18920314_lts008

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Letzte Änderung 02.07.2021, 18:47
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp07,lts1892,lt1892,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 8. Sitzung am 14. März 1892, unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 20 Abgeordnete. Abwesend der Kochwürdigste Bischof Dr. Zobl. Regierungsvertreter: Herr Statthattereirath Graf St. Julien-Wallsee. Beginn der Sitzung um 10 Uhr 35 Min. Vormittags. Landeshauptmann: Ich erkläre die Sitzung für eröffnet und ersuche um Verlesung des Protokolles der letzten Sitzung. (Sekretär verliest dasselbe.) Hat einer der Herren gegen die Fassung des Protokolles eine Einwendung zu erheben? — Es ist dies nicht der Fall; ich betrachte somit das Protokoll als genehmigt. Es ist mir ein Einlaufstück zugekommen, nämlich eine Bitte des Vorarlberger FischereiVereines um eine Subvention aus Landesmitteln — eingebracht durch den Hrn. Abgeordneten Dr. Beck. (Sekretär verliest dieselbe.) Ich werde diesen Gegenstand auf die Tagesordnung einer der nächsten Sitzungen stellen. Der Herr Abgeordnete Dr. Waibel hat zur Geschäftsordnung um das Wort gebeten. Ich ertheile ihm nun dasselbe. Dr. Waibel: Ich muß noch mit einigen Worten auf einen Antrag, der in der letzten Sitzung gestellt wurde und mit welchem vom Vorsitzenden verlangt worden ist, nach der Abstimmung über § 50 des Jagdgesetzes das Stimmenverhältnis zu constatieren, zurückkommen. Ich halte diesen Vorgang für unrichtig, und möchte jedenfalls den Herrn Vorsitzenden ersuchen, in Hinkunft diesbezüglich etwas rigoroser vorzugehen. Meine Auffassung gründet sich auf folgende Momente: Ich habe die Geschäftsordnung des Reichsrathes angerufen und meine Anschauung hierüber auch schon am Samstag kurz begründet. Ich kann mich aber auch noch auf etwas Anderes 48 VJII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II- Session der 7. Periode 1891/02. berufen, meine Herren, das ist nämlich das physische Verhältnis. Das Stimmenverhältnis zu constatieren ist nur in der Weise ausführbar, daß die Constatierung durch den Präsidenten, resp, den Vorsitzenden geschieht und nicht durch ein Mitglied der Versammlung. Das ist in allen parlamentarischen Körperschaften der Fall. Um das thun zu können, ist es aber nothwendig, daß der Vorsitzende das Verhältnis der Abstimmenden vor sich sieht. Es müssen die Herren, welche sich bei der Abstimmung erhoben haben, stehen bleiben und jene Herren, welche die gegnerische Haltung eingenommen haben, sitzen bleiben. Nur angesichts dieses Verhältnisses ist der Vorsitzende in der Lage, thatsächlich das Stimmenverhältnis zu constatieren und so wird dies find) in jeder Körperschaft gehandhabt. Wenn sich aber alle Herren nach der Abstimmung wieder niedergesetzt haben, dann ist correcter Weise der Vorsitzende nicht mehr im Stande, das Stimmenverhältnis zu constatieren. Wir bilden zwar eine kleine Körperschaft, die leicht übersehen werden kann, aber die Konstatierung des Stimmenverhältnisses nach vollzogener Abstimmung ist nnverläßlich und jedenfalls uncorrect und es müßte deshalb ein diesbezügliches Verlangen vor der Abstimmung gestellt werden. Nachdem in unserer Geschäftsordnung eine solche Eventualität nicht vorgesehen ist, so bitte ich den Herrn Vorsitzenden, in Zukunft in der Weise vorzugehen, wie ich angedeutet habe oder aber zu veranlassen, daß die Geschäftsordnung in dieser Hinsicht ergänzt werde. Johann Thurnher: Schon in der letzten Sitzung hat der Herr Abgeordnete Dr. Waibel in weitschweifiger und unnöthiger Auseinandersetzung über die Handhabung der Geschäftsordnung bezüglich dieses Punktes gesprochen und heute geschah dies wiederum. Der Herr Abgeordnete Dr. Waibel meint, die Constatierung des Stimmenverhältnisses in der Weise, wie sie in der letzten Sitzung vorgenommen wurde, sei physisch unmöglich. Ich glaube, daß es für einen jungen Mann, wie der Herr Landeshauptmann ist und bei seiner Aufmerksamkeit, die sich nur auf einen so kleinen Kreis beschränkt, doch sehr leicht möglich ist, zu sehen, daß bei der Abstimmung auf jener Seite vier Herren ausgestanden, während alle anderen sitzen geblieben sind. Ich bin der Meinung, daß, wenn der Herr Landeshauptmann bei der letzten Sitzung auf die Anregung des Herrn Martin Thurnher einfach gesagt hätte, „ich werde diesem Wunsche nachkommen, " so wäre die ganze Debatte damals und heute unterblieben. Ich möchte deshalb den Herrn Landeshauptmann ersuchen, solche Weisungen gar nicht anzunehmen und sich nach der Geschäftsordnung auf seinem Posten zu benehmen, wie er es verantworten kann. Martin Thurnher: Es wird sich immer auf die Geschäftsordnung im Reichsrathe bezogen. Wir haben eine eigene Geschäftsordnung und nach dieser gehen wir vor. Die Geschäftsordnung des Reichsrathes hat in diesem hohen Hause gar keine Geltung. Auch die Geschäftsordnung des Reichsrathes ist sehr lücken- und mangelhaft und vielleicht würden wir gerade deren Fehler hier einbürgern, wenn wir nach jener vorgehen wollten. Eine bessere Ordnung haben wir hier schon im Landtage, bezüglich der Handhabung der Geschäftsordnung, als im Reichsrathe. Ferner ist auch das Stimmenverhältnis hier viel leichter zu constatieren. Im Reichsrathe sind 353 Abgeordnete und da muß man eine Menge Ordner herumsenden, um das Ergebnis einer Abstimmung festzustellen, und hier sind, wenn der Landtag vollzählig ist, nur 21 Abgeordnete. Da ist es denn doch physisch ganz leicht, die Stimmen zu zählen. Für Ausfüllung der Lücken, die unsere Geschäftsordnung etwa hat, ist das Hans selbst berufen, das gefragt werden soll und werden muß, weil es in zweifelhaften Fällen zu entscheiden hat. Johannes Thurnher: So umfangreiche Bestimmungen, wie im Reichsrathe sind hier im Vorarlberger Landtage auch gar nicht nöthig. Sie würden wirklich nur einen Ballast für die Geschäftsordnung bilden. Im Reichsrath führen aus dem Saale hinaus 10 Thüren, und während der Abstimmung gehen vielleicht 20 Abgeordnete aus und ein. Dort ist es also wirklich nothwendig, daß der Vorsitzende vorher ersucht wird, die Abstimmung zu constatieren; aber hier im Vorarlberger Landtage, wo es keinem Abgeordneten einfüllt, durch die rückwärtige Thüre hinauszugehen und übrigens das Aus- und Eingehen auch nicht so Brauch ist, wie im Reichsrathe, da ist es gar nicht nöthig, daß der Vorsitzende der Abstimmung eine so große Aufmerksamkeit zuzuwenden braucht. VIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session der 7. Periode 1891/92. 49 (Dr. Waibel ruft: Ich habe nicht verlangt, daß die Geschäftsordnung des Reichsrathes hier im Landtage zur Anwendung kommen soll.) (Redner fortfahrend:) Es scheint doch. (Dr. Waibel: Ich habe nur auf einen speziellen Fall hingewiesen, der hier nicht vorgesehen ist.) (Redner): Auch in den Geschäftsordnungen der anderen Landtage wird dies der Fall sein. Dr. Waibel: Wenn auch in diesem Landtage nur eine geringe Anzahl von Mitgliedern ist, so ist das für mich nicht maßgebend. Ich bin der Anschauung, daß der Vorgang, wie er stattgefunden hat, nicht correct war. Bei dieser Ansicht bleibe ich und wenn die Herren anderer Anschauung sind, so ist das für mich nicht maßgebend. Ich glaube der Herr Vorsitzende würde richtiger gethan haben, wenn er meiner Anregung Gehör geschenkt hätte. (Martin Thurnher ruft: Mehr als dem ganzen Hause!) Landeshauptmann: Nachdem diese Angelegenheit gewissermaßen auch meine Person berührt, so muß ich mir auch noch einige Bemerkungen erlauben. Ich muß zunächst anführen, daß ich in der letzten Sitzung ursprünglich allerdings die Ansicht ausgesprochen habe, daß die Constatierung des Stimmenverhältnisses nach erfolgter Abstimmung nicht mehr zulässig sei. Nachdem aber diesbezüglich in unserer Geschäftsordnung keine Weisung enthalten ist, so ist mir nichts anders übrig geblieben, als das hohe Haus hierüber zu befragen, wie es in solchen Fällen auch meine Herren Vorgänger gemacht haben. Es lag ein specieller Antrag auf Befragen des hohen Hauses vor und die Majorität hat entschieden, daß das Stimmenverhältnis nach erfolgter Abstimmung • constariert werden soll. Bezüglich der Bemerkung des Herrn Abg. Dr. Waibel, daß eine Constatierung des Stimmenverhältnisses nach erfolgter Abstimmung physisch nicht mehr möglich sei, muß ich erwidern, daß dies im vorliegenden Falle sehr leicht möglich war, weil auf der linken Seite vier Herren sitzen geblieben sind, während alle übrigen Herren aufgestanden sind, so daß, ich wiederhole es noch einmal, die Constatierung ganz unschwierig war. Übrigens möchte ich aber, damit wir einer solchen Debatte über die Geschäftsordnung für ein anderes Mal entgehen, das Ersuchen stellen, daß in Zukunft derartige Wünsche auf Constatierung des Stimmenverhältnisses immer vor Einleitung der Abstimmung vorgebracht werden. Joh. Thurnher: Damit bin ich auch einverstanden, aber damit bin ich nicht einverstanden, daß der Herr Landeshauptmann auf das Ersuchen eines der Herren Abgeordneten nicht auch noch nachträglich das Stimmverhältnis constatieren könne. Das ginge mir denn doch über die Geschäftsordnung hinaus. Landeshauptmann: Ich kann in dieser Beziehung nichts anderes thun, als einen Wunsch auszusprechen. (Martin Thurnher ruft: Zur Tagesordnung.) Wir kommen nun zur Tagesordnung. Der erste Gegenstand derselben ist der Bericht des Landesausschusses über die Abänderung des § 3 der Grundzüge für die Organisation der Natural - Verpflegsstationen. Martin Thurnher: Der vorliegende Gegenstand ist ein Antrag des Landes-Ausschusses und bezweckt nur eine ganz geringfügige Abänderung des § 3 der Grundzüge für die Organisation der NaturalVerpflegsstationen, dahingehend, daß die Verpflegsstationen am Morgen statt, wie bisher, einen halben Liter, von nun ab einen ganzen Liter Gemüse oder derartige Speisen an die Reisenden verabreichen sollen. Ich glaube daher, daß diese Vorlage nicht an einen eigenen Ausschuß verwiesen werden, sondern direct im hohen Hause zur Behandlung kommen soll. Nachdem aber der Bericht noch nicht gedruckt ist, so stelle ich den Antrag, diesen Gegenstand von der heutigen Tagesordnung abzusetzen, den Bericht sofort in Druck legen zu lassen und dann denselben in einer späteren Sitzung ohne Verweisung an einen Ausschuß direct im Landtage der Erledigung zuzuführen. Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Martin Thurnher stellt den Antrag, diesen Bericht von der heutigen Tagesordnung abzusetzen und in Druck legen zu lassen und ihn in einer späteren Sitzung ohne Verweisung an einen Ausschuß der Erledigung zuzuführen. Wünscht hiezu Jemand das Wort? — Es ist dies nicht der Fall, ich betrachte daher diesen Antrag als mit ihrer Zustimmung versehen und es wird in diesem Sinne vorgegangen werden. 50 VIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session der 7. Periode 1891/92. Der zweite Gegenstand ist das Gesuch des Franz Josef Minder von Dornbirn, Veterinär-Mediziner, um Verleihung eines Stipendiums aus Landesmitteln. Fink: Ich glaube, daß es zweckmäßig wäre, diesen Gegenstand zur Vorberathuug und Berichterstattung dem Finanz-Ausschusse Zuzuweisen, ich stelle daher den bezüglichen Antrag. Landeshauptmann: Es ist seitens des Herrn Abg. Fink die Zuweisung dieses Gegenstandes an den Finanz-Ausschuß beantragt. Wenn Niemand hiezu das Wort wünscht, so betrachte ich diesen Antrag als angenommen. — Die Zustimmung ist gegeben und es wird die Zuweisung nach Antrag erfolgen. Der dritte Gegenstand ist die Regierungsvorlage, betreffend einen Gesetz-Entwurf wegen Befreiung von Neubauten mit Arbeiter - Wohnungen von Zuschlägen. Schapler: Ich beantrage die Zuweisung dieses Gegenstandes an den Gemeindeausschuß. Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Schapler beantragt die Überweisung dieser Regierungsvorlage an den Gemeindeausschuß. — Keine Einwendung betrachte ich als Zustimmung und es wird die Zuweisung erfolgen. Der vierte Gegenstand ist das Gesuch der Vorarlberger Wohlthätigkeits - Gesellschaft in Innsbruck um eine Subvention aus Landesmitteln. Greußing: Ich stelle den Antrag, es wolle dieser Gegenstand dem Finanzausschüsse zur Vorberathung und Berichterstattung zugewiesen werden. Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Greußing beantragt die Zuweisung dieses Gegenstandes an den Finanzausschuß. Wird gegen diesen Antrag eine Einwendung erhoben? — Da dies nicht der Fall ist, so betrachte ich denselben als mit Ihrer Zustimmung versehen. Der fünfte Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht des Gemeindeausschusses über die Ausführung des Landtagsbeschlusses, betreffend die Erlassung einer Durchführungsverordnung zum Vermögenssteuer-Circular vom 10. April 1837. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Martin Thurnher gefälligst den Bericht vorzutragen. Martin Thurnher: (liest den Bericht, Beilage XV.) Landeshauptmann: Ich eröffne über den vom Herrn Berichterstatter soeben vorgetragenen Bericht und Antrag des Gemeindeausschusses die Debatte. Dr. Waibel: Ich muß mir zu diesem Berichte einige Bemerkungen erlauben. Zuerst wende ich mich gegen den Schluß desselben und dann werde ich auf den Eingang zurückkommen. Am Schlüsse des Berichtes ist die Vermuthung und Erwartung ausgesprochen, daß die Vermögenssteuer voraussichtlich keinen langen Bestand mehr haben werde und daß durch die im Reichsrathe eingebrachte Steuerreform die Vermögenssteuer wahrscheinlich unnothwendig wird. Aus den verschiedenen Äußerungen, die man bereits im letzten Jahre hat hören können, nämlich daß die Vermögenssteuer für Vorarlberg wahrscheinlich nicht mehr nothwendig sein wird, sobald die PersonalEinkommensteuer eingeführt ist, schließe ich, daß man hauptsächlich auf diese Steuer alle Hoffnungen setzt, daß sie solche Erträgnisse abwirft, daß die Vermögenssteuer im Lande Vorarlberg unnothwendig wird. Ich habe aber von der ganzen Sache den Eindruck, daß dies wahrscheinlich nicht der Fall sein wird, denn der § 271 des vorliegenden Steuerreformentwurfes lautet folgendermaßen: „Den Landesfonden jener im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder, in welchen durch die Landes-Gesetzgebung festgesetzt ist, daß die autonomen Körper zu der Personal-Einkommensteuer Zuschläge nicht erheben dürfen, werden jährlich 20% des in dem betreffenden Lande und Jahre erzielten Erträgnisses der Personal-Einkommensteuer zu Landeszwecken überwiesen." Und umsoweniger glaube ich, daß die Vermögenssteuer im Lande Vorarlberg unnothwendig wird, wenn man die kurzen Bemerkungen in Erwägung zieht, welche der Herr Finanzminister bei Einbringung des Gesetzentwurfes gerade über diesen Paragraph gemacht hat — um deren Verlesung ich vielleicht bitten darf. (Liest.) „Die Regierung hofft, daß vermöge dieser Bestimmung einerseits die für eine gedeihliche Entwicklung der Personaleinkommensteuer unerläßliche Zuschlagsfreiheit auf einem staatsrechtlich ganz unbedenklichen Boden erreicht wird; zugleich VIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags, u. Session der 7. Periode 1891/92. 51 hofft aber auch die Regierung, daß damit ein erster und mit Rücksicht auf die Ziffer nicht ganz unbeträchtlicher Schritt in der Richtung gethan wird, den Haushalt der autonomen Körper von demjenigen zu emancipieren, was man mit einem Worte „Zuschlagswirthschaft" zu nennen pflegt. Endlich aber hofft die Regierung, daß durch diesen Vorschlag auch die Landesgesetzgebungen ein lebhaftes Interesse an dem Wohle und Gedeihen der neuen Steuer erhalten und sehen werden, daß der Staat sich nicht auf den Standpunkt stellt, seine eigenen Finanzen in Ordnung bringen zu wollen, ohne anderseits den betreffenden autonomen Körperschaften auch den ihnen gebührenden Antheil daran zuzuweisen." Wenn man sich das vergegenwärtiget, so ist wohl vorauszusehen, daß auch bei uns die Landesvertretung dem Winke des Finanzministers Folge leisten wird und daß sie den Ertrag der PersonalEinkommensteuer, insoweit er hier zur Verfügung gestellt wird, lieber für die Finanzen des Landes in Anspruch nehmen wird. Ich kenne die Gesinnung der Majorität in dieser Hinsicht nicht, aber ich glaube voraussehen zu können, daß es so kommen wird. In diesem Falle haben wir es also für den Gemeindehaushalt mit dem Ausfälle einer der wichtigsten Steuern zu thun. Ich glaube daher, daß die Fortführung der Vermögenssteuer noch länger dauert, als es hier vermuthet wird. Dies vorausgeschickt, gehe ich zum Eingänge des Berichtes über. Bei der vielfach auseilrandergehenden Auffassung über die Bestimmungen des Vermögenssteuer-Circulars hat man es allerdings als zweckmäßig gefunden, in der verflossenen Session den Antrag zu stellen, es möchte der Landesausschuß beauftragt werden, im Verordnungswege etwas Klarheit in die Sache zu bringen und den Gemeinden eine Richtschnur zu geben, nach welcher sie in den unklaren und streitigen Punkten vorzugehen haben. Diese Verordnung ist nun erlassen worden, aber sie ist einerseits — ich habe sie selbst durchgesehen — im Ganzen nichts anderes als eine Umschreibung oder Wiederholung einzelner Paragraphe des Vermögenssteuer-Circulares, andererseits eine Wiederholung und ein Auszug aus dem Vermögenssteuer-Gesetzentwürfe, der dem hohen Landtage in einer früheren Session vorgelegen ist und von demselben beschlossen wurde. Daß die Arbeit nicht mit ganz glücklicher Hand ausgeführt worden ist, davon habe ich mich bei der Durchsicht sofort überzeugt. Ich habe natürlich meine Überzeugung und sie ist nicht maßgebend, ich will auch nicht so viel Werth darauf legen, aber ich habe mich doch gefreut über den Erlaß, der von der Regierung über diese Verordnung heruntergekommen ist. Ich habe mich überzeugt, daß die Regierung selbst sofort eingesehen hat, daß in einzelnen Punkten in einer derart fehlerhaften Weise vorgegangen worden ist, die dem Sinne des Vermögenssteuer-Circulares nicht entspricht. Wenn man eine Verordnung erläßt, so muß man sich vor Allem vergegenwärtigen, daß eine Verordnung nur im Rahmen der Vorschriften des Gesetzes zu verfassen ist, und über diese Hauptvorschrift ist man eben hinausgegangen. Ich will nicht in das Einzelne eingehen; über einen Ausspruch des Erlasses der Regierung aber möchte ich doch einigermaßen meine Zweifel aussprechen. Es wird hier der autonomen Regierung des Landes, dem Landtage, das Recht, Verordnungen zu erlassen, vollständig abgesprochen. Dieser Punkt, glaube ich, ist nicht ganz richtig und die Praxis spricht auch dafür, daß dies nicht ganz zutrifft. Das Vermögenssteuer-Circular ist eine Institution, welche nach den mehrfachen Aussprüchen und Andeutungen des Verwaltungsgerichtshofes selbst als ein Gesetz betrachtet und ihm der Charakter eines Gesetzes zuerkannt wird. Der § 79 der Gemeindeordnung bestimmt, daß die Handhabung des VermögenssteuerCirculares eine ausschließliche Befugnis der autonomen Körperschaften ist. Wenn ein Streit in irgend einem Punkte über die Handhabung dieses Gesetzes entsteht, so wird derselbe nicht von Staatsorganen behoben und ausgetragen. Die Recurse in dieser Hinsicht gehen nicht an die Bezirkshauptmannschaften oder an die Gerichte, sondern an den Landesausschuß und von dort aus wieder nicht an den Staat, sondern an eine gewissermaßen außerhalb dieses Organismus stehende Behörde, an den Verwaltungsgerichtshof. Ich erinnere da an ein neueres Beispiel, daß sich der Landesausschuß eine Verordnungsbefugnis aneignete, als es sich um ein Gesetz handelte, an dessen Schluß ausdrücklich die Formel steht: „mit der Durchführung dieses Gesetzes ist Mein Minister des Innern beauftragt". Es ist dies das Gesetz 52 VIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/92. über die Naturalverpflegsstationen. Allerdings hat man dazu anch Grundzüge erlassen, aber die Herren, welche zugleich die Vorsteher von diesen Naturalverpflegsstationen sind — es sitzen einige davon hier —, werden sich erinnern, daß der Landesausschuß in Durchführung dieses Gesetzes eine Reihe von Verordnungen herausgegeben hat. Es ist dies ganz natürlich, und so, glaube ich, hätte er auch in einer Reihe von Agenden, bei welchen er autonom ist, gewiß auch das Recht, Verordnungen zu erlassen. Er muß es dabei aber darauf ankommen lassen, ob diese Verordnungen von denjenigen, für welche sie bestimmt sind, als richtig anerkannt werden. Es bleibt denjenigen, die davon betroffen werden, das Recht offen, gegen diese Verordnung bei der höheren Instanz Stellung zu nehmen. Das würde bei dieser Verordnung, die der Landesausschuß beschlossen hat — hinausgegeben hat er sie vorsichtigerweise allerdings nicht — ganz gewiß in mehrfachen Punkten der Fall gewesen sein. Aber ich setze den Fall, er habe seine Aufgabe vollkommen objectiv und mit Beobachtungen der Bestimmungen des Gesetzes durchgeführt und dann glaube ich, daß er diese Verordnungen auch hätte hinausgeben können im Sinne des Beschlusses und die Regierung nicht Hütte fragen müssen, denn in solchen Agenden steht der Landtag und der Landesausschuß nicht unter dieser Instanz. Nun es ist geschehen und wir stehen vor der Situation, daß die Vermögenssteuer in Vorarlberg noch durch längere Zeit gehandhabt werden wird. Ich will nicht weiter darauf zurückkommen, was für Gründe dafür sprechen werden. Ich glaube aber auch nicht, daß die Regierung aus eigener Initiative dieselbe ausgeben wird. Sie wird diese Institution so lange dem Lande belassen, als es dieselbe zweckmäßig hält. Für uns frägt es sich aber in diesem Momente, ob nicht in anderer Weise dem abgeholfen werden .solle oder abgeholfen werden müsse, was uns schon vor zwei Jahren veranlaßt hat, diesen Antrag zu stellen, dem der Landtag auch seine Zustimmung gegeben hat und durch den Landesausschuß solche Verordnungen verfassen zu lassen. Ich glaube in dieser Hinsicht ist durch neuerliche Vorgänge entschieden eine Besserung eingetreten. Die Hauptstreitpunkte, die sich im Laufe der Zeit namentlich bei uns in Dornbirn entwickelt haben, sind ins Reine gebracht, zwar nicht alle, aber doch die wichtigsten. Der Steuerrath von Dornbirn hat im März v. I. bei Antritt seiner Function eine Reihe von Bestimmungen erlassen, durch welche vorgeschrieben wird, wie bei Steuerfatierungen in Dornbirn vorzugehen ist. Der Gemeindevertretung erschien es aber, daß diese Bestimmungen in vielen Punkten die Befugnisse des Steuerrathes überschreiten. Diese hat dagegen Stellung zu nehmen beschlossen und hat die Sache vor den Landesausschuß gebracht. Der Landesausschuß ist aber der Auffassung des Steuerrathes beigetreten. Der Gemeinde-Ausschuß hat sich jedoch der Anschauung nicht anschließen können, daß die Auffassung des Steuerrathes und des Landesausschusses die richtige sei und hat sich eben an diejenige Instanz berufen, welche in Österreich für die Entscheidung solcher Fragen besteht, nämlich an den Verwaltungs-Gerichtshof. Der Verwaltungs-Gerichtshof hat in seiner Sitzung vom 28. Januar diese Beschwerden — es waren vier, die zusammengehörten, zwei von Gemeindevertretungen und zwei von Privatparteien — in Verhandlung gezogen und hat in allen Punkten mit Ausnahme eines einzigen der Gemeindevertretung Recht gegeben und die Auffassung des Landesausschusses in dieser Angelegenheit als dem Gesetz nicht entsprechend bezeichnet. Durch diese Entscheidung sind nun die Dinge wesentlich anders geworden. Es ist dadurch mit aller Klarheit ausgesprochen, welche Befugnisse in dieser Angelegenheit dem Gemeindeausschusse und der Gemeindevorstehung zustehen, und auf welche Befugnisse die Thätigkeit des Stenerrathes eingeschränkt ist. In einem einzigen Punkte, dem Punkt 10 der Steuerrathsgrundsätze, ist die Auffassung des Steuerrathes und des Landesausschusses als richtig oder wenigstens nicht als ungesetzlich bezeichnet worden. Es hat sich dort darum gehandelt, was der Steuerrath für Rechte bezüglich der Einsichtnahme der Materien, welche zur Beurtheilung der Vermögenssteuer gehöre, habe. Der Steuerrath hat in seiner Kundmachung sich dahin ausgesprochen, daß ihm auch die Einsicht in die Geschäftsbücher und Rechnungsabschlüsse zustehe. Wir haben geglaubt, daß das zu weit gegangen sei und der Verwaltungs-Gerichtshof hat der Auffassung des Steuerrathes Recht gegeben, aber alles Übrige VIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session der 7. Periode 1891/92. 53 ist im Sinne unserer Beschwerde erlediget und abgethan worden. Da ich doch schon seit langer Zeit an der Spitze einer Gemeinde stehe, welche auch die Vermögenssteuer handhabt und ich in Folge dessen gewiß einigermaßen Einsicht und Erfahrung in dieser Angelegenheit bekommen habe, so glaube ich und jeder, der unbefangen urtheilt, daß wenigstens in Dornbirn mit dieser Entscheidung die Sache in allen wesentlichen Dingen in Ordnung gebracht ist. Ein Einziges steht nach meinem Dafürhalten aus, das unter Umstünden, wo man eben kritisch ist, zu Differenzen führen kann, d. i. der § 12 des Circulares — die Frage über die Wahl des Steuerrathes. Diese Frage ist nicht geordnet. (Martin Thurnher ruft: Ist auch geordnet durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes. ) Ich bitte mich aussprechen zu lassen; sie ist nicht geordnet. § 12 des Circulares sagt: „der Steuerrath ist die von den Gerichts- und Gemeindeangehörigen selbst auszuwählende eigene Commission . ..." (Martin Thurnher ruft: Sehr klar!) Es liest sich sehr klar, ganz richtig. Nun wird aber diese Steuerrathswahl in den Gemeinden, wie ich höre, sehr verschieden vorgenommen. Es giebt Gemeinden, in welchen einfach ausgerufen wird, an dem und dem Tag ist Steuerrathswahl, die Leute werden eingeladen, Zettel mitzubringen, ein Gemeinderath — Commission ist keine da — nimmt die Zettel in Empfang und ermittelt so das Stimmenverhältnis. Es giebt ganz intelligente Gemeinden, wo es so gemacht wird. Bei uns ist immer eine Liste aufgelegt worden oder man hat gesucht, der Sache in anderer Weise gerecht zu werden. Bezüglich der Wahl des Steuerrathes sind allerdings von uns aus zwei Dinge zur Entscheidung gebracht worden, nämlich fürs Erste die Frage, ob nicht etwa der Gemeindeausschuß die Befugnis habe, diese Wahl vorzunehmen. Man hat sich diese Frage deshalb gestellt, weil man aus anderen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes ersehen hat, daß anderweitige Bestimmungen des Vermögenssteuer-Circulares aufgehoben oder wenigstens anders gedeutet worden sind. Es hat nämlich früher, wenn es sich um die Einführung der Vermögenssteuer oder auch um die Abschaffung derselben gehandelt hat, die Einrichtung bestanden, daß nach § 2 des Circulares ihre Wiedereinführung in dem Falle bewilligt werde, wenn in einer eigens dieserwegen abzuhaltenden Gemeindeversammlung sich wenigstens zwei Dritttheile der stimmberechtigten Gemeindeglieder dafür erklären. Ebenso ist vorgesehen, daß auch die Abschaffung in derselben Weise zu geschehen habe. Der Verwaltungs-Gerichtshof hat aber anläßlich eines Streitfalles ausdrücklich den Grundsatz ausgesprochen, daß die Einführung und Aufhebung der Vermögenssteuer dem Gemeindeausschusse obliege. Dieser ist befugt, darüber Beschluß zu fassen und nicht die Gesammtgemeinde, denn durch die Einführung der Gemeindeordnung ist an die Stelle der sogenannten Gesammtgemeinde der Gemeindeausschuß getreten. Nach diesen beiden Entscheidungen bezüglich Einführung und Abschaffung der Vermögenssteuer hat man also den Schluß gezogen, es könnte möglicherweise, nachdem im Circulare einfach gesagt ist „von Gemeindeangehörigen", auch der Gemeindeausschuß die Befugnis haben, die Wahl vorzunehmen. Wir haben diese Streitfrage in Dornbirn bis zum Verwaltungsgerichtshof gebracht und der Verwaltungsgerichtshof hat sich darüber ganz klar dahin ausgesprochen, die Einführung sowohl als auch die Abschaffung der Vermögenssteuer stehe dem Gemeindeausschusse zu. Dort aber, wo die Vermögenssteuer eingeführt ist, ist die Wahl des Steuerrathes gemäß § 12 des Circulares durch Gemeindeangehörige vorzunehmen. Diese Frage ist also entschieden. Nun kommt die zweite Frage. Diese ist allerdings auch durch den Landesausschuß zur Entscheidung gelangt, aber in einer, mir kommt es wenigstens so vor, ganz merkwürdigen Weise. Wenn wir damals nicht gedrängt gewesen wären, diese Angelegenheit stocken zu lassen, um wenigstens die Wahl nicht länger aufzuhalten, so würden wir auch diese Frage dem Verwaltungsgerichtshose zur Entscheidung vorgelegt haben, und wenn dieselbe wieder aufs Tapet kommt, so wird dies voraussichtlich auch geschehen müssen. Wenn Sie den Wortlaut des Gesetzes anschauen, so werden Sie mir schwerlich eine präcise Antwort geben können, wer eigentlich zur Wahl berufen ist, beziehungsweise auf welche Persönlichkeiten 54 VIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. H. Session der 7. Periode 1891/92. in der Gemeinde die Wahl ausgedehnt werden muß. Der § 12 des Circulares sagt: „Der Steuerrath ist Die von Den Gerichts- oder Gemeindeangehörigen selbst auszuwählende eigene Commission. .. Nach einem Aussprache, der über diesen Terminus „Gemeindeangehörige" vom Verwaltungsgerichtshofe vorliegt, sind darunter alle Gemeindeglieder zu verstehen mit Ausnahme derjenigen, auf welche im letzten Absatz des § 6 der Gemeindeordnung hingewiesen ist. Wer nun von allen diesen Personen zur Wahl berufen ist, ob alle in einer Gemeinde Heimatsberechtigte, Männer, Weiber etc., das ist nicht gesagt. Überall, wo man zu Wahlen schreitet, wird zuerst festgestellt: Wahlberechtiget ist die und die Person, welche diese und diese Eigenschaften hat; entweder müssen sie Geistliche sein oder Beamte oder Promovierte, oder sie müssen so und so viel Steuer zahlen. Was bisher in dieser Beziehung gehandhabt worden ist, war lediglich Praxis ohne bestimmte Vorschrift. Ich glaube daher, daß der § 12 des Circulares, wenn man die Schwierigkeiten, die sich dort ergeben können, beheben will, einer Änderung unterzogen werden soll. Voraussichtlich wird auch die hohe Regierung einer Änderung einzelner Bestimmungen nicht entgegentreten. Ich will einen diesbezüglichen Antrag nicht stellen, weil ich schon von vornherein weiß, daß Anträge von meiner Seite feine Aussicht auf Erfolg haben, meine Meinung mußte ich aber doch aussprechen. Ich mache nur einen Vorschlag und spreche den Wunsch aus, daß der Landesausschuß mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten, die sich bezüglich der Terminierung der Wahlberechtigten bei unbefangener Beurtheilung dieses Paragraphen ergeben, seinerzeit einen Abänderungsentwurf vorlegen möge. Wenn sich dann der Landesausschuß zu dem entschlossen haben wird, so würde ich noch auf Einiges Hinweisen, was aus diesem Gesetze zu entfallen hätte. Es wäre dies der Absatz 2 des § 15, der vorschreibt, daß der Landesgerichtsbeamte, heutzutage der Bezirkshauptmann oder dessen Delegierter, der die Wahl zu leiten hat, den Gemeindeangehörigen die Pflicht nachdrücklichst ans Herz zu legen und das Handgelübde darüber abzunehmen hat, ihre Fassionen gewissenhaft und der Wahrheit gemäß zu verfassen. Diese Vorschrift ist einfach unausführbar, weil sie aber doch da ist, so könnte sie möglicherweise zu Streitigkeiten oder was immer Anlaß geben. Ebenso könnte man die §§ 21, 22 und 23 vollständig streichen, weil sie gänzlich unnothwendig sind. Der Punkt bezüglich der Wahlberechtigung, ich muß es gestehen, scheint mir einer Verbesserung dringend bedürftig und ist nach meiner Ansicht noch das Einzige, was eine Erklärung benöthiget. Alles Andere ist durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Jänner und durch die vorausgegangenen Entscheidungen klar gestellt und ich glaube, daß alle diejenigen, welche in dieser Sache zu thun haben, dankbar sein werden, wenn auch in diese Frage Klarheit gebracht wird. Hiemit schließe ich. Vielleicht werde ich im Laufe der Debatte mir noch einige Bemerkungen zu machen erlauben. Johann Thurnher: Ich habe zu den Ausführungen des geehrten Herrn Vorredners nur zwei ganz kurze Bemerkungen zu machen. Er hat damit angefangen, den letzten Satz des Berichtes zu kritisieren, und die Ansicht ausgesprochen, daß auch nach Einführung der Personal - Einkommensteuer oder überhaupt nach Durchführung des Steuerreformwerkes die Vermögenssteuer im Lande Vorarlberg nicht entbehrlich sein werde. Ich muß bekennen, daß ich das Gefühl habe, als stünde ich hier mit den Anschauungen des geehrten Herrn Vorredners ganz ans demselben Standpunkte. Man kann natürlich nicht wissen, wie die Steuerreform ausfallen wird; aber ich habe das Gefühl, daß wir die Vermögenssteuer auch nachher nicht werden entbehren können zur Deckung der Bedürfnisse in den Gemeinden. Nicht einverstanden aber bin ich mit einer anderen Stelle seiner Rede, wo er gesagt hat, er stelle keinen Antrag, weil Anträge von seiner Seite hier keine Berücksichtigung finden. Das ist, glaube ich, nicht richtig. Die Anträge werden geprüft, kommen sie nun von wem immer, und den Beweis dafür, daß ein Antrag von seiner Seite auch entsprechende Würdigung gefunden hat, liefert gerade der gegenwärtige Bericht, der mit folgendem Satze beginnt: „Über Antrag des Herrn Abg. Dr. Waibel beauftragte der Landtag mit Beschluß vom 8. November 1890 den Landes-Ausschuß, eine Durchführungsverordnung zum Vermögenssteuer-Circular vom 10. April 1837 auszuarbeiten." Also ganz genau ist der Antrag angenommen worden. VIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags, II. Session der 7. Periode 1891/92. 55 Dr. Waibel: Ich möchte nur noch einige Worte bemerken. Es ist ganz richtig, dieser Antrag den ich gestellt habe, ist angenommen worden. Ich habe aber auch andere Anträge gestellt, insbesondere auch mit meinen Herren Collegen bezüglich der gewerblichen Fortbildungsschulen, der landwirthschaftlichen Fortbildungsschulen, die eine Berücksichtigung nicht gefunden haben, obwohl sie eine solche verdient hätten. In dem vorliegendem Falle weiß ich wohl, daß ich im Sinne Vieler gesprochen habe, als ich diesen Antrag stellte; und daß dann vielleicht gerne Anlaß genommen wurde, auf das Vermögenssteuercircular irgendwie Einfluß zu nehmen. Nun wenn die Herren geneigt sind einen Antrag anzunehmen, so können Sie das, was ich ausgesprochen habe, bezüglich des § 12 als solchen annehmen. Ich werde den Antrag schriftlich fassen; derselbe lautet: „Der Landesausschuß wird beauftragt, eine geeignete Abänderung des § 12, betreffend die Wahl des Steuerrathes zu entwerfen, und dem Landtage vorzulegen." Johann Thurnher: Ich bin ganz einverstanden damit, daß der Herr Abgeordnete der Handels- und Gewerbekammer jetzt diesen Antrag, den er in peto hatte, formuliert und im hohen Hause einbringt, und ich bin sehr erfreut darüber, daß gerade meine Bemerkung den Anlaß bildete, diesen Antrag zu bekommen. Daraus jedoch im vorhinein den Schluß zu ziehen, daß man auf den Antrag selbst eingehe, wäre doch zu gewagt; ich habe ausdrücklich gesagt, wir prüfen die Anträge, gleichgültig von wem sie kommen. Nur gegen den Ausspruch, daß keine Anträge von jener Seite des hohen Hauses angenommen werden, habe ich geredet. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? — Wenn sich Niemand mehr zum Worte meldet, erkläre ich die Debatte für geschlossen. Herr Berichterstatter! Martin Thurnher: Ich werde mich ganz kurz fassen und nur wenige Bemerkungen machen über das, was der Herr Abgeordnete der Handels- und Gewerbekammer über den vorliegenden Bericht gesagt hat. Er hat am Beginne seiner Rede der Ansicht Ausdruck gegeben, daß die Vermögenssteuer in Vorarlberg auch nach Zustandekommen der allgemeinen staatlichen Steuerreform aufrecht erhalten werden müsse. Nun die Möglichkeit, daß diese Ansicht berechtigt erscheint, ist ja nicht ausgeschlossen. Im Berichte wird ja diesbezüglich nicht so fast das Entbehrlichwerden der Vermögenssteuer als apodiktisch hingestellt, es wird nur der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß es dazu kommen werde. Übrigens, wenn es auch so geschehen sollte, daß die Personal-Einkommensteuer nicht dazu verwendet werden könnte, um als Grundlage der Verumlagung der Gemeinde-Erfordernisse zu dienen, so wären von den neuen Steuern doch andere, welche sich hiezu eignen würden, z. B. die Rentensteuer. Die Rentensteuer, wie sie vom Staate in der Folge eingeführt wird, ist nichts anderes, als unsere bisherige Vermögenssteuer, soweit es sich um das Kapital und die Renten der einzelnen Steuerträger handelt. Es könnte also die Gemeindegesetzgebung ganz leicht dahin geändert werden, daß man nicht, wie es bei dem jetzigen Wortlaute der Gemeindegesetzgebung der Fall ist, bei Verumlagungen auf die staatlichen Steuern alle staatlichen Steuern gleichmäßig mit Gemeinde-Umlagen belasten würde. Es könnte den Gemeinden freigestellt werden, auf die Rentensteuer z. B. eine höhere Gemeindeumlage zu legen, als auf die Grundsteuer, Häusersteuer u. dgl. Man muß die Dinge zuerst herankommen lassen, bevor man über diesen Punkt endgültig sich eine Meinung bilden kann. Der Herr Vorredner ist dann zu einem anderen Punkto übergegangen und hat gemeint, der Landesausschuß hätte nach seiner Anschauung das Recht gehabt, eine Verordnung zu erlassen. Nun diese Meinung haben wir halbwegs auch gehabt, sonst hätten wir seinem Anträge im Vorjahre, wenn wir ihn auch sachlich für gerechtfertiget gehalten haben, ans formellen Gründen nicht zustimmen können. Ein Unterschied aber zwischen dem von ihm angezogenen Gesetze und dem Vermögenssteuergesetze war doch vorhanden. Der Herr Vorredner hat nämlich gesagt, bezüglich des Gesetzes über die Natural-Verpflegsstationen habe der Landesausschuß eine Reihe von Verordnungen bereits hinausgegeben. Das ist wahr, und der Landesausschuß wird das auch fernerhin bei jedem Anlasse thun, wo er glaubt, daß es nothwendig sei. Aber im Gesetze über die Natural-Verpflegsstationen ist ausführlich gesagt, daß die Art und Weise der Durchführung desselben Sache des Landesausschusses sei, während eine solche Bestimmung im Vermögenssteuer-Circulare in keinem Paragraphe vorkommt. 56 VIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session der 7. Periode 1891.92. Die hohe Regierung hat sich dadurch, daß sie unser Gesetz über die Natural-Verpflegsstationen der kaiserlichen Sanction unterbreitete, in dieser Hinsicht, weil es sich um eine rein interne Angelegenheit des Landes handelt, vollständig des Verordnungsrechtes in diesen: speciellen Falle begeben, und man kann dem Landesausschusse keinerlei Vorwurfe machen und keine Einwendungen dagegen erheben, wenn er auch in der Folge in der Weise vorgeht, wie er es bisher gethan hat. Herr Dr. Waibel hat weiter die Ansicht ausgesprochen, man sei unrichtig vorgegangen, wie es auch in der Erklärung der hohen Regierung heißt, daß einige Paragraphen so interpretiert worden seien, wie es nur durch eine Änderung des Gesetzes möglich war. Es ist dem Herren Abgeordneten bekannt, daß der Landesausschuß vor einigen Jahren sich wiederholt Mühe gegeben hat, das Vermögenssteuer-Circulare einer entsprechenden Änderung zu unterziehen und gerade die Richtsanction des betreffenden Gesetzes oder vielmehr die ablehnende Haltung, welche die hohe Regierung gegen das Zustandekommen jenes Gesetzes einnahm, veranlaßte ja den Herrn Abgeordneten im Vorjahre diesen Antrag zu stellen. Nachdem aber einmal der hohe Landtag auf Grund seines Antrages diesen Beschluß gefaßt hatte, so mußte der Landesausschuß auch darauf bedacht sein, die zahlreichen Lücken und Mängel, die das Gesetz aufweist, einigermaßen in seiner Durchführungsverordnung zu beheben, weil sonst eine Durchführungsverordnung vollständig werthlos gewesen wäre. Es kommt aber auch in den Verordnungen der Regierung mitunter vor, daß Bestimmungen hinein genommen werden, von denen im Gesetze nichts steht; es kommt sogar vor, daß Verordnungen der hohen Regierung, und zwar bei neuen Gesetzen, nicht etwa bei veralteten und den Zeitverhältnissen gar nicht mehr entsprechenden, wie das Vermögenssteuercirculare vom Jahre 1837 eines ist, — mitunter solche Bestimmungen enthalten, die eigentlich im Widerspruche mit dem betreffenden Gesetze stehen. Ich kann, um nur ein kleines Beispiel anzuführen, auf die Arbeiterordnung vom 8. März 1885 verweisen. Da heißt es im § 75 1. Absatz ausdrücklich: An Sonn- und Feiertagen hat alle gewerbliche Arbeit zu ruhen; und die bezügliche!: Verordnungen — die eine vom 27. Mai und die andere, soviel mir erinnerlich, vom September desselben Jahres datiert — haben eine Unzahl von Ausnahmen geschaffen, so daß dieser Paragraph nahezu seinen ganzen Werth verloren hat. Soweit sind wir nicht gegangen, wir haben durch unsere Interpretation des Gesetzes in der Durchführungs-Verordnung mir die ärgsten Lücken und Mängel des Gesetzes zu beheben gesucht. Weiter hat der Herr Vorredner beliebt, auch auf die Vorgänge bezüglich der Beschlüsse des Steuerrathes von Dornbirn vom Vorjahre zurück zu kommen und hat gesagt, daß mit Ausnahme eines Punktes, ich glaube des Punktes 10, der beschwerdeführenden Gemeindevorstehung vom Verwaltungsgerichtshofe Recht gegeben worden fei. Ich will nicht darauf Hinweisen, daß gerade der Recurs gegen Punkt 10 sehr odios für die GemeindeVorstehung erscheint, weil diese dagegen remonstrierte, daß der Steuerrath zur genauen Ermittlung des Vermögens der Fatierenden in die Geschäftsbücher Einsicht nehme. Das ist doch nicht im Interesse der Gemeindeverwaltung gelegen, daß sie dem Steuerrathe derart die Hände binden wollte, daß sie ihm diesen Einblick durch einen Ausspruch des Verwaltungsgerichtshofes verhindern wollte. (Dr. Waibel ruft: Das ist bisher nie practiciert worden.) Geschäftsbücher sind öffentliche Urkunden oder Documente, wie sie im betreffenden Paragraph des Vermögenssteuergesetzes genau bezeichnet werden. Es ist auch nicht richtig, was der Herr Vorredner gesagt hat, daß in allen übrigen Punkten zu Gunsten der beschwerdeführenden Gemeinde und der Beschwerdeführer entschieden worden sei. Es ist nur ein allgemeiner Punkt damit klar gestellt worden, dahingehend, daß das, was der Steuerrath von Dornbirn nach dem Vermögenssteuergesetze selbst thun zu müssen glaubte, nämlich Grundsätze aufzustellen, nicht seine Aufgabe sei, sondern Aufgabe der Gemeindevertretung. Es ist nur eine Competenz-Frage entschieden worden; in den übrigen Punkten aber ist gar nichts entschieden worden, in materieller Beziehung nämlich. Es ist z. B. keine Entscheidung darüber erflossen, ob das Vermögen der Gattin und der Kinder gemeinsam mit dem Vermögen des Gatten oder Vaters, oder ob jedes dieser Vermögen getrennt zu satteren sei; das hat die Gemeindevertretung zu bestimmen, und wenn sich Jemand gegen solche von der Gemeindevertretung zu erlassenden Bestimmungen beschwert erachtet, so muß von Vorne angefangen VIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session der 7. Periode 1891/92. 57 werden, um eine diesbezügliche Entscheidung herbei zu führen. Der Herr Vorredner hat dann schließlich einen Antrag gestellt und zwar bezüglich des � 12 des Circulares, wornach der Steuerrath von den Gemeindeangehörigen zu wählen sei. Nun der Herr Vorredner hat bereits darauf hingewiesen, daß der Landesausschuß in dieser Angelegenheit eine Entscheidung schon getroffen habe, und diese Entscheidung ist vorläufig in Rechtskraft, weil dagegen kein Rekurs ergriffen worden ist. Die Gemeindevorstehung von Dornbirn hatte nämlich geglaubt, es müssen, wenn der Steuerrath zu wählen sei, sämmtliche Gemeindeglieder, ob jung oder alt, mit Ausnahme der Auswärtigen, seien sie nun Vermögenssteuerpflichtige oder nicht Vermögenssteuerpflichtige, das Recht haben, an der Wahl theil zu nehmen. Es wäre so herausgekommen, als ob nun Kinder und Greise, ob sie je eine Steuer entrichtet haben oder nicht, oder ob Aussicht vorhanden sei, daß sie je im Leben dazu kommen werden, eine Steuer zu entrichten, zur Wahlurne hätten schreiten müssen. Einer solchen Auslegung konnte selbstverständlich der Landesausschuß nicht beistimmen, sondern er hat sich dahin ausgesprochen, es seien nur jene zur Wahl zuzulassen, die selbst jetzt schon vermögenssteuerpflichtig seien. Das ist nur so aufzufassen, daß sie bereits im letzten Jahre irgend eine Vermögenssteuer entrichtet haben. Eine andere Auslegung, glaube ich, darf der Herr Vorredner auch in Zukunft vom Laudesanssämsse nicht erwarten. Ich wüßte daher nicht, warum man jetzt noch eine Ausführungsverordnung zu � 12 beschließen sollte; dieselbe würde so lauten, wie der Landesausschuß sich bereits prinzipiell in der diesbezüglichen Entscheidung ausgesprochen hat. Diese Auslegung des § 12 ist also erfolgt und man kann dieselbe, wenn man will, publicieren, aber eine Ausführungsverordnung ist absolut nicht nothwendig, weil sie eben schon besteht. (Dr. Waibel ruft: Eine Gesetzesänderung.) Der Herr Vorredner ruft mir „Gesetzesänderung" zu. Das ist ein ganz unzutreffender Zuruf, denn er bedeutet, daß der Herr Vorredner die Geschichte des Steuer-Circulares ganz vergessen hat. Der Landtag und der Landesausschuß haben sich, wie bereits früher erwähnt, die größte Mühe gegeben, eine Änderung herbeizuführen, die hohe Regierung lehnte aber jede Änderung, sei es nun am Gesetze oder in der Durchführung, entschieden ab. Daher ist auch dieser Zuruf gegenstandslos, weil er von uns etwas fordert, was absolut und unter allen Umständen unmöglich ist. Weiter habe ich dem nichts mehr beizufügen. Bezüglich des � 15 wäre eine Änderung in dem Entwürfe einer Durchführungsverordnung bereits vorgesehen gewesen, und zwar beiläufig in dem Sinne, wie sie der Herr Vorredner gewünscht hat. Dieser Paragraph hat aber, wie alle andern, die Zustimmung der hohen Regierung nicht gefunden, und man kann auch in dieser Beziehung vorläufig nichts thun, bis die hohe Regierung zu anderer Ansicht kommt, bis sie einsieht, daß etwas geschehen müsse, wenn man dieses Gesetz aufrecht erhalten will. Ich kann also für den Antrag des Herrn Vorredners nicht eintreten, weil das, was er will, bereits durch eine Entscheidung des Landesausschusses festgesetzt ist und ich die Überzeugung habe, daß der Landesausschuß auch in einer Verordnung nichts anderes sagen könnte, als was er bereits beschlossen und gesagt hat. Ich kann nichts anderes thun, als die Herren ersuchen, den vorgetragenen Bericht zur Kenntnis zu nehmen und es der Zukunft zu überlassen, ob diesbezüglich durch Verhandlungen mit der hohen Regierung irgend etwas zu erzielen sei. Jetzt wenigstens ist nichts zu machen. Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Dr. Waibel hat einen Antrag gestellt, den ich als Zusatzantrag zu dem vom Ausschüsse gestellten Antrag betrachte, weil der eine den andern nicht ausschließt. Derselbe lautet: „Der Landesausschuß wird beauftragt, eine geeignete Abänderung des 8 12, betreffend die Wahl des Steuerrathes, zu entwerfen und dem hohen Landtage vorzulegen. Dr. Waibel: Ich bitte um das Wort zu einer thatsächlichen Berichtigung. Eine Bemerkung des Herrn Berichterstatters dürste geeignet sein, eine falsche Auffassung bezüglich der Steuerraths-Wählerliste für Dornbirn zu erwecken, welche Gegenstand einer Entscheidung des Landesausschusses gewesen ist. Es ist in die Wählerliste nicht alles erdenkliche ausgenommen worden, Kind und Kegel Alt und Jung, sondern es sind ausgenommen worden. 58 VIII. Sitzung des Vorarlberger Landtages. II. Session der 7. Periode 1891/92. ganz im Sinne der Ausführungen des Herrn Berichterstatters selbst und ich glaube auch, wenn man schon Einschränkungen machen will, im Sinne des Circulares, alle Diejenigen, von welchen ein Besitz uachgewiesen ist und von welchen, wenn sie auch keinen Realbesitz gehabt haben, wenigstens ein anderweitiges Vermögen vorhanden war und durch die Steuerliste des letztvergangenen Jahres nachgewiesen wurde. Das hielten wir für ein correctes Vorgehen,