18920324_lts012

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Letzte Änderung 03.07.2021, 10:53
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp07,lts1892,lt1892,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 12. Sitzung am 24. März 1892. unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig 20 Abgeordnete. Abwesend: Hochwürdigster Bischof Dr. Jobs. Regierungsvertreter: Herr Statthaltereirath Graf St. Julien-Wallsee. Beginn der Sitzung um 9 Uhr 15 Min. Vormittags. Landeshauptmann: Die Sitzung ist eröffnet, ich bitte um Verlesung des Protokolles der letzten Sitzung. (Sekretär verliest dasselbe.) Wird gegen die Fassung des Protokolles eine Einwendung erhoben? Es ist dies nicht der Fall, ich betrachte somit dasselbe als genehmiget. Es sind mir mehrere Einlaufstücke zugekommen. Das erste ist ein Gesuch der Gemeindevorstehung Bürserberg um einen Beitrag aus Landesmitteln zur theilweisen Deckung der Schesa-Wuhrkosten — eingebracht durch den Herrn Abgeordneten Reisch. (Sekretär verliest dasselbe.) Ich werde diesen Gegenstand auf die Tagesordnung einer der nächsten Sitzungen stellen. Das zweite ist ein selbstständiger Antrag der Herren Abgeordneten Fritz und Genossen in Angelegenheit der Gewährleistung beim Rindviehhandel. Fritz: Ich beantrage diesen Gegenstand dringlich zu behandeln. Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Fritz beantragt diesen Gegenstand der dringlichen Behandlung zu unterziehen. Wird gegen diesen Antrag eine Einwendung erhoben? — Es ist dies nicht der Fall, somit betrachte ich ihn als angenommen und ich werde diesen Gegenstand am Schlusse der heutigen Tagesordnung zur formellen Behandlung bringen. Endlich ist noch eingelaufen ein Gesuch des Xaver Schwarzhans in Gargellen um Subventionierung 106 XII Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/92. des Straßenbaues dortselbst — eingebracht durch den Herrn Abgeordneten Schapler. Martin Thurnher: Dieses Schriftstück ist sehr umfangreich und den meisten Herren Abgeordneten schon bekannt, ich würde daher beantragen von der Verlesung Umgang zu nehmen, dagegen zur Förderung der Landtagsgeschäfte diesen Gegenstand dringlich zu behandeln. Landeshauptmann: Der Herr Abg. Martin Thurnher beantragt von der Verlesung dieses Schriftstückes Umgang zu nehmen. Dr. Waibel: Nachdem die Sitzung schon um 9 Uhr begonnen hat, so glaube ich, daß genügend Zeit vorhanden wäre den Inhalt zu verlesen. Martin Thurnher: Ich bleibe bei meinem Anträge. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? — Wenn dies nicht der Fall ist, so bringe ich den Antrag des Herrn Martin Thurnher zur Abstimmung. Derselbe beantragt von der Verlesung dieses Schriftstückes Umgang zu nehmen. Ich ersuche jene Herren, welche diesem Anträge beistimmen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Es ist die Majorität. Weiter beantragt Herr Martin Thurnher in Anbetracht der vorgerückten Zeit diesen Gegenstand dringlich zu behandeln. Wird dagegen eine Einwendung erhoben? — Es ist dies nicht der Fall, somit betrachte ich den Dringlichkeitsantrag als genehmiget und ich werde auch dieses Gesuch nach beendigter Tagesordnung zur formellen Behandlung bringen. Johann Thurnher: Ich möchte auch beantragen, daß das Gesuch der Gemeindevorstehung in Bürserberg dringlich behandelt werde. Landeshauptmann: Es ist auch für das erste Einlaufstück die Dringlichkeit beantragt. Wird dagegen eine Einwendung erhoben? — Es ist dies nicht der Fall, somit betrachte ich den Antrag als angenommen und ich werde auch diesen Gegenstand am Schlusse der heutigen Sitzung nochmals vornehmen. Wir kommen nun zur Tagesordnung. Der erste Gegenstand derselben ist der Bericht des Finanzausschusses über das Gesuch der Vorstehung des k.k. Bezirksschießstandes in Schruns ddto. 18. Febr. 1892 um eine Subvention zum Schießstandsbaue aus Landesmitteln. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Greißing gefälligst den Bericht vorzutragen. Greißing: (liest den Bericht, Beilage XXXVI.) Landeshauptmann: Ich eröffne über diesen Bericht und Antrag die Debatte. Dr. Waibel: Ich werde selbstverständlich für diesen Antrag stimmen, und zwar aus dem Grunde, weil unsere Schießstände auch dazu bestimmt sind den Schießübungen der wehrpflichtigen Mannschaft des Landes zu dienen. Ich erlaube mir aber bei dieser Gelegenheit eine Bemerkung zu in ach en. In einer der letzten Sitzungen haben wir im Motiven-Berichte zu dem Jagdgesetzentwurfe Folgendes gelesen: „Der Landtag von Vorarlberg ist seit Jahrzehnten unermüdet eingetreten für die Sonntagsruhe und mit ihr für die Sonntagsheiligung. Soweit es in seinem gesetzgeberischen Wirkungskreise lag, hat er sein bezügliches Streben auch durch die That erhärtet und bekräftiget." (Martin Thurnher: So ist es auch.) Das wird auch nicht bestritten, ich möchte aber nur bemerken, daß auch hier eine ausgezeichnete Gelegenheit gegeben wäre dieses Bestreben zu bekunden. In dem beschlossenen Jagdgesetze ist das Schießen an Sonntagen aus Rücksichten der Sonntagsruhe und Sonntagsheiligung, wie dies ausdrücklich betont wird, verboten worden, und zwar das Schießen, welches stattfindet in Regionen, die sich fern von den menschlichen Wohnungen befinden, wo also keinerlei Störung der Sonntagsruhe und Sonntagsheiligung zu befürchten ist. Hier liegt aber die Sache etwas anders, die Schießstände befinden sich ganz in der Nähe der Ortschaften uud das Schießen wird den ganzen Tag hindurch nach Beendigung des vormittägigen Gottesdienstes bis abends betrieben. Es ist nicht zu verkennen, daß dadurch ein furchtbarer Lärm erzeugt wird, der gewiß störender ist, als die einzelnen Schüsse, welche die Jäger weitab im Gebirge oder in einem Riede ablassen. Man wird vielleicht sagen, an Schießständen wird nur Nachmittag geschossen. Das ist in einzelnen Fällen ganz richtig, aber bei großen Schießen wird in der Regel den ganzen Tag hindurch geschossen. Den Jägern hat man verboten zu schießen auch an Sonn- und Feiertagen Nachmittag, XII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7 Periode 1891/92. 107 und den Schützen, welche an diesen Tagen haufenweise in den Gemeinden ihre Übungen machen, ist das Schießen nicht verboten. Man wird vielleicht sagen, diese Leute haben unter der Woche nicht Zeit. Dagegen muß ich aber bemerken, daß das nicht richtig ist, denn gerade diejenigen, welche zu den Schießübungen commandirt werden, die wehrpflichtige Mannschaft, die muß an Wochentagen die Schießübungen mitmachen und zwar unter Umständen, daß sie nicht nur ihren Tagesverdienst einbüßen, sondern auch sonst noch manchmal bezüglich ihrer Stellung Schwierigkeiten haben. Diejenigen, welche an Sonntagen schießen, das sind, wie die Herren betont haben, gewöhnlich reiche Leute, die sich einen Spaß aus dem Schießen machen und diese könnten ebensogut statt an Sonntagen auch an Werktagen schießen. Nachdem das ganze Schützenwesen unter dem Commando des Herrn Landeshauptmannes steht, welcher Landesoberschützenmeister ist, so glaube ich, liegt auch kein Competenzgrund vor, hier nicht einzuschreiten. Ich für meine Person, und ich glaube auch meine Kollegen sind nicht damit einverstanden, daß auch das Schießen auf Schießständen an Sonn- und kirchlich gebotenen Feiertagen verboten werde, aber Sie, glaube ich, haben den Beruf dies zu thun, denn wenn man mit so viel Pathos solche Grundsätze proclamiert, so muß man sie auch ausführen, und wo sich eine Gelegenheit bietet ernstlich einschreiren. Diese Bemerkung wollte ich machen, nicht als ob ich für solche Einschränkungen eintreten würde, sondern ich wollte nur zeigen, daß Sie hier eine Gelegenheit hätten die Grundsätze, welchen Sie im § 50 des Jagdgesetzes Ausdruck gegeben haben, auch hier in Anwendung zu bringen. Schapler: Der Herr Vorredner hat sich sehr geärgert über den § 50 des Jagdgesetzes und ich und die ganze Gemeinde in Vadans hat sich vor zwei Jahren auch geärgert, daß an einem Sonntage 8—10 Mann mit Gewehren gerade zu der Zeit, als die Leute zur Kirche giengen, auf den Berg Hinaufgiengen. Mich hat man dann später allgemein gefragt, was denn heute da oben sei. Ich habe geantwortet, daß ich es nicht wisse, jedenfalls seien Jäger oben, weil man auch schießen hörte. Das hat in der Gemeinde allgemeines Ärgerniß hervorgerufen. Ich bin daher sehr froh, daß dieser § 50 des Jagdgesetzes angenommen wurde. Fink: Ich habe auf einige Bemerkungen des Herrn Dr. Waibel noch etwas zu erwidern. Soweit ich die Verhältnisse in Vorarlberg kenne, ist es durchaus nicht richtig, daß je einmal während des vormittägigen Gottesdienstes auf Schießständen geschossen wird. (Dr. Waibel: Das habe ich auch nicht behauptet. ) Ich bitte, das stenographische Protokoll wird das beweisen, ich habe mir ganz genau ausgeschrieben, daß der Herr Dr. Waibel gesagt hat, bei größeren Schießen komme das vor. (Dr. Waibel: Vormittag nach dem Gottesdienst habe ich gesagt.) Mir ist nicht bekannt, daß größere Schießen an Sonntagen vormittags ihren Anfang nehmen, so viel ich weiß, beginnen sie erst nachmittags. Was die Schießübungen der Landesschützen anbetrifft, so ist auch Vorsorge getroffen worden, daß sie jedenfalls erst nach Beendigung des Hauptgottesdienstes beginnen. Der Herr Vor- Vorredner hat auch behauptet, daß die Schießübungen, welche für die wehrpflichtigen Mannschaften abgehalten werden müssen, an Werktagen stattfinden. Das ist nicht ganz richtig; sowohl früher, als noch vom Landesschützenbataillon Jemand zur Leitung derselben beordert wurde, als auch jetzt, werden in vielen Fällen die Schießstandsvorstehungen zur Leitung dieser Schießübungen delegiert und werden dieselben zumeist an Sonntagen nachmittags abgehalten. Früher sind sie in der Regel nach 10 Uhr vormittags, also nach Beendigung des Hauptgottesdienstes abgehalten worden, wenn sie auf einen Sonntag fielen. Es war ein ambulanter Übungsleiter aufgestellt, der den einen Tag in dieser, den andern Tag in einer anderen Gemeinde die Übungen abhielt. Es wurde auch an Sonntagen geschossen, jedoch gewöhnlich erst nachmittags. Mir ist übrigens kein Fall vom Bregenzerwald bekannt, daß bei Standesschießübungen nicht auch während des nachmittägigen Gottesdienstes Ruhestunde gehalten worden wäre. Dies geschieht auf dem Lande regelmäßig. Übrigens bin ich schon einverstanden, wenn auch diesbezüglich bessere Sonntagsheiligung eingehalten wird. In den Einladungen zu den Schießen steht, daß nachmittags während des Gottesdienstes Ruhestunde 108 XII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/92. sei. So arg, wie der Herr Dr. Waibel gemeint hat, ist es also doch nicht und jedenfalls ist diesen Leuten besser Gelegenheit geboten, den Gottesdienst zu besuchen, als dies bei den Jägern der Fall ist. Der Vergleich zwischen Jäger und Standesschützen ist in dieser Beziehung gar nicht zutreffend. Dr. Waibel: Vormittags nach dem Hauptgottesdienst habe ich gesagt, so habe ich wenigstens sagen wollen und wenn ich anders gesagt habe, so habe ich mich höchstens versprochen. Jedenfalls war es so gemeint, denn ich habe nicht die Absicht etwas zu sagen, was ich selbst für unwahr halte, das können Sie mir doch nicht zumuthen. Was den Beginn der Schießübungen an Sonntagen anbelangt, so ist mir von Feldkirch mitgetheilt worden, daß dort die Übungen nach dem vormittägigen Gottesdienste beginnen und nachmittags fortgesetzt werden. Was die Bemerkung anbelangt, daß die Landesschützen an Sonntagen einberufen werden, so mag das in einzelnen Gemeinden der Fall gewesen sein, ich spreche nur von den Wahrnehmungen, die ich in meiner Gemeinde gemacht habe; dort wurden die Leute unter der Woche einberufen die Übungen mitzumachen. Mir ist wenigstens in der letzten Zeit nicht erinnerlich, daß die Sonntage dazu benützt worden wären. Mart. Thurnher: Ich möchte mir nur noch eine kurze Bemerkung erlauben. Das, was der Herr Dr. Waibel in seinen ersten Auseinandersetzungen vorgebracht hat, kommt mir ganz sympathisch vor, daß nämlich auch hinsichtlich der Standesschützen die Sonntagsruhe und Sonntagsheiligung möglichst gewahrt und gefördert werden soll. Ich zweifle aber sehr daran, ob er nicht, wenn diese seine Anregung von Jemanden aufgegriffen und vielleicht in der nächsten Session ein bezüglicher Antrag eingebracht oder eine Vorlage dem hohen Hause unterbreitet würde, mit der gewohnten Energie und Kraft sich dagegen stemmen würde. Dr. Waibel: Ich habe ausdrücklich gesagt, daß ich die Anregung nicht für mich, sondern für die Herren der Majorität gegeben habe. (Martin Thurnher: Wir brauchen in der Regel keine Anregung.) So gut ich, gegen den § 50 des Jagdgesetzes gestimmt habe, ebenso würde ich auch gegen einen solchen Antrag meine Stimme erheben. Ich habe nur sagen wollen, daß Sie da auch eine schöne Gelegenheit hätte, die vor ein paar Tagen proclamierte Grundsätze zur Geltung zu bringen. Jetzt auf einmal schrecken Sie zurück. (Martin Thurnher: Bringen Sie einen Antrag ein, wir schrecken nicht zurück.) Joh. Thurnher: Die ganze Debatte, welche hier stattgefunden hat, ist in ihrer Anregung sowohl, als auch in ihrem ganzen Verlaufe auf ein praktisches Bedürfnis nicht zurückzuführen. Es wurde nicht über die 50 fl., die da votiert werden sollten, gesprochen, sondern die Gelegenheit nur benützt, ich möchte sagen, um die Majorität des Hauses zu foppen und zu hänseln. Zu dem Zwecke sind wir hier im Landtage nicht versammelt, wir sind Männer, die diesen Namen für sich in Anspruch nehmen und mir erscheint dieses Vorgehen gegenüber der Landesvertretung unwürdig. (Rufe: Bravo!) Was sollen wir da machen? Sollen wir vielleicht das ins Praktische übersetzen, was der Herr Dr. Waibel selbst als spaßhaft hingestellt hat? Sollen wir das als Bedingung hinstellen, unter welcher wir die 50 fl. geben. Das könnte geschehen, wenn man den Grundsatz des § 50 bezüglich der Jagd auf die Sonntagsschulen anwenden wollte um die 50 fl. behalten zu können. Ich glaube, das wäre wohl nur ein Ausweg um verschämter Weise dort nichts zu geben, wo man Hilfe erwartet. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? — Ich möchte dem Herrn Dr. Waibel gegenüber, der meine Stellung als Landesoberschützenmeister auch erwähnt hat, nur bemerken, daß ich in dieser Eigenschaft der Landesvertheidigungsoberbehörde untergeordnet bin, daß ich mich aber bestreben werde seiner Anregung in dieser Beziehung so gut als möglich bei der Landesvertheidigungsoberbehörde Geltung zu verschaffen. (Bravo-Rufe). Wenn Niemand mehr das Wort wünscht, so erkläre ich die Debatte für geschlossen. Ich ertheile nun das Wort dem Herrn Berichterstatter. Greißing: Der Antrag ist in der ganzen XII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/92. 109 Debatte nicht angefochten worden, ich glaube daher nichts anderes mehr sagen zu müßen, als daß ich den Antrag zur Annahme empfehle. Landeshauptmann: Ich schreite nun zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche dem Anträge des Finanzausschusses die Zustimmung geben wollen, sich gefälligst zu erheben. Einstimmig angenommen. Wir kommen nun zum zweiten Gegenstand, das ist d er Bericht des Finanzausschusses über d as Gesuch des Philosoph en-Unterstützungsvereines um Unterstützung. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Büchele gefälligst den Bericht vorzutragen. Büchele: (liest den Bericht, Beil. XXXV). Landeshauptmann: Ich eröffne über den verlesenen Bericht und Antrag die Debatte. — Wenn Niemand das Wort zu ergreifen wünscht, so ist die Debatte geschlossen. Hat der Herr Berichterstatter vielleicht noch etwas beizufügen? — Büchele: Nein. Landeshauptmann: Dann bringe ich den Antrag, wie er verlesen worden ist, zur Abstimmung und ich ersuche jene Herren, welche demselben beistimmen wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Der nächste Gegenstand ist der Bericht des Gemeindeausschusses über die Regierungsvorlage betreffend ein en Gesetzentwurf über die Befreiung von Neubauten mit Arbeiterwohnungen von den Zuschlägen zur Hauszinssteuer und zur 50%igen Steuer vom reinen Zinserträge. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Mart. Thurnher gefälligst den Bericht vorzutragen. Mart. Thurnher: (liest den Bericht, Beilage XXIX A.) Landeshauptmann: Ich eröffne über den Bericht und Gesetzentwurf die Generaldebatte. — Wenn keiner der Herren das Wort zu ergreifen wünscht und auch der Herr Berichterstatter nichts beizufügen hat — Mart. Thurnher: Nein. Landeshauptmann: dann gehen wir zur Spezialdebatte über und ich ersuche den Herrn Berichterstatter den � 1 zu verlesen. Mart. Thurnher: (liest § 1.) In der vierten Zeile soll es statt „ihre" — „ihnen" heißen. Landeshauptmann; Wünscht Jemand das Wort zu ergreifen? — Es ist dies nicht der Fall, somit ersuche ich alle jene Herren, welche dem § 1 mit der vom Herrn Berichterstatter vorgenommenen Druckfehlerberichtigung, daß nämlich in der vierten Zeile statt „ihre" — „ihnen" stehen soll, die Zustimmung geben, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Mart. Thurnher: (liest § 2.) Landeshauptmann: Wünscht zu diesem Paragraph Jemand das Wort? — Es ist dies nicht der Fall, ich betrachte daher denselben als angenommen. Mart. Thurnher: (liest § 3.) Landeshauptmann: Wenn zu diesem Paragraph Niemand das Wort ergreift — so ist derselbe angenommen. Mart. Thurnher: (liest § 4.) Landeshauptmann: Wenn auch gegen diesen Paragraph keine Einwendung gemacht wird, so betrachte ich ihn ebenfalls als angenommen. Mart. Thurnher: (liest § 5.) Landeshauptmann: § 5 — ist ebenfalls angenommen. Mart. Thurnher: (liest Titel und Eingang des Gesetzes.) Landeshauptmann: Wenn gegen Titel und Eingang des Gesetzes keine Einwendung gemacht wird, so sind dieselben auch angenommen. Mart. Thurnher: Ich beantrage für den aus zweiter Lesung soeben hervorgegangenen Gesetzentwurf die dritte Lesung. Landeshauptmann: Der Herr Berichterstatter stellt den Antrag auf Vornahme der dritten Lesung dieses Gesetzentwurfes, ich ersuche daher alle jene Herren, welche dem soeben in zweiter Lesung beschlossenen Gesetzentwürfe auch in dritter Lesung die Zustimmung geben wollen, sich gefälligst zu erheben. Angenommen. Wir kommen nun zum vierten Gegenstand der Tagesordnung, das ist der Bericht des Volkswirteschaftlichen Ausschusses über den Gegenstand „Act betreffend die Aufforstung des Arlberges." 110 XII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/92. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Welte gefälligst den Bericht vorzutragen. Welte: (liest den Bericht, Beil. XXX.) Landeshauptmann: Ich eröffne über den verlesenen Bericht und Antrag des volkswirthschaftlichen Ausschusses die Debatte. — Wenn Niemand hiezu das Wort zu ergreifen wünscht, und auch der Herr Berichterstatter nichts weiter beizufügen hat — so ist die Debatte geschlossen und ich schreite zur Abstimmung. Wenn die Herren einverstanden sind, so werde ich über beide Anträge unter Einem abstimmen lassen. — Ich ersuche also jene Herren, welche den beiden verlesenen Anträgen die Zustimmung geben wollen, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Wir kommen nun zum fünften Gegenstand der heutigen Tagesordnung: Bericht des landtäglichen Schulausschusses über den Antrag der Herren Abgeordneten Martin Thurnher und Genossen betreffend die Nichteinhebung von Intercalarien bei erledigten Lehrer stellen. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter, Hochwürdigen Dekan Berchtold gefälligst den Bericht vorzulesen. Berchtold: (liest den Bericht, Beilage XXVII und bemerkt dazu folgendes:) Auf Seite 167 in der vorletzten Zeile muß es heißen statt „Lehrpensionats" — „Lehrpersonals" und auf Seite 168, 6. Zeile von oben statt „Schulden" — „Schulen." Landeshauptmann: Ich eröffne über den eben verlesenen Bericht und den am Schlusse desselben gestellten Antrag die Debatte. Regierungsvertreter: Hohes Haus! Ich habe bereits bei Berathung dieses Gegenstandes im Schulausschusse Anlaß genommen darauf hinzuweisen, daß zur Erreichung des in diesem Antrage angestrebten Zweckes nur ein Weg offen stehe, d. i. die Abänderung des Alinea 3 des § 80 des L.-G. vom 17. Jänner 1870. Da das hohe Haus auch Werth darauf legen dürfte, zu wissen, welche Stellung die hohe Regierung dieser Frage gegenüber einnimmt, so würde ich mir erlauben, im Nachfolgenden den Standpunkt der hohen Regierung näher zu präcisieren. Der vom Schulausschusse gestellte Antrag bezweckt in seinem ersten Theile Einfluß zu nehmen auf die von den Verwaltungsbehörden zu übende Judicatur bei Anwendung des Alinea 3 des � 1 des erwähnten Gesetzes und im zweiten Theile wird beabsichtigt dem Landesschulrathe eine gewisse Indemnität zu ertheilen, für den Fall als er geneigt wäre, die die Gemeinden schonende Auslegung der citierten Gesetzesstelle zum Nachtheile des Vorarlberger Lehrerpensionsfondes zu seiner eigenen Auffassung zu machen. Die meritorische Seite dieser Frage muß außer Betracht bleiben, weil eine Lösung derselben im Sinne der Wünsche der ursprünglichen Antragsteller und des Schulausschusses nur durch eine entsprechende, jeden Zweifel ausschließende Textesänderung des bestehenden Gesetzes, verfassungsmäßig mithin nur durch eine Gesetzesnovelle erzielt werden kann. Formell kann aber diesem Anträge, falls ein demselben conformer Landtagsbeschluß erfolgen sollte, nur die Eigenschaft einer Resolution zuerkannt werden, welcher nachzukommen nicht in der Macht der Verwaltungsbehörde liegt, nachdem diese Resolution sich nicht auf einen Gegenstand freien administrativen Ermessens, sondern auf die Judicatur bezieht, bei welcher die Rechtsüberzeugung allein Ausschlag gebend wirken kann. Es ist daher nicht wahrscheinlich, daß mit dem Anträge der angestrebte Zweck erreicht werden wird und an dieser Sachlage vermag auch der zugesicherte Verzicht auf jedes Regreßrecht nichts zu ändern. Dr. Waibel: Ich habe nicht die Absicht dem Sinne des Antrages entgegen zu treten, ich gebe vollkommen zu, daß durch die weitere Einhebung, von Intercalarien unter Umständen große Unzukömmlichkeiten entstehen können und, wie der Herr Statthaltereirath bewiesen hat, sich factisch auch ergeben haben, aber der Weg, auf welchem hier Abhilfe beantragt wird, ist nicht der richtige. Ich habe bereits im Schulausschusse gegen diesen Antrag Stellung genommen und begrüße es, daß der Herr Regierungsvertreter vorhin im Wesentlichen dieselben Standpunkte berührt hat, die auch ich im Schulausschusse berührt habe. In der ganzen Auffassung liegen zwei Fehler, welche auch von Seite des Herrn Regierungsvertreters hervorgehoben worden sind. Der eine Fehler ist der, daß hier ein Interpretationsrecht beansprucht wird. Ich muß aufmerksam machen XII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/92. 111 auf die Bestimmung des § 80 des sogenannten Lehrgesetzes, wo es ausdrücklich heißt, daß als besondere Zuflüsse der Pensionseasse zugewiesen werden „die Interealarien für erledigte Lehrstellen, soweit sie nicht den Erben eines verstorbenen Directors, Oberlehrers oder Lehrers zufallen, oder durch die Remuneration des Hilfslehrers in Anspruch genommen werden." Nach § 78 ist der Landesschulrath berufen, die Pensionscasse zu verwalten. Der Landesschulrath kann auf eine gesetzlich dem Penstonsfonde zugewiesene Bezugsquelle eigenmächtig nicht verzichten, er hat die Obliegenheit alle dem Pensionsfonde zukommenden Zuflüsse einzuheben. Sollten sich nun bei einem dieser Punkte Streitfragen ergeben, wie hier eine aufgeworfen worden ist, daß der Landesschulrath nicht die Berechtigung habe, solche Intercalarien einzuziehen, so ist dies auf dem ordentlichen Instanzenzuge auszutragen und die letzte Instanz ist für diese Frage der Verwaltungsgerichtshof. Ich gebe zu, daß es umständlich ist, diesen Weg zu betreten, und daß dieser Prozeß gewiß auch nicht ohne Kosten durchgeführt werden kann. Wenn man einen Zweck erreichen will, so ist es logisch, daß man auch das einzige Mittel, welches zu diesem Zwecke führt, nicht umgeht — nicht ablehnt. Wie der Herr Regierungsvertreter auch richtig bemerkt hat, ist der einzige Weg nur der, wenn der § 80 dahin abgeändert wird, daß der Punkt 3 aus diesem Paragraphe ausgestoßen wird, dann ist die Sache ganz kurz und ohne Kosten erledigt und abgethan, für die Gemeinden, für die Schulbehörde und für das Land. Es kommt mir auch vor, und ich habe es schon vor der Sitzung bemerkt, daß der AusschußAntrag nicht blos ein Interpretationsrecht für sich vindiciert, sondern auch ein gewisses Commando auf den Landesschulrath ausüben will. Dieses Zweite ist aber auch nicht richtig, er hat sich vom Landtage nicht commandieren zu lassen. Diese Auffassung der ganzen Angelegenheit habe ich bereits im Schulausschusse angekündiget und gesagt, daß ich einen Antrag auf Abänderung des § 80 des L.-G. vom Jahre 1870 stellen werde. Ich lege nun diesen Antrag dem hohen Hause hier vor und bitte die Abstimmung über denselben vorzunehmen. Mein Antrag würde also folgendermaßen lauten: „§ 80 des Gesetzes vom 17. Jänner 1870 zur Regelung der Rechtsverhältnisse des Lehrerstandes in den öffentlichen Volksschulen des Landes Vorarlberg wird außer Kraft gesetzt und hat in Hinkunft zu lauten, wie folgt: § 80. Als besondere Zuflüsse werden der Pensionscasse zugewiesen: 1. jene gesetzlichen Beiträge aus Verlassenschaften, welche bisher dem Normalschulfonde zuflossen; 2. die auf das Land entfallenden Gebarungsüberschüsse des Schulbücherverlages; 3. die Strafgelder, welche in Folge von Strafverfüngungen von Schulbehörden eingehen. — Aus den Erfahrungen, welche bereits gemacht worden sind, ist eine Aussicht nicht vorhanden daß dieser Antrag bei der Majorität des Landtages Annahme finden wird. Die Majorität des Landtages hat sich zum Bedauern aller derjenigen, die an den Schulen Interesse haben — es sind außer der geehrten Majorität noch Leute im Lande Vorarlberg — mit diesem Verhalten seit 2 Jahrzehnten in eine Sackgasse begeben. So beschränkt haben andere Landtage, die gewiß mindestens so gut clerical sind, wie der unsrige, nicht gehandelt. Sie haben sich immer eine Hinterthüre offen gehalten, um erforderlichen Falles, dort, wo es zweckmäßig ist, eine Änderung in diesem Gesetze zu machen, dies auch thun zu können. Es giebt gewiß Viele, die ebenso gut Vorarlberger sind, wie Sie, welche dies bedauern. Ich bin ebenso, wie der Herr Regierungsvertreter überzeugt, daß eine Änderung des § 80 der einzig richtige Ausweg ist, die Frage wegen der Intercalarien zu lösen, ich bringe daher diesen Antrag ein und ersuche den Herrn Vorsitzenden über denselben abstimmen zu lassen. Landeshauptmann: Es wäre also das, als Minoritätsantrag zu betrachten und in diesem Falle müßte auch noch Titel und Eingang — Gesetz vom..........u.s.w. hinzugefügt werden. Dr. Waibel: Diese Formalität würde ich dem Herrn Landeshauptmanne überlassen. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? 112 XII, Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/92. Martin Thurnher: Ich habe meinen Antrag aus dem Grunde eingebracht, nicht als ob ich jenen Weg, welchen der Herr Vorredner angedeutet hat, nicht auch gekannt hätte, nämlich, daß man mit einer Abänderung des § 80 des betreffenden Gesetzes zum Ziele kommen könnte. Ich habe aber meinen Antrag aus dem Grunde in dieser Form eingebracht, weil ich von vornherein die Überzeugung hatte, daß ein solcher Antrag, wie der des Herrn Vorredners eine Aussicht auf Erfolg nicht hätte. Nachdem ich aber glaube, daß man den armen, mit Schullasten hart betroffenen Gemeinden in irgend einer Weise zu Hilfe kommen müsse, und ich in meinem Anträge den einzigen Ausweg dazu gefunden habe, brachte ich ihn in dieser Form ein. Ich erblickte in dem Anträge, nicht etwa, wie der Herr Vorredner meint, ein Commando für den Landesschulrath, sondern wollte durch diesen Antrag denl Landesschulrathe nur eine Beruhigung verschaffen. Es ist bekannt, daß der Landesschulrath seit 2 Jahrzehnten Intercalarien entweder gar nicht oder nur in ganz eingeschränktem Maße eingehoben hat, und erst dann zur Einhebung derselben schritt, als die Pensionscasse zwar nicht in Noth kam, aber die ordentlichen Zuflüsse nicht mehr hinreichten. Der Pensionsfond hat zwar das stattliche Vermögen von über 80.000 Gulden, aber es ist in dem Gesetz vorgesehen, daß das Stammvermögen nicht angegriffen werden darf und die Pensionen aus den jährlichen Einkünften gedeckt werden müssen. Reichen diese nicht aus, so hat das Land einzutreten. Es hat der Landesschulrath ohnehin durch 20 Jahre von dem Rechte Intercalarien einzuheben nur den erwähnten Gebrauch gemacht und zwar wohl nur aus Furcht, daß das Land ihm einen Vorwurf machen würde, wenn nicht alle Quellen des Pensionsfondes erschöpft würden, bevor er die Mittel des Landes in Anspruch nehme. Damit also die Furcht nicht bestehe, daß das Land einmal diesen Vorwurf oder das Regreßrecht gegenüber dem Landesschulrathe zur Geltung bringen sollte, so glaubte ich mit Einbringung dieses Antrages der Einhebung der Intercalarien abhelfen zu können, weil das Land mit Annahme dieses Antrages ausspricht, daß das, was durch andere Zuschüsse nicht eingeht, im Sinne des § 81 auch dann bezahlt wird, wenn auf die letzte Quelle des § 80 nämlich auf den Einbezug von Intercalarien Verzicht geleistet wird. In diesem Sinne bitte ich meinen Antrag aufzufassen und für denselben zu votieren, weil er das einzige Mittel ist, die ohnehin hart gedrückten Gemeinden, besonders aber jene Gemeinden, welche es nicht vermögen, sich geeignete Lehrkräfte zu verschaffen, die doppelte Strafe erleiden müßten, erstens, daß sie keine qualificierten Lehrkräfte haben und zweitens daß sie dafür noch mit dem Beitrage der Intercalarien an den Pensionsfond belastet würden, von dieser Belastung zu entheben. Dr. Waibel: Die Worte, mit welchen mein Herr Vorredner gewisse Gemeinden bemitleidete, nöthigen mich doch zu einer Entgegnung. Wer ist denn Schuld daran, daß dieser Zustand besteht, daß eine so große Anzahl von Lehrerstelle im Lande gar nicht oder mit ganz unzulänglichen Kräften besetzt sind? Daran ist doch ganz gewiß niemand Anderer Schuld, als die Landesversammlung selbst. Sie ist die berufene Stelle, vor welcher nicht blos gewisse Parteiinteressen zu beobachten und zu behandeln sind, sondern wo wichtige Landesinteressen, wie die Erziehung und Unterweisung der Jugend, im Auge zu behalten sind. In dieser Hinsicht kann der Landesversammlung, ich will nicht sagen der jetzigen, aber der Vorgängerin, der Vorwurf nicht erspart bleiben, daß sie diesen Interessen gegenüber die Augen gänzlich verschlossen hatte. Es muthet mich etwas eigenthümlich an, daß gerade von Mitgliedern, welche schon sehr lange in dieser Versammlung sitzen, solche Bemitleidungen ausgesprochen werden, welche ganz unnöthig wären, wenn sie früher, vor zehn, fünfzehn Jahren in dieser Hinsicht ihre Schuldigkeit gethan hätten. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand zu sprechen? — Da dies nicht der Fall ist, schließe ich die Debatte und ertheile noch dem Herrn Berichterstatter das Wort. Berchtold: Ich werde mich ganz kurz fassen; ich habe die Motive, auf denen dieser Antrag beruht, im Berichte ausführlich niedergelegt und halte dieselben auch jetzt noch aufrecht. Was da vom Regierungstische in Anregung gebracht wurde, als ob wir uns ein Interpretationsrecht eines bestehenden Gesetzes anmaßen wollten, so ist das nach meiner Ansicht nicht XII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II. Session, 7. Periode 1891/92. 113 begründet. Es heißt ja im Berichte ausdrücklich, man wolle sich in eine Interpretation des Gesetzes nicht einlassen. Es wird nur gesagt, es sei die Ansicht derjenigen, welche nur solche Beträge als Intercalarien betrachten, die aus Stiftungen und dgl. herrühren, nicht unbegründet und wenn man in Vorarlberg in den Gemeinden Umfrage halten wüde, so würde man sehr wahrscheinlich die Majorität des Volkes dieser Ansicht zuneigend finden. Ein Intercalare ist seiner Natur nach eben ein Betrag, welcher zufälliger Weise in Folge Nichtbesetzung irgend einer Stelle flüssig wird, weil die physische oder moralische Person gerade zu dieser Zeit nicht vorhanden ist, welche diesen Betrag stiftungsgemäß beziehen soll. Etwas ganz anderes ist es mit einer jährlich in einer Gemeinde zu verumlagenden Steuer. Die in der Gemeinde zu verumlagenden Steuern richten sich in ihren Beträgen nach jährlichen Erfordernissen, die in den Gemeinden nothwendig sind. Das ist aber doch eine ganz andere Frage, wenn für eine nicht besetzte Lehrerstelle auch eine Steuer in der Gemeinde verumlagt werden soll. Es ist wenigstens die Anschauung, daß das sein müsse, eine jedenfalls sehr zweifelhafte. Es wurde auch bemerkt, daß zur Regelung dieser Angelegenheit kein anderer Weg offen stehe, als der einer Gesetzesänderung, aus dem Grunde, weil der Landesschulrath eigenmächtig auf diese Bezüge gar nicht verzichten dürfe. Ich meine das ist von selbst hinfällig, weil der hohe Landesschulrath fast durch 20 Jahre größtentheils oder ganz auf diese Beträge verzichtet hat. Ich glaube nicht, daß wir deshalb dem Landesschulrathe einen Vorwurf machen wollen, als wenn er da seine Pflicht nicht erfüllt hätte. Man hat es eben, so lange das geschehen ist, so lange von dem Bezüge solcher Beträge Umgang genommen wurde, überall für selbstverständlich gehalten. Es hat keine Gemeinde etwa gemeint, sie sei vom Landesschulrathe deshalb ganz vergessen worden, weil man an sie nicht die Anforderung gestellt hat, daß sie für eine erledigte Lehrerstelle eine gewisse Summe aus den Gemeindesteuern absühre. Man hat dies für selbstverständlich gehalten. Wie gesagt, erst in neuester Jeit hat man im Landesschulrathe auf die Abfuhr solcher Beträge gedrungen. Es wurde auch gesprochen von einem Commando gegenüber dem Landesschulrath. Das ist doch sonderbar. Wir sind als Vertreter des Landes da, und wenn wir dem Landesschulrathe gegenüber einfach erklären, wir Vertreter des Landes verzichten auf einen Beitrag, den wir eventuell wieder aus der Landescassa hinüber geben müßten, der also nur einen Weg in die Landescasse, wenigstens indirect, einschlägt, um dann wieder in die Gemeinden hinaus zu kommen, daß das ein Commando sein soll, das ist mir unerfindlich. Was dann die Behauptung betrifft, daß eine Gesetzesabänderung der einzige Weg sei, um diesen Mißstand zu beseitigen und dieser allgemein anerkannten Unbilligkeit abzuhelfen, so kam: ich mich damit unmöglich einverstanden erklären. Wenn wir auf diese Weise, wie es im Anträge ausgesprochen ist, diesem Mißstande oder dieser Unbilligkeit abhelfen wollen, so heißt das nur so viel: Wir verzichten auf eine Einnahme, die indirect dem Lande zugute kommt, von solchen Gemeinden, die wir, wenn man diese Beträge fordern würde, wieder aus der Landescassa unterstützen müßten, damit sie diese Beträge an den Landesschulrath beziehungsweise an die Pensionscasse abführen können. Im Übrigen muß ich meine Überraschung aussprechen, daß Herr Dr. Waibel sich so ins Zeug legt für eine Gesetzesänderung. Es ist eine Änderung, die nur das dritte Alinea eines Paragraphen betrifft. Herr Dr. Waibel ist sonst kein Freund von Gesetzesflickereien, (Bravoruf!) ich glaube aber, das wäre doch offenbar eine Gesetzesflickerei in Miniatur. (Heiterkeit.) Ich schließe meine Ausführungen mit einer alten Beschwerde, indem es uns in Betreff der Abänderung der Schulgesetze seit 20 Jahren nicht nicht darum zu thun ist, um nur einzelne kleine, mehr oder weniger unwesentliche Abänderungen zu treffen, sondern wir wünschen, daß man die Schulgesetze mit der Zeit in der Weise abändert, daß man mit dem ersten Paragraphen anfängt, welcher lautet: „Die oberste Aufsicht und Leitung des gesummten Unterichts- und Erziehungswesens steht dem Staate zu." Wenn man mit der Gesetzes-Änderung von vorne anfangen will, dann sind wir gerne dabei. Was dann noch weiter bemerkt wurde, daß so manche Lehrerstellen nicht genügend besetzt seien, dadurch, daß wir die Lehrergehalte nicht in entsprechender Weise aufzubessern suchten, da möchte ich nur die Antwort geben, daß die Classificierung XII. Sitzung des Vorarlberger Landtags. II.. Session der 7. Periode 1891/92. beziehungsweise Einreihung in die verschiedenen Gehaltsclassen, in die erste, zweite oder dritte, nicht von dem von Herrn Dr. Waibel ins Auge gefaßten Landtage selbst, sondern, daß diese Versetzung in die einzelnen Gehaltsclassen noch von dem Landtage herrührt, den man bisher als einen aus einer liberalen Majorität bestehenden betrachtet hat. Das wäre, was ich noch zu bemerken hatte. Dr. Waibel: Ich muß noch eine Berichtigung vorbringen, indem eine Äußerung aus dem letzten Landtage angeführt wurde, die jedesmal falsch wiederholt wird. Ich habe nicht gesagt, daß ich überhaupt gegen Gesetzesänderungen sei, sondern nur gegen unnöthige Gesetzesänderungen; die heutige aber wäre nöthig. Landeshauptmann: Ich schreite zur Abstimmung und zwar zunächst über den MinoritätsAntrag des Herrn Dr. Waibel, welcher lautet: „§ 80 des Gesetzes vom 17. Jänner 1870 zur Regelung der Rechtsverhältnisse des Lehrerstandes an den öffentlichen Volksschulen des Landes Vorarlberg wird außer Kraft gesetzt und hat in Hinkunft zu lauten wie folgt: § 80. Als besondere Zuflüsse werden der Pensionscassa zugewiesen: 1) jene gesetzlichen Beiträge aus Verlassenschaften, welche bisher dem Normalschulfonde zuflössen; 2) die auf das Land entfallenden Gebarungsüberschüsse des Schulbücherlagers; 3) die Strafgelder, welche infolge von Strafverfügungen der Schulbehörden eingehen." Ich muß vor der Abstimmung bemerken, daß im Falle der Annahme dieses Antrages wir noch formelle Ergänzungen zu demselben zu machen hätten. Ich ersuche jene Herren, welche dem Anträge, den ich soeben verlesen habe, ihre Zustimmung geben, sich gefälligst zu erheben. Es ist die Minorität. Wir kommen somit zu dem Antrage, wie ihn die Majorität des Schulausschusses gestellt hat, und wie er verlesen wurde. Joh. Thurnher: Für diesen Antrag beantrage ich die namentliche Abstimmung. Landeshauptmann: Es ist bezüglich des Antrages der Majorität des Schulausschusses die namentliche Abstimmung beantragt. Wünscht Jemand zu diesem Anträge etwas zu bemerken? — Wenn Niemand zu sprechen wünscht, werden wir mit der Abstimmung beginnen und ich ersuche jene Herren, welche dem Anträge der Majorität des Schulausschusses zustimmen, ihr Votum mit Ja, und diejenigen, welche dagegen sind mit Nein abzugeben. (Secretär verliest die Namen der Abgeordneten). Dr. Beck: Nein. Berchtold: Ja. Bösch: Ja. Büchele: Ja. Dietrich: Ja. Fink: Ja. Fritz: Ja. Greußing: Ja. Heinzle: Ja. Nägele: Ja. Reisch: Ja. Ruf: Ja. Schapler: Ja. Dr. Schmid: Nein. Johann Thurnher: Ja. Martin Thurnher: Ja. Dr. Waibel: Nein. Welte: Ja. Wolf: Nein. Landeshauptmann: Es ist der Antrag der Majorität des Schulausschusses mit 15 gegen 4 Stimmen zum Beschlusse erhoben und dieser Gegenstand somit erledigt. Wir kommen nun zum sechsten Gegenstand der Tagesordnung, das ist die Vorlage des Landesausschussesüberdie Rechnungsabschlüsse der einzelnen Fonde pro 1891. Heinzle: Ich beantrage diesen Gegenstand dem Finanzausschüsse zur Berathung und Berichterstattung zuzuweisen. Landeshauptmann: Ich habe noch zu bemerken, daß diese Vorlage bereits in Druck gegeben wurde und den Herren jedenfalls in kürzester Zeit in die Hände kommen wird. Herr Heinzle beantragt die Zuweisung dieses Gegenstandes an den Finanzausschuß. Da keine Einwendung erfolgt, betrachte ich diesen Antrag als genehmigt und es wird die Zuweisung in diesem Sinne erfolgen. XII. Sitzung des Vorarlberger Landtags II. Session 7. Periode 1891/92. 115 Der nächste Gegenstand ist die Note der k. k. Statthalterei vom 15. März 1892 betreffend Abänderung des Thierseuchenfonds-Gesetzes. Büchele: Ich stelle den Antrag, daß dieser Gegenstand dem volkswirthschaftlichen Ausschuße zugewiesen werde. Landeshauptmann: Für diesen Gegenstand ist die Zuweisung an den volkswirthschaftlichen Ausschuß beantragt. Wenn Niemand das Wort ergreift — so betrachte ich diesen Antrag als angenommen. Wenn das hohe Haus keine Einwendung erhebt, werden wir noch, bevor wir zum letzten Gegenstand der Tagesordnung übergehen, die drei Gegenstände in Behandlung ziehen, bezüglich welcher zu Beginn der Sitzung die Dringlichkeit beschlossen wurde. Der erste Gegenstand ist das Gesuch der Gemeindevorstehung in Bürserberg um einen Beitrag aus Landesmitteln zur theilweisen Deckung der Schesa-Wuhrkosten. Joh. Thurnher: Ich beantrage, daß dieser Gegenstand dem Straßenausschusse zugewiesen werde. Landeshauptmann: Herr Joh. Thurnher beantragt die Zuweisung dieses Gegenstandes an den Straßenausschuß. Wenn keine Einwendung dagegen erfolgt, so betrachte ich diesen Antrag als angenommen. Weiter wäre in formelle Behandlung zu ziehen ein selbstständiger Antrag der Herren Abgeordneten Fritz und Genossen in Angelegenheit der Gewährleistung beim Rindviehhandel. Fritz: Ich beantrage diesen Gegenstand zur Vorberathung und Berichterstattung dem volkswirthschaftlichen Ausschuß zuzuweisen. Landeshauptmann: Herr Fritz beantragt die Zuweisung dieses Gegenstandes an den volkswirthschaftlichen Ausschuß. Keine Einwendung betrachte ich als Zustimmung. Es wird also dieser Gegenstand dem volkswirthschaftlichen Ausschüsse überwiesen. Endlich ist noch in formelle Behandlung zu ziehen das Gesuch des Xaver Schwarzhans in Gargellen um Subventionierung des Straßenbaues dortselbst. Mart. Thurnher: Ich beantrage die Zuweisung an den Straßenausschuß. Landeshauptmann: Für diesen Gegenstand ist die Zuweisung an den Straßenausschuß beantragt.