18940126_lts008

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Letzte Änderung 03.07.2021, 11:30
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp07,lts1894,lt1894,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 8. Sitzung am 26 Januar 1894 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 18 Abgeordnete. Abwesend die Herren: Johann Thurnher und Reisch. Regierungsvertreter: Herr K. k. Hofrath Graf St. Julien-Wallsee. Beginn der Sitzung 10 Uhr 40 Min. Vormittags. Landeshauptmann: Die Sitzung ist eröffnet. Ich ersuche um Verlesung des Protokolles der letzten Sitzung. (Secretär verliest dasselbe.) Landeshauptmann: Wird gegen die Fassung des Protokolles eine Einwendung erhoben? Es ist nicht der Fall, daher betrachte ich dasselbe als genehmigt. Es ist mir ein Einlaufstück zugekommen, nämlich eine Petition des Fischereivereines für Vorarlberg um Gewährung einer Subvention aus Landesmitteln, eingebracht durch den Herrn Abgeordneten Martin Thurnher. (Secretär verliest dieselbe.) Martin Thurnher: Ich erlaube mir den Antrag zu stellen, daß diese Petition dem Finanzausschüsse zur Berathung zugewiesen werde. Landeshauptmann: Es ist die Dringlichkeit und Zuweisung dieses Gegenstandes an den Finanzausschuß beantragt. Wünscht Jemand eine Bemerkung zu machen? — Da dies nicht der Fall ist, betrachte ich den Antrag als angenommen und wird die Zuweisung in diesem Sinne erfolgen. Ich habe dem hohen Hause noch eine Mittheilung zu machen. Im Rechenschaftsberichte, wie er dem hohen Landtage vorgelegt worden ist, ist unter Punkt 5 folgendes enthalten: „Dem vom Vorarlberger Landtage am 17. Sept. 1892 beschlossenen Gesetz-Entwürfe, betreffend die 38 VHL Sitzung des Vorarlberger Landtags. IV. Session, 7. Periode 1894. Abänderung der §§ 12 und 23 der Bauordnung vom 20. März 1886 wurde mit a. h. Entschließung vom 16. Nov. 1893 die a. h. Sanction nicht ertheilt. Die Ablehnungsgründe wurden mit StatthaltereiErlaß vom 26. Nov. 1893, Z. 28909 dem Landesausschusse mitgetheilt und hat sich dieser mit Zuschrift vom 11. Dez., Z. 5363 an die hohe k. k. Regierung mit dem Ersuchen gewendet, einen abgeänderten Entwurf s. Z. der Landesvertretung als Regierungs-Vorlage zu unterbreiten. Nun ist heute von Seite der k. k. Statthalterei eine Note an uns gekommen, worin eröffnet wird, daß das hohe Ministerium des Innern bezüglich der Textirung des § 12 der Vorarlberger Bauordnung, welche eben die von dem Herrn Bezirksarzte Dr. Bär seinerzeit gemachte Anregung betrifft, eine bestimmte Textirung vorschlägt, welche als die geeignetste von Seite der Regierung befunden wird, in die Bauordnung hineinzukommen. Nachdem nun diese an den Landesausschuß gekommene Note so gestaltet ist, daß eine weitere Behandlung noch in der gegenwärtigen Session möglich erscheint, so bringe ich dies dem hohen Hause zur Kenntnis und erwarte über die formelle Behandlung, insofern das hohe Haus geneigt in, diese noch in der jetzigen Session vorzunehmen, einen Antrag. Martin Thurnher: Ich beantrage die Zuweisung des Gegenstandes an den volkswirthschaftlichen Ausschuß. Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Martin Thurnher stellt den Antrag, diesen ganzen Akt dem volkswirthschaftlichen Ausschüsse zu überweisen. Erfolgt eine Einwendung nach irgend einer Richtung? — Es ist nicht der Fall, somit betrachte ich den Antrag als genehmigt und ich werde den ganzen Gegenstand dem volkswirthschaftlichen Ausschüsse zuweisen. Wir kommen nun zur Tagesordnung. Auf derselben steht als erster Gegenstand der Bericht des Finanzausschusses über die Petition des Landesverbandes für Fremdenverkehr in Vorarlberg um eine Subvention. Ich ersuche den Herrn Abgeordneten Fritz, den Bericht resp. Antrag zu verlesen. Fritz: Der Finanzausschuß stellt folgenden Antrag: (liest denselben aus Beilage XX). Landeshauptmann: Ich eröffne über den Bericht und Antrag die Debatte. — Es meldet sich in derselben Niemand zum Worte. Sie ist also geschlossen. Wünscht der Herr Berichterstatter noch eine Bemerkung zu machen? Fritz: Nur das, daß zu berichtigen wäre, daß als Berichterstatter Fritz unterschrieben sein soll, statt Fink. Landeshauptmann: Ich schreite nun zur Abstimmung und ersuche die Herren, welche dem Anträge des Finanzausschusses ihre Zustimmung geben, sich von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Der zweite Gegenstand der heutigen Tagesordnung ist der Bericht des volkswirthschaftlichen Ausschusses über den selbstständigen Antrag Fink und Genossen betreffend die Subventionirung der gewerblichen Fortbildungsschulen. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Fink, den Antrag zu verlesen. Fink: (liest den Antrag aus Beilage XIX.) Landeshauptmann: Ich eröffne über den Bericht und Antrag die Debatte. Dr. Waibel: Die Herren werden sich daran erinnern, wie der von dieser Seite des Hauses vor ein paar Jahren eingebrachte Antrag auf Unterstützung der gewerblichen Fortbildungsschulen ausgenommen wurde und müssen verwundert gewesen sein — angenehm vielleicht —, daß von der andern Seite ein Antrag auf Unterstützung in diesem Jahre vor das hohe Haus gebracht wird. Ich begrüße es begreiflicherweise, daß eine Bekehrung der Gemüther entstanden ist, muß mich aber gegen den zweiten Punkt des Antrages aussprechen. Es ist derjenige, welcher besagt: „insoweit dieselben ohne Beeinträchtigung der Heilighaltung der Sonn- und gebotenen Feiertage ihren Zweck erfüllen." VIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. IV. Session, 7. Periode 1894. 39 Ich bin der Ansicht, daß es nicht zweckmäßig ist, ein solches Moment in unsere Berathungen hereinzuziehen. Überlassen wir diese Angelegenheit, die eine rein seelsorgliche ist, jenen Instanzen, welche berufen sind, diese Seite des gesellschaftlichen Lebens zu überwachen und zu leiten. Wenn man bei solchen Dingen eine weitere Consequenz zieht, könnten sich ganz abenteuerliche Dinge ergeben. Wir werden uns z. B. in den nächsten Tagen zu befassen haben mit einer großen Summe Geldes, welche wir vom Lande für den Bregenzerwald verlangen. Was würde der Herr Antragsteller dazu sagen, wenn in diesem Hause die Bewilligung an die Bedingung geknüpft würde, daß das Land dieses Geld nur votirt, wenn der Betrieb der Bahn ohne Beeinträchtigung der Sonn- und Feiertagsheiligung möglich gemacht werde. Zu solchen abenteuerlichen Schlüssen kommt man. Ich halte es nicht für zweckmäßig, wenn solch ein wichtiges Moment, mit dem wir uns eigentlich nicht zu befassen haben, hier hereingezogen wird. Weiters habe ich zu bemerken, daß nach meiner Überzeugung der Beitrag, der hier beantragt wird, etwas zu niedrig gegriffen ist. Wenn der Herr Antragsteller sich um die Einrichtung jener gewerblichen Fortbildungsschulen bekümmert hat, welche nach den bestehenden Normalien eingerichtet sind und erhalten werden, so wird er sich überzeugt haben, daß die Erhaltung solcher Schulen mit sehr großen Auslagen verbunden ist. Wenn auch seitens des Staates und der Handelskammer namhafte Beiträge zu diesen Schulen geleistet werden, so bleibt doch noch eine außerordentlich große Summe für die betreffenden Gemeinden zu tragen übrig. Ich berufe mich in dieser Angelegenheit auf meinen Collegen Wolf; er wird hier bezeugen können, daß die Schule in Bludenz, welche gegenwärtig noch gar keine Subvention vom Staate genießt, eine Jahresauslage von über 1000 fl. hat. Ich bin in der Lage, bezüglich der Schule, in deren Ausschüsse ich Obmann bin, mitzutheilen, daß auch wir auf eine effective Ausgabe von über 900 fl. jährlich gelangen; das ist effectives Geld. Außerdem leistet ja die Gemeinde auch noch die Beheizung, Beleuchtung und Bedienung der Schule. Die Auslagen kommen also weit höher als auf 900 fl. hinauf. Wie es in Bregenz steht, weiß ich nicht, ich habe noch keinen Bericht von dieser Schule eingesehen. Es muß wohl zugegeben werden, daß diese Schulen ihre Aufgaben in vollem Maße erfüllen. Die Schule, über die ich näher unterrichtet bin, ist die zu Dornbirn. An derselben sind vier Lehrkräfte angestellt. Die Frequenz ist eine regelmäßig ; im Jahre 80 oder über 80 Schüler betragende. Die Schüler sind in zwei Classen abgetheilt, um den Unterricht in dieser Abstufung für die Schüler wirksamer zu machen. Von diesen Schülern besuchen 80 den sonntäglichen Unterricht, welcher in zwei Abtheilungen abgehalten werden muß, von 9 bis 11 und von 12 bis 2 Uhr. Die Frequenzen dieser Sonntagsschule ist eine so constante, daß die Absenz durchschnittlich nur 3 bis 4 Schüler beträgt. Ich füge noch bei, daß keinerlei Zwang auf diesen Besuch ausgeübt wird, daß er vollkommen freiwillig ist von Seite der Schüler, — ein Beweis, daß die jungen Leute ein Interesse an der Schule haben, die gewünschten Erfolge erreicht werden und auch die Angehörigen davon überzeugt sind und sie zum Besuche der Schule anhalten. Aber nicht bloß Sonntags findet dieser Unterricht statt, sondern auch am Donnerstage von 1 bis 5 Uhr nachmittags. Auf solche entgegenkommende Weise gewähren die Arbeitgeber den Lehrlingen und Gehilfen Gelegenheit, den Unterricht zu besuchen. Von 1 bis 3 Uhr wird Zeichenunterricht gegeben, und die zwei übrigen Stunden werden für die übrigen Gegenstände, Aufsatz, gewerbliches Rechnen, gewerbliche Buchhaltung verwendet. Auch am Dienstag Nachmittag ist von 5 bis 7 Uhr Unterricht, und dieser Werktagsunterricht am Dienstag und Donnerstag wird von mehr als der Hälfte dieser Schüler — über vierzig — regelmäßig besucht. Die Jahresberichte, die ausgegeben werden, die Ausstellung, welche jedesmal am Jahresschluß gehalten wird, liefern den Beweis, daß diese Schule ihren Beruf im vollsten Maße erfüllt und in den Kreisen, für welche sie bestimmt ist, in ganz entschieden wirksamer Weise dient. Nun glaube ich, wenn eine solche Schule, welche nicht bloß der eigenen Gemeinde, sondern auch andern Gemeinden dient — und es sind ja nicht nur Angehörigen der eigenen Gemeinde, welche diese Schule besuchen, es sind ja, wie auch in Bregenz und Bludenz, Besucher aus allen übrigen Landestheilen da — so ist die beantragte Unterstützung von 100 fl. doch zu gering; es dürfte nach dem Verhältnis der Schule 40 VIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. IV. Session, 7. Periode 1894. das Ausmaß auf 200 fl. erhöht werden. Wenn Sie irgend einer Anstalt des Landes eine Wohlthat erweisen, so erweisen Sie sie hier, damit die Gemeinden, wenn sie diese Schulen in ihrer Entwicklung weiter fortführen wollen, nicht noch größere Opfer bringen müssenIch glaube nun nach den kurzen Ausführungen, die ich gemacht habe, den Antrag, sowie ihn der Ausschuß vorlegt, meinerseits nicht acceptiren zu können und würde dem hohen Hause einen anders lautenden Antrag zur Annahme empfehlen. Ich würde denselben in folgender Weise stylisiren: „Der Landesausschuß wird ermächtiget, den im Lande bestehenden, vom Staate und der Handels- und Gewerbekammer subventionirten gewerblichen Fortbildungsschulen nach erfolgter Einholung des Lehrplanes, des Schülerverzeichnisses und des jeweiligen Jahresberichtes für die Dauer der Landtagsperiode einen jährlichen Beitrag bis zu 200 fl. aus Landesmitteln zu gewähren." Landeshauptmann: Wer wünscht weiter das Wort. Mart. Thurnher: Ich bitte um das Wort. Ich möchte mich insbesondere gegen den Umstand wenden, daß der Herr Vorredner in seinem An- träge den Passus entfernt haben will, daß für diese Schulen unter der Bedingung eine Subvention ertheilt werde, daß die betreffende Kirchenbehörde in der Ertheilung des Unterrichtes keine Beeinträchtigung des Gottesdienstes erblickt. Nach meiner Ansicht ist diese Bedingung leicht zu erfüllen, indem der Antrag des volkswirthschaftlichen Ausschusses in einer Weise gefaßt ist, daß auch die Fortbildungsschule von Dornbirn von einer Subvention nicht ausgeschlossen erscheint. Wenn die Verhältnisse dort auch bedingen sollten, daß ein Theil der Schüler Vormittags unterrichtet werden muß, und ein anderer Ausweg sich nicht finden läßt, so dürfte sich vielleicht doch eine Vereinbarung mit der kirchlichen Behörde erzielen lassen, wenn beispielsweise in der betreffenden Schule nach Anhörung einer hl. Messe seitens der Schüler noch Unterricht in der Religion ertheilt würde. Also irgend ein Modus würde sich finden lassen, der herbeiführen würde, daß eine derartige Schule von der Subvention nicht ausgeschlossen wäre. Ich möchte daher insbesondere bezüglich dieses Passus die volle Aufrechthaltung des Antrages des volkswirthschaftlichen Ausschusses dem hohen Hause empfehlen. Im übrigen überlasse ich die näheren Auseinandersetzungen dem Herrn Berichterstatter. Dr. Schmid: Es freut mich, aus den Worten des letzten Herrn Vorredners zu entnehmen, daß er dem einen Theile des Dr. Waibel'schen Antrages, der auf eine Erhöhung der Subventionssumme hinzielt, jedenfalls keinen Widerspruch entgegengebracht hat, und ich als Vertreter der Landeshauptstadt Bregenz gebe in diesem hohen Hause die Erklärung ab, daß ich natürlich für die höhere Subvention der gewerblichen Fortbildungsschulen stimmen werde und diesen betreffenden Theil des Antrages des Herrn Dr. Waibel nach besten Kräften unterstütze. Bezüglich der an die Subventionirung von Seite des volkswirthschaftlichen Ausschusses gestellten Bedingung, betreffend Einflußnahme der kirchlichen Behörde auf die Schulzeit, habe ich als Vertreter von Bregenz keine Einsprache zu erheben, weil, wie die Herren aus den früheren Landtagsberichten und Verhandlungen in diesem Hause sich erinnern werden, bei uns in Bregenz niemals ein Anstand obgewaltet hat, welcher eine Bedingung dieser Art, wie sie hier festgesetzt worden ist, nothwendig gemacht hätte. Also ich resumire diese Erklärung nochmals dahin, daß bei den Verhältnissen, wie sie in Bregenz liegen, die Bedingung, die der volkswirthschaftliche Ausschuß an die Subventionirung geknüpft hat, keine Störung involvirt; andererseits würde ich die Herren bitten, mit Rücksicht auf den Nutzen, welchen diese Schulen den Gemeinden gewähren, dafür zu stimmen, daß die Erhöhung der Subvention bis zu 200 fl. von Seite des hohen Hauses beschlossen werde. Dr. Beck: Ich kann erklären, daß ich. mich den Ausführungen des Herrn Vorredners vollständig anschließe. Auch in Feldkirch besteht in kirchlicher Beziehung kein Hindernis, so daß die Ertheilung des Unterrichtes dort ohne Anstand erfolgt. Der Erweiterung des Antrages auf Erhöhung der Subvention auf je 200 fl. muß ich jedenfalls beistimmen, da es angezeigt wäre, daß von Seite des Landes ein höherer Beitrag diesen gewiß sehr wohlthätig wirkenden Schulen, welche nicht bloß einzelnen Gemeinden, sondern dem ganzen VIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. IV. Session, 7. Periode 1894. 41 Lande zu Gute kommen, gewährt werde. Ich ersuche das hohe Haus, diesem erweiterten Anträge die Zustimmung geben zu wollen. Dr. Waibel: Ich fühle mich allerdings nicht berufen, die Gemeinde Dornbirn in diesem hohen Hause zu vertreten; hiezu sind berufen Adolf Rhomberg und Martin Thurnher. (Martin Thurnher: Die werden es schon thun, wenn es nothwendig ist!) Die Herren werden verzeihen, wenn ich mich mit dieser Frage im Landtage befasse, weil ich einmal eine Rolle in demselben zu spielen habe. Die Herren von Bregenz, Feldkirch und Bludenz haben in dieser Frage ein leichteres Spiel, wir haben, - solange die Frequenz der Schule eine nicht so hohe ist, die Schüler von 12 bis 2 Uhr unterrichten können, ohne daß, glaube ich, irgend Jemandem dabei etwas eingefallen ist. Die Frequenz von Feldkirch, Bludenz und Bregenz ist so beschaffen, daß sie auch in einer einzigen Abtheilung den Unterricht so einrichten können, daß er mit dem Gottesdienste nicht collidirt. Bei uns in Dornbirn ist die Sachlage eine andere. Wir sind in Dornbirn genöthigt gewesen, die Schüler mit Rücksicht auf die hohe Zahl derselben abzutheilen und in zwei Abtheilungen zu unterrichten, und da sind wir nicht eigenmächtig, sondern nach den Informationen, die wir von der Unterrichtsverwaltung eingeholt haben, vorgegangen, nach den: Vorbilde, wie es ja auch in Wien und an anderen größeren Plätzen, wo gewerbliche Fortbildungsschulen gehalten werden, existirt; wir sind nämlich genöthigt gewesen, die Unterrichtsstunden für einen Theil der Schüler von 9—11 Uhr festzusetzen; nun hat auch von Seite der Kirchenbehörde weder des Marktes noch von Oberdorf Einer von den Herren gegen diese Anordnung Einsprache erhoben, es ist nie ein Anstand in dieser Sache gewesen. Auch nicht der Herr Pfarrer, weder der von Oberdorf noch vom Markte, hat sich der Gemeinde gegenüber nachtheilig ausgesprochen, daß er in dieser Einrichtung eine schädliche Beeinträchtigung der Sonntagsheiligung erblicke. Wie es steht, das weiß der Herr Pfarrer ganz wohl, er ist ja mit den Verhältnissen vertraut. Wir waren durch die ökonomischen Verhältnisse des Ortes gezwungen, diese Einrichtung in Dornbirn zu treffen- Die Gemeinde ist weitläufig angelegt, die Schüler kommen aus den entlegensten Gemeinden zur Schule, und es muß ihnen auch Gelegenheit gegeben werden, zur rechten Zeit zum Mittagessen eintreffen zu können. Da hat es sich praktisch nicht anders machen lassen, als die Stunden von 9 bis 11 und 12 bis 2 Uhr zu wählen. Nachdem von Seite der kirchlichen Behörde absolut keine Einwendung gegen diese Anordnung erhoben worden ist, verstehe ich gar nicht, wie man hier dazu kommt, eine solche Angelegenheit hier zu verhandeln und zur Bedingung für eine Subvention zu machen. Ich kann das absolut nicht begreifen und finde es unzweckmäßig, ein solches Motiv in die Verhandlungen und Beschlüsse hereinzuziehen, das entschieden gar nicht nothwendig ist. Ich muß aus diesem Grunde auf meinem Anträge stehen bleiben, begrüße aber andererseits natürlicherweise, daß auf meine Anregung eingegangen worden ist. Landeshauptmann: Wer wünscht noch das Wort? Martin Thurnher: Ich gestalte mir nur eine kurze Bemerkung Wenn sich das wirklich so verhalten würde und schriftlich nachgewiesen werden könnte, daß die kirchliche Behörde keinerlei Einwendung gegen diese Art der Unterrichtsertheilung oder der verwendeten Zeit erhebe, dann wären alle Ausführungen des Herrn Vorredners gegenstandslos, weil dann der Subventionsertheilung keine Hindernisse entgegenstehen. Dr. Waibel: Ich muß noch beifügen, daß unser Gemeinde-Ausschuß im Laufe des Jahres eine große Anzahl Sitzungen hat und werden demselben auch die Rechnungen über die gewerblichen Fortbildungsschulen vorgelegt. Der GemeindeAusschuß besteht zum dritten Theile aus Vertretern des dritten Wahlkörpers, welcher ultramontaner Richtung ist, aus jenen Herren, die sonst jederzeit in religiösen Dingen großen Eifer an den Tag legen. Ich habe nichts dagegen einzuwenden sondern achte es, wenn Jeder seine Meinung und Empfindung an dem Orte, wo er berufen ist, Lum Ausdrucke bringt, aber ich konstatire, daß, solange diese Einrichtung besteht, im Schooße des Gemeinde-Ausschusses und auch von kirchlicher Seite auch nicht ein einziges Mal eine Silbe darüber gesprochen worden ist. 42 VIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. IV. Session, 7. Periode 1894. Hochwst. Bischof: Ich hatte durchaus nicht im Sinne, in dieser Angelegenheit ein Wort mitzusprechen, aber nach dem was gesagt worden ist, könnte mein Schweigen vielleicht die Anschauung erwecken, als wenn das General-Vikariat damit einverstanden wäre, daß die Fortbildungsschulen auch gehalten werden während des sonntäglichen Gottesdienstes, ohne daß sonst für die religiös sittliche Erziehung der Fortbildungsschüler weiter gesorgt wäre. Dagegen muß ich hier erklären, daß dies nicht der Fall ist, und ich benütze diesen Anlaß, sowohl den Vorständen der Fortbildungsschulen als auch dem hohen Landtage die Sorge auch für die religiös-sittliche Erziehung und Unterweisung der Fortbildungsschüler sehr an's Herz zu legen. Daß dies möglich ist, davon hat man sich in der Stadtgemeinde Bludenz überzeugen können; dort hat man diese Angelegenheit sehr leicht ordnen können. Man ist von beiden Seiten ohne jede Debatte zu diesem Ziele gekommen. Der weiteren Begründung und Ausführung kann ich mich enthalten und mache nur darauf aufmerksam, daß wenn in den Fortbildungsschulen der religiös-sittliche Unterricht und die Erziehung der Heranwachsenden Schuler in diesem Sinne ganz ignorirt würde, ich sehr fürchte, daß dann in unserer Jugend auch manche Socialdemokraten heranwachsen würden. Landeshauptmann: Wer wünscht noch das Wort? — Es meldet sich Niemand mehr, deshalb ist die Debatte geschlossen. Der Herr Abgeordnete Dr. Waibel hat folgenden Antrag gestellt: (Liest denselben.) Bevor ich dem Herrn Berichterstatter das Wort gebe, möchte ich nur noch an den Herrn Antragsteller die Frage richten, ob er nichts dagegen hat, wenn die Abstimmung über diesen Antrag getheilt wird. (Martin Thurnher: Sonst fällt er gewiß.) Dr. Waibel: Ich bin damit einverstanden. Landeshauptmann: Nun ertheile ich das Wort dem Herrn Berichterstatter. Fink: Herr Dr. Waibel hat seiner Verwunderung Ausdruck gegeben, daß von dieser Seite des hohen Hauses beziehungsweise von mir ein diesbezüglicher Antrag gestellt wird und hat da von Bekehrung der Gemüther gesprochen. Um auf dies nur kurz zu erwidern, muß ich erinnern, daß seinerzeit, als vom Herrn Abgeordneten Dr. Waibel und Genossen dieser Antrag im Landtage eingebracht wurde und im Schulausschusse zur Behandlung kam, ich damals schon ausdrücklich erklärt habe, daß ich im Prinzipe einverstanden sei und daß ich nur aus dem immer das Hindernis bildenden Grunde, daß man an Sonn- und gebotenen Feiertagen während des Gottesdienstes Schule halte, ohne dafür allenfalls ein Aequivalent zu bieten, durch anderweitigen Gottesdienst, d. h. wenigstens den Lehrlingen Gelegenheit zu verschaffen, anderweitig eine Messe und Predigt anzuhören, meine Zustimmung nicht geben konnte. Die Herren werden sich noch erinnern, daß damals, als s. Z. dieser Antrag von den Antragstellern in diesem h. Hause zurückgezogen wurde, das Kind vom Vater gemordet worden ist, dadurch daß dieser Antrag zurückgezogen wurde und in einer späteren Session der Herr Abgeordnete von Bregenz gesagt hat, „sie, " (die Majorität) könnten den anderen Fortbildungsschulen etwas geben, wo dieses Hindernis nicht besteht;" und da habe ich mir gedacht, wenn die Herren den Antrag selbst nicht wieder aufnehmen, muß ich ihn aufnehmen: — wenn Väter und Doktoren morden, so muß ich das Kind ins Leben zurückrufen. (Bravo!) Dann hat der Herr Dr. Waibel auch gemeint, man könnte bei der Bregenzerwälderbahn eine analoge Bestimmung oder Bedingung setzen. Nun, mir scheint, es wäre das, wenn diese Bedingung von Herrn Dr. Waibel gesetzt würde, von ihm sehr inconsequent. Die Herren erinnern sich, daß er nicht bloß bei dieser Gelegenheit, sondern auch bei andern Gelegenheiten, wenn es sich darum handelte, in diesem h. Hause ein Schärflein dazu beizutragen, daß die Sonntagsheiligung aufrecht erhalten werde, er dann jedesmal dagegen war. Denken Sie nur an § 50 des Jagdgesetzes. Auch da war es Herr Dr. Waibel, der es nicht ertragen wollte, daß an Sonn- und Feiertagen die Jagd ruhe. Also immer, wenn die Heilighaltung des Sonntags im Landtage gewahrt wird, ist es ein und derselbe Abgeordnete, der derselben entgegentritt. VIII. Sitzung des Vorarlberg er Landtages. IV. Session, 7. Periode 1894. 43 Was nun den Betrag anbelangt, so bin ich zwar vom Ausschüsse nicht ermächtigt, einen andern Antrag zu stellen, als eben den von mir namens des Ausschusses gestellten Antrag; nachdem aber nun zwei Mitglieder des volkswirthschaftlichen Ausschusses sich für 200 fl. ausgesprochen haben, und nachdem ein drittes Mitglied, der Herr Abgeordnete Martin Thurnher, sich auch nicht dagegen ausgesprochen hat, glaube ich bei der Majorität des Ausschusses nicht auf Widerspruch zu stoßen, wenn ich mich nicht dagegen sträube, daß der Betrag auf 200 fl. erhöht werde. Ich kann dies deshalb auch umso eher thun, weil ich in den Landes-Ausschuß, der doch nur ermächtigt wird, bis zu 200 fl. diese Anstalt zu subventioniren, volles Vertrauen setze, daß diese Körperschaft die Sache eingehend erwägen und je nach Bedürfnis einschreiten werde. Also gegen den Betrag habe ich nichts einzuwenden, aber alle anderen Bedingungen müssen aufrecht erhalten bleiben, so daß nur in dem vom volkswirthschaftlichen Ausschüsse gestellten Anträge anstatt 100 fl. 200 fl. einzusetzen kämen. Dr. Waibel: Ich bitte um das Wort zu einer thatsächlichen Berichtigung. Der Herr Berichterstatter bemerkt, daß ich bei jedem Anlasse, wo es sich um kirchliche Dinge handelt, mich unkirchlich und gegen die Heilighaltung der Sonntage ausgesprochen hätte. Wenn er sich hier — und auf andere Anlässe kann er sich nicht beziehen — auf andere Anlässe, wenn er sich auf das Jagdgesetz beruft, so habe ich wenigstens den Trost, daß ich mit dieser Anschauung nicht allein stehe, denn an hoher Stelle scheint man damit auch nicht einverstanden zu sein, weil es bis dato nicht sanctionirt ist. (Mart. Thurnher: Ist längst sanctionirt!) Die Sanction liegt nicht vor; wenn ein Gesetz sanctionirt wird, wird es durch die Regierungsorgane publicirt, um Geltung zu bekommen; diese Publikation ist noch nicht erfolgt, es ist also nicht sanctionirt. Fink: Ich bitte um das Wort zur Berichtigung der thatsächlichen Berichtigung. Ich konstatire, daß das Gesetz bereits sanctionirt und daß nur die Durchführungsverordnung nicht erlassen ist und es deshalb nicht publicirt wurde. Es ist sanktionirt, aber nicht publicirt. (Martin Thurnher: Die Sanction erfolgte bereits im Juli 1892.) Landeshauptmann: Ich schreite zur Abstimmung. Der Antrag des Herrn Dr. Waibel lautet: „Der Landes-Ausschuß wird ermächtiget, den im Lande bestehenden, vom Staate und der Handels- und Gewerbekammer subventionirten gewerblichen Fortbildungsschulen nach erfolgter Einholung des Lehrplanes, des Schülerverzeichnisses und des jeweilige:: Jahresberichtes für die Dauer der Landtagsperiode einen jährlichen Beitrag bis zu 200 fl. aus Landesmitteln zu gewähren." Ich werde diesen Antrag zuerst so wie er gestellt wird, zur Abstimmung bringen. Ich ersuche also jene Herren, welche diesem Anträge beipflichten, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Abgelehnt. Nun bringe ich den Ausschuß-Antrag und zwar zuerst mit Einsetzung des vom Herrn Dr. Waibel beantragten Beitrages von 200 fl. jedoch mit Weglassung des Passus über die Sonntagsheiligung zur Abstimmung. Martin Thurnher: Ich beantrage den gesummten Ausschuß-Antrag, jedoch mit der Erhöhung des Beitrages auf 200 fl. zur Abstimmung zu bringen. Landeshauptmann: Wenn die Abstimmung in dieser Weise gewünscht wird, so werde ich so vorgehen. Ich ersuche also jene Herren, welche dem Anträge, wie er vom Ausschüsse gestellt wird, jedoch mit der Erhöhung des Beitrages von 100 fl. auf 200 fl. die Zustimmung geben wollen, sich von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Dieser Gegenstand ist somit erlediget. Der nächste Gegenstand ist der Bericht des landtäglichen Finanzausschusses über die Subventionsgesuche: a. des Vereines des Verbandes der handwerksmäßigen Gewerbe in Vorarlberg, b. des Philosophen - Unterstützungsvereines in Wien, o. d e s Asylvereines der Wiener Universität. 44 VIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IV. Session, 7. Periode 1894. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter, Abgeordneten Büchele, die Anträge zu verlesen. Büchele: Der Finanzausschuß stellt folgende Anträge. (Liest die Anträge aus Beilage XVIII.) Landeshauptmann: Ich eröffne über diese drei Anträge die Debatte. — Es meldet sich in derselben Niemand zum Worte, daher ist sie geschlossen, und wenn der Herr Berichterstatter nichts weiter beizufügen hat — Büchele: Nein. Landeshauptmann: Dann schreite ich zur Abstimmung, und wenn das h. Haus keine Einwendung erhebt, so werde ich alle drei Anträge unter Einem zur Abstimmung bringen. Ich ersuche also jene Herren, welche den drei Anträgen, wie sie eben verlesen worden sind, die Zustimmung geben, sich von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Der nächste Gegenstand der heurigen Tagesordnung ist der Bericht des volkswirthschaftlichen Ausschusses über den selbstständigen Antrag der Herren Abgeordneten Martin Thurnher und Genossen betreffend die Erweiterung des Wahlrechtes bei den Wahlen in die Handels- und Gewerbekammer. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Abgeordneten Martin Thurnher die zwei Anträge zu verlesen, Martin Thurnher: Ich stelle namens des volkswirtschaftlichen Ausschusses folgende Anträge: (Liest dieselben aus Beilage XXIV.) Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Anträge die Debatte. Dr. Waibel: Wenn im Lande Vorarlberg eine größere Wahlcampagne sich ereignet hat, in welcher eine Partei trotz ihrer Berechnung den beabsichtigten Erfolg nicht erreicht hat, dann ist das gewöhnlich ein Ereignis, aus welchem sich ein Wahlgesetz oder dgl. herauskrystallisirt. Das ist hier auch der Fall. Bei den letzten Handelskammer-Wahlen haben ziemlich lebhafte Agitationen stattgefunden und die Parteien haben sich alle Mühe gegeben, ihre Vertreter hineinzubringen. Der beabsichtigte Erfolg ist aber auf der bekannten Seite nicht eingetreten und deshalb ist der Beschluß auf eine Abänderung der Wahlordnung gefaßt worden. (Martin Thurnher: Gewiß nicht mehr zu früh.) Wenn die Wahlordnung für die Handelskammer Mißstände besitzt, so besitzt sie dieselben nicht erst seit diesem Jahre, sondern schon seit längerer Zeit und es ist zunächst eigentlich die vom früheren Handelsminister Pino im Jahre 1884 in Österreich allgemeine abgeänderte Wahlordnung die Grundlage der jetzigen Wahlordnung für unsere Handelskammer. Um nun die Anträge, wie sie hier vorliegen, richtig beurtheilen zu können, ist es nothwendig, sich die Sache genauer anzusehen. Im vorliegenden Berichte heißt es: „Das Wahlrecht zur Handels- und Gewerbekammer ist demnach, wie es dermalen nach der Wahlordnung der Handels- und Gewerbekammer für Vorarlberg, genehmigt mit Erlaß des Handelsministers vom 31. März 1884, Zl. 5575 besteht, in einer geradezu unerhörten Weise beschränkt, und zwar derart, wie es den Bestimmungen des Gesetzes vom 29. Juni 1868 Nr. 85 N.-G.-Bl. offen widerspricht." Ich muß bemerken, daß wohl jeder Leser, der diesen Bericht zur Einsicht bekommt, diesen Passus so auffassen muß, als ob speziell für das Land Vorarlberg bezw. für die Handelskammer in Feldkirch im Jahre 1884 eine neue Handelskammer-Wahlordnung erlassen worden wäre. Dem ist aber nicht so. Im Jahre 1884 sind vom damaligen Handelsminister Pino eine Reihe von Kammerwahlordnungen geändert worden. Das war auch der Fall mit den Wahlordnungen der Handelskammern im Statthalterei-Gebiete von Innsbruck, und zwar für die Handelskammer in Innsbruck, Bozen, Novereto und Feldkirch. Wenn wir diese 4 Wahlordnungen näher betrachten, so ergiebt sich eine ziemliche Differenz der Wahlordnung für die drei Kammern von Innsbruck, Bozen und Trient gegenüber der von Feldkirch. Die Handelskammer von Feldkirch besteht aus 2 Sectionen, der Handelssection und der Gewerbesection. Für die Handlssection sind 6 und für die Gewerbesection 10 Vertreter vorgesehen. VIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IV. Session, 7. Periode 1894. 45 Die Handelskammer von Innsbruck hat für die Handelssection 10 und für die Gewerbsection 14, also zusammen 24 Vertreter, Bozen hat im Ganzen 22 und Rovereto 20 Vertreter. Wir stehen also an Zahl gegenüber diesen drei Kammern etwas zurück. Bezüglich der Wahlordnungen besteht weiters folgende Einrichtung: Die Handelssection hat 2 Wahlkörper. Der erste davon besteht aus solchen Mitgliedern, welche mindestens 100 fl. Erwerbsteuer ohne Zuschlag zahlen. Das Wort Zuschlag ist im Ausschußberichte besonders betont, als wäre, dies also eine Spezialität der Handels- und Gewerbekammer in Feldkirch. Wenn Sie die Wahlordnungen der drei anderen Handelskammern ansehen, so werden Sie finden, daß diesbezüglich überall die gleiche Bestimmung enthalten ist. (Martin Thurnher: Das steht ja im Berichte!) Der zweite Wahlkörper besteht aus solchen Mitgliedern, welche eine Erwerbsteuer im Betrage von mindestens 5 fl. 25 kr. bezahlen. Weil aber die erste Kategorie zu klein ist, um einen eigenen Wahlkörper zu bilden, so haben beide Kategorien zusammen zu wählen, und zwar 6 Vertreter. Die zweite Section besteht auch aus 2 Wahlkörpern, der erste Wahlkörper enthält jene, welche mindestens 100 fl. Ordinarium, Erwerbsteuer, bezahlen, die zweite Kategorie besteht aus denjenigen, welche mindestens 5 fl. 25 kr. bezahlen. Weil nun diese beiden Kategorien groß genug find, um eigene Vertreter wählen zu können, so wählt die erste Kategorie 6 und die zweite Kategorie 4 Vertreter. Wenn Sie nun die Wahlordnung von Innsbruck sich ansehen — ich will die übrigen zunächst auslassen so haben Sie dort folgendes Verhältnis: Die Handelssection bildet 3 Wahlkörper; der erste begreift Diejenigen in sich, welche mindestens 100 fl. Erwerbsteuer zahlen, der zweite Diejenigen, die 4 fl. 20 kr. und der dritte Diejenigen, welche 2 fl. 10 kr. Erwerbsteuer bezahlen. Nun ist auch hier das Verhältnis so, daß, obwohl 3 Wahlkörper vorgesehen find, die Kategorie A, die 100 fl. Erwerbsteuer zahlt, nicht im Stande ist, einen eigenen Wahlkörper zu bilden, sie wählt zusammen mit der Kategorie B und beide zusammen wählen 6 Vertreter; diejenigen, welche 2 fl. 10 kr. Erwerbsteuer bezahlen, wählen 4 Vertreter. Bei der Gewerbesection ist eine gleiche Eintheilung, auch diese Section besteht aus 3 Wahlkörpern und zwar sind in der Kategorie A Diejenigen, welche 100 fl., in der Kategorie B, welche 4 fl. 20 kr. und in der Kategorie C Diejenigen, welche 2 fl. 10 kr. Erwerbsteuer bezahlen. Hier ist aber die Zahl der Wähler eine so große, daß für jede dieser 3 Kategorien eigene Vertreter gewählt werden können. Diejenigen, welche 100 fl. bezahlen, wählen 6, Diejenigen, welche 4 fl. 20 kr. bezahlen, wählen 4rund Diejenigen, welche 2 fl. 10 kr. bezahlen, wählen ebenfalls 4 Vertreter. Diese Gliederung scheint mir richtig zu sein. Wir müssen uns gegenwärtig halten, daß, wenn es eine Körperschaft gibt, welche zur Interessenvertretung berufen ist, es die Handelskammer ist. Es ist daher ganz natürlich, daß eine solche Gliederung, wie sie bei der Handelskammerwahl in Innsbruck vorgesehen ist und wie sie zum Theile auch in Vorarlberg besteht, geschaffen würde. Wenn also eine Erweiterung des Wahlrechtes angestrebt wird, so könnte das vernünftiger Weise nur auf die Art geschehen — ich bin damit ja einverstanden — daß bei uns eine Kategorie von Wählern geschaffen wird, welche weniger als 5 fl. an Erwerbsteuer bezahlt und daß diese Kategorie eine entsprechende Anzahl von Vertretern wählt. Es würde sich bei unserer Handelskammer dieser Ausgleich einfach in der Weise machen lassen, daß man auch hier eine Kategorie von Wählern, welche etwa 2 fl. 10 kr. Erwerbsteuer zahlen, schafft, es müßte aber dann für eine entsprechende Vermehrung sowohl der Mitalieder der Handels- als auch der Gewerbesection Vorsorge getroffen worden, sagen wir etwa im Ganzen auf 20, dann würde man vielleicht ausreichen. Ich will da keinen Vorschlag machen, es ist das eine Angelegenheit, welche die h. Regierung im Einvernehmen mit der Handelskammer des Näheren zu untersuchen hätte. Wenn ich die Handelskammer-Wahlordnung von Vorarlberg mit der von Innsbruck vergleiche, so komme ich nach dem Stande der Sache zum Schlusse, daß es in der That sehr wünschenswerth wäre, mit der Besteuerung als Grundlage für das Wahlrecht herabzugehen und solche Kategorien zu schaffen, wie sie die Innsbrucker Wahlordnung enthält. — Die Handelskammer ist ja eine Körperschaft, welche wesentliche selbstständige Beschlüsse nicht fassen kann, sie hat in ihren Angelegenheiten eigentlich nur Gutachten abzugeben, und da ist es 46 VIII» Sitzung des Vorarlberger Landtages. IV. Session, 7. Periode 1894. allerdings rathsam, daß alle Kategorien, nicht bloß die großen, sondern auch die kleinen entsprechend vertreten sind, und Gelegenheit finden, ihre Meinungen, Wünsche und Beschwerden zum Ausdrucke zu bringen. Es wird da das Richtige sein, wenn die Gruppirung nach der Höhe des Interesses stattfindet, wie es eben allgemeiner Grundsatz der Handelskammern ist. Wenn im Anträge zugleich der Wunsch ausgesprochen wird, daß auch die Einkommensteuer für das Wahlrecht in Betracht gezogen wird, so könnte ich mich von vornherein, wie ich die Sache jetzt ansehe, damit nicht einverstanden erklären, ich glaube vielmehr, daß es vollkommen genügt, wenn die Erwerbsteuer allein als Basis für das Wahlrecht beibehalten wird. Es handelt sich bei der Steuer doch nur darum, eine Basis für die einzelnen Gruppen zu gewinnen und diese wird repräsentirt durch die Höhe der Erwerbsteuer. Wer ein großes Geschäft, ein großes Gewerbe hat, bezahlt eine höhere Erwerbsteuer, wer ein geringeres Geschäft hat, eine geringere Erwerbsteuer, es ist daher unnöthig, die Einkommensteuer auch hereinzubeziehen. Ich gebe zu, daß in dieser Hinsicht gewisse Fehler bestehen, diese haben sich aber die Parteien selbst zuzuschreiben, es hat sich Mancher zu einem größeren Geschäftsmann herangebildet, er hat Glück gehabt, sein Geschäft hat eine größere Bedeutung erlangt, sein Einkommen ist größer geworden und auch die Besteuerung ist gewachsen, — es ist aber sein Fehler, wenn er trotzdem in einer niedereren Erwerbssteuerklasse bezw. Wählerklasse sich befindet. Daran ist meines Erachtens und nach dem, was ich beobachtet habe, die Partei selbst schuld. Aus diesen kurzen Ausführungen haben Sie entnehmen können, daß ich nicht gegen die Erweiterung des Wahlrechtes in die Handelskammer bin, sondern daß ich in Anbetracht der Verhältnisse, wie sie in Innsbruck sind, es zweckmäßig erachte, eine Änderung vorzunehmen und daß ich diese Anregung mit Vergnügen unterstütze, ich würde aber diesen Theil des Berichtes anders abschließen, ich würde den Antrag etwas anders formuliren und zwar in folgender Weise. „Die hohe Regierung wird aufgefordert, im Einvernehmen mit der Handels- und Gewerbekammer in Feldkirch eine Abänderung der mit MinisterialErlaß vom 31. März 1884 Zl. 5575 L.-G.-Bl. 1884 Zl. 15 verfügten Wahlordnung für die Handels- und Gewerbekammer für Vorarlberg und zwar nach dem Vorbild der den übrigen drei Handels- und Gewerbekammern des Statthaltereigebietes mit dem gleichen Erlasse vorgeschriebenen Wahlordnung insbesondere im Sinne der Erweiterung des Wahlrechtes in Erwägung zu ziehen." Das wäre der eine Antrag, den ich stelle. Der zweite Antrag, welchen der volkswirthschaftliche Ausschuß stellt, lautet: „Der Landesausschuß wird beauftragt, in die Berathung über eine gründliche Revision der Landtagswahlordnung einzutreten und dem Landtage eine dahin gehende Vorlage in nächster Session zu unterbreiten." Dieser Antrag läßt nun nicht errathen, wo man hinaus will. (Martin Thurnher: Das wird schon kommen.) Ich bin von Natur aus mißtrauisch und wenn Einer das Leben längere Zeit mitgemacht hat, dann wird er es immer mehr. — Ich bin der Ansicht, daß es gerathen ist, nicht bloß zu sagen „gründliche Revision", diese Gründlichkeit ist eine sehr subjective Auffassung. Ich weiß nicht, wer die Revision vorbereitet und unternimmt, ich kenne die betreffenden Persönlichkeiten nicht; ich bin darum der Ansicht, daß wir gut thun, wenn wir schon auf diesen Antrag eingehen, dem Landesausschusse eine bestimmte Richtschnur zu geben, nach welcher die Revision vorzunehmen ist. Ich würde da auf das zurückkommen, was ich bei der Berathung der Landtags-Wahlordnung in der vorigen Session gesagt habe; wenn man die Arbeit schon in die Hand nehmen will, so soll man sie gründlich in die Hand nehmen und alle jene Desiderien in's Auge fassen, welche sich in der Praxis als berücksichtigungswerth herausgestellt haben. Es hat sich herausgestellt, daß es nothwendig ist, die offene Abstimmung abzuschaffen. Ich brauche das nicht noch einmal zu sagen. Wer die Reichsrathswahlen und die Gemeindewahlen, welche geheim sind, mitgemacht hat, weiß, daß von diesem Standpunkte aus die Wahlen sehr angenehm sind und daß sie zu keinerlei Gewaltthätigkeiten und Verdrießlichkeiten Anlaß geben. Wenn man eine freie, unbeeinflußte Wahl einführen will, so muß dieselbe geheim sein, wenn aber zunächst bei der Wahlcommission ein Kapitalist und der Ortspfarrer und allenfalls auch noch der Kaplan steht und zuVIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IV. Session, 7. Periode 1894. 47 hört, was für Namen abgegeben werden und der Wähler das drohende Mienenspiel beobachtet, so ist das nicht gut, denn das heißt die Freiheit der Stimmabgabe beeinträchtigen und beeinflussen; nur die geheime Wahl macht den Wähler frei. Ein zweiter Punkt wäre der, daß für die Landgemeinden auch die directe Wahl eingeführt würde mit der Bestimmung, daß für jeden einzelnen Abgeordneten ein eigener Wahlkreis gebildet wird, sowie das in der Regierungsvorlage Dom Jahre 1871 vorgesehen ist. Das Listen-Scrutinium ist immer bedenklich; es ist immer in der Hand der herrschenden Partei, und es ist begreiflich, daß da nicht nach dem Wunsche der einzelnen Gemeinden und Bezirke, sondern nach anderen Grundsätzen vorgegangen wird. Ich will darauf weiter nicht eingehen, wenn wir aber haben wollen, daß in dieses Haus wirklich die Vertrauensmänner der Gemeinden hereinkommen, dann müssen wir den: Volke die Gelegenheit geben, diese Männer selbst zu bestimmen und nicht erst durch Wahlmänner, welche für eine ganze Bezirkshauptmannschaft aufgestellt werden. Dies wird auch in der Petition von Hohenems ausgesprochen. Ich kann mir nicht denken, was man gegen ein solche Wahl vorbringen könnte, im Gegentheil, die Erfahrung hat gezeigt, daß man dort, wo man das Listen-Scrutinium eingeführt hat, es besser befunden hat, dasselbe wieder zu entfernen. Ein weiterer Punkt wäre die Einführung der persönlichen Abstimmung, so wie dieselbe auch in der Reichsraths-Wahlordnung eingeführt ist. Ich gebe zu, daß es eine große Anzahl von Gemeinden im Lande gibt, in welchen das Vollmachtwesen keine bedeutende Rolle spielt. Dagegen gibt es aber auch Gemeinden, in welchen, wie die Erfahrung gezeigt hat — es ist auch hier oft genug schon davon gesprochen worden — das Vollmachtwesen eine große Rolle spielt, und zwar eine durchaus corrumpirende; jede Partei thut, was sie zu thun vermag, ich nehme da gar keine Partei in Schutz. Das ist aber unmoralisch, das ist keine Wahl, das sind Bestechungen, Bedrohungen, Betrügereien. Es ist darum wirklich an der Zeit, daß diesem Unfuge durch eine entsprechende Änderung des Landtagswahlgesetzes abgeholfen werde. Ferner soll auch der Wahlcensus, der auch entschieden zu hoch ist, etwas herabgesetzt werden, ich habe das schon in der letzten Landtagssession ausgesprochen, als die Herren wieder die 5 fl. beschlossen haben. Ich habe gesagt, es sei dies nicht consequent — item es ist beschlossen worden. Wenn man anderswo von Herabsetzung des Wahlcensus fortwährend predigt, dann muß man consequent sein. Als Vertreter der Handelskammer kann ich nur den Wunsch aussprechen, daß der Wahlcensus herabgesetzt werde; wir haben keine Befugnis ein Gesetz zu machen über die Handelskammer-Wahlen; die Herren haben es aber in der Hand, die Wahlordnung für den Landtag so einzurichten, daß sie mit den allgemeinen staatsrechtlichen Grundsätzen übereinstimmt, und eine solche Wahlordnung wird dann auch höheren Ortes angenommen werden. Nach diesen Ausführungen hätte ich statt des vom Ausschüsse vor gelegten zweiten Punktes der Anträge folgenden Antrag vorzuschlagen: „Der Landesausschuß wird beauftragt, dem Landtage in der nächsten Session eine Landtagswahlordnung vorzulegen, in welcher die Grundsätze der geheimen Abstimmung, der persönlichen Abstimmung, der directen Wahl auch für die Landgemeinden und die Abgrenzung eigener Wahlbezirke für jeden einzelnen zu wählenden Abgeordneten, sowie eine entsprechende Herabsetzung des Wahlcensus durchgeführt sind." Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? Fink: Ich möchte nur ein paar Worte vorbringen, um meine Abstimmung zu rechtfertigen. Mein geehrter Herr Vorredner hat am Anfang seiner Rede so nach Gründen gerungen, warum dieser Antrag, bezüglich Abänderung des Wahlrechtes bei den Wahlen in die Handels- und Gewerbekammer vom volkswirthschaftlichen Ausschusse gestellt worden ist, und hinterher hat er gefunden, daß er diese Abänderung zum großen Theile gerechtfertigt halte. Ich sehe gar nicht ein, warum man nach Gründen zu suchen hat, wenn man etwas gerechtfertiget findet, vielleicht liegt das darin, daß der Herr Abgeordnete der Handels- und Gewerbekammer selbst wünschte, daß er diesbezüglich früher eingeschritten wäre und einen diesbezüglichen Antrag eingebracht hätte. Der Herr Abgeordnete der Handels- und Gewerbekammer 48 VIIL Sitzung des Vorarlberger Landtages. IV. Session, 7. Periode 1894. hat der ich nur sich auch gegen die Einrechnung Einkommensteuer ausgesprochen. Damit wäre nun nicht ganz einverstanden und ich will hier ein Beispiel anführen, wie die Sache da steht. Bei uns in Andelsbuch hat bei den letzten Wahlen einer der größten Gewerbetreibenden nicht mitstimmen können. Er betreibt drei Gewerbe, zwei davon gehören in die gewerbliche Kategorie und eines in die Handelskategorie. An directer Steuer, und zwar an Gewerbesteuer bezahlt er jährlich ohne Zuschläge 6 Gulden und einige Kreuzer, an Einkommensteuer aber einige sechzig Gulden. An Handelskammerbeitrag bezahlte er im letzten Jahre 1 fl. 71 kr. Es ist dies der höchste Steuerbetrag, welcher in unserer Gemeinde bezahlt wird, und doch war der betreffende Steuerzahler nicht wahlberechtigt. Nachträglich habe ich erfahren, die Handelskammerbeiträge seien unrichtig eingehoben worden, denn im allgemeinen geschehe es nicht, daß die Beiträge eingehoben werden, ohne daß der Betreffende dann auch wahlberechtigt sei. Die Herren werden doch zugeben, daß es unter solchen Umständen, nämlich wenn Einer 60 fl. Einkommensteuer zahlt und dabei doch nicht wahlberechtigt ist, weil die Gewerbesteuer, die er zahlt, vielleicht nicht hoch genug war, gewiß am Platze sei, in Erwägung zu ziehen, ob nicht auch die Einkommensteuer in Bezug auf das Wahlrecht eingerechnet werden soll. Der Herr Abgeordnete Dr. Waibel hat selbst den Grundsatz aufgestellt, daß Jeder nach der Größe seines Gewerbes bei den Wahlen mitzureden haben soll.