18940129_lts010

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Letzte Änderung 03.07.2021, 10:21
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp07,lts1894,lt1894,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 10. Sitzung am 29. Januar 1894, unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 18 Abgeordnete. Abwesend die Herren: Johann Thurnher und Reisch. Regierungsvertreter: Herr k. k. Hofrath Graf St. Julien-Wallsee. Beginn der Sitzung um 11 Uhr 40 Min. Vormittags. Landeshauptmann: Die Sitzung ist eröffnet. Ich ersuche das ^Protokoll der samstägigen Sitzung zu verlesen. (Sekretär verliest dasselbe.) Hat einer der Herren bezüglich der Fassung des Protokolles eine Bemerkung zu machen? — Da dies nicht der Fall ist, betrachte ich dasselbe als angenommen. Von Seite der Gemeinde Schlins ist an den h. Landtag ein Schreiben gekommen, worin dieselbe für die ihr zuerkannte Spende zu den Illregulierungsbauten den verbindlichsten Dank entgegenbringt. Wir kommen nun zur Tagesordnung und zwar steht auf derselben als einziger Gegenstand der Bericht des Finanz-Ausschusses über den Rechenschaftsbericht des LandesAusschusses von Vorarlberg für den IV. ordentl. Landtag der VII. Periode 1894. Ich werde die Verhandlung so einleiten, wie in früheren Jahren, daß ich den Herrn Berichterstatter ersuche, den Haupttext der einzelnen Rubricken zu verlesen, ich werde dann nach jedem Absatz eine Pause machen, und wenn Jemand das Wort zu ergreifen wünscht, so bitte ich es zu thun. Bevor wir jedoch an die Verlesung des Berichtes gehen, eröffne ich über denselben die Generaldebatte. — Da sich Niemand zum Worte meldet, gehen wir zur Spezialdebatte über und ich ersuche den Herrn Berichterstatter, mit der Verlesung des Berichtes zu beginnen. 74 X. Sitzung des vorarlberger Landtags. IV. Session, 7. Periode 1894. Nägele: (Liest den Eingang des Berichtes des Finanz-Ausschusses: I. Über die Ausführung der vollziehbaren Landtagsbeschlüsse der letzten Session, a. Jener, welche der A. h. Sanction bedürfen. 1, 2, 3 und 4.) — Landeshauptmann: Ich bitte in der Verlesung weiter zu fahren. Nägele: (Liest 5.) Landeshauptmann: Dieser Gegenstand wird voraussichtlich noch in dieser Session den h. Landtag näher beschäftigen. Nägele: (Liest 6.) Dr. Waibel: Diesem Anträge kann ich meine Zustimmung nicht geben. Wir haben vor wenigen Tagen hier beschlossen, eine gründliche Revision der Landtags-Wahlordnung vorzunehmen und dem nächsten Landtage die revidirte Wahlordnung zur Beschlußfassung vorzulegen. Es wird also innerhalb dieser Landtagsperiode noch hinreichend Zeit sein, diesem gefaßten Beschlusse nachzukommen. Angesichts dessen scheint es mir nicht angemessen, die h. Regierung zu einer Sanction zu veranlassen, welche angesichts des gefaßten Beschlusses vollkommen überflüssig ist. Ich würde darum einen anderen Antrag .für am Platze halten, nämlich: „Der hohe Landtag wolle beschließen, der Landtagsbeschluß vom 3. Mai 1893 wird angesichts des Beschlusses vom Freitag den 26. Januar zurückgezogen." Landeshauptmann: Ich bitte mir diesen Antrag schriftlich zu überreichen. Martin Thurnher: Wir haben in der Sitzung vom Freitag nur in der Voraussicht beschlossen, den Landesausschuß zur Vorberathung über eine eventuelle Änderung der Landtags-Wahlordnung zu beauftragen, daß der im vorigen Jahre von uns beschlossene Gesetzentwurf betreffend die Abänderung der §§ 6, 8 und 16 der Landtags-Wahlordnung in nächster Zeit die A. h. kaiserliche Sanction erhalten werde. Wenn wir auch nur den geringsten Zweifel gehabt hätten, daß dies nicht der Fall wäre, dann hätten wir diesen Beschluß nicht gefaßt. Ich kann die Herren versichern, daß der Landesausschuß — wenigstens soweit ich diesbezüglich Einfluß nehmen kann und darf — in eine Berathung über die Reform der Landtagswahlordnung erst in jenem Momente eintreten wird, nachdem die A. h. kaiserliche Sanction über die §§ 6, 8 und 16 der Landtagswahlordnung erfolgt ist. Der Herr Abgeordnete Dr. Waibel hat im Vorjahre selbst gegen die Grundsätze, welche der Abänderung dieser Paragraphen der LandtagsWahlordnung zu Grunde liegen, keine Einwendung erhoben. Er hat damals nur gemeint, es soll in eine allgemeine Reform der Landtags-Wahlordnung eingetreten werden. Ich kann nie genug darauf Hinweisen, daß zuerst die durch die unqualifizirbaren Vorgänge des Jahres 1890 in die Landtags-Wahlordnung gerissenen Lücken geschlossen werden müssen, bevor wir zu einem Neubaue schreiten können. Deshalb stelle ich den Antrag: „Über den Antrag des Herrn Dr. Waibel wird zur Tagesordnung übergegangen." Dr. Waibel: Wir sehen, daß die Majorität des h. Hauses sich bei jedem gegebenen Anlasse mit allerlei Verbesserungen theoretisch befaßt, wenn es sich aber darum handelt, die Wahlordnung practisch in die Hand zu nehmen und dem Zeitgeiste entsprechend abzuändern, dann hat man allerlei Ausflüchte. (Martin Thurnher: Das ist ganz unrichtig!) Wir sehen das auch hier wieder und ich habe keinen Anlaß, meinen Antrag zurückzuziehen, ich halte ihn aufrecht. Martin Thurnher: Der Herr Vorredner meint, daß wir die Wahlreform nur theorethisch behandeln. Das ist nicht richtig. Er weiß selber, daß wir in dieser Beziehung wiederholt praktische Beschlüsse gefaßt und dieselben mitunter auch durchgesetzt haben. Daß die Abänderung der Landtagswahlordnung in den letzten paar Jahren nicht tiefgreifender vollzogen werden konnte, daran trägt er selbst vielfach die Schuld, weil er Mitursache der Vorgänge des Jahres 1890 ist, durch welche Lücken in die Wahlordnung gerissen wurden, die wir absolut nicht bestehen lassen können, sondern für die Zukunft durch eine entsprechende Änderung und Klarstellung die unrichtigen Auslegungen der Landtagswahlordnung beseitigen müssen. Es ist ein X. Sitzung des Vorartberger Landtages. IV. Session, 7. Periode 1894. 75 ungerechter Vorwurf, wenn der Vorredner sagt, daß wir uns mit dieser Frage nur theoretisch befassen, wir sind durch seine Schuld verhindert worden, früher an die Arbeit zu gehenDr. Waibel: Ich muß diese Beschuldigung mit Entschiedenheit zurückweisen, wir sind nach dem Gesetze vorgegangen. (Martin Thurnher: Nützt nichts.) Wenn man nach dem Gesetze vorgeht, hat man sich den Vorwurf von Incorrectheit nicht gefallen zu lassen. Weiter habe ich zu bemerken, daß es mit dieser praktischen Gesetzesänderung im gegebenen Falle folgende Bewandtnis hat. Man wird sich erinnern, daß ich gerade bei der Votirung der §§ 6, 8 und 16 der Landtags-Wahlordnung ausdrücklich erklärt habe, daß Gelegenheit geboten wäre, für die Erweiterung des Wahlrechtes in der Weise vorzugehen, indem man den Census auf weniger als 5 fl. herabmindert. Damals hätte man dazu die schönste Gelegenheit gehabt. Man hat diese Gelegenheit aber von sich gewiesen. (Martin Thurnher: ganz unrichtig!) Darum bleibe ich bei der Behauptung stehen, daß man mehr theorethisch als praktisch vorgeht, daß man nur Parteigedanken und nicht das allgemeine Bedürfnis im Auge hat. Martin Thurnher: Ich muß noch einmal um das Wort bitten. Der Zerr Vorredner behauptet, er sei im Jahre 1890 rein nach dem Gesetze vorgegangen. Das kann nicht richtig sein, früher ist man 30 Jahre anders vorgegangen, und wenn der Herr Vorredner behauptet, daß er im Jahre 1890 nach dem Gesetze vorgegangen sei, dann müßte ich sagen, daß er 30 Jahre lang das Gesetz nicht verstanden hat. Der Herr Vorredner bringt weiter vor, man hätte bei Gelegenheit der Abänderung der LandtagsWahlordnung auch eine Erweiterung des Wahlrechtes beschließen können. Das kann nicht bestritten werden, daß der Landtag dies hätte thun können, aber der Herr Vorredner wird wohl wissen, daß zwischen einem Beschlusse und einem Gesetze noch eine tiefe Kluft ist, es muß da auch noch die Zustimmung der Regierung eingeholt werden. Gegen die im Vorjahre beschlossene Änderung der LandtagsWahlordnung kann jetzt eine sachliche Einwendung wohl nicht mehr gemacht werden. Wenn damals ein Beschluß auf Herabsetzung des Census erfolgt wäre, so wäre das von prinzipieller Bedeutung gewesen und da hätte die hohe Regierung dazu Stellung zu nehmen gehabt und weil man nicht sicher war, daß die hohe Regierung darauf eingegangen wäre und sonach auch die unbedingt nothwendig beschlossene Änderung in Gefahr gebracht hätte, so mußte vorläufig von einer solchen Beschlußfassung abgesehen werden. Daß es so gekommen ist, daran tragen nicht wir die Schuld, sondern vielmehr andere Leute, bei diesem Ausspruche und bei dieser Ansicht muß ich verbleiben. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand, das Wort? — Da dies nicht der Fall ist, erkläre ich die Debatte für geschlossen. Hat der Herr Berichterstatter noch etwas zu bemerken? Nägele: Ich habe nur zu bemerken, daß ich selbstverständlich gegen den Antrag des Herrn Dr. Waibel bin und daß ich dem von Seite des Herrn Abgeordneten Martin Thurnher gestellten Anträge auf Übergang zur Tagesordnung über den Antrag des Herrn Dr. Waibel beistimmen werde. Den von mir als Referenten des Finanzausschusses gestellten Antrag empfehle ich zur Annahme. Landeshauptmann: Ich schreite nun zur Abstimmung. Der von Herrn Dr. Waibel gestellte Antrag lautet: „Der h. Landtag wolle beschließen, der Landtagsbeschluß, vom 3. Mai 1893 wird angesichts des Beschlusses vom Freitag den 26. Januar zurückgezogen." Der Herr Abgeordnete Martin Thurnher beantragt, über diesen Antrag zur Tagesordnung überzugehen. Ich bringe also zunächst den Antrag des Herrn Martin Thurnher zur Abstimmung, sollte derselbe abgelehnt werden, dann werde ich über den Antrag des Herrn Dr. Waibel abstimmen lassen, und wenn auch dieser abgelehnt wird, dann kommt der Antrag, wie ihn der Finanzausschuß stellt, zur Abstimmung. Ich ersuche also jene Herren, welche dem Antrage des Herrn Abgeordneten Martin Thurnher, nämlich: „Es sei über den Antrag des Herrn 76 X Sitzung des vorarlberger Landtages. IV. Session, 7. Periode 1894. Dr. Marbel zur Tagesordnung überzugehen", die Zustimmung geben, sich von den Sitzen zu erheben. Majorität. Nun kommt der Antrag des Finanzausschusses zur Abstimmung, welcher lautet: „Der h. Landtag wolle beschließen, der Landesausschuß wird beauftragt, bei der h. Regierung wegen Erwirkung der A. h. kaiserlichen Sanction neuerlich einzuschreiten." Jene Herren, welche diesem Anträge zustimmen, wollen sich gefälligst von den Sitzen erheben. Angenommen. Nun bitte ich mit der Verlesung weiter zu fahren. Nägele: (Liest: Nachtrag.) Martin Thurnher: Ich möchte hier zu zwei Punkten das Wort ergreifen und zwar zuerst über den angezogenen Punkt 9 betreffend das schon vor 2 Jahren beschlossene Jagdgesetz. Es ist zwar dem Landes-Ausschusse bisher eine offizielle Mittheilung über die erfolgte A. h. Sanction dieses Gesetzentwurfes nicht zugekommen, aber es steht außer allem Zweifel, daß dieser Gesetzentwurf schon vor mehr als ll/2 Jahren — wenn ich nicht irre im Juli 1892 — sanctionirt worden, es ist daher eigentlich unerklärlich, wie es kommt, daß die k. k. Statthallerei in diesen V/2 Jahren es nicht unternommen hat, die einleitenden Schritte zu thun, um die Durchführungs-Verordnung, welche unbedingt vor der Publikation des Gesetzes im Einvernehmen mit dem Landes-Ausschusse getroffen werden muß, zu besorgen. Ich glaube daher, daß es ganz gerechtfertiget ist, wenn ich den Antrag stelle: „Der h. Landtag wolle beschließen, der Landes-Ausschuß wird beauftragt, bei der k. k. Regierung einzuschreiten, daß die Durchführungsverordnungen zum neuen Jagdgesetze ehethunlichst erlassen werden." Das wäre der erste Antrag, den ich bei diesem Punkte zu stellen habe. Der zweite betrifft die Nichtsanction des von uns seinerzeit beschlossenen Gesetzes betreffend das Verbot der Thierquälerei. Bei der jetzigen Mangelhaftigkeit und Lückenhaftigkeit der bezüglichen Verordnungen haben wir damals in hinein Gesetzentwürfe klar dargelegt, wie gegen die Thierquälerei eingeschritten und inspesondere welche Arten der Thierquälerei der Strafe unterzogen werden sollen. Der damalige Gesetzentwurf hat im � 1 festgestellt, daß als Thierquälerei insbesondere Folgendes anzusehen ist: „1. Die Kneblung der Kälber, Schafe, Zickchen und Schweine an den Füßen beim Transporte dieser Thiere mit herabhängenden Köpfen, sowie der Transport von Borstenvieh auf weitere Entfernungen in andern als mit Tränkevorrichtungen versehenen Etagewagen oder in wenigstens mit Getränkevorrichtungen versehenen und ventilierbaren gedeckten Wagen. 2. Das Hetzen von Schlacht- und Stechvieh mit Hunden. 3. Das Nichtverabreichen des nöthigen Futters und Trankes an die Haus-, sowie an andere in der Obsorge des Menschen befindlichen Thiere. 4. Die Überanstregung der Zug- und Last-, dann der zum Betriebe der Maschinen verwendeten Thiere. 5. Das Fangen der Vögel mittelst der Deck- und Stecknetze, Schlingen und Springhölzer, dann das Blenden der Vögel; (L.-G. vom 30. April 1870 L.-G.-Bl. Nr. 34.) 6. Andere den Thieren Qual bereitende Handlungen, die nicht durch rationellen Betrieb der Landwirthschaft, des Gewerbes, der Jagd oder aus öffentlichen oder gemeinnützigen Rücksichten gerechtfertigt erscheinen." Nun ist diesem Gesetzentwürfe die A. h. Sanction hauptsächlich aus dem Grunde nicht ertheilt worden, weil die h. Regierung glaubt, daß die in demselben aufgenommenen Bestimmungen zu weit gehend seien und nicht mehr in die Competenz der Landtage, sondern in das Gebiet der Strafgesetzgebung fallen. Es ist aber allenthalben bekannt, daß hier in Vorarlberg die Thierquälerei nach wie vor fortbesteht, und deshalb glaube ich, daß es gerechtfertiget ist, daß auch in dieser Beziehung Vorstellungen an die h. Regierung gemacht werden. Ich möchte daher beantragen, der h. Landtag wolle folgendes beschließen: „Die h. k. k. Regierung wird aufgefordert, Vorsorge zu treffen, daß geeignete Bestimmungen gegen die Thierquälerei in das neue Strafgesetz ausgenommen, bis zur Inwirksamkeittretung desselben aber die politischen Verwaltungsorgane X. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IV. Session, 7. Periode 1894. 77 verhalten werden, strenge darüber zu wachen, daß die dermalen bestehenden Verordnungen gegen die Thierquälerei eingehalten werden." Landeshauptmann: Nachdem zwei verschiedene Anträge und verschiedene Gegenstände vorliegen, so werde ich über jeden separat die Debatte eröffnen. Ich erkläre also zuerst über Punkt 9 betreffend das Jagdgesetz die Debatte für eröffnet. Wer wünscht zu Punkt 9 das Wort? — Es meldet sich Niemand zum Worte, somit ist die Debatte geschlossen und ich bringe den Antrag zur Abstimmung, welcher lautet: „Der Landesausschuß wird beauftragt, bei der k. k. Regierung einzuschreiten, daß die Durchführungsverordnung zum neuen Jagdgesetz ehethunlichst erlassen werde." Ich ersuche jene Herren, welche diesem Anträge die Zustimmung geben, sich von den Sitzen zu erheben. Majorität. Nun eröffne ich die Debatte über Punkt 10 betreffend das Verbot der Thierquälerei. Regierungsvertreter: Der Herr Abgeordnete Martin Thurnher hat den Wunsch ausgesprochen, daß die politischen Behörden seitens der h. Regierung aufgefordert werden sollen, daß die bestehenden Verordnungen, die Thierquälerei betreffend, besser eingehalten werden mögen. Ich möchte mir die Anfrage erlauben, ob dem Herrn Vorredner spezielle Fälle von Thierquälereien bekannt sind, in welchen die politische Behörde es unterlassen hätte, derlei Übertretungen der vorschriftsmäßigen Bestrafung zuzuführen, ich wüßte nicht, daß in dieser Beziehung Ungehörigkeiten vorgekommen sind. Es wäre mir sehr angenehm, zu wissen, - ob spezielle Fälle vorgekommen sind, in welchen die Behörde ihrer Pflicht für die strenge Durchführung der diesbezüglichen Vorschriften Sorge zu tragen nicht nachgekommen ist. Martin Thurnher: Ich bin nicht in der Lage mit Namen und Daten jetzt solche Fälle hier aufzuführen, ich müßte mich erst darüber näher erkundigen. Ich habe aber wiederholt in öffentlichen Blättern Klage führen gehört, daß z. B. Pferde in der Weise mißhandelt werden, daß man sie überanstrengt. ‘ Ich habe wiederholt die Wahrnehmung gemacht, daß Kälber mit gebundenen Füßen in Wägen geführt werden; manche Metzger haben eigene Wägen zum Transport dieser Thiere, dieselben sind aber noch nicht allseitig eingeführt. Man kann fast jeden Tag den Transport gebundener Kälber sehen, daher glaube ich, daß man da etwas strenger als bisher vorgehen sollte. Regierungsvertreter: Ich kann diesbezüglich nur bemerken, daß von Seite der Bevölkerung, sowie von Seite der Gemeindevorsteher sehr wenige Fälle von Thierquälerei zur Anzeige gebracht werden. Der Grund davon mag vielleicht der sein, daß es völlig zur Gewohnheit geworden ist, öfter Fälle von Thierquälerei zu sehen ohne daß dieselben für eine Übertretung gehalten werden. Ich muß ferner bestätigen, daß auch bei der Bezirkshauptmannschaft sehr selten Anzeigen wegen Thierquälereien einlaufen, wenn aber solche einlaufen, dann wird von Seite der politischen Behörde mit aller Strenge darauf gesehen, daß die Schuldigen nicht straflos ausgehen. Landeshauptmann: Wer wünscht noch das Wort? — Fink: In dieser Beziehung könnte von Seite der h. Regierung auch nach der Richtung entschiedener eingewirkt werden, daß die Gensdarmerie diesbezügliche Aufträge erhält. (Regierungsvertreter: Das wird geschehen.) Ich kann konstatiren, daß in Egg gerade unter den Augen der Gensdarmerie die Kälber gebunden und verladen werden. Ich glaube, daß nicht 20 Stück Kälber anders als gebunden mit über den Wagen oder den Schlitten hängenden Köpfen aus dem Bregenzerwald herausgeführt werden, wobei die Thiere sich vielfach blutig reiben. Ich meine, wenn die h. Regierung thatkräftig im Verordnungswege hier eingreifen will, so hat sie das beste Mittel in der Hand, nämlich wenn sie die Gensdarmerie auffordert, daß sie da ihre Pflicht thut und Anzeige erstattet, wenn ihr solche Fälle von Thierquälereien zur Kenntnis kommen. Die Leute wollen die Kälber möglichst bequem mit wenig Umständen und Kosten wegführen. Es wird zwar von anderen darüber räisonirt, bis aber Einer hingeht und die Anzeige erstattet, braucht es etwas 78 X. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IV. Session, 7. Periode 1894 mehr. Zu dem glaube ich, wäre gerade die Gensdarmerie da. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? — Ich erlaube mir hier — die Herren werden gestatten — die Bemerkung zu machen, daß gerade in letzter Zeit sehr häufig auch Klage geführt würde wegen Mißhandlung der Vögel. In dieser Beziehung wären nach meiner Meinung vor Allem die Gemeindevorstehungen einzugreifen berufen. Es ist speziell in einem Dornbirner Blatte kürzlich Klage geführt worden, daß oft Grausamkeiten beim Fqngen der Vögel ausgeübt werden. Darauf habe ich eben aufmerksam machen wollen. Dr. Waibel: In Dornbirn machen die Herren Waldhirten und Polizisten an Sonn- und Feiertagen Streifungen in den Revieren, wo der Vogelfang geübt zu werden pflegt. Die Erhebung, die ich über jene Klage angestellt, und die Berichte die ich von meinen Leuten erhalten habe, welche diesen Dienst selbst mitmachen, lauten dem widersprechend. Ich muß sagen, daß da etwas in die Zeitung hineingekommen ist, was nicht wahr ist. Es handelt sich da um etwas, was in Dornbirn von vielen jungen Leuten von jeher geschehen ist. Im Winter werden gewisse Arten von Vögeln gefangen, sie werden in einen Käfig gegeben, man füttert sie, man hat seine Freude daran und später läßt man sie wieder fliegen. Es ist aber auch dann und wann vorgekommen, daß Lustenauer sich im Gebiete der Ach, in den sogenannten Stauden niedergelassen, mit Netzen Vögel gefangen und dabei verschiedene Grausamkeiten verübt haben. Das ist allerdings etwas, was man mit Fug und Recht beanstanden muß. Es ist auch gelungen, einzelne von den Thätern zu erwischen, und ihnen die Netze abzunehmen. Die Hauptquälerei der Vögel, das wissen wir ja alle, kommt nicht bei uns vor, sondern in den italienischen Landestheilen, woselbst bekanntlich der Massenfang, der Massenmord, und der Massenfraß der Vögel an der Tagesordnung ist. Was bei uns in dieser Beziehung vorkommt, ist dagegen nur eine Kleinigkeit. Ich konstatire noch einmal, daß der Bericht der Zeitung in der Hauptsache der Wahrheit nicht entspricht. Landeshauptmann: Wünscht der Herr Berichterstatter noch etwas zu bemerken? Nägele: Ich möchte auf das, was der Herr Abgeordnete Fink gesagt hat, nämlich daß die Gensdarmerie beauftragt werden soll, auf die etwa vorkommenden Fälle von Thierquälereien aufzupassen, bemerken, daß ich eigentlich nichts dagegen einzuwenden hätte, aber ich meine, daß die Gendarmerie sonst schon viel Arbeit hat, weil sie die Gemeindevorsteher controlliren muß. Regierungsvertreter: Ich erlaube mir noch einmal das Wort zu ergreifen und den Herrn Vorredner zu fragen, ob er die Anklage, die er gegen die Gensdarmerie erhoben hat, auch begründen kann. Mir ist nicht bekannt, daß jemals ein Auftrag an die Gensdarmerie ergangen ist, Erhebungen zu pflegen, ob die Gemeindevorstehung in einem Falle der Übertretung der Thierquälereivorschriften richtig vorgegangen ist, und daß erstere sonach zur Controlirung des Vorstehers aufgefordert worden sein sollte. Nägele: Es ist seinerzeit vorgekommen, daß ein Gemeindevorsteher in einem Falle von Thierquälerei hat einschreiten wollen. Er hat die Sache an die Bezirkshauptmannschaft gegeben und diese hat dann die Gensdarmerie beauftragt, Erhebungen zu pflegen. Der Vorsteher hatte den Fall ganz richtig dargestellt, die Erhebungen der Gensdarmerie haben aber ganz anders gelautet und auf Grund dieser Erhebungen ist der Thäter straflos davongekommen. — Der Gemeindevorsteher hat können abziehen. Regierungsvertreter: Ich kann selbstverständlich im Momente, und da das von dem Herrn Vorredner berührte Vorkommnis im Bezirke Feldkirch sich ereignet hat, keine Auskunft geben, ob ein derartiger Auftrag an die Gensdarmerie ergangen ist, es kommt aber bei politischen Agenden oft vor, daß an die Gemeindevorstehungen und Gensdarmerie gleichzeitig Aufträge wegen Erhebungen ertheilt werden. Es geschieht dies aber nicht aus dem Grunde, um die Amtshandlungen oder Berichte der Gemeindevorstehungen bezüglich ihrer Correctheit zu controliren, sondern einfach deswegen, um eine möglichst genaue und eingehende Darstellung des Sachverhaltes zu erhalten. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das X. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IV. Session, 7. Periode 1894 79 Wort? — Wenn das nicht der Fall ist, dann erkläre ich die Debatte für geschlossen und ich schreite, wenn der Herr Berichterstatter nichts mehr zu bemerken hat — nachdem ein Antrag vorliegt, zur Abstimmung über denselben. Der Herr Abgeordnete Martin Thurnher beantragt: (Liest den Antrag). Ich ersuche jene Herren, welche diesem Anträge die Zustimmung geben, sich von den Sitzen zu erheben. Majorität. Ich bitte mit der Verlesung weiter zu fahren. Nägele: (liest ad. I. B. Über die Ausführung der Landtagsbeschlüsse nach § 18 und 19 der Landesordnung.) Regierungsvertreter: Wie bereits im Punkte B 3 des Rechenschaftsberichtes des Landesausschusses bemerkt ist, hat der Vorarlberger Landesausschuß die Ausführung des in der 6. Landtagssitzung am 20. September 1892 gefaßten, auf die Wiedereröffnung der schweizerischen Grenze für den Vorarlberger Viehexport und auf die Erlangung einer ergiebigen Frachtenermäßigung für die Beförderung des Vorarlberger Viehes auf den k. k. Staatsbahnen abzielenden Beschlusses diesen Beschluß mit Schreiben vom 28. September 1892 Z. 3313 der h. k. k. Statthalterei befürwortend in Vorlage gebracht. Obschon Sr. Excellenz der Herr Statthalter von vornherein überzeugt war, daß jeder Schritt zur Erzielung des ersten Theiles des Petites an der mit Rücksichten der Veterinärpolizei maskirten schweizerischen Schutzpolitik scheitern würde, hat der Herr Statthalter schon in Würdigung des Umstandes, daß die thunlichste Berücksichtigung des zweiten Petittheiles ein Gebot der Billigkeit sei, um die vorarlbergischen Viehbesitzer wenigstens einigermaßen zu entschädigen, diese Angelegenheit dem h. Ministerium des Innern unterbreitet und wärmstens befürwortet. In der Sitzung vom 5. Mai 1893 ist ein zweiter analoger Beschluß gefaßt worden, welcher jedoch nur die Auffassung der Viehsperren im Auge hatte. Bei der gänzlichen Aussichtslosigkeit des Unternehmens, welches überdies wegen des verbreiteten Bestandes der Maul- und Klauenseuche in Vorarlberg gescheitert wäre, wurde jedoch derselbe von der h. k. k. Statthalterei an den Landesausschuß mit dem Bemerken retournirt, daß es zur Zeit nicht opportun sei, wegen der Eröffnung der Auslandsgrenzen für unseren Viehexport einzuschreiten. Über den ersten Beschluß des h. Landtages vom 20. September 1892 ist nun vor Kurzem eine Eröffnung vom h. Ministerium des Innern herabgelangt, unb zwar mit Erlaß vom 10. Jänner 1894 Z. 30.503, welche ich die Ehre habe, dem h. Hause zur Kenntnis zu bringen. Sie lautet folgendermaßen: (Liest.) Von einer diplomatischen Action zum Zwecke der Wiedererlangung der Ausfuhr von Zucht- und Nutzvieh nach der Schweiz kann ein Erfolg kaum erwartet werden, nachdem von Seite der BundesRegierung abgelehnt wurde, auf neue Verhandlungen wegen Abschluß einer Viehseuchenconvention einzugehen und es wohl bekannt ist, daß diese Regierung durch das Festhalten an dem bestehenden Verbote der gedachten Ausfuhr sich keineswegs ausschließlich durch veterinärpolizeiliche Rücksichten leiten läßt. Außerdem hätte eine diplomatische Action im Laufe dieses Jahres um so weniger Aussicht auf Erfolg gehabt, als leider im Jahre 1893 gerade das Land Vorarlberg unter jene wenigen Länder der diesseitigen Reichshälfte gehörte, in welchen die Maul- und Klauenseuche in beträchtlichem Umfange und durch geraume Zeit herrschte, so daß die Verseuchung des Landes für die Schweiz sofort den erwünschten Vorwand geboten hätte, um das Begehren nach Eröffnung der Grenze zurückzuweisen. Unter allen Umständen aber liegt es im wohlverstandenen Interesse aller unserer Alpenländer und daher auch insbesondere des an ausgezeichneten Viehwaaren so reichen Landes Vorarlberg den früher üblichen aber immer prekären Absatz seines Viehstappels in das Ausland durch Aufsuchung ständiger und lohnender Absatzquellen in der österreichisch-ungarischen Monarchie selbst vorzugsweise aber in Niederösterreich (Wien), Böhmen, Mähren, Schlesien ilnd Galizien zu suchen. Aus dieser Rücksicht wurde auch gelegentlich der Durchführung des Lungenseuchentilgungsgesetzes schon mit h. o. Erlasse vom 27. Juli v. I., Z. 16.741 an die politischen Landesbehörden auf die Vortheile des Bezuges von Rindvieh aus Salzburg, Steiermark, Kärnthen und Tirol und Vorarlberg verwiesen und dadurch der erste kräftige und gewiß auch im dortigen Verwaltungsgebiete 80 X. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IV. Session, 7. Periode 189L wahrgenommene Impuls zu einem regen Export nach den österreichischen Ländern und selbst nach Ungarn gegeben. Was die eben speziell genannten Länder der diesseitigen Reichshälfte betrifft, so sind thatsächlich die von der Regierung erwarteten Conjequenzen der Durchführung des Lungenseuchentilgungsgesetzes eingetreten, indem die überwiegende Mehrzahl der Großgrundbesitzer, Bier-, Spiritus- und ZuckerIndustriellen es aufgegeben hat, ihren Bedarf an Jung-, Milch- und Zugvieh aus Ungarn, von wo die Einschleppung der Lungenseuche permanent droht, zu decken, und sich zu diesem Zwecke mit Vieh aus den Alpenländern zu versehen begonnen hat, so daß in manchen Theilen derselben während des Jahres 1893 sich ein lebhafter Viehverkehr entwickelt hat und manche Produktionsgebiete, so z. B. das Oberinnthal in Tirol, nahezu ihre Viehbestände ausverkauft haben. Leider waren theilweise und insbesondere auch in Vorarlberg bisher die bestandenen und auch von den dortigen Landwirthen selbst verschuldeten mißlichen veterinärsanitären Zustände, sowie die den Anforderungen eines regeren Handelsverkehres noch abträglichen Verhältniffe in der Einrichtung der Viehmarktplätze und der Anreihung der Viehmärkte wenigstens in den Hauptviehbewegungsperioden (Frühjahr und Herbst) dem rascheren Ansteigen dieser neuen Verkehrsrichtung nicht so förderlich, als erwünscht gewesen wäre. Soll demnach diese Aktion von durchschlagendem Erfolge begleitet sein und bleiben, dann müssen wohl auch die Vorarlbergischen Züchter es sich angelegen sein lassen, der Rindviehzucht erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwenden und dahin zu trachten, daß auch hinlänglich viel Vieh bester Qualität und racenreiner Züchtung auf wohl eingerichtete und untereinander auch vortheilhaft für die Käufer angereihte Märkte gestellt werden können und muß insbesondere auch eine entsprechende Auswahl der zur Züchtung vortheilhaftesten Racen allmählig stattfinden. Was die nachgesuchte Einwirkung möglichst billiger Frachtentarife auf allen Relationen des einheimischen Eisenbahnnetzes anbelangt, so sind diesfalls von den Ministerien des Innern und des Ackerbaues mit dem k. k. Handelsministerium Verhandlungen eingeleitet worden, deren Resultat seinerzeit bekannt gegeben wird. Schließlich muß ich es Euer Excellenz überlassen, dahin zu wirken, daß der Landtag des Landes Vorarlberg in der Richtung Stellung nehme, ob er es für zweckmäßig hielte, daß in einer hiezu geeigneten Gemeinde, etwa Niederösterreichs, ein großer Centralviehmarkt für Zucht-, Nutz- und Handelsvieh der Alpenländer sowohl im Interesse der Förderung des Viehexportes in das Ausland, insoweit er jeweilig gestattet ist, als auch und in erster Linie zur Deckung des Bedürfnisses der österreichischen Flachländer an diesen Viehgattungen errichtet werde, da die schon dermalen auch für die Vorarlberger Züchter gebotene Gelegenheit zur Beschickung des älljährlich in Wien mit finanzieller Unterstützung des Ackerbauministeriums stattfindenden Thierschau jedenfalls nicht ausreichen dürfte, um das Bedürfnis einerseits der Vorarlberger Züchter nach Absatz und andererseits der Züchter der übrigen österreichisch-ungarischen Gebiete nach Vieh dieser Provenienz zu befriedigen. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? — Da dies nicht der Fall ist, schreite ich zur Abstimmung über den vom Finanz-Ausschusse gestellten Antrag und ich ersuche jene Herren, welche demselben beipflichten, sich von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Wenn zu den Punkten 1, 2, 4, 6, 7, 9, 10 und 11 keiner der Herren eine Bemerkung zu machen hat, — dann können wir mit der Verlesung weiter fahren. Nägele: (Liest: Zu Punkt 5, betreffend die Durchführung..........bringen.) — Landeshauptmann: Meldet sich Jemand zum Worte? — Ich bitte weiterzufahren. Nägele: (Liest: Zu Punkt 8, betreffend eine jährliche bestimmte Zeit............tragen.) — Landeshauptmann: Ich bitte weiter zu lesen. Nägele: (Liest: Ad I. C. In Ausführung der Landtagsbeschlüsse im eigenen Wirkungskreise des Landesausschusses. Punkt 1 bis 11.) X. Sitzung -es Vorarlberger Landtages. IV. Session, 7. Periode 1894. 81 Landeshauptmann: Zier möchte ich mir erlauben zu bemerken, daß es im Rechenschaftsberichte des Landesausschusses heißt, daß der Landtagsbeschluß vom 1. Mai 1893 betreffend die Bewilligung einer Subvention von je 25 fl. für 2 Besucher eines Fischerei-Curses mit Zuschrift vom 10. Mai 1893 Z. 2236 dem Fischereivereine zur Kenntnis gebracht wurde, ohne daß eine Erledigung von demselben bis jetzt eingelangt ist. Nun ist vor einigen Tagen eine Zuschrift des Fischerei-Vereines an den Landesausschuß gelangt, worin derselbe mittheilt, daß in der ersten Januarwoche des laufenden Jahres die beiden Fischerei-Aufseher Andreas Allgäuer von Giesingen und Gebhard Schneider von Fußach sich nach München zum Besuche des Fischerei-Curses begeben und diesen Curs mitgemacht haben. Einer weiteren Zuschrift des Fischerei-Vereines an den Landesausschuß sind die beiden Zeugnisse für die betreffenden Zöglinge beigelegen, aus denen hervorgeht, daß sie am Fischerei-Curs mit großem Fleiß theilgenommen haben. Nägele: (Liest Punkt 12 bis 17.) Dr. Waibel: Wir haben es auch hier wieder mit einem ganz außerordentlich wichtigen Gegenstände zu thun. Wenn man die Äußerungen von Sachverständigen liest und so liest, wie sie zu verstehen sind, so könnte man da erklären, daß eine Aussicht auf eine sogenannte Reform des Verfachbuches absolut nicht zu erhalten ist. Es ist dies auch ganz begreiflich. Wir wissen, daß in allen Kronländern das Verfachbuch durch das Grundbuch ersetzt ist und daß auch in Tirol die Regierung alle Anstrengungen macht, um auch dort das Grundbuch in's Leben zu rufen. Der Stand, in welchem die Verhandlungen gegenwärtig stehen, ist mir nicht bekannt, soviel ist aber gewiß, daß eine Reform des Verfachbuches keine Aussicht hat. Es bleibt sonach nichts anderes übrig, als zuzusehen, wie das Verfachbuch nach und nach wieder in jene Unordnung versinkt, in welcher es vor der Hypothekar-Erneuerung war. In Tyrol mußte selbst der Hauptpatron des Verfachbuches, Herrn Baron Ignaz Giovanelli, Landesgerichtsrath schon im Jahre 1884 im Landtage Klage führen über die seit der zu Beginn der Siebenziger Jahre vollzogenen Hypothekarerneuerung eingerissene Vewirrung in den öffentlichen Büchern. Bei uns wird derselbe Zustand herauswachsen, trotzdem hier die Hypothekar-Erneuerung besser durchgeführt wurde, als das in Tyrol der Fall war. Nun stehen wir vor der Berathung und Beschlufassung über eine Landes-Anstalt, deren Einrichtung mit dem Bestande des Verfachbuches nach meiner Ansicht unzertrennlich ist. Nun möchte ich wieder den Gedanken aussprechen, den ich bereits früher einmal ausgesprochen habe. Es ist von allen Seiten, auch von Sachverständigen, nämlich von den Herrn Oberlandesgerichtsrath Dr. Lecher und Landesgerichtsrath Dr. Ritter v. Larcher zugegeben worden, daß eine wesentliche Verbesserung in den öffentlichen Büchern nach der HypothekarErneuerung erreicht worden ist, das Verfachbuch befindet sich jetzt in einem Zustande, welcher für die Einführung des Grundbuches sehr geeignet wäre. Es sollte nach meiner Ansicht, nachdem die Einführung des Grundbuches schließlich doch nicht zu vermeiden sein wird, den günstigen Moment nicht zu lange hinausschieben. Wir sollten uns mit dem Gedanken an die Einführung des Grundbuches allen Ernstes befassen. Ich stelle keinen diesbezüglichen Antrag, weil derselbe doch keine Aussicht hätte angenommen zu werden, ich begnüge mich damit, meiner Ansicht über die Sachlage Ausdruck zu geben. Wenn dies Wirkung haben sollte, freut es mich, wenn aber nicht, dann bin ich nicht Schuld daran, wenn durch dieses Versäumnis irgend ein Nachtheil geschaffen wird. Landeshauptmann: Wer wünscht noch das Wort? — Wenn sich Niemand zum Worte meldet und auch der Herr Berichterstatter hiezu nichts zu bemerken hat, dann bitte ich mit der Verlesung weiter zu fahren. Nägele: (Liest 18 bis 21.) Fink: Ich habe bei der letzten Landes-Ausschußsitzung vernommen und sogar auch gesehen, daß der auf das Land Vorarlberg entfallende Theil des Normalschulfondes thatsächlich ausgefolgt wurde. Derselbe erliegt in einem Renten-Papier beim Landes-Ausschusse. Es liegt aber noch nicht einmal ein Voranschlag über diesen Fond vor und deshalb möchte ich folgenden Antrag stellen: „In Rücksicht, daß über den Normalschulfond 82 L. Sitzung des Vorarlberger Landtags. IV. Session, 7. Periode 1894. ein Voranschlag pro 1894 nicht vorliegt, wird der Landes-Ausschuß ermächtiget im Einvernehmen mit dem k. k. Landesschulrathe über die Verwendung der Interessen dieses Fondes pro 1894 im Sinne der hierauf Bezug habenden gesetzlichen Bestimmungen das Geeignete zu verfügen." Landeshauptmann: Zu diesem Punkte möchte ich noch ergänzend beifügen, daß heute eine weitere Note der k. k. Statthalterei eingelangt ist, bezüglich der definitiven Vertheilung dieses Fondes, woraus hervorgeht, daß außer der bereits uns zugewiesenen Notenrente noch ein ziemlich bedeutender Barbetrag zu Gunsten des Landes Vorarlberg ausgefolgt werden wird. Wer wünscht noch weiter das Wort? — Wenn Niemand das Wort zu ergreifen wünscht und auch der Herr Berichterstatter keine weitere Bemerkung zu machen hat, — Berichterstatter: Nein Landeshauptmann: dann schreite ich zur Abstimmung über den vom Herrn Abg. Fink gestellten Antrag. Derselbe lautet: (Verliest den Antrag.) Ich ersuche jene Herren, welche diesem Anträge beipflichten, sich von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Nun bitte ich mit der Verlesung weiter zu fahren. Nägele: (Liest 22—29.) Dr. Waibel: Wir haben aus den Ausführungen des Herrn Martin Thurnher gehört, wie wichtig das Kapitel von den Mißbräuchen bei GemeindeWahlen ist. Es ist daher einem Landtags-Abgeordneten gewiß nicht zu verargen, wenn er neugierig ist zu erfahren, in welchem Stadium sich diese Angelegenheit befindet und auf was man da eigentlich hinausgeht. Martin Thurnher: Ich glaube, es dürfte für den Herrn Vorredner nicht so Eile haben, daß diese Frage rasch zum Abschlusse kommt, da ja hauptsächlich wegen der Wahlvorgänge in Dornbirn und Lustenau der Landtag genöthiget war solche Aufträge zu ertheilen. (Dr. Waibel: Gerade deshalb.) Es wurden damals nicht nur Wahlmißbräuche gemacht, sondern auch Stimmenmacherei getrieben, in einer Weise, wie sie als ehrlich nicht bezeichnet werden kann. Im habe schon früher einmal darauf hingedeutet, daß ich unter allen Umständen es ablehnen würde, auf Grund solcher Wahlvorgänge, wenn sie auch nicht durch mich verschuldet worden wären, irgend einen Posten zu bekommen. Das Subcomite des Landesausschusses -hat die Arbeit in die Hand bekommen, es sind bereits die Verhandlungen mit der h. Regierung eingeleitet, dieselben haben aber ihren vollen Abschluß noch nicht gefunden und wenn sie einmal abgeschlossen sein werden, wird es der Landesausschuß gewiß nicht verabsäumen, dieselben dem h. Hause in Vorlage zu bringen. Dr. Waibel: Es ist gut, daß auch andere Factoren in diese Angelegenheit Einsicht genommen haben und ich kann zu meiner Beruhigung sagen, daß dieselben nicht so schwarz gesehen haben, wie der Herr Abgeordnete Martin Thurnher und Genossen. Die anderen Factoren, welche diese Sache untersucht haben, sind dieser Angelegenheit unbefangen gegenüber gestanden und haben aus diesem Grunde auch unbefangen geurtheilt. Es ist nicht unbekannt, daß der Herr Abgeordnete Martin Thurnher und Genossen sich veranlaßt gefunden haben, diese ganz loyale Angelegenheit vor den Reichsrath zu bringen, wie seinerzeit die Angelegenheit des guten, wohlbekannten Herrn Schulinspektors in Bregenz. Meine Herren! Die Antwort auf jene Interpellation ist erfolgt und sie lautet, wenigstens was Dornbirn anbelangt, nicht belastend für die Gemeinde, sondern im Gegentheile nach den gepflogenen eingehenden Erhebungen vollständig freisprechend. Das wollte ich hier konstatiren und ich bin, wie gesagt neugierig, was diese Commission noch weiter herausbringen wird. Martin Thurnher: Ich muß auf die Bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Waibel kurz erwidern, daß es nicht richtig ist, daß das Ministerium des Innern gefunden hat, daß in Dornbirn bei den Wahlen richtig vorgegangen worden ist. Die Regierung hat nur gesagt, der Staatsanwalt habe nichts gefunden, was er nach dem Strafgesetze hätte packen können und die Regierung könne nicht gegen alle diese Wahl-Mißbräuche einschreiten, wenn dieselben nicht strafgesetzlich X. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IV. Session, 7. Periode 1894. 83 verfolgt werden können. Das steht ausdrücklich in der Interpellationsbeantwortung. Dr. Waibel: Ich bedauere, daß ich diese Interpellationsbeantwortung jetzt nicht zur Hand habe, wenn ich sie hier hätte, so würden sich die Herren überzeugen können, daß das, was der Herr Abgeordnete Martin Thurnher soeben gesagt hat, dem thatsächlichen Wortlaute nicht entspricht. Fink: Der Herr Abgeordnete Dr. Waibel wird sich erinnern, daß er in einer früheren Session selbst zugestanden hat, daß in Dornbirn Mißbräuche stattgefunden haben und er wird heute doch nicht behaupten wollen, daß das Ministerium gesunden hat, daß nichts Ungehöriges vorgekommen sei. Jeder der Herren wird wissen, daß der Herr Abgeordnete selbst zugestanden hat, es haben bedeutende Mißbräuche stattgefunden, er hat ja selbst gesagt, es sind Mißbräuche von beiden Seiten vorgekommen. Dr. Waibel: Ich habe nur zugegeben, daß mit unseren Vollmachten aller erdenklicher Mißbrauch getrieben wird. Das gebe ich zu, das gebe ich auch heute zu und habe es auch vor wenigen Tagen zugegeben, und ich habe keinen Grund an dieser Aussage etwas zu ändern. Martin Thurnher: Es ist nicht nothwendig, daß wir heute noch auf alte Sachen zurückkommen. Es ist aber bekannt, daß man in Dornbirn in der Weise Stimmen fabricirt hat, daß Leute, die von einem geringen Taglohn leben, ein derartiges Einkommen fatirt haben, daß man sie in den zweiten Wahlkörper hat bringen können. Der Herr Abgeordnete Dr. Waibel hat dieses s. Z. zugestanden, und nur behauptet, er sei nicht Schuld an jenen Vorgängen, aber die Früchte davon hat er doch behalten. Dr. Waibel: Es kann sich da höchstens um zehn Stimmen handeln. Martin Thurnher: Mehr als hundert! Dr. Waibel: Cabrus! Martin Thurnher: Von Ihrer Seite! Fink: Das wäre ein schönes freisprechendes Urtheil! Landeshauptmann: Ich bitte, meine Herren, wenn Sie sprechen wollen, sich zum Worte zu melden, aber nicht Privatgespräche zu führen. Dr. Schmid: Ich beantrage Schluß der Debatte. Landeshauptmann : Es ist Schluß der Debatte beantragt worden. Ich ersuche daher jene Herren, welche mit diesem Anträge einverstanden sind, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Hat der Herr Berichterstatter noch etwas zu bemerken? Nägele: Nein. Landeshauptmann: Dann bitte ich mit der Verlesung weiterzufahren. (Nägele liest: Die Punkte 4, 14, 15......... genehm halten.) Landeshauptmann. Ich ersuche jene Herren, welche diesem Anträge die Zustimmung geben, sich von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Nägele: (Liest: II. Vorarlberger Landesfond. 1. Rechnungsabschluß des Vorarlberger Landesfondes für das Jahr 1893.) Dr. Waibel: Ich habe schon am Samstag bei der Beschlußfassung über die Bregenzerwälderbahn an den volkswirtschaftlichen Ausschuß die Frage gestellt, in welcher Weise für die Aufbringung der bewilligten 110.000 fl. vorgesorgt wird. Nach meinem Dafürhalten wäre es am Platze, anderswo würde das auch geschehen — dem Landtage Gelegenheit zu geben, darüber zu beschließen, in welcher Weise diese Summe aufgebracht werden soll. Diese Summe ist, wenn man sie im Allgemeinen betrachtet, an und für sich keine große. Wenn man sie aber mit dem Landesbudget vergleicht, so ist sie doch eine hohe, sie ist höher als ein Jahresbudget des Landes. Wenn man sich vergegenwärtigt, daß das Land mit dem jährlich beschlossenen Budget bestimmte Ausgaben zu decken hat, so frage ich: Wo nimmt man jetzt das Geld her, welches man braucht, um die Actien für die Bregenzerwälderbahn zu kaufen? Die Antwort, die ich auf diese Frage erhalten habe, hat ausweichend gelautet, wenigstens hätte sie klarer sein können. Es ist gesagt worden, man bringe auch ohne die Steuern erhöhen zu müssen 84 X. Sitzung des Vorarlberger Landtages IV. Session, 7. Periode 1894. diese Summe auf, es sei nicht nothwendig deshalb Schulden zu machen. Es wäre nach meiner Ansicht besser gewesen zu sagen, das Land Vorarlberg hat nach dem Rechnungsabschlüsse vom Jahre 1893 Ausgaben von 75.000 fl. gehabt und Heuer nach dem Voranschläge, den wir bereits im Mai vorigen Jahres gemacht haben, voraussichtliche Ausgaben in der Höhe von 79.900 fl. Nach diesem Voranschlage war die Frage wohl am Platze, in welcher Weise die 110.000 fl. für die Bregenzerwälderbahn aufzubringen sind. Ich will zugeben, daß von den im Mai beschlossenen 25.000 fl. an „Beiträgen" und 13.200 fl. „Verschiedenes" — wir kennen den näheren Inhalt nicht — etwas erübrigt wird, daß man vielleicht in den nächsten paar Jahren ein ähnliches Verhältnis hat, es ist insbesondere nicht gesagt, daß das Land nach und nach einen Fond angelegt hat, der nach dem Abschlüsse vom Jahre 1893 bereits die Höhe von 83.600 fl. erreicht hat. (Martin Thurnher: Es ist schon gesagt worden!) Im allgemeinen ist allerdings gesagt worden, es sei etwas Geld da. Angesichts dessen, wenn nicht nachgewiesen werden kann, daß für diese 83.000 fl. bereits eine fixe Bestimmung beschlossen worden ist, würde es sich nach meiner Ansicht empfehlen, daß man den Finanzausschuß beauftragt, bezüglich der Aufbringung der für die Bregenzerwälderbahn bewilligten 110.000 fl. dem Landtage geeignete Vorschläge zu machen. Es ließe sich das