18930503_lts013

Dateigröße 3.58 MB
Aktenzahl/Geschäftszahl
Letzte Änderung 03.07.2021, 10:47
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp07,lts1893,lt1893,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
Unterausschüsse
Kommissionen/Kuratorien
Verbände/Konkurrenzen
Verträge
Publikationen Landtag-Sitzungsprotokoll_lts
Aktenplan
Anhänge
Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 13. Sitzung am 3. Mai 1893, unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 19 Abgeordnete. Abwesend die Herren: Hochwürdigster Bischof und Dekan Berchtold. Regierungsvertreter: Herr Statthaltereirath Graf St. Julien-Wallsee. Beginn der Sitzung um 10 Uhr 15 Min. Vormittags. Landeshauptmann: Die heutige Sitzung ist eröffnet, es wird den Herren das Protokoll der letzten Sitzung verlesen werden. (Sekretär verliest das Protokoll der zwölften Sitzung.) Wird gegen die Fassung des Protokolles eine Einwendung erhoben? — Da dieses nicht der Fall ist, so betrachte ich dasselbe als genehmiget. Es sind mir wiederum fünf Gesuche in derselben Angelegenheit, welche uns schon zweimal im Einlaufe beschäftiget hat, nämlich wegen Besteuerung der Staatsbahn zugekommen, und zwar von den Gemeinden Schruns, Bartholomäberg, St. Gerold, Dalaas und Brand. Ich werde mit diesen Einlaufstücken in derselben Weise wie in der letzten Sitzung vorgehen, nämlich dieselben brevi manu dem Gemeinde-Ausschusse zuweisen. Martin Thurnher: Ich bitte diesbezüglich um das Wort. Der Gemeinde-Ausschuß hat seine diesbezüglichen Berathungen schon abgeschlossen und den betreffenden Bericht der Kanzlei bereits übergeben. Ich möchte daher beantragen, daß diese nachträglich eingelaufenen Gesuche einfach dem Acte beigelegt werden. Landeshauptmann: Es ist beantragt diese, und eventuell später einlaufende Gesuche in derselben Angelegenheit dem betreffenden Acte beizulegen. 118 XIIL Sitzung des Vorarlberger Landtages. IN. Session der 7. Periode 1892/93. Wenn keine Einwendung dagegen erfolgt, so nehme ich an, daß die Herren mit diesem Vorgänge einverstanden sind. Der hochwürdigste Bischof hat sich für die heutige Sitzung wegen Berufsgeschäften entschuldigen lassen, was ich bitte zur Kenntnis zu nehmen. Wir gehen nun zur Tagesordnung über. Auf derselben steht als erster Punkt der Bericht des Finanz-Ausschusses über die Voranschläge der landschaftlichen Fonde pro 1894. Ich werde bei der Verhandlung über diesen Bericht in derselben Weise vorgehen, wie beim Berichte des Finanz-Ausschusses über die Rechnungsabschlüsse der einzelnen landschaftlichen Fonde vorgegangen worden ist. Ich ersuche also den Herrn Berichterstatter Nägele mit der Verlesung des Berichtes zu beginnen. Nägele: (Liest aus Beil. XXXVII. I. Voranschlag des vorarlberger Landesfondes.) Landeshauptmann: In den bezüglichen Anträgen heißt es im Punkte 1: „Der hohe Landtag wolle beschließen: die Voranschläge des vorarlberger Landesfondes für das Jahr 1894 werden genehm gehalten." Ich eröffne also über diesen Punkt die Debatte. Dr. Waibel: Die Voranschläge der LandesVerwaltung sollten, wie das Gepflogenheit der Landtage anderer Kronländer, insbesondere aber beim Staatsvoranschlage ist, mit etwas mehr Aufwand von Zeit und genaueren Angaben der Daten ihre Erledigung finden. Uns sind aber dieselben in der trockensten und einfachsten Weise vorgelegt, es ist nicht auf die Nachweisung gewisser, einzelner Posten eingegangen und dadurch wird der Landesversammlung die Möglichkeit entzogen sich ein Urtheil über gewisse Ausgabsposten zu bilden. Wenn man über etwas abzustimmen berufen ist, wenn man dazu berufen ist, seinen Willen dem Willen seiner Wähler kund zu geben, so soll man denn doch auch wissen, für oder gegen was man stimmt. Es wird da etwas gar zu summarisch vorgegangen, es wird in einer Weise vorgegangen, die einer so wichtigen Versammlung, wie es die Landes-Versammlung ist, nicht ganz geziemt. Ich glaube daher mit einigem Rechte die Forderung stellen zu dürfen, daß bezüglich der Ausgaben von Post zu Post die Ansicht der Landes-Versammlung angehört und die Abstimmung separat vorgenommen werden soll. Wenn der Herr Vorsitzende dieser Anregung Folge gibt, so verzichte ich jetzt auf weitere Ausführungen und behalte mir vor bei den einzelnen Posten meine Bemerkungen zu machen. Martin Thurnher: Der Antrag des FinanzAusschusses ist ein gesammter und es ist nach nleiner Ansicht dieses Mal nicht möglich in eine Spezialberathung einzugehen. Ich beantrage daher, daß bei Verhandlung über diesen Gegenstand nach dem Anträge des Finanz-Ausschusses vorgegangen werde. Dr. Waibel: Bei der Gefahr, welche dieser Antrag in sich birgt — nach dem Commando, das soeben gegeben wurde, wird er voraussichtlich angenommen werden — ist uns die Möglichkeit entzogen, unsere Ansicht über die einzelnen Posten auszusprechen, daher glaube ich, daß uns nichts anderes übrig bleibt, als jetzt schon in das Einzelne einzugehen, vorausgesetzt, daß der Herr Landeshauptmann nicht nach meiner Anregung vorgeht. Landeshauptmann: Ich glaube, man könnte da einen Vermittlungsvorschlag acceptiren nämlich, daß jede Post verlesen und dann die Abstimmung über alle zusammen unter einem vorgenommen wird. Auf diese Weise könnte dann der Herr Dr. Waibel oder auch die anderen Herren bei den einzelnen Posten die Bemerkungen, die ihnen nöthig erscheinen, machen. Ich überlasse es dem hohen Hause hierüber zu entscheiden. — Da keine Einwendung gegen diesen meinen Vorschlag erfolgt, so können wir in dieser Weise vorgehen. Ich werde bei jeder einzelnen Post eine Pause machen und wenn keine Meldung zum Worte erfolgt, werde ich mit der Verlesung fortfahren lassen. Ich ersuche nun den Herrn Berichterstatter die erste Post zu verlesen. Nägele: (Liest aus Beil. XXVII, Bedeckung. 1. Krankenverpflegskostenersätze.) — Landeshauptmann: Ich bitte weiter zu lesen. Nägele: (Liest: 3. Schub- und Zwänglingskosten-Ersätze. XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. III. Session der 7. Periode 1892/98. 119 — 3. Landesfonds-Zuschläge. — 4. Verschiedenes.) — Landeshauptmann: Wenn Niemand das Wort zu ergreifen wünscht, dann bitte ich zu den Ausgaben über zu gehen. Nagele: (Liest: Erfordernis. 1. VerwaltungsAuslagen.) Dr. Waibel: Ich möchte den Herrn Berichterstatter ersuchen uns mitzutheilen, was unter Verwaltungs-Auslagen zu verstehen ist? Nägele: Darunter sind hauptsächlich KanzleiErfordernisse und Derartiges zu verstehen. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? — Dann bitte ich weiter zu lesen. Nägele: (Liest: 2. Kranken-, Irren-, Findel- und Gebärhauskosten. — 3. Impfauslagen. — 4. Beiträge.) Dr. Waide!: Das ist eine Post, welche für die Votanten höchst interessant ist und bei welcher die einzelnen Nachweise nach meinem Dafürhalten ganz unerläßlich sind. Wir stehen hier vor einer Ausgabe von 25000 st., das ist mehr als J/4, ja nahezu J/3 des gesummten Erfordernisses des Landesfondes. Ich muß bemerken, daß für das Jahr 1893 nach dem vorliegenden Ausweise 15000 fl. präliminirt waren, ausgegeben wurden 22219 fl. Ich glaube nun, daß wir mit vollem Rechte darüber Aufklärung verlangen können, was hier unter diesen 25000 fl. für Beiträge gemeint sind. Ich bitte den Herrn Berichterstatter uns die einzelnen Beiträge namhaft zu machen. Nägele: Ich muß dem geehrten Herrn Vorredner auf seine Anfrage erwidern, daß es mir im Momente nicht möglich ist, genauen Aufschluß zu geben. Ich habe mir die Sache zwar angesehen, ich kann aber jetzt die einzelnen Ziffern nicht angeben. Einen Hauptbestandtheil dieser Summe bilden die Beiträge zu den Rheindammbauten. (Dr. Waibel: Wie viel ungefähr?) Das weiß ich nicht. Das Übrige sind Beiträge, welche dieser oder jener Gemeinde als Subventionen votirt wurden. Landeshauptmann: Ich möchte in Ergänzung dessen, was der Herr Berichterstatter gesagt hat, anführen, daß sich die Beiträge deshalb von 15000 fl. auf 25 000 fl. erhöht haben, weil in dieser Rubrik alle Beiträge für Straßen- und Conkurrenzzwecke enthalten sind. Diese dürften voraussichtlich im kommenden Jahre bedeutend höher sein, weil einzelne diesbezügliche Beschlüsse des hohen Hauses bereits vorliegen und noch andere dazu kommen werden. Ich muß weiter bemerken, daß diese Art und Weise der Budgetirung schon seit dem Bestehen der Landesverfassung stets gepflogen worden ist und ich habe deshalb auch keine Änderung daran vornehmen wollen. Sollte aber für ein anderes mal eine Spezifizierung gewünscht werden, so kann dies ohne weiters geschehen. Dr. Waibel: Ich habe diesen Wunsch bezüglich des Landeskultur-Fondes bereits voriges Jahr ausgesprochen, weil ich glaube, daß eine Spezifizirung gewisser Posten doch wohl am Platze wäre. Es kann nicht Jeder in die Kanzlei sitzen und die Rechnungen studiren um sich die nöthige Einsicht zu verschaffen. Die Aufklärungen, welche gegeben wurden, sind höchst unvollständig und gewähren absolut keinen rechten Einblick in die Verwendung dieses Betrages. Ich muß daher die spezielle Frage stellen. Was sind darunter für Beiträge in Schulsachen gemeint? Ich bitte den Herrn Berichterstatter hierüber Aufklärung zu geben. Nägele: Ich bin, wie ich bereits erwähnt habe, im Momente nicht in der Lage die einzelnen Summen anzugeben. Es ist für den Finanz-Ausschuß ganz unmöglich alle Ziffern im Gedächtnisse zu behalten. Übrigens habe ich mich überzeugt, daß der Voranschlag für das Jahr 1894 mit Rücksicht auf die gemachten Erfahrungen und mit Rücksicht auf den Blick, den man in die Zukunft haben kann, gerechtfertiget erscheint. Johannes Thurnher: Das Ansinnen, welches der sehr geehrte Herr Collega Dr. Waibel heute entgegen der Gepflogenheit einer etwa 25jährigen Vergangenheit stellt, würde erfordern, daß die ganze 120 XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. UL Session der 7. Periode 1892/93. Landes-Buchhaltung in ihrem Detail abgedruckt würde, dann hätte der Herr Abgeordnete Dr. Waibel, welcher das Bedürfnis fühlt, jede Ziffer vor sich zu sehen, Gelegenheit von dem Vermißten in allen Einzelheiten Einsicht zu haben. Wie schon der Herr Landeshauptmann bemerkte, hat man sich in den hoch 20, vielleicht 30 Jahren mit dem bisherigen Vorgänge begnügt und ich meine, man könnte sich auch weiter damit begnügen, nicht daß ich etwa dagegen wäre, wenn die Mehrheit der Versammlung allenfalls eine Detaillirung wünschen sollte, daß die Sache mehr zergliedert wird. Wenn der Herr Abgeordnete Dr Waibel sagt, es sei für die einzelnen Herren, welche zu votiren haben, ein Bedürfnis vorhanden, in Alles das Einsicht zu nehmen, so zweifle ich daran. Ich zweifle nämlich, daß die meisten der Herren Abgeordneten das Bedürfnis haben, jede einzelne Post zergliedert vor sich zu sehen. Hätten sie dieses Bedürfnis, so wäre es überflüssig einen Finanz-Ausschuß zu wählen, welcher den Voranschlag genau zu prüfen, die Rechnungen tut Detail einzusehen und dieselben mit den Büchern zu vergleichen hat. Wenn aber einzelne Herren dieses Bedürfnis haben, wie es der Herr Dr. Waibel von sich ausgesprochen hat, so ist nach meiner Ansicht in der Landes-Ausschußkanzlei Gelegenheit gegeben, von der Landesbuchhaltung jede gewünschte Einsicht zu nehmen. Der Herr Sekretär v. Ratz ist die Bereitwilligkeit selbst, über alles Mögliche, was verlangt wird Aufschluß zu ertheilen und der Herr Landeshauptmann wird gewiß keinen Einspruch erheben, daß den Herrn Abgeordneten die gewünschte Einsicht gestattet wird. Übrigens war hiezu auch Zeit genug indem von einer Sitzung zur anderen immer mehrere Tage vergingen und die Herren Abgeordneten und ich glaube auch der Herr Dr. Waibel, in den Ausschüssen nicht so beschäftiget waren, daß sie nicht Gelegenheit gehabt hätten, Einsicht in die Bücher zu nehmen. Ob es zweckmäßig wäre, daß wir das stenografische Landtagsprotokoll mit so weitläufigen Details spicken und dadurch die Druckkosten bedeutend vermehren, weiß ich nicht, ich glaube aber, daß die wenigsten der Herren Abgeordneten ein derartiges Bedürfnis empfinden. Dr. Waibel: Ich muß gestehen, ich habe nicht einen so starken Glauben, wie Herr Thurnher, ich ntöchte aber nur sagen, daß es nicht nothwendig wäre, die gesammten Bücher der LandesfondsVerwaltung abzudrucken und hier vorzulegen. Die Herren wissen, daß es auch im Reichsrathe nicht nothwendig ist, die ganze Staatsbuchhaltung abzudrucken, aber dennoch werden dort eine Masse Details aufgeführt. (Martin Thurnher: Viel zu viel, man hat 6 Monate daran zu kauen.) Nicht zu viel. Durch die Landesgesetze werden die Gemeinden verpflichtet alle Jahre ihre Voranschläge zur öffentlichen Ansicht vorzulegen. Es ist Gepflogenheit in geordneten Gemeinden, daß diese Voranschläge so eingehend verfaßt werden, daß die Gemeinde-Ausschußmitglieder, welche berufen sind, dieselben zu prüfen, hinreichende Einsicht bekommen. Hier ist aber dies absolut nicht der Fall. Ein so großer Aufwand von Druckkosten, wie der Herr Abgeordnete Thurnher befürchtet, wäre auch nicht nothwendig. Was ich wünschen würde, daß hier gedruckt werden soll, das ist eine Affaire, welche auf einer halben Seite gedruckt werden könnte. Ferner sind das eben nur Voranschläge, Erfordernisse pro 1894, welche ja noch gar nicht in den Rechnungsbüchern stehen können, weil noch nichts ausgegeben und nichts eingenommen ist. Es ist daher schon aus diesem Grunde nicht möglich sich aus diesen Büchern Rath zu holen. Ich muß gestehen, daß der Aufschluß, den ich hier von der berufensten Seite, von Seite des Herrn Berichterstatters erhalten habe, ein so unvollständiger ist, daß ich mir über diesen Punkt ein Urtheil absolut nicht bilden und begreiflicher Weise für eine so blinde Post auch nicht stimmen kann. Martin Thurnher: Dem Wunsche des Herrn Abgeordneten Dr. Waibel hätte nach meiner Ansicht in jetzigem Momente absolut nicht entsprochen werden können, nämlich daß alle Beiträge, welche für das Jahr 1894 in Aussicht genommen werden, für Arbeiten an Straßen, für Wasserbauten, Schulbeiträge oder was sonst noch in Berücksichtigung zu ziehen ist, im jetzigen Stadium schon genau bestimmt werden weil der Landtag voraussichtlich im Herbste wieder zusammen tritt und erst dort eine Reihe von Agenden zu erledigen haben wird, welche in dieser Summe berücksichtiget sein müssen. XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IN. Session der 7. Periode 1892/1893. 121 Wenn dem Wunsche des Herrn Abgeordneten Dr. Waibel hätte entsprochen werden sollen, so hätte dieser Voranschlag nicht jetzt in Berathung gezogen werden können, sondern erst im Herbste bei der eigentlichen Session des Jahres 1893 zur Vorlage gelangen müssen. Landeshauptmann: Ich möchte noch ergänzend bemerken, nachdem seitens des Herrn Abgeordneten Dr. Waibel eine Anfrage bezüglich des Erfordernisses des Landesschulrathes gestellt wurde, (Dr. Waibel: Das ist schon votirt.) daß dasselbe in dieser Post enthalten ist. Dr. Waibel: Ich habe gegenüber den Ausführungen des Herrn Martin Thurnher nur noch die Bemerkung machen wollen, daß es thatsächlich früh genug gewesen wäre, erst im Herbste mit diesem Voranschläge hervor zu treten, es macht so wie so diese frühzeitige Vorlage einen etwas eigenthümlichen Eindruck. Ich weiß nicht, ist dieselbe aus Vorsicht oder aus Absicht gemacht worden, wenn aus Vorsicht, so wäre dies zu loben. (Martin Thurnher: Vielleicht beides.) Es könnte vermuthet werden, daß die Absicht dahin gerichtet ist, daß der vorarlbergische Landtag im Herbste nicht zusammentreten soll. Wenn diese Absicht bestehen sollte, so glaube ich, daß dies nicht im Interesse des Landes gelegen ist. Wir haben jetzt bei diesem kurzen Zusammentritte des Landtages gesehen, daß man von allen Seiten mit einer Reihe von Wünschen und Begehren an denselben herantritt und diese Gelegenheit sollte den Angehörigen des Landes unter keinen Umständen entzogen werden, weil es sich möglicher Weise um wichtige Angelegenheiten handelt, welche, wenn der Landtag im Herbste nicht zusammentreten sollte, vielleicht Schaden erleiden müßten. Johannes Thurnher: Die Vorsicht, die da obwalten könnte, lobt der geehrte Herr Vorredner und er hat recht, was man heute thun kann, soll man nicht auf morgen verschieben. Die Absicht aber, die, wie er meint, vielleicht darauf gerichtet sein könnte, daß eine Herbstsession nicht stattfinden sollte, die ist dem Landtage von Vorarlberg nach seiner ganzen Vergangenheit denn doch nicht wohl zuzumuthen, weil ja der Landtag vermöge seiner Gesinnung bestrebt ist, möglichst viel in seinen Wirkungskreis hereinzuziehen. Nach der Ansicht die der Landtag seit vielen Jahren hat, könnte noch vieles, was heute im Reichsrathe verhandelt wird, oder eigentlich vor lauter Vielrederei und Streitigkeiten nicht verhandelt wird, zweckmäßiger im Landtage verhandelt werden, wo man der Sache näher steht. Die Tendenz von Seite der Landtagsmitglieder eine Herbstsession zu vermeiden, besteht also, wie ich bestimmt versichern kann, nicht, ob aber nicht andere Umstände eintreten, wegen welcher eine Herbstsession nicht stattfindet, das ist etwas, was die Götter wissen. Bösch: Der Herr Abgeordnete Dr. Waibel hat sich gegen den Herrn Berichterstatter ziemlich abfällig ausgesprochen, er hat an denselben Forderungen gestellt, wovon er von vornherein wissen mußte, daß es demselben nicht möglich sein konnte im Momente darauf einzugehen. Das wußte der Herr Dr. Waibel ganz sicher, weil bis dato immer die Gepflogenheit geübt wurde, mit der Erledigung sowohl des Rechnungsabschlusses als auch der Voranschläge so vorzugehen. Wenn der Herr Abgeordnete Dr. Waibel vom Herrn Berichterstatter verlangt, daß er ihm über die Ziffern, wie sie da im Voranschläge des vorarlberger Landesfondes zusammengestellt sind Aufschluß gebe, so verlangt er fast Unmögliches. Der Herr Berichterstatter hätte da die Bücher und Akten zur Hand haben müssen, um über die Anfragen des Herrn Dr. Waibel genauen Aufschluß geben zu können und ich muß mein Bedauern darüber ausdrücken, daß der Herr Doktor mit solchen Forderungen an ihn herantritt, nachdem er doch wissen mußte, daß es dem Herrn Berichterstatter unmöglich ist in diesem Momente ohne jede Belege und Einsicht in die Bücher Aufschluß geben zu sönnen. Man kann doch einem Berichterstatter nicht zumuthen, daß er alle Ziffern vom A bis Z im Kopfe habe. Landeshauptmann: Wenn Niemand mehr das Wort zu ergreifen wünscht, so bitte ich mit der Verlesung weiter zu fahren. Nägele: (liest: 5. Schub- und Zwänglingskosten. 6. Gendarmerie und Bequartierung.) 122 XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. IH. Session der 7. Periode 1892/93. Landeshauptmann: Diese Ziffern sind etwas höher angenommen worden, weil die Quartiere stetig theurer werden. Nägele: (liest: 7 Vorspann-Auslagen. 8. Prämien für Raubthiererlegung. 9. Verschiedenes.) Dr. Waibel: Ich habe anderweitig mit dieser Post „Verschiedenes" meine Erfahrungen gemacht und wäre neugierig zu hören, wie die Landesverwaltung diese Post detaillirt. Es ist eigenthümlich, daß im Jahre 1892 diesbezüglich eine Ausgabe von 5288 fl. nachgewiesen wird, im Voranschläge pro 1893 erscheint dieselbe Post auf einmal, in einer Höhe von 20.000 fl. und nunmehr pro 1894 reduzirt sie sich sehr namhaft und zwar auf 13.200 fl. Es ist dies immerhin noch eine große Post, welche in anderen öffentlichen Verwaltungen gewiß den Wunsch nach näherer Detaillirung rege machen würde und auch ich kann diesem Wunsche nicht widerstehen. Ich möchte daher den Herrn Berichterstatter fragen, welche wesentlichen Bestandtheile diese große Post bilden. Nägele: Ich glaube, daß es im Landtage nicht möglich oder nothwendig ist über einzelne Ziffern ein halbes Jahr früher genaue Rechenschaft zu geben, ich erkläre daher, daß ich nicht bereit bin auf die Anfrage des Herrn Dr. Waibel weiter Aufschluß zu geben. Landeshauptmann: Wer wünscht noch das Wort? Wenn Niemand mehr das Wort ergreift, dann bitte ich mit der Verlesung weiter zu fahren. Nägele: (liest: 10. Landschaftlicher Haushalt.) Dr. Waibel: Auch das ist eine der größeren Posten und es wäre von Interesse Aufklärung zu erhalten, was in dieser Post inbegriffen ist, nachdem aber der Herr Berichterstatter schon bei der vorigen Post erklärt hat, daß er zu antworten nicht mehr geneigt sei, so werde ich an ihn auch keine Frage über diese Post stellen, ich möchte aber doch nicht schließen, ohne an den Herrn Landeshauptmann die dringende Bitte zu stellen, bei Verfassung des des nächsten Voranschlages wenigstens bezüglich der Posten, welche hier besprochen worden sind, eine etwas genauere Nachweisung über die Zusammensetzung derselben beizugeben. Es kann sich dabei höchstens um ein paar Quartblätter handeln und wir sind dann viel besser in der Lage, uns ein Urtheil über die einzelnen Budgetposten zu bilden und darnach zu verhandeln. Laudeshauptmann: Dieser Anregung gegenüber kann ich bemerken, daß ich gerne bereit bin dafür Sorge zu tragen, daß die gewünschten Details in den nächsten Voranschlag des Landesfondes hineinkommen. Es ist dies beim Voranschläge des LandesCulturfondes, zwar nicht dieses Mal aber das letzte Mal auch geschehen. Zu vorliegender Post selbst möchte ich bemerken, daß in diesem Kapitel „Landschaftlicher Haushalt" alles enthalten ist, was die Landesverwaltung kostet, sämmtliche Gehalte, sämmtliche Diäten der Landesausschußmitglieder, die der Landtagsabgeordneten und der gesammte Kanzleihaushalt — gewiß eine sehr niedrige Post, wenn man bedenkt, daß die gesammte Verwaltung des Landes Vorarlberg nur mit 14.000 fl. präliminirt ist. Ich bitte weiter zu lesen. Nägele: (liest: 11. Zahlungen an der Bauschuld der Landesirrenanstalt Valduna.) Landeshauptmann: Die Verschiedenheit dieser Post ergibt sich daraus, daß, im Jahre 1892 an die Sparkasse von Feldkirch Zinsen bezahlt wurden, während für das Jahr 1893 präliminirt ist der Rest dieser Schuld an die Sparkasse abzuzahlen, in Folge dessen entfällt diese Post für die Zukunft gänzlich. Ich werde nun zunächst über Punkt 1 der Anträge nämlich: „der hohe Landtag wolle beschließen, die Voranschläge des Vorarlberger Landesfondes, des Vorarlberger Landeskulturfondes und des mit Tirol gemeinsamen Grundentlastungsfondes und der auf das Land Vorarlberg entfallenden Grundentlastungsschuld für das Jahr 1894 werden genehm gehalten, " zur Abstimmung schreiten. Ich ersuche jene Herren, welche hiemit einverstanden sind, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. UL Session der 7. Periode 1892/93. 123 Nägele: (liest aus Beil. XXXVII II. Voranschlag für den Landeskullurfond). Dr. Waibel: Was diese Ausgabe da anbelangt, so ist dieß auch eine etwas naive Budgetirung. Wir haben hier nach dem Präliminare vier Posten, nämlich: 1. Beiträge zu Culturzwecken, 2. Stipendien, 3. Kapitalsanlage und 4. Verschiedenes. Im Voranschläge sind nur „Beiträge zu Culturzwecken" mit einer Summe von 3000 fl. ausgesetzt. Nun, ich weiß nicht, und will auch den Herrn Berichterstatter nicht darum fragen, was in dieser Post eigentlich enthalten ist. Es wäre aber doch interessant für uns gewesen — Platz wäre ja hinreichend vorhanden — zu erfahren, was mit diesen Beiträgen des Culturfondes eigentlich geschehen soll. Ich für meine Person habe mir, um ein Bild zu bekommen, die Rechnungen vom Jahre 1892 eingesehen und dort folgende Hauptposten, deren Aufnahme in den Voranschlag des Landeskulturfondes nicht viel Platz und auch nicht viel Druckerschwärze gebraucht hätte, vorgefunden, nämlich: Für Remunerationen für Waldaufseher 485 fl., Beiträge und Subventionen 1116 fl., Kosten des Waldwächterkurses 754 fl. 78 kr. Dann sind für Culturzwecke weiters ausgegeben worden an die Gemeinde Bürserberg und Bludesch für Verwuhrungen und Schutzbauten an der Lutz, und an der Schesa, dem Fischereiverein und dem Obstbauverein zusammen 670 fl. Ich hätte doch geglaubt, daß man bei der Budgetirung hier die Details Hütte einführen können, damit man ungefähr hätte wissen können, was mit diesen 3000 fl. zu thun beabsichtigt wird. Nachdem das nicht geschehen ist, bleibt mir nichts anderes übrig, als an den Herrn .Vorsitzenden, wie beim Landesfonde, die Bitte zu richten, daß wenigstens das nächste Jahr bei der Präliminarverfassung und der Rechnungslegung auf die Detailirung Bedacht genommen werde, was gewiß wenig Mühe und Platz erfordert. Landeshauptmann: Diesem Wunsche kann entsprochen werden. Ich bemerke nur, daß nur ungefähr eine Summe von 3000 fl. angenommen wurde, weil man zum Voraus nicht wissen kann, wie viele Waldaufseher seitens der k. k. Bezirkshauptmannschaften für Remunerirung empfohlen werden. Ferner liegt in dieser Summe die Ausgabe für den Waldwächterkurs, welcher gegenwärtig abgehalten wird, und auch im Jahre 1894 voraussichtlich wieder Zusammentritt, dann sind dort inbegriffen Subventionen für den Landwirthschaftlichen-Verein, für den Fischerei-Verein, weiter liegen darinnen die Stipendien-Beträge, welche für die Besucher des Obstbaukurses in Reutlingen ausgesetzt wurden und muthmaßlich auch wieder für das kommende Jahr ausgesetzt werden. Es läßt sich eben nicht alles zum Voraus genau bestimmen und deshalb ist ungefähr die Summe von 3000 fl. festgesetzt worden. Martin Thurnher: Gerade aus der letzten Äußerung des Herrn Landeshauptmann geht hervor, daß es zum Voraus nicht immer möglich ist, diese Beiträge genau einsetzen zu können. Man kann dem Landesausschuße denn doch nicht zumuthen, daß er etwas thue, was er absolut nicht thun kann. Wie wollen Sie jetzt festsetzen, welche Beiträge diesem oder jenem Vereine, diesem oder jenem Unternehmen zugeführt werden, wenn der Beschluß darüber erst im Herbst d. I. oder im kommenden Jahre erfolgt. Ich möchte nicht, daß der Herr Landeshauptmann Zusagen macht, welche der Landesausschuß absolut nicht in der Lage ist einzuhalten. Johannes Thurnher: Ich glaube auch, die große Bereitwilligkeit des Herrn Landeshauptmann in Zusage und in Erfüllung von Wünschen dem Herrn Dr. Waibel gegenüber könnte dem Landesausschusse eine Aufgabe vindiziren, welche er unter Umständen nicht erfüllen könnte. Ich möchte aber noch einen weiteren Grund anführen. Wenn man nämlich in ein Präliminare schon Posten hineinnimmt, von welchen man denkt, daß sie wahrscheinlich kommen werden, so wird man dadurch in den interessirten Kreisen eine gewisse Begehrlichkeit erwecken, mit verschiedenen Unterstützungs-Gesuchen u.s.w. an das Land heranzutreten. ' Man muß allerdings für diese oder jene Eventualität auf eine bestimmte Summe gefaßt sein, aber daß man im Vornherein — der Mensch ist ja nicht allwissend, — alles genau bestimme, das halte ich nicht für zweckmäßig. Ich bin ebenfalls der Ansicht, daß der Herr Landeshauptmann nicht Zusagen machen soll, die dem Landesausschusse später vielleicht Verlegenheiten bereiten können. 124 XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. III. Session der 7. Periode 1892/93. Ich halte es auch nicht für gut, daß gewissen Körperschaften und Kreisen schon im Voranschlage Hoffnungen gemacht werden, daß sie sich denken können, da können wir etwas prositiren, da müssen wir zugreifen. Es gehört eine gewisse Vorsicht dazu, daß man im Budget nicht für alles, was vorkommen könnte, eine bestimmte Summe aussetzt, es ist besser, man sorgt mit der nöthigen Summe im Allgemeinen vor und stellt es dem Landtage anheim, was er später im Detail bewilligen will. Man hat es jetzt 30 Jahre so gemacht und sich dabei wohl befunden, wir haben eine große Landesschuld angetreten und dieselbe jetzt bei Knopf und Stiel bereits bezahlt. Der Landtag hat also bis dato gewirthschaftet, daß er die Rechnungen, welche er eingestellt hat, wohl sehen lassen darf, wenn er auch nicht jede einzelne Post unter die Brille gestellt hat. Landeshauptmann: Dem gegenüber, was der Herr Abgeordnete Martin Thurnher gesagt hat, möchte ich bemerken, daß die Zusagen, die ich gemacht habe, nur insofern, als dieselben auch wirklich durchführbar sind, gemeint sind. Im Voranschläge des Landeskulturfondetz wurden das letzte Mal bestimmte Rubriken mit runden Ziffern eingeführt, welche alle Jahre wiederkehren, aber nicht immer in gleicher Höhe. Diesesmal hat man es unterlassen, weil der Voranschlag viel früher vorgelegt worden ist, zu einer Zeit, wo es noch unmöglich war, die Posten im Detail einzustellen. Martin Thurnher: Es ist auch sachlich nicht immer gut, wenn man sich, wie bereits mein Herr Vorredner hervorgehoben hat, so einschränken würde, daß alles genau fixirt, und jede Summe schon im Voranschläge stehen würde. Nehmen wir ein kleines Beispiel. Den Rheingemeinden wurde vom Ackerbau-Ministerium in der zuvorkommensten Weise eine Subvention von 12, 000 bis 13, 000 fl. bewilliget. Das ist nun schon im Laufe des vorigen Jahres geschehen und man hätte auch damals schon das Geld gebraucht, aber obwohl die Reichskasse so ziemlich gut steht, konnte das Ackerbau-Ministerium diesen Beitrag nicht gewähren, weil er noch nicht in dem Voranschläge erschienen ist. Ebenso würde auch der Landtag und der Landesausschuß in seinem Wirken gehemmt sein, wenn man Alles so kleinlich in den Voranschlag aufnehmen würde, wie Herr Dr. Waibel meint. Dr. Waibel: Ich verlange lediglich, daß man ungefähr mittheile, was in diesen 3000 fl. drinnen steckt. Daß dies möglich ist, daran zweifle ich nicht, es ist den Gemeinden möglich, es ist in anderen Landtagen möglich und es ist auch im Reichsrathe möglich. Die Sache ist nicht so, wie die Herren sie darstellen wollen. Ich verliere keine weiteren Worte mehr. Landeshauptmann: Wenn Niemand mehr zu sprechen wünscht, so ist die Debatte geschlossen. Hat der Herr Berichterstatter noch etwas beizufügen? Nägele: Die Voranschläge sind selbstverständlich äußerst nothwendig, damit man sich ein Bild machen kann über dasjenige, was man im betreffenden Jahre braucht, daß man aber schon zum Voraus alles genau detailliren oder gar schon mit Belegen versehen kann, das ist absolut unmöglich. Der Voranschlag ist eine Annahme, die möglichst genau mit den voraussichtlichen Ausgaben, mit den Rechnungsabschlüssen stimmen soll und ich glaube, daß auch der Herr Bürgermeister von Dornbirn jede Rubrik, wenn die Rechnung abgeschlossen ist, mit dem Voranschläge genau in Einklang bringen wird. Manchmal braucht man an einem Orte weniger und am anderen etwas mehr als man sich vorgestellt hat und da nimmt man dann das Fehlende dort, wo etwas erübriget wurde. Landeshauptmann: Ich schreite nun zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche dem Voranschläge des Landes-Culturfondes die Genehmigung ertheilen wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Ich bitte weiter zu lesen. Nägele: (liest 3. Voranschlag des mit Tirol gemeinsamen Grundentlastungsfondes und der auf das Land Vorarlberg entfallenden Grundentlastungsschuld. ) Landeshauptmann: Wünscht Jemand das Wort? Es ist dies nicht der Fall, somit ersuche ich jene Herren, welche auch diesem Punkte die Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. HL Session der 7. Periode 1892/93. 125 Ich ersuche nun den Punkt 2 der Anträge zu verlesen. Nägele: (lieft: „Zur Deckung des Erfordernisses für den Vorarlberger-Landesfond wird eine Steuerumlage von 20�% Zuschlägen zur Grund-, Erwerb-, und Einkommensteuer und 10% Zuschlägen zur Hauszins- und Hausklassen-Steuer bewilliget.") Landeshauptmann: Wünscht Jemand das Wort? Dr. Waibel: Ich möchte da um eine Aufklärung bitten. Wenn ich mich recht entsinne, so ist im Laufe des gegenwärtigen Jahres einer Gemeinde durch Landesausschußbeschluß diktirt worden, daß sie die Zuschläge gleichmäßig auf alle Steuern verumlage. Wie man aber hier für den Landesfond beantragt, sollen dessen Erfordernisse durch eine Verumlagung von 20% Zuschlägen zur Erwerb- und Einkommensteuer und 10% Zuschlägen zur Hauszins- und Hausklassensteuer gedeckt werden. Ich hätte mir vorgestellt, daß dasjenige, was das Land für sich in Bezug auf Besteuerung in Anspruch nimmt wenigstens grundsätzlich auch den Gemeinden zugestanden werden soll. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? Bösch: Der Herr Dr. Waibel hat da auf eine Gemeinde im Lande hingewiesen, dieselbe aber nicht genannt. Ich will sie nennen, es ist die Gemeinde Lustenau. Soviel mir bekannt, ist dort gegen den Voranschlag des Jahres 1892 von mehreren Bürgern Beschwerde erhoben worden und ich will auch gleich sagen aus welchem Grunde dies geschehen ist. Es dürfte wohl allen Herren bekannt sein, durch welche Manipulationen bei den letzten Gemeindewahlen in Lustenau Wahlstimmen erzeugt worden sind. Zu diesem Zwecke benützte die Vorsteher-Partei, die Hauszinssteuer, weil dieselbe mit 50% Zuschlägen belastet wurde. Mehrere Anhänger dieser Partei meldeten unrichtiger Weise Hauszinssteuer an, um dadurch Wahlstimmen im 2. Wahlkörper zu erkaufen. Die beabsichtigte verschiedene Umlegung würde, nachdem diese Steuer ohnehin drückend und hoch ist, an und für sich Niemand mißbilliget haben, nachdem dies aber zu einem so verwerflichen Zwecke geschehen ist, so wurde von mehreren Bürgern gegen jenen Gemeindebeschluß beziehungsweise Gemeindevoranschlag rekuriert und der Landesausschuß hat nur streng im Sinne des Gesetzes gehandelt, daß er der Gemeinde den Auftrag gegeben hat, die Gemeindezuschläge auf alle Arten direkter Steuern in gleicher Höhe zu verumlagen. Wahrscheinlich wird er dabei berücksichtiget haben, zu welchem Zwecke die Gemeindevorstehung eine verschiedene Umlage durchführen wollte. Er wird jedenfalls seine Gründe dafür schon gehabt haben. Landeshauptmann: Wer wünscht noch das Wort? — Wenn Niemand mehr zu sprechen wünscht und auch der Herr Berichterstatter nichts weiter beizufügen hat — Nagele: Nein, Landeshauptmann: so schreite ich zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche dem zweiten Punkte der Anträge die Zustimmung geben wollen sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Nägele: (liest: „3. Der mit Schluß des Jahres 1893 beim Grundentlastungsfonde sich ergebende Überschuß mit 258 fl. fällt dem Vorarlberger Landesfonde zu.") Landeshauptmann: Wenn Niemand eine Bemerkung gegen diesen 3. Punkt zu machen wünscht so nehme ich an, daß die Herren demselben die Zustimmung geben. Sie ist gegeben und dieser Gegenstand hiemit erlediget. Landeshauptmann: Wir kommen zum zweiten Gegenstand der heutigen Tages-Ordnung d. i. d e r Bericht des Gemeinde-Ausschusses betreffend die Abänderung der §§ 6, 8 und 16 der Landtags-Wahlordnung. Ich ersuche den Herrn Abgeordneten Martin Thurnher den Bericht zu erstatten. Martin Thurnher: Ich darf wohl von der Verlesung dieses Berichtes Umgang nehmen. Die 126 XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. UL Session der 7. Periode 1892/93. Angelegenheit ist dem hohen Hause in jeder Richtung hinlänglich bekannt; es ist schon 3 Jahre darüber verhandelt und gesprochen worden, so daß ich mich darauf beschränken kann, die Anträge zur Verlesung zu bringen. Nur bezüglich des 2. und 3. Punktes derselben muß ich auf die näheren Ausführungen des Berichtes verweisen. Die hohe Regierung hat auch wieder in der neuerlichen Eröffnung wegen Nichtsanktionirung des vom Landtage beschlossenen Gesetzentwurfes betreff Abänderung einiger Paragraphen der Gemeindewahlordnung dem Wunsche wegen Auflassung der Vermögenssteuer im Lande Vorarlberg Ausdruck gegeben. Diesem Wunsche der hohen Regierung kann aber, wie auch im Berichte angeführt ist, nicht entsprochen werden, bis die staatliche Steuerreform durchgeführt ist. Wenn diese staatliche Steuerreform in entsprechender Weise durchgeführt würde, dann wäre es entsprechend, daß auch das an vielen Mängeln und Gebrechen leidende Vermögenssteuer-Statut von Vorarlberg außer Wirksamkeit gesetzt und die staatliche Steuer für die Gemeinde-Verumlagungen zur Grundlage genommen würde. In den Entwürfen der hohen Regierung ist aber eine Bestimmung enthalten, die vielleicht die Gefahr in sich bürgt, daß nicht in der gewünschten Weise vorgegangen werden kann. In § 271 des Gesetzentwurfes über die neuen Steuern ist nämlich eine Bestimmung enthalten, die dahin gerichtet ist, hintanzuhalten, daß die Personal-Einkommensteuer, die wichtigste der künftigen Steuern, als Grundlage bei Verumlagung der Gemeinde- und Landes-Erfordernisse genommen wird, um dafür dem Staate ein desto größeres Erträgnis zu erzielen. Der Auflassung unserer Vermögenssteuer müssen, glaube ich, zwei Momente vorausgehen, nämlich die Durchführung der Steuerreform und die Eliminirung des § 271 der Regierungsvorlage, weshalb Punkt 2 und 3 der Anträge hier ausgenommen und Ihnen zur Annahme empfohlen werden. Die Anträge des Gemeinde-Ausschusses gehen demnach dahin; (Liest die Anträge aus Beilage XXXII). Landeshauptmann: Ich eröffne zunächst über den Antrag 1, bezw. den Gesetz-Entwurf die Debatte. Dr. Waibel: Ich glaube, daß die protestirenden Gemeinden, d. h. jene Gemeinden, welche gegen das vom hohen Hause im Jahre 1892 beschlossene Gemeindewahlgesetz sich zur Wehr gesetzt haben. in der Lage sind, ihre Befriedigung aussprechen zu können und insbesondere der hohen Regierung für die objektive Beurtheilung der ganzen Angelegenheit den verbindlichsten Dank auszusprechen. Die Erledigung dieses Gesetzentwurfes vom Jahre 1892 hat zwei Phasen durchgemacht. Im Oktober v. Js. bereits ist eine Erledigung herabgelangt an den Landes-Ausschuß, welche hier nicht erwähnt wird, und welche Gesichtspunkte enthält, deren Inhalt kennen zu lernen für weitere Kreise von großem Interesse sein dürfte. Es ist insbesondere in der Erledigung vom Oktober darauf hingewiesen, daß der Zeitpunkt für solche Gesetzentwürfe nicht gut gewählt sei; es sei gegenwärtig nicht der richtige Zeitpunkt, eine prinzipielle Änderung der Steuerbasis des Wahlrechtes, solange nicht die dem Reichsrathe vorliegende Steuerreform durchgeführt sein wird, vorzunehmen. Es wird weiter — das ist sehr interessant — folgendes gesagt, (Liest): „Insbesondere was Vorarlberg anbelangt, muß darauf hingewiesen werden, daß das Resultat dieser Steuerreform den weiteren Fortbestand der Vermögenssteuer in Frage stellen dürfte und daß dann die Regelung der Vermögenssteuer in jeder Beziehung wird in Angriff genommen werden können, was sich jedenfalls mehr empfiehlt, als der gegenwärtige Vorgang, nach welchem die Lasten der Vermögensteuerträger der Gemeinde gegenüber aufrecht belassen werden wollen, während das einzige Recht derselben in der Gemeinde, nämlich das Recht zu wählen und gewählt zu werden, aufgehoben werden soll. Hiezu kommt noch, daß der Gesetzentwurf beschlossen worden ist, ohne daß den Gemeinden Vorarlbergs Gelegenheit geboten worden wäre, in dieser für das Gemeindewesen so wesentlichen Angelegenheit ihre Ansicht aus zus pr e ch en." Ich muß beifügen, daß der Akt nach diesem Erlasse mit dem Berichte des Landes-Ausschusses, ohne die Gemeinden befragt zu haben, an die hohe Regierung zurückgeleitet worden ist, neuerdings einer Prüfung unterzogen wurde, und dann jene Erledigung erhalten hat, welche im Wesentlichen hier im Berichte enthalten ist. Ich muß aber bemerken, daß dem Schluß-Absatze dieses Berichtes noch etwas beizufügen ist. Es heißt im Schlußabsatze: XIII« Sitzung des Vorarlberger Landtages. UI. Session der 7. Periode 1892/93. 127 (Liest) „Aus den von den politischen Behörden des Landes zusammengestellten statistischen Nachweisungen geht hervor, daß durch die Nichtanrechnung der Vermögenssteuer bei Anfertigung der Gemeindewählerlisten nicht nur eine große Verschiebung in der Vertheilung der Gemeindewähler auf die einzelnen Wahlkörper eintreten, sondern auch ein namhafter Theil der bisher Wahlberechtigten ihr Wahlrecht ganz verlieren würde." Damit schließt der Auszug des Berichtes. Ich bin in der Lage den Herren mittheilen zu können, daß unmittelbar an diese Worte sich noch ein Satz anfügt, dessen weitere Bekanntgebung nicht ohne Interesse ist. Es heißt (liest): „Auf diesen Umstand ist es eben zurückzuführen, daß von Seite der Gemeinden und zwar der hervorragendsten Gemeinden des Landes Vorstellungen gegen den in Rede stehenden Gesetzentwurf erhoben worden sind, wodurch wohl am Besten die Behauptung des löblichen Landes-Ausschusses widerlegt erscheint, daß die betreffende Kategorie von Wählern an der Wahrung ihres Wahlrechtes kein besonderes Interesse haben." Das hat man ausgelassen, aber es geht aus diesem Schlusse hervor, daß in dem Berichte, der nach der ersten Erledigung an die hohe Regierung zurückgelangt ist, offenbar Behauptungen aufgestellt worden sind, die nicht ganz den thatsächlichen Verhältnissen entsprechen, daß man da der hohen Regierung hat Vorstellungen beibringen wollen, welche der Basis der Wahrheit und Thatsächlichkeit entbehren. Ich muß noch weiter bemerken, im Berichte heißt es, (liest): „Auf Grund dieser Regierungseröffnung arbeitete der Landes-Ausschuß 2 Gesetzentwürfe aus, den einen im Sinne des Punktes 2 (Abänderung der L. W. O.), den anderen nach Punkt 3 (Abänderuug der G. W. O.) und brachte dieselben ohne weitere Motivirung dem Landtage in der Frühjahrssession 1892 in Vorlage, ihm anheimstellend, welchen der beiden von der Regierung als zulässig erklärten Wege er einschlagen wolle. Der Landtag entschied sich über den Antrag des landtäglichen Gemeinde-Ausschusses (Beilage LXIII zu den stenographischen Protokollen pro 1892) mit Beschluß vom 7. April (Seite 233—250 des stenogr. Protokolls) auf Abänderung der Gemeindewahl-Ordnung." Ich muß zur Ergänzung bemerken, daß der Entwurf zur Abänderung der Landtagswahl-Ordnung dem damaligen Protokoll nicht beigegelegt und überhaupt uns zur Verhandlung nicht vorlegt wurde. Es wurde lediglich die Novelle zur GemeindewahlOrdnung mit dem Antrage des Landesausschusses vorgelegt. (Martin Thurnher: Das ist unrichtig.) So ist es, das kann man hier nachsehen. (Auf das stenographische Protokoll weisend.) Nun was den Entwurf, der uns vorgelegt wurde, selbst betrifft, so hätte ich folgendes zu bemerken. Schon bei der Behandlung der Novelle vom Jahre 1892, welche die allerhöchste Sanktion nicht erhalten hat, ist unsererseits darauf hingewiesen worden, daß es klüger gethan wäre, wenn man statt einzelne Änderungen vorzunehmen, lieber diese Wahlordnung im Sinne unserer Zeit, im Sinne der gerechten Forderungen unserer Zeit abändern, eine totale Abänderung derselben vornehmen würde. Diese Landtagswahl-Ordnung hat, wie die Herren wissen, wesentlich zwei Gebrechen. Das eine Gebrechen besteht darin, daß dem Vollmachtenschwindel wie bei den Gemeinde-Wahlen freier Spielraum gegeben wird, und die Herren werden mir doch zugeben, daß nichts so das Wahlwesen demoralisirt, wie dieser Vollmachtenschwindel, an dem beide Theile gleich sündhaft sich betheiligen. Da machen wir gar kein Hehl daraus, es thut jede Partei, was sie kann; aber was gethan wird in dieser Beziehung, ist nicht schön. Wenn man also schon einsieht, daß hier eine Schädigung des öffentlichen Charakters, der öffentlichen Moralität fortwährend vor unsern Augen sich vollzieht, glaube ich, sollte eine Versammlung, welche berufen ist, auch die moralischen Interessen des Landes zu überwachen und zu leiten, einer solchen Thatsache, solchen Wahrnehmungen gegenüber nicht stumm und still bleiben, sondern sie sollte Abhilfe schaffen. Daß dies unschwer möglich ist, dafür liefert die Reichsrathswahl-Ordnung ein vorzügliches Beispiel. Diese Wahlordnung ist seit dem Jahre 1873 in Wirksamkeit und die Herren werden aus der Praxis dieser Wahl-Ordnung keine derartigen 128 LIU. Sitzung des Vorarlberger Landtages. I!!. Session der 7. Periode 18)2/93. Beobachtungen namhaft machen können, wie sie bei der Gemeindewahl-Ordnung und bei der Landtagswahl-Ordnung möglich sind. Da kommt man zur Wahl, um seine Stimme abzugeben. Es kann vorkommen, daß der eine oder andere einem persönlichem Einflüsse, einem Zureden zugänglich ist. Aber im Allgemeinen, weil die Stimmabgabe geheim ist, hat jeder, der zur Wahl berufen ist, und es ist der Mann, der zur Wahl berufen ist, die Freiheit, so zu wählen, wie ihm beliebt. Niemand ist in der Lage ihn zu kontrolieren und darum geht alles glatt und anstandslos vor sich. Da dieser Vorgang seit einer Reihe von Wahlen sich bewährt hat, sollten wir uns doch auch dazu bewegen lassen, die Gelegenheit zu benützen, um auch bei der Landtagswahl-Ordnung in dieser Richtung Ordnung zu schaffen. Die Landtagswahl-Ordnung hat aber noch weitere Gebrechen und zwar ein sehr in das Gewicht fallendes Gebrechen ist der Umstand, daß nach unserer Wahlordnung das sogenannte Listenskrutinium besteht für die Landgemeindewahlen. Die Gemeinden bezw. die Wahlmänner des politischen Bezirkes Bludenz wählen zusammen 4 Männer, die von Feldkirch 5 und die von Bregenz und