vorübergehend zu erhöhen, so würde ich darin nur etwas ganz Richtiges finden. Es soll das Land Vorarlberg die Empfindung bekommen, dass es für den Bregenzerwald eine große Leistung übernimmt, und der Bregenzerwald soll auch die Empfindung haben, dass das Land Vorarlberg sich für diesen Theil des Landes anstrengt. Diese Empfindung sollte dem Volke nicht genommen werden, sie ist nur eine gesunde Empfindung. Nach allen diesen Erwägungen kann ich dem Anträge des Landes-Ausschusses und des FinanzAusschusses, dem Lande einen Steuerzuschlag von 20% Grundsteuer, 20% Erwerb- und Einkommensteuer und 10% Gebäudesteuer aufzuerlegen, meine Zustimmung nicht geben. Sollte es — ich will da vorgreifen — meinen Ausführungen entgegen bei diesen Beschlüssen zu bleiben beliebt werden, dann muss ich doch einen Appell an die hohe Regierung richten und bemerken, dass die Befugnis, welche sich die Regierung im § 22 der Landes-Ordnung bezüglich der Verumlagungen vorbehalten hat, wenn diese Befugnis ernst genommen werden soll, auch nur ausgeübt werden kann auf Grund der Prüfung der ganzen Sachlage, und ich glaube auch, wenn diese Prüfung geschieht aus Grund richtiger und wahrheitsgetreuer Information, so kann die Genehmigung einer Verumlagung, die über 10% hinausgeht, seitens der hohen Regierung nicht ertheilt werden. Damit will ich vorläufig meine Ausführungen schließen. Landeshauptmann: Wer wünscht weiter das Wort? Martin Thurnher: Ich möchte nur eine kurze Bemerkung machen. Die Auseinandersetzungen des geehrten Herrn Vorredners kann ich ganz wohl übergehen und will nur neuerdings darauf hinweisen, 146 XII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. V. Session, 7. Periode 1895. dass wir die niedersten Umlagen aller Königreiche und Länder Cisleithaniens haben und dass wir die Cassabestände, wenn nicht Heuer, so doch in den nächsten Jahren brauchen werden, so dass ich die Überzeugung habe, dass den Wünschen des Herrn Vorredners nicht entgegengekommen werden kann, wenn die hohe Regierung nicht dem ganzen Wirken des Landes Einhalt thun will. Weiter möchte ich darauf Hinweisen, dass wenn die Steuerreform in der beginnenden Session des Reichsrathes durchgeführt werden sollte, gerade von der Grundsteuer, Erwerbsteuer und Häusersteuer Nachlässe von 12 bis 25% bewilligt werden. Von der Personal-Einkommensteuer dürfen wir gar keine Umlagen bemessen, und damit wird die Grundlage der Landeszuschläge ohnehin geschmälert, und wird die Landesumlage ohnedem eine Einschränkung erfahren, wenn nicht ein höherer Procentsatz angenommen werden will als der dermalige. Schulden machen wollen wir nicht, eine Erhöhung der Umlagen werden wir auch bis auf's Äußerste verschieben, bis die absolute Nothwendigkeit dazu eintritt, und daher glaube ich, dass wir bei den Anträgen des FinanzAusschusses beharren müssen, wenn wir dem Lande Gelegenheit geben wollen, für die ärmeren Gemeinden nach verschiedenen Richtungen Vorsorge zu treffen. Dr. Waibel: Die Bemerkungen des Herrn Abgeordneten glaube ich sehr leicht richtig stellen zu können. Er will es uns so darstellen, als ob durch die Steuerreform das Einkommen aus den Staatssteuern herabgemindert würde. Das dürfte wohl nicht der Fall sein, wenn auch an der Grundsteuer Abschreibungen gemacht werden, vorausgesetzt, dass das Steuergesetz schon 1896 in Wirksamkeit tritt; und an der Gebäudesteuer sind diese Abgänge nicht von ungeheurer Wirkung, zunächst wenigstens auf diese Erträge, die wir da haben. Andererseits werden sie bedeutend ausgeglichen durch die Erhöhung der Personalsteuer. Da ist, glaube ich, kein Grund hier nicht Billigkeit gegenüber unserer Bevölkerung walten zu lassen; das Ertragnis wird sich nach meinem Dafürhalten nicht schmälern, ich habe eher die Meinung, dass es sich steigern werde. Martin Thurnher: Die Staatssteuern werden sich jedenfalls steigern, aber auf die PersonalEinkommensteuer dürfen weder das Land noch die Gemeinden Zuschläge erheben, darum wird durch die Ermäßigung von 12—25% an den bisherigen Steuern selbstverständlich ein Abfall auch für das Land erfolgen. Dr. Waibel: Diese Bestimmung ist allerdings im § 271 enthalten gewesen. In der neuen Vorlage ist dieser Paragraph fallen gelassen worden. Martin Thurnher: Ich bitte den Herrn Vorredner nur den ganzen Gesetzentwurf zu lesen, die bezügliche Bestimmung ist nicht mehr im § 271, sondern in einem Einführungsparagraphen enthalten. Johann Thurnher: Ich werde mich auf die Auseinandersetzungen, welche zwischen beiden Herren Reichsrathsabgeordneten bezüglich des Einflusses dieser Steuergebarung auf das Land stattgefunden haben, nicht einlassen. Aber nachdem der Herr Vertreter der Handels- und Gewerbekammer im Laufe der gegenwärtigen und auch schon der früheren Session wiederholt die Gemeinde Dornbirn und auch die Vertreter der Gemeinde Dornbirn in die Debatte gezogen hat, so wird mir das hohe Haus wohl gestatten, dass ich mich auch einmal erinnere und zum Ausdrucke bringe, dass ich ein Dornbirner bin. Da bedaure ich ungeheuer, dass der Herr Vorredner Dr. Waibel nicht in der Lage ist, in Dornbirn, wo ein beinahe zehnmal so großer Steuer-Procentsatz auf die Steuerträger entfällt, mit einem ähnlichen Appell an den dortigen Finanz-Ausschuss auf Erwägung zur Herabsetzung der Steuer heranzutreten. Man sollte zufrieden sein, glaube ich, dass der Landes-Ausschuss im Laufe der Jahre uns in die Lage gesetzt hat, eine solche Vorstellung mit einiger Begründung anzuhören. Wir dürfen, glaube ich, ruhig auf der Grundlage, wie sie der Budgetausschuss vorgeschlagen hat, verharren und danach die Umlagen bemessen, damit wir gewappnet sind für außerordentliche Erfordernisse, von denen wir nie wissen können, wann sie an uns herantreten werden. Seien wir froh, wenn wir dann nicht neue Steuern auferlegen oder Schulden machen müssen. Ich befürworte also die Annahme der Voranschläge des Budget-Ausschusses. XII. Sitzung des Vorarlberger Landtags, v. Session, 7. Periode 1895. 147 Dr. Waibel: Nachdem der Herr Vorredner | ganz unnützer Weise Dornbirn hereingezogen hat — ich habe Dornbirn mit keiner Sylbe erwähnt — so kann ich ihm doch entgegnen, dass wir in Dornbirn, und gewiss ist das auch in anderen Gemeinden der Fall, die Steuern nur in dem Maße beschließen, als wir sie zur Deckung der nachgewiesenen Erfordernisse benöthigen. Das zeigt jeder Rechnungsabschluss. Es ist ganz unnöthig, mich für dergleichen verantwortlich zu machen, da ist die Lage der Gemeinde selbst schuld. Martin Thurnher: Ich beantrage Schluss der Debatte. Landeshauptmann: Es ist Schluss der Debatte beantragt worden. Es ist keiner der Herren mehr zum Worte vorgemerkt und ich kann den Antrag sofort zur Abstimmung bringen. Ich ersuche diejenigen Herren, welche mit dem Anträge auf Schluss der Debatte einverstanden sind, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Wünscht der Herr Berichterstatter noch zu sprechen? Nägele: Ich habe nur noch etwas Weniges zu bemerken. Aus der langen Rede des Herrn Vorredners Dr. Waibel erhellt unter Anderem seine Absicht, den Steuerzahlern, die ja ohnehin mit Hypothekarschulden belastet sind, auf diesem Wege zu helfen. Es ist bekannt, dass die eigentlichen Landeszuschläge das Geringste sind, was der Bauer und Gewerbsmann zu zahlen hat. Auch ich halte es nicht für gut, die Procente hoch zu stellen und den Steuerzahlern nicht zu helfen. Wenn aber der Herr Dr. Waibel meint, man solle gar nicht mehr verumlagen als man gerade nothwendig braucht, und man dürfe, nie vorsehen, für die Zukunft einen Vorschuss zur Verfügung zu haben, so stellt er sich damit auf einen Standpunkt, der etwas alterthümlich ist und nicht für die heutige Zeit passt, wo man immer trachtet, Vorsorge zu treffen und Fonde zu bilden, damit man für diesen und jenen Fall, der eintreten kann, die Mittel sicher vorräthig hat. Er stellt sich da .auf einen Standpunkt, der, wenn ich mich recht erinnere, im Jahre 1853 oder 1854 in unserer Gemeinde der maßgebende war, als der Vorsteher die Gemeinderechnung abschloss mit einem Activreste von 600 fl., für Gaißau damals gewiss ein bedeutender Cassarest. Wenn ich mich recht erinnere, giengen die Rechnungen damals noch an das Bezirksgericht zur Erledigung; dasselbe fragte, was man in Gaißau mit dem Caffareste thue. Die Antwort lautete: Wir legen nächstes Jahr keine Steuern um. Gesagt, gethan. Es kamen in diesem Jahre dann kleinere Unfälle, und damals hatte man auch noch alte Schulden. Immerhin aber hätte es genügt, wenn man einen halben Gulden umgelegt hätte, es kamen dann wieder kleine Unfälle, und im Jahre darauf musste man auf 100 fl. Steuer 2 fl. umlegen. So scheint es auch dem Herrn Dr. Waibel zu gehen. Man soll aber nicht das eine Jahr die Procente herabsetzen und das andere Jahr sie vielleicht wieder erhöhen, man würde da vom Volke beschimpft werden. Ich empfehle daher den Antrag des Finanz-Ausschusses zur Annahme. Landeshauptmann: Nachdem bezüglich Punkt 2 der Anträge ein Widerspruch erhoben worden ist, werde ich die vom Finanz-Ausschusse gestellten Anträge getrennt zur Abstimmung bringen. Ich ersuche jene Herren, welche dem Punkt 1 der Ausschussanträge zustimmen, sich von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Dann ersuche ich diejenigen Herren, welche dem Punkte 2 der Anträge ihre Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Ebenfalls angenommen. Wir kommen nun zum zweiten Punkte des Berichtes, das ist der Voranschlag des Landesculturfondes für das Jahr 1895. Ich ersuche also den Herrn Berichterstatter, den Antrag zu B zu verlesen. Nägele: Der Finanz-Ausschuss stellt folgenden Antrag. Der hohe Landtag wolle beschließen: „Der Voranschlag des Landes-Cultur-Fondes für das Jahr 1895 wird anerkannt." Landeshauptmann: Ich bitte in dieser Debatte es wieder so zu nehmen, wie in der früheren und im Allgemeinen zu sprechen; wenn dann die Herren 148 XII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. V. Session, 7. Periode 1895. zu einzelnen Punkten das Wort wünschen, bitte ich es zu ergreifen. Dr.. Waibel: Ich habe es ganz übersehen, mich beim Punkt B, Voranschlag des LandesCultur-Fondes zum Worte zu melden. Ich verzichte jetzt darauf. Landeshauptmann: Bezüglich dieser einzelnen Punkte habe ich die Herren gebeten, sich gleich zum Worte zu melden. Ich habe natürlich nicht über jeden einzelnen Punkt die Spezialdebatte eröffnen können, und wenn ich es einmal überhört habe, so bitte ich um Entschuldigung. Wünscht Jemand das Wort? — Es meldet sich Niemand, somit kann ich die Debatte über diesen Punkt schließen und schreite zur Abstimmung. Ich ersuche jene Herren, welche dem Anträge des Finanz-Ausschusses zu Punkt B die Zustimmung geben wollen, sich von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Nun kommt Punkt C: Voranschlag für den Haushalt der Landes-Irren-Anstalt Valduna für das Jahr 1895. Ich bitte die Anträge zu verlesen. Nägele: Der Finanz-Ausschuss stellt folgende Anträge. Der hohe Landtag wolle beschließen: 1. „Der Voranschlag der Landes-Irren-Anstalt Valduna für das Jahr 1895 wird nach den angeführten Ziffern genehm gehalten. 2. Sollte jedoch das Deficit in den im Voranschläge ausgesetzten Beträgen die Deckung nicht finden, so ist der Landes-Ausschuss ermächtiget, den Abgang aus dem Landessonde zu decken und unter der Rubrik „verschiedene Auslagen" in Ausgabe zu stellen." Landeshauptmann: Ich eröffne über den ganzen Punkt C die Debatte und ersuche gleichzeitig die Herren, wenn sie zu einzelnen Punkten sprechen wollen, sich zum Worte zu melden. Dr. Waibel: Anlässlich der Verhandlung über diese Anträge möchte ich mir die Anfrage erlauben, wie es hier mit der Übernahme der Landes-Wohlthätigkeits- Anstalt auf die Gemeinden des Landes steht. Es ist seinerzeit diesbezüglich ein Circulandum an die Gemeinden ergangen, und es würde, weil das doch zusammenhängt, gewiss angenehm sein zu erfahren, was- der Erfolg des Circulandums gewesen ist. Danach werde ich meine weiteren Bemerkungen richten. Landeshauptmann: Darüber kann ich kurz Auskunft geben, soweit mir die Sache bekannt ist. Das Circulare ist nach und nach von allen Gemeinden beantwortet worden. Es hat bei einzelnen