18700825_lts003

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Letzte Änderung 02.07.2021, 18:30
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp03,lts1870,lt1870,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

13 Vorarlberger Landtag. III. SITZUNG am 23. August 1870 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Sebastian v. Froschauer. Gegenwärtig sämmtliche Abgeordnete. Die Virilstimme nicht vertreten. Regierungsvertreter Herr Statthaltereirath Schwertling. Beginn der Sitzung um 9 1/2 Uhr Vormittags. Landeshauptmann: Ich erkläre die Sitzung für eröffnet. Herr Sekretär verlesen Sie das Protokoll der vorhergehenden. (Sekretär verliest dasselbe.) Wird gegen die richtige Fassung des Protokolles eine Einwendung erhoben? (keine) somit erkläre ich es für genehmigt. Ich ertheile dem Herrn Regierungsvertreter das Wort. Regierungsvertreter: Es sind mir in der letzten Sitzung zwei Interpellationen übergeben worden, die eine von Herrn Dr. Ölz in Betreff der Äußerung, die Herr Dr. Nachbauer in Feldkirch in einer Versammlung der Verfassungsfreunde gemacht hat. Ich habe diese Interpellation dem Ministerium für Kultus und Unterricht zu seiner Entscheidung vorgelegt, und ich kann einstweilen nur Folgendes zur Aufklärung bemerken: Es sind 22 Proteste eingelangt u. z. vom Ortsschulrathe in Rieden, Raggal und Maruel, Fontanella, Sonntag, Blons, Au, Reute, Damüls, Gaschurn, St. Gerold, Renzing, Bizau, Schnepfau, Ludesch, Mittelberg, Dalaas, Klösterle, Innerbratz, Egg und Schwarzenberg. Gleichzeitig sind von den beiden katholischen Vereinen Doxnbirn und Feldkirch derlei Eingaben an das hohe Ministerium unmittelbar gerichtet worden. Das hohe Ministerium hat sie dem Vorsitzenden des Landesschulrathes zur Einsicht mitgetheilt und hierüher sein Gutachten abgefordert. Nachdem ich zugleich Vorsitzender des Landesschulrathes bin, bin ich auch in der Lage, über das Weitere Auskunft gehen können. Ich habe das Gutachten erstattet und dem hohen Ministerium nicht nur die beiden Interpellationen der 14 katholischen Kasino's, sondern auch sämmtliche Proteste der eben verlesenen Ortsschulräthe vorgelegt und auch dasselbe von Seite des Klerus in Kenntniß gesetzt, die von Seite des Klerus gegen diese Rede des Dr. Nachbauer ergangen sind. Die zweite Interpellation war von dem Herrn Abgeordneten Knecht, betreffs des § 17 der Gemeindewahlordnung. Der § 17. der Gemeindewahlordnung lautet: „Der Gemeindevorsteher hat für jeden Wahlkörper abgesonderte Wählerlisten zu verfassen. „Diese Wählerlisten sind mindestens 4 Wochen vor der Wahl zu Jedermanns Einsicht in der Gemeinde auszulegen u. s. w." Nun hat sich in der Gemeinde Koblach der Fall ereignet, daß Jemand eine Abschrift von der Wählerlisten hat nehmen wollen. Der Gemeindevorsteher hat sich geweigert, eine Abschrift nehmen zu lassen, und der betreffende Petent, nämlich der Pfarrer von Koblach hat sich an die Bezirkshauptmannschaft in Feldkirch um eine Entscheidung gewendet Die Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft ist dahin ausgefallen, daß das Abschriftnehmen nicht gestattet sei. So lautete die Interpellation. Ich habe nun den Hrn. Bezirkshauptmann in Feldkirch hierüber um Äußerung ersucht, die derselbe im Folgenden abgegeben hat: Der Hochwürdige Herr Pfarrer in Koblach hat sich gegen die dortige Vorstehung dahin beschwert, daß ihm die Copirung der Wählerliste nicht gestattet wurde und hat gebeten, den Vorsteher hiezu zu verhalten. — Ich habe ihm mit Schreiben vom 1. d. M. Z. 2945 erwidert, daß die GemeindeWahlordnung nur die Einsicht der Wählerliste fordere, nicht aber eine Copirung derselben, daher ich diesfalls nichts anzuordnen fände. Ich habe mich also über die Frage, ob die Gestattung der Copirung der Liste im Geiste des Gemeindegesetzes liege oder nicht, gar nicht ausgesprochen, weil ich der Ansicht bin, daß hierüber der Vorsteher zu entscheiden habe und daß die politische Behörde kein Recht habe einen Vorsteher zu einer Gestattung zu zwingen, welche ihm das Gesetz nicht aufträgt. „Über die Zweckmäßigkeit der Copirung der Wählerliste läßt sich streiten, weil die gesetzliche Frist von 4 Wochen zur Abschriftnahme für jeden Wähler lange nicht hinreichen würde." Ich werde nun, wenn der betreffende Herr Interpellant es wünscht und sich mit dieser Äußerung nicht zufrieden stellt, die Interpellation der Statthalterei zur competenden Entscheidung vorlegen. Pfarrer Knecht: Ich bin jedenfalls zufrieden, wenn es der Statthalterei vorgelegt wird zur Entscheidung. Übrigens glaube ich hat der Herr Bezirkshauptmann in Feldkirch durch diese Äußerung, daß es ganz in der Macht des Gemeindevorstehers liege, eine Abschrift nehmen zu taffen oder nicht, die Vorstehers zu Pascha's gemacht; denn bis jetzt war das nirgends der Fall. Es ist nie bis heuer einer Gemeindevorstehung eingefallen, den Wählern die Einsicht in die Wählerlisten und allfällige Notizen oder Copirungen zu verweigern, und ich glaube daß die Praxis, die bis jetzt gang und gebe war in Vorarlberg, und gegen die Niemand etwas einzuwenden hatte, auch heute noch gelten werde, denn es ist das nur geschehen im Interesse einer gewissen tendenziösen Behandlung die man gegenüber der andern Parthei hat. Ich ersuche darum den Herrn Regierungsvertreter, daß diese Interpellation der hohen Statthalterei zur Entscheidung vorgelegt werde, damit sie erkläre, ob wirklich nur die Einsicht gestattet sei oder auch mit der Einsicht verbunden sei, Notizen aus den Wählerlisten machen zu dürfen, oder auch die Copirung derselben. Schmid: Ich bin mit der Ansicht des Herrn Vorredners ganz einverstanden und füge nur die Bemerkung bei, daß auch der Umstand für das Zulassen des Copirens der Wählerlisten spricht, weil sie von Periode zu Periode geändert werden, die Wählerlisten gewöhnlich beim Vorsteher zur Einsicht vorliegen und Jedermann hingehen darf Einsicht davon zu nehmen; denn wenn der Wähler kommt, so weiß nicht mehr jeder in welchem Wahlkörper er ist, wenn nicht irgendwo eine Abschrift zirkulirt 15 oder unter den Wählern oder unter dem Volke eine Abschrift ist, von welcher er in der Lage ist Einsicht zu nehmen, um zu wissen, in welchem Wahlkörper er ist und in welcher dieser oder jener Wähler sich befindet. Landeshauptmann: Es ist mir heute weiters eine Interpellation vom Hrn. Dr. Thurnherr übergeben worden, ich bringe sie zur Kenntniß der hohen Versammlung: (Sekretär verliest dieselbe wie folgt:) Interpellation. Der § 17 der Gemeinde-Wahlordnung für Vorarlberg bestimmt, daß die Wahllisten mindestens 4 Wochen vor der Wahl zu Jedermanns Einsicht in der Gemeinde aufzulegen seien. Nun ist anläßlich der im Lande eben im Zuge befindlichen GemeindeAusschußwahlen der Fall vorgekommen, daß von Seite der Gemeindevorstehung selbst Wahlberechtigten durch sechs Tage vor der Wahl kein Einblick mehr in die Listen gestattet wurde. — In Erwägung, daß jede in der Gemeinde-Wahlordnung nicht klar begründete auch nur zeitweilige Einsichtsverweigerung der einmal aufgelegten Wählerlisten dem Geiste der Öffentlichkeit dieses Gesetzes überhaupt widerspricht und darum solche Fälle geeignet sind, Mißtrauen bei den Wählern zu erwecken; in Erwägung, daß auch beim Anstiegen der Wählerlisten durch volle 4 Wochen die Verweigerung der Einsicht in dieselben nach Umfluß der 4 Wochen bis zur Wahlhandlung die Überwachung der Wahlberechtigten, daß nach der Schlußbestimmung desselben Z 17 die Wahllisten in den letzten 8 Tagen vor der Wahl keine Änderung mehr erleiden, zur Unmöglichkeit macht, - erlaubt sich der Gefertigte zur Aufklärung der Wähler und in deren Interesse den Vertreter der hohen Regierung M fragen: Erkennt nicht die hohe Regierung, daß die im § 17 der GemeindeWahlordnung vorgeschriebene Zeit von 4 Wochen, in der Jedermann Einsicht in die Wählerlisten zu gestatten sei, sich unmittelbar an den eigentlichen Wahlakt anschließen soll, und ob hochdieselbe Angesichts verschiedenartiger Auslegung dieses § und Angesichts der im Lande im Zuge befindlichen Gemeindeausschußwahlen sich nicht veranlaßt sehe, in dieser Richtung eine interpretirende Instruktion an die Behörden zu erlassen und zum Benehmen der Wahlberechtigten zu veröffentlichen. Bregenz, am 24. August 1870. Johann Thurnherr, Landtagsabgeordneter. Ich werde diese Interpellation dem Herrn Regierungs-Vertreter zur Beantwortung übergeben. Regierungs-Vertreter: Ich bin nicht in der Lage eine Instruktion hinauszugeben, das Rechts steht mir nicht zu, das Recht steht nur der Statthalterei zu; ich werde daher diese Interpellation der Statthalterei vorlegen und ihre Entscheidung mittheilen, sobald ich sie bekommen werde. Landeshauptmann: Von Seite des Hrn. Abgeordneten v. Gilm ist mir folgender Dringlichkeitsantrag vorgelegt worden; ich bringe ihn der hohen Versammlung zur Kenntniß: (Sekretär verliest denselben wie folgt:) Es sei die nochmalige Überprüfung der im letzten Landtage vorbereiteten Arbeiten zur Einführung der Vermögenssteuer als Landessteuer zu veranlassen." Ich ertheile dem Hrn. v. Gilm das Wort zur Begründung der Dringlichkeit. v. Gilm: Die Wichtigkeit der Sache und der Wunsch des Landes, andererseits die Kürze der Session, glaube ich, werden diesen Antrag als dringlich rechtfertigen; ich setze nur bei, daß ich hiezu beantrage, diesen Antrag dem schon eingesetzten Revisions-Ausschusse zu überweisen. Landeshauptmann: Die hohe Versammlung hat die Dringlichkeit des Antrages vernommen und ich werde nun die Frage an Sie stellen, ob selbe die Dringlichkeit anerkenne. Ich ersuche diejenigen Herren, die diesen Antrag als einen dringlichen anerkennen, von den Sitzen sich zu erheben. (Angenommen.) 16 Ich komme nun zur zweiten Frage, ob die hohe Versammlung gewillt sei, vorliegenden Dringlichkeitsantrag dem Rechenschaftsbericht-Komite zur geschäftsmäßigen Behandlung zu überweisen. Ich bitte um Abstimmung. (Angenommen.) Ich habe einen weiteren Dringlichkeitsantrag des Herrn Abgeordneten Dr. Thurnherr erhalten, er lautet: (Sekretär verliest denselben wie folgt:) „Es sei ein Comite einzusetzen, um den in der vorigen Landtagssession beschlossenen, aber von der Regierung mit der Bemerkung zurückgelangten Entwurf eines Gesetzes über das Vermittleramt der Gemeinden einer neuerlichen Berathung und Vorlage zu unterziehen." Ich ertheile dem Herrn Dr. Thurnherr das Wort zur Begründung der Dringlichkeit. Dr. Thurnherr: Ich begründe die Dringlichkeit dieses Antrages damit, weil das Gesetz von unzweifelhafter Wichtigkeit für das Land ist, dann, weil die von der Regierung gerügten Mängel nach meiner Ansicht nicht schwer zu verbessern sind, dann mit Rücksicht auf die voraussichtliche Kürze der Session." Landeshauptmann: Diejenigen Herren, welche den Antrag als dringlich zu bezeichnen gesonnen sind, bitte ich, sich von den Sitzen zu erbeben. (Angenommen.) Dr. Thurnherr: Ich stelle den weiteren Antrag, daß diese Sache den für die Prüfung des Rechenschaftsberichtes ausgestellten Komite überwiesen werde. Landeshauptmann: Wird von keiner Seite weiter ein formeller Antrag erhoben? (Keiner.) Somit bringe ich den soeben gestellten zur Abstimmung. Baron Sternbach: Ich glaube, daß bei der massenhaften Anhäufung der Gegenstände, die bereits diesem Rechenschaftsberichts-Komite übergeben worden sind, ein anderes Komite zur Ausarbeitung dieses Gesetzentwurfes gewählt werde. Karl Ganahl: Ich unterstütze den Antrag des Herrn Baron v. Sternbach. Dr. Thurnherr: Ich ziehe meinen Antrag zurück. Landeshauptmann: Somit glaube ich, dürfte es dem Petitionskomite zu überweisen sein, soviel mir erinnerlich ist, hat bereits Herr Dr. Thurnherr in diesem Fache gearbeitet. Herr Dr. Thurnherr war im vorigen Jahre Berichterstatter bei diesem Gesetzentwurfe und befindet sich heuer im Petitionsausschusse, somit wird es am leichtesten gehen, wenn die hohe Versammlung diesen Antrag dem Petitionskomite zuweist. Karl Ganahl: Ich erlaube mir den Antrag zu stellen, zu diesem Behüte ein eigenes Komitee zu wählen, bestehend aus drei Mitgliedern. Landeshauptmann: Herr Karl Ganahl hat den Antrag erhoben, daß behufs der Überprüfung der vorliegenden Akten, betreffend das Gemeindevermittleramt, ein eigenes Komite bestellt werde und zwar aus drei Mitgliedern. Ich bitte um Abstimmung hierüber. (Angenommen.) Ich werde die Wahl des Komite's gegen den Schluß der Sitzung noch heute vornehmen lassen. Ich habe hier drei Gesuche, dahin gehend, daß ein eigenes Amtsblatt für Vorarlberg gegründet werde; ich bringe diese drei Gesuche zur Kenntniß der h. Versammlung. Das erste Gesuch ist eingebracht von der Gemeinde Nenzing durch den Abgeordneten und Gemeindevorsteher Peter Jussel (Sekretär verliest dasselbe); das zweite von der Gemeinde Thüringerberg, eingebracht durch den Abgeordneten Pfarrer Knecht (Sekretär verliest dasselbe) und das dritte Gesuch der Witwe Teutsch und Bewilligung, mit dem Vorarlberger Volksblatte auch die amtlichen Erlässe mittheilen zu können, eingebracht von Dr. Thurnherr (Sekretär verliest dasselbe). Ich werde diese Gesuche der geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zuführen. Der Herr Abgeordnete v. Gilm hat ein Gesuch vom Pfarrer von Frastanz eingereicht, in welchem er sich darüber beschwert und bei dem hohen Landtage um Abhilfe bittet, daß bei der dortigen Gemeinde zwei anstatt drei Wahlkörper gebildet worden sind; ich werde auch hierüber die weitere geschäftsordnungsmäßige Behandlung dinierten. Bevor wir übergehen zur Tagesordnung will ich der hohen Versammlung mittheilen, daß in dem Komite über den Rechenschaftsbericht zum Obmann Herr v. Gilm und zum Berichterstatter Dr. Thurnherr 17 erwählt wurde. Das Comite zur Berichterstattung über den Adressantrag hat den Herrn Pfarrer Knecht zum Obmann und Dr. Ölz zum Berichterstatter und endlich das Petitionscomite den Herrn August Rhomberg zum Obmann und Dr. Thurnherr zum Berichterstatter erwählt. Wir kommen zum ersten Gegenstand der heutigen Tagesordnung zum Bericht über die Prüfung der Wählerlisten; ich ersuche den Berichterstatter Hammerer das Wort zu nehmen. Hammerer: (Verliest den gedruckten Comitebericht.) Landeshauptmann: Ich eröffne die Debatte und ersuche, da ich bei dem ersten Antrag selbst betheiliget bin, den Herrn LandeshauptmannStellvertreter den Vorsitz zu übernehmen, (v. Gilm übernimmt den Vorsitz.) Landeshauptmann-Stellvertreter: Meine Herren! wie Sie soeben vernommen haben, hat das zur Prüfung der Landtagswahlen eingesetzte Komite vor allem andern die Wahl des Herrn Seb. v. Froschauer zum Abgeordneten zur Genehmhaltung der hohen Versammlung empfohlen. Ich frage also die h. Versammlung, ob sie diese Genehmhaltung auch ihrerseits anerkenne. Wer mit diesem Antrage einverstanden ist, bitte ich von den Sitzen sich zu erheben. (Angenommen.) (Landeshauptmann nimmt wieder den Vorsitz ein.) Landeshauptmann: Unter Nr. 2 geht der Antrag dahin, die Wahl des Hrn. Ganahl zum Abgeordneten der Stadt Feldkirch genehm zu halten; wünscht jemand darüber das Wort zu erhalten. Dr. Jussel: Ich bitte doch wenigstens die Wahlprotokolle verlesen zu lassen. Landeshauptmann: Herr Sekretär wird ersucht, das Protokoll zur Wahl der Stadt Feldkirch zu verlesen. (Verliest dasselbe.) Wünscht hierüber Jemand das Wort zu nehmen? (Niemand.) Ich bringe Ganahl zum Abstimmung den Sitzen somit den Antrag des Komite's, es sei die Wahl des Herrn Abgeordneten der Stadt Feldkirch genehm zu halten, zur und ersuche diejenigen Herren, die derselben beistimmen, von sich zu erheben. (Angenommen.) Der dritte Punkt betrifft die Wahl des Herrn Otto Baron v. Sternbach für die Stadt Bludenz. Wünschen Sie ebenfalls die Verlesung des Protokolles? Dr. Jussel: Ja. Der Sekretär wird dasselbe verlesen. (Verliest dasselbe.) Pfarrer Berchthold: Ich erlaube mir die Bemerkung zu machen bezüglich des Berichtes des Komite's zur Prüfung der Landtagswahlen. Wie ich gehört habe, liegen hier auch außer diesen denen hier steht, daß sie beanständet wurden, noch Vollmachten vor, welche bedingt gestellt waren auf eine andere bedingte Vollmacht auf Seite des Herrn drei Vollmachten, von drei andere eine Person und noch Dr. Walter. Es hat dieser Umstand keine Entscheidung mehr auf die Wahl, weil immerhin, selbst wenn diese Vollmachten wegfielen, die Majorität da ist. Es ist deßhalb eine Bemerkung bezüglich dieser Wahl persönlich um so unverfänglicher; ich muß aber die Bemerkung machen, daß mir diese drei Vollmachten, welche bedingt gestellt sind, zweifelhaft erscheinen, da, wie ich andererseits gehört habe, bei mehreren Wahlen im Oberlande im Falle bedingter Vollmachten diese Vollmachten zurückgewiesen wurden unter den Augen des politischen Kommissärs. Dort wurden jedenfalls diese Vollmachten beanständet aus dem Grunde, weil sie bedingt gestellt waren, nämlich mit Nennung des Namens, auf den der Bevollmächtigte angewiesen war; folglich kann ich mir nicht erklären, wie das Komite zur Prüfung der Wahlen nur von drei Vollmachten spricht, welche beanständet wurden. Nach diesen Vorgängen wären noch drei Vollmachten zu beanständen gewesen, nämlich die bedingt gestellten. Dr. Thurnherr: Es ist weder in der Gemeindeordnung noch in der Landtagwahlordnung ein Anhaltspunkt geboten, derlei bedingte Wahlen nicht gelten zu lassen: darum fand das Komite sie für giltig zu erklären und nicht zu beanständen. Rheinberger: Das weiß ich, daß gerade in unserer Gemeinde Rankweil solche bedingte Vollmachten 18 vom Gerichtskommissär zurückgewiesen wurden; weil bestimmt? Namen darin gewesen sind, hat der Kommissär von Feldkirch keine einzige angenommen. Kohler: Durch diesen Vorgang finde ich mich veranlaßt, weil man doch angesichts der bevorstehenden Gemeinderathswahlen bezüglich der Beurtheilung dieser Fälle keine Abweichung haben sollte, indem dieselben zu gewiß recht unangenehmen Konflikten und auch zu einer schiefen Beurtheilung der Behörden führen müßte, dem Herrn Landeshauptmann, aber vielleicht erst nach der Sitzung, hierüber eine Interpellation an die hohe Regierung zu überreichen, indem nur diese allein befugt sein kann, das Gesetz in diesem Punkte zu interpretiren. Landeshauptmann: Haben Herr Berichterstatter noch eine Bemerkung zu machen? Hammerer: Ich habe weiter nichts zu bemerken, als daß die Kommission über diese drei, richtiger vier Vollmachten, nämlich drei für Baron Sternbach und eine für Walter, sich dahin geeinigt hat, diese als giltig zu erklären; zwei waren nämlich Dafür, aber drei, und namentlich Dr. Thurnherr hat sich entschieden dahin ausgesprochen, daß sie für giltig erklärt werden möchten. Landeshauptmann: Ich erkläre somit die Debatte für geschlossen und gehe zur Abstimmung über. Diejenigen Herren, welche die Wahl des Hrn. Baron Sternbach für Bludenz für gültig anzunehmen gesonnen sind, bitte ich von den Sitzen sich zu erheben. (Angenommen.) Wir kommen nun zum Wahlakte des Dr. Anton Jussel, als Abgeordneter der Handelskammer in Feldkirch. (Sekretär verliest das Protokoll.) Wünscht Jemand dar Wort zu nehmen? (Niemand.) Somit gehe ich zur Abstimmung über und ersuche diejenigen Herren, welche die Wähl des Hrn. Dr. Anton Jussel für genehm halten, von den Sitzen sich, zu erheben, (Angenommen.) Wir kommen nun zum Wahlakte des Hrn. August Rhomberg für den Markt Dornbirn. (Sekretär verliest das Protokoll:) Wünscht Jemand das Wort zu nehmen? (Niemand.) Da das nicht der Fall ist, bitte ich die Herren, welche die Wahl des Hrn. August Rhomberg für genehm halten, von den Sitzen sich zu erheben. (Angenommen.) Ferner haben wir die Wahlakte für die Landgemeinden Bludenz und Montafon betreffend die Abgeordneten Herren Pfarrer Knecht, Martin Schneider, Chr. Ganahl und Peter Jussel. (Sekretär verliest das Protokoll.) Wünscht Jemand das Wort zu nehmen? Karl Ganahl: Es ist wohl Stadt und Land bekannt, auf welch' unwürdige Weise der Vorarlberger Klerus (einige sehr ehrenwerthe Ausnahmen abgerechnet), seit Jahr und Tag namentlich die Landbevölkerung gegen die von Sr. Majestät erlassenen liberalen Gesetze aufgereizt, ja aufgehetzt hat. Es ist ferner bekannt, daß der Klerus die Liberalen, welche in der Aufrechthaltung und Durchführung dieser Gesetze das Wohl des Landes erblicken, fort und fort und hauptsächlich bei der Landbevölkerung zu verdächtigen sich anstrengte. Es mußte daher dem vorarlbergischen Klerus die Auflösung des Landtages eine willkommene Sache sein und es giengen deshalb gleich nach der Auflösung des Landtages die Wühlereien des Klerus auf's Neue erst recht an, indem man sich bemühte, Alles aufzubieten, um die Liberalen aus dem Landtage auszumerzen. Auf der Kanzel wurde eigentlich nicht mehr gepredigt, sondern förmlich gepoltert. Man erlaubte sich, das gläubige Volk förmlich anzulügen, (Landeshauptmann: der Ausdruck ist zu stark.) indem man ihm vorgab, es handle sich um die Religion, die Religion — der Glaube sei in Gefahr. Das ist wirklich vorgekommen und zwar sehr häufig, und wo die Kanzel und der Beichtstuhl nicht mehr aus. reichen wollten, da lief der Herr Pfarrer von Haus zu Haus, wandte sich an die Hausfrau (der er die Hölle noch heißer machte, als man sich dieselbe gewöhnlich denkt, ) damit sie den Mann beschwöre, ja keinem Liberalen die Stimme zu geben, weil er sonst eine große Sünde begehe. Kein Wunder also, daß nach solchen Vorgängen die liberale Parthei unterliegen mußte. Es liegt aber auch auf der Hand, daß der vorarlbergische Klerus den jesuitischen Grundsatz: der Zweck heiliget das Mittel zu dem gemacht hat, denn sonst würde er unmöglich die verwerflichsten und verabscheuungswürdigsten Mittel zu gebrauchen gewagt haben. (Rufe: Oho! Oho!) Kein 19 Wunder also, daß die Wahlmännerwahlen ganz ultramontan ausfielen und daß die Herren Pfarrer unter den Wahlmännern die Hauptrolle spielten! Diese Herren scheuten sich nicht, den Nachbar gegen den Nachbar, die Frau gegen den Mann, die Kinder gegen die Eltern und die Schwester gegen den Bruder aufzuhetzen. Landeshauptmann: Ich bitte, das gehört nicht zur Sache. Carl Ganahl: Ich habe diesen Vorgang erörtern müssen, theils um meine Abstimmung zu rechtfertigen, theils um zu constatiren, auf welche schamlose Weise man in Vorarlberg von Seite des Klerus vorgegangen ist. Einstweilen habe ich nicht weiteres anzubringen und will hören, was die Herren dazu sagen. (Stürmische Bravo's im Zuhörerraume, Zischen und Unruhe unter den Abgeordneten.) Landeshauptmann: Ich bitte das Publikum, sich ruhig zu verhalten, um nicht gezwungen zu werden, andere Maßnahmen zu treffen oder vielleicht gar den Zuhörerraum räumen zu lassen. Pfarrer Berchtold: Ich bin der Ansicht, gegen diese Auslassungen ist es am besten, wenn man nichts sagt. Kohler: Nun, ich will eigentlich die Auslassungen meines geehrten Herrn Vorvorredners — wenn ich mich so aussprechen muß — auch aus dem eben von meinem Vorredner angeführten Grunde nicht weiter berühren. Aber vom Standpunkte der Freiheit, und nicht vom religiösen Standpunkte aus, finde ich es unwürdig, in einem hohen Landtage mit derlei nicht begründeten und nicht bewiesenen Anklagen aufzutreten. (Vereinzelte Bravos.) Dr. Ölz: Wenn der Herr Abgeordnete Karl Ganahl von bekannten Agitationen des Klerus spricht, so gibt es noch viel bekanntere Agitationen der Liberalen, die viel tadelnswerthere Mittel gebraucht haben, al- man dem Klerus anschuldet. Herr Karl Ganahl wird gebeten, sie durch Beweise zu belegen; die Feldkircher Zeitung dürfte hiefür nicht genügen. Daß von Seite der Geistlichkeit die Liberalen verdächtigt worden, weisst kein einziges Exempel nach. Daß sie auf der Kanzel gepoltert und gelogen habe, das kann Herr Ganahl für das ansehen. Er sieht vielleicht jede Predigt für Gepolter an — Jedermann hat seine freien Ansichten, es kann Jedermann dieses für Gepolter ansehen. Wir sehen alles das, was von liberaler Seite ausgeht, für Gepolter an. (Karl Ganahl: einverstanden!) Es steht das Jedermann frei. Daß auf der Kanzel Lügen vorgebracht worden seien, das ist die übereinstimmende Ansicht des Herrn Karl Ganahl mit einigen Zeitungsschreibern, welche die ganze katholische Religion für eine Lüge halten. (Ruf: Ja!) Ob der Beichtstuhl benützt worden sei zu Agitationen, davon glaube ich, kann Herr Ganahl nichts wissen (Gelächter), denn erstens glaube ich nicht, daß Herr Ganahl dem Beichtstühle selbst so viele Besuche macht (Ganahl: ganz richtig) und dann zweitens müßten jene Personen, welche Beweise legen wollen, daß der Beichtstuhl mißbraucht worden ist, Zeugen haben. Es können in den Beichtstuhl auch Leute gehen, welche die Geistlichen anschwärzen wollen oder die eigens nur deswegen hineingegangen sind. Daß die Niederlagen der Liberalen von diesen Agitationen, von diesen angeschuldeten Agitationen des Klerus Herkommen, das ist nicht wahr, denn das ganze Volk hat die Niederlage den Liberalen bereitet (Rufe: Oho!) ja, der größte Theil des Volkes und auch die Liberalen haben selbst dazu beigetragen. (Rufe: Das ist nicht wahr!) Die Liberalen haben außerordentlich viel dazu beigetragen, wie es allgemein bekannt ist. Daß der Klerus die jesuitische Maxime habe: Der Zweck heilige das Mittel, " das müßte erst bewiesen werden. Übrigens werden wir später Gelegenheit haben, auf dieses Thema« zurückzukommen, vielleicht bei der Debatte über die Adresse. Baron v. Sternbach: Meine Herren! Die Ausführungen des Herrn Ganahl waren ganz gewiß wahr und wenn Sie sagen. Sie wollen Beweise dafür haben, so kann ich mit solchen aufwarten. Es ist Thatsache, daß die Geistlichkeit die Kanzel dazu benützt hat, um das Volk für die Wahlen vorzubereiten. Auf die Kanzel gehört nicht die Politik, sondern die Auslegung des Evangeliums, das ist aber nicht geschehen. 20 Seit Monaten vor den Wahlen sind auf die Kanzel nicht mehr die Worte des Evangeliums gebracht worden, und war von der Auslegung desselben nicht mehr die Rede. Man hat sich absolut dort nur mit den Wahlen beschäftiget und wo die Kanzel nicht mehr ausreichte hat die Geistlichkeit sich nicht gescheut, von Haus zu gehen und Propaganda für ihre Auserwählten zu machen. Ich weiß solche Beispiele im Oberlande und kann die Herren auch nennen. Der Herr Vorredner Dr. Ölz hat gesagt, es ist kein Liberaler verdächtigt worden. Auch das ist nicht wahr, denn es sind die Liberalen verdächtigt, es ist an ihrer Ehre gemäckelt worden! Der Herr Pfarrer in Innerbraz, der hat einen Liberalen von Bludenz als einen Atheisten, als einen religionslosen Menschen hingestellt; er hat zum Volk gesagt: wählt ihn nicht denn er ist ein Verworfener! Wenn das nicht heißt, einen Liberalen verdächtigen, so weiß ich nicht, wie es sonst noch geschehen soll — und das ist geschehen. Es ist weiters geschehen, wie männiglich bekannt ist, daß man Zeitungen, die nicht von ultramontaner Seite ausgehen und gutgeheißen sind, verdammt hat, daß man die Versehgänge benützt hat, um die Feldkircher Zeitung als ein verworfenes Blatt hinzustellen, daß man von dem Kranken auf dem Sterbebette verlangt hat, er soll diese Zeitung aufgeben; es ist verlangt worden, daß derjenige, welcher auf dem Todtenbette gelegen, in der letzten Sterbestunde erklären soll, er wolle dem Verfassungsvereine nicht angehören. Meine Herren! wenn das nicht ungesetzliche und unerlaubte Mittel sind, so möchte ich wissen, welche unerlaubt sind! (Rufe: Bravo!) Man hat sich nicht gescheut, den Bruder gegen die Schwester zu hetzen, die Eltern gegen die Kinder — und Das nennen Sie erlaubte Mittel? Es ist ganz begreiflich, daß der Klerus aus diese Weise einen ungeheuren Anhang erwerben mußte; das Volk hat keinen andern Umgang als den mit seinem Pfarrer und Cooperator; Zeitungen ließ man ihm keine andern zukommen als das Volksblatt — das ist die einzige Zeitung, welche all Evangelium dieser Parthei aufgelegt und gelesen werden darf: daher diese Petition, daß man amtliche Anzeigen diesem Blatte zuweisen solle, natürlich um alle anderen Zeitungen vollkommen unmöglich zu machen. Bits diese Weise konnte man nichts anderes erwarten, als daß die gutmüthige Landbevölkerung der Meinung sein müßte, es handle sich im Landtage nur um religiöse Angelegenheiten. Man hat ihr vorgeschwätzt, es handle sich um die Religion, man wolle die Kinder konfessionslos erziehen; daß dem nicht so ist, das wissen alle, welcher die Staatsgrundgesetze kennen! Wenn Geistliche, meine Herren, welche aufgestellt sind, die Religionsstunden zu halten, dieselben aber nicht halten, dann können sie nicht sagen, man wolle sie aus der Schule hinausweisen, — sie sind selbst ausgeblieben! Es war z. B. in Bludenz der Fall, daß der Geistliche (Katechet), der wöchentlich 3 Stunden in 3 Klassen, das gibt also in der Woche neun Stunden, hat, durch drei volle Wochen nicht in die Schule gekommen ist und nie einen Religionsunterricht in der Schule abgehalten hat und doch sagen diese Herren: wir sind hinausgeworfen worden. Ich frage: welche Berechtigung ist dafür vorhanden? Die Agitation, welche der Klerus ausgeübt hat ist allbekannt. Wäre das Landvolk seiner Überzeugung, dann hätte es keiner Agitationen bedurft. So aber frage ich Sie, meine Herren, wozu denn diese riesenhaften Anstrengungen der Klerisei? — nur um es dahin zu bringen Ihren Vertrauensmännern die Stimme zu geben. — Wenn die Landbevölkerung eine eigene Überzeugung gehabt hätte, so hätte es des Geschrei's: die Religion ist in Gefahr und aller dieser Umtriebe nicht bedurft. Die Herren sagen: die Liberalen haben sich die gleichen Agitationen erlaubt. Das ist nicht wahr. Denn ich glaube, es ist ein gewaltiger Unterschied, ob ich einen vernünftigen Menschen mit vernünftigen Gründen dazu bringe, einer vernünftigen Anschauung zu zollen, oder wenn man sich die Mühe geben muß durch die Schrecken der Hölle Jemanden dazu zu bringen, so gegen seine Überzeugung zu handeln, und das ist geschehen. Schmid: Ich weiß nicht, ob ein solcher Diskurs zur Revision von Wahlakten gehört oder nicht, wenigstens in meinem Leben bin ich nie bei einer solchen Wahlrevision gewesen und ich glaube, man sollte diesem, was nicht zur Wahlsache gehört, ein Ende machen. Ich glaube nicht, daß 21 wir 14—15 Abgeordnete bewogen werden zum Austritte und den anderen Herren ist nur zu gratuliren, wenn sie nicht gegen den Strom schwimmen wollen. Rheinberger: Nach meiner Überzeugung und was ich bis jetzt gehört habe, kann ich nur erklären, daß die katholischen Priester, wenn sie ihrer Pflicht genügen und ihre Sache thun, recht gethan haben und den Andern muß ich erklären, daß sie hinsichtlich ihres Strebens, die nicht für den katholischen Glauben eingenommen sind, auch recht gethan haben. Rhomberg: Ich bin sehr besorgt um die Würde unserer Verhandlung, welche durch solche Reden, wie sie von einer Seite gefallen sind, Gefahr läuft, abhanden zu kommen und ich nehme daher Veranlassung, den Schluß der Debatte zu beantragen. Karl Ganahl: Ich bitte um's Wort. Landeshauptmann: Ich muß vor allem Andern den Antrag des Herrn Rhomberg zur Abstimmung bringen. Herr August Rhomberg hat den Antrag auf Schluß der Debatte gestellt. Jene Herren, welche diesem Antrage beitreten, wollen sich erheben. (Angenommen.) Ich ersuche nun diejenigen Herren, welche die Wahl des Herrn Chr. Knecht, Martin Schneider, Chr. Ganahl und Peter Jussel für die Landgemeinden Bludenz und Montafon genehm halten wollen, sich gefälligst von ihren Sitzen erheben zu wollen. (Angenommen.) Nun kommen wir zu den Wahlakten der Landgemeinden der Gerichtsbezirke Feldkirch und Dornbirn. (Sekretär verliest das WahlkommissionsProtokoll.) Wünscht Jemand das Wort? Dr. Jussel: Das Wohl des Kaiserreiches, das Wohl des Landes Vorarlberg muß allein in's Auge gefaßt werden von der Landesvertretung — das allein kann uns maßgebend sein und nicht Parteigetriebe. Jeder Abgeordnete ist schuldig, nach Pflicht und Gewissen das zu sagen, was er in seiner Stellung für den Nutzen des Reiches und des Landes ansieht. Der Mensch, der nach seiner Überzeugung spricht und sollte auch seine Überzeugung eine irrige sein, muß doch respektirt werden Ich spreche hier über die Wahlen nur meine Überzeugung aus. Ich will nicht Zank und Zwist in das Land hineinwerfen. Daß ich nur nach meiner Überzeugung spreche, das kann ich dadurch darthun, daß ich mich auf meine Ausführungen berufe, die ich anläßlich der Frage, ob offene oder geheime Wahlen, ich im Jahre 1866 gemacht habe. Ich stand damals auf Seite der Minorität. Ich stand ein für die offene Wahl und zwar aus ethischen Gründen, weil ich glaube, daß derjenige, der nur Gutes sinnt und nur Gutes will, offen vorgehen soll. Ich wollte, daß die Landleute selbstständig und unabhängig werden, um ihrer Überzeugung Ausdruck zu geben. Ich wollte aber durch das Stimmen gegen die geheime Wahl alle Geheimnißthuerei, alles Schlechte hintanhalten; ich wollte, daß unserem Volke der Charakter der Geradheit und Offenheit erhalten bleibe und aus diesen Gründen habe ich damals für die offene Wahl gestimmt. Für die geheime Wahl sind schwerliegende Gründe angebracht worden, allein aus den angegebenen ethischen Gründen bin ich dennoch bei der offenen Wahl geblieben. Es ist dort gesagt worden, daß meine Anschauung eine ideale sei, daß die Wirklichkeit sich anders zeige und daß bei der offenen Abstimmung die Mißbräuche ebenso eintreten können. Ich konnte nun leider Das erfahren. Ich konstatire, daß es landbekannt ist, daß zum Wahlgange, zu weltlichen Sachen, die nicht zur Religion gehören, die Religion vorgeschoben wurde und dadurch die Religion nach meiner Ansicht mißbraucht worden ist, (Ruse: Bravo!) und jeder solcher Mißbrauch wird sich rächen. Ich wünsche nur, daß in Zukunft Derartiges unterbleiben möge. Ich glaube, daß die Vorgänge, wie sie vorgekommen sind, der Religion mehr Schaden bringen, als ihr die Liberalen gebracht haben. Rufe: sehr richtig!) Ich glaube nochmals darauf Hinweisen zu sollen, daß in Zukunft dieses unterbleibe. Ich will keine Recriminationen für diese dermalige Wahl, wie sie vorgekommen ist, aber im Interesse des Reiches und Landes glaube ich darauf aufmerksam machen zu sollen, daß die Stelle 22 eines Landtagabgeordneten nicht die Stelle zu Agitationen ist, sondern daß diese nur eine Stelle ist, pflichtgemäß zu handeln und daß derjenige, der sich dieser Stelle unterzieht, eben nur sich gewählt anzusehen hat, zum Nutzen des allgemeinen Besten Opfer zu bringen. v. Gilm. Der Herr Vorredner hat insbesondere betont, daß nach seiner Überzeugung die offene Wahl das Beste sei. Ich glaube, das hat gerade für uns gesprochen; das Land hat nun in offener Wahl erklärt, wen es als seine Abgeordneten wolle. Nun, man hat auch andererseits gesagt, daß insbesondere von klerikaler Seite Verdächtigungen gegen die andere gemacht wurden; daß man aber Agitationen und Verdächtigungen auch gegen Klerikale angewendet hat, das wird keiner Beweise bedürfen, denn man hat noch in der letzten Stunde selbst Versuche gemacht, Wahlmänner in ihrer vollen Überzeugung, von ihrer offenen und überzeugenden Wahl abzubringen. Dar beweist wohl das Wahlprotokoll von Feldkirch, über welches jetzt abgestimmt werden soll, bei welcher Wahl man noch in der letzten Stunde bemüht war, die Wahlmänner auf die andere Seite zu bringen. Schmid: Herr Dr. Jussel mag wohl verwechselt haben die Wahl zum Landtage mit der Gemeindewahl. Da ist die geheime Abstimmung Gesetz geworden und in unserer Gegend und soweit ich gehört habe, hat man diese mit Jubel begrüßt, denn erst einzig und allem durch die geheime Wahl sind die Wahlen frei geworden, (Rus: das ist nicht wahr!) anders sind sie nicht frei geworden. Ich will die Sache nicht weiter auseinander setzen; welche Klasse und wer immer unfrei und gezwungen war, diesem oder jenem die Stimme zu geben. Ich sage aber, gegen einen Gemeindevorsteher haben nur diejenigen gestimmt, welche mit ihm in offener Feindschaft lebten und welche bereits ihm wie man zu sagen pflegt, in den Haaren lagen Die: anderen mußten für ihn stimmen. Überhaupt muß ich nur noch bemerken, daß das Etwas vom Besten ist, was der frühere Landtag gemacht hat. Rheinberger: Dem Herrn Dr. Jussel gegenüber möchte ich nur noch bemerken: er hat in seiner Rede gesagt, daß man mit der Wahrheit offen und entschieden hervortreten solle. Das wäre nach meiner Ansicht ganz und gar überflüssig gewesen; das hat mir als kleines Kind schon meine Mutter gesagt, daß ich immer offen sprechen soll, möge ich hinkommen, wohin ich wolle. Was den letzten Theil, die Wahlagitationen anbetrifft, so glaube ich, daß auf beiden Seiten das Gleiche geschehen ist, ich glaube von der liberalen tote von der conservativen Parthei. (Rufe: Das ist nicht wahr.) Karl Ganahl: Ich komme wohl selten in die Lage, mit den Ansichten jener Herren zu gehen! Allein dießmal muß ich doch der Bemerkung, die der Herr Schmid gemacht hat, beipflichten. Ich habe auch schon früher für die geheime Wahl gestimmt und bin der vollen Überzeugung, daß nur durch die geheime Wahl der wirkliche Wille des Wählers ausgedrückt werden kann. Es ist dieses namentlich in den Landgemeinden der Fall, wo die ganze Gemeinde mehr oder weniger von dem Herrn Pfarrer und Cooperator abhängt; die letzten Landtagswahlen sind wahrlich keine freiwilligen gewesen; denn wenn der Herr Pfarrer fortwährend an der Wahlurne steht und der Frühmesser Jeden bezeichnet, der wählt- und wem er die Stimme gibt, so kann man das wohl nicht als eine freie Wahl betrachten. Daß es so war, meine Herren, kann- ich bestätigen, weil ich es mit eigenen Augen gesehen, und mit eigenen Ohren gehört habe, wie sich der Herr Pfarrer bedankt hat, wenn einer ihm und seinem Auserwählten die Stimme gab. Das wollte ich nur dem Herrn v. Gilm gegenüber bemerken. Dr. Jussel: Ich bitte ums Wort. (Schlußrufe.) Landeshauptmann: Es wird Schluß der Debatte beantragt. Jene Herren, welche den Schluß der Debatte wünschen, wollen sich erheben. (Angenommen.) Herr Dr Jußel haben noch das Wort. Dr. Jussel: Ich habe nur zu bemerken, daß ich jetzt nach den Erfahrungen^ welche die letzten Wahlen gebracht haben, weniger gegen die geheime Abstimmung eingenommen worden bin, als ich es früher war. Übrigens bemerke ich dem Herrn Abgeordneten Di Gilm, daß, wenn auch liberalerseits Mißbräuche vorgekommen sein sollten, ich auch diese verurtheilt wissen möchte. Ich möchte überhaupt Mißbräuche verurtheilt wissen. Ich kann auch sagen, daß Herr v. Gilm selbst sich geäußert hat, es seien Sachen vorgekommen, welche- selbst ihm zu stärk vorkamen und ich kann daher nur sagen, daß ich in Zukunft Wahlen wissen möchte, wo die Leute aus freier Überzeugung stimmen und ohne Gewissensdruck. 23 Landeshauptmann: Hat der Herr Berichterstatter noch etwas zu bemerken? Hammerer: Nein. Landeshauptmann: Jene Herren, welche die Wahlen der Herren Franz Josef Burtscher, Dr August Thurnherr, Johann Thurnherr, Notar Gilm und Philipp Rheinberger für die Landgemeinden der Bezirke Feldkirch-Dornbirn anerkennen wollen, bitte ich von den Sitzen sich zu erheben.(Angenommen.) Wir kommen nun zum Wahlakte der Bezirke Bregenz und Bregenzerwald. (Schriftführer verliest das Wahlkommissions-Protokoll.) Ich eröffne die Debatte hierüber. Pfarrer Berchtold: Weil die Wahlen für die Landbezirke Bregenz und Bregenzerwald auch mich angehen, indem ich durch diese Wahlen in den hohen Landtag gekommen bin, erlaube ich mir zur Vermeidung aller Mißverständnisse die Bemerkung, daß, soviel mir bekannt, in unserem Bezirke sehr viel agitirt wurde. Es wurde agitirt, aber gesetzlich, das Gesetz erlaubt die Wahlagitation. Wenn wir ein constitutionelles Leben haben und man sagt, die Agitationen seien verboten und jede Agitation, welche auf der Gegenseite geschieht, allsogleich als Mißbrauch ausschreit, wie wollen wir dann in der Zukunft noch eine sogenannte Organisirung unserer Parthey möglich machen. In unserem Bezirke wurde agitirt, Organist« und zwar gut agitirt und organisiert aber auf gesetzlichem Boden. Das erwiesen die Erfolge der Wahlen. Mißbrauch nenne ich das, wenn ich mich außer den gesetzlichen Boden stelle, wenn man beispielsweise eine, durch das Gesetz gestattete Wählerversammlung zu Wahlbesprechungen mit Hilfe herbeigerufener Gränzund Dienstmänner von der anderen Seite mit Gewalt aufhebt. Das nenne ich Mißbräuche; aber nicht Mißbrauch nenne ich es, sondern eine gesetzliche Agitation, wenn man sich zu Wahlbesprechungen versammelt und untereinander sich verständiget über die auszustellenden Kandidaten. Das ist geschehen in dem Kreise, dem ich zunächst die Ehre habe anzugehören. Also agitirt wurde in unserem Bezirke und organisirt, aber auf gesetzlichem Boden. Karl Ganahl: Ich hätte mir wohl keine Bemerkung mehr erlaubt, wenn mich nicht der Herr Pfarrer Berchtold durch seinen Vortrag dazu auffordern würde. Der Herr Pfarrer betont hauptsächlich daß seine Parthei auf dem gesetzlichen Boden gestanden sei und will fast durchblicken lassen, daß bei uns das Gegentheil der Fall gewesen sei. Daß sie nicht auf dem gesetzlichen Boden gestanden ist, beweist wohl der Umstand, das die Herren Geistlichen Mißbrauch von ihrer Amtsgewalt gemacht haben, oder meine Herren ist es etwa kein Mißbrauch, wenn man auf der Kanzel das Publikum anlügt? Und angelogen haben die Geistlichen die Bevölkerung indem sie sagten, die Religion sei in Gefahr! Der Glaube sei in Gefahr! — Ich frage Sie, meine Herren, ob das nicht anlügen heißt? (Unruhe unter den Abgeordneten, Bravorufe im Zuhörerraume.) Sie, meine Herren, (sehr erregt auf die Rechte hinzeigend) sind die Ursache des Unfriedens und der Zwietracht im Lande! Ich betone es ausdrücklich, Alles ist Ihre Schuld! Sie trifft die Schuld! — Ihr, — (auf sein vis-a-vis Herrn Pfarrer Knecht hinzeigend) die Ihr vermöge Eurer Stellung, vermöge Eurer Würde, Männer der Demuth, Männer der Wahrheit sein, als Beispiele her Demuth, als Muster der Wahrheit hervorleuchten solltet, — Ihr habt das Volk angelogen! (Lärm. Präsident läutet.) Kohler. Ich habe auf einen Gedanken dieser unliebsamen Debatte zurückzukommen. Es hat nämlich der Herr Vorredner von jener Seile betont, daß das Landvolk abhängig von seinem Klerus sei. Nun, ohne Abhängigkeit haben wir wirklich in der Welt keine Existenzen; denn, wenn wir von Abhängigkeit reden wollten, so hätten wir auch andere Abhängigkeiten zu erwähnen. Es ist betont worden, es sei das Landvolk eben nur von denjenigen abhängig, welche ihm Himmel und Hölle vormahlen können; es gibt aber noch andere Abhängigkeiten. Es stehen auch Herren am Brodkorbe des Volkes und von dieser Abhängigkeit könnte man auch reden. Ich spreche nicht davon und will auch nichts weiteres davon erwähnen. (Karl Ganahl: Sprechen Sie davon!) Aber wenn gar zu sehr darauf hingewiesen wird, dass die Landbewohner vom Klerus abhängig seien, das muß einen redlich Denkenden unangenehm berühren. Abhängig sind noch viele Andere, die sich um den Klerus nicht eben viel kümmern; dann was die Agitation des Klerus 24 betrifft, so möchte ich fragen, warum der Priester, weil er den schwarzen Rock trägt, seine staatsbürgerlichen Rechte nicht ausüben dürfe? Rheinberger: Ich bitte um den Schluß der Debatte. Landeshauptmann: Sind die Herren mit Schluß der Debatte einverstanden? (Angenommen.) Somit bitte ich jene Herren, welche die Wahl der Herren Pfarrer Bartholomä Berchtold, Josef Schmid, Johann Kohler, Dr. Anton Ölz und Kaspar J. Hammerer für die Landgemeinden der Bezirke Bregenz und Bregenzerwald anerkennen, sich gefälligst von ihren Sitzen zu erheben. (Angenommen.) Wir kommen nun zum zweiten und dritten Gegenstande der heutigen Tagesordnung, welcher in einem Bericht zusammengefaßt wurde. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Dr. Thurnherr das Wort zu nehmen. (Verliest den Komitebericht wie folgt:) Koker Landtag! In den beiliegenden Gesuchen bittet der Vorstand des Vorarlbergischen Landwirthschafts-Vereines um Subventionen aus dem Landesfonde und dem Landeskulturfonde. Der Landes-Ausschuß hat die Beschlußfassung über diese Gesuche dem hohen Landtage vorbehalten, obwohl die erbetenen Subventionen in früheren Jahren stets vom Landes-Ausschusse im eigenen Wirkungskreise bewilligt wurden. Die dem Landes-Ausschusse vorgelegten Anträge lauten auf eine Subvention von 200 fl. aus dem Landeskulturfonde und eine solche von 150 fl. aus dem Landessonde. Der zur Berathung und Berichterstattung über diese Gesuche bestimmte Ausschuß hat einstimmig beschlossen, zu beantragen: „Der hohe Landtag wolle in Erwägung der Nützlichkeit des Zweckes und mit Rücksicht auf den Umstand, daß diese Subventionen bereits durch mehrere Jahre bezogen wurden, dem Vorarlbergischen Landwirthschafts-Vereine: 1. Eine Subvention aus dem Landeskulturfonde im Betrage von 200 fl. 2. Eine Subvention aus dem Landesfonde im Betrage von 150 fl. für das Jahr 1870 bewilligen. Bregenz, am 23. August 1870. Dr. Thurnherr m. p. August Rhomberg m. p. Berichterstatter. Obmann. Landeshauptmann: Wünscht Jemand das Wort zu nehmen? (Niemand.) Da dies nicht der Fall ist, kommen wir zur Abstimmung. Das Comite beantragt mit seinem ersten Antrage: „Der hohe Landtag wolle beschließendes sei dem vorarlbergischen Landwirthschafts-Vereine eine Subvention aus dem Landeskulturfonde im Betrage von 200 fl. für das Jahr 1870 M bewilligen." Ich bitte um Abstimmung hierüber. (Angenommen.) Der zweite Antrag lautet: „Der hohe Landtag wolle ebenfalls diesem Vereine eine Subvention aus dem Landesfonde im Betrage von 150 fl. für das Jahr 1870 bewilligen." Ich bitte ebenfalls um Abstimmung hierüber. (Angenommen.) 35 Ein weiterer Gegenstand der Verhandlung ist der Bericht, betreffend das Gesuch des Kanzlei-Assistenten Gottlieb Stocker um Erwirkung der Pensionsfähigkeit für seine Dienstesstelle; ich bitte den Herrn Dr. Thurnherr seinen Bericht vorzutragen. Dr. Thurnherr: Bevor ich den Bericht verlesen werde, werde ich das Gesuch des Assistenten Gottlieb Stocker der hohen Versammlung vorlesen (verliest das betreffende Gesuch und hierauf den Komitebericht wie folgt): Joker Landtag! Im beiliegenden Gesuche bittet der Kanzlei-Assistent Gottlieb Stocker, es wolle für seine Dienstesstelle die Pensionssähigkeit ausgesprochen werden. Der Landtagsbeschluß vom 16. Oktober 1869, mit welchem diese Stelle creirt wurde, hat die Frage der Pensionsfähigkeit offen gelassen. Vom Landes-Ausschusse wird das Gesuch befürwortet. Der Petitions Ausschuß findet nun zu beantragen, es wolle der hohe Landtag in Erwägung der befriedigenden Leistungen des Gesuchstellers und der Geringfügigkeit des Gehaltes von jährlichen 400 st. die Pensionsfähigkeit für Gottlieb Stocker in seiner Eigenschaft als Kanzlei Assistent nach den für die k. k. Staatsbeamten gellenden Normen ad personam und ohne Präjudiz für die Zukunft und für andere allenfalls statt seiner anzustellende Individuen unter der Voraussetzung aussprechen, daß der Gehalt den Betrag jährlicher 400 fl. nicht übersteigen. Bregenz, am 33. August 1870. Dr. Thurnherr, m. P August Rhomberg, m. p. Berichterstatter. Obmann. Landeshauptmann: Wünscht jemand das Wort zu nehmen? Baron v. Sternbach: Ich bin mit der Zustimmung des Komite vollkommen einverstanden, nämlich mit der, daß Gottlieb Stocker pensionsfähig erklärt werde. Ich bin aber mit der bedingten Pensionsfähigkeit nicht einverstanden. Warum soll Stocker, wenn er sich Verdienste und die Zufriedenheit de» Landtages erwirbt, nicht auch dann noch pensionsfähig bleiben, wenn er einen höheren Gehalt als 400 fl. bekommen würde. Es müßte das ihn geradezu abschrecken, dahin zu trachten, es in Zukunft zu einem höheren Gehalt zu bringen. Ich glaube, daß seine Pensionsfähigkeit auf Grund dessen unbedingt ausgesprochen werden sollte. Landeshauptmann: Stellen Herr Baron einen Antrag? Baron v. Sternbach: Mein Antrag geht dahin: „die Pensionsfähigkeit des Herrn Gottlieb Stocker möge vom hohen Landtag unbedingt ausgesprochen werden." Karl Ganahl: Ich möchte mir erlauben den Hrn. Obmann oder Berichterstatter der Komitee zu fragen, was sie wohl hat veranlassen können die Pensionsfähigkeit nur bedingt auszusprechen, denn bedingt haben sie dieselbe damit ausgesprochen, daß sie gesagt haben, nur so lange, als Stocker 400 fl. hat, soll er pensionsfähig sein, wenn er 500 fl. bekäme würde er die Pensionsfähigkeit verlieren. Dr. Thurnherr: Der wesentliche Grund, warum wir die Pensionsfähigkeit ausgesprochen haben, war die Geringfügigkeit seines Gehaltes; bekommt Stocker einen höheren Gehalt, so wäre er nach unserer Meinung von der Pensionirung ausgeschlossen. Karl Ganahl: Darüber erlaube ich mir zu bemerken, daß, wenn man ihn einmal pensionsfähig erklärt, weil er seine Aufgabe vollkommen erfüllt und der Landes-Ausschuß alle Ursache hat, mit ihm zufrieden zu sein, die Pensionirung auch bei einer Gehalterhöhung eintreten sollte. 26 400 fl. sind überhaupt eine so geringe Zahlung, daß, wenn man ihm auch 500 fl gäbe, wir die Pensionirung beruhigt aussprechen könnten; denn 400 Gulden sind für einen Mann, der das was Stocker leistet, heutzutage keine Bezahlung mehr, und wenn seine Pensionsfähigkeit nicht unbedingt ausgesprochen würde, so wird sich Stocker eine andere Stelle suchen, die er bei seinen Fähigkeiten ohne Zweifel leicht erhalten wird. Kohler: Ich sehe mich in diesem Punkte veranlaßt, den Anträgen des Komite's nicht zustimmen zu können. Es wird wohl geltend gemacht, daß Stocker seine Obliegenheiten zur Zufriedenheit des Landes-Ausschusses erfüllt, es wird geltend gemacht, daß der Gehalt von 400 fL wirklich ein sehr geringer sei und ich kann diese Gründe insoweit nicht in Abrede stellen; aber dagegen muß ich erwähnen, und es ist das allen Herren wohlbekannt, daß in der Bevölkerung eine gewiße Abneigung gegen die Pensionen einmal existirt und mir schiene es, wir könnten in diesem Falle das Urtheil oder Vorurtheil des Volkes berücksichtigen. Wenn der Gehalt von 400 fl. wirklich ein zu geringer ist, so möge man nach Billigkeit seinen Gehalt entsprechend erhöben, aber aus den einmal angeführten Gründen ihn in die Befugnisse der Staatsbeamten einzureihen, schiene mir bedeutend gegen die im Lande herrschende mitunter begründete Meinung zu verstoßen. Ich könnte also dem Antrage des Komite's nicht zustimmen, werde mir aber nach der Geschäftsordnung noch erlauben, einen Gegenantrag zu stellen. v. Gilm: Ich war Mitglied dieses Petitionskomite's und weil Herr Karl Ganahl um die Begründung des Antrages gefragt hat, so möchte ich noch betonen, daß die Begründung unseres Antrages hauptsächlich in der Begründung des Gesuches selbst gelegen sei, weil er eben die Niedrigkeit seines gegenwärtigen Gehaltes als eine Notwendigkeit angesehen hat, sich wenigstens für diesen niederen Gehalt seine Pension zu sichern. Wenn wir sie vorderhand nur für 400 fl. ausgesprochen haben, so bleibt ihm immer noch vorbehalten, sich für den erhöhten Gehalt neuerdings die Pensionsfähigkeit vom Landtage bestätigen laßen. Nun, wir haben das weiters noch aus dem Grunde gethan, weil, wie der Herr Vorredner ausgesprochen hat, im Lande ein Widerspruch gegen die Pensionirungen der Landesbeamten existirt. Nun, wir wollten auch dem Widerspruch Rechnung tragen. Übrigens glaube ich, daß Alle von uns nichts entgegen haben werden, wenn ich im Namen der Majorität die unbedingte Pensionirung des Gottlieb Stocker ausspreche. Baron Sternbach: Ich glaube, daß hier keine Gefahr vorliegt, wenn wir die Pensionsfähigkeit unbedingt aussprechen, wert über die Erhöhung des Gehaltes in Zukunft der Landtag zu entscheiden hat; ihm wird es vorbehalten sein, diese Gehaltserhöhung auszusprechen. Was das Vorurtheil des Landvolkes gegen die Pensionirungen, welches der Herr Vorredner erwähnt hat, anbelangt, so ist es ja ganz gleich, ob Stocker 400, 500 oder 600 fl. Gehalt hat, sowie die Pensionirung ausgesprochen ist, verstoßen wir ja ohnehin schon gegen das Vorurtheil des Landvolkes, Ich glaube, daß man Vorurtheile gar nicht berücksichtigen sollte. Ich spreche mich nocheinmal für die unbedingte Pensionsfähigkeit des Gottlieb Stocker aus. Rhomberg: Wir sind im Konnte über das Prinzip der Pensionirung nicht einig geworden und es erscheint diese beschränkte Genehmigung des Gesuches nur als Kompromiß zwischen den Mitgliedern des Konntet; wenn der Hohe Landtag die unbedingte Pensionirung aussprechen sollte, bin ich für meine Person ganz dafür. Joh. Thurnherr: Ich bin der Ansicht, daß der Antrag des Herrn Kohler auf Erhöhung des Gehaltes aus dem Grunde schon besser wäre, weil eine entsprechende Gehaltserhöhung die Strebsamkeit eines jungen Mannes für seine Ausbildung und Leistungsfähigkeit mehr steigert, als eine Pensionirung, die sogar bei Leuten, die nur für ihre Versorgung überhaupt denken, die Thätigkeit für ihre Ausbildung und ihr weiteres Fortkommen lahm legt. Aus diesem Grunde möchte ich den Antrag des Herrn Kohlet unterstützen. 27 Pfarrer Berchtold: Als Mitglied dieses Komite's war ich eben auch in der Minorität mitmeinem Antrage, daß die Pensionsfähigkeit nicht ausgesprochen werden soll, weil, wie der Herr Vorredner Kohler schon bemerkte, eine Mißstimmung auf dem Lande unter der Bevölkerung im Allgemeinen vielfach wahrnehmbar ist gegen die Pensionen. Zur Berücksichtigung dieser Mißstimmung tritt noch eine andere Erwägung, von der ich ausging. Ich dachte, ein junger, strebsamer Mann, der einige Jahre z. B 6, 7 oder 8 Jahre diese Stelle als LandschaftsSekretärsassistent zur vollen Zufriedenheit ausfüllt, wird ohne Zweifel in dieser Stellung sein Leben lang nicht bleiben wollen und wird sich bei seiner Leistungskraft eine bessere Existenz zu verschaffe t suchen; daher war vor allem Andern mein Antrag dahin gerichtet, jedenfalls die Pensionsfähigkeit mit der Stelle nicht zu verbinden, also keine systemisirte Pensionssähigkeit mit der Assistentenstelle zu verbinden; doch bei der Zufriedenheit des Landes-Ausschusses mit der Person des Bittstellers unterwarf ich mich der Majorität und erklärte mich mit der Fassung einverstanden, die Pensionsfähigkeit ad personam zu votiren, aber ohne Präjudiz für die Zukunft. Weil aber die Pensionsbedürftigkeit namentlich auf den niederen Gehalt gestützt ist, so ist es konsequent, weil die Petition auf diesen Umstand gestützt ist und die Pensionsfähigkeit unmittelbar in Verbindung mit dem niederen Gehalte steht, mich dem Antrage des Herrn Kohler anzuschließen. Landeshauptmann: Ich werde den Antrag des Herrn Kohler bekannt geben, er lautet: „Es werde vom Herrn Stocker die Pensionsfähigkeit nicht zuerkannt, sondern nach Umständen eine billige Erhöhung seines Gehaltes." Was den ersten Theil des Antrages anbelangt, so kann ich ihn nicht zur Abstimmung bringen, weit er Negatives anstrebt und was den zweiten Theil anbelangt, so liegt kein Gesuch für eine Gehaltserhöhung vor; ich glaube also diesen Antrag gar nicht zur Abstimmung bringen zu können. Baron Sternbach: Es wird namentlich betont, daß durch die ausgesprochene Pensionsfähigkeit des Stocker seinem Eifer Eintrag gethan werde. Meine Herren, bedenken Sie, was Sie mit dem aussprechen, mit dem brechen Sie über den Beamten- und Militärstand und über alle Diejenigen, welche im öffentlichen Interesse dienen, dadurch, daß sie eben dem Staate dienen, den Stab. Glauben Sie denn, meine Herren, daß deswegen, weil der Offizier oder der Beamte pensionsfähig wird, er in seinem Eifer nachläßt? Das ist eben ein schlechter Offizier und Beamter, der wegen der Pension dient; aber jeder Mensch will seine Existenz gesichert haben. Es liegt ihm auf der anderen Seite auch daran, sich eine bessere Existenz zu gründen. Weil Stocker seine Kraft dem Landtage erhalten will; dadurch, daß man seine Pensionsfähigkeit ausspricht, bleibt er dem Landtage erhalten. Gefahr liegt keine vor, nachdem über die Erhöhung der Gage immer der Landtag zu entscheiden hat. Er selbst müßte sich völlig fürchten, eine höhere Gage anzustreben, weil von diesem Momente an die Pensionsfähigkeit annullirt würde. Ich betone also nochmals, daß Stocker unbedingt pensionsfähig erklärt werde. Dr. Jussel: Mit 400 fl. kann sich ein tüchtiger, fähiger. und braver Mensch nicht zufrieden stellen. Ein Advokat wenigstens, der keine Pension zu zahlen geneigt sein wird, bekommt keinen braven und zugleich fähigen Menschen um dieses Geld. Die Bedürfnisse zum Fortkommen sind jetzt höher gestellt; wenn man daher blos von einer Erhöhung von 100 fl. spricht, so ist es damit noch nicht abgethan. Da dürfen wir wohl das Doppelte annehmen, um einen Menschen und zwar einen braven zu bekommen der zugleich auch fähig ist. Ich glaube, es würde dem Lande nicht gut geschehen, wenn alljährlich ein anderer kommen würde, und wenn man mit einem Jeden neu anfangen und lehren müßte. Das wäre der Fall, wenn man nicht Jedem ein sicheres Brod bieten wollte. Überhaupt sehe ich nicht ab — wenn schrei einmal das Prinzip der Pensionirung beim Herrn Sekretär ausgesprochen ist — warum es nick t auch beim Assistenten zu gelten hätte. Ich bin allerdings sehr dafür, daß man den Willen des Volkes beachten und demselben Rechnung tragen solle; allein wenn es, wie es ausgesprochen worden ist, blos ein Vorurtheil ist, welches die Bauersleute auf dem Lande gegen die Pensionirung abgeneigt macht, dann soll man sie aufklären, das Vorurtheil heben und ihm ein gewiegtes und richtiges Urtheil beibringen. Wenn Sie einen ständigen Beamten haben wollen, werden Sie ihn ganz anders zahlen müssen, wenn keine Pension damit verbunden ist; denn ein Mensch, wenn 28 er einmal Dienste geleistet hat, wird, wenn er in die Jahre kommt, auch noch leben müssen; denn von dem Gehalte, worüber die Pensionsfähigkeit ausgesprochen wird, ist er nicht im Stande sich etwas zu erübrigen. Pfarrer Berchtold: Wenn ich Herrn Kohler recht verstanden habe, so sagte er, es herrsche ein Urtheil oder Vorurtheil. Es ist das gerade kein bloßes Vorurtheil; das ganze Landvolk hat um sich lauter solche Leute, von denen es überzeugt ist, daß Niemand Anderer für ihr Alter sorgt und daß sie selbst in der Lage sind, für ihr Alter zu sorgen. Es würde noch manche Individuen geben, die in ähnlicher Lage sind und für die man auch nicht sorgen kann durch Pensionen für ihre Zukunft und für ihr Alter. Mancher alte Knecht und Dienstbote ist in gleicher Lage — ich will damit nicht sagen, daß ich diese in gleiche Reihe mit den Beamten stelle, aber es wurde ausgesprochen, jeder Mensch habe das Recht, seine Existenz zu sichern. Wir müssen doch auch die Dienstboten und Knechte unter die Leute zählen, die selbst sich umsehen müssen, damit sie im Alter zu leben haben. Übrigens was die Assistentenstelle im Vergleich mit der Stelle des Sekretärs selbst angeht, so frage ich: was ist ein Assistent? Wie mir vorkommt, nichts anderes als ein Gehilfe des Sekretärs und wie man schon betont hat, kann der Assistent möglicherweise selbst Sekretär werden und dann kommt er eben in die Lage der Pensionsfähigkeit. Er ist der Gehilfe des Sekretärs, also ist es doch nicht ganz gleich, Sekretär und Assistent. Dr. Jussel: Ich glaube nur bemerken zu sollen, daß es noch keinem Menschen in der Welt eingefallen ist, dagegen ein Wort zu erheben, daß der Priester, der sein Leben lang gedient hat, bis er unfähig wird, der Defizienten-Gehalt gegeben werde, auf daß er noch die letzten Tage fristen könne. Das ganz Gleiche ist bei jedem anderen Staatsbeamten der Fall und sollte das gerügte Vorurtheil unter dem Volke sein, dann würbe man dem Volke auch sagen müssen, daß man Leute, die auf verläßliche Weise den Dienst versehen, nicht so leicht bekommt und man nicht so leicht in die Lage kommen würde, in dem Assistenten den künftigen Sekretär zu sehen; denn ein Assistent, der 20 bis 30 Jahre vielleicht länger passen müßte; würde es für besser finden, davon zu laufen und anderswo Dienste zu suchen. Bei einem Advokaten bekommt er mehr und wie viele andere Stellen gibt es, wo er noch besser honorirt werden kann. v. Gilm: Bevor wir zum Schlusse der Debatte kommen, betone ich, daß es sich in den Anträgen des Komite's darum handelte, nicht für die Assistentenstelle, sondern nur für diesmal für die Person des Petenten, die Pension zu bewilligen. Das wird also den Vorgang des künftigen Landtages nicht perhorresziren. Weiteres möchte ich noch sagen, daß in dem Komiteberichte die Worte ausgenommen sind: „nach den für die k. k. Staatsbeamten geltenden Normen."