18710914_lts002

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Letzte Änderung 02.07.2021, 18:11
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp03,lts1871,lt1871,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. 2. Sitzung am 14. September 1871 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Sebastian v. Froschauer. Gegenwärtig sämmtliche Abgeordnete mit Ausnahme der Herren Ferdinand v. Gilm, Carl Ganahl und Dr. August Thurnherr. Regierungsvertreter Herr Statthaltereirath Schwertling. Beginn der Sitzung um 4 Uhr Nachmittags. Landeshauptmann: Die Sitzung ist eröffnet. Ich werde das Protokoll der vorhergehenden Sitzung zur Verlesung bringen. [Sekretär verliest dasselbe.] Da keine Bemerkung fällt, nehme ich es als richtig abgefaßt an. Bevor ich zur Tagesordnung übergehe, habe ich den verehrten Herrn Abgeordneten mitzutheilen, daß Herr Karl Ganahl sein heutiges Ausbleiben entschuldigte durch viele Geschäfte und sein Hieherkommen auf die nächste Woche in Aussicht stellt. Wir kommen nun zum ersten Gegenstand der heutigen nachmittägigen Sitzung: Wahl eines Comites zur Prüfung des Rechenschaftsberichtes. Wird ein formeller Antrag in dieser Beziehung erhoben? Johann Thurnherr: Ich stelle den Antrag, daß ein Comite von 5 Mitgliedern gewählt werde. Landeshauptmann? Wenn kein anderer Antrag erfolgt erachte ich diesen für angenommen. (Keiner.) Er ist angenommen. Ich bitte zur Wahl zu schreiten und sieben Herren zu bezeichnen, weil wir auf zwei Ersatzmänner Rücksicht zu nehmen haben. (Wahl.) Ich ersuche die Herren Kohler und Johann Thurnherr das Skrutinium vorzunehmen. Johann Thurnherr: 16 Stimmzettel sind abgegeben worden. Kohler: die meisten Stimmen haben erhalten: die Herren Rheinberger 14, Dr. Thurnherr 14, Burtscher 14, Pfarrer Berchtold 13, Schmid 12, Schneider 8 und Christian Ganahl 7. Landeshauptmann: Die ersten fünf Genannten sind somit Ausschußmitglieder und die beiden letzten. Schneider und Ganahl Ersatzmänner. Das Comite ist somit vollständig. Wahl eines Petitionsausschusses. Ich bitte vier Herren zu bezeichnen. (Wahl.) Ich ersuche die Herren Rhomberg und Burtscher, das Skrutinium zu halten. Burtscher: 16 Stimmzettel sind abgegeben worden. Rhomberg: Herr v. Gilm erhielt 13, Rhomberg 13, Johann Thurnherr 12 und Pfarrer Knecht 5 Stimmen. 8 Landeshauptmann: Somit sind gewählt: August Rhomberg, v. (Slim, Johann Thurnherr als Ausschußmänner und Pfarrer Knecht als Ersatzmann. Den dritten und vierten Gegenstand der heutigen Verhandlung bilden: Der Landesfonds-Voranschlag und der Voranschlag des Landeskulturfondes. Mir schien es geeignet, beide diese Vorlagen zur Vorberathung dem eben gewählten Rechenschaftscomite zuzuweisen, denn sie stehen in nächster Verbindung mit diesen Arbeiten, welche die Herren durchzusehen haben und Sie werden in der Lage sein, am leichtesten diesen Gegenstand zu prüfen und Bericht hierüber zu erstatten. Wenn kein Gegenvorschlag erfolgen sollte, werde ich diese beiden Vorlagen dem gedachten Comite zuweisen. [Keiner.] Er ist somit von der hohen Versammlung angenommen. Nun kommen wir zur Vorlage, betreffend den Gesetzentwurf über den Landsturm für das Land Vorarlberg. Wird ein formeller Antrag von irgend einer Seite erhoben? Johann Thurnherr: Ich stelle den Antrag, daß diese Vorlage einem Comite von 5 Mitgliedern zur Vorberathung und Beschlußfassung eines Antrages an den hohen Landtag übergeben werde. Landeshauptmann: Da kein Gegenantrag und keine weitere Bemerkung erhoben wird, nehme ich den Antrag des Herrn Thurnherrn als zugestanden an und ersuche die verehrtesten Herren sieben Mitglieder aus Ihrer Mitte zu bezeichnen, nämlich 5 Ausschüsse und 2 Ersatzmänner. [Wahl.] Ich ersuche die Herren Pfarrer Knecht und Rheinberger das Skrutinium vorzunehmen. Rheimberger: 16 Stimmen wurden abgegeben. Pfarrer Knecht: Hiervon haben die meisten Stimmen erhalten die Herren Christ. Ganahl 15, Kohler 13, Hammerer 13, Dr. Jussel 13, Johann Thurnherr 13 Die nächstfolgenden sind Peter Jussel mit 8 und Schmid mit 7 Stimmen. Landeshauptmann: Die erstgenannten fünf Herren sind somit Ausschußmitglieder und die letzten zwei Ersatzmänner. Es liegen folgende Eingaben vor: Gesuch der Gemeinde Fraxern um Erhöhung der Bürgerinnen-Einkaufstaxe; Gesuch der Gemeinde Schlins in gleichem Betreffe, Gesuch der Gemeinde Nenzing ebenfalls um Erhöhung der Bürgerinneneinkaufstaxe und ein gleiches Gesuch von der Gemeinde Frastanz. Ich wäre der Ansicht diese 4 Petitionen sogleich dem erwählten Petitionsausschusse zur Behandlung zuzuweisen. Wenn kein Anstand dagegen obwaltet so betrachte ich meinen Vorschlag als angenommen. Vor Beginn der Sitzung wurde mir durch Herrn Landtagsabgeordneten Peter Jussel folgende Eingabe überreicht die ich hiemit zur Verlesung bringe. [Sekretär verliest dieselbe.] Hoher Landtag! Unterzeichneter wurde, wie bekannt, auf Grund von vier Ehrenbeleidigungsklagen zu neun Monate und acht Tage Gefängniß verurtheilt, von denen er, vom heutigen Tage an gerechnet, noch sechs Wochen zu verbüßen hat. Nicht sowohl die lange noch zu bestehende unerträgliche Strafzeit, als vielmehr das Gefühl, es sei sein Fall ein objectiver harter und als solcher anzuerkennen, bewegt Unterzeichneten, sich mit folgender Bitte an den hohen Landtag zu wenden: „Hochderselbe wolle Sich bei Sr. Majestät dem Kaiser dahin verwenden, daß Unterzeichnetem die noch übrige Strafzeit, betrüge dieselbe auch nur Einen Tag, auf dem Gnadenwege nachgesehen werde." Als Hauptgrund führe ich an, daß bereits im Februar dieses Jahres eine allgemeine Amnestie für politische und Preßdelicte erflossen ist, von welcher ich jedoch, angeblich weil meine Strafen aus Privatanklagen herrühren, ausgeschlossen blieb. Formell ist das auch richtig; in Wirklichkeit jedoch trugen die Artikel, wegen deren ich gerichtlich belangt wurde, einen wesentlich politischen Charakter, und wäre nicht dieser allgemein politische 9 Charakter gewesen, so hätte ich nicht den geringsten Anlaß zu oberwähnten Preßäußerungen gehabt, da mir die betreffenden Personen, der resignirte Landtagsabgeordnete Baron von Sternbach, und dessen nächster Untergebener, der Hauptmann Vonach, von Person gänzlich unbekannt sind. Eben weil der hohe Landtag Zeuge und Mitwisser aller dieser und der einschlägigen Verhältnisse ist, richte ich meine Bitte an denselben hohen Landtag. Als unterstützenden Grund füge ich noch bei, daß die Strafe zwar dem Buchstaben des Gesetzes angemessen war, nicht aber der allgemein in Österreich bestehenden Gerichtspraxis entsprach, und daß wahrscheinlich in Berücksichtigung dieses Umstandes schon das verurtheilende Gericht auf einen Nachlaß von drei Monaten angetragen hat ein Antrag, der aus mir unbekannten Gründen bei Sr. Excellenz dem Herrn Justizminister Habietinek keine Anerkennung gefunden hat. Bregenz, 14. September 1871. Dr. B. v. Florencourt, Herausgeber des „Vorarlberger Volksblattes." Überreicht durch Landtagsabgeordneten Peter Jußel am 14. September 1871. Jussel m. p. Wenn kein anderer Antrag gestellt werden sollte, so würde ich auch diese Petition dem Petitionsausschusse zuweisen. Kohler: Ich bitte ums Wort. Ich hätte in Betreff dieses Gesuches dem hohen Landtage folgenden Dringlichkeitsantrag vorzulegen: „der hohe Landtag wolle beschließen: es sei vorliegendes Gesuch des Herrn Bernhard von Florencourt allsogleich in Verhandlung zu ziehen." Ich glaube, die Dringlichkeit dieses Antrages ist begründet in dem Umstande, daß Gesuchsteller von seiner langen Strafzeit nur noch die Feist von 6 Wochen abzubüßen hat und daß somit falls ein Strafnachlaß noch von Wirkung sein sollte, derselbe ehestens erfolgen muß. Ferner dürfte die Dringlichkeit begründet sein in dem Umstande, daß nach dem Urtheile tüchtiger Juristen die Strafe für Florencourt immerhin eine schwere genannt werden muß und drittens in dem Umstande, daß eine noch längere Haft für den Bittsteller betreff seines Gesundheitszustandes gefährlich sein dürfte. Landeshauptmann: Ich kann natürlich den Antrag des Herrn Kohler nur dahin verstehen, daß irgend ein Comite gewählt oder das Gesuch einem bereits bestehenden Comites zugewiesen werden solle, denn nach der Landesordnung ist jedes solche Gesuch einem Comite zuzuweisen und umsomehr in diesem Falle als es sich darum handelt, daß von Seile des hohen Landtages ein Gesuch an Seine Majestät den Kaiser gerichtet werde. Ich glaubte daher, da dem Bittsteller natürlich sehr viel an einer raschen Erledigung seines Gesuches gelegen sein muß, das Gesuch irgend einem Comite zur schleunigsten Berichterstattung zuweisen zu sollen. Johann Thurnherr: § 25 der Geschäftsordnung lautet: der Landtag bestimmt, ob ein gestellter Antrag unmittelbar tu Verhandlung gezogen oder an einen schon bestehenden oder hiezu zu wählenden Ausschuß zu verweisen sei." Ich bin in Zweifel ob nicht der Antrag des Herrn Kohler unter diesem §. zu subsummiren sei, und wenn ja, so könnte sein Antrag sogleich in Verhandlung genommen werden. Landeshauptmann: J4 erlaube mir zu bemerken, daß die Regierung bei Vorlage der Geschäftsordnung den § 25 nur in folgender abgekürzter Form zugelassen hat: „der Landtag bestimmt ob ein gestellter Antrag an einen schon bestehenden oder hiezu zu wählenden Ausschuß zu verweisen sei." Es war eben jene Einschaltung von uns nicht ganz gesetzmäßig gemacht und wurde von der Regierung nicht acceptirt. Es bleibt daher nichts übrig, als diesen Antrag einem Comite zur schnellsten Berichterstattung zuzuweisen. Johann Thurnherr: In der uns von Seite des Herrn Sekretärs übergebenen Geschäftsordnung, in welcher auch einzelne Abänderungen mit rother Tinte angemerkt sind, befindet sich in diesem § nicht die Streichung der Worte: „Unmittelbar in Verhandlungen gezogen", und das hat mich veranlaßt diesen Paragraphen so zu deuten, als könnte dieser Antrag sogleich in Verhandlung gezogen werden. Landeshauptmann: Es ist mir leid, daß die Streichung dieser Stelle irthümlich übersehen worden ist, allein in meinem Büchlein, welches aus der ersten Zeit stammt, werden Sie diese 10 Stelle durchstrichen finden. Ich muß daher darauf bringen, daß dieser Antrag entweder einem bereitbestehenden Comite zugewiesen, oder ein eigenes Comite hiefür gewählt werde. Johann Thurnherr: In Rücksicht auf den dargelegten Umstand und gestützt auf die Begründung der Dringlichkeit durch den Herrn Kohler stelle ich den Antrag: , 68 wolle der Herr Landeshauptmann sobald das Petitionscomite seinen Bericht hierüber verfaßt hat, eine Landtagssitzung anordnen. Landeshauptmann: Der Herr Antragsteller wünscht also, daß dieses Gesuch dem Petitionsausschusie zur schleunigsten Berichterstattung überwiesen und daß ich, nachdem der Bericht vollendet ist, schnellstens eine Sitzung anordnen soll- Diejenigen Herren, welche damit einverstanden sind, bitte ich sich von ihren Sitzen zu erheben. (Angenommen.) Die verehrten Herren werden im Rechenschaftsberichte vernommen haben, daß nun betreff der Rheincorrection mit dem Schweizerbunde ein Abkommen gepflogen wurde. Es wurde mir auch dies von Seite der kk. Oberbehörde eröffnet und damit auch der Antrag verbunden, daß, weil zur Lösung noch mehrerer technischer Vorfragen, die gegenwärtig noch schwebend sind, ein internationales technisches Comite sich zu versammeln hat, das Land Vorarlberg ebenfalls einen Experten zu dieser Commission bestimmen wolle. Ich mache davon heute nur Erwähnung, weil ich in einigen Tagen die Wahl eines Experten als Gegenstand der Verhandlung einbringen werde, damit sich die Herren während dieser Zeit gehörig umsehen können, wer von Ihrer Seite zu dieser wichtigen Commission beigezogen werden solle. Ich glaube diese Mittheilung um so mehr schon heute machen zu sollen, als die kais. Regierung darauf bringt, daß diese Wahl schnellstens vollzogen werde. Ich habe diese Sache bereits schon seit 1. September in Händen, konnte aber sie im Landesausschusse nicht zur Erledigung bringen, weil die Landesausschußmitglieder erklärten, bei der Wichtigkeit der Sache die Wahl des Experten dem Landtage selbst anheimstellen zu wollen. Die nächste ordentliche Sitzung bestimme ich für künftigen Montag 9 Uhr M, weil ich dafür halte, daß wir an diesem Tage vollständig und auch diejenigen Herren da sein werden, welche heute noch fehlen. Gegenstände der Verhandlung: Erstens: Die Regierungs-Vorlage: Gesetz mit welchem § 3, § 12 und § 37 der Landes-Ordnung für Vorarlberg abgeändert werden. Zweitens: Die Regierungs-Vorlage; Gesetz durch welches der Anhang zur Landesordnung für Vorarlberg vom 26. Februar 1861 abgeändert wird. Drittens: Regierungs-Vorlage betreffend eine neue Landtags Wahlordnung für Vorarlberg. Heute ließ ich an die Herren ertheilen den Bericht des Landesausschusses, betreffend die Einreihung der von Bludenz nach Montafon führenden Vicinalstraße in die Kategorie der Concurenzstraßen. Ich werde auch diesen Gegenstand am Montag in Verhandlung ziehen lassen. Die k. k. Regierung hat hieher das Ansinnen gestellt, es möge eine Abänderung der bisher gesetzlichen Bestimmungen über die NormalSchulfondsbeiträge aus den Verlassenschaften getroffen werden. Diese Angelegenheit bezeichne ich als weiteren Gegenstand der Tagesordnung. Die k. k. Statthalterei hat auf Anregung des k. k. Finanzministeriums hieher die Mittheilung gemacht, daß von nun an die directen Steuern und die bisherigen Zuschläge zu den direkten Steuern in Eine Summe zusammmengefaßt werden sollen, und daß von dieser Summe auch die Umlagen und Zuschläge für das Land zu berechnen wären. Ich werde auch diesen Gegenstand kommenden Montag zur Verhandlung vorlegen. Der Landesausschuß von Vorarlberg hat an den galizischen Landesausschuß das Ansuchen gestellt, die dem Lande Vorarlberg für Schüblinge aus Galizien erwachsenden Kosten zurückersetzen zu wollen. Der galizische Landesausschuß hat sich bis jetzt geweigert diesem Ansuchen zu entsprechen, der Landesausschuß war eben im Begriffe mit einer Klage gegen den galizischen Landesausschuß beim k. k. Reichsgerichte aufzutreten, als eben von Seite eines andern Kronlandes eine gleichlautende Klage erhoben und vom Reichsgerichte ausgesprochen wurde, daß das Land Galizien verpflichtet sei, solche 11 Schubauslagen sowohl die eingeklagten, als etwa künftig vorkommenden auch den übrigen Ländern zu entrichten. Nachdem dieses Urtheil geschöpft war, wendeten wir uns neuerdings an den galizischen Landesausschuß, allein dieser hat eine neuerliche Remonstration hieher gesendet, in welcher er erklärt, die Zahlung dieser Kosten freiwillig nicht leisten zu wollen. Auch dieser Gegenstand wird auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung kommen. Mir liegt noch vor der Gesetzentwurf einer Bauordnung für das Land Vorarlberg. Nachdem der Herr Regierungsvertreter wünscht, daß auch diese Regierungsvorlage schnell in Angriff genommen werde, so wird dies der sechste und letzte Gegenstand der Tagesordnung für die nächste Sitzung sein. Hiemit erkläre ich die Sitzung für geschlossen. Schluß der Sitzung 5 Uhr Abends. Druck und Verlag von A. Flatz in Bregenz. IorarWerger Landtag. 2. Sitzung am 14, September 1871 unter dem Borsitze des Herrn Landeshauptmannes Sebastian v. Froschauer. Gegenwärtig sämmtliche Abgeordnete mit Ausnahme der Herren Ferdinand v. Gilm, Carl Ganahl und Dr. August Thurnherr. Regierungsvrrtrctrr Herr Statthaltereiraty Schwrrtling. Beginn der Sitzung um 4 Uhr Nachmittags. Landeshauptmann: Die Sitzung ist eröffnet. Ich werde das Protokoll der vorher­ gehenden Sitzung zur Verlesung bringen. [Setretäi verliest dasselbe.^ Da keine Bemerkung fällt, nehme ich es als richtig abgefaßt an. Bevor ich zur Tagesordnung übergehe, habe ich den verehrten Herrn Abgeordneten mitzutheilen, daß Herr Karl Ganahl sein heutiges Ausbleiben entschuldigte durch viele Geschäfte und sein Hieherkommen auf die nächste Woche in Aussicht stellt. Wir kommen nun zum ersten Gegenstand der heutigen nachmittägigen Sitzung: Whl.eines Comites zur Prüfung des Rechenschaftsberichtes. Wird ein formeller Antrag in dieser Beziehung erhoben? Johann Thurnherrrn: Ich stelle den Antrag, daß ein Comite von 5 Mitgliedern ge­ wählt werde. Landeshauptmann? Wenn kein anderer Antrag erfolgt erachte ich diesen für ange­ nommen. (Keiner.) Er ist angenommen. Ich bitte zur Wahl zu schreiten und sieben Herren zu be­ zeichnen, weil wir auf zwei Ersatzmänner Rücksicht zu nehmen haben. (Wahl.) Ich ersuche die Herren Kohler und Johann Thurnherr das Skrutinium vorzunehmen. Johann Thurnherr: 16 Stimmzettel sind abgegeben worden. Kohler: die meisten Stimmen haben erhalten: die Herren Rheinberger 14, Dr. Thurnherr 14, Burtscher 14, Pfarrer Berchtold 13, Schmid 12, Schneider 8 und Christian Ganahl 7. Lan deshaup tmann: Die ersten fünf Genannten sind somit Ausschußmitglieder und die beiden letzten. Schneider und Ganahl Ersatzmänner. Das Comite ist somit vollständig. Wahl eines Petitionsausschuffes. Ich bitte vier Herren zu bezeichnen. (Wahl.) Ich ersuche die Herren Rhomberg und Burtscher, das Skrutinium zu halten. Burtscher: 16 Stimmzettel sind abgegeben worden. Rhomberg: Herr v. Gilm erhielt 13, Rhomberg 13, Johann Thurnherr 12 und Pfarrer Knecht 5 Stimmen. 8 Lan deshauptmann: Somit sind gewählt: August Rhomberg, v. (Slim, Johann Thurnherr als Ausschußmänner und Pfarrer Knecht als Ersatzmann. Den dritten und vierten Gegenstand der heutigen Verhandlung bilden: Der Landesfonds­ Voranschlag und der Voranschlag des Landeskulturfondes. Mir schien es geeignet, beide diese Vor­ lagen zur Vorberathung dem eben gewählten Rechenschaftscomite zu, uweisen, denn sie stehen in näch­ ster Verbindung mit diesen Arbeiten, welche die Herren durchzusehen haben und Sie werden in der Lage sein, am leichtesten diesen Gegenstand zu prüfen und Bericht hierüber zu erstatten. Wenn kein Gegenvorschlag erfolgen sollte, werd- ich diese beiden Vorlagen dem gedachten Comite zuweisen. [Äeinet.] Ec ist somit oon der hohen Versammlung angenommen. Nun kommen wir zur Vorlage, betreffend den Gesetzentwurf über den Landsturm für das Land Vorarlberg. Wird ein formeller Antrag von irgend einer Seite erhoben? Johann Thurnherr: Ich stelle den Antrag, daß diese Vorlage einem Comite von 5 Mit­ gliedern zur Vorberathung und Beschlußfassung eines Antrages an den hohen Landtag über­ geben werde. Landeshauptmann: Da kein Gegenantrag und keine weitere Bemerkung erhoben wird, nehme ich den Antrag des Herrn Thurnherrn als zugestanden an und ersuche die verehrtesten Herren sieben Mitglieder aus Ihrer Mitte zu bezeichnen, nämlich 5 Ausschüsse und 2 Ersatzmänner. sWahl.^j Ich ersuche die Herren Pfarrer Knecht und Rheimberger das Skrutinium vorzunehmen. Rh eimberger: 16 Stimmen wurden abgegeben. Pfarrer Knecht: Hiervon haben die meisten Stimmen erhalten die Herren Christ. Ganahl 15, Kohler 13, Hammerer 13, Dr. Jussel 13, Johann Thurnherr 13 Die nächstfolgenden sind Peter Jussel mit 8 und Schmid mit 7 Stimmen. Landeshauptmann: Die erstgenannten fünf Herren sind somit Ausschußmitglieder und die letzten zwei Ersatzmänner. Es liegen folgende Eingaben vor: Gesuch der Gemeinde Frarern um Erhöhung der Bürgerinnen-Einkaufstaxe; Gesuch der Ge­ meinde Schlins in gleichem Betreffe, Gesuch der Gemeinde Nenzing ebenfalls um Erhöhung der Bürgerineneinkanfstaxe und ein gleiches Gesuch von der Gemeinde Frastanz. Ich wäre der Ansicht diese 4 Petitionen sogleich dem erwählten Petitionsausschuffe zur Be­ Handlung zuzuweisen. Wenn kein Anstand dagegen obwaltet so betrachte ich meinen Vorschlag als angenommen. Vor Beginn der Sitzung wurde mir durch Herrn Landtagsabgeordneten Peter Jussel folgende Eingabe überreicht die ich hiemit zur Verlesung bringe. sSekretär verliest dieselbe.^ Hoher Landtag! Hnterzeichneter wurde, wie bekannt, auf Grund von vier Ehrenbeleidigungsklaqen zu neun Monate und achr Tage Gefängniß verurtheilt, von denen er, vom heutigen Tage an gerechnet, noch sechs Wochen zu verbüßen hat. Nicht sowrhl die lange noch zu bestehende unerträgliche Strafzeit, als vielmehr das Gefühl, eS sei sein Fall ein objectiver harter und als solcher anzuerkennen, bewegt Unterzeichneten, sich mit folgender Bitte an den hohen Landtag zu wenden: „Hochderselbe wolle Sich bei Sr. Majestät dem Kaiser dahin verwenden, daß Unter„zeichnetem die—»och-übrige Strafzeit, betrüge dieselbe auch nur Einen Tag, auf dem „Gnadenwege nachgeseben werde." Als Hauptgrund führe ich an, daß bereits im Februar dieses Jahres eine allgemeine Am­ nestie für politische und Preßdelicte erflossen ist, von welcher ich jedoch, angeblich weil meine Strafen aus Privatanklagen herrühren, ausgeschlossen blieb. Formell ist das auch richtig; in Wirklichkeit jedoch trugen die Artikel, wegen deren ich gerichtlich belangt wurde, einen wesentlich politischen Charakter, und wäre nicht dieser allgemein polt» 9 tische Charakter gewesen, so hätte ich nicht den geringsten Anlaß zu oberwähnten Preßäußerungen ge­ habt, da mir die betreffenden Personen, der resignirte Lnndlagsabgeordnete Baron von Sternbach, und deffen nächster Untergebener, der Hauptmann Vonach, von Person gänzlich unbekannt sind. Eben weil der hohe Landtag Zeuge und Mitwisser aller dieser nnd der einschlägigen Ver­ hältnisse ist, richte ich meine Bitte an denselben hohen Landtag. Als unterstützenden Grund füge ich noch bei, daß die Strafe zwar dem Buchstaben des Ge­ setzes angemessen war, nicht aber der allgemein in Oesterreich bestehenden Gerichtspraxis entsprach, und daß wahrscheinlich in Berücksichtigung dieses Umstandes schon das verurtheilende Gericht auf einen Nachlaß von drei Monaten angetragen Hal. ein Antrag, der aus mir unbekannten Gründen bet Sr. Excellenz dem Herrn Justizminister Habietinek keine Anerkennung gefunden hat. Bregenz, 14. September 1871. Dr. 93. t>. Florencourt, Herausgeber des „Vorarlberger Volksblaltes." Ueberreicht durch Landtagsabgeordneten Peter Jußel am 14. September 1871. Jussel m. p. Wenn kein anderer Antrag gestellt werden sollte, so würde ich auch diese Petition dem Petitionsausschusse zuweisen. Kohler: Ich bitte ums Wort. Ich hätte in Betreff dieses Gesuches dem hohen Landtage folgenden DringlichkeitSantrag vorzulegen: „der hohe Landtag wolle beschließen: es sei vorliegendes Gesuch des Herrn Bernhard von Florencourt allsogleich in Verhandlung zu ziehen." Ich glaube, die Dringlichkeit dieses Antrages ist begründet in dem Umstande, daß Gesuch­ steller von seiner langen Strafzeit nur noch die Feist von 6 Wochen abzubüßen hat und daß somit falls ein Strafnachlaß noch von Wirkung sein sollte, derselbe ehestens erfolgen muß. Ferner dürfte die Dringlichkeit begründet sein in dem Umstande, daß nach dem Urtheile tüchtiger Juristen die Strafe für Florencourl immerhin eine schwere genannt werden muß und drittens in dem Umstande, daß eine noch längere Haft für den Bittsteller betreff seines Gesundheitszustandes gefährlich sein dürfte. Landeshauptmann: Ich kann natürlich den Antrag des Herrn Kohler nur dahin verstehen, daß irgend ein Comite gewählt oder das Gesuch einem bereits bestehenden Comites zugewiesen werden solle, denn nach der Landesordnung ist jedes solche Gesuch einem Comite zuzuweisen und um­ somehr in diesem Falle als es sich darum handelt, daß von Seile des hohen Landtages ein Gesuch an Seine Majestät den Kaiser gerichtet werde. Ich glaubte daher, da dem Bittsteller natürlich sehr viel an einer raschen Erledigung seines Gesuches gelegen sein muß, das Gesuch irgend einem Comite zur schleunigsten Berichterstattung zuwetsen zu sollen. Johann Thurnherr: §. 25 der Geschäftsordnung lautet: der Landtag bestimmt, ob ein gestellter Antrag unmittelbar tu Verhandlung gezogen oder an einen schon bestehenden oder hiezu zu wählenden Ausschuß zu verweisen sei." Ich bin in Zweifel ob nicht der Antrag des Herrn Kohler unter diesem §. zu subsummiren sei, und wenn ja, so könnte sein Antrag sogleich in Verhandlung genommen werden. Landeshauptmann: J4 erlaube mir zu bemerken, daß die Regierung bei Vorlage der Geschäftsordnung den §. 25 nur in folgender abgekürzter Form zugelassen hat: „der Landtag bestimmt ob ein gestellter Antrag an einen schon bestehenden oder hiezu zu wählenden Ausschuß zu ver­ weisen sei." Es war eben jene Einschaltung von uns nicht ganz gesetzmäßig gemacht und wurde von der Regierung nicht acceptirt- Es bleibt daher nichts übrig, als diesen Antrag einem Comite zur schnellsten Berichterstattung zuzuweisen. Johann Thurnherr: In der uns von Seite des Herrn Sekretärs übergebenen Geschäfts­ ordnung, in welcher auch einzelne Abänderungen mit rother Tinte angemerkt sind, befindet sich in die­ sem § nicht die Streichung der Worte: „Unmittelbar in Verhandlungen gezogen", und das hat mich ver­ anlaßt diesen Paragraphen so zu deuten, als könnte dieser Antrag sogleich in Verhandlung gezogen werden. Landeshauptmann: Es ist mir leid, daß die Streichung dieser Stelle irthümlich übersehen worden ist, allein in meinem Büchlein, welches aus der ersten Zeit stammt, werden Sie diese 10 Stelle durchstrichen finden. Ich muß daher darauf bringen, daß dieser Antrag entweder einem bereit­ bestehenden Comite zugewiesen, oder ein eigenes Comite hiefür gewählt werde. Johann Thurnherr: In Rücksicht auf den dargelegten Umstand und gestützt aus die Begründung der Dringlichkeit durch den Herrn Kohler stelle ich den Antrag: , 68 wolle der Herr Landeshauptmann sobald das Petitionscomite seinen Bericht hierüber verfaßt hat, eine Landtagssitzung anordnen. Landeshauptmann: Der Herr Antragsteller wünscht also, daß dieses Gesuch dem PetitionsauSschusie zur schleunigsten Berichterstattung überwiesen und daß ich, nachdem der Bericht vollendet ist, schnellstens eine Sitzung anordnen soll- Diejenigen Herren, welche damit einverstanden sind, bitte ich sich von ihren Sitzen zu erheben. (Angenommen.) Die verehrten Herren werden im Rechenschaftsberichte vernommen haben, daß nun betreffder Rheincorrection mit dem Schweizerbunde ein Abkommen gepflogen wurde. Es wurde mir auch dies von Seite der kk. Oberbehörde eröffnet und damit auch der Antrag verbunden, daß, weil zur Lösung noch mehrerer technischer Vorfragen, die gegenwärtig noch schwebend»sind, ein internationales technisches Comite sich zu versammeln hat, das Land Vorarlberg ebenfalls einen Experten zu dieser Commission bestimmen wolle. Ich mache davon heute nur Erwähnung, weil ich in einigen Tagen die Wahl eines Experten als Gegenstand der Verhandlung einbringen werde, damit sich die Herren wäh. rend dieser Zeit gehörig umsehen können, wer von Ihrer Seite zu dieser wichtigen Commission beige» zogen werden solle. Ich glaube diese Mittheilung um so mehr schon heute machen zu sollen, als die kais. Regierung darauf bringt, daß diese Wahl schnellstens vollzogen werde. Ich habe diese Sache bereits schon seit 1. September in Händen, konnte aber sie im Landesausschuffe nicht zur Erledigung bringen, weil die Landesausschußmitglieder erklärten, bei der Wichtigkeit der Sache die Wahl des Experten dem Landtage selbst anheimstellen zu wollen. Die nächste ordentliche Sitzung bestimme ich für künftigen Montag 9 Uhr M, weil ich dafür halte, daß wir an diesem Tage vollständig und auch diejenigen Herren da sein werden, welche heute noch fehlen. Gegenstände der Verhandlung: Erstens: Die Regierungs-Vorlage: Gesetz mit welchem §. 3, §. 12 und §. 37 der LandeS­ Ordnung für Vorarlberg abgeändert werden. Zweitens: Die Regierungs-Vorlage; Gesetz durch welches der Anhang zur Landesordnung für Vorarlberg vom 26. Februar 1861 abgeändert wird. Drittens: Regierungs-Vorlage betreffend eine neue Landtags Wahlordnung für Vorarlberg. Heute ließ ich an die Herren »ertheilen den Bericht des LandeSansschusses, betreffend die Einreihung der von Bludenz nach Montafon führenden Vicinalstraße in die Kategorie der Concurenz« straßen. Ich werde auch diesen Gegenstand am Montag in Verhandlung ziehen lassen. Die k. k. Regierung hat hieher das Ansinnen gestellt, es möge eine Abänderung der bisher gesetzlichen Bestimmungen über dte Normal-Schulfondsbeiträge aus den Verlaffenschaften getroffen werden. Diese Angelegenheit bezeichne ich als weiteren Gegenstand der Tagesordnung. Die k. k. Statthalterei hat auf Anregung des k. k. Finanzministeriums hieher die Mittheilung gemacht, daß von nun an die directen Steuern und die bisherigen Zuschläge zu den direkten Steuern in Eine Summe zusammmengefaßt werden sollen, und daß von dieser Summe auch die Umlagen und Zuschläge für das Land zu berechnen wären. Ich werde auch diesen Gegenstand kommenden Montag zur Verhandlung vorlegen. Der Landesausschuß von Vorarlberg hat an den galizischen Landesausschuß das Ansuchen gestellt, die dem Lande Vorarlberg für Schüblinge aus Galizien erwachsenden Kosten zurückersetzen zu wollen. Der galizische Landesausschuß hat sich bis jetzt geweigert diesem Ansuchen zu entsprechen, der Landesausschuß war eben im Begriffe mit einer Klage gegen den galizischen Landesausschuß beim k. k. Reichsgerichte aufzutreten, als eben von Seite eines andern Kronlandes eine gleichlautende Klage erhoben und vom Reichsgerichte ausgesprochen wurde, daß das Land Galizien verpflichtet sei, solche 11 Schubauslagen sowohl die eingeklagten, als etwa künftig vorkommenden auch den übrigen Ländern zu entrichten. ^Nachdem dieses Urtheil geschöpft war, wendeten wir uns neuerdings an den galizischen Landesausschuß, allein dieser hat eine neuerliche Remonstration hieher gesendet, in welcher er erklärt, die Zahlung dieser Kosten freiwillig nicht leisten zu wollen. Auch dieser Gegenstand wird aus die Tagesordnung der nächsten Sitzung kommen. Mir liegt noch vor der Gesetzentwurf einer Bauordnung für das Land Vorarlberg. Nachdem der Herr Regierungsvertreter wünscht, daß auch diese Regierungsvorlage schnell in Angriff genommen werde, so wird dies der sechste und letzte Gegenstand der Tagesordnung für die nächste Sitzung sein. Hiemit erkläre ich die Sitzung für geschloffen. Schluß der Sitzung 5 Uhr Abends. Druck und Verlag von A. F l a tz in Bregenz.