18691020_lts007

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Letzte Änderung 03.07.2021, 10:45
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp02,lts1869,lt1869,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

109 Vorarlberger Landtag VII. Sitzung Am 20. Oktober 1869 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Sebastian von Froschauer Im Beisein der Regierungsvertreter, k.k. Statthaltereirath Karl Schwertling und k.k. Landes-Schulinspektor Wolf Gegenwärtig sämmtliche Abgeordnete. Beginn der Sitzung um 9 ¼ Uhr Vormittags. Landeshauptmann: Die Sitzung ist eröffnet. (Sekretär verliest das Protokoll der vorhergehenden). Ich nehme an, da keine Bemerkung vorfällt, daß die Fassung des Protokolls genehmiget sei. Es wurde mir ein selbständiger Antrag von H. Hirschbühl und Genoßen überreicht, den ich zur Kenntnis der h. Versammlung bringe. (Sekretär verliest denselben wie folgt:) „es sei die hohe Regierung zu ersuchen die Regelung der Gewährleistung im Handel mit Rindvieh durch ausreichende präcise gesetzliche Bestimmungen im geeigneten Wege herbeizuführen und es sei dieser Antrag dem landwirthschaftlichen Ausschusse zur Vorberathung und Berichterstattung zu überweisen.“ Ich werde diesen selbständigen Antrag ordnungsgemäß in einer der nächsten Sitzungen zur Verhandlung bringen. Ich habe die Ehre der h. Versammlung mitzutheilen, daß unseren Berathungen, betreffend das Schulgesetz der Herr Landesschulinspektor Wolf beikommen wird. Wir gehen nun über zur Tagesordnung. 110 Der erste Gegenstand der Verhandlung ist der Bericht betreffend die Feststellung der Verhältnisse zwischen der Wohlthätigkeitsanstalt Valduna und der Landesirrenanstalt dortselbst. Ich ersuche Herrn Dr. Jussel den Vortrag zu halten. Dr. Jussel: (Verliest den gedruckt beiliegenden Bericht des Landesausschuß so wie das Übereinkommen zur Feststellung der Verhältnisse zwischen der Wohlthätigkeitsanstalt Valduna und der zu errichtenden Landesirrenanstalt dortselbst). Landeshauptmann: Da kein formeller Antrag erfolgt, gehe ich sogleich zur Verhandlung dieses Gegenstandes über. Ich eröffne die Debatte hierüber. Hochw. Bischof: Ich bitte ums Wort. Nachdem die Vereinbarung, die uns hier vorliegt, zwischen dem Landesausschusse und den Vertretern der Wohlthätigkeitsanstalt nach längerer reiflicher Überlegung geschlossen worden ist, dürfen wir alle glauben, daß alle jene Rücksichten dabei beobachtet worden sind, welche den Gegenstand selbst, das Interesse des Landes und das Interesse der beiden Anstalten, der Landesirrenanstalt sowohl als der Wohlthätigkeitsanstalt Valduna berühren. Die verehrten Herren haben alle diese Vereinbarungen gelesen. Ich bin dabei besonders interessirt, weil ich eben als Berichterstatter des damaligen ersten Comites wegen Errichtung dieser Anstalt und wegen Festsetzung des gegenseitigen Verhältnisses mitgewirkt habe. Jene Umstände, die in dem heutigen unvorliegenden Übereinkommen nun berücksichtigt sind, schienen mir eben damals schon einer gröberen Berücksichtigung würdig und ich hätte damals schon gewünscht, daß gerade die nun vereinbarten Grundsätze angenommen worden wären. Sie erscheinen nun desto zweckmäßiger und angemessener, weil eben die inzwischen gemachten Erfahrungen gezeigt haben, daß eine Abänderung derselben nothwendig war. Ich finde dem Ganzen einfach beizustimmen und hebe nur den Kostenpunkt hervor. Indessen, nachdem schon in der damaligen, von mir berührten Session der Kostenpunkt zugegeben war, so ist der gegenwärtige Antrag nur die nothwendige Folge der damals schon vom h. Landtage zugesicherten Leistung des Landes zur Erstellung und Einrichtung dieser Anstalt und nothwendig also auch schließt er in sich dasjenige, was gegenwärtig noch erfordert wird, um sie wirklich in's Leben treten zu lassen und in diesem ihren Leben den lebenden Zustand zu erhalten. Wenn ich noch kurz sprechen darf über meinen letzten Antrag, so ist es das, wir sollten dieses Übereinkommen einfach annehmen. Landeshauptmann: Wenn Niemand in der Generaldebatte das Wort zu ergreifen wünscht, erkläre ich dieselbe für geschlossen. (Niemand). Sie ist geschlossen. Wir gehen nun über zur Spezialdebatte. Die Anträge sind folgende: 1. „ein h. Landtag wolle den beigeschlossenen Entwurf zur Feststellung der Verhältnisse zwischen der Wohlthätigkeitsanstalt Valduna und der zu errichtenden Landesirren-Anstalt vom 8. d. Mts. Oktober genehm halten." Findet Jemand das Wort zu nehmen? (Niemand). Da dieß nicht der Fall ist, bitte ich die verehrten Herren um Abstimmung. (Angenommen.) 111 2. „den Landesausschuß ermächtigen, das Statut für die Landeianstalt, die Instruktionen für den leitenden Arzt, für das Wart- und Dienstpersonale, die Hausordnung die Aufnahms- und Entlassungsmodalitäten, sowie alle auf die Behandlung und Versorgung der Irren Bezug nehmenden Anordnungen zu entwerfen und mit einstweiliger Gültigkeit, bis hierüber die Beschlußfassung des nächsten Landtages eingeholt sein wird, in Anwendung zu bringen." Wünscht hierüber Jemand das Wort zu ergreifen? (Niemand.) Da dies nicht der Fall ist, bitte ich gleichfalls um Abstimmung hierüber. (Angenommen). 3. der Landesausschuß werbe ermächtiget, die Mittel zur Bestreitung der Verwaltungskosten zu beschaffen." Ich bitte um Abstimmung hierüber. (Angenommen.) Wir kommen zum Comiteberichte über das Gesuch der Gemeinde Koblach um eine Vorschrift für das Torfstechen in der Gemeinde. Ich ersuche Herrn Dr. Bikl als Berichterstatter das Wort zu nehmen. Dr. Bikl: (Verliese den betreffenden Comitebericht wie folgt:) Comite-Bericht über das Gesuch der Gemeindevorstehung von Koblach um eine Vorschrift für das Torfstechen in der Gemeinde Koblach. Hoher Landtag! Die Gemeindevorstehung von Koblach bemerkt in ihrem Gesuche, daß sich im Gemeindebezirke von Koblach ein großes Torflager befinde, welches theils Privaten theils Gemeinden gehöre, und daß daraus jährlich einige tausend Fuhren von Torfschollen nach allen Richtungen hin bezogen werden und beklagt dabei, daß, weil jeder Eigenthümer die Torfschollen senkrecht nach seiner Marklinie in beliebige Tiefe (mitunter bis zu 14 Schuh) aussteche, daraus der Mißstand entstehe: I. daß die angrenzenden Torfgründe anderer Eigenthümer, sowie auch Straßen und Wege in Gefahr kommen, ganz oder theilweise in die gegrabenen Tiefen zu stürzen und daß auch wirklich schon solche Einstürze von Torfgrund stattgefunden haben und mit Verringung der Hitzkraft der davon beziehbaren Schollen verbunden sei; II. daß den Flußgräben und namentlich dem Mühlbache das Wasser zum Theil entzogen werde; 112 III. daß die Sicherheit von Menschen und Vieh, besonders bei der Nachtzeit, wegen der Gefahr des Einstürzens in die Tiefen, aus denen schwer mehr zu entkommen sei, leide. Die Gemeindevorstehung stellt deßhalb an den hohen Landtag die Bitte: a. dieses Sachverhältniß durch Sachverständige an Ort und Stelle untersuchen zu lassen, sodann b. zu bestimmen, daß jeder Schollenstecher seinen Anrainern beim Torfstechen einer Böschung zu belasten habe, welche die oben ausgeführten Mißstände hintanzuhalten geeignet ist. Abgesehen davon, daß die Feststellung einer solchen Norm für Böschungen bei der Verschiedenartigkeit des Torfgrundes sehr schwer, ja kaum möglich werden dürfte, sowie auch weiter abgesehen davon, daß es zur Beseitigung der beklagten Mißstände keines eigenen Gesetzes bedarf, sondern zur Hintanhaltung und Beseitigung der sub I und II bezeichneten Mißstände die Grundsätze des allgem. bürgerl. Gesetzbuches, wornach Jedermann, somit auch der Eigenthümer eines Torfgrundes von seinem Rechte nur innerhalb der rechtlichen Schranken, d. h. in sofern die Rechte eines Andern nicht verletzt, Gebrauch machen und namentlich auch keine Anlage machen darf, welche fremden Rechten nachtheilig werden könnten, ohne Zweifel ausreichen und daß die Sorge für die Sicherheit der Person und für die Sicherheit des Verkehres auf Straßen und Wegen somit die Beseitigung des sub III berührten Mißstandes im eigenen Wirkungskreise der Gemeinde selbst liegt — hält das Comite den hohen Landtag überhaupt nicht für comperent, für eine einzelne Gemeinde, geschweige denn für eine einzelne Interessentschaft von Torfgründen gesetzliche Bestimmungen oder sie bindende Vorschriften zu erlassen und stellt deßhalb einstimmig den Antrag: Der h. Landtag wolle der Gemeindevorstehung von Koblach das vorliegende Gesuch de präs. 27. v. Mts. Zahl 1077 mit der Bemerkung zurückstellen lasten, daß er sich zur Erlassung der erbetenen Vorschriften nicht für kompetent halte und daher den gewünschten Augenschein für zwecklos Finde. Die Mehrheit des Comites, zu welchem aber der Berichterstatter nicht zählt, stellt den weiteren Antrag: der hohe Landtag wolle den Landesausschuß mit dem Entwurfe einer für das Land Vorarlberg geltenden Torfordnung beauftragen. Bregenz, den 13. Oktober 1869. Feuerstein, Obmann. Dr. Bikl Berichterstatter. Was das Begehren, einen Augenschein zu veranlassen, anbelangt, so dürfte derselbe bei dem Antrage, welchen das Comite gestellt hat, entfallen. 113 Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort hierüber zu nehmen? Das Comite stellt zwei Anträge. Der erste lautet: „Der hohe Landtag wolle der Gemeindevorstehung von Koblach das vorliegende Gesetz präs. 27. v. M. Zahl 1077 mit der Bemerkung zurückstellen lassen, daß er sich zur Erlassung der erbetenen Vorschriften nicht für competent halte und daher den gewünschten Augenschein für zwecklos finde." Der zweite Antrag lautet: „der hohe Landtag wolle den Landesausschuß mit dem Entwurfe einer für das Land Vorarlberg geltenden Torfordnung beauftragen." O. L. G. R. Hämmerle: Ich würde mir erlauben, auf die Bemerkung, welche der Herr Berichterstatter selbst vorgetragen hat, den ersten Antrag dahin zu ergänzen, daß der hohe Landtag über das Gesuch der Gemeinde Koblach erkläre: „er halte sich nicht für competent, diese im Gesuche angestrebte Norm zu erlassen und finde die ansuchende Gemeinde dahin zu bescheiden, daß zum Schutze des Eigenthums die Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches zum Schutze der persönlichen Sicherheit auf Wegen und Stegen die bestehenden polizeilichen Anordnungen im eigenen Wirkungskreise der Gemeinde vollkommen ausreichen dürften." Ich glaube, daß diese Hinweisung für die Gemeinde Koblach von einigem Werthe sein dürfte und glaube, es liege darin auch die Motivirung der abweislichen Bescheidung dieses Gesuches. Landeshauptmann: Darf ich bitten, diesen Zusatz formuliren zu wollen? wünscht noch Jemand das Wort zu nehmen? Gsteu: Ich bin kein Jurist und kann also folglich über die Competenz, welche die Landesvertretung in dieser Frage hat, nicht entscheiden. Blos glaube ich, daß es möglich wäre, daß in dem Falle die Landesvertretung competent wäre, denn im §. 19 der Landesvertretung heißt es: „die Landesvertretung hat zu entscheiden über Landeskulturgegenstände." Mir scheint diese Schollenstecherei ist wirklich ein LandeskulturGegenstand und diese Kalamität, welche die Gemeindevorstehung von Koblach vorbringt, ist mehr oder weniger in ganz Vorarlberg, wo Schollen gestochen werden, in allen Bezirken vorhanden. Es ist ein allgemeines Bedürfniß, das gewissermaßen Abhilfe erheischt und da könnte denn doch unter der Voraussetzung, daß dies eine Landeskultursachs ist, von der Landesvertretung eine Bestimmung getroffen werden. Wie gesagt, ich bin nicht Jurist, um darüber zu entscheiden; ich meine aber doch, es könnte eine Abhilfe getroffen werden. Landeshauptmann: Es ist zum ersten Antrage, wo die Gemeinde hingewiesen wird auf den eigenen selbstständigen Wirkungskreis für das Verhältniß, wie es hier gegeben ist, zeitliche und augenblickliche Maßnahmen zu treffen, die das Unglück zu verhindern und den Schaden 114 hintanzuhalten geeignet sind; ein zweiter Punkt ist beantragt worden, der dahin geht, daß ein Gesetz für das ganze Land erlassen werde: wird hierüber das Wort gewunschen? Dr. Jussel: Es handelt sich durchgängig um Privateigenthums-Rechte, die da zunächst in das Spiel kommen und sie fallen in das Fach der Justizgebung; diese ist aber ausdrücklich nach der Verfassung dem Reichsrathe Vorbehalten und deßwegen kann kein Zweifel entstehen. daß der h. Landtag in der Sache nicht competent ist. Soweit aber andere politische Rücksichten dabei obwalten wie z. B. Culturrücksichten, so sind der Gemeinde schon zum Theile im Gemeindegesetze, wornach die Gemeindevertretung berechtiget ist, polizeiliche Satzungen selbst zu erlassen und überhaupt durch die politische Gesetzgebung hinlängliche Mittel gebothen. Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Hämmerle hat seinen Antrag formulirt übergeben und er lautet: „der Landtag erachte es nicht in seiner Competenz gelegen, die im Gesuche angestrebte gesetzliche Norm zu erlassen und finde die ansuchende Gemeinde dahin zu bescheiden, daß zum Schutze des Eigenthumes die Bestimmungen des bürgert Gesetzbuches, zum Schutze der persönlichen Sicherheit auf Wegen und auf Stegen die bestehenden polizeilichen Anordnungen im eigenen Wirkungskreise der Gemeinde vollkommen ausreichen dürften." Da Niemand mehr das Wort ergreift, erkläre ich die Debatte für geschlossen. Haben Herr Berichterstatter noch etwas zu bemerken? Dr. Bikl: Ich habe gegen diesen Antrag um so weniger etwas zu bemerken, nachdem der Antrag des Comites durch den Beisatz mehr begründet erscheint und ich stimme demselben auch bei. Landeshauptmann: Es liegt hier in erster Linie der Abänderungsantrag, den die Herren soeben vernommen haben, Seitens des Herrn Abgeordneten Hämmerle vor und zweitens der Antrag der Mehrheit des Comites. Diejenigen Herren, welche dem Antrage des Hr. Abgeordneten Hämmerle beistimmen, wollen sich gefälligst erheben (Angenommen.) Jene Herren welche dem zweiten Antrage des Comites, dahin lautend: „Der b, Landtag wolle den Landesausschuß mit dem Entwurfe einer für das Land Vorarlberg geltenden Torfordnung beauftragen" bestimmen, wollen sich gleichfalls erheben. (Abgelehnt.) Wir kommen nun zum Comitebericht über das Gesuch der Gemeinde Mittelberg wegen Maßnahmen zu geeigneterer Waldwirthschaft in der dortigen Gemeinde. Hr. Dr. Bikl als Berichterstatter wollen den Vortrag halten. Dr. Bikl: (Verließt den Comitebericht wie folgt: 115 Comite-Bericht Über über das Gesuch der Gemeinde Mittelberg wegen Maßnahmen zu geeigneterer Waldwirthschaft in der Gemeinde Mittelberg. Hoher Landtag! Indem die aus drei größeren Parzellen bestehende Gemeinde Mittelberg ihre zwischen steilen Gebirgen befindliche Lage und die Abhängigkeit ihrer Existenz von deren Schutze der auf diesen noch übrigen Wäldern darstellt, giebt sie nur ein Bild des größten Theiles unseres Landes, sowie sie auch in ihrem Wunsche nach einer bessern Forstwirthschaft nur ein Bedürfniß des ganzen Landes ausdrückt, dem übrigens in neuerer Zeit der größere Theil der Forstbehörden auf ziemlich befriedigende Weise Rechnung zu tragen bestrebt ist. Wenn die Gemeinde Mittelberg aber sich rühmen kann, ihre Waldungen von jeher durch Baulegung, durch Ausschließung von Kahlschlügen, durch nur mäßige Gestattung von Durchforstungen und dergleichen forstwirthschaftlichen Maßregeln selbst der Art geschont zu haben, daß sie sich dabei wohl befand und für die Zukunft bezüglich der Waldungen kaum Sorge haben dürfte, sich nun aber beklagen muß, daß seit mehreren Jahren theils ohne forstliche Bewilligung, theils unter Mißbrauch derselben, theils gar mit forstlicher Bewilligung Kahlschläge in steilen Waldungen und andere Mißwirthschaften in dem Grade um sich gegriffen haben, daß die nachhaltige Deckung des Haus- und Gutsbedarfes gefährdet erscheint und selbst die Kulturgründe durch Lawinen und Herabrutschungen bedroht werden und daß sogar die jeweiligen Bezirksförster durch ihren Mangel an Fleiß, Umsicht und Localkenntniß und durch ihr Taubsein gegen die Erinnerungen der Gemeinde daran wesentlich Schuld tragen, so befindet sich die Gemeinde Mittelberg wahrlich in einer so außerordentlichen Lage, daß sie einer dringenden Abhilfe bedarf und sie auf wohlbegründete Weise beim h. Landtage sucht. Allein, da die Bitte der Gemeindevertretung dahin geht, zu bewirken, daß — woferne nicht eine Ausnahme von den allgemeinen Forstgesetzen wegen der besondern Verhältnisse zweckmäßig erschiene und für Holzlieferungsbewilligungen der Rechtszug von der Gemeinde an den Landesausschuß sollte eingeführt werden, können doch Holzbewilligungen ohne Einvernahme und Zustimmung der Gemeinde nicht ertheilt, Kahlschläge ganz ausgeschlossen, Holzfrevel aber strenge und zwar insbesonders mit 116 der Wegnahme des gefrevelten Holzes zu strafen seien, die Festsetzung einer Ausnahme vom allgem. Forstgesetze als einem Reichsgesetze aber und insbesonders die Änderung des Instanzenzuges bezüglich der Bewilligung zu Holzlieferungen nur durch den Reichsrath erfolgen könnte, bei gehöriger Handhabung der bestehenden Forstgesetze übrigens nicht nothwendig erscheint, so kann es sich nur noch darum handeln, ob und allenfalls in wieferne der h. Landtag in den zweiten Theil der gestellten Alternative einzugehen findet. Dießfalls hält das Comite eine besondere Verwendung des h. Landtages für Mittelberg um möglichste Handhabung der Forstgesetze und Hintanhaltung schädlicher Kahlschläge und um strenge Bestrafung der Forstfrevel zwar für zweckdienlich und nothwendiger, für um so dringlicher, als, wenn die Angaben der Gemeinde sich in ihrem vollen Umfange erwahren sollten, was die politischen Behörden zu untersuchen haben, der Gemeinde täglich großer Schaden zugehen kann; allein dem Ansinnen der Gemeinde, Holzfällungsbewilligungen für Privaten aus ihren Privatwaldungen durch die Zustimmung der Gemeinden zu bedingen, und die Holzfrevel mit der Wegnahme des gefrevelten Holzes zu bestrafen, könnte ohne Verletzung der bestehenden Forstgesetze und ohne Eingriff in die Eigenthumsrechte der Besitzer von Privatwaldungen nicht entsprochen werden, und in ersterer Beziehung um so weniger, als ein umsichtiger Förster in bedenklichen Fällen, bevor er die Bewilligung einer Holzfällung begutachtet, ohnehin alle Interessen berücksichtigen und deßhalb namentlich auch die Gemeindevertretung hören wird und als unter den von der bittstellenden Gemeinde dargestellten Verhältnissen eine gesetzliche Baulegung von Privatwaldungen nicht schwer zu erzielen sein dürfte. Das Comite stellt deßhalb den Antrag: „der h. Landtag wolle das vorliegende Gesuch der Gemeinde Mittelberg der h. k. k. Statthalterei mittheilen und zur Untersuchung des Sachverhaltes und ehethunlichster Abhilfeleistung wärmstens empfehlen." Bregenz, am 15. Oktober 1869. Josef Feuerstein, Obmann. Dr. Bikl, Berichterstatter. Regierungsvertreter: Es ist mir wirklich diese Beschwerde der Gemeinde Mittelberg im Hohen Grade auffallend. Ich bin jetzt 5 viertel Jahre hier als Leiter der Bezirkshauptmannschaft und es ist mir nie von Seite der Gemeinde Mittelberg eine Beschwerde dieser Art zugekommen. Ich kann daher auch unmöglich annehmen, daß die Sache wirklich so arg ist, wie sie dargestellt ist; ich kann auch unmöglich annehmen, das Kahlschläge mit Bewilligung der betreffenden Forstorgane ausgeführt worden sind. Ich müßte daher bitten, daß in dieser Beziehung die Gemeinde Mittelberg anwiesen würde, diejenigen Fälle zu bezeichnen, in denen diese Kahlschläge stattgefunden haben, denn auf eine bloße Bemerkung hin könnte man unmöglich eine Amtshandlung einleiten. 117 Dr. Jussel: Die Gemeinde Mittelberg ist Anfangs der 60er Jahre mehrmals gegen die Bewilligung von Holzfällungen eingeschritten und es ist jedesmal über den Antrag des Försters die Entscheidung erfloßen, auch von der h. Statthalterei, daß diesen Holzfällungen stattgegeben werde, weil sie dem jetzigen Forstgesetze entsprechen. Die Gemeinde Mittelberg hat sich mehrmals beschwert, daß der Förster bei der Entfernung von Mittelberg selbst und bei der schweren Zugänglichkeit dieses Thales im Winter höchst flüchtig nur einmal im Jahre hinkomme — ohne ihn deßwegen des Unfleißes beschuldigen zu wollen, wie hier im Comiteberichte erwähnt ist; nur den Verhältnissen wird die Schuld zugeschoben; ferner wurde vorgestellt, daß er in einer Gegend geboren und erzogen worden sei, die mit den Terrainverhältnissen von Mittelberg in keinen Vergleich zu setzen komme und eben darüber, daß er die Verhältnisse zu wenig kenne und berücksichtige und daher auch auf solche Abholzungen eingerathen habe, obwohl sie für Mittelberg sehr schädlich sind, wurde sich beschwert. Es ist zwar allerdings, wie der Comitebericht sagt, Vorarlberg ein Gebirgsland; allein ich glaube, daß die Wälder der Gemeinde Mittelberg eine Hochgebirgsgegend zeigen, die denn doch nicht auf das ganze Land paßt. Ich glaube vielmehr, daß die Gemeinde Mittelberg eine ganz eigenthümliche Lage hat und vermöge dieser eigenthümlichen Lage auch einer vorzüglichen^ Berücksichtigung bedarf. Sie ist ringsum eingeschlossen vom Gebirge und es sind dort die Schneemassen, die sich jährlich anhäufen viel größer als anderswo und besonders Schutz im Forstwesen ist dort unbedingt nothwendig. Ich bin einverstanden, daß man nicht besondere Gesetze da machen solle; allein ich habe mit Genugthuung aus der Erklärung des Hrn. Regierungsvertreters entnommen, daß, wenn jetzt sich an die politische Behörde gewendet werde, dort der Gemeinde in fürstlicher Rücksicht Schutz zu Theil werde und ich glaube in dieser Hinsicht mich mit dem Comite- Anträge einverstanden erklären zu können; nur muß ich aber bemerken, daß man die ganz eigenthümlichen Verhältnisse in Anschlag bringen müsse. Wenn auch die Wälder Privatwälder sind, wie die Gemeinde in ihrem Gesuche auseinandergesetzt hat, folgt daraus dennoch nicht, daß aus öffentlichen und aus Gemeinderücksichten, die dort im hohen Maße zusammentreffen, besondere Maßnahmen nicht zuläßig seien. Es dürfte wirklich, wenn oft Kahlschläge vorkommen, wenn auch Übertretungen bei Holzfällungsbewilligungen, wie sie nur zu leicht von Holzhändlern ausgebeutet »erden, oft dabei Vorkommen und z. B. der Holzhändler einen Gewinn von 300 Fr. machen kann und nur mit einer Strafe von 15 bis 20 Fr. davon kommt, die Gemeinde Mittelberg wirklich ernstlich in ihrer Existenz gefährdet werden und das Forstgesetz gibt doch wenigstens in so weit, als polizeiliche Rücksichten reichen, ein Recht und den Schutz auch bei Privateigenthums Wäldern mit Strenge einzugreifen. Deßhalb empfehle ich dem Hrn. Regierungsvertreter die Angelegenheit der Gemeinde Mittelberg, die sie vorgebracht, angelegentlichst, weil ich mich durch eigene Anschauung überzeugt habe, daß da ein besonderer Schutz nothwendig ist. 118 Regierungsvertreter: Die Regierung wird gewiß nichts unterlassen, um die Interessen der Gemeinde Mittelberg in forstlicher Hinsicht zu fördern; die Regierung- kann jedoch über das Gesetz nicht hinausgehen und insofern das Gesetz für Forstfrevel leider zu geringe Strafen verhängt, steht auch den Behörden natürlich nicht das Recht zu, höhere Strafen in Anwendung zu bringen. Unterdessen haben diese Übelstände des Forstgesetzes bereits Veranlassung gegeben, die Sache ernstlich in Erwägung zu ziehen und die Ausarbeitung eines neuen Forstgesetzes ist bereits im Zuge, Bis dasselbe erschienen ist, kann ich die Versicherung abgeben, daß ich gewiß alles mögliche thun werde, um die Rechte der einzelnen Gemeinden zu schätzen. Gsteu: Mir scheint diese Sache ebenso wieder eine allgemeine Landessache zu sein und zwar noch in weit größerem Maße als die frühere, denn die Wälder haben überhaupt ungemein viel Einfluß auf die ganze Kultur und mir scheint, daß demnach mehr oder weniger fast im ganzen Lande Beschwerden obwalten. Ich habe im letzten Jahre schon vom Hrn. Abgeordneten Feßler gehört, daß bereits Ähnliches bei ihm der Fall ist. Dort sind die Waldungen in Privathänden und die Privaten lassen sich vom Gelde verleiten und verkaufen alles Holz aus ihren Waldungen bis sie selbst keines mehr haben. Der Hr. Abgeordnete Feßler hat gemeint, man sollte nothwendig in Antrag bringen, daß die Gemeinden auf diese Privatwälder den Einfluß hätten, daß diese Wälder nicht ohne Gutachten geschlagen werden könnten, sonst sei im Lalle der Noth gar nichts mehr vorhanden. Wenn dieses in Möggers, welches nur im Mittelgebirge gelegen, der Fall, wie wird es erst dort sein wo in höheren Gebirgen Schneeabsitzungen und Erdabrutschungen dieserwegen zu befürchten sind; da wäre es nothwendig, daß ein Landesgesetz abhelfen würde. Es ist das eine allgemeine Landessache, eine Sache die das ganze Land berührt. Es berührt die Niederungen von Rheingemeinden ebenso wie die Gebirgsgemeinden, denn wenn in Berggemeinden die Wälder kahl abgeholzt werden, wird das Gerölle auf die Gemeinden der Niederungen herabgeschoben und verwüstet hier Felder und Wiesen; deßwegen glaube ich, daß es nothwendig wäre, ein Landesgesetz, das unseren Verhältnissen anpassend wäre, zu erlassen. Die Forstgesetze wären wohl hinreichend, aber die Privatinteressen sind so stark, daß sie das Gesetz auf allen möglichen Seiten zu umgehen wissen. Ich glaube also, daß es nothwendig wäre, daß das Gutachten der Gemeinde eingeholt werden müßte und ohne dies Gutachten keinem Privaten das Holzschlagen selbst in Privatwäldern bewilliget werden sollte. Wenn das nicht eintrifft, werden die alten Übelstände immer nur noch schlimmer. Regierungsvertreter: Ich kann in dieser Beziehung nicht für die Regierung sprechen; ich kann nur als Bezirkshauptmann und als Leiter dieses Bezirkes die Erklärung abgeben, daß, infoferne es Gemeinden meines Bezirkes betrifft, man diesem Wunsche ganz gewiß nachkommen wird und keine Kahlschläge, überhaupt keine starken Ausholzungen wird vernehmen lassen, ohne die Gemeinde früher gehört zu haben. O. L. G. N. Hämmerle: Ich bitte ums Wort. Ich bin mit dem Antrage des Comites im ganzen einverstanden; in einem Punkte jedoch kann ich demselben durchaus nicht beistimmen. 119 Das Comite beantragt, das Gesuch der Gemeinde Mittelberg behufs Abhilfe der angeregten Übelstände der h. Statthalterei vorzulegen. Die erste und nächste Aufsichtsbehörde in dieser Sache ist die k. k. Bezirks-Hauptmannschaft in Bregenz. Wenn nun der Landtag beschließen würde, dieses Gesuch der k. k. Statthalterei vorzulegen, so würde sich das nach meiner Anschauung so ausnehmen, als ob man in die Bereitwilligkeit der k. k. Bezirkshauptmannschaft als erste Aufsichtsbehörde einen Zweifel setzen würde. Ich glaube dem ist nicht so, insbesondere nicht, nachdem wir die bündigsten Erklärungen Seitens des Herrn Regierungs-Commissärs, der auch Leiter der Bezirks-Hauptmannschaft in Bregenz ist, vernommen haben. Ich beantrage daher, dem Antrage des Comites insoweit startzugeben, als die Einlage der Gemeinde Mittelberg nicht der k. k. Statthalterei sondern der k. k. Bezirkshauptmannschaft vorzulegen sei. Regierungsvertreter: Ich danke für das Vertrauensvotum, das mir soeben der Hr Abgeordnete Hämmerle gegeben hat; allein mit Rücksicht auf die Wichtigkeit der Sache glaube ich doch, man sollte die k. k. Statthalterei in Kenntniß setzen, damit sie vielleicht in der Angelegenheit eine allgemeine Verfügung zu treffen in die Lage gesetzt werde. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? O. L. G. R. Hämmerle: Ich würde rücksichtlich der Bemerkung des Herrn Regierungsvertreters nur entgegnen, daß ich nicht zweifle, daß im Interesse der Allgemeinheit die k. k. Bezirkshauptmannschaft selbst aus eigenem Antriebe dasjenige veranlassen wird, was in der vom Comite beantragten Weise sonst durch den Landtag geschehen würde. Dr. Jussel: Ich erlaube mir zu bemerken, daß die Gemeinde Mittelberg, deren Anschauungen in dieser Sache ich ganz gut kenne, durchaus nicht beabsichtiget hat, irgendwie mit diesem Gesuche, mit dieser Einlage beim h. Landtage der k. k. Bezirkshauptmannschaft in Bregenz oder überhaupt einer Behörde zu nahe zu treten. Sie hat nur in früheren Jahren, anfangs der 60er Jahre, bevor die k. k. Bezirkshauptmannschaft bestanden hat, fruchtlos gegen den Holzschlag protestirt; es haben dort namentlich die zwei Parzellen Bad und Bödmer geltend gemacht, daß sie, wenn die angesuchten Holzfällungen bewilliget werden würden, der äußersten Gefahr ausgesetzt werden, von Lawinen weggeschoben zu werden und deßwegen unterstützt von der Gemeinde, eine Einlage gemacht; trotzdem aber ist auch im Rekurswege auf Begutachtung des Försters dennoch die Holzfällungs-Bewilligung ertheilt worden. Das hat die Gemeinde veranlaßt, weil nämlich ihre eigenthümlichen Verhältnisse damals nicht gehörige Rücksicht gefunden haben, die Sache selbst vor den Landtag zu bringen, damit dort durch die Vertreter des Landes, welche mit den Verhältnissen vertraut sind, der Sache mehr Nachdruck gegeben werden könne. Landeshauptmann: Die Debatte ist geschlossen. Haben Herr Berichterstatter noch etwas zu bemerken? Dr. Bikl: Das Comite glaubte aus dem Grunde das Gesuch an die Statthalterei empfehlen und leiten zu sollen, weil in dem Gesuche selbst geklagt ist über die geringen Bestrafungen der 120 Forstfrevel. Es ist aber keine Zeit benannt, wann diese geringen Bestrafungen erfolgten. In Folge der Aufklärung des Herrn Abgeordneten Jussel, der in der Sache ziemliche Kenntniß haben dürfte, beziehen sich die Strafen auf ältere Zeiten; allein dessenungeachtet dürfte es angezeigt sein, die Sache an die k. k. Statthalterei zu leiten, weil es sich überhaupt um strengere Bestrafung der Forstfrevel handelt und die Statthalterei Veranlassung nehmen kann, in dieser Beziehung nicht nur für die Gemeinde Mittelberg, sondern auch im Allgemeinen mehr Abhilfe zu schaffen. Was die Bemerkung des Hrn. Abgeordneten Gsteu anbelangt, so dürfte derselbe übersehen haben, daß die Gemeinde hier eine spezielle Ausnahme für sich haben will; sie will den Forstfrevel im eigenen Instanzenzuge, sie will zugleich separat das Privilegium, in die Privatrechte Anderer eingreifen zu können; also insofern kann doch der Landtag ein solches Gesetz für eine einzelne Gemeinde nicht bevorworten. Landeshauptmann: Dem Antrage des Comites setzt der Herr Abgeordneten Hämmerle den Antrag entgegen: „Der h. Landtag wolle beschließen, es sei dem Antrage des Comites in so weit stattzugeben, als die Eingabe der Gemeinde Mittelberg nicht der k. k. Statthalterei, sondern der k. k. Bezirkshauptmannschaft vorzulegen sei." Diejenigen Herren, welche dem Abänderungsantrage des Hrn. Hämmerle beipflichten, wollen sich gefälligst von den Sitzen erheben. (Minorität). Ich bringe nun den Antrag des Comites, dahin lautend: »Der hohe Landtag wolle das vorliegende Gesuch der Gemeinde Mittelberg der h. k. k. Statthalterei mittheilen und zur Untersuchung des Sachverhaltes und ehethunlichsten Abhilfeleistung wärmstens zu empfehlen, " zur Abstimmung. Die Herren, welche diesen Antrag anzunehmen gedenken, bitte ich, sich zu erheben. (Angenommen). Wir kommen zum Comite-Bericht über die Anträge des Landesausschusses, rücksichtlich der Rechnungsabschlüsse, welche sowohl den mit Tirol gemeinsamen als auch den besonderen Vorarlberger Grundentlastungsfond betreffen und zwar für das Solarjahr 1868. Ich bitte den Hrn. Berichterstatter Dr. Bill das Wort zu nehmen. Dr. Bikl: (Verliest den gedruckten Comitebericht). Landeshauptmann: Wünscht einer der Herren das Wort zu nehmen. (Niemand). Da das nicht der Fall ist, gehe ich zur Verlesung der einzelnen Anträge über. Der Bericht enthält mehrere Anträge. Die Ersteren zwei beziehen sich auf die Rechnung selbst, der erste lautet: „Es sei dem Tiroler Landesausschusse zu eröffnen, daß gegen den Rechnungsabschluß bezüglich der berührten gemeinsamen Grundentlastungssonde keine Bemerkung erhalte." Diejenigen Herren, die dem Antrage beistimmen, bitte ich sich zu erheben. (Angenommen). Der zweite Antrag lautet: 121 „Es sei der Rechnungsabschluß über die besondere Schuld des Landes Vorarlbergs wornach diese mit Schluß des Jahres 1868 sich an Capitalrest auf 76, 036 fl. 13 1/2 kr. an rückständigen Regiekosten auf 2, 172 33 1/2 beziffert, genehm zu halten." Ich bitte um Abstimmung. (Angenommen.) Der dritte Antrag lautet: „Der h. Landtag wolle dem Landesausschusse austragen, dem Tiroler Landesausschusse mitzutheilen, daß die Landesvertretung Vorarlbergs die Abschreibung des sich mit Schluß des Jahres 1868 ergebenen reinen Activums des tirolisch vorarlbergischen Grundentlastungsfondes per 101, 421 fl. 27 1/2 kr. von der reinen Landesschuld, in Folge dessen sich die Landesschuld Vorarlbergs auf 72, 974 fl. 35 kr. reduziren würde, ihrerseits genehm halte." Ich bitte um Abstimmung hierüber. (Angenommen.) Ein weiterer Gegenstand der Tagesordnung ist der Comitebericht über die Gesetzentwürfe betreffend die Regelung der Errichtung, der Erhaltung und des Besuches der öffentlichen Volksschulen, dann die Regelung der Rechtsverhältnisse des Lehrstandes an den öffentlichen Volksschulen des Landes Vorarlberg. Ich bitte Herrn Dr. Fetz als Berichterstatter das Wort zu nehmen. Dr. Fetz: (Verliest den auf die Regelung der Errichtung, Erhaltung und Besuches der Volksschulen betreffenden ersten Theil des gedruckten Comiteberichtes) Die Vorlage wie sie der Ausschuß formulirt, hat in Folge der Beschlüsse der gestern stattgefundenen Comitesitzung mehrere übrigens nicht wesentliche Abänderungen erfahren. Diese Abänderungen werden im Laufe der Sezialdebatte angeführt werden. Es versteht sich übrigens von selbst, daß die einzelnen Bestimmungen im Laufe der Spezialdebatte, insofern es nothwendig wird, ihre Begründung finden werden. Ich glaube mich daher in dieser Richtung hier vorläufig nicht weiter auslassen zu sollen. Die Majorität des Ausschusses beantragt: „Der h. Landtag wolle der Gesetzesvorlage des Ausschusses seine Zustimmung ertheilen." Landeshauptmann: Ich eröffne die Generaldebatte, und ertheile dem Herrn Regierungsvertreter das Wort. Regierungsvertreter: Hoher Landtag! In Folge allerhöchster Ermächtigung vom 30. August l. J., hat der Minister für Cultus und Unterricht zwei Gesetzentwürfe eingebracht, die dem h. Landtage gegenwärtig zur Berathung vorliegen. Diese beiden Gesetzentwürfe, haben nur die Durchführung des allgemeinen Volksschulgesetzes vom 14. Mai 1869, in so weit hierzu die Landeszesetzzebung competent ist, zum Zwecke. Die Regierung glaubte diese beiden Gesetzentwürfe, die auch den Landtagen anderer Länder vorgelegt wurden, ungeachtet der Verschiedenheit in der Entwicklung der einzelnen Länder, dennoch 122 fast durchaus gleich halten zu sollen, indem die durch das Volksschulgesetz festgestellten Grundsätze die gleiche Einrichtung beabsichtigen und es sich unter allen Umständen empfiehlt, auch bei den dieselben ausführenden Landesgesetzen die Conformität zu wahren. Und in der That sind ja auch die Materien der beiden Gesetzentwürfe mit Ausnahme derjenigen, welche die Beschaffung der Geldmittel für die Volksschule, die Dotation der Lehrer und die Pensionirung derselben betreffen, solcher Art, daß sie bis jetzt schon in allen Ländern gleichen Normen folgten. Die Regierung erfüllt daher nur eine Pflicht, wenn sie dem hohen Landtage Anträge überreicht, durch welche diese Beziehungen des Volksschulwesens nach ihrer Ansicht am zweckmäßigsten zu regeln wären. Was den Geldaufwand und die damit zusammenhängenden Fragen betrifft, über die jeder Landtag nach sorgfältiger Abwägung der Kräfte des Landes schlüssig werden muß: so hat der Antrag der Regierung zunächst nur zum Zweck, diesen schwierigen weit aus wichtigsten Gegenstand in verfassungsmäßige Behandlung zu bringen und die Regierung wird, ich bin ermächtigt, dies zu erklären, den Abänderungsbeschlüssen des Landtages in dieser Beziehung, insofern sie innerhalb des Namens und der Bestimmungen des Volksschulgesetzes sich Hallen, und dem Schulwesen nicht abträglich sind, gewiß nicht entgegentreten. Meine Herren! Das Volksschulwesen in Österreich befindet sich gegenwärtig in einer Entwicklungskrisis, die rasch und energisch überwunden werden muß, wenn man überhaupt daran denken will, die so oft beklagten Versäumnisse von Jahrzehnten möglichst schnell und vollständig nachzuholen. Zu diesem Behufe müssen aber auch die materiellen Kräfte aller Leistungspflichtigen zur Vermehrung und Erweiterung der Schulen zur besseren Dotation der Lehrkräfte, zur Herbeischaffung der Lehrmittel rc. bis aufs äußerste angespannt werden. Die Regierung hat die Überzeugung, daß sehr viele Gemeinden den Anforderungen, die zur Verbesserung der Schule an sie gestellt werden, Anforderungen, die nicht in ihren Sonderinteresse gestellt werden, sondern die Interessen weiterer Kreise berühren, theils überhaupt nicht nachzukommen vermögen, theils, daß ihre materiellen Kräfte für die erhöhten Bedürfnisse des Volksschulwesens nicht ausreichen werden. Nachdem in manchen anderen ähnlicher Beziehungen Concurrenz verbände mehrerer politischen Gemeinden geschaffen worden sind, so ist der Regierung natürlich der Gedanke sehr nahe gelegen, sämmtliche Gemeinden einer Bezirkshauptmannschaft zu einem Schulbezirke zusammenzufassen und die ökonomischen Angelegenheiten der Volksschule als gemeinsame Angelegenheit des ganzen Schulbezirkes zu erklären. Die Regierung ist hiebei von der Voraussetzung ausgegangen, daß diese Schulbezirke einerseits groß genug sind, daß sie innerhalb ihres Umfanges den Unterschied zwischen wohlhabenden und armen Gemeinden bis zu einem anständigen Mittelmaß ausgleichen können, andererseits aber doch so ausgedehnt sind, daß sich innerhalb ihrer Grenzen vielfache Gemeinsamkeit der Interessen herausbilden und nach allen Richtungen geltend machen können. Die Regierung wird indessen, einem Beschluß des Landtages nicht entgegentreten, der dahin 123 zielt, die Schullasten von den einzelnen Gemeinden ganz oder theilweise auf das Land zu übertragen ja die Regierung wird unter Umständen eine solche Einrichtung, wodurch die Schulverwaltung wesentlich vereinfacht wird, mit Freuden begrüßen. Ebenso wenig wird die Regierung Beschlüsse des Landtages anfechten, die eine Modifikation des Regierungsentwurfes in der Art bezwecken, daß den einzelnen Gemeinden im Anschlusse an die noch thatsächliche Einrichtung eine bestimmte Verpflichtung gegenüber den Ortsgemeinden belassen wird und nur weitere Erfordernisse auf das Land übertragen werden. Ich muß mir vorbehalten, vorkommendenfalls noch das Wort zu ergreifen und kann vorderhand die Herren nur bitten, daß Sie diese beiden Gesetzentwürfe im Interesse der Schule, deren Bestes Sie gewiß fördern werden, annehmen wollen. O. L. G. R. Hämmerle: Ich erlaube mir vorläufig an Hrn. Landeshauptmann die Anfrage, ob die Generaldebatte sich jetzt schon auf beide Gesetzentwürfe zu beziehen habe oder nur auf einen und auf welchen? Landeshauptmann: Die Generaldebatte bezieht sich nur auf das Volksschulgesetz. Es hat auch Hr. Berichterstatter bei Verlesung des Comiteberichtes innegehalten, sobald er, zu der Stelle gelangte, welche sich auf das Gesetz bezüglich der Rechtsverhältnisse des Lehrerstandes bezieht. Bischof: Wenn ich an den Verhandlungen über die Kostenfrage, der neuen Schulordnung mich betheilige, so muß ich vorerst erklären, daß diese Betheiligung weder als innere Billigung noch als äußere Beistimmung zu den Grundsätzen der neuen Schulgesetzgebung im Bezüge auf Unterricht und Erziehung angesehen werden dürfe. Ich betheilige mich, weil diese Frage nicht minder zur Sprache kommen würde, auch dann, wenn in den genannten Grundsätzen Staat und Kirchs vollkommen einig wären, und weil ich einiges zur Aufklärung beizutragen glaube. Run zur Sache. Laut der Ausweise vom Jahre 1868 wirkten in Vorarlberg in 121 Seelsorgsgemeinden an 207 Schulen 117 Lehrer, 175 Unterlehrer, 6 Lehrerinnen, 17 Unterlehrerinnen und 11 Industrie-Unterlehrerinnen, zusammen 326 Lehrindividuen. Diese Gemeinden sollen nach §. 21 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse des Lehrstandes in vier Klassen getheilt werden, denen die Lehrergehalte von 600, 500, 400 und 300 fl. entsprechen. Da künftig sicher jede Gemeinde einen Lehrer, viele Gemeinden mehrere Lehrer erhalten werden, will ich die Zahl sämmtlicher Lehrer nur mit 150 und als Durchschnittsgehalt den der 3, Klasse mit 400 ft. annehmen und von den Funktionszulagen der Direktoren und Oberlehrer gänzlich absehen. Das Erforderniß für 150 Lehrer L 400 fl. Gehalt beträgt, jährlich 60, 000 Gulden. Die Quartierentschädigung, da der Lehrer gemeiniglich nur wegen des entfallenden Meßnerdienstes freie Wohnung genoß §. 33 zu 40 Proz. von 400 fl. ergibt jährlich 18, 000 fl. Die 124 Dienstalterszulage §. 30 steigert obiges Erforderniß der Gehalte nach je fünf Jahren zu 10 Proz. Um 6000 fl. und wird bei der Durchschnittsannahme von fünf Steigerungen jährlich sich mehren aus 30, 000 Gulden. Landeshauptmann: (Unterbrechend). Diese Sache bezieht sich insbesondere auf die Rechtsverhältnisse der Lehrer. Ich muß Euer Hochw. bitten zu sprechen, weil das Lesen nach unserer Geschäftsordnung nur dem Berichterstatter gestattet ist. Was Zahlen sind, das muß ich zulassen, aber das Übrige abzulesen, ist nicht mehr Rede, sondern ein Bericht und dieses kann nicht stattfinden. Bischof: Der Gehalt für wenigstens 142 Unterlehrer zu 60 Proz. von 400 fl. §. 36 macht h 240 fl. 34, 080 fl. Für 12 Lehrerinnen zu SO Proz. von 400 fl. §. 39 macht ä 320 fl somit 3840 fl. Die Dienstalterszulage §. 39 zu 5 Proz. von 320 fl. 4 16 fl. beträgt für 12 Lehrerinnen nach fünf Jahren 192 fl, nach 25 Jahren 960 fl. Die Summe dieser Zulagen für Lehrerinnen in 25 Jahren 2880 fl.; für 20 Unterlehrerinnen zu 80 Proz. von 240 fl. á 192 fl. gibt 3840 fl., somit der jährliche Aufwand an Gehalt und Quartierentschädigung für 324 Lehrindividuen 119, 760 fl. Die Summe der Dienstalterszulagen für 150 Lehrer und 12 Lehrerinnen beträgt in 25 Jahren nicht weniger als 82, 880 fl. und es entfallen somit auf 1 Jahr 3315*/6 fl. Wollte ich also annehmen, was jedoch kaum genügen dürfte, daß in dieser jährlichen Summe auch das jährliche Erforderniß für Pensionen der Lehrer enthalten sei, so ergibt sich ein jährlicher Aufwand für das Lehrpersonale auf Gehalt, Wohnung und Pensionen in runder Summe mit 123, 000 fl. genau nach Annahme 123, 075 fl. Im Jahre 1868 betrug die sämmtliche Schülerzahl 12, 597 also in runder Zahl 12, 600. Angenommen, daß nur 2/3 der Schüler nach §. 46 das Schulgeld bezahlen und zwar wöchentlich nur mit 10 kr. so beträgt dasselbe auf 40 Wochen gerechnet ü 4 fl. von 8400 Schülern 33, 600 fl. und weil die Schulpflicht bis zum vollendeten 14. Altersjahre dauert, für weitere 2800 Zahlende gibt 9600 fl., also in Summe 43, 200 fl. Sollte auch das Schulgeld gänzlich entfallen, so dürfte diese Summe, obwohl kaum genügend als das mindeste Erforderniß für Beistellung der Lehrmittel, für Besitzung und Reinigung der Schullokale u. bergt, angesehen werden. Dazu kommt noch die Herstellung und Instandhaltung der Schulgebäude mit gedeckten Turnplätzen §§ 13—18, die Reisekosten für die Bezirks- und Landeskonferenzen und die Fahrgelegenheiten für die Bezirksinspektoren. Aus dem bisher Gesagten ergibt sich wohl die Vorstellung eines sehr großen und kaum geahnten Erfordernisses für die Volksschule, jedoch kaum die annäherungsweise sichere Bestimmung der Höhe desselben. Die Unfähigkeit vieler Gemeinden zur Leistung des bezüglichen Erfordernisses ist in der Vorlage 125 schon dadurch anerkannt, daß die ganze Last als eine gemeinsame des Schulbezirkes erklärt wird und in letzter Reihe des Landes. Durch diese Verpflichtung der Bezirke tritt aber eine sehr auffallende Verschiedenheit der Belastung der Bezirke zu Tage. So hat der Bezirk Bregenz mit 44 Seelsorgen 71 Schulen, der Bezirk Feldkirch mit 37 Seelsorgen 59 Schulen, der Bezirk Bludenz mit 41 Seelsorgen 77 Schulen zu erhalten. Zur Herstellung einer billigen Gleichheit wird wohl kein andere- Mittel erübrigen, als die Dertheilung der Last auf das ganze Land. Allerdings sind von dem angedeuteten Erfordernisse auf Lehrergehalte die bisher in den Gemeinden fließenden Beiträge abzuziehen. Das sind: 4. die 10 Perzente für jede neue Anstellung oder Gehaltserhöhung und dann die von jedem Lehrindividuum jährlich zu bezahlenden zwei Gulden. Dieser Zufluß wird erst jedoch in Zukunft einige Bedeutung erlangen, wenn die bisher wirkenden Lehrer entweder vom Schuldienste abtreten oder zur Pensionirung sich befähigen. 2. Sind es die Beiträge aus Verlassenschaften, die früher in den Normalschulfond geflossen sind. Nun diese sind nicht hoch anzuschlagen wie z. B. im Bezirke Bregenz betragen sie jährlich nur 120 fl. 3. Ebenso die unbedeutenden Überschusse des Schulbücherverlages in Wien. 4. Die Interkalarien für erledigte Lehrerstellen, die durch die angedeuteten Abfälle größtentheils erschöpft werden dürften. 5. Die Strafgelder, vor denen sich die Bemittelten wohl zu schützen wissen werden. Eine besondere Quelle von Zuflüssen wäre aber der laut des Gesetzes vom 14. Mai 1869 auf Vorarlberg entfallende Antheil des Normalschulfondes. Da mir aber dessen Ziffer sowohl als auch die besondere Widmung desselben ganz unbekannt ist, kann ich darauf keinen Schluß auf die wahrscheinliche Minderung des angenommenen Erfordernisses gründen. In Erwägung nun, daß uns weder die Klassifikation der einzelnen Gemeinden noch die künftige Zahl der Schulen, der Lehrer und Unterlehrer und also auch das auf dieselben entfallende Erforderniß und ebensowenig die Beträge der künftigen Zuflüsse auch nur mit annähernder Sicherheit bekannt sind; in Erwägung, daß in einer so tief in das Interesse der Zählenden eingreifenden Frage die h. Versammlung ihren Wählern und dem Lande gegenüber ohne genauere Anhaltspunkte sich nicht bestimmt finden möchte, jetzt schon den entscheidenden Beschluß zu fassen; in Erwägung, daß alle angezogenen Verhältnisse von der Landesschulbehörde nothwendig 126 erforscht werden müssen und wie ich glaube auch größtentheils mit großer, ja mit voller Genauigkeit erforscht werden können, so dürfte, wie ich meine, die h. Versammlung zu dem Entschlüsse gelangen, vorerst den Ausweis dieser Anhaltspunkte von der Landesschulbehörde mit vorbehaltener Revision, der Klassifizirung der Gemeinden zu verlangen und abzuwarten, und dann erst über diesen hochwichtigen Gegenstand Beschluß zu fassen. Solche Vorlagen werden ja in der Regel auch in der Reichsvertretung und zwar über geringere Beträge verlangt; wie sollten wir eisten Beschluß von so bedeutendem Gewichte ohne nähere und sichere Anhaltspunkte, einen das ganze Land so schwer treffenden Beschluß verantworten können! Da der Zusammentritt des nächsten Landtages auf den Frühling in Aussicht gestellt wird und bis dahin die besagten Ausweise von der Landesschulbehörde erstellt werden könnten, würde durch solche Vertagung auch die Ausführung des Gesetzes auf den in der Vorlage ermöglichten Termin nicht verhindert. Ich habe noch eine weitere hieher gehörige Erwägung der h. Versammlung anzuempfehlen. Ich habe die Zahl der Lehrindividuen selbst für die nächste Zukunft mit 324 höchst wahrscheinlich zu nieder angenommen. Vielen der Lehrer wird der Gehalt von 300 fl., vielen Unterlehrern von 240 ja manchen nur von 180 fl. beschieden werden. Um für diese Gehalte sich zu befähigen, muß der Bewerber nach zurückgelegter Volksschule vier Jahre eine Unterrealienschule oder ein Untergymnasium mit gutem Fortgange besucht haben und dann noch 4 Jahre an einer Lehrerbildungsanstalt zubringen, um nur das Zeugniß der Reife und erst nach weiteren 2 Jahren Praxis und bestandener strenger Prüfung das Zeugniß der Befähigung als Lehrer zu erhalten. Welcher Abstand zwischen diesen und den Anforderungen vor wenigen Jahren, da noch ohne eine besondere Vorbereitung ein Jahr, ja sogar ein halbes Jahr genügend erachtet wurde! Sie werden nicht glauben meine Herren, daß ich dieser Bildung das Wort rede, aber doch auf einen so ungeheuren Abstand muß man Rücksicht nehmen und Hinweisen, der besteht zwischen einem halben Jahre, einem Jahre, zwei Jahren und zehn Jahren. Ist es wohl anzunehmen, daß Jünglinge, welche in der Realschule oder im Gymnasium einen guten Fortgang machen, die ihnen erfreuliche Aussichten vorspiegelnde Laufbahn verlassen, um sich durch zehn mühevolle Jahre zu einem Gehalte von 180, 240, 300 vielleicht einst von 600 fl. Wird ein durch zehn Jahre in der Stadt gebildeter, an städtische Sitten und Bedürfnisse gewöhnter Mann als Unterlehrer mit 180 oder 240 fl. ohne irgend andere Zuflüsse, oder ein Lehrer mit Familie bei 300 fl. Einkommen sein standesgemäßes Auskommen und seine Zufriedenheit finden? Werden die Klagen über Unzulänglichkeit der Gehalte verstummen? werden die Vergleiche mit anderen, keine besondere Vorbildung erheischenden bessern Bedienstungen verschwinden? 127 Giebt es nun aber keinen Ausweg, um sowohl die unerschwinglichen Überbürdungen des Landes als auch die Unzufriedenheit vieler Lehrer zu beseitigen? sollte denn Alles in der Welt bei der so großen Verschiedenheit der Verhältnisse und Bedürfnisse über Einen Leist geschlagen werden? sollte es nicht möglich sein, für solche Orte und Schulen Lehrer anzustreben, welche eine etwas geringere und kürzere Fortbildung erhalten hätten? Ich glaube daher auch diese Bedenken Ihrer Betrachtung anzuempfehlen, zu erwägen, ob nicht für diese Umstände und Verhältnisse eine geringere Vorbereitung hinreichend erachtet werden könnte. Bisher suchte man für viele Gemeinden ein Ortskind zum Lehrer vorzubereiten. Die Kosten für 2 und 3 Jahre Vorbereitung ließ sich bei der gesicherten Aussicht auf den Dienst noch mancher Vater gefallen. Der angestellte Lehrer hat noch ganz die Frömmigkeit, den Charakter und die Sitten der Heimath bewahrt und ist in seine Familienverhältnisse zurückgekehrt, die ihm bisher gewohnt und lieb waren und er war daher sehr zufrieden, um so mehr weil damals noch die Begünstigung war, daß er dadurch auch die Befreiung vom Militärdienste erhielt. Sollte das nicht ein kleiner Ausweg sein — allerdings nur für einige Zeit als Übergangsbestimmung für solche Orte, für solche Lehrer, was ich schon angedeutet habe — geringere Anforderungen zu stellen? Denn auch bei dem so oftmals, so tief verschrieenen Stand der Volksschule sind doch selbst aus diesen Schulen Männer hervorgegangen, welche jetzt selbst in liberalen Kreisen sich hervorthun und das wird auch in Zukunft so sein. Steigern sie die Bildung so hoch sie wollen — gewisse Umstände und die Armseligkeit der Kinder selbst — und verbergen wir es uns nicht — die menschliche Armseligkeit, die auch unter den noch so hoch gebildeten Lehrern sich zeigen wird, werden immer gewisse Gränzen setzen und für besondere Talente, für strebsame Talente sind immer Mittel genug gegeben, sich auch über den etwas geringer gezogenen Kreis der Volksschule zu erheben und zu den höchsten Graden der Gelehrsamkeit zu gelangen. Ich stelle daher den Antrag, die h. Versammlung wolle die beiden Fragen: a. „ob zur beruhigenden Schlußfassung über die Geldfrage vorerst die Vorlage der nöthigen - „Ausweise abzuwarten und b. „ob für die bezeichneten Schulen und Lehrer die Gestaltung einer kürzeren Vorbereitung anzustreben sei" „dem Schulcomite zur einlässigen Berücksichtigung und Antragstellung zuweisen." O. L. G. R. Hämmerle: Hoher Landtag! Wenn ich in der Generaldebatte als Redner eintrete, so geschieht es hauptsächlich eines Prinzipes willen; eines Prinzipes, welches Seitens des Ausschusses keine Berücksichtigung erfahren hat und welches ich dennoch für ein sehr gedeihliches sehr ersprießliches und fruchtbringendes halte. Ich wage mit schwachen Kräften, möglicherweise alleinstehend, den Versuch für dasselbe einzustehen, denn es soll nicht gesagt werden: daß im Landtage von Vorarlberg sich nicht Ein Mann gefunden 128 habe, welcher für dieses Prinzip eine Lanze eingelegt hätte, welcher die weittragende Bedeutung dieses Prinzipes nicht erfaßt hätte. Der Herr Regierungsvertreter hat bereits in seiner Rede auf dasjenige hingewiesen, was mir als Vorwurf meines Vortrages dient, nämlich die Nothwendigkeit einer Concurrenz zur Deckung des für die neuen Volksschulen nöthigen Aufwandes. Die Regierungsvorlage hat in dieser Hinsicht Schulbezirke in Aussicht genommen und der Herr Regierungsvertreter hat heute angedeutet, daß die h. Regierung nicht gedenke, Beschlüsse des Landtages deßhalb anzufechten, weil derselbe zwar nicht die vorgeschlagenen Schulbezirke annimmt, jedoch einen Theil oder den gänzlichen Dotations-Aufwand auf das Land selbst hinüber wälze. Ich nach meiner Anschauung halte es für die glücklichste Idee, welche im ganzen Schulgesetzentwurfe ihren Ausdruck findet, daß Schulbezirke in Aussicht genommen wurden. Ich werde mich so kurz als möglich über diesen Gegenstand zu fassen suchen. Mir erscheint esshöchst zweifelhaft, ob überhaupt eine glückliche Durchführung des Gesetzes möglich sei, wenn diese Durchführung hauptsächlich auf den Schultern der Ortsgemeinde zu lasten habe. ES erscheint mir zweifelhaft hauptsächlich aus einem doppelten Grunde. Erstens in Berücksichtigung der ökonom. Verhältnisse mancher Ortsgemeinde und zweitens in Hinblick auf die Stellung der Lehrer gegenüber der Ortgemeinde und auch rücksichtlich — ich möchte sagen der Fähigkeit Seitens der Lehrer sich von einer niederen Stelle zu einer höheren aufzuschwingen, in einem größeren Kreise eine größere Wirksamkeit zu erzielen. Es ist allbekannt meine Herren, daß neben reichen wohlhabenden Gemeinden in unserem Lande auch sehr viele arme Gemeinden bestehen, und denen nach den neuen Gesetzen der nothwendige Aufwand für die Volksschule ein unerschwinglicher sein dürfte. Es gibt Gemeinden, welche bereits einen Localschulfond besitzen, womit sie wenigstens einen Theil der Auslagen decken können. Andere Gemeinden besitzen keine solchen Hilfsquellen. Es gibt Gemeinden, ich möchte- sagen, welche kaum lebensfähig sind und genug mit der Armenversorgung zu schaffen haben. Ich will endlich noch erwähnen, daß es bei uns so kleine Gemeindewesen gibt, daß voraussichtlich in solchen Gemeinden nicht jene Männer sich finden lassen, welche wirklich mit Verständniß für die Bedürfnisse der Schule zu wirken in der Lage wären. Die ökonom. Verhältnisse mancher Gemeinden sind also derart beschaffen, daß wenn die Lasten der Erhaltung der Errichtung der Volksschulen und eine bestimmte Einflußnahme auf die Leitung derselben und auf die Deckung der Bedürfniße und insbesondere auf das Lehrerpersonal diesen Gemeinden am gebürdet werden soll, an eine glückliche Zukunft der Volksschulen gar nicht zu denken ist. Ebenso wichtig erscheint in zweiter Linie die Stellung der Lehrer. Das Gesetz hat jedenfalls mit richtiger Beurtheilung die Unabhängigkeit des Lehrpersonals als Hauptbedingung des glücklichen Gedeihens und Wirkens der Volksschule hingestellt. Wenn nun aber meine Herrn der Gemeinde bezüglich des Lehrpersonals eine bedeutende Einflußnahme gestattet wird, wenn der Lehrer von der Gemeinde angestellt, wenn ihm von der Gemeinde der Gehalt aus» 129 bezahlt wird, dann glaube ich, dürfte die gewünschte Unabhängigkeit der Lehrer sehr bald in Brüche gehen. Es sind das Verhältnisse, die sich im Leben einmal nicht anders ansehen lassen. Ich kann mir nicht denken, daß jener Lehrer, welcher recht gut weiß, daß er dem Gemeindevorsteher seine Ernennung zum Lehramt verdankt, in sich den Muth fühlen sollte, allenfalls die Kinder des Gemeindevorstehers zum weiteren Besuche der Volksschule über die vorgeschriebene Anzahl Jahre hinaus zu verhallen, weil sie eben noch nicht dasjenige gelernt haben, was in der Volksschule gelernt werden muß. Ich kann mir nicht denken, wenn sei es das Ernennungsrecht oder das Vorschlagsrecht von der Gemeinde in der beantragten Weise ausgeübt wird, daß für die Schule etwas ersprießliches zu erwarten ist. ES werden gewisse persönliche Verhältnisse sehr bestimmend einwirken, es geht einmal so und dem ist nicht anders abzuhelfen, als wenn man eben diese Angelegenheit in die Hände eine größeren Gemeindewesens legt, in die Hände einer Bezirksschulgemeinde, oder wenn wir das nicht wollen in die Hände des Landes selbst; bei der Ernennung insbesondere kommt es hauptsächlich darauf an, daß derjenige, dem ein Ernennungsrecht zusteht, nicht in unmittelbarer Berührung mit dem zu Ernennenden sich befinde; nur dann wird er in unparteiischer und objectiver Weise eingreifen.