18920406_lts018

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Letzte Änderung 02.07.2021, 18:44
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp07,lts1892,lt1892,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag am 6. April 1892 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 17 Abgeordnete. Abwesend die Herren : Hochwürdigster Bischof Dr. Zobl, Dr. Weck, Decan Berchtold und Johann Thurnher. Regierungsvertreter: Herr Statthattereirath Graf St. Julien-Wallsee. Beginn der Sitzung um 10 Uhr 10 Min. Vormittags. Landeshauptmann: Ich erkläre die Sitzung für eröffnet und bitte um Verlesung des Protocolles der letzten Sitzung. (Secretär verliest dasselbe.) Hat einer der Herren gegen die Fassung des Protocolles eine Einwendung zu erheben? — Es ist dies nicht der Fall, somit betrachte ich dasselbe als genehmiget. Der Herr Landeshauptmann-Stellvertreter ist verhindert, bei der heutigen Sitzung zu erscheinen, weil er einer Sitzung des Landes-Sanitätsrathes in Innsbruck beiwohnen muß. Herr Johann Thurnher hat sich wegen Berufsgeschäften für die heutige Sitzung entschuldiget und der hochwürdige Herr Decan Berchtold hat mich für die drei Tage, welche die Session etwa noch in Anspruch nehmen wird, um Urlaub gebeten, weil er diese Zeit in seinem Berufe als Seelsorger daheim zuzubringen habe, und ich habe ihm diesen Urlaub, da es in meiner Competenz steht, ertheilt. Ich bitte dies zur Kenntnis zu nehmen. Wir kommen nun zur Tagesordnung. Den ersten Punkt derselben bildet der selbstständige Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Waibel in Angelegenheit des Grundbuches für Vorarlberg. Der Antrag wurde in der letzten Sitzung verlesen und von der Drucklegung desselben Umgang genommen. Ich erwarte über die geschäftliche Behandlung dieses Gegenstandes einen Antrag. Dr. Waibel: In Bezug auf die formelle Behandlung möchte ich den Antrag stellen, daß dieser Gegenstand dem volkswirthschaftlichen Ausschüsse überwiesen werde. 216 XVIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session der 7. Periode 1891/92. Ich gebe mich jedoch der Täuschung nicht hin, als ob nicht eine andere Behandlung dieses Gegenstandes stattfinden werde und ich gewärtige, daß für die Ablehnung dieser Zuweisung Gründe vorgebracht werden. Die Gründe, welche dafür vorgebracht werden können, sind meines Erachtens zwei. Der eine Grund würde der sein, daß wir am Schlüsse der Session stehen und daß wohl auch eine Erledigung durch den volkswirthschaftlichen Ausschuß und eine Schlußverhandlung kaum mehr thunlich sei. Diesen Standpunkt, meine Herren, finde ich vollkommen begreiflich und ich würde mich darüber auch ganz leicht trösten können, weil es sich um eine Angelegenheit handelt, welche wir im nächsten Jahre wieder zur Sprache bringen wollen, und welche ihrer Natur nach wenigstens ein Jahr noch warten kann. Ich habe den Antrag eingebracht, ohne daß ich dabei von deu Mitgliedern unterstützt worden wäre, welche im übrigen meiner Gesinnung sind. Ich kann aber erklären, daß die Herren mit dem Inhalte des Antrages einverstanden sind. Es war lediglich die Frage des Zeitpunktes der Einbringung dieses Antrages, welche zwischen uns eine Differenz der Meinung ergeben hat. Meine Herren Collegen waren der Ansicht, es sollte das Resultat der in Tirol jetzt schwebenden Verhandlungen über diesen Gegenstand abgewartet werden. Ich war der Ansicht und bin es noch, daß aus dieses Resultat nicht zu warten sei, sondern daß es im Gegentheile eine Unterstützung der Action in Tirol bilden würde, wenn in diesem Landtage die Grundbuchsfrage auch heuer noch zur Sprache und in Anregung gebracht würde. Die Erledigung, welche diese Angelegenheit in Tirol, welches in dieser Hinsicht mit uns in Zusammenhang steht, erlebt hat, ist den Herren bekannt. Es ist ein Antrag angenommen worden, welcher dahin geht, die Angelegenheit zu vertagen und sich einstweilen lediglich mit der Identificierung, wie dieselbe auch bei uns in Vorarlberg durchgeführt worden ist, zu begnügen. Dieser Antrag wurde mit 24 gegen 19 Stimmen angenommen, ein Beweis, daß eine sehr namhafte Anzahl von einsichtsvollen Männern des Landes Tirol die Dringlichkeit der Reform der öffentlichen Bücher eingesehen hat und mit aller Energie dafür eingetreten ist. Der Antrag ist so beschaffen, daß der Gegenstand voraussichtlich im nächsten Jahre im Hause wieder zur Sprache gebracht wird, daß er weiterhin mit derselben Energie verfolgt werden wird, mit welcher derselbe in die Hand genommen wurde. Der andere Theil des Antrages bezweckt, daß die Identificierung vorgenommen werden soll, was für Tirol dieselben Folgen haben wird, wie für uns; daß die Gemeinden Arbeiten zu leisten haben werden, welche mit großen Kosten verbunden sind, mit Kosten, die, wenn die Sache im Sinne des ursprünglichen Antrages erledigt worden wäre, den Gemeinden im Wesentlichen erspart geblieben wären. Es ist recht, wenn das Land Tirol diese Erfahrung auch macht. Über den Gegenstand selbst ist es wohl nicht nothwendig, sich in das Weite zu verlieren, weil ja doch keine Aussicht vorhanden ist, mit demselben heuer im Wesentlichen zu einem Ziele zu kommen. , Demungeachtet halte ich es für geboten, die Gesichtspunkte, welche im Antrage enthalten sind, mit einigen Worten zu illustrieren. Wenn ich diesen Antrag, ohne mich darin aufhalten zu lassen, noch gestellt habe, so glaube ich dazu einen gewissen Beruf zu haben, weil ich in diesem Hause der einzige Vertreter einer Finanz-Institution bin, welche ein Interesse an der definitiven Ordnung der öffentlichen Bücher hat. Dieses Finanzinstitut ist die Sparcasse in Dornbirn. Das gleiche Interesse hat die Sparcasse in Feldkirch und die Sparcasse in Bregenz. Der Hypothekenstand an diesen drei Instituten ist nach den Rechnungsabschlüssen vom Jahre 1890 folgender: In Feldkirch ist der Hypothekenstand 813, 000 fl. rund; ich will die Hunderter nicht nennen. In Bregenz hat der Hypothekenstand der Sparcasse eine Höhe von 460, 000 fl. und in Dornbirn eine solche von 231, 000 fl. Der Grund, warum die Sparcasse der Gemeinde Dornbirn im Vergleich zu den beiden anderen Sparcassen einen so niedrigen Hypothekenstand hat, ist folgender: Die Sparcasse in Dornbirn hat erst von dem Zeitpunkte an, als die Hypothekarerneuerung durchgeführt war, begonnen, Hypothekaranlagen in größerem Maßstabe zu machen. Mit Rücksicht auf den Zustand der Verfachbücher hat die Sparcasse in Dornbirn vor diesem Zeitpunkte Hypothekaranlagen nur unter der Bedingung hinausgegeben, daß der Hypothekarschuldner XVIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session der 7. Periode 1891/92. 217 noch einen Bürgen zur Sicherheit beigebracht hat. Institute von dieser Bedeutung für den Landescredit haben wohl, glaube ich, einen Anspruch zu verlangen, daß eine gesicherte Ordnung der öffentlichen Bücher hergestellt werde, und die Pflicht, dieses Verlangen bei jeder Gelegenheit zu vertreten. Was in Tirol in dieser Angelegenheit für Erfahrungen gemacht worden sind, das wissen wir, und ich erinnere nur daran, daß selbst jener Herr, welcher jederzeit der intelligenteste und kräftigste Vertreter der Hypothekarerneuerung gewesen ist, Baron Giovanelli, im Jahre 1884, also nach Ablauf von erst 12 Jahren, sich bemüßigt fand, im Tiroler Landtage auf die bereits entsetzlich gewordene Verwirrung in den öffentlichen Büchern hinzuweisen. Merkwürdigerweise ist aber diese Anregung, wahrscheinlich weil man sich nicht zu helfen wußte oder nicht helfen wollte, liegen geblieben und erst in jüngster Zeit, nachdem ein bedeutsamer Wechsel in den Präsidien der dortigen Gerichtsinstanzen, des Ober-Landesgerichtes und des Landesgerichtes, eingetreten ist, ist diese Frage wieder in ernsthafter Weise in die Hände genommen worden. Die Verhandlungen, welche in den Tagen vom 2. und 3. Februar d. I. stattgesunden haben, haben ein interessantes Bild über die Zustände gegeben und ein interessantes Bild auch darüber, was für Gesichtspunkte sich in Anbetracht dieser Frage herausgebildet haben. Es ist allerdings nicht zu dem gekommen, was dort in Aussicht genommen wurde, nämlich zur Einführung des Grundbuches; es ist aber damit nicht gesagt, daß die Einführung des Grundbuches mit diesem Antrage Wackernell für immer abgelehnt sei. Wir haben die gleiche Reform der öffentlichen Bücher unternommen, wie sie in Tirol im Anfänge der 70er Jahre unternommen worden ist, allerdings mit einer Beigabe, welche geeignet war, doch in einem höheren Maße für eine Zeit lang eine Ordnung der öffentlichen Bücher herbeizuführen und die Unordnung einigermaßen zu beheben, das ist die Vornahme der Identificierung. Aber wer von dem Zustande dieser öffentlichen Bücher Kenntnis hat, der weiß, daß mit dem allein nicht geholfen ist; der weiß, wie unsicher diese öffentlichen Bücher sind und sein müssen. Gibt es ja kein deutlicheres Zeugnis für die Unverläßlichkeit dieser Bücher, als daß der Chef des Gerichtes, welchem die Führung dieser Bücher untersteht, niemals in der Lage ist, mit Sicherheit einen sogenannten Hypothekarextract zu geben. Es heißt nur: In Folge Nachschlagens sind diese Lasten vorgesunden worden. Das Gericht, die Instanz, wo das öffentliche Buch aufliegt, gibt keine Bürgschaft dafür, daß dieser Hypothekarauszug richtig, daß er erschöpfend sei. Es ist dies ja auch nicht möglich, aus folgenden Gründen: 1. Einmal hat der Richter bei der Verfachung der Urkunden, die zu ihm kommen, nicht zu untersuchen, ob diese Urkunden in allen Theilen richtig abgefaßt sind, er hat sie einfach zu verfachen. 2. Die sogenannten Cessionen, auch ein wichtiger Eigenthumsact, ferner die Löschung von bestehenden Pfandposten, die werden dann und wann einmal zur Verfachung gebracht, es bestimmt aber keine Vorschrift, daß sie zur Verfachung gebracht werden müssen, und sie werden auch sehr häufig nicht versucht. Wir stehen jetzt allerdings noch einer gewissen Ordnung sehr nahe, aber es ist nicht zu verkennen — und ich habe darüber mit Männern gesprochen, welche in der Lage sind, über diesen Zustand ein Urtheil abzugeben — es ist nicht zu verkennen, daß wir geradezu trotz der Identificierung derselben Verwirrung entgegengehen, wie sie in Tirol besteht. Ich bin der Ansicht, daß man ein solches Ereignis nicht früh genug ins Auge fassen kann, und wir, die wir uns schon seit dem Jahre 1861 mit der Sache befassen, ich meine den hohen Landtag, haben gewiß den Beruf, hier die Augen nicht zu verschließen, sondern offen zu halten, um rechtzeitig einzugreifen. Die Heilung der Schäden nimmt man nie früh genug in Angriff. Ich habe nicht ohne Grund darauf hingewiesen, daß es bei uns gut wäre, mit der Reform der öffentlichen Bücher nicht so lange zu warten. Wir stehen da auf einem günstigeren Standpunkte als das Land Tirol in den letzten Tagen dieser Frage gegenüber gestanden hat. Es ist bei uns, Dank der Intelligenz der Gemeinde-Vorstehungen des Landes und aller derjenigen, welche bei den Arbeiten mitgewirkt haben, das Identificierungswerk in verhältnismäßig kurzer Zeit vollzogen worden und nach den Mittheilungen, 218 XVIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session der 7. Periode 1891/92. welche ich von den Herren Gerichtsvorständen unseres Landes habe, werden diese Identificierungsoperate von den meisten Gemeinden gut und aufmerksam fortgeführt. Wir haben also einen Zustand, der uns eine gründliche Reform dieser öffentlichen Bücher außerordentlich erleichtert. Je weiter wir uns aber von diesem Zeitpunkte ab befinden, desto schwieriger, desto kostspieliger wird die Sache. Es ist bei der Anlage des Grundbuches ein außerordentlicher Vortheil, wenn es ermöglicht wird, dieselbe in einem raschen Tempo abzuwickeln und zustande zu bringen, weil ja in der Zeit, während die Operation sich vollzieht, wie wir das auch bei der Hypothekarerneuerung gesehen haben, der Besitzwechsel nicht still steht. Der geht während dieser Zeit fort und stört doch gewissermaßen die Arbeit. In je kürzerer Zeit sie also abgewickelt werden kann, desto größere Vortheile, desto größere Sicherheit und Ordnung werden durch diese Operation erzielt. Auf diesem günstigen Standpunkte würden wir uns befinden und es wäre, glaube ich, sehr klug von der Landesversammlung, wenn sie diese Frage rechtzeitig in die Hand nehmen würde, (heuer ist natürlich keine Zeit mehr dazu) sie würde dem Lande und der Sache sehr viel nützen. Meine Herren, ich spreche nur vom praktischen Standpunkte aus, ich bin kein Jurist und bedaure in diesem Momente, wo diese Frage auf das Tapet kommt, daß wir nicht einen Rechtskundigen in unserer Mitte haben. Ein solches Mitglied würde uns in manchen Fällen von großem Nutzen sein können. Meine Herren, der Landtag von Vorarlberg hat sich mit dieser Frage schon von seiner ersten Session an beschäftigt. Das war im Jahre 1861. Der fel. Abgeordnete von Feldkirch Wohlwend hat in längerer, sehr interessanter und der Sache entsprechenden Ausführung, die Unsicherheit der Verfachbücher dargestellt, und mit Hinweis auf das Grundbuch, welches in unserem Nachbarlande Liechtenstein seit dem Anfang des Jahrhunderts besteht, den Rathschlag ertheilt, dahin zu wirken, daß das Grundbuch auch bei uns in Vorarlberg eingeführt werde. Diese Frage hat den Landtag fast in jedem Jahre beschäftigt: 1861, 1863, 1864, 1866, 1868, 1869, 1870, 1871, 1872, 1873, 1874, 1875, 1876, 1877, 1878, im Jahre 1879 war keine Landtagssession, sonst wäre dieser Gegenstand gewiß auch dort vorgekommen; dann aber wieder in den Jahren: 1880, 1881, 1882, 1883, 1884, 1885, 1886, 1887, 1888. Es ist also wohl keine Session gewesen, kann man sagen, in welcher diese Angelegenheit hier nicht zur Verhandlung gebracht worden wäre, ein Beweis, daß jede von diesen Versammlungen, wie immer sie zusammengesetzt waren, von der Überzeugung getragen war, daß in dieser Sache etwas gethan werden müsse. Von dem Jahre 1884 an ist bereits das Schlagwort der Hypothekarerneuerung in den Landtag hineingebracht worden. Man hat die Idee des Grundbuches verlassen und von diesem Zeitpunkte an ist die Idee der Hypothekarerneuerung von der Tagesordnung nicht mehr verschwunden. Es wurde vielleicht dafür gesorgt — es ist wenigstens eine Vermuthung, welche ausgesprochen wurde — man hat es vielleicht verstanden, dahin zu wirken, daß die zahlreichen Anhänger des Grundbuches, die Vertreter von Dornbirn, Feldkirch und von anderen Plätzen, nach und nach aus diesem Hause sich entfernen und solchen Vertretern Platz machten, welche für die Idee der Hypothekarerneuerung zu haben waren. Bei der letzten Verhandlung über das Grundbuch haben wir noch eine Stimmenzahl von 9 Anhängern des Grundbuches gegen 11 Gegner desselben gehabt. Täuschen sie sich nicht, meine Herren, es ist meine vollste Überzeugung, was im Jahre 1861 in der ersten Session des Landtages vorgebracht worden ist, das wird auch das Ende dieser Action sein, mögen wir jetzt hier in der Mehrheit denken, wie wir wollen, meine Überzeugung ist die, daß es dennoch zum Grundbuche kommen wird, daß das den Schlußstein dieser Arbeiten bilden wird. Eine zweite Hypothekarerneuerung, meine Herren, wird es nicht mehr geben, dafür, glaube ich, kann garantiert werden. Denn in den Greifen der Sachverständigen in Tirol und in den Centralen wird eine zweite Hypothekarerneuerung nicht mehr gewährt. Ich kann es aus persönlicher Überzeugung, die ich in Wien an maßgebender Stelle geschöpft habe, hier aussprechen, daß selbst dieses Gesetz vom Jahre 1886 über die Hypothekarerneuerung nicht sanctioniert worden wäre, wenn sich im Hause eine oder zwei Stimmen dagegen ausgesprochen und dagegen gestimmt hätten. Es ist mir von XVIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session der 7. Periode 1891/92. 219 maßgebender Seite das versichert worden und Sie können überzeugt sein, ich wenigstens glaube sicher sein zu können, daß, wenn eine zweite Verhandlung über die Hypothekarerneuerung im Hause stattfindet, Sie nicht mehr jene Einstimmigkeit zu Stande bringen werden, welche den Beschluß vom Jahre 1886 zu Stande gebracht hat. Ich darf sagen, daß ich damals versucht habe, auf die Mitglieder, welche unserer Gesinnung sind, im Sinne der Opposition einzuwirken, daß aber andere Einflüsse maßgebender waren, was ich und die betreffenden Herren heute lebhaft bedauern. Es darf hier, meine Herren, zur Unterstützung dessen, daß ich gesagt habe, das Grundbuch werde doch den Schlußstein dieser Action bilden, Folgendes beigefügt werden. Ich habe gestern eine Nummer der juristischen Blätter zur Hand bekommen und zwar datiert vom 3. April d. I. Aus dieser Nummer entnehme ich, daß in Frankreich schon seit ein paar Jahren in den regierenden Kreisen und im Parlament eine Bewegung ins Werk gesetzt worden ist, welche in ganz naher Zeit zur Einführung des Grundbuches in Frankreich führen wird. Frankreich besitzt eine ähnliche Einrichtung, wie unser Verfachbuch und diese hat ganz gleich unsichere Zustände herbeigeführt, wie das bei uns und in Tirol der Fall ist. Also in einem Lande, welches reich ist an intelligenten Juristen, in einem Lande, welches bekannt ist, durch die besondere Fähigkeit in der Administration Ordnung zu halten, in diesem Lande hat man die Überzeugung gewonnen, daß dieser Zustand unhaltbar sei und nur durch Einführung des Grundbuches behoben werden könne. Was man der Einführung des Grundbuches bei uns jederzeit entgegen gehalten hat, das sind folgende Einwendungen: Erstens, das kostet sehr viel Geld. Dieser Einwand ist bei den Verhandlungen, welche im Februar in Innsbruck stattgefunden haben, in competentester Weise vom Ministerium herab als unrichtig widerlegt worden. Die Anlage und Führung des Grundbuches ist Sache der Justizverwaltung und wird auf Rechnung der Justizverwaltung veranstaltet. Wenn die Gemeinden zu diesen Arbeiten beigezogen werden, so handelt es sich dabei lediglich darum, daß sie zu dem Zwecke der Erhebungen eine Localität zur Verfügung stellen müssen. Ganz wesentlich ist das für die Identificierung nothwendig und diese Identificierungen sind ja bei uns alle schon vollzogen, und wie ich schon in der Einleitung gesagt habe, hat sich diese Operation mit wenig Zeitverlust vollzogen. Als weiterer Grund gegen die Einführung des Grundbuches ist stets angeführt worden die starke Parcellierung des Grundes im Lande Vorarlberg. Auch dieser Einwurf ist bei den Verhandlungen in Innsbruck seitens der Justizverwaltung widerlegt worden. Es ist den Herren, welche an diesen Berathungen theilgenommen haben, dargelegt worden, daß andere Kronländer eine noch weitgehendere Parcellierung aufweisen, als dies in Tirol der Fall sei und auch bei uns. Das hat aber dort für die Einführung des Grundbuches kein Hindernis abgegeben. Ein dritter Einwand und zwar der am meisten populär ist, sowohl in Tirol als hier im Lande Vorarlberg, ist der: Ja, wir würden dem Grundbuche zustimmen, wenn der Legalisierungszwang nicht wäre. Nun, was diesen Punkt anbelangt, steht es so. Für kleinere Posten bis 100 fl. ist ja durch ein Reichsgesetz der Legalisierungszwang aufgehoben worden. Weiter hat aber die Justizverwaltung nicht gehen zu dürfen geglaubt im Interesse der Sicherheit der Urkunden. Bezüglich der Kosten der Legalisierung aber — es ist das bei den Verhandlungen in Tirol besprochen worden und ich kann aus Besprechungen mit Bezirksrichtern Vorarlbergs etwas Gleiches mittheilen — verhält es sich so: Was die Urkundenkosten anbelangt, die bleiben gleich, ob sie der Notar legalisiert oder ob sie der Vorsteher legalisiert; die bleiben ganz gleich. Die Frage kann nur die sein: Ist es nothwendig, daß mit jeder Urkunde zum Notar gegangen werden muß? und diese Frage beantwortet sich mit „nein". Es kann die Sache so eingerichtet werden, daß die Legalisierung der Bevölkerung ganz wenig Mühe kostet; denn nicht blos der Notar ist befugt, die Legalisierung vorzunehmen, sondern dazu ist befugt jeder Bezirksrichter und jeder ordnungsmäßig angestellte Justizbeamte, und der Umstand, daß die Justizbeamten jedes Bezirksgerichtes sich häufig commissionell in die entlegenen Theile ihres Bezirkes zu begeben haben, bietet ja Gelegenheit, bei solchen Anlässen Legalisierungen vorzunehmen. Es läßt sich ja auch denken, — und ich bin überzeugt, daß die 220 XVIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II- Session der 7. Periode 1891/92. Justizverwaltung für diese Einrichtung eintreten wird — daß die Bezirksgerichte für gewisse Districte Amtstage zu diesem Zwecke abhalten werden, daß sich also ein Entgegenkommen zeigen wird, welches dem Legalisierungszwange seine Unannehmlichkeiten vollständig benimmt. Und auf diesem Wege würde ja etwas Weiteres noch erreicht werden. Während die Legalisierung durch den Notar die Zahlung einer Gebühr zur Folge hat, würden die Justizbeamten solche Legalisierungen ohne Gebühr vorzunehmen in der Lage sein. Es würden lediglich die Stempel zu entrichten sein, welche mit diesen Amtshandlungen verbunden sind. Ich werde mich nicht weiter mehr über diese Sache verbreiten, ich wiederhole nur, was ich im Verlaufe der Debatte gesagt habe: es ist dies eine außerordentlich wichtige Landesangelegenheit und es ist meine vollständige Überzeugung und die Überzeugung aller Derjenigen, welche es mit der Sache ernstlich meinen und als Fachmänner damit zu thun haben, daß eine weitere Reform der öffentlichen Bücher bei uns in den folgenden Jahren ganz unausweichlich wird, und zweitens ist es ganz sicher, daß eine zweite Hypothekarerneuerung nicht mehr bewilliget wird, daß also das Grundbuch doch das Ende dieser ganzen Operation sein wird und daß wir, je früher wir daran gehen, dieselbe um so leichter und wohlfeiler durchführen. Aus diesen Gründen habe ich den Antrag gestellt, und wenn er auch in diesem Jahre nur eine formelle Bedeutung hat, im nächsten Jahre, meine Herren, wird er wieder auftauchen, wenn wir wieder zusammenkommen und der liebe Herrgott mir das Leben soweit verlängert. Martin Thurnher: Die vom Herrn Vorredner angeregte Frage ist von höchster Wichtigkeit und man pflegt solche Fragen von so eminenter Bedeutung, wenn man sie überhaupt ernstlich in Verhandlung ziehen will, nicht erst am Schlusse der Session vorzubringen; insbesondere dann, wenn die Erhebungen, die der betreffende Antragsteller gepflogen hat, schon länger beendet sind. Die Hypothekarerneuerung in Vorarlberg ist kaum beendet, sie hat zudem, es ist dies von allen Seiten anerkannt, ganz außerordentlich günstige Erfolge erzielt. Außerdem besteht hinsichtlich der Hypothekarerneuerung bei uns ein ganz anderes Verhältnis als in Tirol. Unsere diesbezüglichen Zustände lassen sich dermalen mit denen in Tirol gar nicht vergleichen. Es wäre daher nach meiner Ansicht nicht am Platze, auch dann nicht, wenn man selbst ein Freund des Grundbuches ist, in einem Momente, als die Hypothekarerneuerung kaum abgeschlossen ist und über deren bleibendes Resultat und Erfolge ein geeignetes Urtheil noch kaum gefällt werden kann, in die Berathung einer so hochwichtigen Angelegenheit einzugehen. Ich habe daher im Namen meiner Gesinnungsgenossen das Erklären abzugeben, daß wir dermalen in eine Berathung über diesen Gegenstand nicht eingehen. (Bravorufe.) Landeshauptmann: Wünscht Jemand das Wort? — Es ist dies nicht der Fall. Ich bringe den formellen Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Waibel, daß nämlich dieser Gegenstand dem volkswirthschaftlichen Ausschüsse zur Vorberathung zugewiesen werde, zur Abstimmung und ersuche die Herren, welche demselben zustimmen wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Es ist die Minorität. Wir kommen nun zum zweiten Punkte der Tagesordnung und hat sich der Herr Martin Thurnher zur Geschäftsordnung zum Wort gemeldet. Martin Thurnher: Der zweite Gegenstand der heutigen Tagesordnung ist von bedeutender Wichtigkeit und ich habe vernommen, daß zwar Bericht und Gesetzesvorlage bereits gestern früh zur Vertheilung gelangten, daß sie aber aus bekannten Umständen den Herren Abgeordneten erst am Abende zukommen konnten. Ich möchte daher beantragen, daß Punkt II von der heutigen Tagesordnung abgesetzt, dagegen in einer morgen abzuhaltenden Sitzung der Erledigung zugeführt werde. Landeshauptmann: Herr Martin Thurnher beantragt, den Punkt II von der Tagesordnung abzusetzen und denselben morgen in Verhandlung zu ziehen. Wünscht Jemand zu diesem Anträge das Wort? — XVIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session der 7. Periode 1891/92. 221 Es ist dies nicht der Fall, somit betrachte ich den Antrag als genehmigt. Wir kommen nun zum dritten Gegenstande, das ist der Bericht des Finanzausschusses über die Vorlage des Landes au sschusses betreffend die Rechnungsabschlüsse der einzelnen Fonde pro 1891. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Greißing gefälligst den Bericht vorzutragen. Greißing: (verliest I. Rechnungsabschlüsse des Vorarlberger Landesfondes für das Jahr 1891.) Im Berichte heißt es in der Überschrift: Rechnungsabschlüsse für das Jahr 1892; es ist dies ein Druckfehler, es muß heißen 1891. Landeshauptmann: Wünscht Jemand zu diesem Anträge das Wort? — Es ist dies nicht der Fall. Ich ersuche jene Herren, welche diesem Anträge des Finanzausschusses ihre Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Greißing: (verliest II. Rechnungsabschlüsse des Vorarlberger Landesculturfondes pro 1891.) Landeshauptmann: Wünscht Jemand das Wort? — Es ist dies nicht der Fall. Wenn keine Einwendung erfolgt, betrachte ich den Antrag als mit Ihrer Zustimmung versehen. Greißing: (verliest III. Rechnungsabschlüsse der Viehseuchenfonde pro 1891.) Landeshauptmann: Wünscht Jemand das Wort? Es ist nicht der Fall; somit ersuche ich jene Herren, welche diesem Anträge die Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Greißing: (verliest IV. Rechnungsabschlüsse des Feuerwehrfondes pro 1891.) Landeshauptmann: Wenn keine Einwendung erfolgt, betrachte ich den Antrag als mit Ihrer Zustimmung versehen. Greißing: (verliest V. Rechnungsabschluß der Dr. Anton Jussel'schen Stiftung pro 1891.) Landeshauptmann: Wünscht Jemand das Wort? — Da dies nicht der Fall ist, so ist die Debatte geschlossen und ich betrachte den Antrag, wie er verlesen wurde, als genehmigt. Greißing: (verliest VI. Rechnungsabschluß der Invalidenstistung des Vorarlberger Sängerbundes pro 1891.) " Landeshauptmann: Wünscht Jemand das Wort? Es ist dies nicht der Fall; somit ersuche ich jene Herren, welche diesem Anträge zustimmen wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Der nächste Gegenstand der Tagesordnung ist der Nachtragsbericht des Landesausschusses zum Voranschläge der Landes-Irrenanstalt Valduna pro 1892. Ich ersuche den Bericht zu verlesen. (Secretär verliest den Bericht, Beilage LXI.) Landeshauptmann: Ich möchte an die Herren Abgeordneten die Anfrage stellen, ob dieselben geneigt wären, diese Vorlage ohne Verweisung an einen anderen Ausschuß sofort in Verhandlung zu ziehen. Dr. Waibel: Ich möchte bemerken, daß es, nachdem der Herr Referent über die die Valduna betreffenden Angelegenheiten nicht anwesend ist, und es doch wünschenswerth wäre, daß derselbe anwesend sei, vielleicht doch eine Vertagung dieses Gegenstandes am Platze wäre. Ich würde übrigens allein keine Ausnahme machen. Martin Thurnher: Nach der Geschäftsordnung sind wir vollständig berechtigt, Anträge des Landesausschusses sofort in Verhandlung zu ziehen, gerade so, wie diejenigen, welche von anderen Ausschüssen gestellt werden. (Dr. Waibel: Das weiß ich.) Ich weiß nicht, warum wir eine Vertagung eintreten lassen sollten. Der Herr Referent ist mit dem Referate einverstanden und hat selbst bei Zusammenstellung desselben wesentlich mitgewirkt. Ich wüßte daher keinen Grund, warum wir eine weitere Vertagung vornehmen sollten. Landeshauptmann: Erhebt Herr Dr. Waibel einen speciellen Antrag? Dr. Waibel: Ich stelle keinen speciellen Antrag, ich habe nur gemeint, es könnte sich irgend eine Frage an den Herrn Referenten ergeben und da wäre es doch nicht angenehm, denselben zu vermissen. 222 XVIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II- Session, 7. Periode 1891/92. Landeshauptmann: Ich ersuche jene Herren, welche damit einverstanden sind, daß dieser Gegenstand sofort ohne Verweisung an ein Comite in Verhandlung gezogen wird, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Ich eröffne über diesen Bericht und Antrag die Debatte. Dr. Waibel: Ich möchte nur die Frage stellen, was für Sachverständige bei diesem ganzen Unternehmen einvernommen worden sind und mitgewirkt haben und wer die Kostenberechnung verfaßt hat? Martin Thurnher: Sachverständiger war der Herr Landes-Cultur-Ingenieur Gaßner, und dieser hat auch den betreffenden Voranschlag und die Kostenberechnung gemacht. Dr. Waibel: Ich möchte nur fragen, ob nicht auch anderweitige Sachverständige bei dieser Angelegenheit einvernommen worden sind und zwar Sachverständige, welche besondere Kenntnisse und Erfahrungen in derartigen Bauten haben, von denen somit ein Spezialgntachten zu erwarten wäre. Es ist von Seite des Herrn Abgeordneten Dr. Beck eine diesbezügliche Meinung ausgesprochen worden, ich möchte daher zur Beruhigung doch noch hören, was außer der Einvernehmung des Herrn LandesCultur-Ingenieur Gaßner noch weiter geschehen ist. Fritz: So viel ich weiß, hat man in Aussicht genommen auch noch andere Sachverständige diesbezüglich beizuziehen. Martin Thurnher: Ich kann in dieser Beziehung noch einen weiteren Aufschluß geben. So viel ich aus den Verhandlungen des Landesausschusses weiß, ist auch der Herr Hefel, Brunnenmacher in Feldkirch, als Sachverständiger wiederholt beigezogen worden. Dr. Waibel: Es wäre aber doch zu wünschen, daß das Gutachten des Herrn Hefel dem hohen Hause mitgetheilt würde. Es wäre dies für uns nicht ganz unwichtig. Martin Thurnher: Schriftliches Gutachten des Herrn Hefel ist keines da. Landeshauptmann: Diese ganze Angelegenheit wurde schon wiederholt im Landesausschusse verhandelt; es handelt sich hier eigentlich nur um den Kredit, damit man auf Grundlage dessen weitere Vorkehrungen treffen kann, und da wird man gewiß nicht verabsäumen, das Urtheil von fachkundigen Männern einzuholen, bevor man die Sache in Angriff nimmt. Die Sache ist nur deshalb dringlicher Natur, weil die Anlage einer Wasserleitung damit am besten in Verbindung gebracht werden kann. Ich kann weiter noch beifügen, daß auch Herr Riedmann, Baumeister in Rankweil, als Sachverständiger einvernommen worden ist. Wünscht noch Jemand das Wort? — Es ist dies nicht der Fall, somit erkläre ich die Debatte für geschlossen und ersuche jene Herren, welche diesem Antrage beipflichten, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Die heutige Tagesordnung wäre somit erschöpft, ich möchte aber die Herren noch fragen, ob Sie vielleicht damit einverstanden sind, wenn ich an Stelle des ausgefallenen Gegenstandes einen andern zur Verhandlung bringe. Es wäre das der Bericht des Straßenausschusses über das Gesuch der Gemeinde Bürserberg um einen Beitrag aus Landes Mitteln zur theilweisen Deckung der durch das Hochwasser der Schesa nothwendig gewordenen Bauten. Dieser Bericht ist allerdings noch nicht die geschäftsordnungsmäßige Zeit in Händen der Herren Abgeordneten, wenn Sie aber nichts dagegen haben, so würde ich ihn doch im Interesse der Förderung der Arbeiten nachträglich noch aus die Tagesordnung setzen. — Es erfolgt dagegen keine Einwendung, somit ersuche ich den Herrn Berichterstatter Fink gefälligst den Bericht vorzutragen. Fink: (Liest den Bericht, Beilage EXIL) Landeshauptmann: Ich eröffne über diesen Bericht und Antrag die Debatte. — Wenn sich Niemand zum Worte meldet und auch der Herr Berichterstatter nichts weiter beizufügen hat, so schreite ich zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche diesem Antrage beipflichten, sich von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Wir sind nun am Schlusse der heutigen Tagesordnung angelangt. Die nächste Sitzung beraume ich auf morgen Vormittag 10 Uhr an mit folgender Tagesordnung r XVIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. H. Session der 7. Periode 1891/92. 223 1. Bericht des Gemeindeausschusses über die Vorlage des Landesausschusses, betreffend die Abänderung der Landtags- beziehungsweise Gemeindewahlordnung. 2. Bericht des Straßenausschusses über das Gesuch des Xaver Schwarzhans um Subvention zur Herstellung einer Straße nach Gargellen. 3. Bericht des Straßenausschusses über den Entwurf eines Radfelgengesetzes für die Walserthaler Straße. 4. Bericht des Gemeindeausschusses über das Promemoria des Herrn k. k. Bezirksarztes Dr. Bär in Sachen einer Abänderung der Bauordnung. Bezüglich der drei letzten Gegenstände muß ich mir, wenn etwa die Berichte nicht zur bestimmten Zeit einlaufen — es ist mir nämlich angekündiget worden, daß sie bis heute Mittag zur Vertheilung gelangen werden - noch Morgen die Genehmigung des hohen Hauses erbitten, damit dieselben verhandelt werden dürfen. Martin Thurnher: Ich glaube, diese Genehmigung könnte schon heute durch das hohe Haus ausgesprochen werden. Landeshauptmann: Wünscht Jemand das Wort? — Wenn keine Einwendung erhoben wird, so betrachte ich die Tagesordnung in diesem Sinne als genehmiget. Die heutige Sitzung ist geschlossen. (Schluß der Sitzung 11 Uhr 20 Minuten Vormittags.) am 6. April 1892, unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 17 Abgeordnete. Abwesend die Kerren : Koch würdigster Mischof Dr. Kobt, Dr. Weck, Aeccrn Werchtotd und Johcrnn GHurnher. Regierungsvertreter: Herr Statthattereirath Graf St. Jutien-Wallfee. Beginn der Sitzung um 10 Uhr 10 Min. Vormittags. Landeshauptmann: Ich erkläre die Sitzung für eröffnet und bitte um Verlesung des Protocolles der letzten Sitzung. (Secretär verliest dasselbe.) Hat einer der Herren gegen die Fassung des Protocolles eine Einwendung zu erheben? — Es ist dies nicht der Fall, somit betrachte ich dasselbe als genehmiget. Der Herr Landeshauptmann-Stellvertreter ist verhindert, bei der heutigen Sitzung zu erscheinen, weil er einer Sitzung des Landes-Sanitütsrathes in Innsbruck beiwohnen muß. Herr Johann Thurnher hat sich wegen Berufsgeschäften für die heutige Sitzung entschuldiget und der hochwürdige Herr Decan Berchtold hat mich für die drei Tage, welche die Session etwa noch in Anspruch nehmen wird, um Urlaub gebeten, weil er diese Zeit in seinem Berufe als Seelsorger daheim zuzubringen habe, und ich habe ihm diesen Urlaub, da es in meiner Competenz steht, ertheilt. Ich bitte dies zur Kenntnis zu nehmen. Wir kommen nun zur Tagesordnung. Den ersten Punkt derselben bildet der selbstständige Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Waibel in Angelegenheit des Grund­ buches für Vorarlberg. Der Antrag wurde in der letzten Sitzung verlesen und von der Druck­ legung desselben Umgang genommen. Ich erwarte über die geschäftliche Behandlung dieses Gegen­ standes einen Antrag. Dr. Waibel: In Bezug auf die formelle Be­ handlung möchte ich den Antrag stellen, daß dieser Gegenstand dem volkswirthschaftlichen Ausschüsse überwiesen werde. 216 XVIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. Ich gebe mich jedoch der Täuschung nicht hin, als ob nicht eine andere Behandlung dieses Gegen­ standes stattfinden werde und ich gewärtige, daß für die Ablehnung dieser Zuweisung Gründe vor­ gebracht werden. Die Gründe, welche dafür vor­ gebracht werden können, sind meines Erachtens zwei. Der eine Grund würde der sein, daß wir am Schlüsse der Session stehen und daß wohl auch eine Erledigung durch deu volkswirthschaftlichen Ausschuß und eine Schlußverhandlung kaum mehr thunlich sei. Diesen Standpunkt, meine Herren, finde ich vollkommen begreiflich und ich würde mich darüber auch ganz leicht trösten kön­ nen, weil es sich um eine Angelegenheit handelt, welche wir im nächsten Jahre wieder zur Sprache bringen wollen, und welche ihrer Natur uach wenigstens ein Jahr noch warten kann. Ich habe den Antrag eingebracht, ohne daß ich dabei von deu Mitgliedern unterstützt worden wäre, welche im übrigen meiner Gesinnung sind. Ich kann aber erklären, daß die Herren mit dem Inhalte des Antrages einverstanden sind. Es war ledig­ lich die Frage des Zeitpunktes der Einbringung dieses Antrages, welche zwischen uns eine Differenz der Meinung ergeben hat. Meine Herren Collegen waren der Ansicht, es sollte das Resultat der in Tirol jetzt schwebenden Verhandlungen über diesen Gegenstand abgewartet werden. Ich war der Ansicht und bin es noch, daß aus dieses Resultat nicht zu warten sei, sondern daß es im Gegen­ theile eine Unterstützung der Action in Tirol bilden würde, wenn in diesem Landtage die Grund­ buchsfrage auch heuer noch zur Sprache und in Anregung gebracht würde. Die Erledigung, welche diese Angelegenheit in Tirol, welches in dieser Hinsicht mit uns in Zusammenhang steht, erlebt hat, ist den Herren bekannt. Es ist ein Antrag angenommen worden, welcher dahin geht, die An­ gelegenheit zu vertagen und sich einstweilen ledig­ lich mit der Jdentificierung, wie dieselbe auch bei uns in Vorarlberg durchgeführt worden ist, zu begnügen. Dieser Antrag wurde mit 24 gegen 19 Stimmen angenommen, ein Beweis, daß eine sehr namhafte Anzahl von einsichtsvollen Män­ nern des Landes Tirol die Dringlichkeit der Reform der öffentlichen Bücher eingesehen hat und mit aller Energie dafür eingetreten ist. Der Antrag ist so beschaffen, daß der Gegen­ stand voraussichtlich im nächsten Jahre im Hause II. Session der 7. Periode 1891/92. wieder zur Sprache gebracht wird, daß er weiter­ hin mit derselben Energie verfolgt werden wird, mit welcher derselbe in die Hand genommen wurde. Der andere Theil des Antrages bezweckt, daß die Jdentificierung vorgenommen werden soll, was für Tirol dieselben Folgen haben wird, wie für uns; daß die Gemeinden Arbeiten zu leisten haben werden, welche mit großen Kosten verbunden sind, mit Kosten, die, wenn die Sache im Sinne des ursprünglichen Antrages erledigt worden wäre, den Gemeinden im Wesentlichen erspart geblieben wären. Es ist recht, wenn das Land Tirol diese Er­ fahrung auch macht. Ueber den Gegenstand selbst ist es wohl nicht nothwendig, sich in das Weite zu verlieren, weil ja doch keine Aussicht vorhanden ist, mit dem­ selben heuer im Wesentlichen zu einem Ziele zu kommen. , Demungeachtet halte ich es für geboten, die Gesichtspunkte, welche im Anträge enthalten sind, mit einigen Worten zu illustrieren. Wenn ich diesen Antrag, ohne mich darin aufhalten zu lassen, noch gestellt habe, so glaube ich dazu einen gewissen Beruf zu haben, weil ich in diesem Hause der einzige Vertreter einer Finanz-Institution bin, welche ein Interesse an der definitiven Ordnung der öffentlichen Bücher hat. Dieses Finanzinstitut ist die Sparcasse in Dornbirn. Das gleiche In­ teresse hat die Sparcasse in Feldkirch und die Sparcasse in Bregenz. Der Hypothekenstand an diesen drei Instituten ist nach den Rechnungs­ abschlüssen vom Jahre 1890 folgender: In Feld­ kirch ist der Hypothekenstand 813, 000 fl. rund; ich will die Hunderter nicht nennen. In Bregenz hat der Hypothekenstand der Sparcasse eine Höhe von 460, 000 fl. und in Dornbirn eine solche von 231, 000 fl. Der Grund, warum die Sparcasse der Ge­ meinde Dornbirn im Vergleich zu den beiden anderen Sparcassen einen so niedrigen Hypotheken­ stand hat, ist folgender: Die Sparcasse in Dorn­ birn hat erst von dem Zeitpunkte an, als die Hypothekarerneuerung durchgeführt war, begonnen, Hypothekaranlagen in größerem Maßstabe zu machen. Mit Rücksicht auf den Zustand der Ver­ fachbücher hat die Sparcasse in Dornbirn vor diesem Zeitpunkte Hypothekaranlagen nur unter der Bedingung hinausgegeben, daß der Hypothekar­ XVIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. schuldner noch einen Bürgen zur Sicherheit bei­ gebracht hat. Institute von dieser Bedeutung für den Landescredit haben wohl, glaube ich, einen Anspruch zu verlangen, daß eine gesicherte Ord­ nung der öffentlichen Bücher hergestellt werde, und die Pflicht, dieses Verlangen bei jeder Gelegenheit zu vertreten. Was in Tirol in dieser Angelegenheit für Erfahrungen gemacht worden sind, das wissen wir, und ich erinnere nur daran, daß selbst jener Herr, welcher jederzeit der intelligenteste und kräftigste Vertreter der Hypothekarerneuerung ge­ wesen ist, Baron Giovanelli, im Jahre 1884, also nach Ablauf von erst 12 Jahren, sich be­ müßigt fand, im Tiroler Landtage auf die bereits entsetzlich gewordene Verwirrung in den öffent­ lichen Büchern hinzuweisen. Merkwürdigerweise ist aber diese Anregung, wahrscheinlich weil man sich nicht zu helfen wußte oder nicht helfen wollte, liegen geblieben und erst in jüngster Zeit, nach­ dem ein bedeutsamer Wechsel in den Präsidien der dortigen Gerichtsinstanzen, des Ober-Landes­ gerichtes und des Landesgerichtes, eingetreten ist, ist diese Frage wieder in ernsthafter Weise in die Hände genommen worden. Die Verhandlungen, welche in den Tagen vom 2. und 3. Februar d. I. stattgesunden haben, haben ein interessantes Bild über die Zustände gegeben und ein interessantes Bild auch darüber, was für Gesichtspunkte sich in Anbetracht dieser Frage herausgebildet haben. Es ist allerdings nicht zu dem gekommen, was dort in Aussicht genommen wurde, nämlich zur Einführung des Grundbuches; es ist aber damit nicht gesagt, daß die Einführung des Grundbuches mit diesem An­ träge Wackernell für immer abgelehnt sei. Wir haben die gleiche Reform der öffentlichen Bücher unternommen, wie sie in Tirol im An­ fänge der 70er Jahre unternommen worden ist, allerdings mit einer Beigabe, welche geeignet war, doch in einem höheren Maße für eine Zeit lang eine Ordnung der öffentlichen Bücher herbeizu­ führen und die Unordnung einigermaßen zu be­ heben, das ist die Vornahme der Jdentificierung. Aber wer von dem Zustande dieser öffentlichen Bücher Kenntnis hat, der weiß, daß mit dem allein nicht geholfen ist; der weiß, wie unsicher diese öffentlichen Bücher sind und sein müssen. Gibt es ja kein deutlicheres Zeugnis für die II. Session der 7. Periode 1891/92. 217 Unv^rlüßlichkeit dieser Bücher, als daß der Chef des Gerichtes, welchem die Führung dieser Bücher untersteht, niemals in der Lage ist, mit Sicherheit einen sogenannten Hypothekarextract zu geben. Es heißt nur: In Folge Nachschlagens sind diese Lasten vorgesunden worden. Das Gericht, die Instanz, wo das öffentliche Buch aufliegt, gibt keine Bürgschaft dafür, daß dieser Hypothekarauszug richtig, daß er erschöpfend sei. Es ist dies ja auch nicht möglich, aus fol­ genden Gründen: 1. Einmal hat der Richter bei der Verfachung der Urkunden, die zu ihm kommen, nicht zu untersuchen, ob diese Urkunden in allen Theilen richtig abgefaßt sind, er hat sie einfach zu verfachen. 2. Die sogeuannten Cessionen, auch ein wichtiger Eigenthumsact, ferner die Löschung von bestehen­ den Pfandposten, die werden dann und wann einmal zur Verfachung gebracht, es bestimmt aber keine Vorschrift, daß sie zur Verfachung gebracht werden müssen, und sie werden auch sehr häufig nicht versucht. Wir stehen jetzt allerdings noch einer gewissen Ordnung sehr nahe, aber es ist nicht zu verkennen — und ich habe darüber mit Männern gesprochen, welche in der Lage sind, über diesen Zustand ein Urtheil abzugeben — es ist nicht zu verkennen, daß wir geradezu trotz der Jdentificierung derselben Verwirrung entgegengehen, wie sie in Tirol besteht. Ich bin der Ansicht, daß man ein solches Ereignis nicht früh genug ins Auge fassen kann, und wir, die wir uns schon seit dem Jahre 1861 mit der Sache befassen, ich meine den hohen Landtag, haben gewiß den Beruf, hier die Augen nicht zu verschließen, sondern offen zu halten, um rechtzeitig einzugreifen. Die Heilung der Schäden nimmt man nie früh genug in Angriff. Ich habe nicht ohne Grund darauf hingewiesen, daß es bei uns gut wäre, mit der Reform der öffentlichen Bücher nicht so lange zu warten. Wir stehen da auf einem günstigeren Stand­ punkte als das Land Tirol in den letzten Tagen dieser Frage gegenüber gestanden hat. Es ist bei uns, Dank der Intelligenz der Gemeinde-Vor­ stehungen des Landes und aller derjenigen, welche bei den Arbeiten mitgewirkt haben, das Jdentificierungswerk in verhältnismäßig kurzer Zeit vollzogen worden und nach den Mittheilungen, 218 XVIII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. welche ich von den Herren Gerichtsvorständen unseres Landes habe, werden diese Jdentificierungsoperate von den meisten Gemeinden gut und aufmerksam fortgeführt. Wir haben also einen Zustand, der uns eine gründliche Reform dieser öffentlichen Bücher außerordentlich erleichtert. Je weiter wir uns aber von diesem Zeitpunkte ab befinden, desto schwieriger, desto kostspieliger wird die Sache. Es ist bei der Anlage des Grund­ buches ein außerordentlicher Vortheil, wenn es ermöglicht wird, dieselbe in einem raschen Tempo abzuwickeln und zustande zu bringen, weil ja in der Zeit, während die Operation sich vollzieht, wie wir das auch bei der Hypothekarerneuerung gesehen haben, der Besitzwechsel nicht still steht. Der geht während dieser Zeit fort und stört doch gewissermaßen die Arbeit. In je kürzerer Zeit sie also abgewickelt werden kann, desto größere Vortheile, desto größere Sicherheit und Ordnung werden durch diese Operation erzielt. Auf diesem günstigen Standpunkte würden wir uns befinden und es wäre, glaube ich, sehr klug von der Landesverfammlung, wenn sie diese Frage rechtzeitig in die Hand nehmen würde, (heuer ist natürlich keine Zeit mehr dazu) sie würde dem Lande und der Sache sehr viel nützen. Meine Herren, ich spreche nur vom praktischen Standpunkte aus, ich bin kein Jurist und bedaure in diesem Momente, wo diese Frage auf das Tapet kommt, daß wir nicht einen Rechtskundigen in unserer Mitte haben. Ein solches Mitglied würde uns in manchen Fällen von großem Nutzen sein können. Meine Herren, der Landtag von Vorarlberg hat sich mit dieser Frage schon von seiner ersten Session an beschäftigt. Das war im Jahre 1861. Der fel. Abgeordnete von Feldkirch Wohlwend hat in längerer, sehr interessanter und der Sache entsprechenden Ausführung, die Unsicherheit der Verfachbücher dargestellt, und mit Hinweis auf das Grundbuch, welches in unserem Nachbar­ lande Liechtenstein seit dem Anfang des Jahr­ hunderts besteht, den Rathschlag ertheilt, dahin zu wirken, daß das Grundbuch auch bei uns in Vorarlberg eingeführt werde. Diese Frage hat den Landtag fast in jedem Jahre beschäftigt: 1861, 1863, 1864, 1866, 1868, 1869, 1870, 1871, 1872, 1873, 1874, 1875, 1876, 1877, 1878, im Jahre 1879 war keine Landtagsfession, sonst wäre dieser Gegenstand gewiß auch dort II. Session der 7. Periode 1891/92. vorgekommen; dann aber wieder in den Jahren: 1880, 1881, 1882, 1883, 1884, 1885, 1886, 1887, 1888. Es ist also wohl keine Session gewesen, kann man sagen, in welcher diese Angelegenheit hier nicht zur Verhandlung gebracht worden wäre, ein Beweis, daß jede von diesen Versammlungen, wie immer sie zusammengesetzt waren, von der Ueber­ zeugung getragen war, daß in dieser Sache etwas gethan werden müsse. Von dem Jahre 1884 an ist bereits das Schlagwort der Hypothekarerneuerung in den Landtag hineingebracht worden. Man hat die Idee des Grundbuches verlassen und von diesem Zeitpunkte an ist die Idee der Hypothekarerneue­ rung von der Tagesordnung nicht mehr ver­ schwunden. Es wurde vielleicht dafür gesorgt — es ist wenigstens eine Vermuthung, welche ausgesprochen wurde — man hat es vielleicht verstanden, dahin zu wirken, daß die zahlreichen Anhänger des Grundbuches, die Vertreter von Dornbirn, Feldkirch und von anderen Plätzen, nach und nach aus diesem Hause sich entfernen und solchen Vertretern Platz machten, welche für die Idee der Hypothekarerneuerung zu haben waren. Bei der letzten Verhandlung über das Grundbuch haben wir noch eine Stimmenzahl von 9 Anhängern des Grundbuches gegen 11 Gegner desselben gehabt. Täuschen sie sich nicht, meine Herren, es ist meine vollste Ueberzeugung, was im Jahre 1861 in der ersten Session des Land­ tages vorgebracht worden ist, das wird auch das Eude dieser Action sein, mögen wir jetzt hier in der Mehrheit denken, wie wir wollen, meine Ueberzeugung ist die, daß es dennoch zum Grund­ buche kommen wird, daß das den Schlußstein dieser Arbeiten bilven wird. Eine zweite Hypothekarernenerung, meine Herren, wird es nicht mehr geben, dafür, glaube ich, kann garantiert werden. Denn in den Greifen der Sachverstän­ digen in Tirol und in den Centralen wird eine zweite Hypothekarerneuerung nicht mehr gewährt. Ich kann es aus persönlicher Ueberzeugung, die ich in Wien an maßgebender Stelle geschöpft habe, hier aussprechen, daß selbst dieses Gesetz vom Jahre 1886 über die Hypothekarerneuerung nicht sanctioniert worden wäre, wenn sich im Hause eine oder zwei Stimmen dagegen ausgesprochen und dagegen gestimmt hätten. Es ist mir von