18700831_lts006

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Letzte Änderung 02.07.2021, 18:27
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp03,lts1870,lt1870,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

59 Vorarlberger Landtag. VI. SITZUNG am 31. August 1870 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Sebastian v. Froschauer. Gegenwärtig 19 Abgeordnete. Die Virilstimme nicht vertreten. Regierungsvertreter Herr Statthaltereirath Karl Schwertling. Beginn der Sitzung um 9 Uhr Vormittags. Landeshauptmann: Ich eröffne die Sitzung; das Protokoll der vorhergehenden wird abgelesen. (Sekretär verliest dasselbe.) Da keine Bemerkung gegen die Fassung des Protokolls fällt, erkläre ich es als genehmiget. Regierungsvertreter: Ich bitte um das Wort. Während des Landtages ist einmal die Bemerkung ausgesprochen worden, daß es auffallend sei, daß das Gesetz über die Benützung, Leitung und Abwehr der Gewässer noch nicht sanktionirt worden ist, ungeachtet dasselbe im porigen Landtag beschlossen worden ist. Aus eine diesfalls gestellte Anfrage hat der Herr Ackerhauminister erwidert, daß das Gesetz bereits der Allerhöchsten Sanktion vorgelegt worden ist und Ihre Ertheilung in wenigen Tagen zu erwarten ist. Ich wollte dieses den Herren vorläufig nur mittheilen. Landeshauptmann: Vom Herrn Joh. Thurnherr wurde mir folgende Interpellation überreicht." (Sekretär verliest dieselbe wie folgt:) 60 Interpellation „Über eine am 3. Juni d. J. der hohen Statthalterei unterbreitete Vorlage der in der kath. Volksversammlung in Dornbirn am SO. Mai d. J. beschlossenen Statuten geruhte hochdieselbe an den ergebenst Gefertigten unterm 26. Juni Z. 10595 durch Vermittlung der löbl k. k. Bezirkshauptmannschaft Feldkirch am 20. Juni Nr. 2504 Mittheilung zu erlassen, daß sich dieselbe zu einer Amtshandlung nicht eignen und zwar wären vorzüglich in § 8 derselben die beiden alinea 13 und 16 entsprechend abzuändern, indem es unzulässig sei, Vereins-Versammlungen. sei es eine allgemeine oder theilweise Vereins - Versammlung oder auch Ausschuß-Versammlung außerhalb des statutenmäßigen Vereinssitzes Dornbirn abzuhalten. Hierauf erfolgte eine neuerliche Vorlage der besagten, in einem unwesentlichen Punkte ergänzten Statuten für diesen Verein an die hohe Statthalterei am 3. ds., in welcher ergebenst bemerkt wurde, daß die angezogenen Bestimmungen der alinea 13 und 16 des § 8 besagter Statuten in demselben § und zwar in der Schlußbestimmung der alinea 16 ihre gesetzliche Berechtigung finden dürften, indem es dort deutlich heiße, daß solche Versammlungen nur unter strenger Beachtung der §§ 12 und 15 des V.-G. vom 15. November 1867 abgehalten werden, und daß thatsächlich der Verein der Verfassungsfreunde in Vorarlberg dieses Recht schon lange ausübe. Die Vorstellung fand jedoch keine Würdigung. Nun lautete alinea 13 und 16 des § 8 der Statutenvorlage des kath. politischen Volksvereines wörtlich wie folgt: (alinea 13.) „Der Verein hält alljährlich im Herbste Generalversammlung. Den Ort bestimmt der Ausschuß." (alinea 16.) Der Verein hält an vom Ausschuße zu bestimmenden Tagen periodische Versammlungen, wählt aber, um den Mitgliedern die Theilnahme zu erleichtern, kein ständiges Lokal, sondern wechselt unter strenger Beachtung des § 15 beziehungsweise 12 des Vereinsgesetzes mit der Wahl des Versammlungsortes und der auf den Ort der Abhaltung einer Vereins-Versammlung Bezug habende § 15 lautet: „Von jeder Vereins-Versammlung ist wenigstens 24 Stunden vorher, unter Angabe des Ortes und der Zeit ihrer Abhaltung, und wenn sie öffentlich sein soll, auch hievon der im § 12 bezeichneten Behörde durch den Vorstand die Anzeige zu erstatten." — Dem ergebenst Gefertigten erscheint es, daß die Anführung der Bestimmung von der Angabe eines Ortes bei Abhaltung einer Versammlung in diesem § eine rein überflüssige wäre, wenn ein Verein seine Versammlungen stets nur an dem Orte seines Vereinssitzes abhalten dürfte. Von der Richtigkeit seiner Ansicht bestärkt ihn noch der Umstand, daß der Bereut der Verfassungsfreunde in Vorarlberg, der viele Juristen, namentlich viele juristisch gebildete Regierungsbeamte unter seine Mitglieder zählt, schon mehrmal von dieser gesetzlichen Bestimmung Gebrauch machte, indem er an verschiedenen Orten des Landes unter den Augen der hohen Regierung Vereinsversammlungen abgehalten hat. — Selbst im hohen Landtage erwähnte der Vorstand des Vereines der Verfassungsfreunde, der Abgeordnete Herr Karl Ganahl im Jahre 1868, wie die stenographischen Berichte nachweisen, in Gegenwart des Herrn Regierungsvertreters der Abhaltung einer Ausschußsitzung dieses Vereines in Bregenz, zu der die Ausschußmitglieder bis Feldkirch gekommen wären, und doch hat dieser Verein seinen Sitz in Feldkirch. Es ist kein Zweifel, daß der Verein der Verfassungsfreunde von diesem Rechte nur in der Überzeugung Gebrauch gemacht hat, daß er sich dabei nur auf vollständig gesetzlichem Boden bewege. Die Verweigerung der Aufnahme einer Bestimmung in die Statuten des kath. politischen Volksvereins, welche das gleiche, unter den Augen der Regierung wiederholt im Lande geübte Recht beansprucht, veranlaßt mich dem hohen Regierungsvertreter zu interpelliren: 1. Wie kommt es, daß bei einer gleichmäßigen Auslegung des § 15 des V.>G. vom 15. Nov 1867 dem einen Verein gestattet ist, seine Vereinsversammlungen an jedem ihm beliebigen 61 Orte des Landes zu halten, während einer andern gleichberechtigten Parthei des Landes bei der Vereinsgründung verwehrt wird, Bestimmungen in seinen Staturen auszunehmen, die nur das gleiche Zumaß von Recht verlangen? und 2. wenn durch keine Interpretation diese Thatsachen in Einklang gebracht werden können, gedenkt nicht das hohe Ministerium an die hohe Statthalterei zu verfügen, daß die Statuten des kath. politischen Volksvereines, welche neuerlich mit Erlaß vom 13. ds. von der hohen Statthalterei nur wegen Inhalt der alinea 13 und 16 des § 8 beanständet wurden, nunmehr baldigst genehmiget werden. Bregenz, am 30. August 1870. Joh. Thurnherr, m. p Landtagsabgeordneter. Ich übergebe diese Interpellation dem Herrn Regierungsvertreter. Regierungsvertreter: Ich werde sie der Statthalterei vorlegen und nachdem ich die Antwort wahrscheinlich nicht mehr während der Landtagssitzung werde bekannt geben können, muß ich mir Vorbehalten, dieselbe dem Vorstande des katholischen Kasino's in Dornbirn zu übergeben. Landeshauptmann: Es wurde mir folgender Dringlichkeits-Antrag überreicht, Herr Sekretär wird ihn vorlesen. (Sekretär verliest denselben wie folgt:) Dringlichkeits-Antrag betreff Revision der Landtags-Wahlordnung für erg. Schon in der Landtagssession pro 1868 haben die Abgeordneten Dr. Jussel und Gsteu und Dr. Bickel und Konsorten Anträge auf Abänderung mehrerer Paragraphe der Landtagswahlordnung eingebracht, über welche, nachdem das hiefür zur Vorberathung eingesetzte Komite eine durchgreifende Revision der Landtags-Wahlordnung als nothwendig erklärte, der hohe Landtag den Beschluß faßte: „Es sei vom hohen Landes-Ausschuße bis zur nächsten Session eine veränderte Landtags-Wahlordnung dem Hause zur verfassungsmäßigen Behandlung vorzulegen. Wie aus dem Rechenschaftberichte des Landes-Ausschusses und den stenografischen Landtagsberichten pro 1869 hervorgeht, ist eine solche Vorlage in jener Session nicht erfolgt; es wurde jedoch über Antrag des Abgeordneten Hämmerle die Wiederaufnahme dieser Angelegenheit beschlossen und dieselbe einem Komite von sieben Mitgliedern neuerlich zugewiesen. Dieses Komite hat jedoch seinen Bericht hierüber nicht erstattet. 62 In Erwägung, daß diese Revision der Landtags-Wahlordnung von bedeutender Wichtigkeit für das Land erscheint, erlauben sich die Gefertigten, ungeachtet der kurzen Frist, die vielleicht dem hohen Landtage zu feinen Berathungen in dieser Session gegönnt ist, den Antrag zu stellen. „Ein hoher Landtag wolle beschließen: Es sei die Revision der Landtags-Wahlordnung vorzunehmen und zur Vorberathung dieses Gegenstandes ein Komite von sieben Mitgliedern zu wählen." Bregenz, den 31. August 1870. Joh Thurnherr in. p. p. Joh. Kohler m. p. Jussel m. p. Dr. Ölz m. p. Landtags-Abgeordneter. v. Gilm m. Dr. Thurnherr m. p. Landtags-Abgeordneter. Peter Ich ertheile dem erstgenannten der Antragsteller Herrn Johann Thurnherr das Wort, infoferne er noch Weiteres zur Begründung der Dringlichkeit beizufügen hat. Joh. Thurnherr: Was die Nothwendigkeit der Revision der gegenwärtigen Landtags-Wahlordnung betrifft, so berufe ich mich vorerst auf den Inhalt des Antrages. Die Revisionsbedürftigkeit derselben ist (Landeshauptmann unterbrechend: Ich bitte nur die Dringlichkeit zu beweisen, zu dem Andern wird später Zeit fein.) Was die Begründung der Dringlichkeit anbelangt, so ist sie nach meiner Ansicht durch die Kürze der Session sowohl, als dadurch begründet, daß einmal durch die Erweiterung des Wahlrechtes die Theilnahme des Volkes an der Gesetzgebung zur vollständigen Wahrheit werde. Landeshauptmann: Ich werde nun die Dringlichkeit des Antrages zur Abstimmung bringen; diejenigen Herren, welche den Antrag als einen dringlichen gelten lassen, bitte ich, sich von den Sitzen zu erheben. (Zustimmung.) Wünschen Herr Johann Thurnherr noch etwas beizufügen zur Begründung des Antrages selbst? Johann Thurnherr: Ich habe mich bereits auf die Gründe, welche der frühere Landtag schon erkannt hat, bezogen und möchte nur noch hinzufügen, daß sich auch bei der letzten Landtagswahl die Unvollkommenheit dieser Landtags-Wahlordnung so einleuchtend gezeigt hat, daß sie hinlänglich konstatirt ist. Es war bei vielen Ausführungen der Bestimmungen dieser Paragrafe der Landtags-Wahlordnung nothwendig, daß man sich immer auf die vollkommenere Gemeinde-Wahlordnung beziehen mußte.— Landeshauptmann: Nach unserer Geschäftsordnung tritt an sie meine Herren die Frage heran, ob Sie gewillt sind, diesen Dringlichkeitsantrag einem Ausschusse zuzuweisen und zwar, wie es hier heißt, einem Komite von sieben Mitgliedern. Diejenigen Herren, welche diesen Dringlichkeitsantrag der Begutachtung eines Komite's von sieben Mitgliedern zu überweisen gedenken, bitte ich, sich von den Sitzen zu erheben. (Angenommen.) Ich werde die Wahl am Schlusse der Sitzung vornehmen lassen. Es wurde mir ein weiterer Dringlichkeitsantrag überreicht, unterzeichnet von den Herren Fr. Josef Burtscher, Jos Schmid, Hammerer und Philipp Rheinberger. (Sekretär verliest wie folgt:) Holm Landtag! Dem letzten Landtage wurde eine Regierungsvorlage, enthaltend den Entwurf eines Gesetzes, womit eine Bauordnung für das Land Vorarlberg erlassen und zur verfassungsmäßigen Behandlung vorgelegt 63 Das zur Prüfung und Berichterstattung hierüber aufgestellte Komite gab in der letzten Landtagssitzung durch den Berichterstatter die Erklärung ab, daß ihm die Kürze der zugemessenen Zeit nicht gestattet habe, dem hohen Landtage diesbezugs einen Bericht vorzulegen. Mit Rücksicht auf bin Umstand, daß der Zeil eine Bauordnung, welche diesen Namen verdient, im Lande Vorarlberg nicht existirt, Sie Erlassung einer solchen daher ohne allen Zweifel von der dringendsten Nothwendigkeit ist, so erheben die Unterzeichneten den Dringlichkeitsantrag, der Gegenstand wolle sofort in Behandlung genommen werden und jener Gesetzentwurf einem Fünfer-Komite zur Prüfung und Berichterstattung übergeben werden. Bregenz, am 31. August 1870. Fr. Jos. Burtscher m. p. Jos. Schmid m. p. Hammerer m. p. Philipp Rheinberger m p. Ich ertheile dem Herrn Burtscher das Wort zur Begründung der Dringlichkeit des Antrages. Burtscher: Ich begründe die Dringlichkeit des Antrages theils mit der Kürze der Session und ferner damit, weil mir keine Bauordnung haben in Vorarlberg und eine solche höchst nothwendig ist. Landeshauptmann: Ich bringe nun den Antrag auf Dringlichkeit zur Abstimmung. Jene Herren, die denselben beistimmen, sind gebeten, von den Sitzen sich zu erheben. (Angenommen.) Haben Herr Burtscher zur Begründung des Antrages selbst noch etwas vorzubringen? Burtscher: Nein. Landeshauptmann: Somit bringe ich den Antrag zur Abstimmung, der dahin geht: „es sei behufs Behandlung und Berathung des Gesetzentwurfes zu einer Bauordnung ein Fünfer-Komite zu wählen " Diejenigen Herren, die diesem beistimmen, wollen sich gefälligst von den Sitzen erheben. Angenommen.) Ich werde die Wahl ebenfalls nach dem Schluß der Sitzung vornehmen lassen. Wir kommen nun zum ersten Gegenstand der heutigen Verhandlung, nämlich zu dem Bericht des Komite's, welches die Prüfung des Rechenschaftsberichtes vorzunehmen hatte. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter Dr. Thurnherr das Wort zu nehmen. Dr. Thurnherr: Da der Komitebericht sich auf den Rechenschaftsbericht beruft, so möchte ich den Herrn Landeshauptmann ersuchen, durch den Herrn Sekretär den Rechenschaftsbericht nach den verschiedenen Abschnitten ablesen zu lassen, worauf ich dann den Bericht des Komite's einschlagend mitthellen werde. Landeshauptmann: Ich werde das ausführen. (Sektretär verliest den Rechenschaftsbericht Punkt I. A.) Dr. Thurnherr: Hierüber lautet der Komitebericht (verliest einschließlich folgenden Antrages): „Der Landes-Ausschuß sei zu beauftragen, bezüglich des Gesetzentwurfes über Benützung, Leitung und Abwehrung der Gewässer, wegen dessen großer Wichtigkeit für das Land die betreffenden Schritte zur Erlangung der ehethunlichsten Sanktion einzuleiten, " Hier habe ich beizufügen, daß ich im Namen des Komite's zu erklären habe, diesen Antrag auf das Erklären des Herrn Regierungskommissärs fallen zu lassen. (Sekretär verliest Punkt 1 B.) Hierüber lautet der Komitebericht wie folgt: (verliest bis inklusive des folgenden Antrages.) „Der Landes-Ausschuß werde beauftragt, für den Landtag der nächsten Session eine Vorlage vorzubereiten." Landeshauptmann: Wünscht hierüber Jemand das Wort zu ergreifen? 64 Dr. Jussel: Ich glaube, der Antrag ist nicht recht zutreffend. Die Gesetzgebung in Grundbuchssachen ist nach dem Staatsgrundgesetze dem Reichsrathe Vorbehalten und vorerst müssen wir ein Gesetz über die Einführung der Grundbücher vom Reichsrathe haben, bis ein Landesgesetz in Berathung und Vorschlag gebracht werden kann. Der Landtag der abgetretenen Session hat bei dem hohen Justizministerium Schritte gethan, damit endlich ein Grundbuch eingeführt werde und das hohe Ministerium hat sich veranlaßt gefunden, auf diesen Antrag des Landtages das Kreisgerichts-Prästdium in Feldkirch anzugehen, daß es eine Art Enquette-Verhandlung in dieser Sache einleite, bei der wirklich außer den sachkundigen Justizbeamten und Advokaten auch landeskundige Landwirthe beigezogen worden sind. Es ist dort ein Operat ausgearbeitet worden und dieses Operat ist dem Landes-Ausschusse wenigstens in Abschrift mitgetheilt worden. — Ich habe mich hisher nur durch die voraussichtlich kurze Dauer der Landtagssession abhalten lassen, noch nicht den Antrag zu bringen, daß diese Ausarbeitung beim hohen Landtage auch in Verhandlung genommen werde. Wenn nun, wie die heutige bisherige Verhandlung zeigt, noch weitere Gegenstände zur Verhandlung kommen, so erlaube ich mir, anknüpfend an die Behandlung dieses Gegenstandes, einen Antrag und zwar dahin zu stellen: „Es sei die Ausarbeitung der über Aufforderung des hohen Justizministeriums zusammengetretenen Enquetie-Kommission in Verhandlung zu nehmen und einem Komite von drei Mitgliedern zur Berathung, Beschlußfassung und Antragstellung zuzuweisen." Landeshauptmann: Wünsch: noch Jemand das Wort zu nehmen? Dr. Jussel: Ich möchte nur noch einen Nachsatz beantragen. Ich habe noch anzuführen, daß die Sache von Dringlichkeit auch aus dem Grunde wäre, damit die Arbeiten zur Einführung des Grundbuches noch mit der jetzt zum Zuge gelangenden Grundsteuer-Regulirungskommission wegen bedeutender Kostenersparung in Gang gebracht werden könnte. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort zu nehmen? Kohler. Nach der Mittheilung, die uns über diesen Punkt der Herr Abgeordnete Dr. Jussel gemacht hat, finde ich mich veranlaßt, den vom Komite gestellten Antrag fallen zu lassen und den Antrag, wie ihn Herr Dr. Jussel gestellt hat, dem hohen Hause zur Annahme zu empfehlen. Wir kommen leider bei diesem Punkte wieder an eine jener unbequemen Beschränkungen, die uns leider der Zentralismus, den man so sehr erhoben hat, setzt, indem wir diese eigentliche Landesangelegenheit nicht in Angriff nehmen können, bis uns durch ein Reichsgesetz die Schranken gezogen werden. Dr. Jussel: Aus diese Äußerung muß ich nur bemerken, daß, wenn das Land Vorarlberg die Kosten zahlen will, die zur Einführung des Grundbuches erforderlich sind, die Einwendung eine begründete wäre; aber ich glaube, wenn der Staat selbst, die Gesammtmonarchie mit in Anspruch genommen werden soll, um zu den Kosten beantragen oder vielmehr dieselben zu übernehmen, es auch am Platze ist, daß der Staat somit die Reichsvertretung darüber gehört werde. Landeshauptmann: Ich kann darüber nur bemerken, daß das Grundgesetz vom 21. Dezember 1867 in dieser Beziehung ja schon gesprochen hat. Herr Dr. Jussel stellt den Antrag: „es sei der beim Landesansschusse vorliegende von einer EnquetteCommission ausgearbeitete Gesetzentwurf über die Einführung des Grundbuches in Vorarlberg einem Konnte von 3 Mitgliedern zu überweisen und dem Landtage noch in dieser Session zur Berathung und Beschlußfassung vorzulegen." Wünscht noch jemand das Wort zu nehmen. (Niemand.) Da Niemand mehr das Wort zu nehmen wünscht, erkläre ich die Debatte für geschlossen und ertheile dem Herrn Berichterstatter das Wort. Dr. Thurnherr: Der Grund, warum das Komite glaubte den Antrag dem Landesausschuß überweisen zu müssen, war kein anderer, als die voraussichtliche Kürze der Session. Wir haben geglaubt, nicht länger als acht Tage beisammen zu bleiben. Ich glaube im Namen des Komite 65 aussprechen zu können, daß dieser Antrag fallen gelassen und der Antrag des Herrn 5Dr. Jussel ausgenommen werde. Landeshauptmann: Ich werde den Antrag des Herrn Dr. Jussel zur Abstimmung bringen. Sind die Herren mit dem Anträge des Herrn Dr. Jussel, wie er eben verlesen wurde, einverstanden? (Allseitig angenommen.) Ich werde sohin die Wahl am Schlusse der Sitzung vornehmen. Dr. Thurnherr: (Verliest den Komitebericht einschließlich des folgenden Antrages:) „Der Landesausschuß sei zu beauftragen, die geeigneten Schritte zur Erlangung einer baldigen Erledigung einzuleiten." Landeshauptmann: Wünscht Jemand das Wort zu nehmen? Karl Ganahl: Ich glaube, der Herr Regierungsvertreter wird in der Lage sein, uns die bereits erflossene Entscheidung betreffs der Rheinkorrektion mittheilen zu können. Diese Mittheilung dürfte uns ohne Zweifel veranlassen, zu beschließen, daß von Seite des Landtages keine weitere Vorstellung in dieser Frage gemacht werden sollte. Regierungsvertreter: Ich bin zwar amtlich in Betreff des Fortganges der Rheinkorrektion nicht in Kenntniß und kann daher nur das mittheilen, was ich im Privatwege erfahren habe, nämlich, daß die Durchstechung der Linie von Brugg in den See hinaus längs Fussach zwischen den beiden Regierungen von Österreich und der Schweiz so ziemlich eine beschlossene Sache ist, daß demnächst aber noch eine internationale Commission zusammentreten würde, zu der jedes der beiden Länder einen Experten und ein Mitglied beistellen wird, als deren Obmann der badische Oberbaurath Sexauer fungiren wird; der von beiden Theilen als unpartheiische Persönlichkeit angenommen worden ist. Nach Maßgabe dieser commissionellen Verhandlungen wird die Rheinkorrektion alsbald in Angriff genommen werden. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort. Kohler: In dem, was das Komite in dieser Sache beantragt, ist doch noch dem Landesausschusse ganz freigestellt, welche Schritte er zur Förderung dieser Angelegenheit thun werde; es heißt hier nur: „der Landesausschuß sei zu beauftragen, die geeigneten Schritte zur Erlangung einer baldigen Erledigung einzuleiten." Findet er nun nach dem was uns der Herr Regierungsvertreter bemerkt Hal, daß eine weitere Intervention in der Sache nicht nothwendig sei, so kann er sie nach der Fassung dieses Beschlusses füglich bleiben lassen. Ich wäre dafür, wir dürften in dieser Sache ganz bei jenem Anträge bleiben, wie ihn das Comitee gestellt hat Karl Ganahl: Wenn der Landesausschuß in Folge eines Beschlusses des Landtages einen Auftrag erhält in irgend einer Sache Schritte zu thun, so kann er es nicht bleiben lassen diese Schritte zu thun. Ich kann den Herren weiters mittheilen, daß die ganze Angelegenheit nur noch von der Schweiz abhängt, denn es ist, wie der Herr Regierungsvertreter gesagt hat, vom Ministerium bereits beschlossen worden, daß die Rheinkorrektion stattzufinden habe und zwar, daß der Rhein bei Fussach hinauszuleiten sei. Es handelt sich dabei nur noch zu bestimmen, ob dieß rechts oder links von Fussach zu geschehen habe. Die Schweizer haben mitgetheilt, daß sie mit Allem einverstanden seien und daß die Commission demnächst zusammentreten werde. Nun habe ich der hohen Versammlung noch zu bemerken, daß betreffs der Rheinkorrektion zwischen dem Rechenschaftsberichte und Dem Komiteberichte ein Widerspruch sich vorfindet. Der Landesausschuß sagt im Rechenschaftsberichte unter B: „Keine Erwiderung erhielten, 9. die Beschlüsse in Sachen der Rheinkorrektionsangelegenheit.“ Der Komitebericht sagt unter Artikel VI und VII: „Die Mittheilungen bezüglich der Eisenbahnangelegenheit und der Rheinkorrektion werden zur Nachricht genommen." 66 Das Komite beantragt demnach, daß man zur Nachricht nehme, daß keine Mittheilungen gekommen seien. Landeshauptmann: Haben der Herr Karl Ganahl noch etwas zu bemerken. Karl Ganahl: Ich habe weiter nichts mehr zu bemerken. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort zu nehmen? (Niemand.) Da sich Niemand zum Worte meldet, so erkläre ich die Debatte für geschlossen und ertheile dem Herrn Berichterstatter das Wort. Dr. Thurnherr: Nachdem die Mittheilungen, die uns bezüglich der Rheinkorrektion sowohl vom Herrn Regierungsvertreter als vom Herrn Karl Ganahl gemacht worden sind, eigentlich nur privater Natur sind, so glaube ich, kann dieser Auftrag an den Landes-Ausschuß, wie ihn der Komiteantrag enthält, wohl stehen bleiben. Was die Äußerung des Herrn Karl Ganahl anbelangt, daß der Komitebericht bezüglich der Rheinkorrektion einen Widerspruch enthalte, habe ich zu bemerken, daß der Artikel VI. des Rechenschaftsberichtes folgendermaßen lautet: „Eisenbahnangelegenheiten: Da die Bahn bereits konzessionirt und die Bauverträge der k. k. Regierung vorliegen, dürfte ein weiterer Einfluß der Landesvertretung entfallen." Nun kommt noch Art. VII. des Rechenschaftsberichtes, wo es heißt: „Rheinkorrektion: Mit Bezug auf die Bemerkung unter I B 9 ist die Eröffnung der Entschließung der k. k. Regierung abzuwarten." Dies bezüglich der Rheinkorrektion. Wir haben diese Mittheilung des Rechenschaftsberichtes unter Art. VI. und VII. des Komiteberichtes nur zur Nachricht genommen. Man kann da noch nicht behaupten, daß ein Widerspruch existire — Ich beantrage daher, daß dieser Antrag des Komiteberichtes aufrecht bleibe. Landeshauptmann: Diejenigen Herren, welche den soeben vernommenen Antrag des Comiteberichtes, der lautet: „Der Landes Ausschuß sei zu beauftragen, die geeigneten Schritte zur Erlangung der baldigen Erledigung einzuleiten, beistimmen, wollen sich gefälligst von ihren Sitzen erheben. (Angenommen.) Sekretär verliest den Punkt 1. C. des Rechenschaftsberichtes.) Dr. Thurnherr: Hierüber sagt der Komitebericht: (verliest den Schlußsatz zu I des Komiteberichtes.) Landeshauptmann: Ich bitte, weiterzufahren. (Sekretär verliest Punkt II des Rechenschaftsberichtes.) Dr. Thurnherr: (Verliest Punkt II des Komiteberichtes.) Landeshauptmann: Wünscht Jemand das Wort hierüber zu nehmen? (Niemand.) Da dies nicht der Fall ist, ersuche ich die Herren, welche mit dem Antrage des Komite's wie er soeben verlesen wurde, einverstanden sind, sich von den Sitzen zu erheben. (Angenommen.) (Sekretär verliest Punkt III, Grundentlastungsfond, inklusive des Antrages des Landes-Ausschusses, lautend:) „Der hohe Landtag wolle dieser Schlußabrechnung mit obberübrtem Ergebnisse die vorbehaltene Genehmigung ertheilen." Dr. Thurnherr: Hierüber macht das Komite folgende Bemerkung (verliest) und erhebt mit dem Landes-Ausschusse den Antrag: „Der hohe Landtag wolle dieser Schlußrechnung mit dem im Rechenschaftsberichte aufgeführten Ergebnisse die Genehmigung ertheilen." Landeshauptmann: Wenn hierüber Niemand das Wort zu ergreifen wünscht, bitte ich diejenigen Herren, welche dem soeben verlesenen Anträge ihre Zustimmung ertheilen, sich von den Sitzen zu erheben. (Angenommen.) 67 (Sekretär verliest Punkt UI, 2, sowie B, ferner IV. Landesvertheidigung, V. Forderung der Gemeinden Vorarlbergs an das k. k. Ärar per 73-884 fl. 20 kr. nach dem Wortlaute des Rechenschaftsberichtes, welche nach Verlesung der einschlägigen Bemerkungen und Anträge des Komite's von Seite des Herrn Berichterstatters Dr. Thurnherr ohne Debatte angenommen werden, ferner Punkt VI und VII Eisenbahnangelegenheiten und Rheinkorrektion.) Dr. Thurnherr: (Nach Verlesung der einschlägigen KomiteberichtsBemerkungen.) Mit Bezug auf die Bemerkungen des Herrn Karl Ganahl bezüglich eines angeblichen Widerspruches könnte man hier nur noch sagen. „Mit Bezug auf den unter I gestellten Antrag zur Nachricht genommen —" dann würde sich der Widerspruch gänzlich beheben (Sekretär verliest Punkt VIII Krankenverpflegskosten und IX Irrenversorgung, welche nach Verlesung des gedruckten Komiteberichtes mit den betreffenden Anträgen Seitens des Berichterstatters ohne Bemerkung angenommen werden — ferner Punkt X Landesirrenhaus Valduna.) Dr. Thurnherr: Verliest Punkt IX und X des Komiteberichtes mit den Anträgen zu Punkt X, lautend: „1. Ein hoher Landtag wolle die Baurechnung von Valduna pro 1869 nach dem im Rechenschaftsberichte enthaltenen Ergebnisse genehm hakten. 2. Das durch Kreditoperation mit der Sparkassa zu Feldkirch für letztere einschließlich Dezember vorigen Jahres erwachsene bezifferte Guthaben per 98.641 fl 72 kr. ö. Währ. zu 5 Prozent seit 1. Jänner 1870 gutheißen, und 3. der hohe Landtag wolle dem Herrn F. M. Wohlwend für seine uneigennützigen Bemühungen beim Baue des Landesirrenhauses in Valduna den Dank des Landes aussprechen und dies durch den Landes Ausschuß zu dessen Kenntniß bringen." Landeshauptmann: Wünscht hierüber Jemand das Wort zu ergreifen? Karl Ganahl: Als Vorsteher der Feldkircher Sparkassa will ich noch die Mittheilung machen, daß dieselbe seit Ende Dezember 1869 bis 17. August wieder 38.200 fl. für Valduna vorgestreckt hat und daß ihr Guthaben bis zu jenem Tage ohne Zins 133.710 fl. betrug. Die Anstalt wird fortsahen, die weiteren Bedürfnisse zu beschaffen. Baron Sternbach: Ich stelle den Zusatzantrag, der hohe Landtag wolle nebst dem, daß dem Herrn F. M. Wohlwend der Dank des Landes ausgesprochen werde, dieses ebenso der Sparkassa von Feldkirch für ihr uneigennütziges Benehmen zugleich der Dank ausgesprochen werde. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? (Niemand.) Somit erkläre ich die Debatte für geschlossen und ertheile dem Herrn Berichterstatter das Wort. Dr. Thurnherr: Ich habe nur zu bemerken, daß ich für meine Person, nicht als Berichterstatter, gegen diesen Antrag des Herrn Baron Sternbach durchaus keine Einwendung zu erheben habe und ich glaube, daß auch die Herren im Komite damit werden einverstanden sein. Landeshauptmann: Ich werde die einzelnen Punkte zur Abstimmung bringen (verliest Antrag 1, 2 und 3, siehe oben; werden jeder separat angenommen.) Landeshauptmann: Es wäre noch über den Zusatzantrag des Herrn Baron Sternbach: „es sei ebenfalls der Sparkassa in Feldkirch für ihr uneigennütziges Beschaffen der Geldmittel der Dank des Landes auszusprechen", abzustimmen. Diejenigen Herren, welche mit diesem Antrage einverstanden sind, wollen sich von ihren Sitzen erheben. (Angenommen.) Ich bitte, weiterzufahren. (Sekretär verliest Punkt XI des Rechenschaftsberichtes „Landeskulturfond.") Dr. Thurnherr: Hierzu bemerkt das Komite: (verliest den gedruckten Komitebericht mit folgendem Antrage in Übereinstimmung mit dem LandesAusschusse.) „Ein hoher Landtag wolle diesem Rechnungsabschlüsse die Genehmigung ertheilen." Landeshauptmann: Die Herren haben den Antrag vernommen. Diejenigen Herren, welche diesem Antrage beistimmen, bitte ich, sich gefälligst von den Sitzen zu erheben. (Angenommen) 68 Wir gehen weiter. (Sekretär verliest Punkt XII des Rechenschaftsberichtes „Brandschaden-Versicherung) Dr Thurnherr: (Verliest den gedruckten Bericht des Komite's, welches, der Ansicht des Landes Ausschusses sich anschließend, folgenden Antrag stellt:) „Der hohe Landtag wolle beschließen, es sei die Frist für die Beitrittsanmeldungen bis 1. Oktober 1871 zu verlängern und den LandesAusschuß zu beauftragen, die Aufforderung zum Beitritte durch öffentliche Kundmachung zu wiederholen." Landeshauptmann: Da keine Bemerkung fällt, bitte ich jene Herren, welche mit dem eben verlesenen Anträge sich einverstanden erklären, von den Sitzen sich zu erheben. (Angenommen). (Sekretär verliest Punkt XIII des Rechenschaftsberichtes „Gemeindeangelegenheiten.") Dr. Thurnherr: (Verliest den einschlägigen Komitebericht.) Das Komite glaubt mit dem Landes-Ausschüsse folgenden Antrag erheben zu sollen: „Der hohe Landtag wolle diesem Vorgehen die nachträgliche Genehmigung ertheilen." Landeshauptmann: Findet einer der Herren eine Bemerkung zu machen? (Niemand.) Sohin bitte ich jene Herren, die diesem beipflichten, von den Sitzen sich zu erheben. (Angenommen.) Ich bitte fortzufahren. (Sekretär verliest Punkt XIV des Rechenschaftsberichtes „Stipendien und Stiftplätze." Dr. Thurnherr: (Verliest die Bemerkungen des Komiteberichtes mit dem folgenden Antrage:) „Daß dem Landes-Ausschusse hiefür von Seite des hohen Landtages die Anerkennung ausgedrückt werde." Landeshauptmann: Ich bitte um Abstimmung auch hierüber. (Angenommen.) Der Rechenschaftsbericht wäre somit erledigt. Wir kommen nun zum zweiten Gegenstände der heutigen Verhandlung, zum Gesetzentwurfe, betreffend die Einführung eines Vermittleramtes in den Gemeinden. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter, das Wort zu nehmen. v. Gilm: (Verliest den gedruckten Komitebericht.) Ich möchte mir nnr den Antrag zu stellen erlauben, daß von Seite des Herrn Landtags-Sekretärs die einzelnen Paragraphe des Gesetzes, wie es in ursprünglicher Fassung und nach der neuen Fassung lautet, vorgelesen werde. Ich werde mir dann vorbehalten, Einzelnes noch zu bemerken. Landeshauptmann: Wir gehen zuerst zur Generaldebatte über. Wünscht Jemand das Wort? Dr. Jussel: Ich wünschte nur diesen Erlaß zu lesen, der vom hohen Ministerium eingetroffen ist. Er lag den Akten nicht bei und ich konnte ihn daher nicht einsehen und ohne Einsicht in den Inhalt dieser Akten ist auch der Bericht, der eben erstattet worden ist mir nicht ganz klar. Landeshauptmann: Ich werde dem nachkommen. (Sekretär verliest denselben.) Wünscht noch Jemand das Wort zu nehmen in der Generaldebatte? (Niemand.) Da dies nicht der Fall ist, erkläre ich die Debatte für geschlossen und ertheile dem Herrn Berichterstatter das Wort. Dr. Thurnherr: Der letzte Landtag hat, wie bekannt, das Gesetz en blos angenommen. Die Regierung war mit denjenigen Paragraphen, die sie nicht zu ändern beantragt hat, einverstanden. Ich erlaube mir den Antrag zu stellen: „es sollen diejenigen Paragraphe, die von der Regierung unbeanständet blieben, en bloc angenommen und über die andern Paragraphen die Spezialdebatte eröffnet werden." Landeshauptmann: Wünscht Jemand das Wort zu nehmen? Dr. Jussel: Nachdem das Gesetz nicht in Druck gelegt worden ist und man es nicht hat hier einsehen können, so glaube ich, werden wir bei dem bloßen Ablesen auch nicht viel mehr debattiren können, und es wird am besten sein, das ganze Gesetz en bloc anzunehmen. Der Komitebericht, wie er eben erstattet worden ist, hat gezeigt, daß auch das, was das hohe Ministerium zu verbessern für erforderlich erachtet hat, um das Gesetz zur hohen Sanktion vorlegen zu können, wirklich verbessert wurde. Ich stelle daher den Antrag das ganze Gesetz en bloc anzunehmen. 69 Dr. Thurnherr: Nach den Bemerkungen des Herrn Dr. Jussel habe ich gar keinen Anlaß, auf meinem Antrag zu beharren und ziehe ihn zurück. v. Gilm: Ich bin vollständig einverstanden , wenn die hohe Versammlung das Gesetz en bloc annehmen will; ich glaube aber doch, daß, der hohen Versammlung diese Abänderungen zur vollen Kenntniß zu bringen sind, und sohin das Gesetz verlesen werden soll in seiner gegenwärtigen Fassung. Landeshauptmann: Ich habe das auch so verstanden. Zch erkläre die Generaldebatte für geschlossen. Ich werde bevor ich Die en bloc Annahme zur Abstimmung bringe, indessen das Gesetz verlesen lassen und und zwar beide Stylisirungen. (Sekretär verliest Titel und Eingang des Gesetzes inclusive § 1.) v. Gilm: Dieser §. ist unverändert auch in dem neuen Gesetzentwurf ausgenommen worden. (Sekretär verliest § 2) v. Gilm: Zu diesem § sind nur wenige Bemerkungen gemacht worden. Es wurde nämlich beanständet, die Berufung auf den § 3 und 1! G.-W.-O. — Nun diese Berufung hat ohneweiters wegzubleiben, weil die Bestimmungen über die Ausschließung wegen einer strafbaren Handlung durch ein anderes Reichsgesetz geregelt worden sind. Nun bleibt lediglich der allgemeine Grundsatz, daß nur diejenigen als Vertrauensmänner in das Vermittleramt ausgeschlossen sind, welche auch von der Wählbarkeit in der Gemeinde ausgeschlossen sind- Es gibt aber neben Ausgeschlossenen auch Ausgenommene von der Wählbarkeit in die Gemeinde und darum muß auch die Rede von denen sein, welche hier nicht ausgeschlossen werden sollen; das sind die Gemeindebedienstelen, welche nach dem § 10 der G.-W.-O. von der Wahl bloß ausgenommen sind; weil wir nun den Ausdruck gewählt haben: „welche von der Wählbarkeit in den Gemeindeausschuß ausgeschlossen sind, — so sind diejenigen, welche nach dem § 10 von der Wählbarkeit bloß ausgenommen sind, von der Vertretung im Vermittleramte nicht ausgeschlossen und ich wollte nur das bemerken und erörtern. (Sekretär verliest den § 3.) Dieser § ist unverändert ausgenommen auch in dem neuen Gesetzentwurfe. (Sekretär verliest den § 4.) v. Gilm: Hier ist eine Veränderung. Ich bitte auch den Wortlaut des früheren Gesetzes verlesen zu lassen. (Landeshauptmann verliest den § 4 des ursprünglichen Gesetzentwurfes.) Hiernach haben die ersten Absätze dieses frühern Paragraphen das Ablehnungsrecht sehr beschränkt. Nun, nach den uns gegebenen Bestimmungen oder Andeutungen wollte man dieses Ablehnungsrecht ganz unbeschränkt lassen, einerseits, in der Voraussetzung, daß es gewiß in der Gemeinde Männer geben werde, welche sich diesem Berufe unterziehen, und anderseits, weil eine Zwangsannahme dieses Vermittleramtes sich nicht rechtfertigen läßt und auch nicht geeignet ist. Wir glaubten diesem gerechten Wunsche Rechnung tragen zu dürfen und haben statt dieser ersten zwei Absätze des § 4 ausgenommen: „die angenommene Wahl verbindet auf die im § 2 festgesetzte Zeitperiode." Sobald einer die Wahl angenommen, ist er an die festgesetzte Zeitperiode gebunden. Betreff der weiteren Umstände nachträglicher Enthebung haben wir berücksichtigt, daß wenn angegebene Umstände eintreten — nicht die Enthebung stattfinden kann, sondern daß die Enthebung stattfinden solle. (Sekretär verliest den § 5.) v. Gilm: Dieser §. ist nahezu unverändert und ist nur die Bemerkung gemacht, welche auch in den uns gegebenen Mittheilungen enthalten ist: „daß nämlich der Vergleich, weil von der Kompetenz und dem Ausspruch der Vertrauensmänner die Rede ist, neben Vereinigung in der Hauptsache auch darüber sich auszusprechen habe, wer die Kosten zu tragen hat, wodurch zugleich die beanständete Judikatur des § 20 entfällt." Was wir ferner glaubten, daß es in diesen Paragraph gehört, und im früheren Gesetzentwurf nur übersehen worden ist, ist der Beisatz, daß zum Abschlusse eines Vergleiches die Anwesenheit wenigstens zweier Vertrauensmänner erforderlich sei. (Sekretär verliest den § 6.) 70 v. Gilm: Ich muß hier bemerken, daß dieser § 6 im früheren Entwurfe der § 7 ist, ich bitte also, auch den § 6 des frühern Entwurfes noch zu lesen, weil er eben ganz weggelassen wurde. (Sekretär verliest den § 6 des früheren Gesetzentwurfes.) Nun, meine Herren, Sie werden gehört haben, daß die uns gegebenen Andeutungen zu diesem § 6 gefordert haben, daß man ihn fallen laste, Sie haben auch die Gründe gehört und ich meine, wir dürfen denselben auch zustimmen, denn es sind in jeder Gemeinde drei Vertrauensmänner und auch drei Ersatzmänner zu wählen. Nun, ist keine derjenigen Parthei, welche beim Vermittleramte Hilfe suchen, verbunden, sich irgend einem zu unterwerfen, den er als bedenklich oder verfänglich findet. Es wird immer noch andere geben und wenn mitunter einer, der in der Sache betheiligt ist, oder ein naher Verwandter von der einen Parthei angenommen wird, so sehe ich nicht ein, warum nicht oft gerade ein naher Verwandter sich interessiren kann unter den streitenden Partheien Frieden zu stiften und wenn er von feiner Parthei angenommen ist, so dürfte wirklich gegen einen solchen Vergleich, der durch solche Betheiligte zu Stande gekommen ist, gewiß sich nichts einwenden lasten. Um also dem Wunsche der hohen Regierung zu entsprechen, haben wir den § 6 weggelassen. (Sekretär verliest § 7, respektive § 8 des früheren Entwurfes, ferner § 8, 9, 10, respektive 9, 10 und 11, welche unverändert bleiben, dann § 12, welcher im neuen Gesetzentwurfe entfällt.) v. Gilm. Ich glaube, daß dieselben Gründe, welche von der Regierung für das Fallenlasten dieses Paragraphen angeführt worden sind, a^ ch hier gerechtfertigt erscheinen, denn ein Zeugniß, daß ein Vergleichsversuch fruchtlos ist, ist nicht nothwendig, und wenn Jemand dies fordern würde, so würde dies die Kommission vielleicht nicht verwehren. Die zweite Beschränkung, daß nur dann, wenn eine Parthei ihr Ausbleiben rechtfertiget, ein Vergleichsversuch wieder ausgenommen werben kann, entspricht keinem richtigen Grundsatz, denn es soll den streitenden Partheien unbenommen bleiben, jederzeit sich wieder an den Vermittler wenden zu können. (Sekretär verliest § 11, nach der frühern Fassung § 13, ferner § 12, 13, 14, 15, 16 repetire 14, 15, 16, 17 und 18, welche unverändert bleiben, dann § 17, früher 19) v. Gilm: Dieser §. ist in seinen ersten Ansätzen unverändert. Es ist darin der Grundsatz ausgesprochen, daß die Partheien für das Vermittleramt selbst keine Kosten zu fragen haben, es wurde aber gefordert, daß näher präzisirt werde, welche Kosten dennoch die Parthei und insbesondere allenfalls bei einem fruchtlos verbliebenen Vergleichsversuch zu tragen habe. Das Komite glaubte, diesem Wunsche zu entsprechen, und zu stylisiren: „die Partheien haben lediglich und bei Abschluß eines Vergleiches und nach Inhalt desselben die Ausgänge an Stempel und allfällige Kosten für Informationen und Vertretungen zu tragen." Ich glaube, daß natürlicher Weife die Parthei die Kosten an Stempel tragen müsse, und es wird ebenso natürlich sein, daß wenn allenfalls beim Vermittleramte für Informationen durch Zuziehung von Sachverständigen Kosten aufgehen, diese nicht die Gemeinde tragen wird, sondern daß sie auch die Parthei tragen wüste, -- und endlich, wenn durch eine Vertretung auch Kosten erlaufen, so werden auch diese allfällig erlaufenen Kosten die Partheien tragen müssen, und diese wo solche nothwendig fallen, wie es vorgeschrieben ist, sich hierüber zu vergleichen haben. (Sekretär verliest den § 20 nach der alten Fassung, der entfällt:) v. Gilm: Dieser Paragraph entfällt unter Anführung Desjenigen, was bereits im § 5 gegeben ist. (Sekretär verliest §.18, früher 21, und 19, früher 22) v. Gilm: Bleiben beide unverändert. Landeshauptmann: Herr Dr. Jussel hat beantragt, daß über das soeben verlesene Gesetz die Abstimmung en bloc angenommen werde. Diejenigen Herren, welche damit einverstanden sind, die en bloc-Abstimmung zuzulassen, wollen sich gefälligst erheben. (Angenommen.) Jene Herren nun, welche dieses Gesetz, sowie es vorliegt und wie es ihnen eben bekannt gegeben wurde, en bloc wirklich anzunehmen gedenken, sind ein geladen, sich von ihren Sitzen zu erheben. (Angenommen.) 71 Ich habe diese gegenwärtige Berathung für die zweite Lesung genommen, sie ist auch für die zweite Lesung zu nehmen. Sind die Herren einverstanden, das Gesetz in dritter Lesung heute noch vorzunehmen? (Zustimmung.) Somit wird die dritte Lesung eingeleitet. Die Herren, welche das Gesetz in dritter Lesung anzunehmen Willens sind, wollen sich gefälligst von den Sitzen erheben. (Angenommen.) Es ist also in dritter Lesung endgiltig angenommen. Wir kommen nun zum Komiteberichte, betreffend die Vermögenssteuer. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter, das Wort zu nehmen. Dr. Thurnherr: Komite-Bericht über den eingebrachten Dringlichkeitsantrag, eine Vermögens- und Einkommensteuer für die Landesbedürfnisse in Vorarlberg betreffend. Hoher Landtag! Das über den eingebrachten Antrag: „Es wolle der in letzter Landtagssession bereits vorgelegte aber nicht mehr vor den hohen Landtag gebrachte Entwurf eines Vermögens- und Einkommensteuergesetzes zur Deckung der Landesbedürfnisse in Vorarlberg, einer neuerlichen Berathung des Landes-Ausschusses unterstellt und von demselben in nächster Landtagssession in Vorlage gebracht werden" — eingesetzte Konnte hat, dem Wunsche der Bevölkerung entgegenkommend, beschlossen: Es sei der vorliegende Gesetzentwurf der Überprüfung des Landes-Ausschußes zu unterziehen und von demselben in nächster Landtagssession zur Berathung in Vorlage zu bringen. Hoher Landtag wolle seine Zustimmung ertheilen. Bregenz, den 29. August 1870. v. Gilm, m. p. Dr. Thurnherr, m. p. Obmann. Berichterstatter. Landeshauptmann: Wünscht Jemand das Wort zu nehmen? (Niemand.) Da dies nicht der Fall ist, werde ich den Antrag des Komite's zur Abstimmung bringen. Er lautet: „Es sei der vorliegende Gesetzentwurf der Überprüfung des LandesAusschußes zu unterziehen und von demselben in nächster Landtagssession zur Berathung in Vorlage zu bringen. Der hohe Landtag wolle seine Zustimmung ertheilen." Jene Herren, die diesem Antrage zustimmen, sind eingeladen, sich von den Sitzen zu erheben. (Angenommen.) 72 Nun kommen wir zum Berichte des Petitionsausschutzes über die eingelangten Gesuche, betreffend die Einführung eines Amtsblattes. Bitte ebenfalls Dr. Thurnherr als Berichterstatter das Wort zu nehmen. Dr. Thurnherr: (Verliest den Komitebericht wie folgt: Bericht des vom hohen Landtage eingesetzten Petitionskomite's über drei Gesuche in Betreff der amtlichen Kundmachungen durch die Landeszeitung. Über das Gesuch der Frau Karolina Teutsch und die Gesuche der Gemeindevorstehungen beehrt sich das Petitionskomite, dem hohen Landtage den Antrag vorzulegen: „Der hohe Landtag wolle die Befürwortung der Gründung eines abgesonderten mit keinerlei politischen Journal verbundenen Amtsanzeigeblattes bei der hohen Regierung beschließen, und motivirt diesen Antrag „mit dem im Lande allgemeinen Bedürfnisse eines wohlfeilen Amtsanzeigeblattes ohne alle politischen Nebentendenzen." Bregenz, 29. August 1870. August Rhomberg m. p. Berichterstatter. Dr. Thurnherr in. p. Obmann. Landeshauptmann: Die Debatte ist eröffnet, Baron Sternbach: Wenn ich diesen Antrag recht verstanden habe, geht er dahin, daß ein Amtsblatt gegründet werden solle, welches lediglich amtliche Anzeigen und Notizen zur Kenntniß der Bevölkerung zu bringen habe und zwar wird er dadurch begründet, daß es gefährlich erscheine, wenn die ländliche Bevölkerung nebst den amtlichen Anzeigen auch vielleicht noch Gegenstände politischen Inhaltes in einem solchen Blatte zu lesen bekommen sollte. Anders konnte ich diesen Antrag des Komite's nicht verstehen. Nun glaube ich aber, nachdem im Lande Vorarlberg bereits ein Amtsblatt in dieser Beziehung besteht, daß es höchst überflüssig ist, ein eigenes Blatt zu gründen, welches blos amtliche Anzeigen aufnehmen oder bringen soll. Warum? Derjenige, der sich dieses Amtsblatt halten will, wird auch das jetzt bestehende Amtsblatt halten können, denn ohne Preis wird auch dieses Amtsblatt nicht ausgegeben werden können, d. h. ohne Zahlung. Derjenige, welcher sich an dem politischen Inhalte des jetzt bestehenden Amtsblattes stößt, braucht es einfach nicht zu lesen. Die Herren betonen immer und bei jedem Falle, man solle der politischen Freiheit und der Meinungsäußerung keinen Zwang anthun. — Ich sage aber, es ist eine Zwangsmaßregel, wenn ich es absolut verhindern will, daß andere Ansichten, als wie sie hier ver. treten sein wollen, unter die Landbevölkerung kommen. 73 Wie gesagt, wenn sich Jemand aus eigener Überzeugung an dem politischen Inhalte, welchen das jetzige Amtsblatt zur Kenntniß der Bevölkerung bringt, stoßen sollte, so bleibt es ihm frei, ihn einfach zu überschlagen. Die Begründung, ein eigenes Amtsblatt zu errichten, ist nach meiner Ansicht nicht stichhaltig. Johann Thurnherr: Ich befürworte die Gründung eines eigenen Amtsblattes zur Förderung des Verkehres im Allgemeinen. Je billiger ein Amtsblatt herausgegeben werden kann, in desto weitere Kreise wird es bringen. In je weitere Kreise ein solches Blatt bringt, desto mehr wird es den Verkehr anregen und fördern. Insbesondere ist es wunschenswerth, daß ein sehr billiges Amtsblatt erscheine, welches dem kleineren Gewerbsmanne und dem Handwerker ermöglicht, auch um ein geringeres Geld sich von den Vorgängen im öffentlichen Leben zu unterrichten. Will man den Verkehr fördern, glaube ich, muß man auch die Mittel wollen, welche dazu helfen und das ist gewiß hier der Fall, wo das Konnte beantragt, es möge ein Amtsblatt herausgegeben werden, welches wegen seines bloßen Inhaltes von Anzeigen möglichst billig herausgegeben werden kann. Wer ein Bedürfniß hat, neben diesen Anzeigen sich noch politische Neuigkeiten zu verschaffen, dem steht bei der Masse von Zeitungen, welche heutzutage werden, Wahl genug zu Gebote. Dr. Ölz: Ich habe nur einige Bemerkungen gegen die Ansichten des verehrten Herrn Baron Sternbach zu machen. Herr Baron glaubt, daß unter uns die Ansicht herrsche, daß wir gewisse politische Blätter für gefährlich halten. Über dieses ist die Rede nicht. Gefährlich oder ungefährlich — wir halten nur diese Blätter, wenn sie mit politischen Nebentendenzen verbunden sind, für zu theuer. Das war die Ansicht. Es handelt sich nicht um Politik, es handelt sich hier um dm Preis, den die Leute zu bezahlen haben, um ein nöthiges Amtsblatt zu bekommen. Der Herr Baron macht ferner die Bemerkung, wer das gegenwärtige Amtsblatt mit der Landeszeitung halte, brauche den politischen Theil nicht zu lesen. Das ist wahr, warum soll er ihn aber bezahlen, wenn er ihn nicht zu lesen braucht? Die dritte Bemerkung des Herrn Baron ist; man solle der Politik freien Lauf lassen. Ich bin da vollkommen seiner Ansicht. Wir wollen nur nicht jeder Politik die Thüre öffnen, aber freien Lauf lassen wollen wir jeder. Wir sollen aber auch nicht zwangsweise eine politische Richtung in ein Haus hineinführen, wo man selbe nicht hinein taffen will; mit dem Amtsblatt eine politische Zeitung verbinden, heißt mit dem Polizeibüttel eine politische Richtung in das Haus hineinführen. Das sind meine Ansichten. (Heiterkeit.) Dr. Jussel: Ich bin ganz einverstanden mit der Äußerung des Herrn Abgeordneten Dr. Ölz, daß man der Politik freien Lauf lassen solle und ich wäre daher längst schon der Ansicht gewesen, daß durchgängig gar kein Amtsblatt in ganz Österreich zu bestehen hätte. Ein Amtsblatt hat nach dem jetzt bestehenden Gesetze Privilegien; es braucht keinen Zeitungsstempel und hat zudem noch Begünstigungen durch Insertionen und ich halte das für ein Privilegium. Wenn aber abgeholfen werden soll, so muß es eben im Reichsrathe durch ein Reichsgesetz geschehen. So lange aber das diesfällige Reichsgesetz besteht, bin ich nicht der Ansicht, daß eine Änderung getroffen werden solle. Ich habe hier den Tirolerboten vor mir. Der Tirolerbote erscheint schon viele, viele Jahre und seine politische Richtung ist immer diejenige gewesen, welche die Regierung einhielt. Wenn die Regierung schon Conzessionen macht durch Befreiung von Taxen und Stempel, so wird sie eben damit einen Zweck verfolgen wollen, wird sie die Richtung ihrer Politik der Bevölkerung zugänglich machen wollen. Seitdem die Verfassung dem Lande Vorarlberg die Selbstständigkeit und einen eigenen Landtag gebracht hat, besteht auch in Vorarlberg nach dem Muster von Tirol, nach dem Muster des Boten für Tirol und Vorarlberg eine vorarlbergische Landeszeitung. Meines Wissens sind die zwei anderen Zeitungen des Landes, der Landeszeitung, ich möchte fast sagen, neidisch gewesen um die Vortheile, welche sie hat. Allein die Landeszeitung hat ihren politischen Inhalt auch immer nach der politischen Richtung des Staates gerichtet und ist so gut wie der Tirolerbote der Regierung für die Privilegien dankbar gewesen. (Rufe: sehr richtig.) Ich sehe nicht ab, daß man das der gegenwärtigen Landeszeitung ungut nehmen sollte. (Rufe: das thut" man nicht.) Die Pflicht der Dankbarkeit ist immer beachtenswerth. Ich würde es daher bei dem belassen, wie es bisher gewesen ist. Wenn dann 74 der Herr Reichsrathsabgeordnete Dr. Ölz in Wien Anträge bringen und es durchsetzen wird, daß überhaupt alle Amtsblätter abgeschafft und daß alle Zeitungsblätter gleich gehalten werden, werde ich vollkommen beistimmen. Karl Ganahl. Bevor ich mich über diese Angelegenheit äußere, möchte ich bitten, daß die drei betreffenden Gesuche dem Landtage vorgelesen werden. Landeshauptmann: Ich werde sie verlesen lassen. (Dr. Thurnherr verliest dieselben.) Karl Ganahl: Die Gemeinde Nenzing sagt in ihrem Gesuche, die Landeszeitung verstoße sich gegen die religiösen Tendenzen, gegen die Prinzipien der Gemeinde ja des ganzen Landes schnurstracks. Der hauptsächliche Grund, warum Nenzing verlangt, daß ein eigenes Amtsblatt gegründet werde, ist eben gar kein anderer als der, die Landeszeitung zum Aufhören zu bringen; denn wenn dieselbe die Stempelfreiheit nicht mehr hat, wird sie nicht mehr existiren können. Begreiflicherweise liegt es im Interesse eines jeden Gemeindevorstehers zu wissen, welche Gesetze und welche Verordnungen erlassen worden sind und darum ist es auch nothwendig, daß er die Landeszeitung hält, er wird aber nicht blos das Amtsblatt, sondern auch politische Artikel lesen; die politischen Artikel aber, die in der Landeszeitung enthalten sind, sind für gewisse Leute Gift! Der Herr Dr. Ölz hat bemerkt, nach seiner Ansicht soll es jedermann gestattet sein, Politik zu treiben wie er wolle und man soll überhaupt der Politik keinen Zwang anthun. Ich sehe aber gerade in dem Begehren, ein eigenes Amtsblatt zu errichten, nichts Anderes, als daß nach und nach das Volksblatt allein der Landbevölkerung als geistiges Nahrungsmittel dienen soll. (Heiterkeit.) Meine Herren! das Volksblatt, dessen früherer Redakteur dasselbe verließ und an dessen Stelle nun ein anderer aus dem Stande der Geweihten getreten ist und das seitdem an Gemeinheit Alles übertrifft, was bisher dagewesen, — dieses Blatt, meine Herren will man der Landbevölkerung ausschließlich aufdrängen durch den Antrag, welcher gestellt wurde. Das, meine Herren, ist der Witz der ganzen Sache. Übrigens begreife ich nicht, wie die sämmtlichen Herren vom Komite — ich frage Sie, sind alle einverstanden? — (Dr. Thurnherr: Alle!) an die Regierung die Zumuthung stellen können, sie möge darauf verzichten, ihre Ansichten im Lande Vorarlberg durch irgend ein Blatt mitzutheilen. Das ist nach meiner Meinung wirklich zu stark und ich möchte sagen, ein derartiger Antrag ist geradzu lächerlich, wenn man ihn der Regierung gegenüber stellt. Dies ist meine Meinung und Ansicht. v. Gilm. Ich glaube nicht, daß in Allem und Jedem die Vorarlberger Landeszeitung die Ansicht der Regierung vertritt. Wir haben erst in den letzten Tagen in dieser freundlichen Landeszeitung gelesen, wie sie dieses hohe Haus, oder vielmehr die Majorität desselben, geradezu eine Sippschaft genannt hat. Nun, wenn dem so wäre, daß die Landeszeitung die Anschauungen der Regierung wirklich vertreten soll, so bin ich der Ansicht, daß dann die Regierung diese Landeszeitung durch ihren Dispositionsfond subventioniren solle und es wird uns dann ganz gleichgiltig sein, ob eine Landeszeitung existirt oder nicht. Wir haben Blauer, wie bemerkt worden ist, selbst im Lande genug; wir haben zwei Blätter verschiedener Richtung — an denen ist es genug, und sonst, wenn die Regierung ihre Anschauungen vertreten lassen will, ist es nicht nothwendig, daß die Bevölkerung nothgezwungen ist, ein solches Blatt zu subventioniren. Nach meiner Ansicht kann von einem Aufzwingen des Volksblattes keine Rede sein; denn wir haben nie begutachtet, daß das Volksblatt das Amtsblatt bilden solle, oder daß das Amtsblatt Regierungsblatt sein solle, das ist auch recht, — aber es kann auch betont werden, daß bei aller Freiheit der politischen Anschauungen doch Niemand gewungen werden kann, mit seinem Gelde etwas anzukaufen, was er nicht Haden will. Das ist ein Zwang, der in der freien Ära nicht vorkommen soll. Baron Sternbach: In allen dielen Auseinandersetzungen von Seite der Majorität sind Widersprüche enthalten. Auf der einen Seite behaupten die Herren, man könne Niemand zwingen, in einem Blatte, welches die amtlichen Notizen enthält, mit den Notizen zugleich auch das Politische mitzulesen; auf der andern Seite sind zugleich zwei Petitionen da, die geradezu betonen, daß die Amtsnotizen dem Volksblatte übergeben werden sollen, das heißt mir einem Worte, es soll das Blatt gewechselt werden. 75 dahin gehen die Petitionen der Gemeinde Nenzing und der Frau Teutsch, um das handelt es sich, da sitzt der Haas im Pfeffer. Es handelt sich nur um die Wechslung des Blattes. Also darin liegt der Wiederspruch. Ich habe noch eine thatsächliche Bemerkung auf die Auslassung des Herrn Kohler, welcher behauptet hat, es sei deswegen ein Amtsblatt herzustellen, welches möglichst wohlfeil der Bevölkerung gegeben werden könne, damit auch Gewerbsleute, welche nicht über große Geldmittel zu verfügen haben, auch lesen können. Dem habe ich nur zu bemerken, daß die gewerbtreibenden Leute, welche hier in Vorarlberg sind, größentheils im Thal herunten leben und nur mit wenigen Ausnahmen in den Bergen. Nun ist aber im Thale der ganzen Bevölkerung überall Gelegenheit gegeben, auch unentgelilich diese Anzeigen zu lesen. Für diese, wie vom Herrn Kohler heionl wurde, ist es nicht nöthig, ein neues Amtsblatt zu schaffen. Diese Begründung fällt daher auch weg. Peter Jussel: Es ist nicht richtig, wie Herr Baron bemerkt hat, daß in den Gesuchen der Gemeinde Nenzing und Thüringerberg auf das Volksblatt hingewiesen worden sei. Namentlich im ersten ist gesagt worden, büß ein von jeder Tendenz freies Amtsblatt in's Leben gerufen werden solle. Wir wollen weder das Volksblatt noch die Landeszeitung, noch die Feldkircher Zeitung. Wir wollen einen eigenen Amtsanzeiger haben, gleich denen, wie sie in Dornbirn und Feldkirch erscheinen. Kohler: Ich habe gegenüber den von jener Seite des Hauses gefallenen Bemerkungen zu erwidern: Mir scheint, Herr Baron von Sternbach verwechselst den Inhalt der Gesuche mit dem Komite-Antrage. Das was wir