18901030_lts010

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Letzte Änderung 02.07.2021, 18:57
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp07,lts1890,lt1890,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 10. Sitzung am 30. Oktober 1890, unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig: 19 Abgeordnete. Abwesend: Herr Reisch. Regierungsvertreter: Herr Statthaltereirath Graf Clemens St. JulienWallsee. Beginn der Sitzung 3 Uhr Nachmittags. Landeshauptmann: Ich erkläre die Sitzung für eröffnet und bitte das Protokoll der letzten Sitzung zu verlesen. (Sekretär verliest das Protokoll der 9. Sitzung.) Hat Jemand gegen die Fassung des Protokolles eine Einwendung zu erheben? — Da dies nicht der Fall ist, betrachte ich dieselbe als genehmiget. Es sind mir zwei Einlaufstücke zugekommen und zwar ein selbstständiger Antrag der Herren Abgeordneten Fink und Genossen betreffend Erwirkung der Auflassung oder Reduction der schweizerischen Einfuhrzölle für Vieh und Holz. (Sekretär liest:) „Hoher Landtag! In der 4. Sitzung der V. Session vom Jahre 1888 hat der Vorarlberger Landtag über Antrag des Abgeordneten Martin Thurnber im Sinne des Berichtes des volkswirthschaftlichen Ausschusses (Bl. V) den Beschluß gefaßt: „Der hohe Landesausschuß wird beauftragt eine motivirte Vorstellung an die hohe k. k. Regierung dahingehend zu richten, Hochdieselbe möge die Auflassung oder mindestens eine bedeutende Reduction der Einfuhrzölle auf Vieh und Holz im Wege der Verhandlung von der Schweiz mit Energie zu erwirken suchen." Durch den zwischen Österreich und der Schweiz abgeschlossenen Staatsvertrag vom 23. November 1888, R.-G.-B1. Nr. 194, ist dieser Forderung theilweise Rechnung getragen worden. Laut des Tarifes (Beilage A) bestehen heute zur Einfuhr nach der Schweiz für Holz und Vieh folgende Zolltarifsätze: 116 X. Sitzung des Vorarlberger Landtags. I. Session der 7. Periode 1890. Post 8. Bau- 'und Nutzholz, gemeines, roh oder blos mit der Axt beschlagen; Flechtweiden, roh, nicht geschält; Faßholz rohes; Reifholz, Rebstecken 100 Kg.......................Frcs. —.15, in der Längenrichtung gesägt oder gespalten (Schnittwaaren, Schindeln re.) Post 9, eichenes 100 Kg. . . „ „ 10, anderes 100 „ . . „ —.70, „ 11, abgebunden 100 Kg. . „ 1.20, „ 12, Holzwaaren, vorgearbeitete; gehobelte, nicht zusammengesetzte; Holzdraht zur Zündhölzchenfabrikation; Riemen oder unverleimte Bodentheile zur Parqueterie 100 Kg. „ 3.—, Post 34, Ochsen und Stiere, geschaufelt per Stück..................... 15.—, Post 35, Kühe und Rinder, geschaufelt per Stück...................... 12.—, Post 36, Jungvieh, ungeschaufelt per Stück............................... 5.—, Post 37, Kälber bis auf 6 Wochen, oder nicht über 60 Kg. Gewicht per Stück.................................... 3.—, Post 38, Schweine mit oder über 25 Kg. Gewicht per Stück . . . „ 5.—, Post 39, Schweine unter 25 Kg. Gewicht per Stück ...................... 3.—, Post 40, Schafe oder Ziegen per Stück................................... —.50. Diese Einfuhrzölle sind immerhin noch sehr hohe und werden durch dieselben die Interessen der Vorarlberger Bevölkerung schwer geschädiget. —.40, Vorarlberg ist nach zwei Seiten ein Grenzland. Das hauptsächlichste Absatzgebiet für Vieh und Holz ist seit jeher die Schweiz. Bekanntlich bildet die Viehzucht in Vorarlberg eine der größten, ja in einzelnen Thälern fast die einzige Erwerbsquelle der Bewohner. Die Höhenlage vieler Gemeinden schließt jede andere rationelle Verwerthung von Grund und Boden aus. Die finanziellen Verhältnisse der bäuerlichen Bevölkerung gestalten sich von Jahr zu Jahr ungünstiger, dieses geht am deutlichsten aus der fortwährenden Erhöhung der Verschuldung von Grund und Boden hervor. Daher ist es gewiß ein dringendes Bedürfniß der Grundbesitzer, ihre Producte namentlich das Holz zu möglichst hohem Preise verwerthen zu können. Ebenso ist die Lage der arbeitenden und gewerbetreibenden Einwohner Vorarlbergs nichts weniger als beneidenswerth. Durch die unverhältnißmäßig hohen schweizerischen Einfuhrzölle, welche für mehr oder weniger verarbeitetes Holz bestehen, wird hauptsächlich der Arbeiter und das Gewerbe geschädiget, zudem mehren sich alljährlich die Lasten, insbesondere die directen und indirecten Steuern. Nachdem nun mit 1. Februar 1892 der Eingangs zitirte Staatsvertrag außer Wirksamkeit tritt, deshalb die Verhandlungen mit der Schweiz wieder ausgenommen werden müssen, stellen die Gefertigten in Anbetracht der in kurzen Umrissen geschilderten Nothlage der Viehzucht- und Gewerbetreibenden Bevölkerung Vorarlbergs den Antrag: Der hohe Landtag wolle den Landesausschuß beauftragen, eine motivirte Vorstellung an die, hohe k. k. Regierung dahingehend zu richten, Hochdieselbe möge die Auflassung oder mindestens eine bedeutende Reduction der Einfuhrzölle auf Vieh und Holz im Wege der Verhandlung von der Schweiz mit allem Nachdrucke zu erwirken suchen. Bregenz, den 30. Oktober 1890. Jodok Fink, Landtags-Abgeordneter, Mart. Thurnher, „ „ Welte, „ I. G. Greißing, „ „ „ I. Nägele, „ „ Jod. Ant. Fritz, „ „ Johannes Thurnher, „ „ " Ich werde diesen Antrag in Druck legen lassen und auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung stellen. Johannes Thurnher: Es wäre vielleicht zur Förderung der Arbeit zweckmäßig, wenn das h. Haus befragt würde, ob man nicht mit Umgehung der Drucklegung nach der Geschäftsordnung in die dringliche Behandlung dieses Gegenstandes eingehen könnte, damit nach Schluß der heutigen Tagesordnung dieser Antrag einem X. Sitzung des Vorarlberger Landtags. I. Session der 7. Periode 1890. 117 Ausschüsse zur sofortigen Berathung und Berichterstattung zugewiesen werden könnte. Landeshauptmann: Es ist für diesen Gegenstand die Dringlichkeit beantragt, ich werde darüber nach der Geschäftsordnung sofort abstimmen lassen. Ich ersuche daher jene Herren, welche mit der beantragten dringlichen Behandlung dieses Gegenstandes einverstanden sind, sich \ gefälligst von den Sitzen zu erheben. Die Dringlichkeit ist angenommen, ich werde daher diesen Gegenstand als letzten der heutigen Tagesordnung zur ersten Lesung bringen. Es ist mir eine Interpellation der Herren Abgeordneten Dr. Beck und Dr. Waibel zugekommen in Angelegenheit des Öffentlichkeitsrechtes des Jesuiten--Gymnasiums in Feldkirch, welche ich zur Verlesung bringe. (Sekretär liest:) „Interpellation der Abgeordneten Dr. Beck und Dr. Waibel. In Erwägung, daß das Pensionat der Patres Jesuiten in Feldkirch seit 1868 bis heute eine Privatlehranstalt und nicht befugt ist, staatsgiltige Zeugnisse auszustellen; in Erwägung, daß die Ertheilung einer solchen Befugniß, d. i. das des Öffentlichkeitsrechtes, auch nur für die unteren Klassen der Pensionatsschule den Patres Jesuiten eine dem k. k. Real- und Obergymnasium in Feldkirch gefährliche Concurrenz schaffen müßte, welche nach den anderswo gemachten Erfahrungen in leicht absehbarer Zeit Anlaß zur Auflassung desselben bieten könnte; in Erwägung, daß die Auflassung der einzigen Staatsmittelschule in Vorarlberg, abgesehen von anderen Nachtheilen, eine schwerwiegende Schädigung der materiellen Interessen der Bevölkerung Feldkirchs in sich schließt, was allein schon durch den Hinweis auf die eventuell erfolgende Versetzung von dreizehn Professoren mit ihren Familien hinreichend bewiesen ist; in endlicher Erwägung, daß in einer Correspondenz der amtlichen Landes-Zeitung Nr. 248 das Gerücht verbreitet wird, die Jesuiten werden nach und nach das k. k. Staatsgymnasium in Feldkirch wieder übernehmen, stellen die Unterzeichneten die Anfrage an die hohe Regierung: Ist es wahr, daß Hochdieselbe gedenkt, die Privatschule der P. P. Jesuiten in Feldkirch überhaupt oder auch nur der untern Abtheilung derselben (Untergymnasium) das Öffentlichkeitsrecht zu ertheilen?? Bregenz, 30. Oktober 1890. Dr. Beck. Dr. Waibel." Ich werde mir erlauben, diese Interpellation dem Herrn Regieruugsvertreter abzutreten. Der Herr Abgeordnete Reisch hat sich für die heutige Sitzung entschuldigen lassen. Wir kommen nun zur Tagesordnung. Der erste Gegenstand derselben ist die Vorlage des Lande sausschusses betreffend die Rheinangelegenheit und als Beilage hiezu der Bericht der vom h. Landtage entsendeten Deputation. Ich werde diese Vorlage und auch den Bericht der Deputation zur Verlesung bringen. (Sekretär liest): „Hoher Landtag! In Folge der neuerlichen furchtbaren Rheinkatastrophe vom 30. August ix I., welche veranlaßt durch die Dammbrüche bei Hohenems, Bauern, Höchst, die Gemeinden Hohenems, Altach, Lustenau, Götzis, Höchst, Fußach und Hard ganz oder theilweise heimsuchte, über 1000 Häuser überschwemmte, die Felder verwüstete und deren Jahresernte vernichtete, sah sich der Landesausschuß veranlaßt, in Anbetracht der großen Nothlage so vieler Bewohner dringende Maßnahmen zur Linderung des allgemeinen Elendes und zur momentanen Hilfeleistung in Erwägung zu ziehen. So wurde unter dem 5. September d. I. die telegraphische Bitte dem k. k. 14. Armee-Corps-Commando in Innsbruck unterbreitet, sämmtliche bei der Waffenübung befindlichen Landesschützen theils behufs Beistellung von Arbeitskräften, theils wegen Ermöglichung der Heimkehr in die beschädigten Gemeinden zu entlassen, welche Bitte von Seite dieses Commandos bereitwilligst und in dankenswerther Weise entsprochen wurde. Da sich unter dem Vorsitze des früheren Landeshauptmannes Herrn Grafen Belrupt in den ersten Tagen nach der Katastrophe ein 118 X. Sitzung des Vorarlberger Landtags. I. Session der 7. Periode 1890. Landeshilfsausschuß gebildet hatte, delegirte der Landesausschuß in der Sitzung vom 6. September das Mitglied Herrn Johann Kohler als dessen Vertreter in diesen Hilfsausschuß und votirte ferner aus Landesmitteln den Betrag von 5000 fl. als vorläufige Unterstützung für die Nothleidenden zur Verfügung des Landeshilfsausschusses, vorbehaltlich der nachträglich zu ertheilenden Genehmigung durch den h. Landtag. Welche Schritte seitens des Landesausschusses weiter unternommen wurden, um der h. Regierung unter detaillirter Darstellung der traurigen und gefahrvollen Sachlage dringend und angelegentlichst die baldige Inangriffnahme von dauerhaften Schutzbaulen zur Sicherung der Gemeinden vor Wiederholung ähnlicher Katastrophen zu empfehlen, ist dem h. Landtage durch die in der 2. Sitzung vom 14. d. M. eingebrachte Vorlage eines Sr. Majestät zu unterbreitenden Memorandums bekannt. Wie bekannt, hat diese Vorlagedurch die Wahl der dieselbe persönlich zu überreichenden Deputation bereits ihre Erledigung gefunden. Über die Ausführung der dieser Deputation übertragenen Mission folgt in der Beilage separat der Bericht. Bei dem Umstande, daß die Überfluthung des Rheines in diesem Jahre eine viel intensivere war, der angerichtete Schaden sich bei weitem größer Herausstellen dürfte, als bei der Überschwemmung des Jahres 1888, ferner in Berücksichtigung dessen, daß in Folge der schwierigen und zeitraubenden Arbeiten an der 250 Meter langen Einbruchsstelle ein großer Theil des Überschwemmungsgebietes mehr als vier Wochen unter Wasser war und in Erwägung endlich, daß die nothleidenden Gemeinden, welche noch von den Anstrengungen zur Linderung der Katastrophe vor zwei Jahren finanziell erschöpft und kaum im Stande sind, abermals namhafte Summen zur Herstellung von Dämmen, Wegen, Bächen, Kultivirungen von versandeten Flächen etc. aufzubringen, dürste es sich empfehlen, wenn der h. Landtag analog wie vor Jahren die Ermächtigung ertheilen würde, im Nothfalle nach eigenem Ermessen weitere Geldmittel aus demselben Fonde zu dem gleichen Zwecke zu verwenden. Doch überläßt es der Landesausschuß vorerst dem h. Landtage mit Beziehung auf die gegebene Anregung wettere Anträge zu stellen. Gestützt auf obige Darlegung wird gestellt der Antrag: Der h. Landtag wolle beschließen, dem Beschlusse des Landesausschusses betreffend Erfolg der Flüssigmachung eines Betrages von 5000 fl. für die nothleidenden Überschwemmien zu Handen des Landeshilfsausschusses wird die nachträgliche Zustimmung ertheilt. Bregenz, am 28. Oktober 1890. Der Landes-Ausschuß." Mit Beschluß der hohen Landesvertretung vom 15. d. M. wurden die Unterzeichneten mit dem Auftrage betraut, als Deputation des Landes Vorarlberg sich nach Wien zu verfügen und dort zunächst Sr. Majestät dem Kaiser ein Memorandum zu überreichen, dessen Wortlaut nach Entwurf des Landes-Ausschusses von der hohen Landesvertretung genehmiget worden war — gleichzeitig aber auch Seiner Excellenz dem Herrn Statthalter von Tirol und Vorarlberg die Angelegenheit vorzutragen, und im letzteren Falle die hohe Unterstützung zu erbitten. Demgemäß haben sich die ergebenst Unterzeichneten überall dahin verfügt, insbesondere wurden dieselben am 20. d. M. von Sr. Majestät dem Kaiser in Audienz empfangen. Wie aus dem im Akte vorliegenden Memorandum ersichtlich, ging die Bitte dahin, daß aus dem von Seiner kaiserlichen Majestät angewiesenen Hilfsbetrage von 2 Millionen Gulden dem Lande Vorarlberg in Anbetracht der außerordentlich schwierigen Verhältnisse am Rhein eine thunlich ausgiebige Quote zugemessen werden möge, damit aus derselben jene Schutzarbeiten am genannten Flusse vorgenommen und bestritten werden können, durch welche eine entsprechende Sicherung vor Wiederkehr ähnlicher Katastrophen zu erzielen wäre. — Es wurde insbesondere gelegentlich der Audienz hervorgehoben, daß man bei dem günstigen Stande der Liebesgaben und Sammelgelder wohl im Stande sein würde, daher die vorerwähnte Quote aus den Staatsmitteln ganz zu den Schutzbauten verwendet werden könnte und sollte. Sowohl Se. kaiserliche Majestät als auch der Herr Ministerpräsident und der Herr Statthalter X. Sitzung des Vorarlberger Landtags. I. Session der 7. Periode 1890. 119 haben dieses Begehren als ganz richtig erkannt und die Zusage ertheilt, daß unter Berücksichtigung der Wünsche des Landes das Mögliche aufgeboten werden wird. Eine bestimmte Zusage über die Höhe der zu bemessenden Quote konnte im Augenblicke allerdings nicht gegeben werden, weil die Schadenerhebungen aus den sämmtlichen durch die Überschwemmungen heimgesuchten Kronländern noch nicht vorliegen, und erst auf Grund derselben die Bemessung für die Einzelnen stattfinden kann. Die Deputation konnte jedoch die Überzeugung gewinnen, daß die von ihr vorgebrachten Momente richtig gewürdigt wurden und man daher auch auf eine günstige Erledigung einigermassen hoffen darf. Indem wir dieses Ergebniß dem hohen Landesausschttsse überreichen, glauben wir der uns gewordenen Aufgabe entsprochen zu haben, und legen hiemit das ertheilte Mandat zurück. Bregenz, den 25. Oktober 1890. Hochachtungsvoll Graf Belrupt, Engelb. Bösch, Johann Kohler." Landeshauptmann: Die Herren kennen nun den Inhalt der Landesausschuß-Vorlage und der beigegebenen Beilage, und ich erwarte aus der Mitte der hohen Versammlung einen Antrag über die geschäftliche Behandlung dieses Gegenstandes. Büchele: Ich beantrage, daß dieser und der unter Punkt 4 der heutigen Tagesordnung aufgeführte Gegenstand dem bereits bestehenden Rheinausschusse zur Vorberathung und Berichterstattung zugewiesen werde. Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Büchele beantragt die Zuweisung sowohl dieses Gegenstandes als auch des selbstständigen Antrages des Herrn Abgeordneten Bösch und Genossen, betreffend eine Vorstellung an die hohe k. k. Regierung in Sachen der Rheincorrection und Beseitigung schädlicher Objecte aus dem Inundationsgebiete an den bereits bestehenden Rheinausschuß zur Vorberathung und Berichterstattung. Wünscht Jemand das Wort? — Da dies nicht der Fall ist, so nehme ich an, daß das hohe Haus dem gestellten Anträge zustimmt, und es wird conform dieses Beschlusses die Zuweisung dieser beiden Gegenstände an den Rheinausschuß erfolgen. Wir kommen nun zum zweiten Gegenstand der Tagesordnung, nämlich zum Gesuche der Fischereipächter von Gaißau und Höchst um Regelung der Schonzeiten. Nagele: Ich beantrage diesen Gegenstand dem volkswirthschaftlichen Ausschüsse zur Vorberathung und Antragstellung zu überweisen. Landeshauptmann: Es ist die Zuweisung des Gegenstandes ad 2 der heutigen Tagesordnung an den volkswirthschaftlichen Ausschuß beantragt. Wünscht Jemand das Wort? — Wenn keine Einwendung erfolgt, so betrachte ich auch diesen Antrag als angenommen. — Die Zustimmung ist gegeben, und es wird die Überweisung dieses Gegenstandes an den volkswirthschaftlichen Ausschuß erfolgen. Der dritte Gegenstand ist der selbstständige Antrag der Herren Abgeordneten Dr. Beck und Genossen, betreffend die Abänderung des Paragraphen 13 de r Landesordnung. Ich erwarte hierüber aus der Mitte der hohen Versammlung einen Antrag. Johannes Thurnher: Die von mir in einer der früheren Sitzungen des h. Landtages ausgesprochene Meinung, daß sich in dieser neuen Session mit dem Einzuge des Herrn Dr. Waibel die Minorität mit Anträgen an das h. Haus als sehr fruchtbar erweisen wird, ist bereits in Erfüllung gegangen, jedoch nicht in der Weise, in welcher ich es nach dem ersten Auftreten des Herrn Dr. Waibel erwartet habe. Ich bin nämlich erstaunt, aus den letzten Anträgen der Minorität zu ersehen, daß entgegen der von Herrn Dr. Waibel in so intensiver Weise zum Ausdruck gebrachten Verurtheilung der Abänderung einzelner Paragraphe der Gesetze nun die Minorität selbst in die von Herrn Martin Thurnher in diesem Hause eingeführte Methode der Einzeln-Abänderung eingetreten ist. 120 X. Sitzung des Vorarlberger Landtags. I. Session der 7. Periode 1890. Ich habe nicht erwartet, daß die Minorität nach den Äußerungen des Herrn Dr. Waibel so bald in die Fußstapfen des Herrn Martin Thurnher eintreten werde. Den gestern in Verhandlung gezogenen Antrag der Minorität auf Abänderung einzelner Paragraphe des Armengesetzes ist ein Beschluß auf Zuweisung an einen Ausschuß nicht zu Theil geworden und wenn ich auf die zwanzigjährige Praxis im Landes-Ausschusse zurückdenke, so muß ich gestehen, daß ein Bedürfniß nach Abänderung des § 13 der Landesordnung nicht vorgelegen ist. Allerdings muß ich zugestehen, daß es dem Herrn Dr. Waibel, welcher sich mit der Begründung der Ablehnung des § 22 der GemeindeWahlordnung auf die Landesordnung berufen hat, in Vertretung seiner Ansicht, daß die Ersatzmänner stets nur dann einberufen werden sollen, wenn die Ausschußmitglieder längere Zeit verhindert sind, vorkommen mag, als hätte er sich damit als Ersatzmann die Thüre in den LandesAusschuß verrammelt. Die Meinung ist möglich und berechtiget, wenn sie auch von Herrn Dr. Waibel über den beizuziehenden Ersatzmann nicht zugestanden wird. Es liegt sehr nahe diese Meinung zu haben. Wenn diese Meinung aber richtig wäre, dann wäre die Abänderung des Gesetzes nach meiner Ansicht schon aus dem Grunde nicht nothwendig, weil ich überzeugt bin, daß das wirkliche Mitglied des Landesausschusses Herr Dr. Beck so oft und so lange sich verhindert erklären wird, an den Landesausschuß-Verhandlungen theil zu nehmen, als Herr Dr. Waibel wünscht und das umsomehr, als man weiß, wie schwer der Herr Dr. Beck wegen seiner Berufsgeschäfte an den Verhandlungen des Landesausschusses Theil nehmen kann. Herr Dr. Waibel hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß Gesetzesabänderungen nur dann vorgenommen werden sollen, wenn eine absolute Nothwendigkeit vorhanden sei, während wir uns auf den Standpunkt gestellt haben, daß solche Abänderungen an einzelnen Paragraphen auch dann vorgenommen werden können, wenn sich dieselben als nützlich erweisen. Auch in dieser Beziehung constatire ich sehr gerne, daß Herr Dr. Waibel im Landtage bereits sehr viel gelernt hat, indem er sich von dem Standpunkte der bloßen Nothwendigkeit bei Abänderung einzelner Bestimmungen auf den Nützlichkeitsstandpunkt zu stellen beginnt. Der Antrag ist nicht gedruckt worden und ich habe mir ihn deshalb noch einmal angesehen, mit welchen Motiven derselbe eingebracht worden ist und da finde ich nun einzig und allein die Zweckmäßigkeit hervorgehoben. Der Antrag ist begründet mit folgenden Worten: In der Erwägung, daß es als zweckmäßig erscheint, daß die Zuziehung der nach § 13 der Landesordnung gewählten Ersatzmänner der Mitglieder des Landesausschusses zu den Sitzungen des Letzteren und ihre Verwendung im Landesausschusse überhaupt für die Zukunft gesetzlich in analoger Weise so geregelt werde, wie dies von dem h. Landtage durch den in seiner Sitzung vom 22. d. Mts. beschlossenen § 22 — es heißt hier „der Gemeinde-Wahlordnung", soll aber heißen, „der Gemeinde-Ordnung, " es kann nichts anderes gemeint sein, denn weil ich wörtlich citire, habe ich das Wort „Wahl" nicht unterschlagen können — bezüglich der Ersatzmänner der Mitglieder der Gemeinde-Vertretung geschehen ist." Es wird also beantragt, daß nach Absatz 2 des § 13, welcher von der Einberufung der Ersatzmänner bei längerer Verhinderung handelt, ein dritter Absatz eingeschaltet werde mit folgendem Wortlaute: „Das Gleiche hat jedesmal zu geschehen, wenn ein Ausschußmitglied vorübergehend verhindert ist, an den Sitzungen des Landesausschusses theil zu nehmen." Die Gesetzestechnik bei dieser Änderung würde Herr Dr. Waibel gewiß anfechten, wenn ein anderer den Antrag gestellt hätte. Diese Änderung hätte ja viel kürzer gefaßt werden können und dies wäre auch der Fall, wenn ein solcher Antrag aus der Mitte der Majorität hervorgegangen wäre. Der Absatz 2, welchen er in seinem Antrage stehen läßt, handelt von einer längeren Verhinderung und besagt, daß nur bei einer längeren Verhinderung der Ersatzmann einzuberufen sei, und der nächste von ihm beantragte Absatz handelt davon, daß dies auch bei einer kürzeren Verhinderung zu geschehen habe. Nach gewöhnlicher Gesetzestechnik würde es sich richtiger ausnehmen, wenn § 2 ganz kurz lauten würde: „Bei Verhinderung eines Ausschußmitgliedes ist der Ersatzmann einzuberufen", während es gar nicht nothwendig wäre, zu sagen, ob bei längerer oder kürzerer Verhinderung. Nun muß. X. Sitzung des Vorarlberger Landtags. I» Session der 7. Periode 1890. 121 ich aber sagen, daß aus der langjährigen Ersah- I rung, welche der Landesausschuß hat, noch keiner I der drei dem gegenwärtigen Herrn Landeshauptmanne vorangegangenen Herren Landeshauptmänner ein Bedürfniß empfunden hätte, diesen Paragraph einer Abänderung zu unterziehen und auch von keinem der Landesausschußmitglieder sowohl der Majorität als der Minorität ist im Laufe der langen Zeit bekannt geworden, daß ein Bedürfniß nach einer solchen Abänderung empfunden worden wäre. Es war ein gutes Argument für Herrn Dr. Waibel den § 13 der Landesordnung ins Feld zu führen für die von ihm gehandhabte Behandlung der Ersatzmänner in der Gemeinde, aber er hat vielleicht nicht in Erwägung gezogen, daß keiner von den bisherigen Landeshauptmännern, weder Herr von Froschauer, noch Herr Dr. Jussel, noch Herr Graf Belrupt dem Paragraphe über die Ersatzmänner eine so engherzige Auffassung zu Grunde gelegt hat, wie dies die beiden Herren Bürgermeister von Dornbirn und Feldkirch gethan haben. Es liegt kein faktisches Bedürfniß vor, diesen Paragraph abzuändern. Auch dem Herrn Landeshauptmanne Dr. Jussel, der gewiß mit aller Ängstlichkeit und Strenge, oft mit übermäßiger Ängstlichkeit, bei den Verhandlungen des Landtages und des Landesausschusses am Formwesen gehangen hat, ist es nicht eingefallen, die Bestimmungen der Landesordnung und die Instruction für den Landesausschuß nicht weit genug zu finden, um die jeweilige Beschlußfähigkeit des Landesausschusses möglich zu machen und so weit thunlich war der Ausschuß fast immer complet, wenigstens immer beschlußfähig. Unter dem Herrn Landeshauptmanne von Froschauer ist die Instruction, beziehungsweise Geschäftsordnung für den Landesausschuß im hohen Landtage zur Berathung und auch zur Annahme gelangt, in welcher außer der Citirung einiger Paragraphe aus der Landesordnung eine Menge Paragraphe über die Vorgänge im Landesausschusse handeln und zwar von § 26 dieser Instruction angefangen bis zum § 34. Am Schlusse enthält diese Instruction die Clausel: „Endgilüg angenommen, X. Landtags-Sitzung am 31. März 1864. von Froschauer, Landeshauptmann, und Ratz, Schriftführer." Der § 33 bestimmt auch etwas, wovon in der Landesordnung bezüglich der Landesausschußmitglieder keine Rede ist, nämlich: „Für Beurlaubte oder sonst verhinderte Ausschußmitglieder sind deren Ersatzmänner einzuberufen." Der Herr Landeshauptmann von Froschauer hat nun selbst die Auffassung dieser Bestimmung im Zusammenhänge mit der Landesordnung so aufgefaßt und so behandelt, daß im jeweiligen Verhinderungsfälle eines Mitgliedes allsogleich der Ersatzmann einberufen wird, weil es in dieser vom Landtage sanctionirten Bestimmung des § 33 neben den beurlaubten Mitgliedern kurzweg heißt: „Sind deren Ersatzmänner einzuberufen." Der folgende Herr Landeshauptmann Dr. Jussel hat dieser von seinem Vorgänger in der Praxis zum Ausdruck gebrachten Handhabung der Geschäftsordnung entsprechend eine besondere Clausel in die Einberufungsformel hinein genommen, die da lautet: „und ersuche ich im Verhinderungsfälle um rechtzeitige Anzeige, damit die Ersatzmänner geschäftsordnungsmäßig von hier aus einberufen werden können." Also sowohl Herr Landeshauptmann von Froschauer, der gewiß am Zustandekommen dieser Justruction regen Antheil genommen hat — wahrscheinlich hat er selbst das Conzept derselben verfaßt — als auch Herr Dr. Jussel, der sich darauf berufen hat, haben die gegenwärtigen Bestimmungen der Landes- und Geschäftsordnung für vollkommen zureichend gefunden und der zuletzt abgetretene Herr Landeshauptmann Carl Graf Belrupt hat sich in den gleichen Fußstapfen bewegt. Ich glaube mit dem Gesagten dargethan zu haben, daß sich bisher durchaus feilt Bedürfniß weder für den Landeshauptmann noch für die Ausschußmitglieder empfindlich gemacht hat, daß eine Änderung vorgenommen werde und ich glaube deshalb, man könnte mit der Abänderung der Landesordnung wenigstens so lange zuwarten, bis man sieht, ob der gegenwärtige Herr Landeshauptmann der Auffassung seiner drei Vorgänger entsprechend vorgeht, oder aber ob er in die Fußstapfen der beiden Herren Bürgermeister von Dornbirn und Feldkirch tritt und die engherzige Auffassung derselben mit ihnen theilt. Bis dahin scheint mir nach meiner Auffassung die Nothwendigkeit einer Abänderung der Landes-Ordnung nicht vorhanden zu sein. 122 X. Sitzung des Vorarlberger Landtags. I. Session der 7. Periode 1890. Dr. Waibel: Ich muß auf die Ausführungen des Herrn Vorredners, die sich gegen meine Person gerichtet haben, folgende Erwiderung machen. Ich stehe noch heute auf dem Standpunkte und werde wahrscheinlich auf demselben bleiben, daß ich die Einzeln-Änderungen von Gesetzen nicht für gut halte, wenn nicht ein zwingendes Bedürfniß für dieselben nachgewiesen werden kann. Was den vorliegenden Antrag anbelangt, so ist derselbe nicht von mir allein, die Herren haben sich überzeugen können, daß er von meinen drei Collegen der Minorität mit unterschrieben ist. Es ist also nicht blos meine Sache, diesen Antrag zu vertheidigen, es ist auch Sache meiner drei Collegen. Was die Bemerkung anbelangt, daß die Fassung des Antrages hätte eine andere sein können, so nmß ich darauf erwidern, daß wir absichtlich diese Form gewählt haben. Wir haben den bestehenden § 13 unberührt gelassen und haben lediglich nur das hinzugefügt, was uns als zweckmäßig und nothwendig erschienen ist. Wenn die Herren diesen Paragraph etwas genauer ins Auge fassen, so werden Sie finden, daß nach demselben der Landesausschuß den Sitz dort zu nehmen hat, wo der Landtag seinen Sitz hat. Das ist in allen übrigen Kronländern der Fall. Die Beschäftigung der Landesausschußmitglieder besteht dort nicht blos darin, im Collegium zu sitzen und bei den Sitzungen mitzuvotiren, sondern in den größeren Kronländern hat jedes der Landesausschußmitglieder eine Anzahl von Geschäften zu besorgen. Sie brauchen in dieser Hinsicht nur den § 26 richtig anzuschauen und sich vorzustellen, was der Landesausschuß, der aus 5 Mitgliedern besteht — in größeren Kronländern besteht er auch nicht aus mehr Mitgliedern — für ein großes Material zu bewältigen hat. Denken Sie an den Landesausschuß von Niederösterreich, mit der großen Anzahl von Landesanstalten, Stiftungen und anderen Einrichtungen. Das hat alles der Landesausschuß unter seiner Verantwortung zu verwalten. Denken Sie an den Landesausschuß von Böhmen, Mähren u. dgl., 'und der Wortlaut des § 13 ist für diese Verhältnisse geschaffen. Es heißt int § 13: „wenn ein Ausschußmitglied auf längere Zeit an der Besorgung der Ausschußgeschäfte verhindert ist, tritt der Ersatzmann ein, welcher zur Stellvertretung jenes Ausschußmitgliedes gewählt worden ist." Bei uns ist das Verhältniß ein anderes, wir sind in unserem kleinen Lande nahe beisammen, das Land hat mit Ausnahme der wenigen kleinen Fonde, die vorliegen, nicht viel zu verwalten; die Landesirrenanstalt in Valduna ist das Einzige, was sozusagen einer Verwaltung bedarf. Für das Land Vorarlberg liegt also das Bedürfniß nicht vor, daß die Mitglieder des Landesausschusses ihren Sitz in Bregenz einzunehmen haben. Das wurde sofort empfunden und es ist durch eine Vorstellung an die hohe Regierung auch sogleich schon im Jahre 1861 erreicht worden, daß für Vorarlberg diese Vorschrift außer Geltung gesetzt wurde. Die Geschäftsführung bei uns besteht darin, daß der Landesausschuß sich nach Bedürfniß zu den Sitzungen versammelt, um die Gegenstände, die sich ergeben haben, zu behandeln und zu erledigen. Die ganze Geschäftsführung bei uns ist also eine andere wie in den großen Kronländern des Reiches. Bei dieser Einrichtung und bei dem Umstande, daß die Körperschaft eine sehr kleine ist, ist es doch gewiß nothwendig, daß das Collegium in die Lage versetzt werde, jedesmal vollzählig versammelt zu sein und daß für Jeden Gelegenheit geboten werde, seine Anschauung bei den Sitzungen geltend zu machen. Das ist nicht Parteisache, sondern das ist Geschäftssache, jede Ansicht muß im Interesse der Sache und zur sichern Erledigung der Dinge am rechten Orte angebracht werden können. Wenn nun aber der § 13 so stehen gelassen wird, wie er lautet, so kann es Fälle geben, daß der Vorsitzende es verabsäumt, die Einberufung der Ersatzmänner zu bewerkstelligen, Solche Fälle sind ja denkbar. Um dem vorzubeugen und dem Vorsitzenden sichere Veranlassung zu geben, daß ein solches Versäumniß nicht eintreten kann, haben wir es für zweckmäßig gefunden, daß die Bestimmungen, welche diesbezüglich für die große Körperschaft des Gemeindeausschusses als nothwendig erschienen waren, für den kleinen Ausschuß, welcher sich mit den Angelegenheiten des Landes zu befassen hat, einer Änderung unterzogen werden, Wir haben seiner Zeit da bemerklich gemacht, daß es bei einem GemeindeX. Sitzung des Vorarlberger Landtags. I. Session der 7. Periode 1890. 123 Ausschüsse, der vielleicht aus 30 Mitgliedern besteht und bei Anwesenheit von 20 Mitgliedern beschlußfähig ist, nicht darauf ankommt, ob ein Mitglied mehr oder weniger da sei, wenn der Ausschuß nur beschlußfähig ist. Wenn 20 Mitglieder da sind, können alle Anschauungen über die Verhandlungsgegenstünde zum Ausdruck gebracht werden und es wird sicherlich nichts verabsäumt. Bei einer kleinen Körperschaft ist dies aber nicht gleichgiltig. Es ist von Seite des Herrn Vorredners bemerkt worden, daß die Herren Landeshauptmänner von jeher die Gepflogenheit gehabt haben, jedesmal bei Verhinderung eines Ausschußmannes den Ersatzmann einzuberufen. Das mag sein, sie waren aber dazu durch die Landesordnung nicht gebunden. Der Landeshauptmann hätte, ohne daß ihm an der Hand des Gesetzes ein Vorwurf hätte gemacht werden können, den Ersatzmann nur dann und wann einberufen können. Damit nun der Herr Landeshauptmann in die sichere Lage gebracht werde, zu wissen, wie in einem solchen Falle vorzugehen sei, haben wir es für zweckmäßig erachtet, diesen Satz einzufügen in gleicher Weise wie die Herren die Nothwendigkeit empfunden haben, im § 23 der Gemeindeordnung zu statuiren, daß jedesmal, wenn ein Ausschußmann vorübergehend verhindert ist, an den Sitzungen des Ausschusses theil zu nehmen, der Ersatzmann für die Zeit der Verhinderung zur Sitzung einzuberufen sei. Ich glaube meine Anschauung, so weit als nothwendig ist, ausgesprochen zu haben und ich gewärtige das Weitere. Johannes Hat sich daß man wenn ein Thurnher: Der Herr Vorrednerjetzt wiederholt auf den Standpunkt gestellt, Gesetze nur dann abändern soll, zwingendes Bedürfniß sich herausstellt. Ich glaube hinlänglich bewiesen zu haben, daß nach einer 20jährigen Erfahrung sich ein zwingendes Bedürfniß nicht gezeigt hat. Was die Bemerkung betrifft, daß es wichtig sei, daß im Landesausschusse jede Ansicht zur Geltung komme, so ist dies von mir ja auch dargethan worden, indem ich die Praxis der bisherigen Landeshauptmänner auf Grund der Geschäftsordnung angerufen habe um darzuthun, daß man zu jeder Zeit im Landesausschusse beflissen war, sobald ein Ausschußmitglied verhindert war, seinen Ersatzmann einzuberufen. Wenn der Herr Vorredner meint, es sei zweckmäßig, den § 13 abzuändern damit ein Versäumniß nicht so leicht eintreten könne, so muß ich sagen, daß dies kein Grund ist. Ein Versäumniß kann eintreten, ob dieser Passus drinnen steht oder nicht, man kann ja die dringendste Aufgabe versäumen. Was schließlich die Bemerkung betrifft, der Antrag des Herrn Dr. Waibel stamme nicht von ihm allein her, sondern er sei auch von seinen Gesinnungsgenossen mit unterschrieben, so muß ich sagen, daß ich mir denselben sehr wohl angesehen habe und daß an der Spitze der Herren Antragsteller Herr Dr. Beck, dann Herr Dr. Fetz, ferner Herr Dr. Waibel und schließlich Herr Josef Wolf unterschrieben sind. Das hat mich aber nicht gehindert, in der Reinschrift dieses Antrages das Concept, und nicht blos das Concept, sondern sogar die Handschrift des Herrn Dr. Waibel zu erkennen, und ich glaube, es wird in diesem Saale und auch außer demselben wohl Niemanden geben, der nicht die Urheberschaft wenigstens dieses Antrages und vielleicht auch der Mehrzahl der Anträge, die heuer von der Minorität eingebracht worden sind, dem Herrn Dr. Waibel beilege, denn es ist eine allbekannte Erscheinung: Neue Besen kehren gut. Dr. Fetz: Früher ist es nicht üblich gewesen, sogleich bei der ersten Lesung über einen Antrag, der eingebracht worden ist, Verhandlung zu pflegen und denselben so in kurzem Wege abzuthun. Man hat früher einen eingebrachten Antrag immer entweder ehrenhalber oder auch abgesehen hievon an einen Ausschuß verwiesen und ich für meine Person hätte es für angezeigt angesehen, auch diesen Antrag nicht in anderer Weise zu behandeln; ich hätte übrigens auch gar keine Bemerkung gemacht, wenn ich nicht durch das, was ich soeben gehört habe, dazu veranlaßt worden wäre. Ich muß mir daher erlauben, hierüber folgendes zu sageu: Es ist mir allerdings der Antrag, der eben in Verhandlung steht, auch zur Unterschrift vorgelegt worden, ich selbst bin aber derjenige, der die Motivirung, welche dem Anträge vorausgeschickt ist, veranlaßt hat. Ich habe nämlich dieselbe gewünscht und sogar concipirt und ich bemerke, daß ich dies aus folgendem Grunde gethan 124 X. Sitzung des Vorarlberger Landtags. I. Session der 7. Periode 1890. habe. Ich bin unter den Mitgliedern der Minorität der Einzige — die Herren werden sich daran erinnern — der für die analoge Bestimmung in der Gemeindeordnung eingetreten ist (Johann Thurnher ruft: Sehr richtig) und habe das, so gut ich konnte, auch motivirt, und ich stehe auch dermalen auf demselben Standpunkte. Ich glaube daher, dem Anträge, der von Herrn Dr. Waibel hier vorgelegt worden ist, die volle Zustimmung geben zu sollen, weil ich thatsächlich der Ansicht bin, daß das, was man dort für Recht ansieht, auch hier für Recht angesehen werden soll. Das war der Grund, warum ich dies gethan habe und das war auch der Grund, warum ich gesagt habe, ich schließe mich diesem Anträge dann an, wenn die Motivirung, wie dieselbe stattgefunden hat, vorangeschickt wird. Run ist allerdings von Herrn Johann Thurnher auseinander gesetzt worden, daß dasjenige, was durch diesen Antrag bezweckt wird, ohnehin geschehe, und zwar geschehe auf Grund der Geschäftsordnung vom Jahre 1864. In dieser Beziehung wäre der Antrag allerdings überflüssig, aus der anderen Seite aber kann ich es mir doch nicht verhehlen, daß dieser Antrag eine gewisse Berechtigung hat und zwar aus dem Grunde, weil man auch eine legislative Gewißheit für sich haben will, daß der Paragraph so gehandhabt wird, wie dies bei der Gemeindeordnung der Fall ist. In vielen Gemeinden ist dies überhaupt der Fall und wie ich schon gesagt habe, ist bezüglich der Ersatzmänner das Gesetz beispielsweise in Bregenz immer so gehandhabt worden, aber die Herren werden selbst gefunden haben, daß eine im Gesetze diesbezüglich ausgesprochene Bestimmung sicherer ist, als die bloße Handhabung, die sich auf die Bestimmung der Geschäftsordnung gründet. Ich habe mich daher ganz gewiß ohne irgend welche Absicht sine Studio diesem Anträge angeschlossen und ich muß ihn für gerechtfertigt auch noch gegenwärtig halten. Das ist der Grund, warum ich diesen Antrag unterschrieben habe. Ich habe ihn nicht deswegen unterschrieben, weil ich der Minorität angehöre, die Herren haben ja beobachten können, daß ich mitunter etwas Seitensprünge mache und ich werde das auch in Zukunft mir Vorbehalten. (Bravo-Rufe.) Ich würde es daher für angemessen erachten, wenn der vorliegende Antrag nicht so ohne weiters begraben würde, man könnte ihn dann doch wenigstens einem Ausschüsse zuweisen und ich stelle den Antrag, ihn dem Gemeinde-Ausschusse zur Vorberathung und Berichterstattung zu überreichen. Johannes Thurnher: Meine Auseinandersetzungen hatten den Zweck, dem h. Hause darzuthun, daß dem Anträge der Minorität ein factisches Bedürfniß nicht entspricht. Mehr wollte ich nicht bezwecken. Ich konnte das thun, weil ich jenes Mitglied des Landtages bin, welches am längsten in ununterbrochener Reihenfolge dem Landesausschusse angehört. Ich bin durchaus nicht dagegen, daß der Antrag einem Ausschüsse zugewiesen werde, aber das eine mußte ich konstatiren, daß derselbe einem factischen Bedürfnisse nicht entspringen kann. Martin Thurnher: Ich bin zwar auch der Ansicht, daß es gerade kein unbedingtes Bedürfniß ist, diesen Antrag in Verhandlung zu ziehen, weil durch die dermalige Geschäftsordnung des Landesausschusses schon genügend Vorsorge getroffen ist, die Ersatzmänner entsprechend heranzuziehen. Nachdem nun aber einmal ein ähnlicher Beschluß hinsichtlich der Gemeinde-Ordnung gefaßt wurde, so dürfte doch in Erwägung zu ziehen sein, ob nicht auch bei der Landes-Ordnung in gleicher Weise vorgegangen werden sollte. Weil es aber mit der bezüglichen Beschlußfassung gerade nicht Eile hat, dürste es nicht nothwendig erscheinen, den vorliegenden Antrag dem Gemeinde-Ausschusse zuzuweisen, sondern man könnte denselben dem Landes-Ausschusse überweisen, denn dieser kann am besten prüfen, ob die Änderung ein Bedürfniß ist. Es soll ihm dann überlassen bleiben, entweder noch in dieser oder in einer späteren Session eine Vorlage einzubringen. Ich stelle daher den Antrag: „Der Antrag werde dem Landesausschusse zugewiesen mit dem Auftrage in Erwägnng zu ziehen, ob die Änderung des § 13 der Landesordnung als nothwendig erscheine und gegebenen Falles hierüber dem Landtage in dieser oder späterer Session eine Vorlage zu unterbreiten. Dr. Fetz: Ich glaube, daß der Antrag, den ich gestellt habe, geschäftsordnungsmäßig der X. Sitzung des Vorarlberger Landtags. I. Session der 7. Periode 1890. 125 richtigere ist. Der Antrag ist in diesem Hause eingebracht worden zu dem Zwecke, daß er entweder in Verhandlung gezogen oder abgelehnt werde. Die Folge davon ist, daß er zuerst zur ersten Lesung gebracht und entweder einem selbständig gewühlten Ausschuß ober einem schon bestehenden Ausschüsse zugewiesen wird. (Martin Thurnher ruft: Oder dem Landesausschusse.) (Dr. Fetz fortfahrend:) Der Landesausschuß kann in dieser Session nicht mehr leicht darüber Bericht erstatten. Es bleibt also nur übrig, daß der von Herrn Dr. Beck und Genossen eingebrachte Antrag dem bereits bestehenden Gemeinde-Ausschusse zur Vorberathung und Berichterstattung zugewiesen werde. Das ist, glaube ich, eine Anforderung, die kaum zurückgewiesen werden kann. Eine Verhandlung oder eine Vorberathung nämlich verdient der Antrag selbst dann, wenn man glaubt, er sei faktisch nicht nothwendig. Die Sache selbst hat ja weiter nichts auf sich. Denn wenn der Antrag angenommen werden soll, so braucht er zwei Drittel Majorität, weil er eine Änderung der Landesordnung in sich schließt und die ist vielleicht nicht zu erwarten. Verhandelt soll er aber werden und ich würde mir nach den Ausführungen des Herrn Johann Thurnher die Sache so denken, daß ihm eine motivirte Tagesordnung in Aussicht stehen würde. Ich kann also nur das eine bemerken, daß zwei Wege möglich sind, entweder man geht einfach in der Weise zur Tagesordnung über, daß man denselben nicht an einen Ausschuß zur weiteren Verhandlung überweist, und das wäre unrecht, oder um mich des Wortes des Herrn Johann Thurnher zu bedienen, man verweist ihn ehrenhalber an einen Ausschuß. Die Wahl eines neuen Ausschusses ist nicht nothwendig, es wäre das einfachste, ihn dem GemeindeAusschusse zu überweisen, weil dieser mit dergleichen Angelegenheiten zu thun hat. Ich halte also meinen früher gestellten Antrag aufrecht. Landeshauptmann: In dieser Beziehung ist der § 25 der Geschäftsordnung maßgebend, welcher lautet: Der Landtag bestimmt, ob der gestellte Antrag an einen schon bestehenden, oder an einen eigens hiezu zu wählenden Ausschuß zn verweisen sei; wird einem Antrag kein solcher Beschluß zu Theil, so ist er als abgelehnt zu betrachten." Johannes Thurnher: Ich glaube, daß auch diese Bestimmung der Geschäftsordnung nicht hinderlich ist, daß dieser Antrag dem Landesausschusse überwiesen wird. Der Landesausschuß ist ja ein Ausschuß des Landtages und zwar der permanente Ausschuß desselben. Mart. Thurnher: Ich möchte umsomehr auf meiner Ansicht beharren, nachdem § 23 bestimmt, daß Vorlagen durch den Landesausschuß oder einen andern aus dem Landtage gebildeten Ausschuß vor den Landtag gelangen. Selbstständige, nicht auf eine Vorlage der Regierung oder eines Ausschusses sich beziehende Anträge einzelner Mitglieder müssen der Ausschußberathnng unterzogen werden, ob aber der des Landesausschnsses oder eines andern bleibt sich wohl gleich. Dr. Waibel: Ich muß dem Herrn Abgeordneten Johannes Thurnher, obwohl er schon lange Ansschußmitglied ist, zu bedenken geben, daß der Landesausschuß gemäß der Landesordnung gebildet ist und nicht gemäß der Geschäftsordnung; das ist ein wesentlicher Unterschied, das ist nicht auf die gleiche Stufe zu stellen. Johannes Thurnher: Das weiß ich sehr gut, daß der Landesausschuß nicht eine vorübergehende Körperschaft ist und auch andere Agenden hat, als diejenigen, welche ihm zugewiesen werden, daß er sich aber am besten mit einem solchen Anträge befassen kann, beweist die langjährige Praxis und außerdem die gesetzliche Bestimmung, daß der Landesausschuß Anträge selbst vorbereiten kann. Es werden in jeder Session vom Landtage dem Landesausschusse verschiedene Gegenstände zur Vorberathung und Antragstellung in künftiger Session überbunden und das ist nichts anderes, als blos eine directe Überbindung. Ich glaube, daß es viel einfacher ist, wenn dieser Antrag direct dem Landesausschusse überwiesen wird, weil naturgemäß sonst dieser Antrag zuerst an den Gemeinde-Ausschuß, dann in den Landtag und endlich an den Landesausschuß gelangen würde, durch directe Überweisung würde aber der Weg bedeutend verkürzt. Dr. Waibel: Es ist leider der Fall, daß ich so oft sprechen muß, ich kann es aber nicht 126 X. Sitzung des Vorarlberger Landtags. I. Session der 7. Periode 1890. unterlassen, hierauf eine Erwiderung zu geben. Soweit ich den Geschäftsgang bei den Landtagsverhandlungen kennen gelernt habe, ist es nie vorgekommen, daß ein Gegenstand, der sich auf der Tagesordnung befand, direct an den Landesausschuß