18920919_lts005

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Letzte Änderung 03.07.2021, 10:53
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp07,lts1892,lt1892,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 5. Sitzung am 19. September 1893, unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 18 Abgeordnete. Abwesend: die Herren Abgeordneten Dr. Beck, Johann Thurnher und Dietrich. Regierungsvertreter: Herr Statthaltererrath Graf St. Julien-Wallsee. Beginn der Sitzung um 2 Uhr 40 Min. Nachmittags. Landeshauptmann: Die Sitzung ist eröffnet und ich ersuche um Verlesung des Protokolles der letzten Sitzung. (Sekretär liest das Protokoll.) Hat Jemand gegen die Fassung des Protokolles eine Einwendung zu erheben? — Da dies nicht der Fall ist, so betrachte ich dasselbe als genehmigt. Herr Landeshauptmann-Stellvertreter hat sich mittels Schreiben für die heutige und morgige Sitzung entschuldigt, da er dringend zur Sitzung des Sanitätsrathes nach Innsbruck einberufen worden ist, bei welcher sein Erscheinen sicher erwartet wurde. Ebenso hat sich wegen Unwohlsein der Herr Abgeordnete Johannes Thurnher entschuldigt, da er voraussichtlich das Bett durch einige Tage nicht verlassen und daher den Sitzungen nicht beiwohnen könne. Endlich hat der Herr Abgeordnete Dietrich um einen Urlaub von 2 Tagen in Berufsgeschäften angesucht. Ich haben demselben diesen Urlaub auf Grund der Geschäftsordnung zugesagt. Es sind mir zwei Einlaufstücke zugekommen, ein Gesuch des kathol. Bauernvereins von Montavon um eine Unterstützung zur Abhaltung eines Gemüsebau-Curses, überreicht durch den Herrn Abgeordneten Schapler. (Secretär verliest dasselbe.) Schapler: Ich möchte für diese Petition den Dringlichkeits-Antrag stellen und ferner noch beantragen, 30 V. Sitzung des Vorarlberger Landtages. HL Session der 7. Periode 1892. dieselbe dem Finanz-Ausschusse zur mündlichen Berichterstattung zuzuweisen. Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Schapler beantragt die dringliche Behandlung dieser Petition. Im Falle, daß dieser Antrag angenommen wirb, wird die Zuweisung an den FinanzAusschuß erfolgen und derselbe zur mündlichen Berichterstattung ermächtiget. Wünscht Jemand das Wort? — Da dieses nicht der Fall ist, betrachte ich sämmtliche drei Anträge als angenommen und werde diesen Gegenstand dem FinanzAusschusse zur mündlichen Berichterstattung überweisen. Das zweite Einlaufstück ist eine Eingabe der Gemeinde-Vorstehung Lustenau um Zahlung eines Landesbeitrages zur theilweisen Deckung der auf sie entfallenden Quote zu den Rheinbauten. Überreicht ist dieses Gesuch durch den Herrn Abgeordneten Bösch. Ich erwarte über die geschäftliche Behandlung dieses Gesuches einen Antrag. Wenn kein Dringlichkeitsantrag erhoben wird, so werde ich dieses Gesuch auf die Tages-Ordnung einer der nächsten Sitzungen setzen. Dr. Waibel: Parlamentarische Gruppen haben das Recht, Abmachungen, die sie treffen, für sich zu behalten, und als Geheimnisse zu behandeln. Commissionen jedoch, welche von legislativen Körperschaften niedergesetzt werden, genießen dieses Vorrecht nicht; sie sind schuldig, über die Aufgabe, die ihnen zu theil geworden ist, während einer Plenar-Sitzung vollkommen Rechenschaft zu geben. Sollten sich im Laufe solcher CommissionsVerhandlungen Dinge Herausstellen, von welchen angenommen wird, daß sie sich zur Kenntnisnahme für die Öffentlichkeit nicht eignen, dann kann der Vortrag derselben im Plenum in vertraulicher Sitzung, d. h. mit Ausschluß der Öffentlichkeit abgehalten werden. Nachdem ich dieses vorausschickt, erlaube ich mir an den Herrn Vorsitzenden das Ersuchen zu stellen, er möge der Landesversammlung das Protokoll, welches am 1. April 1892 vom Schulausschusse in Sachen der Lehrerfrage abgefaßt worden ist, der ganzen Versammlung mittheilen, und zwar in morgiger Sitzung. Landeshauptmann: Ich werde diesem Wunsche in der morgigen Sitzung entsprechen. Bevor wir zur Tagesordnung übergehen, möchte ich mir noch eine Anfrage erlauben. Es liegt ein geschriebener Bericht des volkswirthschaftlichen Ausschusses über das Gesuch der Gemeinde-Vorstehungen Götzis, Rankweil und Schlins in Angelegenheit des Hausierhandels vor. Es ist von Seite des Herrn Berichterstatters der Wunsch ausgesprochen worden, es möchte dieser Bericht auf die Tagesordnung gesetzt werden, und zwar mit Umgehung der Drucklegung und die Drucklegung zur Ergänzung der stenografischen Protokolle nachgetragen werden. Ich möchte nun das hohe Haus fragen, ob es einverstanden ist, daß dieser Bericht, er ist ohnedies ganz kurz, vielleicht am Schlusse der Tagesordnung vorgenommen werden darf. Wenn keine Einwendung erfolgt, betrachte ich diesen Antrag als angenommen und wird dieser Bericht am Schlusse der Tages-Ordnung zur Verhandlung gelangen. Ferner hat der Herr Berichterstatter des FinanzAusschusses mir mündlich den Wunsch ausgedrückt, daß auch der Antrag des Finanz-Ausschusses über das Gesuch des Vereines zur Pflege kranker Studierender in Wien hier auf die Tages-Ordnung gesetzt werde, ohne erst einen schriftlichen Bericht auszuarbeiten und zwar womöglich auf die heutige Tages-Ordnung. Wenn auch gegen diesen Antrag keine Einwendung erhoben wird, so werde ich in diesem Sinne vorgehen. Wir kommen nun zur Tagesordnung. Auf derselben steht als erster Gegenstand der Bericht des volkswirthschaftlichen Ausschusses über das Gesuch des Ausschusses der Walserthaler Concurrenzstraße um Subvention aus Landesmitteln. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter den Bericht vorzutragen. Martin Thurnher: Die Herren ersehen aus dem schon vor einigen Tagen gedruckten und zur Verteilung gelangten Berichte, daß sich die Sachlage hinsichtlich der Walserthaler Straße seit den über diesen Gegenstand in letzter Session abgehaltenen Berathungen einigermaßen geändert hat. Damals hat der Landtag gegenüber dem Gesuche das gleichen Concurrenzstraßen-Ausschusses eine ablehnende Haltung eingenommen. Man hat geglaubt, daß die Straße damals sich noch in gutem Zustand befinde, und daß demgemäß keine größere Belastung der concurrirenden Gemeinden für die V. Sitzung des Vorarlberger Landtages. HL Session der 7. Periode 1892. 31 dauernde Erhaltung derselben nothwendig fallen werde. Wie Sie aber aus dem Berichte ersehen können, befindet sich die Straße nicht in gutem Zustande, nnd ist die Gefahr vorhanden, daß, wenn sie so belassen und nicht bedeutende Verbesserungen an derselben vorgenommen würden, das große Capital, welches auf sie verwendet wurde, nämlich 88000 st., für nahezu verloren angesehen werden müßte, wenn die Straße nämlich nicht vollkommen zweckentsprechend erhalten bliebe, sondern dem allmähligen Verfalle preisgegeben würde. Der volkswirthschaftliche Ausschuß, dem dieser Gegenstand zugewiesen wurde, hat geglaubt, dem Landtage gegenüber dieses Gesuch befürworten und auf Gewährung einer Jahressubvention einrathen zu sollen und zwar aus dem Grunde, damit das Land dann Einfluß darauf nehmen könne, daß die Straße auch in guten Zustand gesetzt und in diesem Zustand auch in Zukunft erhalten werde. Der volkswirthschaftliche Ausschuß erhebt daher den Antrag: „Dem Gesuche des Ausschusses der Walserthaler-Concurrenzstraße wird Folge gegeben und zur Erhaltung dieser Straße eine jährliche Subvention von 500 fl. und zwar für die Jahre 1893, 1894, 1895, 1896 und 1897 aus Landesmittel unter der Bedingung und Voraussetzung gewährt, daß die Straße in einen vollständig normalen Zustand gebracht und in demselben auch erhalten werde, worüber der Landesausschuß jedesmal vor Ausfolgung der Subvention angemessene Erhebungen zu pflegen hat." Landeshauptmann: Ich eröffne über Bericht und Antrag die Debatte. Wenn Niemand in derselben das Wort zu ergreifen wünscht, so schreiten wir zur Abstimmung. Ich ersuche jene Herren, welche dem Anträge des volkswirthschaftlichen Ausschusses beistimmen, sich gefälligst von ihren Sitzen erheben zu wollen. Angenommen. Nächster Gegenstand der Tagesordnung ist das Gesuch des katholischen Bauernvereins von Montavon um Unterstützung zur Hebung der Obstbaumzucht. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Welte den Bericht vorzutragen. Welte: Nachdem dieser Bericht schon einige Tage in den Händen der Herren Abgeordneten sich befindet, dürfte wohl von der Verlesung desselben Umgang genommen werden und ich werde daher nur den Antrag zur Verlesung bringen. (Liest den Antrag aus Beilage IX.) Landeshauptmann: Ich eröffne über den gestellten Antrag und Bericht die Debatte. Ergreift Niemand das Wort, so ist dieselbe geschlossen. Wir schreiten nun zur Abstimmung. Wenn keiner der Herren einen andern Vorgang wünscht, so werde ich beide Anträge unter Einem zur Abstimmung bringen. Ich ersuche daher jene Herren, welche diesen Anträgen beistimmen, sich gefälligst von ihren Sitzen erheben zu wollen. Angenommen. Der dritte Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des volkswirthschaftlichen Ausschusses über den Antrag Fink und Genossen betreffend eine Reform der Vermittlerämter. Ich ersuche den Herrn Abgeordneten Fink den Bericht zu verlesen. Fink: Es dürfte vielleicht auch von der Verlesung dieses Berichtes Umgang genommen werden, weil sich derselbe auch schon einige Tage in den Händen der Herren Abgeordneten befindet. Ich werde daher, falls ich nicht auf Widerstand stoße, nur den Antrag verlesen. (Liest den Antrag aus Beilage X.) Landeshauptmann: Die Debatte ist eröffnet. Dr. Waibel: Wir stehen hier vor der Verhandlung eines Gegenstandes, der das Rechtsgebiet streift und bei dem die Anwesenheit eines Rechtskundigen, eines erfahrenen Justizmannes gewiß von sehr hohem Werthe wäre. Zu bedauern ist, daß die Versammlung einen solchen jetzt entbehren muß. Im Jahre 1883 hatte die Landesversammlung das Glück, zwei rechtskundige Vertreter in ihrer Mitte zu haben, welche damals in der gleichen Sache eingehend und mit Anführung gewichtiger Argumente gesprochen haben. Die Entstehung des vorliegenden Antrages ist folgende. Das hohe k. k. Justizministerium hat zufolge von Anregungen, die von Seiten des Abgeordnetenhauses des Reichsrathes im Verlaufe der 32 V. Sitzung des Vorarlberger Landtages. III. Session der 7. Periode 1892. letzten Jahre ausgegangen sind, sich bemüssiget gefunden, die autonomen Landesverwaltungen aufzufordern, über die bisherige Wirksamkeit der Vermittlerämter Bericht zu erstatten, und zugleich die Ursache mitzutheilen, welche der geringen Anspruchnahme der Vermittler-Ämter zu Grunde liegt, ferner die nothwendigen gesetzgeberischen Maßregeln zur Behebung dieser Ursachen vorzuschlagen. Der Landesausschuß in Vorarlberg ist dieser Aufforderung nachgekommen und hat an alle Gemeindevorstehungen hierauf bezügliche Erlässe hinausgegeben. Es darf nicht gezweifelt werden, daß diejenigen Gemeinden, welche Vermittlerämter errichtet haben, ihre Berichte bis zum festgesetzten Zeitpunkte, d. i. bis Mitte September eingeliefert haben. Es wäre naturgemäß zu erwarten gewesen, daß der Landesausschuß diese Berichte sämmlich geprüft, und einen übersichtlich abgefaßten Bericht der Landesversammlung vorgelegt hätte. Er hätte das zwar gerade nicht thun müssen, denn ich glaube nach Erlaß des hohen Justizministeriums hätte der Landesausschuß ohneweiters auf Grund eingezogener Erkundigungen Bericht und Vorschlag an das hohe k. k. Justizministerium erstatten können. Doch glaube ich, war es gut, die Sache hier in der Landesversammlung vorzubringen. Aber es wäre, wie gesagt, gewiß richtiger gewesen, wenn der Landesausschuß selbst über das, was er zufolge erlassenen Rundschreibens erfahren hat, uns einen eingehenden Bericht vorgelegt hätte. So wissen wir thatsächlich nichts. Wir wissen nicht, wie viele Gemeinde Vermittler-Ämter errichtet, wissen nicht, was für eine Thätigkeit dieselben entfaltet, und wissen nicht, was für Wahrnehmungen sie gemacht haben. Aus welchem Grunde der Herr Abgeordnete Fink veranlaßt worden ist, in dieser Sache einen eigenen Antrag zu stellen und ihn auf diesen Umwegen herzubringen, das kann man wohl errathen, aber loyal erklären kann man es schwer. (Fink: Aus eigener Initiative.) Um zu beurtheilen, daß ich mit meiner Beschwerde nicht ganz im Unrecht bin, wiederhole ich hier die Fragen, welche an die Gemeinden gestellt worden sind. Es wurden die Gemeinden in folgender Weise gefragt: 1. Ist dort das Vermittleramt eingeführt und seit wie lange? Ich stelle gleich von vornherein die Frage, und diese wird mir wohl ein Mitglied des LandesAusschusses beantworten können, wie viele Gemeinden Vermittler-Ämter errichtet haben. 2. Wie viele Streitfälle wurden seit dessen Bestehen vor dasselbe gebracht? Auch das wäre für uns höchst interessant zu erfahren gewesen, was diesbezüglich für Beobachtungen gemacht und was für und wie viele Streitfälle vor das Vermittleramt gebracht worden sind. 3. Wie viele davon wurden vom Vermittleramte ausgetragen? 4. Wie viele betrafen Geldforderungen bis zur Stimme von 50 fl., wie viele solche von 51 fl. bis 300 fl.? 5. Wie viele Fälle betrafen bewegliche Sachen? Diese statistischen Daten hätten thunlichst nach Jahren geordnet angelegt werden sollen. Es hätte dies dann eine ganz hübsche Tabelle gegeben. 6. Welches sind die Gründe und Ursachen, daß die Vermittler-Ämter so wenig benützt werden." Es wäre für uns auch von hohem Interesse gewesen, die Anschauungen der einzelnen Gemeinden über diese Frage zu hören und zu vernehmen. 7. Welche Gesetzesänderungen sollten nach Ansicht der Gemeinde-Vorstehung vollzogen werden, um die Vermittlerämter lebenskräftig zu gestalten? Auch über diese Frage hätten wir sehr gerne die Ansichten der Gemeinde-Vorstehungen gehört, denn so haben wir nur die Ansicht von Fink und Genossen gehört. Nun werden wir uns aber doch erlauben, über diesen Antrag unsere eigenen Anschauungen im Weiteren zum Vortrage zu bringen. Wie der Bericht selbst sagt, ist diese Angelegenheit bereits im Jahre 1883 im Landtage in Verhandlung gebracht worden, und zwar über Antrag des Herrn Abgeordneten Martin Thurnher. Jener Antrag hat zwar die Zustimmung gefunden, wurde jedoch mit nicht großer Majorität angenommen, da nur 11 Stimmen für und 8 Stimmen gegen denselben waren. Es hat sich daher eine bedeutende Minorität der Anschauung des Herrn Abgeordneten Martin Thurnher nicht anzubequemen vermocht. Heute jedoch ist vorauszusehen, daß die Sache etwas glänzender gehen wird. (Martin Thurnher: Gewiß!) V. Sitzung des Vorarlberger Landtages. III. Session der 7. Periode 1892. 33 Was damals von Seite des Gemeinde-Ausschusses beantragt wurde, ist im Wesentlichen ganz das Gleiche, was wir heute wieder vor uns sehen, nämlich die zwangsweise Vorrufung vor das Vermittleramt, obligatorische Anstellung von Vermittlungsversuchen und drittens die endgiltige Rechtsprechung über Beträge bis zu 50 fl. Der vierte Punkt ist damals nicht ausgenommen worden. Ich werde mir erlauben, mich in der Specialdebatte über die einzelnen Anträge, soweit ich es für nothwendig halte, aussprechen. Im Allgemeinen muß ich sagen, ich befinde mich in einer Gemeinde, welche schon seit dem Jahre 1872 ein Vermittler-Amt besitzt und in welcher zudem noch ein Bezirksgericht seinen Sitz hat. Ich muß zugeben, daß die Vermittlerämter an Boden nicht gewonnen haben; es haben sich dieselben bei uns als volkstümliche Institutionen nicht einzubürgern vermocht. In unserer Gemeinde sind die Mitglieder des Vermittleramtes recht sympathische Männer, und dennoch vergehen Jahre und Jahre bis ein Gegenstand vor dasselbe kommt und was sind das für Fälle, die bei uns vor das Vermittleramt gebracht worden sind? In dem Protokollbuche über die Thätigkeit der Vermittlerämter finden sich nur 17 Vergleiche eingetragen. Von diesen 17 Vergleichen sind es einzig zwei, welche sich mit Geldsachen befassen und von diesen beiden nur wieder einer, bei welchem es sich um eine eigentliche Geldforderung handelte, und zwar um einen Geldbetrag für die Bestreitung der Herstellungskosten eines Brunnens während der andere nur die Abschätzung von Boden behufs Anlage einer Straße betraf. Alle übrigen Gegenstände waren Streitigkeiten über Fahrrechte und Vermarkungen. Nur bezüglich derartiger Streitfälle hat das Vermittleramt, wie es scheint, eine gewisse Popularität und ein gewisses Vertrauen erreicht. Aber bei Geldfragen, wie ich schon erwähnt habe, wurde von Seite dcs Volkes selten an das Vermittleramt herangetreten. Man hat es allenthalben vorgezogen hiefür das ordentliche Gericht in Anspruch zu nehmen. Es ist seit Schaffung der Bagatellgerichte und des Mahnverfahrens für jene, welche solche Fragen haben, Gelegenheit geboten ihre Angelegenheiten vor den ordentlichen Richter zu bringen und rasche, prompte und sichere Erledigung zu erhalten. Wenn einzelne Parteien auch noch Advokaten zum Bagatellgerichte mitbringen, — es kommt dies freilich vor —, so ist das ihre Sache, muß aber nicht sein, wenn sie absolut das Geld ausgeben wollen, kann sie Niemand daran hindern. Für diese Fragen erfolgt dort, wo Bezirksgerichte sind, selbst bei geringfügigen Sachen die prompteste Erledigung, eine Erledigung, die befriedigender ist, als wie sie Vermittlerämter zu bieten im Stande sind. Daß solche Fragen bei den Gerichten keine geringe Ziffer darstellen, das kann ich aus den Mittheilungen, die ich unserem Bezirksgerichte entnommen habe, constatiren. Von etwa 900 Streitfällen, die im Jahre 1891 vor Gericht gebracht wurden, waren etwa ein Drittel Bagatellsachen. Von diesen 280 Bagatellsachen wurden nur 16 im contradictorischen Wege erledigt. Alle anderen Fälle sind auf einfache Weise geschlichtet worden und nahezu die Hälfte der Fälle wurde in der Weise geschlichtet, daß man die Sache dem Richter vortrug, dieselbe gegenseitig besprach, sich gegenseitig versprach, die Sache in der verabredeten Weise abzuthun. Ich will aber noch weiter etwas vor Augen führen. Nur aus dem einzigen Falle des Bezirksgerichtes Dornbirn können wir entnehmen, daß, wenn obligatorisch wegen Geldforderungen vor das Vermittleramt gegangen werden muß, dies eine ziemlich lebhafte Thätigkeit bei gewissen Vermittlerämter zur Folge haben wird, daß dieselben beinahe wöchentlich zwei bis dreimal zusammenzutreten, sich Stunden lang mit Sachen zu befassen haben, und nicht immer sicher sind, ob ein Ausgleich zustande kommt. Es kommt auf das Geschick der für die Vermittlerämter ausgewählten Vertrauensmänner an, ob sie das Vertrauen genießen, ob sie hinreichend Kenntnis haben, ob sie unbefangen und für die Partei nicht eingenommen sind, und dieses ist schwer herzustellen. Wer hat in einer solchen Gemeinde Zeit, so viele Stunden und Tage solchen Geschäften zu widmen. Und man wird es diesen Leuten kaum zumuthen können, so was umsonst zu thun. Wie der Schlußparagraph der Vermittlerämter sagt, kann für die betreffenden Funktionäre eine Entlohnung geschaffen werden. Und wer hat denn diese Entlohnung zu bezahlen? Nicht die Parthei, sondern die Gemeinde, welche auch noch andere mit dem Bestande der Vermittlerämter verbundene Auslagen zu bestreiten hat. 34 V. Sitzung des Vorarlberger Landtages. III. Session der 7. Periode 1882. Die Parteien haben nur die Stempel und etwa nothwendig werdende Sachverständige zu bezahlen. Das bitte ich nicht ganz außer Acht zu lassen. Wir stehen doch vor der Frage, uns über die Vermittlerämter auszusprechen und insbesondere darüber zu sprechen, ob man sie für zweckmäßig hält, oder nicht. Nun da stehe ich doch auf dem Standpunkte, daß es nicht schaden kann, wenn Versuche gemacht werden, durch gesetzgeberische Abänderungen den Vermittlerämtern eine etwas festere Stellung zu verschaffen. Es ist möglich, daß die Vermittlerämter, wenn sie einen obligatorischen Charakter haben, vorausgesetzt, daß die Gemeinden in der Wahl ihrer Vertrauensmänner glücklich sind, sich dann, wenn sie eine Zeit lang geschickt gewirkt haben, mehr einleben. Das ist denkbar und es kann vielleicht in der Richtung kein Schaden erwachsen, denn es werden dann die Parteien, die sonst noch gerne Advokaten zu Hilfe nehmen, wenigstens lernen von dieser Auslage verschont zu bleiben. Ich bin im Ganzen genommen nicht dagegen, daß ein Versuch gemacht werde, die Vermittlerämter etwas besser in Stand zu setzen und zu probiren, ob sie dann Zweckentsprechendes zu leisten im Stande sind. Große Hoffnung jedoch setze ich auf diese Institution überhaupt nicht. Ich weiß nicht, ob der Landesausschuß sich über die Erfahrungen anderer Kronländer informirt hat. Jedenfalls hätte ich aber erwartet, daß man nicht blos sagt, in Deutschland und der Schweiz bestehen Vermittlerämter und prosperiren auch daselbst, sondern man hätte uns auch bessere Belege beibringen können, man hätte uns sagen können, wie die Vermittlerämter in der Schweiz eingerichtet sind, was für Befugnisse ihnen daselbst eingeräumt sind, ebenso über die in Süddeutschland, oder welche Theile von Deutschland man im Auge hat und was dort für bezügliche Gesetze bestehen. Jedenfalls wäre es aber gut gewesen, wenn man sich die betreffenden Gesetze verschafft und aus denselben markante Stellen bekannt gegeben hätte, welche dortselbst die Vermittlerämter wirksam, erfolgreich und lebenskräftig gestalten. Das ist aber unterlassen worden. Nachdem ich nun im Allgemeinen die Mängel des Berichtes, und den etwas eigenthümlichen Vorgang charakterisirt habe, schließe ich meine Ausführungen, behalte mir jedoch vor, bei der Spezialdebatte über einzelne Anträge mich auszusprechen. Martin Thurnher: Der Herr Vorredner hat seinem Bedauern Ausdruck gegeben, daß bei dieser Berathung nicht einige Juristen, ähnlich wie im Jahre 1883 sich in der Mitte der Versammlung befinden. Dieses Bedauern theile ich jedoch nicht und zwar aus dem Grunde, weil es auf der Hand liegt, daß die Juristen — was ihnen ja nicht verargt werden kann, — nicht für dieses Institut Propaganda machen, da ihnen ein nicht unbedeutender Theil ihres Verdienstes entgehen würde, wenn die Vermittlerämter zweckentsprechend ausgestattet und fleißig benützt würden. Der Herr Vorredner hat geglaubt, der Landes-Ausschuß hätte uns einen umfassenden Bericht einbringen sollen, nicht ein einzelner Abgeordneter. Er hat gemeint, der Landes-Ausschuß wäre in der Lage gewesen, uns mitzutheilen, was die einzelnen Gemeinden für ein Gutachten abgegeben haben, wie viel Streitfälle in den einzelnen Gemeinden dem Vermittleramte übergeben worden sind u.s.w. Nun da möchte ich den Hrn. Vorredner darauf aufmerksam machen, daß die Berichte der Gemeinden noch nicht vollständig eingelangt sind, es sind vielleicht etwa 2/3 Theile vorhanden und wenn auch der Termin, der ihnen gestellt worden ist, abgelaufen sein sollte, so zeigt sich bei allen solchen Fällen, in denen Aufträge an die Gemeinden erfolgen, die Nothwendigkeit (Dr. Waibel: Der äußerste Termin war ja doch der 15. September.) die Säumigen nochmals einzumahnen und ihnen einen zweiten Termin zu setzen. Zudem hat der Landes-Ausschuß vom hohen Landtage keinen Auftrag erhalten; wenn der Herr Abgeordnete Dr. Waibel so etwas gewünscht hätte, so hätte er diesbezüglich einen schriftlichen Antrag stellen sollen. (Dr. Waibel: Wann hätte ich das thun sollen?) Wann hätte der Landes-Ausschuß das ausführen können, was Dr. Waibel verlangt, da die Berichte der Gemeinden noch nicht vorliegen? Ebenso wenig konnten auch Erhebungen bezüglich der Verhältnisse anderer Kronländer gemacht werden. Es wäre ganz im Bereiche der Unmöglichkeit gelegen, von Seite des volkswirtschaftlichen Ausschusses hierüber Erkundigungen einzuziehen, da dieser Gegenstand ihm nicht in den ersten Sitzungen V* Sitzung des Vorarlberger Landtages. Hl. Session der 7. Periode 1892. 35 überwiesen wurde, und ihm zu seinen Berathungen nur kurze Zeit zur Verfügung stand. Ich will auf die Bemerkung, die der Herr Vorredner mehr oder weniger gegen die VermittlerÄmter gemacht hat, nicht weiter eingehen, sondern überlasse dies dem Hrn. Berichterstatter. Aber ich muß doch aufmerksam machen, daß gerade in dem Umstande, daß die Vermittler-Ämter nach den Gesetzen so wenig Befugnis haben und die bezüglichen Gesetze so mangelhaft sind, die Ursache zu suchen ist, daß dieses Institut nicht volksthümlich werden konnte. Wenn Hr. Vorredner speziell von Dornbirn sagt, daß so wenig VerhandlungsActen in 20 Jahren vorgekommen seien, so würde das für das ganze Land nicht maßgebend sein. Er hat selbst gesagt, daß Dornbirn der Sitz eines Bezirksgerichtes sei, so daß die Leute ohne besondere Auslagen dort Gelegenheit haben für ihre Sache Recht zu suchen, während dies bei andern abgelegenen Landestheilen schwierig ist, wo die Leute Stunden und Tage weit zum Sitze eines Bezirksgerichte haben. Wenn Vorredner bestreitet, daß für diese entlegenen Orte die Errichtung und der Bestand von Vermittler-Ämter nothwendig wäre, oder je nach seiner Auffassung nicht so nothwendig sein sollen, so stelle ich dieses geradezu in Abrede, da es für die meisten Landestheile von Vortheil und Wichtigkeit ist, daß Vermittlerämter bestehen; sie müssen aber selbstverständlich mit mehr Machtvollkommenheit ausgestattet werden, damit sie auch dann um so ersprießlicher wirken können. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? — Dr. Marbel: Der Herr Abgeordnete Martin Thurnher meint es sei ganz und gar nicht zu bedauern, daß wir keinen Juristen hier in unserer Mitte haben. (Martin Thurnher: Das macht nichts.) Ich muß aber doch aufrecht erhalten, was ich gesagt habe. Ich bin nicht so ängstlich, daß ich etwa die Anwesenheit eines Rechtskundigen fürchten würde. Wir haben es hier mit einer Institution zu thun, welche im engen Contacte mit Rechtsfragen und mit dem Gerichte selbst steht. Wir haben im Jahre 1883 in dieser Frage die Gegnerschaft der beiden Juristen, welche damals im Landtage waren, nämlich des Herrn Dr. Schmadl und des Herrn Notar v. Gilm gehabt, welch Letzterer gewiß kein finanzielles Interesse an diesem Gegenstände hatte, denn er war schon in einem solchen Alter, daß er in dieser Beziehung nicht interessirt war und doch ist der Bericht des Ausschusses mit seinen Anträgen acceptirt worden, was auch heute der Fall sein wird, wie voraus zu sehen ist. Ich muß nun noch in Ergänzung dessen, was im Allgemeinen bezüglich der Schlichtung von Streitsachen gesprochen wurde, erwähnen, daß die Richter nach der bestehenden Instruction stets bei an sie herantretenden Streitfragen vermittelnd einzuwirken versuchen und ich kann zur Ehre der Gerichtsvorstände wenigstens unseres Bezirkes sagen, daß die Richter, welche in unserem Amtssitze functionirt haben, sich in dieser Richtung stets sehr lebhaft bethätiget und auch große Erfolge aufzuweisen gehabt haben. Es muß von allen Seite zugegeben werden, daß der Herr Oberstaatsanwalt Linser, der Herr Hofrath Gsteu, der Herr Oberlandesgerichtsrath Leeb und der Herr Landesgerichts-Rath Dr. von Larcher, welche früher bei uns als Richter fungirten, sowie auch der jetzige Gerichtsvorstand Pfaundler, sich diese Thätigkeit in wohlthätigster Weise nicht blos für die Einwohner der Gemeinde Dornbirn sondern auch für die Angehörigen des ganzen Gerichtssprengels sehr angelegen sein ließen. Ich bin überzeugt und kann es aus Mittheilungen dieser Herren, mit welchen zu verkehren ich oft Gelegenheit hatte, bestätigen, daß diese Vermittlungen ganz kostenlos und sehr wirksam sind. Ich glaube daher, daß man nach diesen Erfahrungen ein Bedürfnis nach Vermittler-Ämtern nicht mehr empfunden hat. Wenn der Herr Abgeordnete Martin Thurnher sagt, ich hätte dem Landesausschusse einen Antrag vorlegen sollen, so muß ich ihn fragen, wenn ich dies hätte thun können. Der Bericht ist uns erst vor ein paar Tagen zugekommen, heute steht er in Verhandlung, heute ist das erstemal Gelegenheit über diesen Gegenstand zu sprechen und die Sonderbarkeit des Vorgehens und die Mangelhaftigkeit* des Berichtes zu markiren. Welte: Ich lasse mich in dieser Angelegenheit in eine Beweisführung darüber, wie nützlich diese Vermittlerämter in den Gemeinden sind, wenn sie in der Weise, wie es hier beantragt ist, errichtet 36 V. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II!. Session der 7. Periode 1892. werden, nicht ein, ich möchte blos constatiren, daß nachdem der Landes-Ausschuß mit Circular vom 29. Juli 1892 die einzelnen Gemeinden aufgefordert hat über die Wirkung der VermittlerÄmter Bericht zu erstatten, die Gemeinde-Vorsteher des Bezirkes Feldkirch sich bemüßiget fanden eine Versammlung abzuhalten, um eine so wichtige Sache allgemein zu besprechen. Bei dieser Versammlung war man nun allgemein der Ansicht, daß die Vermittler-Ämter, wenn sie mit obligatem Charakter ausgestattet wären, äußerst nützlich würden, indem durch dieselben viele Prozesse hintangehalten werden könnten — was Prozesse kosten, weiß ja Jeder selbst. Deshalb haben die anwesenden Gemeindevorsteher auch beschlossen an den hohen Landes-Ausschuß auf dessen Anfrage einhellig in diesem Sinn zu antworten. Speziell von unserer Gemeinde kann ich sagen, daß wir 19 Fälle gehabt haben, wo solche Streitsachen vor dem Vermittler-Amte zur Austragung kamen. Das ist allerdings eine Anzahl, welche nicht im Verhältnis zu der in Dornbirn steht, wo nur 17 Vergleiche vorgekommen sein sollen, aber gerade daraus ersieht man, , daß weiter entfernte Gemeinden ein viel größeres Bedürfnis fühlen, daß VermittlerÄmter mit obligatem Charakter ins Leben gerufen und recht lebenskräftig gestaltet werden, als solche Gemeinden, in denen sich der Sitz eines Gerichtes befindet. Jeder der nur Halbwegs die Einrichtung der Vermittler-Ämter, wie sie jetzt bestehen, kennt, wird sagen müssen, daß dieselben, wie sie jetzt sind, keinen großen Werth haben und erst dann in Blüte kommen, wenn sie in der Weise reformirt werden, wie es vom volkswirtschaftlichen Ausschüsse beantragt ist. Deshalb glaube ich, daß es für unser Land, besonders aber für die vom Sitze eines Gerichtes weiter entlegenen Gemeinden von großem Interesse sein wird, wenn die VermittlerÄmter durch Abänderung des Reichsgesetzes und des auf Grund dieser Abänderung reformirten Landesgesetzes in der Art, wie es vom volkswirthschaftlichen Ausschüsse beantragt wird, errichtet werden. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? — Wenn Niemand mehr das Wort ergreift, so ist die Debatte geschlossen. Herr Berichterstatter! Fink: Ich kann nur constatiren, daß meritorisch gegen den vorliegenden Bericht und namentlich gegen die Anträge nicht viel eingewendet, sondern selbst von jenen Herren, welche allerlei beanständet haben, zugegeben wurde, daß die Vermittler-Ämter in der Weise reformbedürftig seien, daß man ihnen mehr Rechte einräumt, wie dies vom volkswirthschaftlichen Ausschüsse durch seinen Antrag angestrebt wird. Es ist schon von Herrn Abgeordneten Martin Thurnher constatirt worden, daß es dem LandesAusschusse unmöglich gewesen ist eine Zusammenstellung der Äußerungen der einzelnen Gemeinden der hohen Landesvertretung in Vorlage zu bringen. Ich kann das nur bestätigen und noch weiter beifügen, daß mir, sobald ich in dieser Sache zum Berichterstatter gewählt worden war, vom Herrn Secretär die von den einzelnen Gemeinden eingelaufenen Berichte übergeben worden sind und daß damals noch nicht die Hälfte der Berichte eingelaufen war. Nach und nach sind mehrere Berichte eingelangt aber auch heute sind noch nicht alle da. Zur Zeit der Beschlußfassung des volkswirthschaftlichen Ausschusses über diese Angelegenheit haben noch sehr viele Berichte gefehlt und es war daher nicht möglich eine vollständige Zusammenstellung geben zu können. Ich habe alle von den einzelnen Gemeinden eingelaufenen Berichte gelesen und kann die Herren versichern, daß ich das Bild bekommen habe, daß von jenen Fällen, welche vor die Vermittler-Ämter gekommen sind, wenigstens 9O�% ausgeglichen wurden. Ich kann die Herren weiter versichern, daß die Vergleiche über Geldforderungen vor den Vermittler-Ämtern in den einzelnen Gemeinden sogar die Mehrzahl bilden, Vergleiche über Vermarkungen u.s.w. sind in diesen Gemeinden seltener vor den Vermittler-Ämtern geschlossen worden. Wie ich schon gesagt habe, konnte eine vollständige Zusammenstellung über die Wirksamkeit der VermittlerÄmter bis jetzt noch nicht gemacht werden, weil eben noch nicht alle Berichte eingelaufen sind, sobald dies jedoch der Fall sein wird, wird von Seite des Landes-Ausschusses der hohen Regierung sofort ein umfassender Bericht vorgelegt werden. Was nun die Frage bezüglich der Geldbeträge anbelangt, so geht schon aus der Beschlußfassung des oberösterreichischen Landtages hervor, daß man auch dort das Bedürfnis gefühlt hat Bestimmungen V. Sitzung des Vorarlberger Landtages. Ils. Session der 7. Periode 1892. 37 über die Exekutionsfähigkeit der vor den Vermittler-Ämtern geschlossenen Vergleiche zu haben. Wenn einmal ein Vergleich vor einem VermittlerAmte geschlossen wird, so muß er auch exekutionsfähig sein. Am besten dürfte uns aber die Aufforderung der hohen Negierung Aufschluß geben, nach welcher Richtung auch die Regierung eine Abänderung der Bestimmungen über die Vermittler-Ämter für dankbar hält und ich möchte mir erlauben den betreffenden Absatz mitzutheilen. (Liest:) „Unter diesen Mittheilungen erbittet sich das Justizministerium vom löblichen Landesausschüsse auch noch eine Aeußerung darüber, welche Ursachen seiner Meinung nach an einem etwa geringeren Prosperiren der Vermittlungs-Ämter im Lande Schuld tragen und welche organisatorischen, administrativen oder gesetzgeberischen Maßregeln der löbliche Landes-Ausschuß, — falls ihm eine Förderung der Institution der VermittlungsÄmter überhaupt wünschenswerth erscheint — nach den Verhältnissen des Landes als meisten geeignet halten würde, um die VermittlungsÄmter zur Erfüllung der ihnen bei ihrer Einführung zugedachten Aufgabe zu befähigen. Da auch in dieser Beziehung in den letzten Jahren Wünsche laut wurden, glaubt das Justizministerium namentlich auch noch die Frage zu stellen, ob der löbliche Landesausschuß die Übertragung einer streitigen Gerichtsbarkeit an ein aus Vertrauens-Männern aus der Gemeinde gebildetes Collegium oder die Ausstattung der VermittlungsÄmter mit prozeßrichterlichen Befugnissen für wünschenswerth und nach den Verhältnissen des Landes für zweckmäßig und ausführbar erachtet und in welchem Umfange etwa die Einführung einer solchen Gerichtsbarkeit statthaben könnte." Aus diesem erfleht man, daß die hohe k. k. Regierung wünscht, daß wir — ich glaube, es kann das gerade so gut der Landtag, wie der Landesausschuß thun — uns aussprechen, was für unser Land diesbezüglich zuträglich wäre. Bezüglich der Ursachen, warum die VermittlerÄmter heute nicht prosperiren geht aus den Mittheilungen der Gemeinden, welche bisher eingelangt sind, wenigstens so zu 95% hervor, daß alle darüber einig sind, daß die Vermittler-Ämter nur dann etwas nützen können, wenn sie obligatorischen Character haben. Es ist daher die Behauptung, die Vermittler-Ämter seien nicht volksthümlich, welche heute zwar nicht in dieser bestimmten Form gefallen ist, aber im Jahre 1883 von den damals anwesend gewesenen Juristen vorgebracht wurde, unrichtig und nicht zutreffend. Wir können nicht sehen ob die Vermittler-Ämter volksthümlich sind oder nicht, wenn die Partheien nicht zum Vermittler gehen müssen, wir können eben so gut sagen, wie damals Herr Dr. Ölz gesagt hat, die Advokaten sind auch nicht volksthümlich und doch lauft ihnen Alles nach. Ich glaube daher wir sollen uns nicht beirren lassen und den vom volkswirthschaftlichen Ausscuüsse gestellten Anträgen zustimmen. Ich kann Sie versichern, daß die Äußerungen in allen Gemeinden mit geringen Ausnahmen, vielleicht mit Ausnahmen jener, wo Advokaten oder Notare die Eingaben verfaßt, oder wo überhaupt keine Vermittler-Ämter bestanden haben, sich dem vorliegenden Anträge auf Reformirung der Vermittler-Ämter im Großen Ganzen anschließen. Ich möchte daher die Annahme dieser Anträge empfehlen. Landeshauptmann: Wir schreiten nun zur Abstimmung. Nachdem die Anträge 4 Punkte enthalten, so werde ich über jeden derselben separat abstimmen lassen. Dr. Waibel: Ich bitte um die Spezial-Debatte. Landeshauptmann: Nachdem alle 4 Punkte verschiedener Natur sind, ko kann diesem Wunsche entsprochen werden. Ich eröffne also über Punkt 1 die SpezialDebatte. Dr. Waibel: Ich glaube, daß die Bestimmung, welche hier vorgeschlagen wird, zu weit geht. Es heißt hier, die hohe k. k. Regierung wird dringend ersucht ehethunlichst eine Regierungsvorlage einzubringen, in welcher die Bestimmungen über die Vermittler-Ämter dahin geändert werden, daß dieselben mit obligatorischem Character in der Art ausgestattet werden, daß Vorladungen zwangsweise vollstreckt werden können." Ich glaube in der Praxis wird sich vielleicht nicht selten der 38 V. Sitzung des Vorarlberger Landtages. Ul. Session der 7. Periode 1892. Fall ereignen, daß es nothwendig wird, Personen | vor das Vermittleramt zu laden, welche nicht im Sitze desselben anwesend, sondern vielleicht weit weg sind. Es entsteht nun die Frage, ob die Vermittler-Ämter soweit gehen können den Partheien Verbindlichkeiten aufzuladen, welche mit Kosten und mitunter auch mit Gefahren verbunden sind. Die Vermittler-Ämter sollen ihren naturgemäßen Character bewahren, daß die Partheien persönlich vor denselben erscheinen können. Es kann aber der Fall vorkommen, daß von den. streitenden Partheien die eine vom VermittlungsAmte weit entfernt wohnt, und daß es ihr nicht I möglich ist, persönlich zu erscheinen; wie soll man es da machen? Sollen die Partheien verhalten werden können, persönlich zu erscheinen, was oft schwierig und kostspillig sein kann, oder können sie Vollmachtsträger schicken? Nachdem keine Advokaten angenommen werden, müßte zur Vertretung eine andere Person ausfindig gemacht werden, und wenn die Frage etwas kitzlich ist, wird es oft schwierig sein einen geeigneten Vertreter zu finden, auch ist es nicht immer sicher, ob man der Person, die als Vertreter geschickt wird, trauen kann. Entweder man nimmt bei dem VermittlerAmte die betreffende Person nicht an oder man vertraut ihr überhaupt nicht. Dieses soll nicht ganz übersehen werden. Es muß doch vorgesehen werden, daß nur solche Personen vor das Vermittler-Amt vorgeladen werden können, welche im Orte selbst anwesend sind oder wenigstens im Sprengel des Vermittler-Amtes wohnen. Ich würde daher beantragen nach dem Worte „können" einzusetzen: „jedoch nur gegen Personen, welche im Sprengel des VermittlerAmtes anwesend sind." Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? — Nägele: Ich glaube, daß man an dem Punkt 1, wie er von Herrn Berichterstatter beantragt wird, nicht rütteln soll, denn mit diesen ewigen Ausnahmen kommt man nicht zum Ziele. Wenn das Amt einmal da ist, so soll es auch die Befugnis haben, die Partheien vorzuladen, auch wenn sie weiter weg wohnen. Bei den Gemeinde-Vorstehungen ist dies ja auch der Fall, sonst könnte man in vielen Fällen auch nichts ausrichten. Wenn eine Parthei vor das Vermittler-Amt vorgeladen wird und der Vorladung nicht Folge geleistet werden muß, so wird man das Amt höchstens auslachen. Ein solches Amt verdient auch keinen Respect und kein Ansehen. Ich muß mich daher für die unveränderte Annahme dieses Punktes aussprechen. Martin Thurnher: Wenn Herr Dr. Waibel glaubt, dieser Punkt sei zu weit gehend, so dürfte das wohl nicht zutreffend sein, weil wir hier nur principielle Bestimmungen aussprechen, die Specialbestimmungen werden schon in dem bezüglichen eventuellen Gesetzesentwurfe von Seite der hohen Regierung Aufnahme finden. Wir dürfen wohl nicht fürchten, daß wir jetzt zu viel verlangen, es wird sicher auch von dem, was wir für durchführbar und erwünscht erachten, manches von der Regierung noch weggestrichen werden. Dr. Waibel: Gegen die Bemerkung des Herrn Nägele hätte ich zu sagen, daß ich eine Befürchtung wegen der Autorität der Vermittler-Ämter nicht habe. Es können ja Gemeinden genug sein, in denen solche Fälle gar nicht vorkommen. Wenn die Vermittler-Ämter für die Bevölkerung einer Gemeinde gut wirken, so genießen sie Ansehen genug und es wird ein einzelner solcher Fall deren Ansehen nichts schaden. Ich muß aber noch auf etwas anderes aufmerksam machen. Die Vermittler-Ämter bestehen in der Vorstellung, daß ihre Einrichtung so wenig als möglich kostet. Wenn Sie sich aber einen Fall mit einem Abwesenden denken, so werden die Vermittler-Ämter, wenn sie das Obligatorium haben, in manchen Fällen in die Lage kommen den betreffenden Prozeß sehr theuer zu machen. Ich nehme an, daß es gelingt auch für weitere Entfernungen das Obligatorium bei der hohen Regierung zu bekommen, nehmen Sie dann den praktischen Fall an, daß einer, der ziemlich weit vom Sitze des Vermittler-Amtes abwesend ist, vor dasselbe kommen muß oder mit großen Kosten einen Vertreter schickt, so steht es noch dahin, ob ein Vergleich zustande kommt. Kommt aber kein Vergleich zustande, und würde die Prozedur bei Gericht weiter fortgesetzt, so erwachsen zweimal Kosten, erstens beim Vermittler-Amte und zweitens bei Gericht. Ich glaube, daß es der Aufgabe der V. Sitzung des Vorarlberger Landtages. III. Session der 7. Periode 1892. 39 Vermittler-Ämter widerspricht, wenn durch diese Bestimmung solche Folgen erzeugt werden und darum kann ich von meinem Anträge nicht abgehen. Ich möchte doch den Herren anrathen die Sache nicht in der Weise zu beurtheilen, wie sie von den Gegnern meines Antrages beurtheilt worden ist. Nägele: Nach meiner Auffassung würde der von Herrn Dr. Waibel beantragte Zusatz, wenn er angenommen würde, in Widerspruch stehen mit der Bestimmung des Punktes 2, wo es heißt, daß jede Streitsache .... vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens dem Ausgleichsversuche vor dem Vermittleramte unterliegt. Nach dem Zusatzantrage des Herrn Dr. Waibel könnte man aber die Parteien nicht zwingen vor dem Vermittleramte zu erscheinen und es könnte dann, wenn die eine oder die andere Parthei nicht erscheint, auch ein Ausgleichsversuch vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens nicht gemacht werden. Ich kann mich daher mit dem von Herrn Dr. Waibel beantragten Zusatz nicht einverstanden erklären. Martin Thurnher: Ich beantrage Schluß der Debatte. Landeshauptmann: Es ist der Antrag auf Schluß der Debatte gestellt worden, ich ersuche daher, jene Herren, welche mit diesem Anträge einverstanden sind, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Vor Antrag auf Schluß der Debatte hat sich noch Hr. Dr. Waibel zum Worte gemeldet. Dr. Waibel: Ich kann der Anschauung des Herrn Abgeordneten Nägele nicht beistimmen. Ich finde da keinen Widerspruch. Ich sage mit meinem Zusatzantrage nicht, daß ein Abwesender nicht vorgeladen werden dürfe, ich sage nur, er kann nicht gezwungen werden zu kommen. Wenn nun von Seite des Obmannes des Vermittleramtes ein Termin gesetzt wird, bis zu welcher Zeit er zu kommen hat und er während dieser Zeit weder persönlich erscheint noch einen Bevollmächtigten schickt, so wäre dies einem gescheiterten Vergleiche gleich zu stellen, und der Fall käme dann vor Gericht. Ich finde also da gar keinen Widerspruch. Übrigens werden solche Fälle von gescheiterten Vergleichen nicht so selten vorkommen, nachdem es sich um ziemlich hohe Summen handeln kann und diejenigen, welche mit der Leitung des Vermittleramtes betraut werden, nicht immer das Vertrauen und die nöthigen Kenntnisse besitzen. Landeshauptmann: Die Debatte ist geschlossen und ich ertheile dem Herrn Berichterstatter das Wort. Fink: Es ist von Herrn Dr. Waibel hervorgehoben worden, daß bei den Vermittlerämtern keine Advokaten als Vertreter bestimmt werden können und es oft sehr schwierig sein könne, einen andern geeigneten Vertreter ausfindig zu machen. Gerade dieser Umstand scheint mir ein wichtiges Moment zu sein, warum man bei der Fassung des Punktes 1 der Anträge bleiben soll. Derjenige, der vom Sitze des Vermittleramtes weit entfernt ist und nicht persönlich erscheinen kann, kann einen Laien bevollmächtigen und auch der Gegenparthei steht es nicht zu, sich eines Advokaten zu bedienen. Man kann immer annehmen, daß die Partheien, wenn die Advokaten ausgeschlossen sind, sich in ihren Kenntnissen so ziemlich gleich gegenüber stehen, und es wird immer Jemanden geben, der die Vertretung einer Parthei übernehmen kann. Ich fasse die Sache mit diesen zwangsweisen Vorladungen nicht so schwierig auf, weil man nur Laien zur Vertretung zuläßt. Übrigens habe ich die gleiche Ansicht, wie der Herr Abgeordnete Martin Thurnher. Ich glaube auch, daß das nur so allgemeine Bestimmungen sind, daß die Regierung ein Reichsgesetz aufstellen wird und daß dann erst an die Landesversammlung die Aufgabe herantreten wird, ein spezielles Landesgesetz zu verfassen und die Landesvertretung kann dann die für das Land günstigen Bestimmungen in das Landesgesetz aufnehmen. Für jetzt glaube ich ist diese allgemeine Fassung ganz passend und ich empfehle den Punkt 1 zur unveränderten Annahme. Landeshauptmann: Ich schreite nun zur Abstimmung über Punkt 1 und zwar zunächst in der Fassung, wie sie der Herr Dr. Waibel beantragt, 40 V. Sitzung des Vorarlberger Landtages. Hl. Session der 7. Periode 1892. nämlich mit dem Zusatze nach dem Worten „können": „jedoch nur gegen Personen, welche im Sprengel des Vermittleramtes anwesend sind." Ich ersuche jene Herren, welche dieser Fassung des Punktes 1 die Zustimmung geben, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Es ist die Minorität. Nun kommt der Ausschußantrag zur Abstimmung, ich ersuche jene Herren, welche demselben zustimmen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Wir kommen nun zum 2. Punkt der Anträge und ich eröffne über denselben die Spezialdebatte. Wenn Niemand das Wort zu ergreifen wünscht, so ist dieselbe geschlossen und ich schreite zur Abstimmung. Jene Herren, welche mit dem Punkte 2 einverstanden sind, wollen sich gefälligst von den Sitzen erheben. Angenommen. Ich eröffne nun über Punkt 3 die Debatte. Dr. Waibel: Ich finde da gleich in den ersten zwei Hauptworten, welche in dem Anträge stehen einen sehr krassen Widerspruch: „Dem Vermittleramte soll die endgiltige Rechtsprechung eingeräumt werden. Ein Vermittleramt ist eben ein Amt, welches die Partheien zusammenruft und einen Ausgleich mit denselben zu Stande zu bringen sucht. Das ist die Definition von einem Vermittleramte. Hier haben wir aber ant einmal einen Justizhof vor uns mit endgiltiger Rechtsprechung. Nun, ich tröste mich mit der sicheren Erwartung, daß die hohe Regierung oder der Reichsrath einem solchen Anträge die Zustimmung nicht geben wird, das ist undenkbar. Es heißt hier „endgiltige Rechtsprechung, " es könnten also die Partheien, wenn sie mit der Rechtsprechung nicht zufrieden sind, nicht einmal mehr den ordentlichen Rechtsweg einschlagen. Das sind Dinge, die vor den ordentlichen Richter gehören und nicht vor Laien. Um Recht zu sprechen muß man vollständige Kenntnis des Rechtes, der Justizgesetze haben und wenn das nicht zutrifft, so tritt entweder ein beschränktes Urtheil oder Parteilichkeit ein. Weiter müssen