18930505_lts014

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Letzte Änderung 03.07.2021, 10:54
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp07,lts1893,lt1893,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 14. Sitzung am 5. Mai 1883, unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Vorarlberger Landtag. Abwesend der Hochwürdige Herr Dekan Berchtold. Regierungsvertreter: Herr Statthaltereirath Graf St. Julien-Wallsee. Beginn der Sitzung um 10 Uhr 20 Min. Vormittags. Landeshauptmann: Die Sitzung ist eröffnet, ich ersuche um Verlesung des Protokolles der letzten Sitzung. (Sekretär verliest das Protokoll der dreizehnten Sitzung.) Hat einer der Herren gegen die Fassung des Protokolles eine Einwendung zu erheben? — Da dies nicht der Fall ist, so betrachte ich dasselbe als genehmigt. Es sind mir in Angelegenheit der Erwerb- und Einkommensteuerpflicht der Staatsbahn neuerlich verschiedene Petitionen zugekommen und zwar von den Gemeinden Röthis, Thüringerberg, Nüziders, Bürserberg und Bürs — was ich zur Kenntnis zu nehmen bitte. Ferner ist eingelaufen ein selbstständiger Antrag der Herren Fink und Genossen in Angelegenheit einer Ergänzung zu den bereits beschlossenen Steuerzuschlägen. (Sekretär verliest denselben.) Fink: Als Antragsteller erlaube ich mir diesem Anträge eine kurze Begründung beizugeben, was, wie ich glaube, nach der Geschäftsordnung zulässig ist. Es ist dem hohen Hause bekannt, daß wir in der Frühjahrs-Session im Jahre 1892 beschlossen haben, die Erträgnisse des Viehseuchenfondes für Rinder sollen zur Hebung der Viehzucht verwendet werden, es bleibe aber einem späteren Beschluß des Landtages anheimgestellt, in welcher Weise diese 142 XIV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. HL Session der 7. Periode 1892/93. Verwendung erfolgen solle. Zu diesem Beschlusse hat uns hauptsächlich, wie ich glaube, die Erwägung bewogen, daß der Viehseuchenfond von den Viehbesitzern zusammen gebracht wurde und daß es nun am Platze sei, daß dieser Fond denjenigen zu Gute komme, welche ihn zu Stande gebracht haben und andererseits hat uns das Schweizer Vieheinfuhrverbot genöthiget, daß die Erträgnisse des Viehseuchenfondes zur Hebung der Viehzucht verwendet werden sollen. Durch das Schweizer Vieheinfuhrverbot sind wir in die mißliche Lage gekommen, daß unser Milchvieh, welches als Zuchtvieh vielleicht nicht in der ersten Classe steht, kein gutes Absatzgebiet mehr hat. Unser guter Milchviehschlag war bisher, auch wenn die Viehstücke nicht immer ganz tadellos waren, immer von den angrenzenden Kantonen der Schweiz sehr begehrt und wir konnten dieselben meistens um einen guten Preis dorthin absetzen. Durch das Schweizer Vieheinfuhrverbot haben wir eine wesentliche Beeinträchtigung erfahren. Den Landtag hat zu jenem Beschluße noch ein viel wichtigerer Umstand bewogen, nämlich der nummerische Rückgang am Gesammtviehstand des Landes, denn das Schweizer Vieheinfuhrverbot könnte vielleicht mit der Zeit wieder aufgehoben werden, und dieser Grund ganz entfallen. Nach der Volks- und Viehzählung des Jahres 1890 hat unser verehrter Herr Vorstand des landwirthschaftlichen Vereines Herr Carl Graf Belrupt eine vergleichende Tabelle der Viehstandszählungen seit dem Jahre 1869 bis 1890 angefertiget und daraus ist zu ersehen, daß unser Viehstand bedeutend zurückgegangen ist und zwar während der ganzen Zeit vom Jahre 1869 bis 1890. Die Zahl, um welche unser Viehstand abgenommen hat, ist eine ganz enorme, wir haben seit dem Jahre 1869 bis 1890 um 10052 Stück weniger. Diese Ziffer umfaßt jedoch das Kleinvieh und das Großvieh. Auf das Großvieh allein entfällt eine Abnahme von 867 Stück. Was ist nun die Ursache, daß das so gekommen ist? Die Ursache liegt ganz gewiß darin, daß der Boden, wenn weniger Vieh vorhanden ist, weniger gedüngt wird und in Folge dessen auch weniger Erträgnis liefert. Wir gehen dadurch, daß wir weniger Vieh haben, einer immer größeren Entwertung des Bodens entgegen. Veranlaßt dürfte das hauptsächlich dadurch sein, daß die Viehbesitzer gesehen haben, sie können mit ihrer Viehwirthschaft nicht mehr vorwärts kommen, auf der einen Seite gehen die Viehpreise und die Viehprodukte herunter und auf der anderen Seite steigen die Staats- und Gemeindesteuern riesig heran, und deshalb ist man vielfach dazu gekommen, daß man zu anderen Erwerbszweigen, nämlich zur Stickerei u.s.w. gegriffen hat. Wir wissen alle, was für üble Folgen es für sehr Viele gehabt hat, daß der Bauernstand verlassen und zur Stickerei gegriffen wurde. Ich glaube, daß wir alle ganz gut einsehen, daß das haltbarere und bessere Fundament doch noch immer die Landwirthschaft und die Viehzucht ist, als wenn man zu solchen Erwerbszweigen, wie die Stickerei ist, greift, von denen man nicht weiß auf wie lange und welches Erträgnis sie liefern, bei denen man das Geld in die Maschinen hineinsteckt und vielleicht in einigen Jahren verliert. Der Herr Vorstand des landwirthschaftlichen Vereines hat damals eine Broschüre herausgegeben und ich erlaube mir daraus einen Passus — es sind nur drei Zeilen — hier vorzulesen. Die Landwirthschaft ist die Grundbedingung jeder staatlichen und überhaupt gesellschaftlichen Existenz, ein Land, ein Gebiet, sei die Ausdehnung groß oder klein, dessen Boden nichts zu produziren vermag, ist und bleibt arm. Ich glaube, daß das nur zu wahr ist, es handelt sich nicht nur darum, daß der Viehstand, die Landwirthschaft zurückgeht und diejenigen die dieses Geschäft betreiben kein Geld haben, sondern es handelt sich auch darum, daß Wirthe, Schlosser, Schneider u.s.w. ebenfalls nichts verdienen, weil die Bauern, wenn sie eben kein Geld haben, dasjenige, was sie brauchen würden, nicht zahlen können. Auf diesen Beschluß, den der Vorarlberger Landtag im Jahre 1892 gefaßt hat, hat dann der Landesausschuß sich an den landwirthschaftlichen Verein gewendet, weil der Landesausschuß — ich habe das vergessen zu sagen — beauftragt worden ist, in der künftigen Session einen Vorschlag zu machen, wie man mit diesen Zinsen des Viehseuchensondes, welche sich auf ca. 800 fl. belaufen, eingreifen soll. Auf dieses hin hat sich der Landesausschuß, ich glaube unter dem 4. Mai 1892 an den Landwirthschafts-Verein gewendet, weil dieser Verein schon seit 30 Jahren für die Hebung der XIV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. HL Session der 7. Periode 1892/93. H3 Viehzucht und überhaupt für die Landwirthschaft thätig ist und gewiß auch mit gutem Erfolg und hat denselben ersucht, er möge seine Äußerung darüber abgeben, was mit diesen Zinsen zu geschehen habe und wie man am besten der Viehzucht und Viehwirthschaft aufhelfen könnte. Der Landwirthschaftsverein hat nun die Sache nicht oberflächlich genommen, sondern ist in Ausschußsitzungen, zu welchen auch Vertrauungsmänner beigezogen wurden, schließlich zum Resultate gekommen, daß die Hebung der Viehzucht und der Viehwirthschaft sehr wichtig, und daß es eine unerläßliche Pflicht sei, daß da entschieden und energisch eingegriffen werde. Der Landwirthschaftliche Verein hat zwar bisher gethan, was er hat können, aber uni ordentlich einzugreifen, fehlen ihm die Mittel. Er hat geglaubt, daß wenn man auch die Zinsen von diesem Fonde, welche jährlich 800 fl. ausmachen, verwendet dieselben nicht hinreichend seien, um ordentlich eingreifen zu können und er machte daher nach reiflicher Überlegung und Berathung den Vorschlag, man soll von den Viehbesitzern wieder eine Umlage einziehen. Weil der Viehseuchenfond für Rinderseit dem Jahre 1887 nicht mehr verumlagt worden ist, soll man von den Viehbesitzern für jedes Stück Vieh einen gewissen Betrag einziehen und zwar ist als Minimal-Grenze angegeben 2^ tx. = 5 Heller und als Maximal-Grenze 10 tx. = 20 Heller. Der Landwirthschafts-Verein hat den bezüglichen Gesetzentwurf dem Landesausschusse übergeben und hat sich geäußert, wann einmal eine Beschlußfassung des Landtages darüber erfolgt und die Allerhst. Sanktion dazu erwirkt sei, dann könne man sich wieder an den Landwirthschaftsverein wenden und dieser sei bereit, Vorschläge zu machen. Wenn das nicht durchzuführen sei, so wolle er Vorschläge machen wie man die Zinsen von diesem Viehseuchenfonde verwenden soll. Bisher hat er aber noch keine Vorschläge gemacht, weil der Landwirthschafts-Verein glaubt, man sollte mehr Mittel haben. Bei dieser Sache ist in erster Linie immerhin zu berücksichtigen, daß es eigentlich eine neue Steuer ist, die man da den Viehbesitzern aufladen müßte. Es ist dies zwar jedenfalls etwas Unangenehmes aber in der Roth würde man es thun. Weiter ist auch noch der Umstand zu berücksichtigen, daß es sehr zweifelhaft ist, ob vom hohen Ministerium diese Steuer auch genehmiget würde. Wir wissen ja, daß die hohe Regierung, wenn eine neue Steuer eingeführt werden soll, auch für den Staat etwas davon haben will und deshalb ist es sehr fraglich, ob diese neue Steuer auch genehmiget würde. Das ist nicht blos meine persönliche Ansicht, sondern auch die Ansicht von vielen Anderen, die einen weiteren Blick in die Zukunft haben, als ich. Das hat mich nun auf den Gedanken gebracht, es sei besser und einfacher zum heutigen Anträge zu greifen, nämlich daß man den jetzt eigentlich für die Entlastung des Grundbesitzes eingehobenen Zuschlag von 1% — früher glaube ich waren es 3% — nicht aufgebe, sondern weiterfort einziehe. Es ist das keine Steuererhöhung, sondern es wird nur der Status quo beibehalten und man könnte auf diese Weise für die Hebung der Viehzucht etwas thun. Der Effekt, den dieser Prozent ausmacht ist ca. 4250 fl. Der Effekt, den die vom Landwirthschaftsverein beantragte Neueinführung einer Umlage auf die Rinder Hervorrufen würde, wäre in der Maximalziffer, wenn man 10 tx. resp. 20 Heller einziehen würde, kaum mehr als hier diese Verumlagung ausmacht. Ich glaube nun die Sache möglichst begründet zu haben und möchte mir daher nur noch erlauben, für die geschäftliche Behandlung des Antrages einige Vorschläge zu machen. Nachdem wir fast am Schlusse der Session stehen — man spricht ja davon, daß schon Morgen die letzte Sitzung sein soll — so möchte ich beantragen, daß von der Drucklegung dieses Antrages Umgang genommen, derselbe jedoch vollinhaltlich dem stenographischen Protokolle einverleibt und zur geschäftlichen Behandlung dem volkswirthschaftlichen Ausschüsse überwiesen werde. Dr. Waibel: Nach dieser Antragstellung über die formelle Behandlung dieses Antrages ist sicher zu vermuthen, daß derselbe schon in der morgigen Sitzung seine Erledigung finden werde. Dieser Vorgang bestätiget etwas, was ich gestern schon angedeutet habe. Es scheint mir das Vorgehen, das hier beabsichtiget wird, ein sehr deutlicher Beweis zu sein, daß man nicht gut gethan hat, den Voranschlag des Landesfondes für das Jahr 1894 144 XIV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. III. Session der 7. Periode 1892/93. schon so frühzeitig in Behandlung zu ziehen. Man hat doch gestern versichern gehört, man erwartet, daß im September der Landtag wieder einberufen wird und wenn man mit der Erledigung des Voranschlages des Landesfondes bis dorthin zugewartet hätte, so wäre Zeit genug gewesen, die Sache reiflich zu überlegen. Ich kann grundsätzlich gegen den Antrag nichts einwenden, ich bin nicht dagegen, sondern einverstanden, daß man in der Weise, wie es hier vorgeschlagen wird, der Hebung der Viehzucht entgegenkommt, allein diese Überstürzung will mir nicht zusagen. Ich hätte es für besser gehalten, wenn dieser Antrag in der nächsten Session zur Behandlung gelangt sein würde. Man hätte dann Gelegenheit bekommen mittlerweile mit dem Landwirthschaftsverein Fühlung zu nehmen und die Ansicht desselben kennen zu lernen. Ich lege darauf ein ganz besonderes Gewicht, weil der Landwirthschaftsverein nicht jene Stellung einnimmt, wie ein anderer Verein im Lande, sondern weil ihm eine offizielle Stellung in Sachen der Landwirthschaft zukommt; er vertritt die Stelle des Landeskulturrathes und das sollte nicht übersehen werden. Der Mehrheit können wir aber nicht widerstreben, die Herren haben die Macht, sie können beschließen, was ihnen beliebt, auch wenn es geschäftsordnungsmäßig nicht ganz den Beifall nüchtern urtheilender Männer findet. Ich habe aber noch eine weitere Bemerkung zu machen. Nach diesem Antrage würde ein Ertrag von rund 4000 ff. zu erzielen sein. Nach den vorliegenden letzten Ausweisen beziffert sich die Grundsteuer auf 144 269 fL, die Erwerbsteuer auf 59 642 st., die Einkommensteuer auf 106130 fl. in Summa auf 310 041 fl. Die Hauszinssteuer beziffert sich auf 44, 586 fl., die Hausklassensteuer auf 46, 080 fl. in Summa auf 90666 fl. Das ergibt ungefähr den Zuschlags-Betrag von 4000 fl. Nun meine Herren, durch diesen Antrag wird dem Gewerbestand zwei Fünftel von dieser Steuer auferlegt. Die Erwerb- und Einkommensteuer beziffert sich zusammen auf rund fl. 160 000, was also einen Zuschlag von fl. 1600 ergibt. Wenn wir diese Ziffer den 4000 fl. entgegen halten, so macht das ca. zwei Fünftel der beantragten Steuer aus. Nun hat man wohl gesagt, daß man dem Gewerbestande entgegen zu kommen, geneigt sei, indem man die im Lande bestehenden gewerblichen Fortbildungsschulen unter Umständen subventioniren werde. Diese Schulen dienen nicht allein den Orten, in welchen sie bestehen, sondern auch einer großen Anzahl von jungen Leuten, welche aus allen Theilen des Landes dahin zusammenströmen. Diese Schulen sind gegenwärtig durchschnittlich mit sehr guten Lehrkräften versehen und leisten Vorzügliches und weil eben der Staat das einsieht, gibt er nahmhafte Beiträge für diese Schulen und die Handelskammern gleichfalls, obwohl sie nur bescheidene Mittel zur Verfügung hat, in ganz anerkennenswerther Weise. Sogar das Nachbarland Tirol, obwohl es auch an schweren Lasten zu tragen hat, unterstützt die gewerblichen Fortbildungsschulen in ziemlich splendiderweise, nur das Land Vorarlberg, welches sich als besonders intelligent betrachtet, leistet in dieser Hinsicht absolut nichts. Dieser Standpunkt, meine Herren, sollte aufgegeben werden, weil er absolut keinen vernünftigen Grund für sich hat. Ich erlaube mir also in diesem Momente der Hoffnung Ausdruck zu geben, daß dieser Standpunkt aufgegeben und wenigstens in bescheidener Weise diesem ganz gerechtfertigtem Begehren entsprochen wird. Fink: Ich habe mir das Wort nur zu einer ganz kurzen Bemerkung erbeten. Ich glaube nämlich, es sei eigentlich nicht am Platze, daß schon jetzt in meritorischer Beziehung über den Antrag gesprochen wird. Ich glaube heute bei Einbringung des Antrages hätte nur der Antragsteller demselben eine Begründung beifügen können und alle übrigen Erörterungen wären nach meiner Ansicht erst bei der Behandlung des Antrages am Platze gewesen, nachdem es aber meinem sehr geehrten Herrn Vorredner gestattet gewesen ist, sich in längerer Rede über den Antrag auszusprechen, so glaube ich, daß es auch mir erlaubt sein wird, in Kürze etwas darüber zu sagen. Ich bin nicht so darauf kaprizirt, daß in jeder Beziehung so strickte die Geschäftsordnung eingehalten wird. Es ist bemerkt worden, daß man noch vorher die Anschauung des Landwirthschaftsvereines hören möge. Wenn das ein anderer Herr von der linken Seite dieses hohen Hauses gesagt hätte, so würde ich das ganz begreiflich finden, nachdem aber mein geehrter Herr Vorredner Abg. XIV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. III. Session der 7. Periode 1892/93. 145 Dr. Waibel die Aeußerung, die der Landwirthschaftsverein diesbezüglich abgegeben hat, gestern wortwörtlich gelesen hat, so muß ich darüber eigentlich meine Verwunderung aussprechen, wie Herr Vorredner dazu kommt die Äußerung des Landwirthschaftsvereins zu verlangen. Der Landwirthschaftsverein, möchte, wie ich schon einmal bemerkt habe, vorläufig nur die Geldmittel haben, dann würde er sich äußern über die Verwendung der Gelder. Der Zweck, den der Landwirthschaftsverein dermalen verfolgt, wird mit dein heutigen Antrage ganz gewiß erreicht. Was bezüglich der gewerblichen Fortbildungsschulen gesprochen wurde, darüber glaube ich mich nicht weiter aussprechen zu sollen. Ich habe meine Stellung bem gegenüber seinerzeit im Schulausschusse uud auch im hohen Landtage, soviel ich glaube, genügend dokumentirt und so lange die Verhältnisse nicht anders liegen, als sie jetzt find, glaube ich, daß ich auch von meiner Ansicht nicht abzubringen sein werde. Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Fink beantragt, diesen selbstständigen Antrag als dringlich zu behandeln. Gegen die Dringlichkeit ist von keiner Seite eine Einwendung erhoben worden und daher glanbe ich, daß das hohe Haus derselben beistimmt. Johannes Thurnher: Mir kommt vor, daß der Herr Collega Dr. Waibel sich gegen die dringliche Behandlung ausgesprochen hat, ich bitte daher darüber abstimmen zu lassen. Dr. Waibel: Ich habe keinen Antrag gestellt. Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Dr. Waibel hat nichts beantragt, er hat sich nur dahin ausgesprochen, daß es vielleicht besser wäre, diesen Antrag später in Behandlung zu ziehen. Übrigens kann ich über den Antrag auf dringliche Behandlung abstimmen lassen. Ich bitte also jene Herren, welche mit dem Dringlichkeits-Antrage einverstanden sind, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Weiter beantragt der Herr Abgeordnete Fink den Antrag vollinhaltlich in das stenographische Protokoll aufzunehmen. Gegen diesen Antrag ist keine Einwendung erhoben worden und wenn auch jetzt keine erfolgt, so betrachte ich denselben als genehmiget. Der Antrag lautet: Der hohe Landtag wolle beschließen: 1. In theilweiser Abänderung und Ergänzung des in der 13. Sitzung vom 3. Mai 1893 angenommenen Voranschlages des Vorarlberger Landesfondes wird beschlossen: in der Rubrik „Erfordernis" wird eine neue Post 12 für Hebung der Viehzucht und Viehwirthschaft 4200 fl. eingesetzt und zur Aufbringung der hiezu erforderlichen Mittel wird Post 3 der Bedeckung anstatt mit 73 000 fl. mit 77 200 fl. eingestellt und die Landesfondszuschläge pro 1894 anstatt mit 20 bezw. 10�% mit 21�% zur Grund- Erwerb- und Einkommensteuer und mit ll�% zur Hauszins- und Hausklassensteuer verumlagt. 2. Der Landesausschuß wird beauftragten nächster Session dem Landtage Vorschläge über die zur Hebung der Viehzucht und Viehwirthschaft zu ergreifenden Maßnahmen und die spezielle Verwendung der für diesen Zweck vorhandenen Gelder zu machen. Ferner ist seitens des Hrn. Abgeordneten Fink die Zuweisung dieses Antrages an den volkswirthschaftlichen Ausschuß beantragt. Martin Thurnher: Ich möchte diesen letzteren Antrag dahin ausdehnen, daß der volkswirthschaftliche Ausschuß ermächtiget werde, mündlich Bericht zu erstatten. Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Martin Thurnher stellt den Zusatzantrag den volkswirthschaftlichen Ausschuß zur mündlichen Berichterstattung zu ermächtigen. Wird eine Bemerkung gegen diesen Zusatzantrag zu dem Anträge des Herrn Abgeordneten Fink gemacht? — Es meldet sich Niemand zum Worte, ich betrachte daher diese Anträge als genehmiget. Wir kommen nun zur Tagesordnung und zwar zunächst zum selbstständigen Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Waibel betreffend die Reform der Landtagswahlordnung, welcher in der letzten Sitzung eingebracht worden ist. 146 XIV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. III. Session der 7. Periode 1892/93. Ich erwarte über die geschäftliche Behandlung dieses Antrages aus der Mitte der hohen Versammlung einen Antrag. Martin Thurnher: Eine vollständige Erledigung dieses Antrages wäre in der jetzigen Session, welche ihrem Abschlüsse rasch entgegen geht, nicht mehr zu gewärtigen, es wäre daher nur die Möglichkeit vorhanden, diesen Antrag zu Vorberathung und Berichterstattung dem Landesausschusse zu überweisen. Nun haben wir aber zwei Gründe die dafür sprechen, daß wir doch nicht dafür stimmen können. Der erste Grund ist der, weil wir in der vorletzten Sitzung einen Gesetzentwurf angenommen haben über die Abänderung einiger Paragraphe der Landtagswahlordnung und wir in den: Umstande, daß, wenn wir jetzt einen Antrag auf weitere Abänderung derselben annehmen, möglicherweise ein Hindernis der baldigen Sanktions-Erwirkung für den angenommenen Gesetzentwurf erblicken, weil die Regierung meinen könnte, sie möchte zuerst einen Überblick über die weiter angestrebte Reform haben, bevor sie sich auf eine Entscheidung über den beschlossenen Entwurf einlasse. Ein weiterer Grund unserer ablehnenden Haltung liegt in dem Umstande, daß wir eine Auftragertheilung an den Landes-Ausschuß nicht für nothwendig erachten. Im Lande herrscht wohl nur eine Stimme, daß die Landtagswahlordnung geändert werden sollte. Dieser Wunsch ist schon wiederholt zum Ausdrucke gelangt. In den letzten drei Jahren konnte aber diesem Wunsche nicht entsprochen werden, weil durch die Wahlvorgänge des Jahres 1890 zuerst die durch dieselben geschaffenenen Lücken und Mängel beseitigt werden mußten, um derartige Unregelmäßigkeiten und Unzukömmlichkeiten für die Folge hintanzuhalten. Der im Lande allgemein herrschende Wunsch nach Abänderung der Landtagswahlordnung gibt uns die Überzeugung, daß der Landesausschuß auch ohne daß wir ihm einen Auftrag ertheilen, zur geeigneten Zeit mit einem bezüglichen Antrag vor das hohe Haus treten wird. Wir finden also eine Zuweisung des vorliegenden Antrages an einen Ausschuß nicht für nöthig und werden daher nicht hiefür stimmen. Dr. Waibel: Ich bin natürlich nicht überrascht über die Art und Weise der Erledigung, welche meinem Anträge bevorsteht, ich muß aber doch bemerken, daß es geradezu komisch ist anzuhören, in welcher Methode diese Ablehnung motivirt wird. In Parteiversammlungen, wir haben auch das in der letzten Sitzung gehört, wird von der Nothwendigkeit einer Wahlreform gesprochen, wenn aber eine Anregung dazu im h. Landtage gegeben wird, so wird das abgelehnt. Wir wissen aber auch ganz gut, warum es geschieht; es sind nicht die Gründe, welche uns der Herr Abgeordnete Martin Thurnher vorgegeben hat, sondern es sind andere Gründe, die man nicht gerne ausspricht, welche wir aber doch ganz gut kennen. (Martin Thurnher: Sagen Sie uns diese Gründe.) Ich will mich nicht näher darüber aussprechen, weil es doch ganz vergeblich ist, ich muß aber an den Herrn Vorsitzenden die Bitte richten, nachdem es dem Herrn Abgeordneten Fink gewährt, wenigstens nicht widersprochen worden ist, daß sein Antrag vollinhaltlich im stenografischen Protokolle ausgenommen werde, so möchte ich bitten, nachdem mein Antrag auch nicht früher gedruckt worden ist, daß derselbe wenigstens in das stenografische Protokoll ausgenommen wird, damit man weiß, was ich beantragt habe. (Johannes Thurnher: das wird ohnehin geschehen. ) Das ist nicht immer der Fall, meine Interpellationen sind auch nicht ausgenommen worden. Ich halte diese Erinnerung nicht für überflüssig. Ich möchte aber noch zwei weitere Bemerkungen bezüglich des Antrages selbst jetzt machen, nachdem derselbe voraussichtlich unter den Tisch geworfen wird und ich später vielleicht dazu keine Gelegenheit mehr haben könnte. Ich habe schon vorgestern gesagt, daß ich übersehen habe in meinem Antrage als 6. Punkt anzuführen: „Die Stimmabgabe geschieht mittelst Stimmzetteln". Ich ersuche daher den Herrn Vorsitzenden diesen Punkt noch beizufügen. Weiter habe ich der Bemerkung, welche zum 2. Punkte gemacht worden ist, folgendes entgegen zu stellen. Es ist mir nämlich bezüglich der Aufstellung des Census von 4 fl. in einer gewissen komischen Weise bemerkt worden, es sei engherzig einen Census von 4 fl. aufzustellen, es sollte eigentlich gar kein Census aufgestellt werden. Die Aufstellung dieses Census habe ich damit begründet. XIV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. III. Session der 7. Periode 1892/93. 147 daß ich erklärt habe, daß in dem von der hohen Regierung vorgelegten Gesetzentwürfe vom Jahre 1871 dieser Census wenigstens für die Landgemeinden aufgestellt worden ist und daß eine Herabsetzung auf 4 fl. bei der hohen Regierung vielleicht erreichbar wäre. Wenn ich einen Antrag von so wichtiger Art stelle, so stelle ich ihn nicht zur Unterhaltung oder zum Spaß, damit etwas gedruckt wird, sondern in der Absicht dadurch etwas zu erzwecken. Wenn ich diese Ziffer hier genannt habe, so geschieht das in der Absicht, um dem Zustandekommen eines Gesetzes die Möglichkeit zu verschaffen. Wir wissen ganz gut, Jeder in diesem Hause und auch außer demselben weiß es, daß gegenwärtig bei der hohen Regierung eine vollständige Aufhebung des Census nicht zu erreichen ist. Wenn wir eine Reform der Landtagswahlordnung ernstlich anstreben, so muß dies in einer Weise geschehen, daß auch die anderen Faktoren, welche bei der Gesetzgebung mitzuwirken haben, ihre Zustimmung geben können. Diese Bemerkung, die von der anderen Seite dieses hohen Hauses über diesen Punkt gemacht worden ist, ist ganz besonders widerspruchsvoll, denn in demselben Momente, wo diese Bemerkung auf der anderen Seite gefallen ist, haben die Herren wiederum den Census von 5 ff. beschlossen. Martin Thurnher: Dem soeben Gesagten gegenüber habe ich zu bemerken, daß soviel ich mich auf die ganze Verhandlung erinnern kann, von keiner Seite die Bemerkung gemacht worden ist, daß kein Census mehr festgesetzt werden soll, sondern daß gesagt worden ist, derselbe sollte nicht nur auf 4, sondern auf 2 oder 3 ff. herabgesetzt werden. Die letzte Bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Waibel, daß im gleichen Augenblicke wieder ein Gesetz, in welchem der Census auf 5 ff. festgesetzt wird, gemacht worden ist, ist dahin richtig zu stellen, daß es dermalen nicht anders geht, als in dieser Hinsicht das alte Gesetz aufrecht zu erhalten, denn derartige Änderungen können nicht ohne gepflogenes Einvernehmen mit der Regierung so ohne Weiteres beschlossen werden und daher ist diese letzte Bemerkung Dr. Waibels ganz gegenstandslos. Dr. Waibel: Ich muß ausdrücklich bemerken, daß ich persönlich auf diese Ziffer kein besonderes Gewicht lege und daß es mir gleichgültig ist, wenn dieselbe auf 2 oder 3 ff. herabgesetzt wird. Ich muß ferner erklären, daß das nicht meine Idee ist, es ist das nur ein Vorschlag, weil nach meiner Ansicht nur auf diese Weise etwas erreicht werden kann. Man soll eben nur Erreichbares hier beschließen. Johannes Thurnher: Mein sehr geehrter Herr Collega Dr. Waibel hat verlangt, daß den 5 Punkten seines Antrages noch ein weiterer Punkt hinzugefügt werde. Ich glaube aber, daß das ganz überflüssig ist, weil er, wenn es auch nicht in diesen 5 Punkten ausdrücklich hervorgehoben ist, an Stelle der öffentlichen Wahl, die Stimmzettelwahl wünscht und dieser Zusatz würde eigentlich eine Abänderung oder Ergänzung des Antrages bilden, sohin eine neue Verhandlung erfordern. Daß von einer Stimmzettelabgabe gesprochen worden ist, bestätiget schon der Umstand, daß der Herr Abgeordnete Fink auf diese Stelle der Rede des Herrn Dr. Waibel ausdrücklich replizirt hat. Ich bin auch der Ansicht des Herrn Abgeordneten Martin Thurnher, daß jetzt nicht der richtige Moment ist, eine neue Abänderung der Landtagswahlordnung anzustreben. Die Gründe, die er dafür angegeben hat, theile ich. Ich muß aber sagen, daß ich für meine Person auch noch andere Gründe habe. Wenn ich nämlich den Inhalt der Anträge des Herrn Dr. Waibel prüfe, so glaube ich, daß er da solche Neuerungen in Vorschlag gebracht hat, über die erst eine Berathung in weiteren Kreisen, im Volke nothwendig ist, um zu erfahren, ob es geneigt ist, auf so tief einschneidende Abänderungen der Landtagswahlordnung einzugehen und ob dieselben überhaupt ersprießlich sein werden. Der gegenwärtige Landtag und der Landesausschuß hat durch eine Reihe von Jahren bewiesen, daß er es an der Bestrebung nach nothwendigen und erreichbaren Abänderungen in dieser Beziehung nicht hat ermangeln lassen. Dem Herrn Abgeordneten Dr. Waibel sind diese fortwährenden Abänderungen schon so zuwider gewesen, daß er sich hierüber in diesem hohen Hause schon öfter in weitläufigen Reden ergangen hat. Warum nun gerade von seiner Seite Abänderungen beantragt werden, in einem solchen Sinne, daß er keine Hoffnung haben kann, daß sie die Zustimmung der gegenwärtigen Landtagsmajorität finden werden, 148 XIV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. III. Session der 7. Periode 1892/93. ist mir nicht recht erklärlich. Der Antrag des Herrn Dr. Waibel wird wahrscheinlich nicht angenommen werden, obwohl auch wir die Landtagswahlordnung für reformbedürftig erachten. Landeshauptmann: Ich glaube, daß die Anregung des Herrn Antragstellers seinen Antrag vollinhaltlich in das stenografische Protokoll einzuverleiben, von keiner Seite eine Einwendung erfahren dürfte. Es dürste auch ganz irrelevant sein, ob dieser Punkt 6, der erst heute zur Sprache gebracht worden ist, den anderen 5 Punkten beigefügt wird oder nicht. Ich halte dafür, daß das gewissermaßen als eine Ergänzung durch den Antragsteller selbst anzusehen ist und wenn keine Einwendung dagegen erfolgt als Gesammtheit dem stenografischen Protokolle beigegeben wird. Wir schreiten nun zum Schluß der Verhandlung. Da kein Antrag auf Überweisung des Antrages des Herrn Dr. Waibel an einen Ausschuß vorliegt, so muß ich noch fragen, ob einer der Herren eine Bemerkung zu machen wünscht? — Es ist dies nicht der Fall, somit ist die Debatte geschlossen und diese Angelegenheit erlediget. Der zweite Gegenstand der heutigen Tagesordnung ist der Bericht des volkswirthschaftlichen Ausschusses über die Straßenverbesserung nach Gargellen. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Landeshauptmannstellvertreter Dr. Beck gefälligst den Antrag zu verlesen. Dr. Beck: (liest den Antrag aus Beilage XLII) Landeshauptmann: Ich eröffne über diesen Bericht und Antrag die Debatte. Es meldet sich Niemand zum Worte. Hat der Berichterstatter vielleicht etwas beizufügen? Dr. Beck: Der Antrag ist im Berichte begründet, ich habe daher keine Veranlassung darüber weiter etwas zu sprechen. Landeshauptmann: Ich schreite nun zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche diesem Anträge des volkswirthschaftlichen Ausschusses die Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Der dritte Gegenstand ist der Bericht des volkswirthschaftlichen Ausschusses über den selbstständigen Antrag der Herren Abgeordneten Fink und Genossen betreffend das schweizerische und deutsche Vieheinfuhrverbot. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Fink die Anträge zu verlesen. Fink: (liest die Anträge aus Beilage XLIII.) Landeshauptmann: Ich eröffne über diesen Bericht und die Anträge die Debatte. — Da sich Niemand zum Worte meldet, erkläre ich dieselbe für geschlossen. Hat der Herr Berichterstatter eine Bemerkung zu machen? Fink: Nein. Landeshauptmann: Dann schreite ich zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche den beiden vom volkswirthschaftlichen Ausschüsse gestellten Anträgen die Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Wir kommen nun zum vierten Gegenstand der heutigen Tagesordnung, das ist der Bericht des volkswirthschaftlichen Ausschusses über den selbstständigen Antrag der Herren Abgeordneten Fink und Genossen betreffend die Reform des Verfachbuches. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Fink die beiden Anträge zu verlesen. Fink: (liest die Anträge aus Beilage XL.) Landeshauptmann: Ich eröffne über diesen Bericht und die gestellten Anträge die Debatte. Dr. Schmid: Die von mir in einer früheren Sitzung eingebrachte Petition der Sparkassen von Bregenz, Feldkirch und Dornbirn haben dem ersten Theile meines Antrages gemäß im stenografischen Protokolle Aufnahme gefunden und die Herren Abgeordneten haben seither Gelegenheit gehabt, diese Petition genau kennen zu lernen. Ich bin überzeugt, daß derjenige, der mit Verständnis und gutem Willen XIV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. HL Session der 1. Periode 1892/93. 149 diese Petition gelesen hat, zur Überzeugung gekommen ist, daß nur Wahres darin steht, und daß die Gründe, welche für die Einführung des Grundbuches in derselben angeführt sind, vollends zu würdigen und genügend erschöpfend sind. Der zweite Theil meines Antrages nämlich die Überweisung dieser Petition zur Berathung und Antragstellung an den Landesausschuß für die nächste Session wurde von Ihnen abgelehnt und damit diese Petition mit sozialdemokratischer Einfachheit begraben. Die Gründe welche Sie bewogen haben, das zu thun, kenne ich nicht. Aus dem Antrage aber, der uns heute vorliegt, ersehe ich, daß Sie doch zugestehen, „es ist nicht ganz recht in unseren Verfachbuchangelegenheiten", wir fühlen uns selbst nicht recht sicher und obschon wir da das Richtige vor uns gehabt hätten, haben wir es abgelehnt und werden jetzt eine Correktur in dem bis dato mangelhaften Bestände vornehmen." Diese Correktur sand ich, wie ich sie gelesen und durchstudirt habe, ganz begründet. Meine Herren, ich erkläre, daß diese Correktur, die sie da benützen, nur als Paliativbehelf anzusehen ist, in einer Krankheit, welche durch Ihre kräftige und rücksichtsvolle Mitwirkung erhalten wird, in einer Krankheit, genannt: Verfachbuch. Diese Correktur, die Sie da vornehmen wollen, ist vollständig richtig; aber es frägt sich dabei nur, ob dieselbe auch durchgeführt werden könne. Es gehört dazu der gute Wille des betreffenden Richters, es gehört dazu der gute Wille des betreffenden Vorstehers, ein Zusammengehen, welches aber gesetzlich nicht begründet, gesetzlich nicht vorgeschrieben ist, und auch nicht gesetzlich vorgeschrieben werden kann. Hätten Sie das Erste angenommen, so wäre diese kleine Correktur nicht mehr nothwendig. Wie gesagt, es läßt sich demgegenüber was im Berichte enthalten ist. Nichts sagen, es ist eine Verbesserung der Übelstände, welche gegenwärtig noch vorhanden sind, nothwendig. Ich stimme Ihnen darum zu, obwohl ich dem Bedauern Ausdruck gebe, daß ich eine umfangreiche, allgemeine und vollständige Verbesserung der Einrichtung des Verfachbuches durch Gewährung des Antrages, den ich bei Einbringung der Petition vorgebracht habe, nämlich durch die Vorberathung und Antragstellung seitens des Landesausschusses in der nächsten Session, als viel umfangreicher und richtiger gefunden hätte. j Nägele: Wenn bei der früheren Sitzung dieses hohen Hauses der Antrag betreffend die Einführung des Grundbuches jenes Schicksal erlebt hat, so ist dieses nicht dem Umstande zuzuschreiben, daß die Majorität dieses hohen Hauses nicht auch der Ansicht wäre, daß das Grundbuch besser sei, als das Verfachbuch. Dessen ungeachtet aber hat der hohe Landtag schon seit einer Reihe von Jahren immer dahin getrachtet, die ärmeren Classen der Bevölkerung möglichst zu entlasten. Durch die Einführung des Grundbuches aber würden die kleinen Grundbesitzer und ärmeren Volksklassen wieder mehr belastet, besonders durch ein Grundbuch mit dem Legalisirungszwang. Diejenigen, welche nahe an dem Sitze eines Notars oder Gerichtes wohnen, würden dies zwar weniger spüren, obwohl die Notare gesetzlich berechtigt sind, für die Legalisirung jeder einzelnen Unterschrift 2 fl. zu verlangen. Der damalige Autor der HypothekarErneuerung in Vorarlberg, der Herr Oberlandesgerichtsrath Dr. Lecher hat sich auch dahin ausgesprochen, der Legalisirungszwang wäre schon recht, wenn er mit weniger Kosten verbunden wäre und hat darauf hingewiesen, welch' große Kosten unb Beschwerden z. B. eine freiwillige Versteigerung mit sich bringt. Wenn also das Kapital, zu dessen Gunsten das Grundbuch geschaffen werden soll, sich herbeilassen würde, die Kosten der Einführung des Grundbuches dem geldbrauchenden Bauern abzunehmen, so glaube ich, würde es keinem Anstande in diesem hohen Hause unterliegen, daß wir für die Einführung des Grundbuches wären. Dr. Waibel: Dem zweiten Anträge, welcher uns hier vom volkswirthschaftlichen Ausschüsse vorgelegt wird, werde ich unbedingt meine Zustimmung geben, dem ersten Antrag aber kann ich aus zwei Gründen meine Zustimmung nicht geben und zwar einerseits aus Gründen der Ettiquette und andererseits aus Gründen, die im Anträge selbst liegen. Die drei Sparkassen des Landes Vorarlberg haben dem h. Hause beim ersten Zusammentritte eine Petition überreicht betreff Einführung des Grundbuches. Diese Anstalten sind WohlfahrtsAnstalten im eminentesten Sinne des Wortes, Wohlfahrts-Anstalten, welche dem Interesse des Landes, insbesondere aber dem Interesse der kleineren dürftigen Kreise dienen. Die Sparkasse von Bregenz ist im Jahre 1822, die von Feldkirch meines 150 XIV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. III. Session der 7. Periode 1892/93. Wissens in den 30er Jahren und die von Dornbirn im Jahre 1867 nach langen Mühen und Anstrengungen gegründet worden. Diese Anstalten sind vermöge ihres Statutes darauf angewiesen, einen Theil ihrer verfügbaren Gelder in Hypotheken anzulegen, d. h. in Darlehen gegen Unterpfand auf Liegenschaften und Gebäuden. Die Summe, welche in diesen drei Sparkassen auf Hypotheken angelegt ist, beträgt nahezu 2 Millionen. Sie können daraus entnehmen, daß diese Anstalten im Hypothekenwesen eine gewisse Erfahrung besitzen und zur Überzeugung gekommen sind, daß der Zustand der öffentlichen Bücher, wie er in Vorarlberg besteht, auch jetzt nach der Hypothekar-Erneuerung keine hinreichende Garantie für die Sicherheit der Kapitalien bietet, sondern immer noch die Gefahr des Verlustes in sich schließt. Durch diese Wahrnehmungen gedrängt, sind diese Anstalten mit Vorstellungen an die Landesversammlung herangekommen und die Landesversammlung würdiget auch diese wichtige Angelegenheit, diese Angelegenheit, die von so bedeutendem Interesse für das Land — und die genannten Landesinstitute geworden ist — diese so außerordentlich wichtige Frage, diese Lebensfrage würdigen die Herren nicht einmal der Zuweisung an einen Ausschuß, sondern werfen dieselbe einfach unter den Tisch. Das ist nicht höflich gehandelt meine Herren, und wenn man anderswo davon hört, wird mau sich sonderbare Vorstellungen machen von einer Versammlung, die einen so wichtigen Gegenstand in einer solchen Weise mißhandelt. Nachdem Sie nun eine so bedeutsame, von dieser Seite des hohen Hauses an Sie gekommene Angelegenheit in dieser Weise weggeworfen haben, so bleibt mir — ich vertrete auch eine von diesen Cassen — nichts anderes übrig, als die gleiche Manier Ihnen gegenüber zu beobachten: ich, meinerseits wenigstens, werfe diesen Antrag auch unter den Tisch, eine Höflichkeit erfordert die andere. Was die Sache selbst betrifft, so kann ich auch dem ersten Anträge meine Zustimmung nicht geben. Ich erinnere da an die Worte, welche beim vorigen Gegenstände Ihrerseits gefallen sind, ich befürchte auch, daß durch diese Beschlußfassung die Einführung des Grundbuches hinausgeschoben wird, ich will aber diesen Sophismus nicht gebrauchen, sondern ich gehe offen vor. Es ist ganz natürlich, und alle diejenigen, welche meine Anschauung theilen, können diesem Antrage nicht zustimmen, denn wir sind der Überzeugung, daß einzig und allein das Grundbuch allen Beschwerden, welche das Verfachbuch in sich birgt, abhelfen kann, und wenn man einmal diese Ansicht gewonnen hat, dann meine Herren, ist es, ich möchte sagen, geradezu naiv, wenn man noch für die Aufrechterhaltung dieses Institutes besorgt ist und nicht nach demjenigen greift, was erfahrungsgemäß allen diesen Übelstünden abhilft. Ich begründe diese Haltung auch noch in anderer Weise, weil nämlich aus Ihrem Antrage mit aller Klarheit hervorgeht, daß sie selbst zur Ansicht gekommen sind, daß selbst nach der Hypothekar-Erneuerung das Verfachbuch immer noch mangelhaft und lückenhaft ist und daß auf längere Zeit diesem Zustande nicht mehr zugesehen werden kann und daß es Aufgabe der Landesversammlung sein wird, diesem Zustande abzuhelfen. Meine Herren, wenn Sie die Petition nur aufmerksam gelesen haben, so haben Sie daraus entnehmen können, daß in allen Kronländern mit Ausnahme von Tirol, Vorarlberg und Dalmatien das Grundbuch bereits besteht. Ich kann aber berichtigen, daß in Dalmatien die Einführung desselben bereits seit zwei Jahren im Zuge ist. Tirol und Vorarlberg also ist die letzte Domäne, in welcher das Verfachbuch noch aufrecht erhalten wird. In Tirol hat man in den Jahren 1869, 1870 und 1871 die Hypothekar-Erneuerung durchgeführt und schon im Jahre 1884 hat der Herr Baron Giovanelli, der gewichtigste Protektor des Verfachbuches sich bemüßiget gefunden mit einem Anträge auf Studium der ganzen Sache vor das hohe Haus zu treten, weil er gesehen hat, daß damals schon wieder die größten Verwirrungen im Verfachbuche eingerissen waren. Ich gebe zu, daß in Tirol bei der Hypothekar-Erneuerung etwas nicht unternommen wurde, was in Vorarlberg geschehen ist, nämlich die Identifizierung der Parzell-Nummern. Etwas vollständiger ist also unsere Arbeit allerdings, als die in Tirol, aber ein Muster ist sie dennoch nicht. Gerade das, was die Herren hier als mangelhaft wieder entdeckt haben, besteht ja fort. Glauben Sie wirklich meine Herren, daß die hohe Regierung in diesem Momente, wo sie mit Hochdruck auf die Einführung des Grundbuches in Tirol hinwirkt, in demselben Momente Ihnen ein Verfachbuchgesetz gibt? XIV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. III. Session der 7. Periode 1892/93. 151 Meine Herren, ich habe schon bei anderer Gelegenheit gesagt, man soll vor allem nur wichtige Dinge, Dinge die nothwendig und erreichbar sind, beschließen, muthen Sie mir daher nicht zu, daß ich einem Anträge die Zustimmung gebe, von dem ich schon von Vornherein die vollste Überzeugung habe, daß er gegenstandslos ist, weil einerseits dadurch der Sache nicht gedient ist und andererseits die Cur nur verschoben wird. Damit schließe ich. Johannes Thurnher: Mein geehrter Herr Vorredner hat mit einem Appell an das hohe Haus seine Auseinandersetzungen geschlossen, daß man ihm nicht zumuthen könne diesen: Anträge zuzustimmen. Ich glaube nach der Stimmung dieses hohen Hauses, daß keiner von den Herren auf dieser Seite desselben an den Herrn Vorredner eine solche Zumuthung stellt, aber die Ausdrücke, welche er über die Behandlung der Petition der Sparkassen im Laufe seiner Auseinandersetzungen vorgebracht hat, sind mir denn doch etwas zu stark. Er hat es als eine Mißhandlung erklärt, die den Petitionen der Sparkassen zu Theil geworden ist, er hat von einem unter den Tischwerfen gesprochen, und doch, wie die Herren sich erinnern werden, ist es bei der Behandlung dieses Gegenstandes so ruhig hergegangen, als es nur immer möglich war. (Heiterkeit links.) Der Herr Vorredner hätte allenfalls sagen können, wir haben die Hand nicht für jene Petitionen aufgehoben, um sie vor dem Falle zu schützen, das würde der Wahrheit allenfalls näher gekommen sein. Auch die Äußerung, welche der Herr Abgeordnete Dr. Schmid vorgebracht hat, nämlich daß den Petitionen ein sozialdemokratisches Begräbnis zu Theil geworden sei, scheint mir nicht zuzutreffen, so sachte, so still gehen die Sozialdemokraten nicht vor. (Dr. Schmid: ich habe nicht gesagt, ein sozialdemokratisches Begräbnis sei den Petitionen zu Theil geworden, ich habe nur gesagt, sie seien mit sozialdemokratischer Einfachheit abgethan worden. Es gibt übrigens auch ein deutsches Wort hiefür.) Es läßt sich auch die Einfachheit der Sozialdemokraten mit diesem Vorgehen nicht vergleichen, ich bitte den Herrn Collega nur sich ein paar Mal in eine sozialdemokratische Versammlung zu bemühen und dann wird er seinen Vergleich selbst nicht mehr ganz zutreffend finden. Die Gründe, welche die Sparkassen von Dornbirn, Bregenz und Feldkirch in ihrem Gesuche durch den Hrn. Dr. Schmid vorgebracht haben, haben wir zunächst einmal gehörig durchgelesen. (Dr. Schmid: Sie sind nicht gelesen worden.) Wir haben Gelegenheit gehabt sie zu lesen, wir haben sie gelesen und angehört, aber nicht hier im Hause und wir haben mit allen: Ernste jene Gründe erwogen, welche die Petition enthält und mußten gestehen, daß diese Gründe vom Standpunkte der Sparkassen aus als Geldgeber ganz richtig sind. Alle jene Arbeiten, welche darin angeführt sind müssen thatsächlich von den Sparkassen gerade so wie von jedem andern Geldgeber gemacht werden um die größtmögliche Sicherheit für Hypotheken zu erlangen. Die Gründe der Sparkassen für die Einführung des Grundbuches sind aber nicht zu vergleichen, mit den Gründen der Bevölkerung für das Bedürfnis nach dem Grundbuche. Wenn der Herr Abgeordnete Dr. Schmid sich davon überzeugen will, so möge er nur eine Petition mit dem Verlangen nach Einführung des Grundbuches conzipiren und versuchen dieselbe mit dem ganzen ihm zur Verfügung stehenden Apparate in der Bevölkerung in Umsatz zu bringen, sie zur Unterschrift herumgeben und er wird schon sehen, wie es ihm damit ergeht. Er wird finden, daß nicht nut solcher Einhelligkeit mit welcher die Sparkassen das Grundbuch verlangen, auch die Landbevölkerung dasselbe will. Wenn die Herren von der linken Seite dieses hohen Hauses im Ernste die Einführung des Grundbuches wollen — es kann ihnen ja damit Ernst sein, sie haben Gründe dafür — so möchte ich ihnen den Rath ertheilen, uns bei der hohen Regierung die Hindernisse aus dem Weg zu räumen, welche bis jetzt der Votirung eines solchen Gesetzes im Wege gestanden sind. Der Herr Abgeordnete Nägele hat sie in zwei Richtungen angedeutet, und Sie finden sie näher auseinandergesetzt im Berichte des Herrn Oberlandesgerichtsrathes Dr. Lecher, den Herr Nägele zitirt hat. Gelingt es Ihnen den Legalisirungszwang bei der hohen Regirung, mit 152 XIV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. III. Session der 7. Periode 1892/93. welcher Sie ja heute auf gutem Fuße stehen, durch ein Reichsgesetz hinweg zu bringen, oder zu erreichen, daß der hohe Landtag derartige Bestimmungen in einem Grundbuchgesetze aufnehmen darf, dann werden Sie denselben sofort bereit finden, in diesem Sinne zu beschließen, aber insoweit müßten Sie Ihre Hebel einsetzen, wenn etwas erreicht werden soll. Wenn, wie Herr Dr. Waibel gesagt hat, Dalmatien das Grundbuch einführen wird, so sind die Verhältnisse von Dalmatien doch nicht zu vergleichen, mit den Verhältnissen in Vorarlberg. In Dalmatien sind große Grundkomplexe, welche ihre Besitzer sehr wenig wechseln, während bei uns in Vorarlberg die einzelnen Grundbesitze sehr klein und bedeutend parzellirt sind, manchmal ist ein Grundstück nicht viel größer als ein Stück Tuch, wie es von einem Webstuhl heruntergeht und diese Grundstücke wechseln ihre Besitzer noch dazu in einer so raschen Aufeinanderfolge, daß ein großer Theil des Kaufwerthes durch die Kosten des Legalisirungszwanges verschlungen würde. Setzen