18920401_lts015

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Letzte Änderung 02.07.2021, 18:44
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp07,lts1892,lt1892,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 15. Sitzung am 1. April 1892. unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. gegenwärtig 16 Abgeordnete. Abwesend: die Herren Hochwürdigster Bischof Dr. Zobl, Dr. Beck, Büchele Fritz und Wolf. Regierungsvertreter: Herr Statthaltereirath Graf St. Julien-Wallsee. Beginn der Sitzung um 10 Uhr 15 Min. Vormittags. Landeshauptmann: Die Sitzung ist eröffnet, ich ersuche um Verlesung des Protocolles der letzten Sitzung. — (Sekretär verliest dasselbe.) Wird gegen die Fassung des Protocolles eine Einwendung erhoben? Es ist dies nicht der Fall, somit betrachte ich dasselbe als genehmigt. Der Herr Landeshauptmannstellvertreter Dr. Beck hat sich telegraphisch für die heutige Sitzung wegen unaufschiebbarer, dringender Berufsgeschäfte entschuldiget. Ebenso theilte der Herr Abgeordnete Wolf mit, daß er wegen seines noch nicht vollständig geheilten Halsleidens die heutige Sitzung nicht besuchen könne. Außerdem haben die Verhinderung am Erscheinen bei der heutigen Sitzung mündlich angezeigt der Herr Abgeordnete Fritz, der bei der Assentierung in Bezau zu thun hat und der Herr Abgeordnete Büchele, welcher erkrankt ist. Wir kommen nun zur Tagesordnung. Der erster Gegenstand derselben ist d er Bericht des landtäglichen Finanzausschusses über das Gesuch des Vorarlberger Fischerei-Vereines um eine Subvention aus Landesmitteln. Nachdem der Herr Berichterstatter Büchele nicht anwesend ist, so ersuche ich einen anderen Herrn des Finanzausschusses, vielleicht den Herrn Abgeordnete n Greißing den Bericht und Antrag zu verlesen. Greißing: (liest den Bericht, Beilage XLV.) Landeshauptmann: Ich eröffne über diesen Bericht und Antrag die Debatte. Wünscht Jemand hiezu das Wort? — Da dies nicht der Fall ist, so erkläre ich 170 XV. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/92. dieselbe für geschlossen und bringe den vom Finanzausschüsse gestellten Antrag zur Abstimmung. Ich ersuche jene Herren, welche diesem Anträge die Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Der zweite Gegenstand ist der Bericht des volkswirthschaftlichen Ausschusses über das Gesuch der Gemeinde Bludesch um Gewährung eines jährlichen Beitrages aus Landesmitteln zur Durchführung der Wuhr- und Regulierungs6anten an der Lutz und Ill. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Martin Thurnher gefälligst den Bericht vorzutragen. Martin Thurnher: Die Herren ersehen aus dem Berichte, daß die Gemeinde Bludesch, vermöge ihrer geographischen Lage von den vorbeifließenden Flüssen Lutz und Ill sehr bedroht ist und daß bereits seit 20 Jahren großartige Wuhr bauten mit großem Kostenaufwande gemacht wurden, welche die Mittel dieser Gemeinde außerordentlich in Anspruch genommen haben. Diese Wuhrbauten müssen aber noch weiter fortgesetzt werden und deshalb ist es wohl am Platze, daß dieser armen Gemeinde die Hilfe aus Landesmitteln nicht versagt wird. Es erhebt daher der volkswirthschaftliche Ausschuß folgende Anträge. (Verliest die Anträge aus Beilage LIII.) Landeshauptmann: Ich eröffne über diese Anträge des volkswirthschaftlichen Ausschusses die Debatte. Reisch: Ich kann selbstverständlich nur meine Befriedigung darüber aussprechen, daß der volkswirthschaftliche Ausschuß auf das Ansuchen der Gemeinde Bludesch eingegangen ist und den Antrag gestellt hat, derselben für das Jahr 1892 einen Beitrag von 400 fl. zum Zwecke der Fortführung der Regulierungs- und Wuhrbauten an der Lutz und Ill, aus Landesmitteln zu gewähren, und weiters, über noch zu pflegende Erhebungen in Betreff der Kosten dieser Wuhr- und Regulierungsbauten angemessene jährliche Beiträge in Aussicht nimmt. Ich kann Sie versichern, meine Herren, die Gemeinde Bludesch gehört zu jenen Illufergemeinden, welche die Unterstützung am dringendsten bedarf. Sie ist arm und klein, zählt nur 459 Einwohner und ist nicht nur von der Ill, sondern auch von dem reißenden Wildbache der Lutz bedroht. Ich will mich nicht länger darüber verbreiten, es ist bereits im Ausschußberichte gesagt und die Erhebungen an Ort und Stelle werden darthun, daß die Angaben der Gemeinde Bludesch auf voller Wahrheit beruhen und ich hoffe daher zuversichtlich, daß die vorliegenden Anträge des volkswirthschaftlichen Ausschusses im hohen Hause einstimmig angenommen werden. In einem Punkte jedoch ist die Gemeinde Bludesch gegenüber der Gemeinde Frastanz viel besser daran, denn, wenn ich mich recht erinnere, ist im Ansuchen der Gemeinde Bludesch sich dahin ausgesprochen worden, daß sie von verschiedener Seite und ganz hauptsächlich von der k. k. Staatsbahn genöthigt und gedrängt wird, ihre Uferschutzbauten sofort in Angriff zu nehmen und ungesäumt zu vollenden. Die Gemeinde Frastanz dagegen ist gerade von der k. k. Staats bahn gehemmt und gehindert, ihr bereits begonnenen Wuhrbauten auszuführen. Bei der bekannten Wasserkatastrophe des Jahres 1890 hat das Hochwasser der Ill unterhalb der Karl Ganahl'schen Gießerei in Frastanz die starken Wuhrbauten durchbrochen und dieselben mit dem dahinter liegenden Damm auf eine Länge von 460 Meter weggerissen, die angrenzenden Ufer überschwemmt und größtentheils mit einem Meter hohen Schotter bedeckt und sogar die Reichsstraße gefährdet. Die Gemeinde Frastanz wurde daher von der k. k. Bezirkshauptmannschaft Bludenz aufgefordert die weggerissenen Uferwuhren ehestens wieder zu erstellen und die Gemeinde Frastanz hat auch keinen Augenblick gesäumt sofort ans Werk zu schreiten und hat im Herbst 1890 und im Frühjahr 1891 die weggerissene Wuhre auf eine Strecke von 460 Meter mit einem colossalen Steindamm, mit einem Kostenaufwande von nahezu 12, 000 fl. erstellt, und wollte dann zur besseren Sicherheit des Uferlandes und der ärarischen Straße die Fortsetzung auf der an zurückgebliebenen Spuren noch kenntlichen Linie des alten bereits vor 80 Jahren bestandenen Wuhres bewerkstelligen; da kam die k. k. Staatsbahn und gebot ungestüm Halt und nicht weiter, das Bahnobject am rechtsseitigen Illufer ist in Gefahr und wir können das nicht gestatten. Nicht nur das verlangte die k. k. Staatsbahn, sondern noch vielmehr: Das erstellte Wuhr muß sofort abgetragen und der Bahn für die XV. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/92. 171 Beschädigung ihrer Objecte am Illufer Schadenersatz geleistet werden. Die Gemeinde Frastanz hat sich dagegen gewehrt und bei der k. k. Bezirkshauptmannschaft Bludenz eine Vorstellung und Eingabe gemacht. Es kam eine Commission an Ort und Stelle und die technischen Sachverständigen haben erklärt, daß nicht diese Uferschutzbauten der Gemeinde Frastanz Schuld seien, wenn das Bahnobject am rechtsseitigen Illufer angegriffen werde. Die k. k. Bezirkshauptmannschaft Bludenz hat dann auch zu Gunsten der Gemeinde Frastanz entschieden. Die k. k. Staatsbahn hat gegen diese Entscheidung den Recurs ergriffen an die hohe k. k. Statthalterei; diese hat aber wiederum sich zu Gunsten der Gemeinde Frastanz ausgesprochen. Auch gegen diese Entscheidung wurde recurriert und wie sich das hohe k. k. Ackerbauministerium über diese Frage aussprechen wird, wird die Zukunft lehren. Ich wollte das bei dieser Gelegenheit im hohen Hause nur constatieren, damit man wisse, wie gegenüber der Gemeinde Frastanz von Seite der k. k. Staatsbahn vorgegangen worden ist, welch letztere als Staatsbahn erst im Jahre 1870 und 1871 erstellt wurde, während die Gemeinde Frastanz seit urdenklichen Zeiten steht und gestanden hat und ihre Wuhrbauten erhalten mußte. Nun wollte man der Gemeinde Frastanz das Recht absprechen, auf der alten, bereits seit 2—300 Jahren bestehenden Wuhrstrecke seine Ufer zu schützen. Das, meine Herren, wollte ich hier im hohen Hause constatieren. (Bravorufe 1) Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? — Da dies nicht der Fall ist, so erkläre ich die Debatte für geschlossen und ertheile das Wort dem Herrn Berichterstatter. Martin Thurnher: Ich habe den Ausführungen des geehrten Herrn Vorredners nur noch beizufügen, daß die Dürftigkeit der Gemeinde Bludesch nicht nur aus dem vorliegenden Gesuche, sondern auch aus der Rechnungslegung derselben bekannt ist. Ich kann nichts anderes thun, als den Wunsch aussprechen, das hohe Haus wolle den vorliegenden Anträge die Zustimmung ertheilen. Landeshauptmann: Ich schreite nun zur Abstimmung und wenn das hohe Haus nichts dagegen einwendet, so werde ich beide Anträge unter einem zur Abstimmung bringen. Ich ersuche also jene Herren, welche diesen beiden Anträgen die Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Einstimmig angenommen. Der dritte Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des Finanzausschusses über das Gesuch des Franz Josef Minder aus Dornbirn, derzeit Studierender am k. k. Thier-Arznei-Institute in Wien. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Greißing gefälligst den Bericht vorzulesen. Greißing: (liest den Bericht, Beilage XLIV.) Landeshauptmann: Ich eröffne über diesen Bericht und Antrag die Debatte. Wenn Niemand das Wort zu ergreifen wünscht, so ist die Debatte geschlossen und wenn der Herr Berichterstatter nichts weiter zu bemerken hat — Greißing: Nein. Landeshauptmann: dann schreite ich zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche diesem Anträge beipflichten, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Der nächste Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des landtäglichen Finanzausschusses über den Voranschlag des k. k. Landesschulrathes, betreffend die pro 1892 zu deckenden Schulauslagen. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Nägele gefälligst den Bericht vorzulesen. Nägele: (liest den Bericht, Beilage XLI.) Landeshauptmann: Ich eröffne über diesen Bericht und Antrag die Debatte. Dr. Schmid: Es macht mir einen so eigenthümlichen Eindruck, meine Herren, wenn der Finanzausschuß alle die angeführten Daten als gerechtfertiget findet und dann überall schon in seinem Berichte als zu genehmigen beantragt und schließlich noch den formellen Antrag bringt: „Der Landesausschuß wird ermächtiget, über den vom k. k. Landesschulrathe vorgelegten Voranschlag für das Jahr 1892 nach eigenem Ermessen vorzugehen." Warum heißt es im Anträge nicht, daß das genehmiget und der Landesausschuß beauftragt wird nach diesem vom Finanzausschüsse vorgelegten 172 XV. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/92. Berichte entsprechend vorzugehen. Ich verstehe nicht, was man mit dem Ausdrucke „nach eigenem Ermessen" sagen will. Ich ersuche daher den Herrn Berichterstatter hierüber Aufklärung zu geben. Nägele: Der hohe Landtag hat in dieser Frage immer seine eigene und prinzipielle Stellung eingenommen. Eine positive Bewilligung wurde seitens des Landesausschusses im hohen Landtage nie beantragt und ich habe mich als Berichterstatter in dieser prinzipiellen Frage an den bisherigen Usus gehalten. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? — Wenn dies nicht der Fall ist, so erkläre ich die Debatte für geschlossen und werde zur Abstimmung schreiten. Ich ersuche jene Herren, welche dem Anträge des Finanzausschusses beipflichten, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Einstimmig angenommen. Der nächste Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des vol kswirthschaftlichen Ausschusses über eine Petition der kaufmännischen Genossenschaften in Bregenz, Feldkirch, Bludenz, Dornbirn, Götzis, Hohenems und der Delegierten von Jagdberg, um Beschränkung und Überwachung des Hausierhandels. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Welte gefälligst den Bericht vorzutragen. Welte: Nachdem dieser Bericht sehr umfangreich ist und sich schon mehrere Tage in den Händen der Herren Abgeordneten befindet, so glaube ich, man könnte von der Verlesung desselben Umgang nehmen und nur die am Schlüsse gestellten Anträge verlesen. Ich stelle daher den bezüglichen Antrag. Landeshauptmann: Der Herr Berichterstatter beantragt von der Verlesung dieses Berichtes Umgang zu nehmen und nur die Anträge zu verlesen. Wird dagegen eine Einwendung erhoben? — Es ist dies nicht der Fall, ich ersuche daher nur die Anträge zu verlesen. Welte: (liest die Anträge aus dem Berichte, Beilage L.) Landeshauptmann: Ich eröffne über diese Anträge die Debatte. Dr. Waibel: Der Anlauf gegen das Hausieren ist nicht neu, er ist ein sehr alter und beschränkt sich nicht auf Vorarlberg allein, sondern man kann sagen auf alle Kronländer der diesseitigen Reichshälfte. Es handelt sich hier um einen Feind des Gewerbes; ich muß den Hausierhandel nach den Ausführungen, welche die Gewerbetreibenden gegenüber der Hausiererei machen, so bezeichnen. Da wäre es nun doch Wünschenswerth gewesen, wenn der Ausschuß sich etwas um die Statistik dieses Gewerbes bekümmert hätte. Es würde gewiß nicht schwer gewesen sein eine Statistik über die Bewegung des Hausierhandels in Vorarlberg zu bekommen und zwar aus dem Grunde, weil über den Hausierhandel regelmäßig alljährlich durch die Bezirkshauptmannschaften von den Gemeinden Berichte darüber eingeholt werden. Die Hausierer sind verpflichtet bei den Gemeinden sich mit ihren Bücheln vorzustellen und sich dort die Bewilligung vormerken zu lassen. Ich bin in der Lage wenigstens bezüglich der Gemeinde Dornbirn etwas mittheilen zu können, was von dieser Sache ein Bild gibt und das ist folgendes. Im Jahre 1891 sind in der Gemeinde Dornbirn 265 Vidierungen vorgenommen worden, jede durchschnittlich für 1 bis 6 Tage. Nachdem aber ein und derselbe Hausierer wiederholt kommt, bei einzelnen ist das wenigstens der Fall, so reduziert sich diese Ziffer, nach der Zusammenstellung, die ich gemacht habe, auf 165 Hausierer im Jahre 1891 und dies dürfte auch annäherungsweise die Anzahl der Hausierer sein, welche überhaupt im Lande Vorarlberg ihr Gewerbe betreiben, denn die Hausierer die nach Dornbirn kommen, kommen ohne Zweifel auch in die übrigen Gemeinden des Landes. Von diesen 165 Hausierern, sind nur 13 aus Vorarlberg, alle Übrigen sind Hausierer, die von anderen Kronländern nach Vorarlberg kommen. Nun wird sich aber bei einzelnen Gemeinden ein anderes Verhältnis darstellen, was ich aus dem Grunde schließe, weil Dornbirn selbst 32 Hausierer hat, welche theils der Gemeinde Dornbirn angehören, theils ohne derselben anzugehören dort Besitz haben. Solche Verhältnisse werden vielleicht anderswo auch sein und deshalb wird sich die Ziffer von 13 Hausierern aus Vorarlberg gewiß um ein Bedeutendes erhöhen. XV. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/92, 173 Was die Einschränkung des Hausierhandels anbelangt, so muß ich constatieren, daß seitens der hohen Regierung schon seit Jahren wenigstens in unserem Bezirke die Regel beobachtet wird mit der Ertheilung von Hausierbewilligungen außerordentlich rigoros zu sein. Reue Bewilligungen werden nur in den äußersten Fällen, wenn besondere Verhältnisse, besondere Invalidität des Betreffenden oder dgl. vorhanden sind, gegeben. Die bestehenden Hausierpatente werden in der Regel ohne Anstand wieder verlängert; es muß bekanntlich jeder Hausierer alle Jahre um die Verlängerung seines Patentes ansuchen. Was die Steuer anbelangt, so ist dieselbe, soweit ich hierüber habe Wahrnehmungen machen können, durchwegs die gleiche und sie ist für dieses Gewerbe, das doch mit großen Beschwerden ausgeübt wird, nicht gering. Sie beziffert sich auf 2 fl. 68 kr. und dazu kommt noch alljährlich der Gesuchstempel und andere Ausgaben. Es ist seit ein paar Jahren auch die Einrichtung getroffen worden, daß die Steuer, welche die Hausierer zu bezahlen haben, jedesmal der betreffenden Gemeinde seitens der Bezirkshauptmannschaft mitgetheilt wird, damit dieselbe die Hausierer zur Bezahlung der Gemeindesteuer heranziehen kann. Das ist aber nur bei jenen Hausierern der Fall, welche in der betreffenden Gemeinde selbst ihren Wohnsitz haben. Dieses sind die Mittheilungen, die ich zur weiteren Ergänzung des Berichtes machen wollte und welche, wie ich glaube, nicht ganz unnütz sind. Im übrigen werde ich den Anträgen des Ausschusses, wie sie uns vorliegen, selbstverständlich auch meine Zustimmung geben. Regierungsvertreter: In der Petition der kaufmännischen Genossenschaften, welche den Gegenstand des vorliegenden Berichtes bildet, wird die Forderung erhoben eine geeignete Weisung an die staatlichen Organe um gewissenhaftere Aufsicht über die Hausierer unter Hinweis auf die bestehenden Übelstände und Gesetzesmißbräuche ergehen zu lassen. Der volkswirtschaftliche Ausschuß tritt nun dieser Forderung in soferne bei als er sagt, daß er dieses Begehren für begründet erachtet, falls seitens der berufenen politischen AdministrationsBehörden, sowie der Aufsichtsorgane nicht mit der nöthigen Rigorosität vorgegangen worden sei, und insoweit es bisher an der strengen Beschränkung und Überwachung gefehlt haben soll. Da aber hier der Administrativ-Behörde, wenn auch in abgeschwächter Form ein Vorwurf gemacht wird wegen zu laxer Anwendung des Hausierpatentes, so halte ich mich verpflichtet die Behörden gegen diese Beschuldigung in Schutz zu nehmen. Zu diesem Behufe sehe ich mich genöthiget darauf hinzuweisen, daß bei Ausstellung von Hausierbefugnissen möglichst rigoros vorgegangen wird und daß gemäß der herabgelangten Weisungen der hohen k. k. Statthalterei solche Befugnisse nur in besonders berücksichtigungswerthen Fällen ertheilt werden. Beispielsweise führe ich an, daß in Bregenz im Jahre 1891 nur 9 Hausierbefugnisse ausgestellt worden sind. Diese Ziffer war aber in diesem Jahre ausnahmsweise hoch und zwar aus dem Grunde, weil wegen der bestehenden Stickereicalamität einigen Bewerbern die Bewilligung zum Hausieren mit selbsterzeugten Stickereiwaaren nicht vorenthalten werden konnte. Ebenso werden die Vorschriften über die vorgeschriebene Vidierung der Hausierdokumente strenge gehandhabt, alle Übertretungen des Hausierpatentes mit den schärfsten Strafen geahndet und sind die Sicherheitsorgane angewiesen bei jeder Übertretung den Schuldigen der k. k. Bezirkshauptmannschaft sofort zur Anzeige zu bringen. In der den Gegenstand dieses Berichtes bildenden Petition ist weiter das Begehren auf Besteuerung der Hausierer ausgesprochen worden. Dieser Forderung erscheint bereits im Jahre 1889 entsprochen, indem die mit dem F. M. Erl. vom 7. April 1856 Z. 8987 V.-Bl. Nr. 15 den Hausierern gewährte Begünstigung der Befreiung von den Landes- und Gemeinde-Zuschlägen zur Erwerbs- und Einkommensteuer mit Ende Juni 1889 für Tirol und Vorarlberg außer Wirksamkeit trat, und die k. k. Bezirkshauptmannschaften angewiesen wurden vom 2. Semester 1889 angefangen bei Vorschreibung der Erwerb- und Einkommensteuer für Hausierer, wegen gleichzeitiger Vorschreibung der in Rede stehenden Umlagen das Amt zu handeln. Was schließlich die im Punkte 2 der vorliegenden Anträge gestellte Forderung nach einer Reform des Hausierpatentes anbelangt, so hat meines Wissens die hohe k. k. Regierung eine 174 XV. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session, 7. Periode 1891/92. solche bereits in Erwägung gezogen und die | nöthigen Erhebungen eingeleitet und es dürfte die Vorlage eines diesbezüglichen Gesetzes an den Reichsrath nur vom Abschlüsse der Verhandlungen mit der königlich ungarischen Regierung abhängig sein. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? — Wenn sich Niemand mehr zum Worte meldet, so ist die Debatte geschlossen und ich ertheile das Wort dem Herrn Berichterstatter. Welte: Ich habe nur auf die Ausführungen des Herrn Regierungsvertreters etwas zu bemerken , Der Herr Regierungsvertreter findet nämlich im Berichte eine Beschuldigung der Behörden, eine solche ist aber nicht ausgedrückt. Es steht nur im Berichte, daß der Hauptfehler im Gesetze selbst liege, nicht aber, daß man allerseits die Ansichten theile, welche die Petenten gehabt haben, nämlich, daß wirklich eine laxe Durchführung seitens der Administrationsbehörde vorliege, im Berichte steht das nicht darin, und ist auch nicht so gemeint. Daß dann und wann die Überwachung seitens der Wachorgane, der Finanzwache oder Gendarmerie nicht ausreichend war, das ist wohl möglich, aber das trifft nicht die gesammten Behörden. Was weiter die Besteuerung betrifft, so wäre es gerecht verlangt, daß der Hausierhandel diesbezüglich dem stabilen Gewerbe gleich gestellt werden solle. Das war meines Wissens bisher aber nicht der Fall, denn soviel als die stabilen Gewerbe zahlen die Hausierer nicht. Was weiter die Mittheilung anbelangt, daß eine Reform des Gesetzes durch die hohe Regierung selbst angestrebt werde, kann von mir und vom hohen Hause nur zur erfreulichen Kenntnis genommen werden. Damit wird der Zweck, der in diesem Berichte und in den Anträgen des Ausschusses angestrebt wird, hoffentlich erreicht. Es wird dann jedenfalls ein Reichsgesetz zu Stande kommen, welches den dermaligen Verhältnissen und Bedürfnissen Rechnung trägt und es wird dann das alte Gesetz, welches natürlich jetzt nicht mehr zeitgemäß erscheint, unwirksam werden. Ich empfehle deshalb dem hohen Hause die einstimmige Annahme dieser Ausschußanträge. Landeshauptmann: Ich schreite zur Abstimmung und zwar werde ich, wenn keine Einwendung erfolgt, beide Anträge unter einem zur Abstimmung bringen. Ich ersuche also jene Herren, welche diesen beiden Anträgen zustimmen, sich gefälligst zu erheben. Angenommen. Der letzte Gegenstand der heutigen Tagesordnung ist der Bericht des volkswirthschaftlichen Ausschusses über die Petition des katholischen Bauernvereins in Montafon, der Gemeindevorsteher des großen Walserthales undmehrerer Gemeindevorsteher des Bezirkes Feldkirch, betreffend Erwirkung der Errichtung eines eigenen Sanitäts-Bezirkes in Vorarlberg und Kündigung der Seuchenconvention zwischen Österreich und der Schweiz. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Fink den Bericht vorzutragen. Fink: Da dieser Bericht ziemlich umfangreich ist, so hoffe ich von der Verlesung Umgang nehmen zu dürfen, und möchte nur die Anträge zur Verlesung bringen. Landeshauptmann: Wenn keine Einwendung dagegen erfolgt, bitte ich in dieser Weise vorzugehen. Fink: (liest die Anträge des Berichtes, Beilage LIL) Landeshauptmann: Ich eröffne über diesen Bericht und die Anträge die Debatte. Regierungsvertreter: Der Antrag 2 des volkswirtschaftlichen Ausschusses geht dahin, daß die hohe k. k. Regierung dringend angegangen werde zu veranlassen, daß Vorarlberg einen eigenen von Tirol gesonderten Sanitätsbezirk bilde. Zu diesem Anträge habe ich im Namen seiner Excellenz des Herrn Statthalters von Tirol und Vorarlberg die Erklärung abzugeben, (liest:) „daß die Regierung schon mit Rücksicht auf die bestehenden organischen Bestimmungen des politischen Dienstes im Verwaltungsgebiete nicht in der Lage XV. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7 Periode 1891/92. 175 wäre, den auf eine Trennung des Vorarlberger Veterinärgebietes hinzielenden Wünschen der petitionirenden Gemeinden und (Korporationen in irgend welcher Weise förderlich entgegen zu kommen, daß sie aber im Interesse der auf die Viehzucht und auf den Viehexport angewiesenen Bevölkerung Tirols und Vorarlbergs gerade wegen der voll Seite der schweizerischen Bundesregierung in letzterer Zeit unserem Viehexport auferlegten nachtheiligen Beschränkungen sich veranlaßt gesehen hat, die mit dieser Regierung abgeschlossene Thierseuchenconvention vom 5. Dezember 1890 (R.-G. Bl. Nr. 30 ex 1891.) auf den 1. März 1893 zu kündigen und neue Vereinbarungen auf einer unseren Verhältnissen und Interessen entsprechenderen Basis in Aussicht zu nehmen. Dr. Waibel: Diese soeben vernommene Erklärung der hohen Regierung giebt uns wenig Aussicht, daß der zweite Theil des Antrages in Verwirklichung treten dürfte. Die Seuchenconvention mit der Schweiz, welche im Vorjahre zu den erwähnten dem Lande nachtheiligen Folgen den Anstoß gegeben hat, ist wie dieses auch der Bericht anführt, gekündet und wird mit Ende dieses Vertrags-Jahres ablaufen. Ob sie nun erlöscht oder ob eine neue kommen wird, in keinem Falle, meine Herren, dürfen wir erwarten, daß die Schweiz bezüglich des Viehverkehrs uns gegenüber ein freundlicheres Benehmen einschlagen werde, als dies jetzt seit einem Jahre der Fall war. Die Schweiz wird hier ganz von ihrem eigenen Interesse geleitet, und Österreich wird kaum irgend welche Macht ausüben können, um derselben zu dictieren, daß sie uns für den Viehverkehr die Grenze öffne. Die Schweiz ist auch ein souveräner Staat, und die Convention kann, wie wir gesehen haben, stets so ausgelegt werden, daß sie der Schweiz eine Handhabe bietet, um die Grenze zu sperren. Ob sie nun nach Ablauf dieser Convention eine neue eingehen wird, das steht dahin. Jedenfalls kann sie nicht zum Abschluß einer Convention, welche uns günstiger ist, gezwungen werden. Man müßte etwa vorgehen wie Frankreich diesfalls gegen China vorgegangen ist, welches Kriegsschiffe aufmarschieren und die Kanone sprechen ließ. Soweit wird man aber doch nicht gehen. Angesichts dieser Sachlage empfiehlt es sich mehr, glaube ich, dem hohen Landtage zu erwägen, ob nicht in anderer Weise die Interessen der Viehzucht gewahrt, gefördert und beschützt werden können. Wenn uns die Ausfuhr nach der Schweiz gesperrt wird, müssen wir trachten, für unseren Viehexport andere Absatz-Gebiete zu eröffnen und daß das thunlich ist, daran ist nicht zu zweifeln. Die Herren, welche die Marktberichte einsehen, werden sich überzeugt haben, daß das Vieh, welches eine schöne Figur, einen guten, schönen Schlag zeigt, jederzeit auf dem Markte begehrt wird, und daß schöne Preise erzielt werden. Die deutschen Käufer kommen zahlreich herein, und kaufen die schönen Stücke sofort lustig vom Platze weg, das haben wir bei den Märkten in Dornbirn beobachtet, das wird in Schruns beobachtet, und überall, wo größere Viehmärkte sind. Es eröffnet sich aber außerdem, daß die deutschen Käufer unsere Märkte fleißig besuchen, die Aussicht, daß auch aus den inneren Theilen von Österreich unsere Märkte zur Erwerbung von schönem Rindvieh besucht werden. Es sind in den letzten Jahren schon, im vorletzten Jahre und auch heuer, aus Niederösterreich herauf, wo ein sehr rühriger und mit großen Mitteln ausgestatteter landwirthschaftlicher Verein besteht, Männer gekommen, um sich die Lage zu besichtigen, und dieselben sind geneigt, mit den vorarlbergischen Landwirthen bezüglich des Ankaufes von gutem, preiswürdigem Vieh Verbindungen anzuknüpfen. Diese Bewegung, meine Herren, sollte erfaßt werden, und es sollte erwogen werden, in welcher Weise dieselbe für das Land befruchtet werden kann. Es giebt einen Weg, meine Herren, und er ist in mehreren Gemeinden betreten worden, die das Zuchtwesen ins Auge fassen und die Mittel nicht scheuen, dieser Aufgabe gehörig entgegenzukommen, einerseits muß für Beischaffung edlen Zuchtmaterials Sorge getragen werden, andererseits muß die Gemeinde die Durchführung der Zuchtverbesserung überwachen und leiten. Es sind Mitglieder im Landesausschuß, welche mich gewiß wohl verstehen, und ich gebe mich der Erwartung hin, daß der Landesausschuß aus eigener Initiative die Anregung, die ich hier gebe, ins Auge fasse, weil sie ein großes Interesse des Landes betrifft, und daß er vielleicht darauf denkt, diese Bewegung zu unterstützen und zu fördern, damit die Calamität mit der Schweiz paralysiert werde und damit das einzige Product der Landwirthschaft, 176 XV. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/92. kann man sagen, welches bei uns exportiert wird, welches den Landwirthen Nutzen verspricht, gehörig cultiviert und in seinem Ertrag gesichert wird. Nägele: Obwohl aus dem, was der Herr Regierungsvertreter uns mitgetheilt hat, keine Aussicht vorhanden ist, daß Vorarlberg zu einem eigenen Seuchenbezirke erklärt werde, so werde ich doch für den Ausschußantrag stimmen, um wenigstens durch meine Stimmabgabe den Ausdruck zu geben, daß ich es wünsche. (Rufe: Einverstanden.) Was der Herr Vorredner in Betreff einer mit der Schweiz abzuschließenden Convention gesagt hat, so bin ich in so weit seiner Ansicht, daß man nicht die größten Hoffnungen darauf setzen dürfe, daß dieselbe für Österreich besonders günstig ausfallen werde. Der Schweizer ist nämlich nur dann entgegenkommend, wenn er seinen eigenen Vortheil steht. Das Schweizervolk ist kein treuer Freund, wenn es Niemanden braucht. Die Schweizer haben auch in soweit Ursache etwas anmaßend zu sein, da sie im Laufe der Jahre bei verschiedenen Verhandlungen und Verträgen, die sie mit Österreich durchgeführt haben, etwas verwöhnt worden sind, indem ihnen Österreich immer zuviel nachgegeben hat. Wäre das nicht der Fall gewesen, dann wären wir vielleicht mit der Rheincorrection weiter vorgerückt, so daß vielleicht manche Auslage heute nicht mehr nothwendig wäre. Aber sie sind verwöhnt worden, und es hat sich die Sachlage so gestaltet. Also von einem Entgegenkommen seitens der Schweiz, wenn sie nicht ihren Vortheil dabei sieht, haben wir wenig zu hoffen. Ich glaube nicht, daß wir es der Schweiz zu verdanken haben, daß heute noch ein Österreich existiert. Welte: Wenn ich zu diesem Gegenstände das Wort ergreife, so geschieht das selbstverständlich nicht, um gegen die Anträge zu sprechen, sondern um meine volle Sympathie für dieselben zum Ausdrucke zu bringen und das Ersuchen zu stellen, daß diese Anträge des volkswirtschaftlichen Ausschusses im hohen Hause angenommen und auch von der hohen Regierung acceptiert werden. Allerdings ist die Erklärung der hohen Regierung nicht ganz günstig. Die Gründe, welche von derselben vorgebracht wurden, sind mir allerdings schwer einleuchtend und die Hauptsache, wie man in dieser Beziehung helfen könnte, wäre doch gerade darin zu finden, daß der angestrebte Sanitätsbezirk für Vorarlberg gebildet würde. Das wäre auch aus sanitären Rücksichten sehr zu begrüßen, denn nach meiner Anschauung ist, wenn große Sanitätsbezirke bestehen, auch die Gefahr größer. Je mehr man die Sanitätsbezirke abrundet, desto kleiner wird die Gefahr. Von diesem Gesichtspunkte aus könnte die hohe Regierung doch auf diesen Antrag eingehen. Ich fühle mich daher bewogen für diesen Antrag zu stimmen und hoffe, daß die hohe Regierung vielleicht doch noch eine andere Stellung einnehmen werde, in der Erkenntnis, daß dadurch einem wichtigen Stande sehr viel geholfen werden könnte. Was den dritten Punkt anbelangt, nämlich den Seuchenvertrag mit der Schweiz, muß ich bemerken, daß doch noch etwas erzielt werden dürfte. Für was sind denn die Staatsverträge, (die Zoll- und Handelsverträge) da, wenn wieder andere Verträge abgeschlossen werden, welche die ersteren illusorisch machen? Die Staatsverträge sind da, um die Bürger des eigenen Staates zu schützen. Wenn andere Staatsverträge zustande kommen, sollten diese die frühern noch bestehenden nicht illusorisch machen, wie es die neue Seuchenkonvention bewirkt hat, gegenüber dem Zoll- und Handelsvertrag. Daher muß in diesem Sinne mit der Schweiz doch noch ein günstigerer Vertrag abgeschlossen werden. Die sanitätspolizeilichen Vorschriften können gewiß nicht beseitigt werden, da kann man nicht so weit gehen, aber dieses Motiv war bei der Schweiz nicht allein maßgebend, daß sie die Grenze so lange gesperrt hatte. Es ist die Ansicht allgemein, daß das nicht der Hauptgrund war, denn sonst hätte die Grenze auch gegen die Einfuhr von Schlachtvieh gesperrt werden müssen. Der Transport von Schlachtvieh ist in sanitärpolizeilicher Beziehung gewiß ebenso gefährlich, wie der Transport von Nutzvieh. Warum wird der erstere nicht abgesperrt, wohl aber der letztere? Das ist Beweis genug, daß nicht der einzige Grund in sanitären Vorsichten lag. XV. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/92. 177 Österreich ist daher vollständig im Rechte, | wenn in diesem Sinne, wie es der Ausschuß beantragt, etwas angestrebt Wird, daß zwar Vorkehrungen getroffen Werden, um die Seuchen hintan zu halten, daß aber hiebei nicht anderweitige Rücksichten platzgreifen dürfen; und in diesem Sinne war der frühere Vertrag vom Jahre 1883 richtiger, weil da eine gleiche gegenseitige Behandlung beider Staatsbürger angestrebt war. Wenn z. B. die Schweiz die Grenze sperren wollte, so durfte sie das nur dann thun, wenn sie es unter den gleichen Verhältnissen auch für den eigenen Staat, auf Grund ihrer eigenen Gesetze, veranlaßt hätte. So natürlich auch Österreich. Das wäre ganz richtig. Die Staatsverträge haben meines Wissens eigentlich den Zweck, eine möglichste Gleichstellung der Bürger der vertragschließenden Staaten herbei zu führen. Diesen Zweck hat aber die letzte Viehseuchenconvention leider nicht mehr gehabt und daher glaube ich, daß bei Erneuerung dieser SeuchenConvention doch noch etwas erzielt werden kann und hoffen wir, daß die hohe Regierung uns alle Berücksichtigung zukommen lassen werde. Joh. Thurnher: So unangenehm es mir ist, so muß ich doch mit einer kurzen Bemerkung auf die Erklärung von Seite des Regierungstisches zurückkommen. Ich muß sagen, es hat mich auf den ersten Augenblick peinlich berührt, daß uns die hohe Regierung eine Antwort gibt, ehe wir die Frage gestellt haben und daß sie eine Bitte abschlägt, ehe sie vom hohen Landtage beschlossen wurde. Es ist das ein Zuvorkommen der hohen k. k. Statthalterei, das, wie wir sehen, im ganzen hohen Hause die peinlichsten Gefühle hervorgerufen hat, ein Entgegenkommen seitens der Sanitätsorgane bei der hohen k. k. Statthalterei, das ich mir wahrlich in solch voreiliger Weise nicht vorgestellt hätte. Das wird mich aber nicht hindern dem zweiten Anträge, welcher die hohe k. k. Regierung bittet, für Vorarlberg einen besonderen Sanitätssprengel zu bilden, dennoch meine Zustimmung zu geben und ich hoffe, daß die heute abgeführte Debatte bei der hohen k. k. Statthalterei doch einen Eindruck in der Richtung Hervorrufen wird, daß sie das nicht als ihr letztes Wort betrachtet, welches sie heute zu uns durch den Herrn Regierungsvertreter gesprochen hat. Schapler: Ich muß bedauern, daß uns die hohe Regierung schon in Aussicht gestellt hat, daß dieser Antrag 2 nicht angenommen werden könne. Es hat eine schon Jahre lange Erfahrung gezeigt, daß in den meisten Fällen die Seuchen nicht in Vorarlberg ausgebrochen sind, sondern, daß sie aus Tirol nach Vorarlberg eingeschleppt wurden. Das wäre Grund genug, daß Vorarlberg in dieser Hinsicht geschützt, und daß aus demselben ein eigener Sanitätsbezirk gebildet werde. Ich möchte daher die Annahme des Antrages 2 empfehlen. Martin Thurnher: Gerade die Eröffnung des Herrn Regierungsvertreters, daß die hohe k. k. Statthalterei nicht geneigt sei, auf Punkt 2 des Antrages einzugehen, muß uns veranlassen, desto energischer für diesen Punkt einzutreten. Denn die Statthalterei ist nicht die oberste Instanz unserer Regierung, und wenn auch die hohe k. k. Statthalterei aus verschiedenen Gründen, vielleicht auch, weil es ihr angenehmer sein wird, wenn sie nur einen Sanitätsbezirk zu überwachen hat, also aus dienstlichen als principiellen Gründen, nicht gerne auf eine diesbezügliche Trennung Vorarlbergs von Tirol eingeht, so ist es ja möglich, daß das hohe Ministerium anderer Ansicht ist, daß dasselbe den Wünschen des Landes besser Rechnung trägt, wie dies ja auch schon bei anderen Gelegenheiten vorgekommen ist, und daß, wenn wir nicht nachgeben und hierin weiter vorstellig werden, das hohe Ministerium entgegen der Statthalterei uns diesen Wunsch erfüllen und dadurch die berechtigten Interessen des Landes schützen wird. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? — Da dies nicht der Fall ist, so erkläre ich die Debatte für geschlossen und ertheile noch das Wort dem Herrn Berichterstatter. Fink: Ich schließe mich selbstverständlich den Ausführungen der Herren Nägele, Welte, Johann und Martin Thurnher und Schapler vollkommen an. Es hat auch mich unangenehm berührt, als uns der Herr Regierungsvertreter erklärt hat, es sei schon bereits von der hohen k. k. Statthalterei entschieden, daß wir für den Punkt 2, nämlich betreff Bildung eines eigenen Sanitätsbezirkes für Vorarlberg keine Hoffnung auf ein Entgegenkommen 178 XV. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/92. der hohen k. k. Regierung haben dürfen, oder vielmehr daß schon entschieden sei, daß darauf nicht eingegangen werde. Es ist vom Herrn Regierungsvertreter, beziehungsweise in der Entscheidung, wenn ich so sagen darf, der k. k. Statthalterei hervorgehoben worden, daß die gewünschte Trennung namentlich mit „Rücksicht auf den organischen Dienst" unmöglich oder unthunlich sei. Ich würde glauben, bei einigem guten Willen, wäre auch dieses nicht gar so schwer. Ich denke mir mit dem „organischen Dienst" wird in erster Linie gemeint sein, daß ein k. k. Landesthierarzt dermalen für Tirol und Vorarlberg gemeinsam functioniert, allenfalls auch, daß Verordnungen für den gemeinsamen Sanitätsbezirk z. B. bezüglich Absperrung der Grenze gegen das Ausland, Verbot zur Abhaltung von Viehmärkten, von der k. k. Statthalterei ausgehen, daß also da die k. k. Statthalterei über ganz Tirol und Vorarlberg zu verfügen hat. Zch glaube man könnte da vielleicht doch die Anordnung treffen, daß diesbezüglich für Se. Excellenz den Herrn Statthalter für Vorarlberg ein Stellvertreter bestellt würde, und ich meine daß dieses am füglichsten in der Person des Herrn k. k. Statthaltereirathes von Bregenz bewerkstelliget werden könnte, wie das auch bei einem viel wichtigeren Geschäfte, beim Landtage regelmäßig der Fall ist. (Mart. Thurnher: und beim Landesschulrathe.) Es würde der Statthalter gewiß berechtigt sein, für diese Agende den jeweiligen k. k. Statthaltereirath in Bregenz als seinen Stellvertreter für Vorarlberg zu bestimmen. Ebenso glaube ich bezüglich des Thierarztes, daß der in Bregenz sich befindliche k. k. Bezirksthierarzt jedesmal auch für ganz Vorarlberg wie ein Landesthierarzt fungieren könnte, so daß der Bezirksthierarzt in Bregenz für Vorarlberg die Geschäfte eines Landesthierarztes besorgen würde. Es wären auf diese Weise die Stellvertreter des Statthalters und des Landesthierarztes an einem Orte in Bregenz, und ich glaube, es wäre dies leicht durchführbar. Ich erblicke also nach dieser Richtung bei einigem Entgegenkommen durchaus kein Hindernis gegen die Bildung eines eigenen Sanitätsbezirkes für Vorarlberg. Andere Bedenken in dieser Richtung wurden schon von meinen Herrn Vorrednern besprochen und es wurde hervorgehoben, daß in einzelnen Fällen auch Tirol Vortheil daraus ziehen würde, wenn wir einen eigenen Bezirk hätten. Nehmen wir an, es komme der Fall vor, daß Tirol seuchenfrei sei, während nach Vorarlberg durch Schlachtvieh oder wie immer die Maul- und Klauenseuche eingeschleppt wurde, und daß eines der verseuchten Thiere in die Schweiz komme. Bei der gegenwärtigen Viehseuchen-Convention würde dies genügen, um Tirol und Vorarlberg abzusperren. Wäre aber Vorarlberg ein eigener Sanitätsbezirk, so würde nur dieses abgesperrt, Tirol aber bliebe offen. Somit hätte in diesem Falle Tirol den Vortheil. Wir Vorarlberger müssen aber hauptsächlich deshalb darauf dringen, daß wir einen eigenen Sanitätsbezirk bekommen, weil Tirol siebenmal größer ist als Vorarlberg. Angenommen nun, daß in Tirol die Maul- und Klauenseuche nur im gleichem Verhältnisse ausbreche, wie hier in Vorarlberg, und angenommen, daß in Tirol zur Verhinderung der Seuche und zur Bekämpfung derselben, wenn sie ausgebrochen ist, die gleich strengen Vorsichtsmaßregeln gehandhabt werden, wie das in Vorarlberg geschieht, welch letzteres ich mir aber zu bezweifeln erlaube, aber angenommen es wäre dies der Fall, so kämen wir siebenmal öfter in die Lage, daß wir mit und wegen Tirol in Mitleidenschaft gezogen werden, als umgekehrt Tirol wegen Vorarlberg. Nach meiner Ansicht müssen wir beharrlich darauf dringen, daß dieser unserer Forderung entsprochen werde, und ich möchte deshalb dem hohen Hause die Annahme aller drei Anträge dringendste empfehlen. (Bravorufe.) Landeshauptmann: Ich schreite zur Abstimmung und zwar werde ich dieselbe für alle drei Anträge unter einem vornehmen. Ich ersuche jene Herren, welche diesen drei vom volkswirthschaftlichen Ausschüsse gestellten Anträgen ihre Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Einstimmig angenommen. Die heutige Tagesordnung ist hiemit erschöpft. XV. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/92. 179 Ich habe den Herren noch mitzutheilen, daß unmittelbar nach der Haussitzung der Straßenausschuß zu einer kurzen Berathung zusammen kommen wird. Die nächste Sitzung bestimme ich auf morgen halb 10 Uhr, mit folgender Tagesordnung! 1. Bericht des Gemeindeausschusses über den Antrag Martin Thurnher in Angelegenheit der letzten Dornbirner Gemeindewahlen. 2. Bericht des Finanzausschusses über das Gesuch des Asylvereines der Wiener Universität. 3. Bericht des Straßenausschusses über das Gesuch des Walserthaler Straßenausschusses um einen Beitrag zur Erhaltung der Straße. 4. Bericht des Finanzausschusses über das Gesuch des Katholischen Schulvereines für Österreich. 5. Bericht des volkswirtschaftlichen Ausschusses über die Petitionen in Angelegenheit der Beschränkung der Ziegenweide. Martin Thurnher: Ich möchte beantragen, daß der Beginn der nächsten Sitzung auf 9 Uhr festgesetzt werde. Landeshauptmann: Es ist der Antrag gestellt, die morgige Sitzung um 9 Uhr abzuhalten. Wenn Niemand das Wort zu ergreifen wünscht, so bringe ich diesen/Antrag zur Abstimmung, und ersuche jene Herren, welche mit demselben einverstanden sind, sich von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Der Beginn der morgigen Sitzung ist also auf 9 Uhr festgesetzt. Die heutige Sitzung ist geschlossen. (Schluß der Sitzung 11 Uhr 20 Min. Vorm.)