18700902_lts007

Dateigröße 635.09 KB
Aktenzahl/Geschäftszahl
Letzte Änderung 02.07.2021, 18:09
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp03,lts1870,lt1870,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
Unterausschüsse
Kommissionen/Kuratorien
Verbände/Konkurrenzen
Verträge
Publikationen Landtag-Sitzungsprotokoll_lts
Aktenplan
Anhänge
Inhalt des Dokuments

81 Vorarlberger Landtag. VII. SITZUNG am 2. September 1870 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Sebastian v. Froschauer. Gegenwärtig 19 Abgeordnete. Die Virilstimme nicht vertreten. Regierungsvertreter Herr Statthaltereirath Karl Schwertling. Beginn der Sitzung um 10 1/4 Uhr Vormittags. Landeshauptmann: Ich eröffne die Sitzung. Das Protokoll der vorhergehenden wird verlesen. (Sekretär verliest dasselbe.) Wird eine Bemerkung gegen die Fassung des Protokolls erhoben? (Keine.) Es ist als richtig gefaßt anerkannt. Berücksichtigend, daß in ein paar Tagen schon der Reichsrath einberufen ist und sich versammeln wird und ein gleichzeitiges Tagen des Reichsrathes und der Landtage nicht zuläßig ist, und daß die in der letzten Sitzung an die Komite's überwiesenen Gegenstände von solchem Belange und so weit führend sind, daß dieselben unmöglich in Tagen und Wochen vollendet werden könnten, habe ich auf die mir gemachte Aufforderung im Sinne der Allerhöchsten Botschaft, kraft deren in den gegenwärtig dringenden Zeiten nur die höchsten Interessen des Reiches zu behandeln seien, von deren einheitlichen gemeinsamen Förderung die Macht und das Ansehen des Reiche- abhängt, den Abschluß der Session baldigst herbeizuführen, mich bestimmt gefunden. Sie verehrteste Herren, heute zu dieser Sitzung als der letzen dieser Session einzuladen. Mir ist selbst sehr leid, daß die Anträge, die in der vorigen Sitzung vorgeführt wurden, nicht ausgeführt werden konnten. Sie werden jedoch wohl selbst einsehen, daß die Verhandlungen, die 82 in diesen Angelegenheiten weit tragend und tief gehend sind, nicht Tage sondern vielleicht Wochen erfordern würden, um sie gediegen vor das hohe Haus zu bringen, und daß dann in dieser hohen Versammlung erst noch längere eingehendere Berathungen stattzufinden haben; es wäre daher unmöglich, mit diesen Arbeiten noch in dieser kurzen Session zu Stande zu kommen. Ich war im Begriffe, den Herrn Obmann des Komite's, welches zur Vorberathung wegen Abänderung der gegenwärtigen Landtagsordnung eingesetzt ist, zu fragen, ob er noch etwas zu erwiedern habe. Er hat mir jedoch diesbezugs eine schriftliche Erklärung gegeben; ich erlaube mir nun, dieselbe hier ablesen zu taffen. (Sekretär verliest dieselbe.) Das Bedürfniß und der Wunsch für Änderung der Landtags-Wahlordnung hat Landtagsabgeordnete veranlaßt, bezüglichen Dringlichkeits-Antrag einzubringen und der hohe Landtag hat diesen Antrag ausgenommen und hiezu ein Komite erwählt. Dieses Komite hat in zwei Sitzungen übereinstimmend gefunden, daß das Bedürfniß einer Abänderung darin liege, daß ein großer Theil der Bevölkerung ungerecht von dem Wahlrechte ausgeschlossen sei, und es ht sich deshalb das Komite auch darin geeiniget, daß eine Erweiterung des Wahlrechtes auf Grund des Prinzipes der Gerechtigkeit und im Sinne der an Se. Majestät beschlossenen Adresse angestrebt werden müsse, Das Komite bedauert, durch den ihm angekündeten Schluß dieser Landtagssession in dieser hochwichtigen Aufgabe und in seinem Streben gehemmt worden zu sein und ich kann in diesen Verhältnissen und das Erklären und den Wunsch aussprechen, der Landes-Ausschuß wolle die Berathung der Revision der Landtags-Wahlordnung in nächster Landtagssession in Vorlage bringen. Bregenz, den 1. September 1870. Joh. Thurnherr m. p. Obmann. v. Gilm m. p. Berichterstatter. Es enthält diese Erklärung, so nehme ich sie wenigstens, einen Antrag, daß der Landes-Ausschuß, beauftragt werde, in dieser Beziehung eine vorbereitende Arbeit zu machen und dieselbe dem nächstem Landtage vorzulegen. Ist es so gemeint, Herr Thurnherr? Joh. Thurnherr: Nach dem Komiteantrage, respektive nach der Bitte ist der hohe Landesausschuß ersucht, diese Frage dem nächsten Landtage zur Erneuerung vorzulegen. Landeshauptmann: Nur dieses also? Joh. Thurnherr: Ich bitte nochmals um's Wort zu einer Frage an den Herrn Regierungs-Vertreter. 83 In der dritten Sitzung am 24. August habe ich die hohe Regierung interpellirt: „Erkennt nicht dieselbe, daß die in § 17 der Gemeinde-Wahlordnung vorgeschriebene Zeit von vier Wochen, in der Jedermann Einsicht in die Wählerlisten zu gestatten sei, sich unmittelbar an den eigentlichen Wahlakt anschließen soll, und ob Hochdieselbe angesichts verschiedenartiger Auslegung dieses Paragraphes und angesichts der im Lande im Zuge befindlichen Gemeindeausschußwahlen sich nicht veranlaßt sehe, in dieser Beziehung eine interpretirende Instruktion an die Behörden zu erlassen." Der Vertreter der hohen Regierung erwiederte mir hieraus, daß er nicht in der Lage sei, eine Instruktion hinauszugeben, das Recht stehe der Statthalterei zu, er werde daher diese Interpellation der Statthalterei vorlegen und ihre Entscheidung mittheilen, sobald er sie bekomme. Da wir nach der heutigen letzte Sitzung in dieser Regierungs-Vertreter die diese Interpellation von uns zu geben. Mittheilung des Herrn Landeshauptmannes die Session haben, so erlaube ich mir an den hohen Frage zu richten, ob derselbe eine Antwort auf Seite der hohen Statthalterei, in der Lage sei, Regierungsvertreter: Ich habe sie gerade heule in der Früh mit der Post bekommen und bin so frei dieselbe vorzulesen. (Verliest wie folgt:) Beantwortung der Interpellation der Herren Landtagsabgeordneten Johann Thurnherr und Chr. Knecht. Die Frage des Erstern lautet. Erkennt nicht die hohe Regierung, daß die im § 17 der G.-W.-O. vorgeschriebene Zeit von 4 Wochen, in der Jedermann Einsicht in Wählerlisten zu gestatten sei, sich unmittelbar an den eigentlichen Wahlakt anschließen soll, und ob hochdieselbe angesichts verschiedenartiger Auslegung dieses § und angesichts der im Lande befindlichen Gemeindeausschußwahlen sich nicht veranlaßt sehe, in dieser Richtung eine interpretirende Instruktion an die Behörden zu erlassen und zum Benehmen der Wahlberechtigten zu veröffentlichen? Die Frage des Zweiten lautet: Ob der hohen Regierung das Vorgehen einzelner Beamten (welche die Copirung der Gemeindewählerlisten nicht gestatteten) bekannt sei und wann bekannt, was zur Abhilfe dessen geschehen ist oder geschehen wird? Ich verweise in Beantwortung beider Fragen auf den Wortlaut des § 17 der G.-W.-O. wo es heißt: „Die Wählerlisten sind mindestens 4 Wochen vor der Wahl zu Jedermanns Einsicht in der Gemeinde aufzulegen und es ist dies durch öffentlichen Anschlag in der Gemeinde mit Festsetzung einer Präklusivfrist von 8 Tagen zur Anbringung von Einwendungen dagegen kundzumachen." Dieser Gesetzesstelle kann bei unbefangener Auslegung keine andere Deutung gegeben werden, als folgende 1. Die Wählerlisten sind von einem gewissen Zeitpunkte angefangen, bis zur Wahl in der Gemeinde aufzulegen. 2. Die Zeitfrist des Aufliegens der Wählerlisten muß wenigstens 4 Wochen umfassen. 3. Die Einsicht der Wählerlisten steht Jedermann während der ganzen Zeitfrist des Aufliegens frei. 4. Innerhalb 8 Tagen von dem Tage angefangen, an welchem die Wählerlisten öffentlich aufgelegt werden, können dagegen Einwendungen vorgebracht werden. 84 Dagegen ist in dieser Gesetzesstelle nicht gesagt, daß die Gemeindeausschußwahl gerade 4 Wochen nach dem Tage, an welchem die Gemeindewählerlisten öffentlich aufgelegt worden sind, stattfinden müße; ferner ist darin auch nicht gesagt, daß die nach § 17 aufgestellte Wahlreklamationskommission Jemanden mehr, als die Einsicht der Wählerlisten gestatten muß. Dieses die Antwort, welche aus Interpellation erfolgt ist. Johann Thurnherr: Ich bitte um das Wort. Ich finde in dieser Antwort sehr viel, nur las nicht, warum ich gefragt habe, ob diese 4 Wochen, in welchen die Wählerlisten zu Jedermanns Einsicht aufliegen müssen, unmittelbar an den Wahlakt sich anschließen müssen. Wenn das nicht der Fall ist, wenn volle sechs Tage resp. volle 13 oder 15 Tage, wie es in Dornbirn vorgekommen ist, inzwischen Zeit verstreichen dürfen, so kann es einer Vorstehung gestattet sein, mit derselben Konsequenz ein Jahr früher durch 4 Wochen die Wählerlisten aufzulegen und in den fünf weiter inzwischen liegenden Monaten Niemand mehr die Einsicht in die Wählerlisten zu gewähren. Regierungsvertreter: Wie ich bereits erwähnt habe, sind die Wählerlisten von einem bestimmten Zeitpunkte angefangen bis zur Wahl in der Gemeinde aufzulegen; hiemit ist ihre Frage auch beantwortet. Im § 17 heißt es: „Die Wählerlisten sind mindestens 4 Wochen vor der Wahl zu Jedermanns Einsicht in der Gemeinde aufzuliegen." Joh. Thurnherr: gestattet sei, — nicht in Abrede Wählerlisten zu Ich vermisse aber die Beantwortung auf die Frage, ob es die Auflage der Wählerlisten in dem bezüglichen Falle ist gestellt worden — bis zur Wahl Einsicht in die nehmen, da diese eben verweigert worden ist. Regierungsvertreter: Das unterliegt keinem Anstande, nachdem die Wählerlisten bis zur Wahl aufliegen; so lange sie aufliegen, steht es Jedermann frei, Einsicht in dieselben zu nehmen. Joh. Thurnherr: Mit Dieser Erklärung bin ich vollständig einverstanden, indem ich finde, daß nach derselben im Lande bei einer Vorstehung, der nun präzisirten Bestimmung des § 17 entgegen, Fälle vorgekommen sind, wo die Einsicht in die Wählerlisten volle 6 Tage resp. 13 oder 15 Tage verweigert worden ist. Es ist damit die Ungesetzlichkeit des Wahlvorganges konstatirt. Landeshauptmann: Haben Herr Obmann des Komite's, welches zur Berathung der Bauordnung für Vorarlberg eingesetzt wurde, etwas anzubringen? Dr. Thurnherr: Die Bauordnung ist so umfangreich, daß zu deren Berathung nicht Tage, sondern Wochen nothwendig sind. Das Konnte hatte kaum Zeit sich von diesem Sachverhalt zu überzeugen, als uns der Schluß der Session angekündigt wurde. Das Komite bedauert diesen Gegenstand fallen lassen zu müssen. Landeshauptmann: Haben Herr Obmann des Komite, welches eingesetzt wurde, um über die Einführung des Grundbuches Bericht zu erstatten, noch etwas anzubringen? v. Gilm: Ich habe nur dasselbe zu bemerken, daß beim angekündigten Schluß der Session, das Komite gar nicht Zeit gefunden habe am andern Tage zusammenzutreten, die Sache also entfallen muß. Dr. Jussel: Nachdem ich die Sache schon im vorigen Jahre in Anregung gebracht habe und heuer dieselbe wieder angeregt wurde, so glaube ich denn doch, daß zur Förderung derselben der Landtag beschließen sollte: „es sei der Landesausschuß zu beauftragen, bei der hohen Regierung Schritte zu thun, daß eine Gesetzesvorlage, wegen Einführung des Grundbuches in Vorarlberg, unter Berücksichtigung auf den vorliegenden Entwurf der Enquette-Kommission dem nächsten Landtag vorzulegen:" Landeshauptmann: Findet Jemand in Beziehung dieses Antrages eine Bemerkung vorzubringen? (Keine Bemerkung.) Da dies nicht der Fall ist, werde ich den Antrag zur Abstimmung bringen. Er lautet: „Es sei der Landes-Ausschuß zu beauftragen, bei der hohen Regierung Schritte zu thun, daß eine Gesetzesvorlage wegen Einführung des Grundbuches für Vorarlberg mit Berücksichtigung auf den vorliegenden Entwurf der vorarlbergischen Enquette-Kommission dem nächsten Landtage vorgelegt werde." 85 Diejenigen Herren, die dem beistimmen, ersuche ich, sich von den Sitzen zu erheben (Angenommen.) Mir ist vom Herrn v. Gilm eine Berufung eingereicht worden, in Betreff der festgesetzten Zahl der Wahlkörper in der Gemeinde Frastanz; nachdem aber gegen die Entscheidung, die darüber erflossen ist, die Berufung nicht an den hohen Landtag gehört, sondern den Instanzenzug zu nehmen hat, der gesetzlich vorgeschrieben ist, finde ich mich genöthigt, auf Grund des § 34 der Landesordnung diesen Gegenstand als außerhalb unserer Sphäre liegend, von der Berathung auszuschließen. Landeshauptmann: Hohe Versammlung! Zwar nur kurze Zeit war uns diesmal gegönnt, unsern innern Angelegenheiten die Aufmerksamkeit zuzuwenden, dennoch — und das kann ich mit Freuden konstatiren, dennoch hat es ihre Thätigkeit ermöglicht, auch in dieser Beziehung gewiß Schätzbares zu liefern. Sie haben mit eingehender Durchsicht Einsicht genommen von dem vorgelegten Rechenschaftsberichte. Sie haben alle Verwaltungszweige des Landes-Ausschusses überprüft und die nöthigen Vorkehrungen und Anträge gestellt, gewiß mit sehr viel Aufwand an Zeit. Sie haben ferner Vorkehrungen getroffen, damit die Verwaltung des Landes geordnet und geregelt weitergeführt werden kann und nebstdem haben Sie Maßnahmen, welche im Bedürfnisse des Landes liegen, theils schon zur Ausführung gebracht, theils die nöthigen Schritte gemacht, damit dieselben künftighin der Erledigung zugeführt werden können. Sie haben, Verehrteste, der Allerhöchsten Botschaft freudigst entsprochen- und damit haben Sie die altbewährte Treue und Anhänglichkeit des Landes Vorarlberg an den angestammten Landesfürsten neuerdings bewährt und sicher in dem Wunsche und Verlangen, die Einheit, Macht und das Wohl des Vaterlandes gefördert zu sehen, in diesem Wunsche finden wir uns vereint und werden uns immer vereint finden: „Einer für Alle!" Durchdrungen von diesem Wunsche und diesen patriotischen Gefühlen lassen Sie uns Verehrteste, indem wir scheiden, aus vollem Herzen rufen: Se. Majestät, der Kaiser, er lebe hoch!!! (Begeisterte dreimalige Hochrufe.) Regierungsvertreter: Verehrteste Herren! Mit einem Hochrufe auf Se. Majestät den Kaiser haben Sie die Session begonnen, mit einem Hoch haben Sie dieselbe beendet. Ich glaube hierin den wahren Ausdruck Ihrer Gesinnung zu erkennen — einer Gesinnung, die gewiß in dem Wunsche gipfelt, daß die Hindernisse beseitigt werden, welche dem Gedeihen des Gesammt-Vaterlandes entgegenstehen: Daß die inneren Wirren befriedigend gelöst werden und Österreich die Machtstellung erlange, die es einstens inne hatte! Möchte ein einträchtiges Zusammenwirken der Vertreter des Volkes mit der Regierung zu diesem schönen Ziele beitragen. Achtungsvollst scheide ich von Ihnen, meine Herren, und füge nur noch die Bitte bei, auch mir ein freundliches Andenken zu bewahren. Landeshauptmann: Mit dem freundlichsten und herzlichsten Abschiedsgrube erkläre ich den Landtag für geschlossen. (Schluß der Sitzung 10 3/4 Vormittags.) Schnellpressendruck von A. Flatz in Bregenz. 1 81 Iorarl'öerger Landtag. VII. SITZUNG am 2. September 1870 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Sebastian v. Froschauer. Gegenwärtig 19 Abgeordnete. Die Virilstimme nicht vertreten. Ne, ier«ug§tzertretrr Herr Ttatthaltereirath Karl Schwerin» g. Beginn der Sitzung um 10'/« Uhr Vormittags. Landeshauptmann: Ich eröffne die Sitzung. Das Protokoll der vorhergehenden wird ver» lesen. (Sekretär verliest dasselbe.) Wird eine Bemerkung gegen die Faffung des Protokolls erhoben? (Keine.) Es ist als richtig gefaßt anerkannt. Berücksichtigend, daß in ein paar Tagen schon der Reichsrath einberufen ist und sich versammeln wird und ein gleichzeitiges Tagen des Reichsrathes und der Landtage nicht zuläßig ist, und daß die in der letzen Sitzung an die Komite'S überwiesenen Gegenstände von solchem Belange und so weit führend sind, daß dieselben unmöglich in Tagen und Wochen vollendet werden könnten, habe ich auf die mir gemachte Aufforderung im Sinne der Allerhöchsten Botschaft, kraft deren in den gegenwärtig dringenden Zeiten nur die höchsten Jntereffen des Reiches zu behandeln seien, von deren einheitlichen gemeinsamen Förderung die Macht und das Ansehen des Reiche- abhängt, den Abschluß der Session baldigst herbeizuführen, mich bestimmt gefunden. Sie verehrteste Herren, heute zu dieser Sitzung als der letzen dieser Session einzuladen. Mir ist selbst sehr leid, daß die Anträge, die in der vorigen Sitzung vorgeführt wurden, nicht auSgeführt werden konnten. Sie werden jedoch wohl selbst einsehen, daß die Verhandlungen, die 82 in diesen Angelegenheiten weit tragend und tief gehend sind, nicht Tage sondern vielleicht Wochen er« fordern würden, um sie gediegen vor das hohe Haus zu bringen, und daß dann in dieser hohen Ver­ sammlung erst noch längere eingehendere Berathungen stattzufinden haben; es wäre daher unmöglich, mit diesen Arbeiten noch in dieser kurzen Sesiion zu Stande zu kommen. Ich war im Begriffe, den Herrn Obmann des Komite's, welches zur Vorberathung wegen Ab­ änderung der gegenwärtigen Landtagsordnung eingesetzt ist, zu fragen, ob er noch etwas zu erwiedern habe. Er hat mir jedoch diesbezugs eine schriftliche Erklärung gegeben; ich erlaube mir nun, dieselbe hier ablesen zu taffen. (Sekretär verliest dieselbe.) Das Bedürfniß, nutz dex Wunsch für Aenderung der Landtags°Wnhkordnung hatLanLtag^ geordnete veranlaßt, bezüglichen Dringlichkeits-Antrag einzubringen und der hohe Landtag hat diesen Antrag ausgenommen und hiezu ein Komite erwählt. Dieses Komite hat in zwei Sitzungen übereinstimmend gefunden, daß das Bedürfniß einer Abänderung darin liege, daß ein großer Theil der Bevölkerung ungerecht von dem Wahlrechte ausgeschloffen sei, und'es hüt sich deshalb daä-Komive auch darin -geesttiget, daß eine Erweiterung des Wahlrechtes auf Grund des Prinzipes der Gerechtigkeit und im Sinne der an Se. Majestät beschloffenen Adreffe angestrebt werden müsse, Das Komite bedauert, durch den ihm angekündeten Schluß dieser Landtagsseffion in dieser hochwichtigen Aufgabe und in seinem Streben gehemmt worden zu sein und ich kann in diesen Verhältnissen »Nr; das ErWren und den Wunsch auSfprechen, dev -Lanvss-Ausfchüß wolle die Be« rathung der Revision der Landtags-Wahlordnung in nächster Landtagsseffion in Vorlage bringen. Bregenz, den 1. September 1870. Joh. Thurnherr m. p. v. Gilm m. p­ Obmann. Berichterstatter. Es enthält diese Erklärung, so nehme ich sie wenigstens, einen Antrag, daß der Landes-Ausschuß, beauftragt werde, in dieser Beziehung eine vorbereitende Arbeit zu machen und dieselbe dem nächstem Landtage vorzulegen. Ist es so gemeint, Herr Thurnherr? Joh. Thurnherr: Nach dem Komileantrage, respektive nach der Bitte ist der hohe Landest Ausschuß ersucht, diese Frage dem nächsten Landtage zur Erneuerung vorzulegen. Landeshauptmann: Nur dieses also? Joh. Thurnherr: Ich bitte nochmals um's Wort zu einer Frage an den Herrn Regierungs­ Vertreter. .HO • ild , ?('s DH;11 d: t0; "• ■. t v ;7 • • * .0 - ; -•* • ■ , - - • <J' 1 *•_ - ' ° - -. - »v* » - * ' '■*** 83 In Oer dritten Sitzung am 24. August habe ich die hohe Regierung interpellirt: „Erkennt nicht dieselbe, daß die in §. 17 der Gemeinde-Wahlordnung vorgeschriebens Zeit von vier Wochen, in der Jedermann Einsicht in die Wählerlisten zu gestatten sei, sich unmittelbar an den eigentlichen Wahlakt anschließen soll, und ob Hochdieselbe angesichts verschiedenartiger Auslegung dieses Paragraphes und angesichts der im Lande im Zuge befindlichen Gemeindeausschußwahlen sich nicht veranlaßt sehe, in dieser Beziehung eine interpretirende Instruktion an die Behörden zu erlassen." Der Vertreter der hohen Regierung erwiederte mir hieraus, daß er nicht in der Lage sei, eine Instruktion hinauszugeben, das Recht stehe der Stallhalterei zu, er werde daher diese Interpellation der Statlhalterei vorlegen und ihre Entscheidung miltheilen, sobald er sie bekomme. . Da wir nach der heutigen Mittheilung des Herrn Landeshauptmannes die letzte Sitzung in dieser Session haben, so erlaube ich mir an den hohen Regierungs-Vertreter die Frage zu richten, ob derselbe eine Antwort auf diese Interpellation von Seite der hohen Statthalterei, in der Lage sei, uns zu geben. Regierungsvertreter: Ich habe sie gerade heule in der Früh mit der Post bekommen und bin so frei dieselbe voczulesen. (Verliest wie folgt:) HeAntwortung der Interpellation der Herren LandtagSabgeordneten Johann Thurnhrrr und Chr. Knecht. Die Frage des Erster» lautet. Erkennt nicht die hohe Regierung, daß die im §. 17 der G.-W.-O. vorgeschriebene Zeit von 4 Wochen, in der Jedermann Einsicht in Wählerlisten zu gestatten sei, sich unmittelbar an den eigentlichen Wahlakt anschließen soll, und ob hochdieselbe angesichts verschieden­ artiger Auslegung dieses § und angesichts der im Lande befindlichen Gemeindeausschußwahlen sich nicht veranlaßt sehe, in dieser Richtung eine interpretirende Instruktion an die Behörden zu erlassen und zum Benehmen der Wahlberechtigten zu veröffentlichen? Die Frage des Zweiten lautet: Ob der hohen Regierung das Vorgehen einzelner Beamten (welche die Eopirung der Ge­ meindewählerlisten nicht gestatteten) bekannt sei und wann bekannt, was zur Abhilfe dessen ge­ schehen ist oder geschehen wird? Ich verweise in Beantwortung beider Fragen auf den Wortlaut des §.17 der G.-W.-O. wo es heißt: „Die Wählerlisten sind mindestens 4 Wochen vor der Wahl zu Jedermanns Einsicht in der Gemeinde aufzulegen und es ist dies durch öffentlichen Anschlag in der Gemeinde mit Festsetzung einer Präklusivfrist von 8 Tagen zur Anbringung von Einwendungen dagegen kundzumachen." Dieser Gesetzesstelle kann bei unbefangener Auslegung keine andere Deutung gegeben werden, als folgende1. Die Wählerlisten sind von einem gewissen Zeitpunkte angefangen, bis zur Wahl in der Gemeinde aufzulegen. 2. Die Zeitsrist des Aufliegens der Wählerlisten muß wenigstens 4 Wochen umfassen. 3. Die Einsicht der Wählerlisten steht Jedermann während der ganzen Zeitfrist des Auf­ liegens frei. 4. Innerhalb 8 Tagen von dem Tage angesangen, an welchem die Wählerlisten öffentlich aufgelegt werden, können dagegen Einwendungen vorgebracht werden. 84 Dagegen ist in dieser Gesetzesstelle nicht gesagt, daß die GemeinbeauSschußwahl gerade 4 Wochen nach dem Tage, an welchem die Gemeindewählerlisten öffentlich aufgelegt worden sind, ftattstnden müße; ferner ist darin auch nicht gesagt, daß die nach §. 17 aufgestellte Wahlrekla­ mationskommission Jemanden mehr, als die Einsicht der Wählerlisten gestatten muß. Dieses die Antwort, welche aus Interpellation erfolgt ist. Johann Thurnherr: Ich bitte um das Wort. Ich finde in dieser Antwort sehr viel, nur las nicht, warum ich gefragt habe, ob diese 4 Wochen, in welchen die Wählerlisten zu Jedermanns Einsicht aufliegen muffen, unmittelbar an den Wahlakt sich anichließen müssen. Wenn das nicht der Fall ist, wenn volle sechs Tage resp, volle 13 oder 15 Tage, wie es in Dornbirn vorgekommen ist, inzwischen Zeit verstreichen dürfen, so kann es einer Vorstehung gestattet sein, mit derselben Konsequenz ein Jahr früher durch 4 Wochen die Wähler­ listen aufzulegen und in den fünf weiter inzwischen liegenden Monaten Niemand mehr die Einsicht in die Wählerlisten zu gewähren. Regier»ngsvertreter: Wie ich bereits erwähnt habe, sind die Wählerlisten von einem bestimmten Zeitpunkte angefangen bis zur Wahl in der Gemeinde aufzulegen; hiemit ist ihre Frage auch beantwortet. Im §. 17 heißt es: „Die Wählerlisten sind mindestens 4 Wochen vor der Wahl zu Jedermanns Einsicht in der Ge­ meinde aufzuliegen." Joh. Thurnherr: Ich vermiffe aber die Beantwortung aus die Frage, ob es gestattet sei, — die Auflage der Wählerlisten in dem bezüglichen Falle ist nicht in Abrede gestellt worden — bis zur Wahl Einsicht in die Wählerlisten zu nehmen, da diese eben verweigert worden ist. Regierungsvertreter: Das unterliegt keinem Anstande, nachdem die Wählerlisten bis zur Wahl aufliegen; so lange sie aufliegen, steht es Jedermann frei, Einsicht in dieselben zu nehmen. Joh. Thurnherr: Mit Dieser Erklärung bin ich vollständig einverstanden, indem ich finde, daß nach derselben im Lande bei einer Vorstehung, der nun präzifirten Bestimmung des §. 17 ent­ gegen, Fälle vorgekommen sind, wo die Einsicht in die Wählerlisten volle 6 Tage resp. 13 oder 15 Tage verweigert worden ist. Es ist damit die Ungesetzlichkeit des Wahlvorganges konstatirt. Landeshauptmann: Haben Herr Obmann des Komite's, welches zur Berathung der Bau­ ordnung für Vorarlberg eingesetzt wurde, etwas anzubringen? Dr. Thurnherr: Die Bauordnung ist so umfangreich, daß zu deren Berathung nicht Tage, sondern Wochen nothwendig sind. Das Konnte hatte kaum Zeit sich von diesem Sachverhalt zu überzeugen, als uns der Schluß der Session angekündigt wurde. Das Komite bedauert diesen Gegenstand fallen lassen zu müssen. Landeshauptmann: Haben Herr Obmann des Komite, welches eingesesetzt wurde, um über die Einführung des Grundbuches Bericht zu erstatten, noch etwas anzubringen? v. Gilm: Ich habe nur dasselbe zu bemerken, daß beim angekündigten Schluß der Session, das Komite gar nicht Zeit gefunden habe am andern Tage zusammenzutrelen, die Sache also ent­ fallen muß, Dr. Jussel: Nachdem ich die Sache schon im vorigen Jahre in Anregung gebracht habe und heuer dieselbe wieder angeregt wurde, so glaube ich denn doch, daß zur Förderung derselben der Land­ tag beschließen sollte: „es sei der Landesausschuß zu beauftragen, bei der hohen Regierung Schritte zu thun, daß eine Gesetzesvorlage, wegen Einführung des Grundbuches in Vorarlberg, unter Berück­ sichtigung auf den vorliegenden Entwurf der Enquette-Kommission dem nächsten Landtag vorzulegen:" Landeshauptmann: Findet Jemand in Beziehung dieses Antrages eine Bemerkung vorzu­ bringen? (Keine Bemerkung.) Da dies nicht der Fall ist, werde ich den Antrag zur Abstimmung bringen. Er lautet: „Es sei der Landes-Ausschuß zu beauftragen, bei der hohen Regierung Schritte zu thun, daß eine Gesetzesvorlage wegen Einführung des Grundbuches für Vorarlberg mit Berücksichtigung auf den vorliegenden Entwurf der vorarlbergischen Enquette-Kommiffion dem nächsten Landtage vorgelegt werde." 85 Diejenigen Herren, die dem beistimmen, ersuche ich, sich von den Sitzen zu erheben (Angenommen.) Mir ist vom Herrn v. Gilm eine Berufung eingereicht worden, in Betreff der festgesetzten Zahl der Wahlkörper in der Gemeinde Frastanz; nachdem aber gegen die Entscheidung, die darüber erfloffen ist, die Berufung nicht an den hohen Landtag gehört, sondern den Jnstanzenzug zu nehmen hat, der gesetzlich vorgeschrieben ist, finde ich mich genöthigt, auf Grund des §. 34 der Landesordnung diesen Gegenstand als außerhalb unserer Sphäre liegend, von der Berathung auszuschließen. Landeshauptmann: Hohe Versammlung! Zwar nur kurze Zeit war uns diesmal gegönnt, unsern innern Angelegenheiten die Aufmerk­ samkeit zuzuwenden, dennoch — und das kann ich mit Freuden konstatiren, dennoch hat es ihre Thätigkeit ermöglicht, auch in dieser Beziehn g gewiß Schätzbares zu liefern. Sie haben mit eingehender Durchsicht Einsicht genommen von dem vorgelegten Rechenschafts­ berichte. Sie haben alle Verwaltungszweige des Landes-Ausschuffes überprüft und die nöthigen Vor­ kehrungen und Anträge gestellt, gewiß mit sehr viel Aufwand an Zeit. Sie haben ferner Vorkehrungen getroffen, damit die Verwaltung des Landes geordnet und geregelt weitergeführt werden kann und nebstdem haben Sie Maßnahmen, welche im Bedürfnisse des Landes liegen, theils schon zur Aus­ führung gebracht, theils die nöthigen Schritte gemacht, damit dieselben künftighin der Erledigung zu­ geführt werden können. Sie haben, Verehrteste, oer Allerhöchsten Botschaft freudigst entsprochen- und damit haben Sie die altbewährte Treue und Anhänglichkeit des Landes Vorarlberg an den angestammten LandeSsürsten neuerdings bewährt und sicher in dem Wunsche und Verlangen, die Einheit, Macht und das Wohl des Vaterlandes gefördert zu sehen, in diesem Wunsche finden wir uns vereint und werden uns immer vereint finden: „@iner für Alle!" Durchdrungen von diesem Wunsche und diesen patriotischen Gefühlen lassen Sie uns Verehrteste, indem wir scheiden, aus vollem Herzen rufen: Se. Majestät, der Kaiser, er lebe hoch!!! (Begeisterte dreimalige Hochrufe.) Regierungsvertreter: Verehrteste Herren! Mit einem Hochrufe auf Se. Majestät den Kaiser haben Sie die Session begonnen, mit einem Hoch haben Sie dieselbe beendet. Ich glaube hierin den wahren Ausdruck Ihrer Gesinnung zu erkennen — einer Gesinnung, die gewiß in dem Wunsche gipfelt, daß die Hinderniffe beseitigt werden, welche dem Gedeihen des Gefammt-Vaterlandes ent­ gegenstehen : Daß die inneren Wirren befriedigend gelöst werden und Oesterreich die Machtstellung erlange, die ss einstens inne hatte! Möchte ein einträchtiges Zusammenwirken der Vertreter des Volkes mit der Regierung zu diesem schönen Ziele beitragen. Achtungsvollst scheide ich von Ihnen, meine Herren, und füge nur noch die Bitte bei, auch mir ein freundliches Andenken zu bewahren. Landeshauptmann: Mit dem freundlichsten und herzlichsten Abschiedsgrube erkläre ich den Landtag für geschloffen. (Schluß der Sitzung 10'/. Vormittags.) »Schurllprefftudnrck von A. Kl-tz üt 8reg«»z.