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Letzte Änderung 02.07.2021, 18:45
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp07,lts1892,lt1892,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 13. Sitzung am 28. März 1892. unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 19 Abgeordnete. Abwesend: die Herren Hochwürdigster Bischof Dr. Zobl und Wolf. Regierungsvertreter: Herr Statthaltereirath Graf St. Julien-Wallsee. Beginn der Sitzung um 10 Uhr 35 Min. Vormittags. Landeshauptmann: Die Sitzung ist eröffnet, ich ersuche um Verlesung des Protokolles der letzten Sitzung. . (Sekretär verliest das Protokoll der XII. Sitzung.) Hat einer der Herren gegen die Fassung des Protokolles eine Bemerkung zu machen? — Es ist dies nicht der Fall, ich betrachte somit dasselbe als genehmiget. Der Herr Abgeordnete Wolf hat sich brieflich wegen Unwohlsein für die heutige Sitzung entschuldiget, was ich bitte zur Kenntnis zu nehmen. Bevor wir zur Tagesordnung übergehen, möchte Ich den Herren eine Mittheilung machen, beziehungsweise einen Antrag daran knüpfen. Es hat in der vorigen Session die Walserthaler Straßen-Concurrenz an den hohen Landtag das Ansuchen gestellt um Erlassung eines Radfelgengesetzes und damals wurde zufolge Landtagsbeschlusses diese Angelegenheit dem Landesausschusse übertragen, welcher die betreffenden Gemeinden des Walserthales einzuvernehmen hatte, daß sie bestimmte Vorschläge machen. Erst vor wenigen Tagen ist nun eine detaillierte Zusammenstellung von Daten und Vorschlägen über diese Frage an den Landesausschuß gelangt und hat derselbe beschlossen die ganze Angelegenheit dem hohen Landtage in Vorlage zu bringen und zugleich die Dringlichkeit für diesen Gegenstand zu beantragen, so daß derselbe noch in der heutigen Sitzung zur Zuweisung an den Straßenausschuß gelangen könnte. Ich werde mir daher erlauben diesen Gegen126 XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/S2. stand am Schlüsse der heutigen Sitzung nochmals zur Behandlung zu bringen. Wir kommen nun zur Tagesordnung. Auf derselben steht als erster Punkt der Bericht des Straßenausschusses, betreffend die Umwandlung der Straße Lauterach-Bezau in eine Concurrenzstraße. Ich ersuche den Herrn Abgeordneten Fink gefälligst den Bericht vorzutragen. Fink: Nachdem der Bericht schon mehrere Tage in den Händen der Herren Abgeordneten und ziemlich umfangreich ist, so möchte ich beantragen, daß von der Verlesung desselben Umgang genommen wird und nur die Anträge verlesen werden. Wenn dagegen keine Einwendung erfolgen würde, so würde ich noch auf einige Druckfehler aufmerksam machen, welche im Berichte vorkommen. Landeshauptmann: Der Herr Berichterstatter beantragt von der Verlesung des Berichtes Umgang zu nehmen und nur die am Schlüsse gestellten Anträge zu verlesen. Wenn dagegen keine Einwendung erhoben wird, so nehme ich an, daß die Herren damit einverstanden sind. Ich ersuche nun zunächst die Anträge zu verlesen und dann die Druckfehlerberichtigung vorzunehmen. Fink: (liest aus Beilage XXXVII die Anträge.) Landeshauptmann: Ich bitte nun, die Berichtigungen vorzunehmen. Fink: Auf Seite 4, Absatz 3 kommt der Passus „sondern als ein gemeinschaftlicher Fond der Gesammtheit der Gemeinden" zweimal vor. Es hätte daher derselbe einmal zu entfallen. Auf Seite 196 des Berichtes im vorletzten Alinea heißt es „noch verschiedene andere Vorerhebungen", und soll heißen „verschiedener" und „anderer". Dann aus derselben Seite soll in der letzten Zeile statt „würden" „wurden" gesetzt werden. Auf der vorletzten Seite des Berichtes in der letzten Zeile des ersten Absatzes kommt das Wort „auf" vor; es soll richtiger heißen „auch". Auf der nämlichen Seite im zweitletzten Absatz muß nach dem Worte „selbst" eingeschaltet werden „auszusühren hätten, um sie", so daß der ganze Satz lauten würde.........„welche Bauten, die einzelne Gemeinden vor Übernahme der in ihrem Gebiete liegenden Theilstrecken auf die Concurrenz noch selbst auszuführen hätten, um sie in ordentlichen Stand zu setzen, " Landeshauptmann: Ich eröffne über den Bericht und die Anträge die Debatte. Wenn Niemand das Wort zu ergreifen wünscht, so ist dieselbe geschlossen. Wünscht der Herr Berichterstatter vielleicht etwas zu bemerken? Fink: Nein. Landeshauptmann: Dann schreite ich zur Abstimmung, und wenn das hohe Haus einverstanden ist, so werde ich beide Anträge unter einem zur Abstimmung bringen. Ich ersuche also jene Herren, welche den zwei gestellten Anträgen zustimmen wollen, sich gefälligst zu erheben. Angenommen. Der nächste Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht über den Antrag des Landesausschusses, betreffs Aufhebung des Gesetzes vom 26. Dezember 1879, womit die Vicinalstraße von der Bayenbrücke in Reute über Meltau, Schnepfau und Au nach Schoppernau in die Categorie der Concurrenzstraßen eingereiht wurde. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Dr. Schmid gefälligst den Bericht vorzutragen. Dr. Schmid: (liest den Bericht Beilage XL VII.) Landeshauptmann: Ich eröffne über den Bericht des Landesausschusses und über den Gesetzentwurf die Debatte. Fink: Ich bin selbstverständlich mit dem Berichte und dem Anträge ganz einverstanden, nur möchte ich noch beifügen, daß das Gesetz vom 26. Dezember 1879, womit also eine Concurrenzstraße I. Klasse beschlossen wurde, nie zur Ausführung kam. Schon die erste Anlage der Straße wurde nicht ausgeführt. Es dürfte das nämlich hauptsächlich auf Grund der Bestimmung des § 6 dieses Gesetzes geschehen sein, denn nach § 6 dieses Gesetzes wäre die Instandhaltung dieser Straße den Gemeinden überlassen worden, wie es bisher geschehen ist. Es wäre hienach jeder Gemeinde auch bei Errichtung der Concurrenz die Einhaltung der auf ihrem Gebiete befindlichen Theilstrecke selbst überlassen worden; da hat man aber eingesehen, daß daraus doch nichts Rechtes werden würde. Bevor man aber etwas besseres an Stelle dieser Bestimmung schaffen kann, muß dieses Gesetz aufgehoben werden, weshalb vom XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/92. 127 Ausschüsse der Antrag, wie er vorliegt, gestellt wurde, welchen ich zur Annahme empfehle. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? — Da dies nicht der Fall ist, so erkläre ich die Debatte für geschlossen. Hat der Herr Berichterstatter noch etwas beizufügen? Dr. Schmid: Nein. Landeshauptmann: Dann bitte ich in die Spezialdebatte einzugehen, und ich ersuche um die Verlesung des Artikels I. Dr. Schmid: (liest Artikel I.) Landeshauptmann: Wenn Niemand eine Bemerkung zu machen wünscht, so betrachte ich diesen Artikel als angenommen. Dr. Schmid: (liest Artikel II.) Landeshauptmann: Wenn auch hier keine Bemerkung erfolgt, so ist Artikel II auch angenommen. Dr. Schmid: (liest Artikel III.) Landeshauptmann: Artikel III — ist ebenfalls angenommen. — Ich bitte Titel und Eingang des Gesetzes zu verlesen. Dr. Schmid: (liest Titel und Eingang des Gesetzes.) Landeshauptmann: Wenn hiegegen keine Einwendung erfolgt, so betrachte ich auch Titel und Eingang des Gesetzes als angenommen. Martin Thurnher: Ich beantrage die dritte Lesung. Landeshauptmann: Der Herr Abg. Martin Thurnher beantragt die dritte Lesung dieses Gesetzentwurfes. Wenn keine Einwendung dagegen erfolgt, so betrachte ich diesen Antrag als angenommen und ich ersuche jene Herren, welche diesem Gesetzentwürfe, wie er vom Herrn Berichterstatter soeben verlesen worden ist auch in dritter Lesung die Zustimmung geben wollen, sich gefälligst zu erheben. Einstimmig angenommen. Wir kommen nun zum dritten Gegenstand der Tagesordnung, d. i. der Bericht des volkswirthschaftlichen Ausschusses über die Petition der Stickereigenossenschaft von Vorarlberg um eine Subvention aus Landesmitteln. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Johannes Thurnher gefälligst den Bericht vorzutragen. Johannes Thurnher: Es kommen jetzt zwei Gegenstände, welche die Stickerei betreffen, zur Verhandlung und es sind die Berichte hierüber sehr umfangreich. Der eine umfaßt 4 Seiten, und der andere 10 Seiten, so daß die Verlesung derselben eine sehr geraume Zeit und auch die schwache Lunge des Berichterstatters in großem Maße in Anspruch nehmen würde. Ich möchte mir daher erlauben, bei diesem kleineren Berichte den Antrag zu stellen von der Verlesung desselben und auch des nächstfolgenden Berichtes Umgang zu nehmen, um so mehr, als diese beiden Berichte bereits seit einigen Tagen in Händen der Herren Abgeordneten sich befinden. Ich würde mich daher mit Zustimmung des h. Hauses auf die Verlesung der in diesen Berichten gestellten Anträge beschränken. Landeshauptmann: Wenn gegen den Antrag des Herrn Berichterstatters auf Umgangnahme von der Verlesung der beiden nun zur Verhandlung kommenden Berichte keine Einwendung erfolgt, so nehme ich an, daß das h Haus damit einverstanden ist und ich ersuche den Herrn Berichterstatter nur die Anträge zu verlesen. Johannes Thurnher: (verliest die Antrage aus Beilage XLIX.) Im Anträge ad 2 hat sich ein Druckfehler eingeschlichen. Es sind nämlich die Worte „nicht mehr als mit 3% verzinst werden" zu streichen und dafür die Worte „mit mehr als 3% verzinst werden" einzusetzen. Landeshauptmann: Ich eröffne über den Bericht und die verlesenen Anträge die Debatte. Es hat sich zuerst Herr Dr. Waibel zum Worte gemeldet; ich ertheile ihm daher dasselbe. Dr. Waibel: Die Sticker Vorarlbergs werden mir das Zeugnis geben, daß ich ihren Interessen jederzeit die gehörige Aufmerksamkeit gewidmet und Zeit und Mühe für dieselbe nicht gespart habe. Ich sehe mich daher auch heute veranlaßt einige Bemerkungen zu machen. Ich muß von vornherein erklären, daß ich zu den allgemeinen Gesichtspunkten, zu welchen sich der volkswirthschaftliche Ausschuß hingeneigt hat, meine volle Zustimmung nicht geben kann und mir erlauben werde, dem h. Hause einen, wie ich glaube, ganz annehmbaren Antrag zu stellen, von ^dem ich weiter sprechen werde. Die Stickereigenossenschaft hat sich an das 128 XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. H. Session, 7 Periode 1891/92. Land gewendet mit der Bitte um eine Subvention, um ein Anlehen in der Höhe von 10.000 fl. Diese Bitte ist in vielen Kreisen, welche für die Stickerei ein lebhaftes Interesse haben, aufmerksam besprochen worden und ich habe aus verschiedenen Kreisen den Eindruck bekommen, daß diese Bitte einen recht günstigen Eindruck nicht hervorgebracht hat. Die Produktivgenossenschaft ist eine Geschäftsunternehmung, welche nicht blos mit Tausenden, sondern mit Millionen von Gulden im Jahre zu rechnen und zu Verkehren hat. Wenn ich mir nur z. B. vergegenwärtige, daß eine Anzahl von 1500 Stickmaschinen — soviel Maschinen heißt es, seien bei der Genossenschaft, ob es richtig ist, weiß ich nicht, es beißt da im Berichte 1300, nun das ist Nebensache — in Betrieb sind, und für 100 Stiche 20 Rappen bezahlt werden, und ich für jede Maschine 2000 Stiche per Tag annehme, so macht das allein schon in 6 Tagen, also in einer Woche, 36.000 Fr. Ich frage nun, was spielt ein Anlehen von 10.000 fl. gegenüber einem solchen Unternehmen für eine Rolle? Nun es ist wohl, ich will diese Seite nicht weiter berühren, vom volkswirthschaftlichen Ausschüsse das auch hervorgehoben worden. Ich ! habe den Sitzungen zweimal beigewohnt, und i mich überzeugen können, über die Ansichten, die j dort zu Tage getreten sind. Aus Gründen, welche ’ im Berichte aufgeführt sind und welche im Berichte nicht aufgeführt sind, ist der volkswirthschaftliche Ausschuß zu der Ansicht gekommen, daß es nicht wohl thunlich sei, mit einer Summe von 10.000 fl. so mir nichts, dir nichts, der Genossenschaft gewissermaßen ein Präsent zu machen. Es ist wohl auch die Rückzahlung vorgesehen, aber die Sicherung für dieselbe ist nirgends namhaft und ersichtlich gemacht worden. Der volkswirthschaftliche Ausschuß hat sich nun zu einem anderen Auswege entschlossen. Er hat zunächst einmal die Summe, i mit welcher das Land sich bei dieser Unternehmung ; zu betheiligen habe, von 10.000 fl. auf 2000 fl. herabgesetzt, und im Punkt 1 des Antrages heißt es, „der Stickereigenossenschaft — es sollte eigentlich heißen Stickereiproduktivgenossenschaft, denn Stickereigenossenschaften gibt es mehrere in Vorarlberg — von Vorarlberg wird als einmalige Unterstützung der Betrag von 2000 fl. aus Landesmitteln gewährt. Von einem Darlehen von 10.000 fl. geht man also ab, und giebt einem Unternehmen, welches, wie ich gesagt habe, mit Millionen von Gulden zu verkehren hat, eine Unterstützung, oder wenn Sie sagen wollen ein Almosen von 2000 fl. (Martin Thurnher: Ein ziemlich großes Almosen!) Ja, bei einem Geschäfte, das mit Millionen zu verkehren hat, ist das gewissermaßen eine Art Almosen. (Martin Thurnher: Wo stecken denn die Millionen?) Nun der volkswirtschaftliche Ausschuß hat allerdings für diese 10.000 fl. die Bedingung aufgestellt, daß dieselben zunächst zu Gunsten der armen Sticker verwendet werden sollen, aber der Weg, aus welchem diese 2000 fl. den armen Stickern zukommen sollen, ist ein außerordentlich weitläufiger. Erst dann, wenn die Produktivgenossenschaft in die Lage kommt, mehr als 3% Zins zu zahlen, tritt die Verbindlichkeit heran, für die armen Sticker jährlich 200 fl. zum Besuche der Stickereifachschule und für die Vornahme der nothwendigen Reparaturen von Maschinen auszugeben. Ich frage nun fürs erste, wann glaubt man, daß dieser Zeitpunkt eintritt? (Martin Thurnher: Vielleicht Heuer schon.) Ich weiß es nicht. Das ist eine offene Frage; es kann aber auch länger dauern. (Johann Thurnher: Jawohl, das weiß man eben nicht!) Zweitens glaube ich, daß diese 200 fl. — das ist der zehnte Theil von diesem Anlehen — eine außerordentlich geringe Summe sind, gegenüber den etwa 2000 Stickern, welche eine Unterstützung benöthigen würden. Es scheint mir aus diesem Grunde der Weg nicht ganz richtig zu sein. Die Herren waren auf dem Wege etwas Richtiges, etwas Annehmbares herzustellen, sie sind aber auf halbem Wege stehen geblieben. Ich bitte die Herren zu bedenken, daß außer den Mitgliedern, welche der Produktivgenossenschaft beigetreten sind, gewiß auch noch gegen 1000 Sticker, beziehungsweise Stickmaschinenbesitzer sind, welche noch nicht bei der Produktivgenossenschaft sich befinden und das sind gewiß nicht lauter wohlhabende Leute, sondern gerade unter denen befindet sich eine große Anzahl solcher, welche des Wohlwollens des Landes würdig sind. XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/92. 129 Meine Herren, es wird im Berichte auch | gesagt, man habe nachgeforscht, ob nicht in anderer Weise, als mit diesen 10.000 fl. die Anerkennung für die Selbstständigkeitsbestrebungen der Vorarlberger Sticker zürn Ausdruck gebracht und denselben eine zu den finanziellen Verhältnissen des Landes in einem besseren Verhältnisse stehende und leichtere Hilfeleistung gewährt werden könne. Das ist auch ein Gesichtspunkt, mit dem ich vollkommen übereinstimme. Wir haben schon vor 5 Jahren den Anfang gemacht, die Vorarlberger Stickerei darauf vorzubereiten, daß sie nach und nach eine selbstständige Stellung erlangen könne. In der großen Versammlung vom Oktober 1887 sind die Sticker schon darüber einig geworden, daß eines der ersten Mittel, dazu zu gelangen, die Errichtung einer Fachschule sei. Man hat sich alle Mühe gegeben eine solche Stickerei-Fachschule zu gründen und sie ist auch zu Stande gekommen. Um die Leute selbstständig zu machen gehört gewiß vor allein dazu, daß wir bestrebt sind — es ist dies schon in der Eingabe der Stickereigenossenschaft um die Fachschule selbst bemerkt — die Leute mehr befähiget zur Ausübung dieses Gewerbes zu machen und gerade die Fachschule ist berufen, diese Aufgabe zu erfüllen. Das Land hat auch eingesehen, daß die Fachschule diesem wichtigen Zwecke zu dienen hat und hat auch deswegen, so bald an dasselbe herangetreten wurde, namhafte Summen für die erste Einrichtung der Fachschule hergegeben und leistet für dieselbe überdies einen laufenden Jahresbeitrag. Nun das Geld, das auf diese Weise, der Schule bewilliget wird, dient zunächst nicht für die besonderen Bedürfnisse der Schule, sondern hauptsächlich dazu, die finanzielle Leistung des Staates zu erleichtern. Was vom Lande gegeben wird, muß der Staat weniger an laufenden Ausgaben für die Schule leisten. In so weit haben die Kreise der Sticker keinen Vortheil von den Schulbeiträgen des Landes. (Bösch: Doch!) Ich glaube nicht; wenn aber das Land, resp, die Landesversammlung von dem Gesichtspunkte ausgeht, die Stickerei des Landes dahin zu fördern, daß dieselbe möglichst auf eigene Füße gestellt wird, so sollte eben das Mittel, welches für diesen Zweck berufen ist, etwas anders ins Auge gefaßt und das was im Antrage sub 2 enthalten ist, etwas abgeändert werden. Die Stickerei-Fachschule wird seit ihrem Bestande, d. i. seit 1. Dezember v. J. regelmäßig sehr gut besucht. Jeder Curs ist auf die Dauer von einem Monat berechnet und jeder dieser Curse zählt eine Theilnehmerschaft von rund 15 Schülern, mehr können nicht ausgenommen werden. Es würde sogar besser sein, wenn diese Schülerzahl aus 10 oder höchstens 12 herabgesetzt würde. Wenn man nämlich den Unterrichtsvorgang an der Schule ins Auge faßt, so kommt man zur Einsicht, daß es besser wäre, wenn man mit der Schülerzahl unter 15 heruntergienge, weil die Zeit sehr kurz und der Lehrstoff compliciert ist. Außer den Stickern befinden sich an dieser Schule auch ebenso viele Schülerinnen für das Nachsticken. Es muß nämlich dahin getrachtet werden, daß nicht allein die Sticker ordentlich befähiget werden, damit sie thunlichst vollständige Arbeiten leisten, sondern es müssen auch, weil bei jeder Arbeit, sei es wegen des Stoffes, oder wegen der Maschinen, kleine Fehler sich einschleichen, Personen da sein, welche diese Fehler vollkommen richtig und sicher ausbessern. Es sind dies nämlich die Nachstickerinnen. Geschieht nun dieses Nachsticken nicht in der richtigen Weise, so werden, wie die Herren, welche mit diesem Geschäfte zu thun haben, wohl selbst wissen, die Arbeiten zurückgeworfen oder Abzüge gemacht. Darum ist auch die Heranbildung von Nachstickerinnen ein unbedingtes Erfordernis für die ganze Hebung der Stickerei. Bis jetzt waren die vier 4 Monatscurse voll besetzt und es sind auch für den nächsten Monat schon wieder Vormeldungen da und vielleicht für den Juni auch schon. Dies kann aber ein Ende nehmen oder vielleicht Störungen erleiden, weil der Besuch dieser Schule für die Theilnehmer nicht ohne Opfer ist. Vergegenwärtigen Sie sich folgendes: Die Sticker, welche diese Schule besuchen, sind meistens arme Leute und haben während der ganzen Dauer des Curses den Verdienstentgang, das wäre ein Punkt. Zweitens haben sie sich während dieser ganzen Zeit selbst zu unterhalten, haben also zum Verdienstentgang noch positive Auslagen. Wenn man dieselben gering anschlägt und die Ausgaben eines Mannes per Tag mit 1 fl. berechnet, so ist das für den Monatseurs eine effective Auslage von 30 fl. Der entgangene Verdienst ist mindestens eben 130 XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/92, so groß. Nicht gerade so hoch aber in ähnlichen Ziffern bewegen sich die persönlichen Opfer bei den Nachstickerinnen. Wenn Sie nun, meine Herren, die Bestrebungen nach Loslösung der Vorarlberger von Banden, die für sie unbequem und schädlich sind, fördern und überhaupt auf Ausbildung der Leute bedacht sein wollen, dann sollte man eben jetzt, wo die Klagen am allergrößten sind, helfen und nicht erst eine Hilfe von ein paar hundert Gulden für arme Sticker in ungewisse Aussicht stellen. Dieser Weg ist nicht ganz richtig. Sie waren auf dem Wege für die Landesgelder die richtige Verwendung zu inscenieren, aber Sie haben sich durch den Umstand, daß lediglich die Productivgenossenschaft um Unterstützung herangetreten ist, wieder vom richtigen Wege abbringen lassen und haben die übrigen Sticker, welche außerhalb der Productivgenossenschaft stehen und jedenfalls eine sehr große Ziffer bilden und der Unterstützung des Landes ebenso würdig sind, als die Mitglieder der Genossenschaft, die sich gewissermaßen in einem sicheren Verbände befinden, gänzlich übersehen. Ich hätte nichts dagegen, wenn man ein oder zwei Jahre lang weiter hinaufgehen und die Leute mit einer hohen Summe unterstützen würde; ich glaube, daß das für die Hebung der Stickerei das Allerwichtigste wäre und den größten Erfolg herbeiführen würde. Ich habe da berechnet, wenn man z. B. annimmt 150 Schüler besuchen im ganzen Jahre die Schule — 10 Monatscurse zu je 15 Schüler, giebt 150 Schüler, wovon angenommen die Hälfte Stipendisten sind und mit je 30, 20 oder 10 fl. unterstützt werden, so giebt das im Schuljahre circa 1800 fl. Wenn man dann auch noch die Nachstickerinnen berücksichtigt, so dürften die Stipendien, welche diesen gegeben werden, auch noch circa 1000 fl. ausmachen, kurz mit 2000 fl. werden Sie, wenn Sie in dieser Sache nutzbar eingreifen wollen nicht zuviel haben. Es kommt nun noch ein zweiter Umstand dazu. Es ist im Berichte auch vorgesehen, daß auf Reparaturen von Maschinen armer Sticker Bedacht genommen werden soll. Es ist dies auch vollkommen richtig und zu begrüßen. Die Reparaturen machen, wie ich mir von Fachleuten habe sagen lassen, in der Regel 60, 70 bis 80 Frs. aus. Viele Sticker sind nicht in der Lage sich diese Ausgabe zu erlauben, fretten sich mit einer fehlerhaften Maschine vorwärts, bringen mangelhafte Erzeugnisse zu Stande, haben Abzüge zu gewärtigen und dergleichen Calamitäten mehr. In dieser Richtung kann allerdings eingegriffen werden. Wenn man aber da ernstlich und zur rechten Zeit eingreifen will, jetzt wo die Nothlage der Sticker in der ganzen Welt proclamiert wird, so würde man für diese Aufgabe eine bedeutende Summe Geldes brauchen. Wenn Sie sich z. B. nur 100 Maschinen armer Sticker vorstellen, die in diesem Jahre repariert werden sollen, so kommen Sie, wenn Sie den Maschinenbesitzern nur mit dem halben Betrage bei springen wollen, auf die Summe von 2—3000 Frs. Wenn man anderswo, wo eine Nothlage vorhanden ist, wie z. B. in den Rheingemeinden, welche von so schweren Calamitäten getroffen wurden und auch anderen Districten des Landes entgegenkommt, so dürfte man sich wohl auch entschließen einem Industriezweig, wie die Stickerei einer ist, der sich hier eingelebt hat, in der Millionen von Kapital angelegt sind, 2000 fl. mindestens zuzuwenden. Es soll darum auch wohl erwogen werden, ob man nicht anders vorgehen soll, als in diesen Anträgen enthalten ist. Ich betrachte das, was in den Anträgen liegt, sehr gerne als eine Anregung zu der ganzen Sache und ich bitte die Herren, es nicht ungütig zu nehmen, wenn ich mir erlaubt habe, meine Ansicht dahin auszusprechen, daß in diesen Anträgen, nur eine halbe oder kaum eine halbe Hilfe liegt, sondern, daß die Sache anders in die Hand genommen werden sollte um der Stickerei in der richtigen Weise zu helfen. Wenn in diesem Sinne vorgegangen würde, wie ich angedeutet habe, so bin ich überzeugt, daß die Productiv-Genossenschaft sich nicht verletzt fühlen würde, denn die Mitglieder derselben würden, wenn nach den von mir vorgebrachten Gesichtspunkten vorgegangen würde, vollkommene Würdigung finden und alle anderen, welche nicht in der Productivgenossenschaft sind, dürften ihre Rechnung auch finden. Darum, glaube ich, daß die Productivgenossenschaft eine solche Erledigung nicht als eine Verletzung empfinden müßte. Was aber die anderen Sticker anbelangt, die auch Vorarlberger sind, die auch unsere Hilfe in Anspruch nehmen können, so bin ich überzeugt, daß diese eine solche Wendung, als einen weisen Act, als einen Act des Wohlwollens betrachten werden XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session 7. Periode 1891/92. 131 für den sie dem hohen Landtage gewiß dankbar sein werden. Um dem hohen Landtage diese Correctur, wenn ich so sagen will, möglich zu machen, giebt es einen einfachen Weg, der in solchen Fällen eingeschlagen wird — andere Parlamente machen es auch so — man verweist den Gegenstand noch einmal an den Ausschuß zur neuerlichen Berathung und Erwägung dessen, was vorgetragen worden ist, zurück, und dann werden wir reifere Anträge bekommen. Ich glaube, Sie sollten im Interesse der Sache auf diesen Antrag, der nicht bindend ist, sondern blos Gelegenheit giebt, die Sache nochmals in Erwägung zu ziehen, eingehen. Ich wurde in diesem Falle dem Ausschüsse jedenfalls empfehlen, zur weiteren Berathung zwei Männer beizuziehen, welche in der Lage sind, über diese Frage eine sehr competente Auskunft zu geben und mit ihren Rathschlägen sehr wirksam beispringen könnten. Das wäre der Leiter der Stickereifachschule in Dornbirn. Dieser könnte Ihnen sagen, aus welchen Kreisen, die Schule bereits besucht worden ist und was für eine Wirkung es haben dürfte, wenn die Stickerei-Interessenten in dieser Weise unterstützt würden. Dann der Sekretär der Handelskammer in Feldkirch, Dr. Carus. Dieser wird gewiß gerne bereit sein, den Herren mit seinen Kenntnissen in dieser Sache beizustehen. Daß er der Sache gründlich nachstudiert und dieselbe gründlich ins Auge gefaßt hat, im Lande Vorarlberg, davon können Sie sich überzeugen, aus seinen Auseinandersetzungen die im Berichte über den nächsten Gegenstand der heutigen Tagesordnung enthalten sind. Im Berichte über den nächsten Gegenstand beginnt sein Bericht auf der zweiten Seite und läuft bis zur letzten Seite. Alles, was in diesen 4 Blättern enthalten ist, ist Arbeit des Herrn Handelskammersekretärs Dr. Carus und wenn Sie von diesem Berichte genau Einsicht nehmen, so werden Sie finden, mit welcher Gründlichkeit die Erhebungen angestellt wurden, und welch genaue Einsicht, Dr. Carus sich in dieser Sache verschafft hat. Diese Persönlichkeiten also, die in so vorzüglicher Weise berufen sind, über die Stickerei im Lande, ihr Urtheil abzugeben, weil ihnen die dazu nöthigen Kenntnisse zur Seite stehen, sollte man zu den Berathungen beiziehen. Wenn Sie es vielleicht sonderbar finden, daß gerade ich in dieser Weise für den Besuch der Stickereischule spreche, so kann ich mich dazu legitimieren durch das Statut der Fachschule für Maschinenftickerei. In diesem Statut ist ein Fachschulausschuß vorgesehen, an dessen Spitze der Vorsteher oder Bürgermeister des betreffenden Ortes berufen wird. Der § 5 dieses Statutes sagt: „Dem Fachschulausschusse obliegt es überall und jederzeit die Interessen der Fachschule zu wahren, die wechselseitigen Beziehungen von Schule und Gewerbe anzubahnen und zu vermitteln. Wünsche, welche Industrielle und Gewerbe bezüglich der Fachschule hegen hat er zur Kenntnis des Schulleiters und umgekehrt die Bedürfnisse der Fachschule zur Kenntnis der Industriellen und der Gemeinde zu bringen und so einerseits erhöhte Theilnahme an dem Gedeihen der Anstalt zu wecken, anderseits aber die Aufrechterhaltung einer kräftigen Disciplin, sowie ein fruchtbares Zusammenwirken von Schule, Haus- und Gewerbe zu ermöglichen. Dem Schulausschusse obliegt es ferner, darüber zu wachen, daß die Bestimmungen des Statutes, des Lehrplanes der Schul- und Disciplinar-Ordnung nicht verletzt und die Localitäten im ordentlichen Stande gehalten werden und hat er für die Beischaffung von Fonds, für Stipendien und Schülerbibliothek Sorge zu tragen Ich glaube nun, in diesem Sinne als Vorsitzender dieses Fachschulausschusses gesprochen zu haben, wenn ich die Interessen der Schule und der Stickerei als zusammen gehörig hin gestellt und zur Erwägung empfohlen habe. Mein Antrag würde nun folgendermaßen lauten: „Der hohe Landtag wolle beschließen, der Gegenstand wird zur neuerlichen Berathung an den volkswirtschaftlichen Ausschuß zurückverwiesen." Landeshauptmann: Ich bitte mir diesen Antrag schriftlich zu übergeben. Bösch: Ich habe gegenüber den Ausführungen meines geehrten Herrn Vorredners, wenn ich ihn richtig verstanden habe, einige Bemerkungen zu machen. Der Herr Vorredner sagt nämlich, es seien viele Sticker noch außer der Genossenschaft, welche ebenfalls einer Unterstützung sehr würdig seien. Das ist ganz richtig. Nach meiner Ansicht hat sich aber der volkswirthschaftliche Ausschuß an das Petitum zu halten gehabt, welches von der Stickereigenossenschaft dem hohen Landtage in Vorlage gebracht und von diesem dem 132 XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session, 7. Periode 1891/92. Volkswirthschaftlichen Ausschüsse zur Vorberathung und Berichterstattung übergeben worden ist. Ich würde es allerdings gerne sehen, wenn auch die Sticker, die außerhalb der Productivgenossenschaft sind, eine ausgiebige Unterstützung vom Lande erhalten würden, ich hoffe aber, daß diese Sticker im Laufe der Zeit auch der Genossenschaft beitreten und dann hätten sie den gleichen Anspruch auf Unterstützung wie diejenigen, welche bereits beigetreten sind. Der Herr Vorredner hat auch gesagt, daß die Sticker durch die im Punkte zwei vorgesehene Unterstützung keinen Vortheil haben, den Vortheil hiebei haben nur die Staatsfinanzen. Damit kann ich mich nicht einverstanden erklären. Ich habe dazu nur zu bemerken, daß jenen Stickern, welchen Unterstützungen gegeben werden, dieselben insoferne auch zugute kommen, als sie damit die Verluste, die sie durch den Besuch der Stickereifachschule erleiden, wenigstens theilweise decken können. Sie werden mit diesen Unterstützungen vielleicht das Kostgeld bezahlen können. Ich hätte es recht gerne gesehen, wenn der volkswirthschaftliche Ausschuß sich in seinen Anträgen etwas mehr zu Gunstender Genossenschaft hätte aussprechen können. Ich glaube, daß der volkswirthschaftliche Ausschuß bestrebt gewesen ist, diesen Gegenstand, so gut die Finanzen des Landes es erlaubten, zu Gunsten der Sticker zu erledigen. Wenn die Stickereigenossenschaft gedeiht, so werden vielleicht auch später noch Wege offen stehen, sie weiter zu unterstützen. Ich bin der Ansicht, daß dies nicht die letzte Hilfe ist, welche man armen Stickern zukommen läßt. Ich kann mit Befriedigung mittheilen, daß sich durch die Gründung dieser Stickereigenossenschaft im Allgemeinen im Lande Vorarlberg eine Besserung der Arbeiten fühlbar macht. Nicht blos in Dornbirn, sondern auch in andern Gemeinden ist man auf dem Gebiete der Stickereifachschulen thätig. In Lustenau z. B. sind jetzt schon seit Neujahr zwei Curse errichtet worden, welche jedoch allerdings nicht den Werth haben, wie die Stickereifachschule in Dornbirn, weil sie nicht practisch durchgeführt, sondern nur theoretische Fragen erörtert werden. Trotzdem werden aber diese Curse — es sind Abend-Curse, von 40 bis 50 Stickern und Fädlerinnen besucht. Allerdings würden Manche, die diese Curse besuchen, lieber die Fachschule in Dornbirn besuchen, aber leider fehlen ihnen die Mittel hiezu, sie sind nicht in der Lage die Zeit zu verlieren und den Verdienst zu entbehren. Hoffentlich wird aber die Lage der Sticker mit der Zeit sich wieder günstiger gestalten, wenn einmal in Folge der Stickereifachschulen die Ausbildung der Sticker eine verbesserte fein wird. Es wird dann eine bessere Arbeit geboten werden und die Sticker Vorarlbergs werden seinerzeit den Schweizern ebenbürtig werden. Man wird dann vielleicht den Vorwurf, den man jetzt von Seite der Schweizer oft hören muß, die Vorarlberger seien nicht leistungsfähig, die Schweizer allein seien quasi als Sticker geboren, nicht mehr hören müssen. Wie gesagt, ich wäre vollkommen einverstanden und würde es auch sehr gerne sehen, wenn die hohe Landesvertretung der Stickereiproductivgenossenschaft recht thatkräftig unter die Arme greifen könnte, allein bei den obwaltenden Verhältnissen, wo die Finanzen des Landes cs nicht erlauben, dorthin wo die Stickerei am meisten ausgedehnt ist, nämlich tut Rheinthale große Opfer zu bringen, so muß ich mich dem Anträge des volkswirthschaftlichen Ausschusses anschließen. Es ist zwar die Stickerei tut ganzen Lande ausgedehnt, aber am meisten ist sie tut Rheinthal verbreitet, und wenn man die Unterstützungen größtentheils den Stickern tut Rheinthale zu wend en würde, so würde man sagen, man kann gegenwärtig doch nicht alles dem Rheinthale geben. Ich stimme also dem Anträge wie er vom Ausschüsse gestellt worden ist, bei, in der Hoffnung, daß, wenn später wieder einmal von Seite der Stickereiunternehmung an die hohe Landesvertretung eine Bitte um Unterstützung gelangen wird, dieselbe eine solche Bitte nicht unerhört läßt. Fink: Nach meiner Ansicht Hai der Herr Vertreter der Handels- und Gewerbekammer trotz der gütigen Worte die er der Stickereigenossenschaft geredet hat, derselben in mancher Beziehung durch seine Ausführungen keinen guten Dienst erwiesen, nämlich dort, wo er gesagt hat, man soll nicht bloß 200 st., sondern höhere Beträge hinaus geben. Wir sind von der Ansicht ausgegangen, daß, so lange die Stickereigenossenschaft ihre Actien nicht 3�% verzinsen kann, ihr gar nichts gegeben werde, wenn sie dieselben mit 3% verzinsen kann, sollen in einem Jahre 200 fl. gegeben werden, wenn dann tut nächsten Jahre die Antheilscheine nicht XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/92. 133 mehr mit 3% verzinst werden, so hätte man doch noch 1800 fl. für sich. Weiter glaube ich, war es auch nicht ganz im Interesse der Stickerei Vorarlbergs, daß er gesagt hat, man soll auch die Sticker, die außerhalb der Genossenschaft sind, unterstützen, so wünschenswerth dies auch wäre. Ich glaube, wenn man die Unterstützung, welche das Land den Stickern geben kann, nur an diejenigen Sticker geben, welche in der Genossenschaft sind. Dadurch, daß man die Genossenschaft unterstützt, werden die Sticker dazu kommen der Genossenschaft beizutreten. Ich glaube, daß wir nur durch die Unterstützung der Genossenschaft allein derselben einen guten Dienst erweisen. Wenn die Finanzen des Landes es erlauben würden, so wäre ich auch dafür, der Genossenschaft mehr zu geben. Über Hunderttausende und Millionen verfügen wir aber nicht, daß man mit größeren Beträgen als sie beantragt sind beispringen sollte, wenn man könnte, damit wäre ich schon einverstanden. Ich glaube, daß auch die anderen Sticker, welche nicht in der Genossenschaft sind, derselben auch beitreten werden, wenn wir nur die Genossenschaft unterstützen. Solange aber die Schweiz kommt und sagt wir geben den Stickern, welche außerhalb der Genossenschaft sind mehr Lohn, so daß sie besser stehen als diejenigen, welche der Genossenschaft angehören, solange haben wir auch kein Interesse, die andern Sticker zu unterstützen. Ich glaube, daß es das größte Interesse für uns ist nur den Stickern, welche der Genossenschaft angehören, aufzuhelfen, das ist meine Ansicht. Mart. Thurnher: Die Auseinandersetzungen des Herrn Abgeordneten Dr. Waibel wären ganz zutreffend und passend, wenn es sich hier um einen im hohen Hause eingebrachten selbstständigen Antrag handeln würde, dahingehend, wie der Stickerei in Vorarlberg aufgeholfen werden könnte. Wenn nichts anderes vorläge, würde wohl der von Dr. Waibel vorgeschlagene Weg der geeignete sein, nämlich daß man auf die Schaffung von Stipendien für solche, welche die Stickereischule besuchen, dann auf die Unterstützung armer Sticker für Herstellungen und Reparaturen ihrer Maschinen ohne Rücksicht darauf, ob sie dem Stickereiverbande angehören oder nicht, bedacht nehmen würde. Der Gegenstand ist aber in anderer Weise zur Berathung in diesem hohen Hause gelangt, nämlich durch die Eingabe der Stickereigenossenschaft, und zwar hat diese Stickereigenossenschaft aus dem Grunde die Hilfe des Landes in Anspruch genommen, damit das Land, indem es dieselbe einer Unterstützung würdig erachtet, sich dafür ausspreche, daß dasselbe sich mit dem Zweck und den Zielen der Genossenschaft im Einklänge befinde, und daß dadurch das Vertrauen gegenüber derselben nach Außen gestärkt und gehoben werde. Da uns nun dieses Gesuch vorliegt, konnte der volkswirthschaftliche Ausschuß nicht einen solchen Seitensprung machen und dieses Gesuch ganz übergehen. Man mußte mit den gegebenen Thatsachen rechnen. Nachdem es sich hier nicht so fast um die Höhe der Summe handelt, sondern nur um einen Act des Vertrauens, daß das Land mit den Bestrebungen dieser Genossenschaft einverstanden sei, so glaubte der volkswirthschaftliche Ausschuß mit Rücksicht auf die Finanzen des Landes von der Summe von 10000 st., wie sie im Gesuche bezeichnet wurde, Abstand nehmen zu müssen, und wohl auch mit Recht. Nun hat man aber mit der Zuwendung dieser 2000 fl. nicht etwa die Productivgenossenschaft als solche bereichern wollen, sondern man wollte mit der Zuwendung der 2000 st., wie ich schon früher auseinander setzte, nur einen Act des Vertrauens geben, dabei aber doch auch in dem Sinne wirken, wie Herr Dr. Waibel ausführte, nämlich die ärmsten Sticker zu unterstützen. Es wäre schon recht, wenn diese Unterstützung in einem etwas rascheren Tempo vor sich gehen könnte, als es nach den Anträgen des volkswirthschaftlichen Ausschusses der Fall ist, und ich wäre sehr geneigt, und ich glaube vielleicht im Sinne der übrigen Mitglieder des volkswirthschaftlichen Ausschusses zu handeln, wenn ich noch einen bestimmten dahingehenden Antrag einbringe, daß man die den armen Stickern zuzuwendenden Beträge erhöhen sollte. Es würde dadurch den Auseinandersetzungen des Herrn Dr. Waibel auch einigermaßen entsprochen werden, wenn man beschließen würde: „jedesmal einen Betrag von 400 st. zu dem Zwecke zu verwenden u.s.w. Weiter glaube ich, kann man auf die Anregungen Dr. Waibels nicht eingehen. Denn wenn man das ausführen wollte, was er wollte, dann müßte man 134 XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1L91/92. eine Belastung des Landes auf eine Reihe von Jahren hinaus in Aussicht nehmen. Wenn wir heute darauf nicht eingehen, so ist damit nicht gesagt, daß man künftighin nichts mehr thun werde, aber heute schon eine größere, auf eine Reihe von Jahren hinausgehende Belastung zu beschließen, würde ich nicht für rathsam halten. Übrigens habe ich die Ansicht, daß die Productivgenossenschaft mit der Betheilung armer Sticker nicht solange zuwarten wird, bis sie eine gewisse Verzinsung ihrer Actien in Aussicht nehmen kann, sondern daß sie eine solche Zutheilung früher vornehmen werde. Die Genossenschaft wird die Sache sicher auch in dem Sinne auffassen, daß ihr die 2000 fl. mehr als Act des Vertrauens zugewendet werden. Aus diesen Gründen glaube ich daher die Anträge des volkswirthschaftlichen Ausschusses, wie sie vorliegen, zur Annahme empfehlen zu sollen. Rur sollen die jährlich an arme Sticker zu verwendenden Beträge von 200 fl. auf 400 st. erhöht werden, wodurch auch der ausgesprochenen Ansicht eines der Herrn Vorredner in weitestgehender Weise entgegenkommen wird. Dr. Waibel: Ich befürchte doch nach den Auseinandersetzungen die die Herren gemacht haben, daß eine einseitige Begünstigung jener Sticker beabsichtiget wird, welche der Stickereiproductivgenossenschaft angehören. Das wird offen ausgesprochen. Ich glaube aber, daß dieser Standpunkt nicht der richtige sei. Ich sehe nicht ein, mit welchem Rechte man hier blos die der Genossenschaft angehörigen Sticker unterstützt. Wir müssen es den Gewerbetreibenden aller Branchen überlassen, wie sie ihre Geschäfte am besten machen können. Ebenso gut glaube ich, müssen wir es den Stickern überlassen, jedem einzelnen, ihren Vortheil dort zu suchen, wo sie ihn zu finden glauben. Die einen glauben in der Productivgenossenschaft den besten Schutz zu finden, die andern und das sind gegenwärtig noch viele, sind der Ansicht und wollen das wahrscheinlich ziffermäßig mit den Löhnen in der Hand beweisen, daß sie auf einem andern Wege ihren Erwerbszweck besser erreichen. Unsere Aufgabe kann nach meiner Ansicht .nur die sein, im Allgemeinen das Bestreben zu unterstützen, welches dahin geht, die Leute für die Arbeit fähig und selbstständig zu machen, und nur in dieser allgemeinen Richtung glaube ich, werden die Landesmittel auch richtig verwendet. Eine einseitige Verwendung sollte, glaube ich, nicht stattfinden. Man schafft sich dadurch Präcedentien, die wieder weitere Folgen haben werden. Der Umstand, daß von anderer Seite ein Antrag auf Unterstützung nicht vorliegt, daß lediglich von der Productivgenossenschaft ein solcher eingebracht wurde, das, glaube ich, könnte ein Hindernis nicht sein, indem von mir angedeuteten Sinne vorzugehen, daß alle Kreise berührt werden, und ich habe schon gesagt, die Herren haben ja ausdrücklich im Berichte mit gesperrten Lettern ausgedrückt, daß man nur die armen Sticker damit unterstützen wolle. (Martin Thurnher: das geschieht auch.) Die einen können dann unterstützt werden, und die andern, die auch Landeskinder sind und auch nach dem täglichen Brode streben, die finden dann ihre Rechnung auch. Wenn gesagt wird, daß es sich hier mit diesen 2000 fl. darum handle dieser Productivgenossenschaft Ansehen zu verschaffen u.s.w., so glaube ich, es ist dieser Weg, das Ansehen zu erhöhen, nicht ganz richtig gewählt. Ich habe schon am Eingange meiner Auseinandersetzungen gesagt, daß ein Gewerbsunternehmen, welches mit Millionen zu rechnen hat, eine solche kleine Summe wohl nicht als eine wirkliche Unterstützung ansehen kann. Sie haben das ja selbst empfunden, meine Herren, im volkswirthschaftlichen Ausschüsse, und haben deswegen gesagt, dieser Betrag sei eigentlich nur für arme Sticker bestimmt. Bleiben sie bei diesem Gedanken und führen sie denselben richtig aus; dann haben sie das Rechte getroffen. Wenn sie aber blos 2000 fl. in eine Kasse hineingeben, deren innere Einrichtung wir nicht kennen, so halte ich das nicht für richtig. — Ich glaube nicht, daß ich mit dieser Auffassung Widerspruch erfahren werde. Nägele: Ich bin zwar im Stickereiwesen nicht besonders informiert, und kenne die Sache etwas wenig. Aber wie mir die Sache einleuchtet, begrüßt man die Entstehung dieser Productivgenossenschaft aus dem Grunde, weil man meint, daß die Stickerei in Vorarlberg damit auf eigene Füße zu stehen komme. Wenn nun meine Ansicht XIII. Sitzung des Vorarlberger- Landtages. II. Session, 7. Periode 189192. 135 die richtige ist, daß das Streben dahin geht, die Vorarlberger von der Schweiz unabhängig zu machen, so glaube ich fest, es wäre nicht opportun, wenn man auch jene Sticker unterstützen würde, welche noch an der Schweiz hängen. Ich glaube daher, daß man diejenigen Sticker unterstützen soll, welche der neuen Productivgenossenschaft angehören, welche den Zweck hat, Vorarlberg auf eigene Füße zu stellen, und die anderen nicht. Bö'ch: Ich habe eigentlich das Gleiche sagen wollen, was Herr Vorsteher Nägele in dieser Sache bereits angeführt hat. Man hat sich schon jahraus jahrein mit der Errichtung einer solchen Productivgenossenschaft in Vorarlberg den Kopf zerbrochen und hat nur in der Gründung einer solchen Genossenschaft noch die Ausflucht gefunden, um Vorarlberg seinerzeit von der Schweiz mehr oder weniger unabhängig zu machen. Heute beabsichtigen, wie ich aus ziemlich sicherer Quelle vernehme, die Schweizer Fabrikanten diejenigen Sticker, welche in die Genossenschaft nicht eingetreten sind, dadurch auf ihren Boden zu locken, daß sie Waaren herübergeben und Löhne bezahlen, welche sie in der Schweiz nicht bezahlen. Sie suchen dadurch der Productivgenossenschaft ihre Mitglieder zu entziehen. Es wird sich dadurch mancher Sticker verleiten lassen und besonders jene Sticker, welche ohnehin in bedrängter Lage sind. Heute ist ein Solcher Genossenschaftsmitglied, morgen aber, wenn ihm ein Anderer etwas Besseres bietet, wie er glaubt, wendet er sich diesem zu. Es ist das aber, wenn es vorkommt, sehr schädlich und kann dies nur deshalb geschehen, weil der Betreffende eigentlich nicht weiß, um was es sich handelt. Der Schweizer bietet ihm vorübergehend etwas Besseres, um ihn später wieder in seine Unterthänigkeit und in seine Gewalt zu bringen. Nur deshalb geschieht das. Nach meiner Ansicht soll man diejenigen Sticker, die heute noch an der Schweiz hängen, da sie von derselben momentan einige Rappen mehr verdienen, wenn von Seite der Genossenschaft genügend Arbeit vorhanden ist und ausgegeben wird, zurückweisen, denn dafür könnte ich nicht eintreten, daß für solche noch eine Unterstützung aus Landesmitteln gewährt werde, damit sie fähig werden, das Unternehmen, das allgemein im Lande begrüßt wird, wieder zu untergraben. Wenn man die Sticker Vorarlbergs, welche der Genossenschaft nicht beitreten, besser ausrüstet, so würde ich darin nur eine Untergrabung der Genossenschaft erblicken und könnte daher für die Ansicht, welche Herr Dr. Waibel ausgesprochen hat, absolut nicht eintreten. Jetzt heißt es einmal sich auf eigene Füße stellen und das war schon lange ein Wunsch der Sticker. Es giebt also nur Eins und ein Zweites gibt es nicht: Entweder für die Genossenschaft eintreten, oder dieselbe wieder verdrängen, d. h. ihr soviel als möglich den Boden entziehen und den Schweizern wieder in ihre Kasse arbeiten. Das ist nach meiner Ansicht dasjenige, was man thun würde, wenn man die Sticker, die außer der Genossenschaft sind und wieder für die Schweizer arbeiten, unterstützt, damit diese um so thatkräftiger an der Untergrabung der Genossenschaft arbeiten können. Welte: Ich habe nur einige Bemerkungen zu machen. Es ist mir nämlich vorgekommen, als ob Herr Dr. Waibel meint, man hätte bei Verhandlung dieses Gegenstandes in dem betreffenden Ausschüsse, wo auch ich Mitglied bin, nicht die nöthige Vorsicht und Energie beobachtet. Es ist das wohl nicht der Fall, man hat dem Gegenstände die möglichste Aufmerksamkeit geschenkt; es wurden ja bekanntlich Fachpersonen eingeladen, welche im volkswirtschaftlichen Ausschüsse in dieser Angelegenheit mitwirkten. Das ist doch ein Beweis, daß die Sache strenger genommen wurde, und daß das, was Herr Dr. Waibel erst wünscht, schon geschehen ist. Es ist daher nicht mehr nöthig, die Sache noch einmal an den Ausschuß zurückzuweisen, was ein Mißtrauensvotum gegen den Ausschuß wäre, wofür ich nicht eintreten könnte. Was übrigens die Stickerei anbelangt, die Aushilfe derselben, so ist klar, daß das eine Landesangelegenheit ist. Wenn aber hingegen die finanzielle Lage des Landes in Betracht kommt, so muß man auch sagen, daß wir nicht so eingreifen können, wie wenn in die Kasse eines Rothschild gegriffen werden dürfte; denn die Landeskasse ist ja schwach. 136 XIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/92. Es wäre gewiß jedes Mitglied des Ausschusses bereit gewesen, wenn nur möglich eine viel größere Summe zu beantragen, damit dieselbe einstweilen der Productivgenossenschaft selbst und schließlich den einzelnen armen Mitgliedern zu gute kommen könnte. Deswegen soll dermalen was möglich ist geschehen,