18901108_lts014

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Letzte Änderung 02.07.2021, 18:54
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp07,lts1890,lt1890,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 14. Sitzung am 8. November 1890, unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Adolf Rhomberg. Gegenwärtig: 18 Abgeordnete. Abwesend: Herr Dr. Fetz und Herr Dekan Berchtold. Regierungsvertreter: Herr Statthaltereirath Graf Amens St. JulienWallsee. Beginn der Sitzung 10 Uhr 30 Min. Vormittags. Landeshauptmann: Die Sitzung ist eröffnet und ich ersuche um Verlesung des Protokolles der letzten Sitzung. (Sekretär verliest dasselbe.) Hat Jemand gegen die Fassung des Protokolles etwas einzuwenden? — Wenn keine Einwendung erfolgt, dann betrachte ich das Protokoll als genehmiget. Der Herr Abgeordnete Dr. Fetz hat sich für die heutige Sitzung entschuldigen lassen. Es ist mir eine Interpellation der Herren Abgeordneten Fink und Genossen zugekommen, die ich zu verlesen bitte. (Sekretär liest:) „Interpellation. In der 12. Sitzung der fünften Landtagssession des Jahres 1883 hat der Landtag den einstimmigen Beschluß gefaßt: Die hohe k. k, Regierung wird aufgefordert: 1. „Vorsorge zn treffen, daß die k. k. Bezirksgerichte „in keiner den fakultativen Bestim„mungen der Notariatsordnung vom 25. „Juli 1871 R. G. Bl. Nr. 75 beezihungs„weise vom 21. Mai 1855 widersprechen„den Weise, betreffend die Verwendung der „k. k. Notare als Gerichtskommissäre, be„einflußt werden, wie es insbesondere durch „das Circular des k. k. Oberlandsgerichtes „in Innsbruck vom 26. April 1881 L. G. „Bl. Nr. 14 geschehen ist. 166 XIV. Sitzung des Vorarlberger Landtags. L Session der 7. Periode 1890. 2. „In allen Orten, mit Ausnahme der Städte „Feldkirch und Bregenz, unbesetzte oder in „Erledigung kommende Notarstellen nicht „weiter zu besetzen." In Erwägung, daß nun seit dieser LandtagsBeschlußfassung im Landgemeinden-Gerichtsbezirke Bregenzerwald mit geringer Unterbrechung ein k. k. Notar mit dem Standorte in Bezau angestellt ist, — in Erwägung, daß ein k. k. Notar in Bezau vom Einkommen seines eigentlichen, im Gesetze vom 25. Juli 1871 R. G. Bl. Nr. 76 zugewiesenen Wirkungskreises unmöglich leben kann, — in Erwägung daß der k. k. Notar deshalb im Gerichtsbezirke Bezau gleichsam künstlich nach Beschäftigung und Einkommen Haschen muß und dabei dann mitunter auch zu solchen Erwerbsquellen die Zuflucht nimmt, die nicht in seinem Wirkungskreise liegen, wie Parteienvertretung in streitigen Fällen außer dem Strafverfahren it. s. w., in Erwägung, daß öfters — und das ist auch gegenwärtig der Fall — die Notarstelle in Bezau nicht ein Landsmann inne hat, weshalb von demselben Land und Leute, Sitten und Gebräuche nicht gekannt und nicht anerkannt werden, — in endlicher Erwägung, daß die in mehr ärmlichen pekuniären Verhältnissen lebende Bevölkerung des Bregenzerwaldes dem Institute der Notare auch aus Ersparungsrücksichten kein Vertrauen entgegen bringen kann, sondern mehr oder weniger in demselben nur eine unnothwendige fast unerträgliche Last erblickt, erlauben sich die Gefertigten an Eine hohe k. k. Regierung folgende Anfragen zu stellen: 1. Sind dem hohen k. k. Justizministerium die geschilderten Verhältnisse in Betreff des Notariates in Bezau bekannt? 2. Wäre dasselbe nicht geneigt in Berücksichtigung derselben conform des Eingangs sub 2 citirten Landtagsbeschlusses die Notarstelle in Bezau bei eventueller Erledigung derselben unbesetzt zu lassen? Bregenz, am 7. November 1890. Jodok Fink m. p. Landtags-AbgeordneterBarthol. Berchtold m. p. Dekan, Landtags-Abg. Jodok Anton Fritz m.p. Landtags-Abgeordneter." Ich werde diese Interpellation an den Herrn Regierungsvertreter gelangen lassen. Der Herr Regierungsvertreter hat das Wort. Regierungsvertreter: Die von den Herren Landtagsabgeordneten Dr. Beck und Waibel in der X. Sitzung eingebrachte Interpellation deren Schlußsatz lautet: „Ist es wahr, daß die hohe Regierung gedenkt, der Privatschule der P. P. Jesuiten in Feldkirch überhaupt oder auch nur der untern Abtheilung derselben (Untergymnasium) das Öffentlichkeitsrecht zu ertheilen?" — beehre ich mich zu beantworten, wie folgt: Der Rector der Privat-Lehr- und Erziehungsanstalt Stella matutina in Feldkirch hat um die Verleihung des Öffentlichkeitsrechtes für das in dieser Anstalt zu errichtende Privat-Untergymnasium angesucht. Dieses Gesuch wurde vom hohen Ministerium | für Kultus und Unterricht an den k. k. Landesschulrath für Vorarlberg mit dem Auftrage geleitet, dasselbe rücksichtlich der Erfüllung der gesetzlichen Bedingungen für Gewährung der gestellten Bitte einer eingehenden Berathung zu unterziehen und hiernach in der Angelegenheit einen bestimmten gutächtlichen Antrag zu stellen. Obwohl an das Unterrichts-Ministerium der geforderte Antrag des k. k. Landesschulrathes für Vorarlberg zur Zeit noch nicht erstattet wurde, so kann schon namens der staatlichen UnterrichtsVerwaltung die Erklärung abgegeben werden, daß vorerst nur über das Ansuchen um Genehmigung zur Errichtung einer den Namen Gymnasium führenden Privatanstalt eine Entscheidung wird gefällt werden können. Die Gewährung dieser Bitte kann im Sinne des provisorischen Gesetzes über den Privatunterricht vom 27. Juni 1850 R. G. Bl. Nr. 309 nur unter der Voraussetzung erfolgen, daß die in diesem Gesetze hiefür bestimmt vorgezeichneten Bedingungen in vollem Maße zutreffen. Dagegen kann die Verleihung des Öffentlichkeitsrechtes erst nach Errichtung des Privat-Untergymnasiums in Erwägung gezogen werden, da erst durch eine sorgsame Beobachtung über die Wirksamkeit der Schule die nöthigen Grundlagen für das im Sinne des § 15 des bezogenen Gesetzes zu fällende Urtheil zu gewinnen sind, ob die Einrichtung des Privat-Untergymnasiums die für den beabsichtigten Erfolg des Unterrichtes nöthigen Bürgschaften darbietet. XIV. Sitzung des Vorarlberger Landtags. I. Session der 7. Periode 1890. 167 Gegenüber den Befürchtungen, welche rücksichtlich einer nachtheiligen Rückwirkung der etwaigen Verleihung des Öffentlichkeitsrechtes an das zu errichtende Privat-Untergymnasium der P. P. Jesuiten in Feldkirch auf den Bestand des Staatsgymnasiums in dieser Stadt gehegt und ausgesprochen werden, kann schon jetzt darauf hingewiesen werden, daß von der Gesellschaft Jesu das Öffentlichkeitsrecht lediglich für das in der PrivatErziehungsanstalt zu errichtende und sonach nur für die Zöglinge dieser Anstalt bestimmte Privat-Untergymnasium angestrebt wird. Landeshauptmann: Wir kommen nun zur Tagesordnung. Der einzige Gegenstand derselben ist der Bericht des zur Prüfung des Rechenschaftsberichtes des Landesausschusses gewählten Finanzausschusses. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Abgeordneten Reisch gefälligst den Bericht vorzutragen. Wenn das hohe Haus nichts anderes wünscht, werde ich in der Weise vorgehen, wie es seit mehreren Jahren Gepflogenheit gewesen ist, nämlich, ich werde von der Verlesung des Rechenschaftsberichtes des Landesausschusses absehen und lediglich den hier vorliegenden Bericht des Finanzausschusses Punkt für Punkt zur Verlesung bringen. Sollte bei den einzelnen Punkten einer der Herren Abgeordneten zu sprechen wünschen, dann bitte ich sich zum Worte zu melden. Ich werde bei jeder einzelnen Abtheilung des Berichtes eine kleine Pause machen. Wenn sich Niemand zum Worte melden sollte, dann wird der Herr Berichterstatter mit der Verlesung, fortfahren und ich werde nur dort, wo eigene Anträge gestellt sind, diese zur Abstimmung bringen. Wird eine Generaldebatte gewünscht? (Ruf: Ja.) Dann erkläre ich die Generaldebatte diesen Bericht für eröffnet. Dr. Waibel: Ich habe in der Generaldebatte einige Bemerkungen zu machen. Der Verhandlungsgegenstand, der uns vorliegt, ist der allerwichtigste in der ganzen Session, und ich muß constatiren, daß in dem Finanzausschüsse, welcher die Aufgabe hatte, den Rechenschaftsbericht zu prüfen und in Berathung zu ziehen, kein Mitglied der Minorität zugezogen war, um sich hierüber Aufklärungen verschaffen zu können. Dieser Bericht ist erst gestern abends um fünf Uhr mir zu Handen gekommen. (Martin Thurnher ruft: Vormittag.) Ich habe ihn erst abends um 5 Uhr bekommen und ich bin überzeugt, daß auch andere Abgeordnete denselben erst um diese Zeit in die Hand bekommen haben. Es scheint mir nun etwas ganz ungewöhnliches zu sein, daß die wichtigste Agende des Landtages den Mitgliedern desselben nur wenige Stunden vor der Verhandlung darüber in die Hände gelangt. Man ist ja außer Staude diesen ganzen Bericht nur durchzulesen, geschweige denn mit dem Berichte des Landesausschusses zu vergleichen und sich weiterhin über die verschiedenen Gegenstände, die darin enthalten sind und ganz entschieden einer Besprechung würdig wären, zu orientiren. Ich glaube, daß es wohl bei keiner Körperschaft, die sich die Verantwortung über ihre Beschlüsse vollkommen gegenwärtig hält, der Fall ist, daß ein solch' wichtiger Bericht den einzelnen Mitgliedern in einem so kurzen Zeitraum zur Verhandlung aufgedrungen wird. Ich möchte darum bitten, daß in eine Verhandlung über diesen Bericht nicht jetzt eingetreten, sondern daß dieselbe auf den nächsten Montag verschoben werde. Ich glaube, daß dies nur der Billigkeit entsprechen würde. Landeshauptmann: Ich möchte mir zunächst nur die Bemerkung erlauben, daß die Vertheilung des Berichtes, der vorgestern abends über mein Drängen in der Druckerei fertig gestellt wurde, um dem Wunsche der Herren zu entsprechen, gestern Früh an die Herren Abgeordneten erfolgte. Jene Herren Abgeordneten, die gerade nicht hier in Bregenz sich befanden, war es allerdings nicht möglich den Bericht sofort zuzustellen, aber geschäftsordnungsmässig wurde er 24 Stunden vor der Verhandlung den Mitgliedern des hohen Landtages überreicht. Ich habe mich auch bezüglich dieses Gegenstandes an die Gepflogenheit, wie sie von jeher hier gewesen ist, gehalten, indem ich den Rechenschaftsbericht des Landesausschusses immer gleich als erste Beilage in die Hände der Herren Abgeordneten gelangen ließ, damit die Herren Gelegenheit bekommen, durch 168 XIV. Sitzung des Vorarlberger Landtags. I. Session der 7. Periode 1890. eine Reihe von Tagen denselben kennen zu lernen. Seit jeher war der Bericht des betreffenden Ausschusses, welchem der Rechenschaftsbericht zur Berathung überwiesen wurde, wenigstens zum größten Theile, wenn ich mich so ausdrücken darf, eine Paraphrase des Rechenschaftsberichtes selbst. Er enthält nur in einzelnen Punkten speziell bei den Fondsabschlüssen formelle Anträge und ich glaubte es wieder so machen zu dürfen, wie es von meinem Herren Vorgänger gemacht worden war, weil man schon seit langer Zeit Kenntnis vom Rechenschaftsbericht bekommen konnte. Sollte das hohe Haus wünschen, daß die Berathung über diesen Gegenstand auf Montag verschoben wird, so habe ich nichts dagegen, und ich werde den bezüglichen Antrag zur Abstimmung bringen. Dr. Marbel: In dem Berichte des Finanzausschusses finden wir immer Hinweise auf den Hauptbericht, und wenn man nicht einige Stunden Zeit hat, die beiden Berichte zu vergleichen und zu studiren, ist es für die Berathung, wenigstens für einzelne der Mitglieder, schwer, sich sofort zu orientiren, in welcher Weise der Bericht des Ausschusses mit dem Hauptberichte übereinstimmt oder ob Abänderungen vorkommen, die einer Erwägung werth sind. Zur exacten Behandlung dieses Gegenstandes ist daher diese kurze Zeit entschieden unzureichend und ich muß aus diesem Grunde auf meinem Anträge bestehen, wenn er auch keine Aussicht hat, durchzudringen. Ich halte es für meine Pflicht im Interesse der Sache die Vertagung der Verhandlung über diesen Bericht zu beantragen. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? Fink: Nach den Aufklärungen, die der Herr Landeshauptmann gegeben hat, habe ich nur wenig mehr beizufügen, ich wollte nur noch constatiren, daß die Abgeordneten, die in Bregenz waren, gestern schon Morgens den Bericht erhalten haben und nachdem die Arbeiten in den Ausschüssen bereits vollendet waren, konnten wir sehr gut während des ganzen gestrigen Tages den Bericht durchstudiren und deshalb bin wenigstens ich der Ansicht, daß wir heute in die Verhandlung über I diesen Gegenstand ganz gut eintreten könnenDafür können wir allerdings nicht, wenn einzelne der Herren Abgeordneten völlig nur dann in Bregenz anwesend sind, wenn gerade Sitzung abgehalten wird. Dieser Umstand soll uns, wie ich glaube, aber nicht bestimmen, daß wir deshalb eine Verschleppung der Verhandlungen zulassen sollen. Ich wenigstens bin dafür, daß heute in die Verhandlung über diesen Bericht eingegangen werde. Dr. Waibel: Ich bemerke dem Herrn Vorredner gegenüber, daß es nirgends vorgeschrieben ist, daß die Herren Landtagsabgeordneten während der ganzen Session immer in Bregenz zu verbleiben haben, und es kann auch jenen Mitglied ern, welche nicht in den Ausschüssen beschäftiget sind und welche noch andere wichtige Geschäfte zu besorgen haben, nicht zugemuthet werden, daß sie die Zeit müssig in Bregenz in den Gasthäusern zubringen. Man kommt hieher, so oft man berufen wird und verpflichtet ist hier zu sein, aber es erscheint mir überflüssig auch dann hier zu bleiben, wenn man nichts zu thun hat. Ich würde es daher am Platze finden, daß in irgend einer Weise Sorge getragen würde, daß die Berichte nicht bloß jenen Mitgliedern, welche zufälligerweise hier sind, sondern auch jenen, welche nicht constant in Bregenz anwesend sind, sobald als möglich zukommen. Ich weiß, daß dies von der Kanzlei aus soweit als möglich geschehen ist, aber gerade in diesem wichtigen Falle ist es nicht geschehen und deshalb hätte man darauf Rücksicht nehmen und diesen Gegenstand nicht heute, sondern erst morgen zur Verhandlung bringen sollen. Johann Thurnher: Der Herr Vorredner beschwert sich darüber, daß er nicht Gelegenheit hatte von gestern auf heute den Bericht des Landesausschusses mit dem Berichte des Finanzausschusses zu vergleichen, und wenn man die Zeit berücksichtiget, so muß man dies auch zugeben für den Fall, als ein oder das andere Mitglied des hohen Landtages bei der Vertheilung des Berichtes nicht in Bregenz anwesend war. Ich gehöre auch nicht zu denjenigen, welche die Zeit müßig in Bregenz zuzubringen pflegen; wenn ich einen halben oder ganzen Tag in den Ausschüssen nicht beschäftiget bin, so gehe ich auch nach Hause, wo ich XIV. Sitzung des Vorarlberger Landtags. I. Session der 7. Periode 1890. 169 mich nützlich zu beschäftigen weiß, ich ziehe aber da- | raus nicht jene Consequenzen, welche der Herr ! Vorredner für sich in Anspruch nimmt. Ich ziehe nicht die Consequenz daraus, daß deswegen, weil ich einige Stunden nicht in Bregenz gewesen bin, dann ein Verhandlungs-Gegenstand auf einen anderen Tag verschoben werde. Ich bin auch nicht dafür, daß im Punkte der Zustellungen eine Änderung geschieht. Nachdem die Mitglieder des hohen Landtages für ihre Wirksamkeit ! im Landtage und, wenn sie nicht beschäftiget sind, i für ihr Dasein in Bregenz die entsprechenden Diä- | ten erhalten, so sollte nach meiner Ansicht aus dem Umstande, daß Einzelne abwesend waren, nicht noch größere Kosten durch Verschleppung des einzigen Gegenstandes, der uns gestern auf die Tagesordnung gesetzt wurde, verursacht werden. Ich bin nicht dafür, daß etwa die Postzusendung eingeführt würde; denn da könnte es einer in Anspruch nehmen, daß, wenn die Zusendung der Berichte per Post geschieht, auch der Zeitraum von 24 Stunden gelten solle, und es ist meines Wissens in anderen Landtagen und im Reichsrathe auch nicht anders, als daß die Berichte geschäftsordnungsmäßig an die einzelnen Mitglieder zu einer gewissen Stunde versendet sein müssen. In Wien gibt jeder Abgeordnete die Wohnung an, und wenn nicht Haussitzung ist, so werden den Abgeordneten noch am nämlichen Tage die Berichte in ihrer Wohnung zugestellt. Das kann in Bregenz auch geschehen, wenn jeder der Herren Abgeordneten seine Wohnung oder eine gewisse Abgabsstelle angibt. Die Herren wohnen hier in Bregenz in 2 oder 3 Hotels und der Amtsdiener Redler bringt die Sachen dorthin und wenn Herr Dr. Waibel und ich nicht in Bregenz wohnen, so bleibt es uns unbenommen, solche Abgabsstellen anzugeben, wo man sich allerdings einfinden muß, um die Berichte rechtzeitig zu bekommen. Um dem Herrn Vorredner entgegenzukommen, möchte ich glauben, es könnte dort, wo er das Bedürfnis findet, die betreffende Stelle des Rechenschaftsberichtes des Landesausschusses verlesen werden. Vom Rechenschaftsberichte des Landesausschusses aber nehme ich an, daß er Kenntnis hat, nachdem derselbe durch beinahe vier Wochen in den Händen der Herren Abgeordneten sich befindet, und wenn er irgend etwas im Berichte des Landesausschusses nicht übereinstimmend findet mit dem Berichte des Finanzausschusses oder sonst das Bedürfnis empfindet, nähere Klarheit zu bekommen, so ersuche ich den Herrn Landeshauptmann jene Stellen zur Verlesung zu bringen welche gewünscht werden. Ich bin also nicht für die Vertagung der Verhandlung, wohl aber dafür, daß, wenn einer der Herren Abgeordneten das Bedürfnis empfindet, daß er auch die betreffende Stelle im Landesausschußberichte zu Gesicht bekommt, dieselbe zur Verlesung gebracht werde. Nägele: Die geehrten Herren Vorredner Fink und Thurnher haben mir das Wort aus dem Munde genommen und ich habe deshalb nur noch weniges zu bemerken. Der Herr Abg. Dr. Waibel hat gesagt, daß die Minorität kein Mitglied im Finanzausschüsse habe und daher auch keine Kenntnis vom richtigen Vorgehen desselben bekommen könne. Es kann sein, daß er sich vielleicht nicht darum bekümmert hat; denn es steht jedem Landtagsmitgliede frei, die betreffenden Acten einzusehen. Wenn er sich darum nicht bekümmert hat, so ist das seine eigene Schuld. Im übrigen wäre ich nicht dafür die Verhandlung über den Rechenschaftsbericht zu vertagen. Martin Thurnher: Ich beantrage Schluß der Debatte. Landeshauptmann: Der Herr Abg. Martin Thurnher hat den Antrag auf Schluß der Debatte gestellt, Fink: Ich habe noch früher um das Wort gebeten. Landeshauptmann: Ich bringe nun den Antrag auf Schluß der Debatte zur Abstimmung und ersuche jene Herren, welche dafür find, sich gefälligst zu erheben. — Angenommen. Der Herr Abg. Dr. Waibel hat nun zunächst noch das Wort. Dr. Waibel: Ich muß mir erlauben mich gegen zwei Bemerkungen des Herrn Abg. Johannes Thurnher zu wenden und zwar einerseits gegen den Vorschlag, daß jene Punkte, welche gewünscht werden, aus dem Berichte 170 XIV. Sitzung des Vorarlberger Landtags. I. Session der 7. Periode 1890. verlesen werden. Er setzt voraus, wie er ausdrücklich zu verstehen gegeben hat, daß ich den Bericht des Landesausschusses gelesen habe. Das ist vollkommen richtig, aber auswendig gelernt habe ich ihn nicht und die Zeit, denselben mit dem Berichte des Finanzausschusses zu vergleichen, war nicht vorhanden. Schlafen muß der Mensch doch auch noch. Was andererseits die Bemerkung in betreff der Zustellung anbelangt, so scheint mir dieselbe nicht richtig zu sein. Mir ist der Bericht erst gestern abends um 5 Uhr zugestellt worden. (Martin Thurnher ruft: Daran ist Niemand schuldig). Ich auch nicht, aber factisch ist es so. Es müßte entweder geschäftsordnungsmäßig oder auf eine andere Weise eine Vereinbarung getroffen werden, daß auch eine andere Zustellung Geltung hat; nachdem dies aber nicht der Fall ist, so nahm ich aus der Thatsache, daß die Zustellung an mich erst gestern abends erfolgte, die Consequenz in Anspruch, daß der Bericht nicht die vorschriftsmäßige Zeit in meinen Händen war. Landeshauptmann: Bezüglich der Zustellung der Berichte muß ich mir noch eine Bemerkung erlauben. Jene Herren, welche schon früher Mitglieder dieses hohen Hauses waren, werden bestätigen, daß diese Zustellung von meinem Herrn Vorgänger nie anders ausgeführt worden ist, als wie ich es getan habe. Sollte sich in dieser Beziehung der Wunsch geltend machen, daß die Zustellung für solche, welche sich nicht hier aufhalten, in einer anderen Weise vor sich geht, so bin ich bereit diese Änderung eintreten zu lassen, ich möchte mich nur dagegen verwahren, daß mir in dieser Beziehung eine Änderung beliebt hätte. Ich bin der Gepflogenheit meines Herrn Vorgängers vollständig gefolgt. Fink: Ich möchte die Ausführungen des Herrn Abg. Nägele noch in etwas ergänzen, nämlich daß es jedem Abgeordneten ganz leicht und auch nach der Geschäftsordnung zuläßig ist Kenntnis von allem dem zu erhalten, was in den betreffenden Ausschüssen vorgeht, wenn er auch nicht Mitglied derselben ist. Es steht jedem der Herren Abgeordneten frei, den Sitzungen der Ausschüsse als Zuhörer beizuwohnen und da kommt er dann vollkommen zur Kenntnis sämmtlicher Verhandlungen, die in den Ausschüssen gepflogen werden. Ich habe verschiedenen Ausschußsitzungen beigewohnt, ohne daß ich Mitglied war und ich habe beobachtet, daß es sogar auch ausnahmsweise zugestanden wurde, während diesen Sitzungen etwa eine Frage zu stellen, es wurde das erlaubt, es hätte daher Herr Dr. Waibel, wenn er sich Zeit und Mühe genommen hätte, den langwierigen Sitzungen des Finanzausschusses beizuwohnen, sich die nöthigen Kenntnisse von den Verhandlungen verschaffen können. Bezüglich der Zustellungen habe ich auch noch ein paar Worte zu sagen. Es hat schon der Herr Abg. Joh, Thurnher bemerkt, daß diejenigen Herren, die nicht in Bregenz wohnen, selbst Schuld seien, wenn die Zustellungen an sie nicht rechtzeitig erfolgen. Ich habe während der heurigen Session beobachtet, daß gerade der Herr Abg. Joh. Thurnher, wenn er am morgen mit der Bahn kommt, sogleich nachschaut, was heute verteilt worden ist, welche Geschäfte zu besorgen seien, und welche Ausschüsse tagen, und wenn er dann gesehen hat, daß er die Zustellungen in Empfang nehmen kann und keinen Ausschußsitzungen beizuwohnen hat, ist er mit dem nächsten Zuge hie und da wieder nach Dornbirn gefahren. Das ist eben sehr commod für die Herren in Dornbirn, die Bahn kostet ja sehr wenig. Wir aus dem Bregenzerwalde haben diese Begünstigung allerdings nicht, wir müssen immer hier bleiben und ich glaube, daß deshalb jene Herren Abgeordneten, welchen diese Begünstigung eben zugute kommt, uns nicht noch länger damit hinhalten sollen, daß sie die Geschäfte vertagen. Ich glaube, daß Herr Dr. Waibel einzig selbst daran schuld ist, daß die Zustellung an ihn nicht rechtzeitig erfolgte. (Martin Thurnher ruft: ganz richtig, so ist es.) Landeshauptmann: Nachdem die Debatte geschlossen ist, werde ich den Antrag des Herrn Abg. Dr. Waibel zur Abstimmung bringen. Der Herr Abgeordnete beantragt die Verhandlung über den Rechenschaftsbericht auf Montag zu vertagen. Ich ersuche jene Herren, welche mit diesem Anträge einverstanden sind, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Es ist die Minorität. XIV. Sitzung des Vorarlberger Landtags. I. Session der 7. Periode 1890. 171 Nachdem sonst kein anderer Antrag gestellt worden ist, so ist das gleichbedeutend mit dem Übergang in die Spezialdebatte und ich ersuche den Herrn Berichterstatter in der anfangs angedeuteten Weise mit der Verlesung des Berichtes zu beginnen. Berichterstatter Resch: (liest den Eingang des Berichtes des Rechenschaftsberichts-Ausschusses Beilage XXX, I Über die Ausführung der vollziehbaren Landtagsbeschlüsse der letzten Session. A. Jener, welche der allerhöchsten kais. Sanction bedürfen.) Landeshauptmann: Wünscht Jemand das Wort? Dr. Waibel: Ich kann dem Anträge, den der Ausschuß hier gestellt hat, nur mit einer gewissen Einschränkung meine Zustimmung geben. Es sind eine Reihe von Gesetzen und Beschlüssen aufgeführt, welchen ich die Zustimmung gebe, dagegen befinden sich in einem dieser Gesetze Bestimmungen, über welche ich einige Worte sprechen muß, um meine Abstimmung zu rechtfertigen. Es ist das, wie die Herren schon erwartet haben werden, die Gemeinde-Wahlordnung. (Martin Thurnher ruft: Der § 14). In der verflossenen Landtagsperiode wurde eine Reihe von Änderungen an der bestehenden Gemeinde-Wahlordnung vorgenommen, nicht aus einem Bedürfnisse des Landes, sondern lediglich um den Wünschen der clerikalen Partei gerecht zu werden. Es ist insbesondere durch Beschluß des letztjährigen Landtages eine Änderung vorgenommen worden, welcher besondere Verwunderung hervorgerufen hat; es ist das der § 14 der G.W.O. Mit der vorgenommenen Änderung wurde der Bestand der früheren Gesetzgebung vollkommen umgestürzt und auf den Kopf gestellt; es sind Verhältnisse geschaffen worden, welche geradezu eine Carricatur der Wahlkörper zur Folge gehabt haben. Es ist begreiflich, daß diese Beschießung des § 14 in den interessirten Kreisen nicht gleichgiltig hingenommen werden konnte. Dieselben haben insbesondere in Bludenz, Feldkirch, Bregenz und Dornbirn in eingehender Darstellung dargethan, nach welcher Methode bei dieser Änderung der W.O. vorgegangen worden ist und was insbesondere die neue Fassung des § 14 für eine eigentümliche Folge gehabt hat und speziell ist hingewiesen worden, welche Carricatur durch dieses Gesetz in Bezug auf das Wahlkörpersystem geschaffen worden ist. Die Vorstellungen, welche von Seite der berufenen Körperschaften an competenter Stelle gemacht worden sind, blieben ohne Erfolg. Die Gründe, warum sie ohne Erfolg geblieben sind, lassen sich aus der politischen Situation erraten. Ich will sie ni t näher bezeichnen. Es ist in dieser Vorstellung mit allem Nachdrucke, ich glaube mit hinreichender Begründung, dargetan worden, daß eine solche Art und Weise der Gesetzgebung, wie sie unternommen worden ist, einer Körperschaft, die das Land und nicht eine Partei zu vertreten hat, nicht würdig ist und daß es nicht recht ist, mit derartigen Acten an jene Factoren heranzutreten, die zur Finalisirung der Gesetze berufen sind. Mit dieser Anschauung, die ich hier dargetan habe und mit welcher ich nicht allein stehe, sondern ein sehr namhafter und achtbarer Teil der Bevölkerung Vorarlbergs mit mir übereinstimmt, glaube ich hinreichend mich gerechtfertiget zu haben, wenn ich diesem Theile des Antrages meine Zustimmung nicht gebe. Ich ersuche daher den Herrn Vorsitzenden über diesen Punkt separat die Abstimmung vornehmen zu wollen, damit ich Gelegenheit finde, meine Haltung dabei correct zuvollziehen. Martin Thurnher: Es ist ganz überflüssig über einen Gesetzentwurf, der im Vorjahre von diesem hohen Hause angenommen wurde und auch die kaiserliche Sanction erhalten hat, noch etwas zu sprechen. Jedoch die Worte meines unmittelbaren Herrn Vorredners veranlassen mich, noch ein paar kurze Bemerkungen zu machen. In erster Linie ist hervorgehoben worden, es seien die Abänderungen der G. W. O., wie sie seit einer Reihe von Jahren vollzogen worden sind, kein Bedürfnis gewesen. (Dr. Waibel ruft: Nein.) Es ist aber die Abänderung doch ein Bedürfnis gewesen; manche Bestimmungen waren unklar und haben oft zu Recursen Ursache gegeben, andere waren derart, daß dadurch das Wahlrecht eines großen Theiles der Bevölkerung illusorisch gemacht wurde. Die vorgenommenen Änderungen 172 XIV. Sitzung des Vorarlberger Landtags. L Session der 7. Periode 1890. sind nicht so schlimm und so außergewöhnlich, wie der Herr Vorredner meint, sie sind nur die Wiederherstellung der ursprünglichen Regierungsvorlage vom Jahre 1863 in einer verbesserten Auflage; es ist im § 14 die gleiche Bestimmung, die das Gesetz vom Jahre 1849 hatte, wieder ausgenommen worden, eine Bestimmung, die in 2/3 der Kronländer der Monarchie in Kraft steht und was Zweidrittheilen des Reiches recht ist, wird auch dem Lande Vorarlberg recht sein. Die Gründe, warum dieses Gesetz sanctionirt worden ist, sind nicht unklar, wie der Herr Vorredner meint, sondern ganz klar und auf der Hand liegend, so daß nach diesen gar nicht gesucht werden muß. Der Landesausschuß hat vorher mit der Regierung die geänderten Bestimmungen des Gesetzes vereinbart, und diese hat zum Voraus zu den beantragten Änderungen die Zustimmung gegeben und konnte daher nachher, als die bekannten Proteste einliefen, nicht mehr sagen, dasjenige, was sie vor einem halben Jahr für recht erkannt hat, das sei jetzt unrecht. Das ist dasjenige, was ich ohne in Details einzugehen sagen wollte. Dr. Waibel: Ich muß auf die Ausführungen meines geehrten Herrn Vorredners noch etwas entgegnen: Es ist wohl richtig, daß die Regierungsvorlage den Grundsatz enthalten hat, der durch diese Novelle zur Ausführung gebracht wurde; es ist aber auch zu berücksichtigen, daß der Landtag von Vorarlberg im Jahre 1863, als er diese Regierungsvorlage zur Berathung bekommen hat, auch erkannt hat, daß bei der stritten Ausführung dieser Regierungsvorlage Dinge hergestellt werden, die für das Land Vorarlberg nicht rathsam waren. Die Herren haben sich über diesen Punkt sehr ernst berathen und, wenn sie die Verhandlungen durchsehen, werden sie finden, daß gerade der hochwürdigste Bischof Feßler es gewesen ist, welcher am meisten darauf gedrungen hat, daß diese Änderung der Regierungsvorlage, welche nun schon so lange — von 1864 bis zum Jahre 1889 anstandslos in Geltung steht, — vorgenommen wurde. Was das Einverständnis mit der Regierung anbelangt, so bin ich der Ansicht, daß dasselbe nicht so zu verstehen ist, wie der Herr Vorredner meint. Es ist, wenn ich den Bericht recht verstanden habe, lediglich allgemein gesagt, daß man grundsätzlich gerade nichts dagegen habe, aber ich bin überzeugt, wenn man im Berichte, welcher diesem Gesetze vorangeschickt worden ist, offen gewesen wäre und gerade auf den Effect der Novelle in bezug auf die Wahlkörper in Feldkirch und vielleicht auch in Bregenz hingewiesen hätte, so gut wie man es bei allen kleinen Gemeinden gethan hat, dann würde die Anschauung eine andere geworden sein, und es würde die Regierung sich nicht so beeilt haben in dieser Frage die Zustimmung zu geben. Schon im Jahre 1882 und 1883, wo bereits solche Versuche auftauchten und von Seite der klericalen Parthei des Landtages solche Änderungen systemmäßig begonnen haben, ist die Regierung nicht so willfährig gewesen und zwar gegenüber viel geringfügigeren Abänderungsforderungen als voriges Jahr im § 14 gestellt worden sind, und ich muß darum noch einmal betonen, was ich schon gesagt habe, daß man in der Berichterstattung nicht aufrichtig gewesen ist, sondern absichtlich gewisse Dinge verhüllt und verschwiegen hat. Was die Bemerkung anbelangt, daß es ein allgemeines Bedürfnis gewesen ist, solche Änderungen vorzunehmen, so muß ich diese Behauptung neuerdings zurückweisen; es sind nur Petitionen vom Casino in Dornbirn, welche den Ausgangspunkt für diese Änderung gegeben haben. Das wissen wir ganz gut; wir kennen uns ja. Ich kann den Herren noch weitere Beweise geben. In dem großen Feste, das kürzlich in Dornbirn anläßlich des Abschiedes des Herrn Landeshauptmannes stattgefunden hat, ist ja förmlich gejubelt worden über den § 14: „Jetzt ist dieser Waibel endlich enttrohnt". Nur das war das Ziel. (Große Heiterkeit.) Der Herr Landeshauptmann hat sogar die Güte gehabt gleich auch einen Nachfolger zu bestimmen und hat den Herrn Martin Thurnher als solchen designirt, damit kein Interregnum, keine kaiserlose schreckliche Zeit entstehe. (Martin Thurnher ruft: Das ist alles unwahr.) Es ist dies ja in Ihren Zeitungen zu lesen. Das ist ohne Zweifel ein Symptom dafür, daß es lediglich Partheiziele waren, die hier maßgebend gewesen sind. XIV. Sitzung des Vorarlberger Landtags. I. Session der 7. Periode 1890 173 Nägele: Ich beantrage Schluß der Debatte. Landeshauptmann: Es ist Schluß der Debatte beantragt und ich ersuche jene Herren, welche diesem Anträge die Zustimmung geben, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. Angenommen. Johann Thurnher: Es kann mir selbstverständlich nicht beifallen, den weitläufigen Auseinandersetzungen meines Herrn Vorredners Satz für Satz entgegenzutreten, ich will nur das, was er in seiner früheren Rede angedeutet hat, näher beleuchten. Er hat nämlich gesagt, daß die Vereinbarung mit der Regierung nicht von Paragraf zu Paragraf, sondern mehr grundsätzlich erfolgt sei und daß man hiebei verhüllt habe, was für Effecte bei diesen Änderungen herauskommen. Nun ist gerade das Gegentheil von dem der Fall und ich kann dafür eclatante Beweise bringen. Man hat das Gesetz in Paragrafen ausgearbeitet und der Regierung vorgelegt, und nicht bloß die Grundsätze. Allerdings war die Parthei des Herrn Vorredners der Meinung, es wären alle Abänderungen nur aus dem Schoße des Landesausschusses und des gefürchteten Sozialdemokraten Martin Thurnher entsprungen. (Dr. Waibel ruft: Das habe ich nicht gesagt.) Die dieser Parthei angehörigen Fabrikanten haben eine eigene Vorstellung an die hohe Regierung gemacht, in welcher sie sich gegen den abgeänderten § 6 gewendet haben, und haben in dieser Vorstellung die Änderung, die der Landesausschußantrag enthalten hat, als eine Erfindung des Herrn Martin Thurnher hingestellt, die Bestimmung nämlich, daß die Firmeninhaber nicht zweimal stimmen können, einmal als Person und das anderemal als Firma. Nun ist diese Änderung aber nicht vom Herrn Martin Thurnher, sondern von der Regierung selbst beantragt worden, ein Zeichen, daß die Regierung sich auch mit den einzelnen Paragrafen abgegeben hat. Sie hat nicht bloß die Paragrafe geprüft, welche vom Landesausschusse zur Änderung beantragt wurden, sondern sie hat auch selchst noch Anregungen gegeben, welche der Landesausschuß dann auch acceptabel fand. Im übrigen glaube ich, ist es ganz unnütz sich weiter noch um den § 14 und den § 6 zu scheeren, sie und Gesetz und die Einwürfe, die der Herr Vorredner gegen die klericale Parthei erhoben hat, treffen theilweise auch die Regierung, was z. B. gerade bei § 6 der Fall ist. Ich glaube, daß es von Seite der liberalen Fabrikanten nicht sehr zweckmäßig war, den Herrn Martin Thurnher bei der Regierung als Sozialdemokraten anzuschwärzen, da die Regierung Don der Gesetzestechnik des Herrn Martin Thurnher bereits hinlänglich Kenntnis hat und Herr Martin Thurnher bei der Regierung mit seinen Arbeiten bereits in derartigem Ansehen steht, daß dasselbe mit bloßen Verdächtigungen nicht heruntergerissen werden kann. Landeshauptmann : Bevor ich zur Abstimmung schreite, muß ich mir noch eine kurze Bemerkung erlauben. Nach der Geschäftsordnung ist es mir nicht gestattet irgend eine Erörterung zu geben, ausgenommen ich würde den Vorsitz in die Hände meines Herrn Stellvertreters legen. Es ist daher außerordentlich peinlich für mich, daß in dieser Angelegenheit meine Person von einem der Herren Vorredner auch in die Debatte gezogen worden ist und daß es mir nach der Geschäftsordnung nicht möglich ist, zu constatiren, daß das, was er über eine angebliche Äußerung meinerseits in Betreff Bestimmung eines Nachfolgers als Bürgermeister von Dornbirn gesagt hat, vollständig unwahr ist. Ich werde nun zur Abstimmung schreiten und ersuche jene Herren, welche dem Anträge des Ausschusses die Zustimmung geben wollen, sich gefälligst zu erheben, wobei ich jedoch bemerke, daß zunächst statt 5 bloß 4 Gegenstände in Aussicht zu nehmen sind, indem der Punkt über die Gemeindewahl-Ordnung nach dem Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Waibel wegzulassen ist. Angenommen. Nun kommt nach der Anregung des Herrn Abgeordneten Dr. Waibel noch die Ergänzung, daß auch die Erlassung einer GemeindewahlOrdnung für das Land Vorarlberg zur befriedigenden Kenntniß genommen werden möge, zur Abstimmung. Ich ersuche jene Herren, welche diesem Anträge die Zustimmung geben, sich gefälligst zu erheben. — Es ist die Majorität. Ich bitte nun mit der Verlesung des Berichtes weiter zu fahren. 174 XIV. Sitzung des Vorarlberger Landtags. I. Session der 7. Periode 1890. Reich: (liest: „Bezüglich des 6. Gegenstandes... . ob die reformirte Vermögenssteuer aufhören solle"). Martin Thurnher: Hoher Landtag! Die Regierung hat also abermals ihre Mitwirkung zur Änderung unseres so unklaren, veralteten und in so mancher Beziehung unzulänglichen und doch wieder besonders für Wittwen, Waisen und andere erwerbsunfähige Personen drückenden Vermögenssteuergesetz abgelehnt. Die Regierung gibt abermals als Hauptablehnungsgrund den an, daß der Fortbestand der Vermögenssteuer für Gemeindezwecke nicht im Interesse der Staatsverwaltung und der Reform der direkten Steuern gelegen sei. Es ist schon wiederholt nachgewiesen worden, daß diese Gründe unrichtig seien, daß vielmehr das Gegentheil der Fall ist. Es ist sehr im Interesse der Finanzverwaltung gelegen, wenn den staatlichen Steuerzahlern, die bekanntermaßen nach den allseitig auftauchenden Klagen über einzelne drückende Steuern ohnedem schon genug belastet sind, nicht auch noch die oft 200—5OO�% der direkten Steuern betragenden Gemeindeumlagen ganz allein zu tragen haben. Der Bestand der Vermögenssteuer ist aber auch im Interesse der Reform der direkten Steuern gelegen. Gerade die Unkenntnis über das Wesen, den Nutzen und die Vorteile der Vermögenssteuer in den übrigen Kronländern des Reiches, dürfte das größte Hindernis bilden, das sich der geplanten Reform entgegenstellt. Wenn sie die Unterstützung der übrigen Länder so hätte, wie die Vorarlbergs, wäre sie längst am Ziele. Alle diese Hinweisungen werden aber nicht im Stande sein, die Regierung dermalen von ihrem Standpunkte abzubringen, und ich muß mich daher der Stellung des Antrages enthalten, neuerliche dahingehende Schritte einzuleiten. Wenn nun aber die Regierung nicht mithilft, unser fast unbrauchbar gewordenes Vermögenssteuer-Statut vom Jahre 1837 zeitgemäß umzuändern, so sollte sie sich dafür beeilen, mit aller Kraft eine Reform der Steuern nach der Richtung zu bewerkstelligen, daß der Arme entlastet, der Wohlhabende und Reiche aber zu größerer Steuerleistung herangezogen würde. Aber es geschieht nichts — Worte wohl, aber keine Thaten. Wie viel Jahre behängt schon die Börsensteuer im Reichsrate und wenn schließlich nach langem Kreisen des Berges etwas das Licht der Welt erblicken sollte, so wird es ein winziges Mäuslein sein, dem noch sogar die Zähnlein fehlen dürften. Und mit der Renten- und Einkommensteuer ist das Gleiche zu befürchten. 20 Jahre sagt man davon, seit 20 Jahren wurden in gewissen Zwischenräumen Verhandlungen geführt, und wir stehen der Einführung derselben noch um kein Haar näher. Und doch wäre eine Reform dringend geboten, aus ökonomischen, finanziellen, volks- und staatswirthschaftlichen Gründen. Die Finanzzölle und die indirekten Steuern belasten vornehmlich den mit der Noth und Armuth Kämpfenden und auch die damaligen direkten Steuern lasten mehr auf dem Wenigbesitzenden, hauptsächlich auf dem Mittelstände, nämlich aus Grund und Boden, auf den Häusern und auf dem Gewerbe, das Kapital geht zumeist leer aus. Aber gegen jeden Versuch, der gemacht wird zur Einführung von Börsen-, Renten und Einkommen-Steuer erhebt sich in der Regel der ganze Heerbann des Kapitalismus und kämpft dagegen an mit allen noch so schlechten Mitteln. Dieser Heerbann, wie ich schon früher einmal ausführte, ist sehr mächtig, denn an seiner Spitze schreitet eine Großmacht einher, nämlich die vielfach käufliche-, Schweig- und Texteinschaltungsgelder liebende, die öffentliche Meinung fälschende und vergiftende, alle christlichen und volkswirthschaftlichen Grundsätze mit Füßen tretende Presse. Diese sorgt dafür, daß Bestrebungen nach Einführung gerechter Steuern verhindert werden, sie sorgt, daß das Kapital und der Reichthum sich immer mehr in den Händen weniger concentriren, daß der Mittelstand verarmt, daß wir Zustände bekommen, wie in England, einige wenige Reiche, dagegen Millionen Bettler. Auch unsere bisherige Steuergesetzgebung ist unbewußt auf diesen Weg gedrängt worden und daher ist eine baldige Umkehr dringend geboten. Die Einführung einer progressiven Einkommensteuer, die niedere Einkommen frei läßt, mittlere Einkommen nur mäßig belastet, mildernde Bestimmungen enthält für Wittwen, Waisen und Erwerbslose, die dann aber höhere Einkommen XIV. Sitzung des Vorarlberger Landtags» L Session der 7. Periode 1890. 175 ganz hervorragend zur Bestreitung der öffentlichen Auslagen heranzieht, würde eine weise Beschränkung der Kapitalsherrschaft und einen Schutz, eine Stärkung und eine Kräftigung des Mittelstandes involviren. Nachdem wir nun bezüglich unserer Vermögenssteuer dermalen nichts thun können, so muß auf anderem Wege das Gleiche zu erreichen gesucht werden, und das ist nur möglich durch Beschleunigung der staatlichen Steuerreform. Wird diese in gewünschter Weise durchgeführt, dann können auch die Gemeindeumlagen auf Grundlage der Staatssteuern zur Einhebung gelangen. Ich stelle daher den Antrag: Der hohe Landtag wolle beschließen: Die h. k. k. Regierung wird auf Grund des § 19 L.O. aufgefordert, ehethunlichst für Einführung einer Börsen, dann einer progressiven Einkommen- und Rentensteuer Sorge zu tragen. Dr. Waibel: Ich werde dem Anträge, den der Herr Vorredner gestellt hat, zustimmen. Ich teile die Ansicht auch und bin mit dieser Ansicht auch nicht allein in meiner Partei. Es ist schon längst ein dringender Wunsch gewesen, eine Reform der Einkommensteuer vorzunehmen, wie sie hier beantragt wird und wie sie anderswo schon besteht. Das wäre wohl das einfachste Mittel, um uns von diesem Vermögenssteuerpatente endlich zu erlösen. Wenn der Herr Vorredner da auf mich herüberblickt und den Reichsrat als die Stätte bezeichnet hat, wo dieses geschaffen wurde, so hat er Recht; aber sein Blick auf mich war ein innerlicher Vorwurf, als ob meine Partei schuld daran sei. (Martin Thurnher ruft: Das war nicht der Fall.) Die herrschende Partei ist diejenige, welcher die Gesinnungsgenossen des Herrn Vorredners angehören. Warum bringt diese Partei das nicht fertig; sie bringt sonst so vieles zu Wege, warum denn gerade das nicht? Sie hat das Gebäudesteuergesetz zustande gebracht, sie hat das Unfalls-Versicherungsgesetz geschaffen; sie soll das andere auch machen, es ist ja Sache der Majorität, solche Dinge fertig zu bringen. Die Minorität wird daran teil nehmen, die Herren können dessen versichert sein, daß dieselbe in allen Dingen, die recht sind, der Majorität beistimmt; sie wird bereitwilligst mit ihrer Geisteskraft die Bestrebungen der Majorität unterstützen; sie wird das auch thun, wenn ein allgemeines Personaleinkommensteuergesetz zur Verhandlung kommt, sie wird es auch thun bei einem Börsensteuergesetz, aber es scheint, daß man mit einem Börsensteuergesetz nicht vorwärts gekommen ist, weil es sich im Laufe der Beratungen herausgestellt hat, daß es leichter ist, einen Antrag auf ein Gesetz zu machen, das Publicum mit großen Hoffnungen und Aussichten zu erfüllen, als dasselbe wirklich zustande zu bringen. (Johann Thurnher ruft: Sehr richtig.) Ich kenne die Verhandlungen nicht, die stattgefunden haben, aber eigenthümlich ist es doch, daß, obwohl die Mitglieder Ihrer Parthei sich so sehr bemüht haben, es doch nicht zu Wege gebracht wurde, daß dieses kleine Gesetz, dieses Börsensteuergesetz, beziehentlich der Bericht hierüber, noch immer nicht auf den Tisch des Hauses gekommen ist. Nun, verlassen wir diesen Gegenstand und kehren wir zur Vermögenssteuer zurück. Der Herr Vorredner hat gesagt, — und ich stimme aus den Erfahrungen, die man mit diesem Circular gemacht hat, mit ihm vollkommen überein — daß es vollständig unhaltbar ist, indem sich bei der Durchführung zahlreiche Lücken gezeigt haben, die einer Verbesserung absolut bedürftig wären. Ich muß aber bemerken, daß der Weg, der vom Herrn Martin Thurnher eingeschlagen worden ist, den Zweck nicht erfüllen konnte, den er zu erfüllen berufen war. Es sei mir gestattet nur noch auf zwei Punkte aufmerksam zu machen, ohne damit die Schwächen nnd Unvollständigkeiten erschöpfen zu wollen, die es hat. So z. B. wird hier in diesem Entwurf etwas eingefügt, was wirklich Bedürfnis wäre, nämlich die Steuerrathswahlordnung. Aber eines der wichtigsten Erfordernisse der Wahlordnung fehlt mir dort, nämlich die Bestimmung des Termines, wer ist wahlberechtiget. Das ist mit einem einzigen Worte abgethan, was aber unbedingt nicht genügt. Weiters sind für die Behandlung der Wahlreclamationen zwei Instanzen aufgestellt, nämlich die Bezirkshauptmannschaft und die Statthalterei, in analoger Weise wie das bei der G. W. O. und bei der Ldtg.- und Rch.-W.-O. der Fall ist. Nun haben wir aber im Laufe des letzten Sommers einen Streit durchzuführen gehabt in dieser Frage, 176 XIV. Sitzung des Vorarlberger Landtags» I. Session der 7. Periode 1890» der ganz eigenthümliches zu Tage gefördert hat. In dem Gesetzentwürfe, den man im vorigen Jahre dem hohen Hause vorgelegt hat, sind, wie bereits bemerkt, als Reclamationsinstanzen diese zwei Behörden, nämlich die Bezirkshauptmannschaft und die Statthalterei angeführt. Weiter hat der Landesausschuß an die Gemeinde Dornbirn durch einen Erlaß die Weisung hinausgegeben, die Wahl des Steuerrathes sei in analoger Weise durchzuführen, wie die G. W. O., das heißt mit anderen Worten, daß hier auch eine selbständige Reclamations-Commission einzusetzen ist, und weiter geht der Instanzenweg an die Bezirkshauptmannschaft und Statthalterei. Es haben sich nun Reclamationen ergeben, die in erster Instanz erlediget wurden: man hat weiter berufen an zweite Instanz, an die Bezirkshauptmannschaft und von dort wurde die Behandlung dieser Berufungen nach Einvernahme mit der Statthalterei abgelehnt, mit der Bemerkung, man habe mit dem Landesausschusse sich in's Einvernehmen gesetzt nnd dieser habe die Erledigung dieser Reclamationen für sich in Anspruch genommen. Zweimal also hat der Landesausschuß die politischeBehörde als Instanz ausgestellt und zum 3. male hat er die Rcclamationsemscheidung für sich in Anspruch genommen. Das ist ein Beweis, daß in diesem Punkte eine große Verwirrung besteht. Nach diesen Auffassungen, die ich hier gezeigt habe, würde das Gesetz wahrscheinlich auch aus dem Grunde nicht sanctionirt worden sein, weil nach § 79 G. O. der Landesausschuß in allen Dingen, welche den autonomen Wirkungskreis, d. h. die Angelegenheiten der Vermögensteuer betreffen, die Competenz für sich in Anspruch nimmt.