18691030_lts016

Dateigröße 4.42 MB
Aktenzahl/Geschäftszahl
Letzte Änderung 03.07.2021, 10:46
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp02,lts1869,lt1869,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
Unterausschüsse
Kommissionen/Kuratorien
Verbände/Konkurrenzen
Verträge
Publikationen Landtag-Sitzungsprotokoll_lts
Aktenplan
Anhänge
Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. XVI. am 30. Oktober 1869 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Sebastian von Froschauer. Im Beisein des Herrn Regierungsvertreters, k. k. Statthaltereirath Karl Schwertling. Gegenwärtig sämmtliche Abgeordnete. Hochw. Bischof Amberg abwesend, Beginn der Sitzung um 4 1/4 Uhr Nachmittags. Landeshauptmann: Ich eröffne die Sitzung. Es wird das Protokoll der vormittägigen Sitzung verlesen. (Secretär verliest dasselbe.) Da keine Einwendung vorgebracht wird gegen die Fassung des Protokolls, erkläre ich es als genehmigt. Ich ertheile dem Herrn Karl Ganahl das Wort zu einer thatsächlichen Berichtigung. Karl Ganahl: Der Herr Berichterstatter Dr. Fetz hat in der vorgestrigen Sitzung gesagt, ich hätte auf Grund des Eingangs des 3. Absatzes des § 2 des Landesvertheidigungsgesetz-Entwurfes beantragt, daß eine Vertagung wegen des Landsturmes eintreten solle und hat weiters beigefügt, wenn ich den ganzen Paragraph gelesen hätte, so hätte ich die Vertagung nicht beantragen können. Hierüber erlaube ich mir zu bemerken, daß dieses grundfalsch ist. Ich habe durchaus nicht auf Grund dieses Paragraphen im Namen der Majorität des Ausschusses diesen Antrag gestellt; ich habe ihn deßhalb nicht gestellt, weil der Tiroler Landtag den § 4 nicht angenommen hat. Nur dieses konnte die Majorität dieses Comites veranlassen, diesen Abänderungsantrag zu stellen. Übrigens erlaube ich mir zu bemerken, daß ich nicht geglaubt hätte, der Herr Dr. Fetz würde mir zumuthen, daß, wenn ich bei einer Gesetzesvorlage einen Abänderungsantrag stelle, ich jenen Paragraph, der mich dazu veranlassen könnte, nicht ganz lesen würde. Ich glaubte dieses zu meiner Rechtfertigung bemerken zu müssen. 428 Dr. Fetz: Ich muß leider auch um da- Wort bitten. Ich hätte nicht geglaubt, daß diese Sache hier nochmals zur Sprache kommen werde. Es thut mir leid, daß die stenografischen Berichte noch nicht vorliegen. Sie würden, wie ich glaube, vollständige Aufklärung in dieser Sache gewähren. Ich habe, — so fern mein Gedächtniß mich nicht trügt, — nicht gesagt, daß Herr Karl Ganahl rücksichtlich des Absatzes 111 des § 2 des Landesvertheidigungsgesetzes seinen Antrag gestellt habe; sondern ich habe erklärt, daß der Herr Abgeordnete im Irrthum sich befinde, wenn er von dem Landsturm behaupte, daß derselbe ein Phantom sei und daß man nicht misse, aus was er bestehe und ich habe mein Bedauern darüber ausgesprochen, daß er nur den ersten Theil des III. Absatzes des Gesetzes vorgelesen habe, um biete seine Ansicht zu begründen. Im zweiten Theile des 111. Absatzes des § 2 kämmt nämlich vor, daß, in so lange der Landsturm nicht durch ein besonderes Landesgesetz geregelt wird, die Bestimmungen der Landesvertheidigungsordnung vom Jahre 1864 fortzudauern haben. Ich habe daher erklärt, daß, wenn Herr Karl Ganahl auch diesen zweiten Theil gelesen hätte, er zugeben müßte, daß der Landsturm kein Phantom sei, daß man ganz gut wisse, worin er bestehe. Das ist der Gedanke, den ich, so viel ich mich erinnere, ausgesprochen habe. Was ich übrigens gesagt habe, wird sich aus den stenografischen Berichten ergeben. Landeshauptmann: Wir gehen nun über zur Tagesordnung und zwar zu dem Ausschußbericht über die Regierungsvorlage zu einem Gesetze über die Benützung. Leitung und Abwehr der Gewässer, Herr Dr. Jussel als Berichterstatter wolle das Wort nehmen. Dr. Jussel: (Verliest den Ausschußbericht wie folgt: Ausschuß-Bericht über die Regierungs-Vorlage zu einem Gesetze über Benützung, Leitung und Abwehr der Gewässer. Das Reichsgesetz vom 30. Mai 1869 Z 93 normirt den Grundzügen nach die rechtlichen Verhältnisse, welche aus dem Einwirken des Wassers, das in alle Lebensverhältnisse eingreift, sich so vielfach zur Entscheidung vordrängen und überweiset die weitere Normirung nach Maßgabe dieser Grundzüge der Landesgesetzgebung. Der vorgelegte Gesetzentwurf ist dahin gerichtet, diese weitere Normirung der Rechtsverhältnisse mit den Einwirkungen des Wassers zum Vollzuge zu bringen, hat die Bestimmungen des Eingangs zitirten Reichsgesetzes als leitende Grundlage mit in den Text ausgenommen und die weitern Bestimmungen als Schlußfolgerungen der Landesgesetzgebung unter Berücksichtigung der 429 Landesverhältnisse zur Berathung und Beschlußfassung überstellt, jedoch an die Stelle des § 21 der ersten Regierungsvorlage durch eine weitere Vorlage eine andere Fassung in Antrag gestellt. Das Comite hat die Regierungsvorlagen geprüft, berathen und beschlossen, dieselben mit folgenden Abänderungen anzunehmen als: § 21 nach der zweiten Vorlage mit dem, daß nach den Worten: „so muß der Besitzer des Stauwerkes" der Mittelsatz: „woferne andere und weniger kostspieligere Mittel nicht ausreichen" eingeschaltet und am Schlusse noch der Beisatz angehängt werde: „Falls der Werksbesitzer an der Beschädigung kein Verschulden trägt, hat er die Abänderung oder Tieferlegung des Werkes erst dann vorzunehmen oder vornehmen zu lassen, wenn der Ersatz des vollen ihm hiedurch erwachsenden und im Streitfalle durch den Richter festzusetzenden Schadens sicher gestellt ist." (§ 77) § 27 unter Weglassung des zweiten Satzes des Inhaltes: „muß jedoch, wenn die Unternehmung denselben zur besseren Verlandung oder Befestigung des Ufers nicht mehr bedarf, den Anrainern auf Verlangen gegen Erstattung des Werthes abgetreten werden. § 50 unter Streichung der Worte „gegen angemessene Entschädigung" in der ersten Alinea zwischen den Worten „die benachbarten Gemeinden rc. und verpflichtet." § 87 gegen Unterstellung des Wortes „Hypothekargläubiger" anstatt „Tabulargläubiger" und des Wortes „Realinstanz" anstatt „Tabularbehörde." Die Annahme des § 21 in der beantragten Fassung und die Annahme des § 27 stützt sich blos auf Majoritätsbeschlüsse, während im Übrigen der Ausschuß sich einhellig ausspricht Es wird daher der Antrag gestellt: „Der hohe Landtag wolle beschließen, es werde der Regierungsvorlage zu dem Landesgesetze über die Benützung, Leitung und Abwehr der Gewässer unter den vom Comite „beantragten Abänderungen zugestimmt. Bregenz, den 24 Oktober 1869. Karl Ganahl, Obmann. Dr. Jussel: Berichterstatter. O. L. G. R. Hämmerle: Ich würde mir den Antrag erlauben, in der SpezialDebatte nur auf jene Paragraphe Rücksicht zu nehmen, bei welchen das Comite Zweifel oder Anträge erhoben hat; nämlich die §§. 21, 27, 47, 50 und 87, und die andern Paragraphe en bloc anzunehmen. Landeshauptmann: Der Herr Abgeordnete Oberlandesgerichtsrath Hämmerle hat den Antrag gestellt, nur die vom Comite zur Abänderung beantragten Paragraphe zur Beschlußfassung vorzuführen, die übrigen aber en bloc anzunehmen. Ich bitte um Abstimmung hierüber, (Angenommen) Ich ersuche den Herrn Berichterstatter fortzufahren. 430 Dr. Jussel: Der § 21 der ersten Regierungsvorlage lautet: „Können Rückstauungen, Versumpfungen oder andere Beschädigungen, die in Folge „eines Stauwerkes entstanden sind, durch Tieferlegung oder Abänderung des Werkes beseitigt werden, so müssen die Werksbesitzer die entsprechenden Abänderungen vornehmen. „Die Frage, wer die Kosten einer solchen Abänderung zu tragen, beziehungsweise „dem Werksbesitzer zu ersetzen hat, richtet sich nach den allgemeinen civilrechtlichen Grundumsätzen." Gemäß dem, was bereits im Comite angedeutet worden ist, wurde im Nachhange der ersten Regierungsvorlage durch eine zweite Regierungsvorlage der Paragraph mit folgender Fassung umzuändern beantragt. Ich erlaube mir, das bezügliche Schreiben des Herrn Ackerbauministers an den Herrn Statthalter in Innsbruck vorzulesen: Über gestellte Abänderungsanträge haben die Ministerien in der Regierungsvorlage zum Wasserrechtsgesetze für den § 21 folgende Fassung empfohlen: „Wenn in Folge eines Stauwerkes Rückstauungen, Versumpfungen oder Beschädigungen fremden Eigenthumes entstehen, so muß der Besitzer des Stauwerkes durch Tieferlegung oder Abänderung des Werkes z. B. durch Anlage von Grundablässen die Übelstände entweder selbst beseitigen ober deren Beseitigung gestatten, soferne ihm selbst nicht dadurch ein überwiegender Nachtheil verursacht würde. Über die Zulässigkeit eines solchen Begehrens und die betreffende Einrichtung entscheidet die politische Behörde. Über die dem einen oder andern Theil gebührende Entschädigung hat im Abgange einer gütlichen Übereinknuft der Richter zu entscheiden." Zu dieser Fassung hat das Comite beantragt, die Worte: „woferne andere oder weniger kostspielige Mittel nicht ausreichen" einzuschalten u. zw. nach den Worten: „so muß der Besitzer des Stauwerkes." Die zweite Fassung des § 21 würde sonach lauten: „Wenn in Folge eines Stauwerkes Rückstauungen, Versumpfungen oder Beschädigungen fremden Eigenthums entstehen, so muß der Besitzer des Stauwerkes, woferne „andere und weniger kostspielige Mittel nicht zureichen, durch Tieferlegung oder Abänderung des Werkes z. B. durch A> tage von Grundablösen. die Übel stäube entweder selbst „beseitigen oder deren Beseitigung gestatten, soferne ihm selbst nicht dadurch ein überwiegender Nachtheil verursacht würde. Über die Zulässigkeit eines solchen Begehrens und die „zu treffende Einrichtung entscheidet die politische Behörde. Über die dem einen oder andern „Theil gebührende Entschädigung hat im Abgange einer gütlichen Übereinkunft der Richter „zu entscheiden". Dann wurde noch folgender Zusatz beantragt: „Falls der Werkbesitzer an der Beschädigung kein Verschulden trägt, Hat er die Abänderung oder Tieferlegung des Werkes erst dann 431 vorzunehmen oder vornehmen zu lassen, wenn der Ersatz des vollen ihm hiedurch erwachsenden „und im Streitfalle durch den Richter festzusetzenden Schadens sichergestellt ist. (§ 77.) Das Comite glaubte den Beisatz woferne andere oder weniger kostspielige Mittel nicht ausreichen machen zu sollen, weil es doch in der Natur der Sache ist, wenn man Abhilfe treffen soll, daß man zuerst das weniger schädliche und weniger kostspielige Mittel wählt. Was den Zusatz anbelangt, so glaubte das Comite, daß der Werksbesitzer, welcher sich so zu sagen im Expropriationswege eine Schmälerung seines Betriebsgefälles gefallen lassen muß, doch auch sicher zu stellen ist für den Schaden, der ihm aus einer solchen Abänderung erwächst. Landeshauptmann: Ich eröffne die Debatte üb-r den § 21. Gsteu: Ich bitte ums Wort. Soeben haben wir vom Herrn Berichterstatter vernommen, daß das Comite sich bemüssigt gefühlt hat, eine Sicherstellung für einen allfälligen Schaden der Fabriksbesitzer oder Gewerbsbesitzer zu beantragen. Ich möchte nun fragen, — da ich leider wegen Mangel an Zeit das Gesetz nicht genau durchstudieren konnte, — ob für Private, die allenfalls durch solche Gewerkschaften in Schaden kommen können, auch eine solche Sicherstellung im Gesetze festgesetzt ist, ob für diese in gleicher Weise vorgesorgt ist? Dr. Jussel: Nach dem Zusatze wird unter demjenigen, der sichergestellt werden soll, derjenige verstanden, der den Schaden erleidet, ohne Unterschied, ob er Mann oder Weib, jung oder alt, Bauer. Fabriksbesitzer oder Taglöhner ist. Gsteu: Ich erkläre mich mit dieser Aufklärung befriedigt. O. L. G. R. Hämmerle: Ich muß gestehen, daß ich den Herrn Berichterstatter hierin nicht verstehe. Ich glaube, daß die Frage des Herrn Gsteu hiemit keine Erledigung findet. Ich verstehe darunter: „daß eine Sicherstellung stattfinden soll, " — nur dasjenige, daß diese Sicherstellung nur auf jene Beschädigungen Bezug nehmen könne, welche in Folge einer Abänderung eines Stauwerkes geschehen sind; das kann nur auf Besitzer eines Stauwerkes Bezug haben und nie und nimmermehr auf andere Beschädigte. Ich würde mir erlauben, dies zu bemerken — ich will keine authentische Erklärung hierüber abgeben — aber ich verstehe es so. Ich möchte vom Herrn Berichterstatter meinerseits eine Erklärung hören, ob er glaubt, daß es sich hier um eine Entschädigung auch anderer Personen handle, als blos der Stauwerksbesitzer, welche eben nach der Bestimmung des § 21 verhalten werden können, eine Abänderung rücksichtlich ihrer Werke eintreten zu lassen. Dr. Jussel: Es sind nur die Schäden verstanden, die durch die Werksabänderung verursacht werden. Es liegt das klar nach dem Inhalte des Paragraphen vor. Übrigens muß ich dabei stehen bleiben, ich weiß aus Erfahrung, daß auch ganz kleine, selbst die kleinsten Wasserwerke einen namhaften Schaden verursachen können. Einen solchen Besitz kann Jedermann in der Welt ausüben, es sind jetzt die Gesetze über die Beschränkung des Besitzes aufgehoben; auch Hebräer können jetzt einen solchen Besitz ausüben; jede Klasse von Menschen, ohne Unterschied, kann also in die Lage kommen, beschädigt zu werden. Es ist durchaus nicht in der Absicht des Comites gelegen, eine privilegirte Klasse mit dieser Entschädigung zu fördern. 432 Karl Ganahl: Das Wasserrechtsgesetz, nämlich ein Entwurf eines solchen, ist schon vor zwei Jahren Gegenstand einer reiflichen Verhandlung und Berathung des Landtages gewesen. Der Landtag hatte damals verschiedene Abänderungen in der Regierungsvorlage beantragt; den Paragraph aber, der von Tieferlegung der Stauwerke bei Rückstauungen handelt, angenommen, wie ihn damals die Regierung vorgeschlagen hatte. Dieser Paragraph lautet folgendermaßen: „Können Rückstauungen, Versumpfungen, Überschwemmungen und andere Beschädigungen fremden Eigenthumes durch Tieferlegung oder sonstige Abänderung eines Stauwerkes ohne Schmälerung der dem Werke zustehenden Triebkraft des Wassers beseitiget werden, so müssen die Werkseigenthümer, wenn sie an dieser Beschädigung kein Verschulden tragen, solche Tieferlegung oder Abänderung auf Kosten der Beschädigten gestatten, im Falle des Verschuldens aber auf eigene Kosten bewerkstelligen." In diesem Paragraph heißt es nun ausdrücklich „ohne Schmälerung der dem Werke zustehenden Triebkraft." Dieser Ausdruck ist in dem Gesetze ausgeblieben. Wenn ein Werksbesitzer hätte beweisen können, daß durch eine Tieferlegung seines Stauwerkes ihm ein Theil seiner Kraft entzogen worden wäre, so hätte man ihn dazu nach der sichern Fassung dieses Paragraphen nicht verhalten können. Nachdem nun diese Bestimmung im Gesetze ausgeblieben ist, so war der frühere Gesetzentwurf gelinder als das Gesetz, wie es vorliegt. Landeshauptmann: Da Niemand mehr das Wort ergreift, erkläre ich die Debatte für geschlossen und ertheile dem Herrn Berichterstatter das Wort. Dr. Jussel: Ich glaube, daß der Paragraph, wie er im Entwurf vom Jahre 1866 dem Landtage zur Berathung und Beschlußfassung vorgelegen ist, den Fall enthalten hat, wo ohne Schmälerung der Triebkraft es geschehen könne, daß Jemanden andern ein Schaden abgewendet wird, und ich glaube in solchem Falle muß es Jedermann für billig erkennen, daß eine solche Änderung Platz greifen solle, weil sie dem Werkbesitzer keinen Schaden an seinem Betriebe bringt und es eigentlich herauskommen würde, als ob er nur aus Caprice auf eine Änderung nicht eingehen wollte, obwohl sie ihm nicht schadet, wohl aber für andere von Vortheil ist, wenigstens dadurch, daß sie ihnen Schaden abwendet. Das jetzige Gesetz geht weiter. Das jetzige Gesetz sagt: die Änderung hat der Werkbesitzer sich auch unter Schmälerung der Triebkraft gefallen zu lassen, wenn nur ein überwiegender Vortheil aus dieser Abänderung sich ergibt. Landeshauptmann: Ich bitte den § 21 nach der Fassung des Comites nochmals zur Verlesung zu bringen. Dr. Jussel: (Verliest denselben.) „Wenn in Folge eines Stauwerkes Rückstauungen, Versumpfungen oder Beschädigungen fremden Eigenthums entstehen, so muß der Besitzer des Stauwerkes, woferne andere und weniger kostspielige Mittel nicht zureichen, durch Tieferlegung oder Abänderung des Werkes j. B durch Anlage von Grundabläßen die Übelstände entweder selbst beseitigen oder deren Beseitigung gestatten, soferne ihm selbst nicht dadurch ein überwiegender Nachtheil verursacht würde. Über die Zulässigkeit eines solchen Begehrens und die zu treffende Einrichtung entscheidet die politische Behörde. Über die dem einen oder dem andern Theil gebührende Entscheidung hat im Abgange einer gütlichen Übereinkunst der 433 Richter zu entscheiden. Falls der Werkbesitzer an der Beschädigung kein Verschulden trägt, hat er die Abänderung oder Tieferlegung des Werkes erst dann vorzunehmen oder vornehmen zu lassen, wenn der Ersatz des vollen ihm hiedurch erwachsenden und im Streitfalle durch den Richter festzusetzenden Schadens sichergestellt ist. (§ 77.)" Landeshauptmann: Jene Herren, welche den § 21 in der vom Herr Abgeordneten Dr. Jussel vorgelesenen Fassung anzunehmen gedenken, bitte ich sich zu erheben. (Angenommen.) Dr. Jussel: (Verliest den § 27 nach der Fassung des Comites lautend:) „Auch wenn die Erfordernisse der Enteignung nach § 365 des a. b. G. B. nicht eintreten, kann, um die nutzbringende Verwendung des Wassers zu fördern, oder dessen schädliche Wirkungen zu beseitigen, im Verwaltungswege verfügt werden. a) daß bei fließenden Privatgewässern derjenige, dem das Wasser gehört, in soweit er es nicht benöthiget und innerhalb einer ihm behördlich zu bestimmenden, den Verhältnissen entsprechenden Frist auch nicht benützt, es Anderen, die es nutzbringend verwenden können, gegen angemessene Entschädigung überlasse; b) daß Besitzer von Liegenschaften die Begründung von Servituten auf ihrem Besitzthume gegen angemessene Entschädigung zu dem Ende gestatten, damit Anderen gehörendes Waßer von einer Gegend nach einer anderen über ihren Grund und Boden geleitet und daselbst die zu dieser Leitung erforderlichen Werke und Anlagen errichtet werden. Von der Übernahme einer solchen Servitut können jedoch die Grundbesitzer durch Abtretung der zur Ausführung der Leitung und der entsprechenden Anlagen erforderlichen Grundfläche sich befreien, für welche Abtretung ihnen eine angemessene Entschädigung gebührt. Würde durch die Waßerleitungsanlage das Grundstück für dessen Besitzer die zweckmäßige Benützbarkeit verlieren, so ist auf sein Verlangen das ganze Grundstück abzulösen. (§ 15 des Reichsgesetzes.) Dieser § 27 ist ganz wörtlich gleichlautend mit dem Paragraphe des Reichsgesetzes vom 30. Mai 1869, welches die Wasserrechtsverhältnisse regulirt. Dieser Paragraph in der Fassung, wie er hier ist, also dem Reichsgesetze entspricht, ist von der Majorität des Comites zur Annahme empfohlen worden. Es ist die Regierungsvorlage oder ein Entwurf zu einem Landesgesetz über Leitung, Benützung und Abwehr der Gewässer durch die h. Regierung dem Hr. Statthaltereirath hier mitgetheilt worden, daß er die Vorprüfung unter Zuzug eines Technikers, dann eines Mitgliedes der Handelskammer und eines Mitgliedes des Landesausschusses vornehme. Bei dieser Berathung hat der Herr Präsident der Handelskammer und ich geglaubt, daß zu diesem Paragraph ein Beisatz zu machen wäre. Ich bringe diesen Beisatz hier zur Vorlesung; er lautet: „Die Bestimmungen sub lit a und b sollen übrigens nur dann in Anwendung kommen, wenn es sich um wichtigere Unternehmungen handelt und daraus ein überwiegender Vortheil sich ergibt." Es heißt nämlich im VIII Abschnitte des Reichsgesetzes vom 30. Mai 1869 im § 28.: „Die Bestimmungen der §§ 15 und 16 und die Bestimmungen des V. Abschnittes über die zwangsweise Gründung von Wassergenossenschaften treten in jedem einzelnen Königreiche und Lande erst mit dem Zeitpunkte in Wirksamkeit, mit welchem die der Landesgesetzgebung zu deren Ausführung 434 vorbehaltenen Anordnungen erlassen sein werden." Also ist es in die Hand der Landesgesetzgebung gestellt, ob man diesen § 15 zur Wirksamkeit bringe oder nicht. Es dürfte nun allerdings angemessen fein, daß dieser Paragraph in Wirksamkeit gesetzt wird; allein der Antragsteller erachtet, daß der Beisatz, wie er im Anträge enthalten ist, deßwegen zweckentsprechend ist, weil denn doch die Expropriation nicht platzgreisen soll, ohne daß ein erheblicher Vortheil daraus entsteht, auch weil sonst viele Streitigkeiten entstehen würden und muthwillige Beschädigungen sich auch Geltung verschaffen könnten. Landeshauptmann: Wünscht Jemand das Wort? Dr Fetz: Ich bitte ums Wort. Ich gehöre der Majorität des Comites an, welche sich für die unveränderte Annahme des § 27 nach der RegierungsVorlage erklärt. Die Gründe, welche mich hiezu veranlassen, sind folgende: Ich stimme erstens demjenigen nicht bei, was der Herr Berichterstatter über die Bedeutung des § 27 in legislativer Beziehung gesagt hat. Der § 27 ist entnommen dem § 15 des Reichsgesetzes. Allerdings steht es der Landesgesetzgebung zu, diejenigen Bestimmungen zu treffen, welche zur Ausführung dieses Paragraphen nothwendig sind. Allein der Paragraph selbst, der Inhalt, das Wesen und die Tragweite desselben kann im Wege der Landesgesetzgebung nicht geändert werden. Ich habe heute gerade zufällig gelesen n. erwähne es nur nebenbei, daß der Vertreter der Regierung im niederösterreichischen Landtage bei Berathung dieses Paragraphen die Erklärung abgegeben hat, daß, wenn eine Änderung an diesem Paragraphe getroffen würde, die Regierung das Gesetz zur Sanktion nicht empfehlen könnte. Das ist nur nebenbei bemerkt, es soll kein Argument sein. Ich glaube, daß der Paragraph, so wie er hier steht, nicht die Gefahr eines Nachtheiles in sich schließt und daß er gerade zum Wesen des Wasserrechtsgesetzes gehört. Er schließt keinen Nachtheil in sich, indem im Falle a und b dem Eigenthümer eine angemessene, das ist vollkommene Entschädigung gewährt werden muß. Es kann also der Eigenthümer nicht sagen, daß er irgendwie benachtheiliget werde. Andererseits enthält dieser Paragraph eine wesentliche Bestimmung des Wasserrechtes, weil, wenn die Enteignung des Wassers nicht zulässig wäre, oder wenn sie an sehr erschwerende Bedingungen geknüpft würde, dasjenige, was durch das Wasserrecht erzielt werden soll, in der Regel gar nicht erzielt werden könnte. Darauf beruht eben das Wasserrecht, daß man unter gewissen Voraussetzungen denjenigen, der das Wasser besitzt, der es jedoch nicht benützen kann oder nicht benützen will, zum Vortheile anderer expropriiren kann — natürlich gegen Entschädigung — wie diese der Eigenthümer im Falle der Expropriation immer zu erhalten bat. Das Wasser, welches auf meinem eigenen Grund und Boden entspringt oder sich befindet, das ist mein Eigenthum, das kann ich ohnedem benutzen — dazu braucht es keine besondere Wasserrechtsgesetzgebung. Also gerade die wasserrechtlichen Servituten sind dasjenige, was das Wesen des Wasserrechtsgesetzes ausmacht in soferne sie ermögliche», daß von anderen das Wasser benützt werden kann, als denjenigen, welchen es nach den Bestimmungen des Gesetzes über das Eigenthumrecht gehören würde. Ich sehe nicht ein, was mit dem Beisatze, der beantragt wird, erreicht werden soll. Es ist 435 im Comite gesagt worden, daß damit die Landwirthschaft geschützt werden soll und daß der Paragraph wie er in der Vorlage steht, zwar allerdings im Interesse der Industrie gelegen wäre, nicht aber in jenem der Landwirthschaft. Das ist jedoch nicht richtig. Das Gesetz hat für die Landwirthschaft die gleiche Bedeutung wie für die Industrie. Es wird Fälle geben, in denen gerade der Landwirth fremdes Wasser benöthiget, daher die Bestimmung dieses Paragraphes gerade für den Landwirth von höchster Bedeutung sein kann. Wenn der Zusatz angenommen würde, welcher vom Berichterstatter beantragt worden ist, so würde darin im Gegentheile eine Begünstigung für die Industrie gefunden werden können. Es heißt da: „wenn es sich um wichtigere Unternehmungen handelt und daraus ein überwiegender Vortheil sich ergibt." Dies würde der Annahme Raum geben, daß zu Gunsten des großen Fabriksbesitzers den Landwirthen unter Umständen das Wasser gegen Entschädigung entzogen werden könne, zu Gunsten solcher jedoch, die keine wichtigeren Unternehmungen haben, soll das nicht geschehen können. Wenn man nach gleichem Maße messen, demokratisch vorgehen will, wenn man die Landwirthschaft so wie die Industrie begünstigen will — dann bleibt nichts anderes übrig, als bei Paragraph anzunehmen, wie er in der Regierungsvorlage steht. Carl Ganahl: Nachdem mein Herr Nachbar Doctor Fetz der Fabriksbesitzer erwähnt hat, muß ich nothwendigerweise das Wort ergreifen. Den Inhalt des § 27 enthielt schon der Regierungsentwurf vom Jahr 1866. Ich war damals auch im Ausschuß zur Berathung jenes Entwurfes und habe mich insbesondere gegen den Inhalt dieses Paragraphen ausgesprochen, weil darin eine zwangsweise Enteignung des Eigenthums liegt. Nach meiner Ansicht ist diese Enteignung ein offenbarer Eingriff in das Eigenthum. Ich stehe aber mit dieser Ansicht nicht allein; es haben auch im Reichsrathe gewichtige Stimmen dieselbe ausgesprochen; ich will nur eine erwähnen: es ist die Stimme des ehemaligen Justizministers Pratobevera des gegenwärtigen Landmarschalls in Niederösterreich. Ich glaube, daß man diesem Manne gewiß ein richtiges Urtheil über den Begriff von Eigenthum und über das, was ein Eingriff in dasselbe fei oder nicht zutrauen muß. Ich bin daher ganz gegen diesen Paragraphen und würde ihn ganz ausmerzen; weil dies aber nicht möglich ist, so glaube ich, daß der Landtag die Verpflichtung habe, einen Zusatz zu beschließen, wodurch die Expropriation doch zum Theile gerechtfertigt erschiene. Ich hätte aber noch einen weiteren Zusatz gemacht, ich hätte den Zusatz gemacht, daß diese Enteignung nur gegen Rückerwerbung von denjenigen stattfinden könne, dem das Wasser genommen worden ist, im Falle er dasselbe wieder brauchen sollte. Ich habe mich im Comite entschieden dafür ausgesprochen, bin aber mit einem solchen Zusatz nicht durchgedrungen. Ich wäre schon vollkommen einverstanden, wenn ein solcher nachträglich noch beantragt würde. Mein Herr Nachbar hat gesagt, das ganze Wasserrechtsgesetz hätte keinen Zweck mehr, wenn diese zwangsweise Enteignung wegfiele. Dieser Ansicht kann ich durchaus nicht beipflichten. Es ist dieß zwar auch die Ansicht des Verfassers dieses Gesetzes; der Verfasser hat im Reichsrathe sie wiederholt ausgesprochen — ich habe es selbst mit eigenen Ohren gehört, allein darin liegt noch lange kein Beweis, daß das, was er sagte, das Richtige sei. 436 Das Wasserrechtsgesetz enthält acht Abschnitte; wenn nun ein Abschnitt theilweise wegfällt, o können die sieben andern doch noch volle Geltung haben. Wenn der berührte Abschnitt allein der wichtigste wäre, so hätte man die sieben andern nicht gebraucht. Ich muß mich ganz entschieden dagegen verwahren daß dieser Zusatz im Interesse der Fabriksbesitzer beantragt wurde, wie Hr. Dr Fetz auffallender Weise sich ausdrückte. Nicht im Interesse der Industrie sondern zur Wahrung des Eigenthums ist er gestellt worden. Hr. Dr. Fetz thut den Fabriksbesitzern offenbar Unrecht. Man möge die Landtagsverbandlungen vom Jahre 1866 nachlesen und man wird finden, daß dieselben schon damals sich gegen die zwangsweise Enteignung ausgesprochen haben, weil sie nicht wollten, daß man zu ihren Gunsten einen derartigen Eingriff in das Eigenthum mache. O. S. G. R Hämmerle: Die Gründe, welche der Herr Abgeordnete Dr. Fetz dafür vorgebracht hat, daß an der Annahme des Gesetzentwurfes festgehalten werden müsse, weil es sich eben um ein Reichsgesetz handelt, das nicht geändert werden kann und weil eine Abänderung nicht in unserer Competenz gelegen wäre, sind für mich vollkommen überzeugend. Ich bin ganz entschieden der Meinung, daß jede Abänderung des Prinzipes, welches in diesem Paragraphe 27 aufgestellt ist, in logischer Weise die Nichtsanktionirung des Gesetzes zur Folge haben müßte. Es ist das ein Auskunftsmittel, welches ganz gewiß nicht verschlagen dürfte, welches vom Herrn Berichterstatter da in Aussicht genommen wurde, daß man die Ausführung des Gesetzes in der Art zu arrangiren habe, daß es eigentlich keine Ausführung des Gesetzes sei. Mit dem kommt man nicht durch; das wird jeder Jurist sehr leicht heraus finden, wenn man solche Zusätze macht, welche die Begründung des Prinzipes des Paragraphen in Frage stellen, daß es sich nicht mehr lediglich um die Ausführung handelt. Es fragt sich einfach, soll das Wasserrechtsgesetz, wie es vorliegt, angenommen oder sanktionirt werden, oder sollen wir das verhindern? Wenn die Herren es verhindern wollen, so dürfen sie nur dem Zusatzantrage beistimmen, wie ihn die Minorität des Comite beantragt. Wird das der Fall sein, dann glaube ich, würden wir dem Lande einen großen Vortheil entziehen; denn das wird Jedermann einsehen, daß das Wasserrechtsgesetz für die landwirthschaftlichen und industriellen Verhältnisse von der größten Bedeutung sei. Ich glaube, daß überwiegende Gründe uns bestimmen müßen, an diesem Paragraphe nicht zu rütteln, um nicht der erwähnten Gefahr schnurgerade entgegenzulaufen. Was die principielle Frage anbelangt, welche, ich muß es beifügen, nicht zur Erörterung zu kommen hat, indem der Reichsrath darüber entschieden Hal, so gebe ich zu, daß man Gründe dafür und dagegen aufbringen kann. Es handelt sich nach meiner Meinung in der Frage darum, ob man starr an dem Begriffe des Eigenthums, wie wir ihn nach dem bürgerlichen Gesetzbuchs vom Jahre 1811 überkommen haben, festhalten wolle oder nicht. Ich gehe von der Ansicht aus, daß die Eigenthumsbegriffe, wie sie vor fast 60 Jahren nach dem bürgerlichen Gesetzbuchs aufgefaßt worden sind, mit den gegenwärtigen wirthschaftlichen Verhältnissen des Staates sich nicht mehr vertragen, daß auch hierin ein Fortschritt eine Nothwendigkeit sei. Das „non possumus" im Begriffe des Dogma ist rücksichtlich des bürgerlichen Gesetzbuches nicht mehr ausrecht zu erhalten. Wir müßen, wenn wir einerseits 437 dem Begriffe des Eigenthums Rechnung tragen, andererseits dem wirthschaftlichen und industriellen Fortschritte huldigen und das bezweckt insbesondere das Wasserrechtsgesetz. Es ist wohl eine allgemeine anerkannte Thatsache, daß alle vorgeschrittenen Völker sich um ein gutes Wassergesetz umgesehen haben, daß beispielweise die Lombardie dadurch reich geworden ist und auch nicht mehr vereinzelt dasteht, sondern überall Nachahmung findet. Was den Paragraph selbst anbelangt, so glaube ich nicht, daß er etwas so schreckliches enthält. Der Paragraph enthält einfach das Princip, daß das Wasser in sofern als öffentliches Gut anzusehen sei, als es dem Eigenthümer entbehrlich ist und als derselbe es in einer bestimmten Zeit, die ihm nach Verhältniß zugemessen wird, nicht benützt. Wenn Jemand ein Kapital, welches für die Volkswirthschaft vom Belange ist, unbenützt liegen läßt, so verdient er kein anderes Schicksal, als daß man es in die Hände desjenigen legt, der es zum allgemeinen Besten zu verwenden bestrebt ist und es auch versteht. Es ist allerdings richtig, daß der Vortheil zunächst dem Einzelnen zu Gute komme; aber die Wohlhabenheit des Einzelnen wirkt auch auf das Ganze zurück. Die Herrn dürfen nicht glauben, daß privatrechtliche Rücksichten uns zu solchen Schritten, wie sie im Paragraphe 27 enthalten sind, bestimmen; es handelt sich um das allgemeine Beste. Darum glaube ich, aus den Gründen, welche bereits Herr Dr. Fetz vorgeführt hak und welche theilweise ich wiederholt habe, Ihnen die Annahme des § 27 in unveränderter Fassung der Regierungsvorlage anempfehlen zu müßen. Gsteu: Mit dem Antrage, wie ihn der Herr Abgeordnete Ganahl formulirt hat, könnte ich mich nicht einverstanden erklären und zwar aus dem Grunde nicht, weil ich gleiches Recht für Alle wünsche. Der Arme wie der Reiche sollen das gleiche Recht haben; hingegen könnte ich mich mit dem Anträge, den das Comite fallen lieb, nämlich, daß nach einer bestimmten Zeit das Betriebseigenthum des Wassers, wenn man es benöthiget, wieder zurück erhalten werden könnte, einverstanden erklären. Aber da kommen die Juristen und sagen, das lasse sich nicht machen, das Gesetz sei im Reichsrathe so beschlossen worden und da könne man nichts mehr ändern. Ich kann natürlich diesen Herren nichts erwiedern, weil ich die Sache nicht verstehe, aber wenn es möglich gewesen wäre, so hätte ich doch einen Zusatzantrag gewünscht — dem des Herrn Ganahl kann ich nicht beistimmen. Karl Ganahl: Dr. Fetz hat erklärt, er habe soeben in der Zeitung gelesen, daß in dem niederösterreichischen Landtage ein ähnlicher Antrag gestellt worden sei, daß aber dort der Regierungsvertreter erklärt habe, wenn man diesen Paragraphen nicht annähme, wie er dasteht, so würde das ganze Gesetz nicht sanktionirt werden Es ist dies nur ein Beweis, daß es andere und gescheidte Leute gibt, die auch die Meinung haben, daß dieser Paragraph auch dann noch zur Ausführung gelangen könnte, wenn auch irgend ein Zusatz gemacht würde. Wir stehen also nicht ganz allein. Ich will das nur bemerken, damit man etwa nicht glaube, wir hätten etwas Unsinniges beantragt oder daß es uns verboten und gar nicht gestattet wäre, zu einem bestehenden Reichsgesetze derartige Anträge zu stellen. Das Reichsgesetz, nämlich der Abschnitt VIII des Reichsgesetzes sagt im § 28: „Die Bestimmungen der §§ 5 und 16 und die Bestimmungen des V Abschnittes über die 438 zwangsweise Gründung von Wassergenossenschaften treten in jedem einzelnen Königreiche und Lande erst mit dem Zeitpunkte in Wirksamkeit, mit welchem die der Landesgesetzgebung zu deren Ausführung vorbehaltenen Anordnungen erlaßen sein werden." — Es ist also dem Landtage die Anordnung der Ausführung Vorbehalten worden und ich behaupte, daß dieser Nachsatz oder ein ähnlicher Zusatz eine dein Landtage vorbehaltene Anordnung der Ausführung ist. Die beiden Herren Juristen sind nicht dieser Meinung; allein es ist nicht erwiesen, daß die Meinung dieser Herren die richtige sei. Ich habe eine andere Meinung, ich kann zwar irren; aber behaupten zu können, daß dem Landtage das Recht zustehe, in Beziehung auf die Ausführung, räumlich die dem Landtage vorbehaltene Anordnung derselben, einen Zusatz zu machen in der einen oder andern Weise, oder wie wir ihn gestellt haben, damit der Eingriff in das Eigenthum nicht so groß erscheine, wie er im Gesetze enthalten ist und bei dieser meiner Meinung bleibe ich. Dr. Fetz: Ich habe das Unglück von meinem verehrten Herrn Kollegen zur Rechten mitunter mißverstanden zu werden; es ist mir das schon zum zweitenmale passirt. Es ist mir vorhin durchaus nicht eingefallen, den Fabriksbesitzern einen Vorwurf machen zu wollen; ich habe mir nur erlaubt gegen die Einwendung zu sprechen, die darin bestehen würde, daß dieses Gesetz zum Vortheile der Fabriksbesitzer, aber zum Nachtheile anderer, speziell der Landwirthe wäre; dagegen habe ich mich verwahrt u. erklärt, daß dieses Gesetz zum Vortheile der Landwirthschaft ebenso gereiche, wie zum Vortheile der Induline. Im niederöstr. Landtage ist, wenn ich nicht irre, der § 27 wörtlich nach der Regierungsvorlage angenommen worden, also die Majorität der dortigen „gescheidten" Leute stimmt mit uns überein. Übrigens habe ich bemerkt, daß das für mich gar kein Argument sei und daß ich nur nebenbei die Sache erwähne und daß ich durchaus nicht meine, daß die Herrn dadurch, weil im niederösterreichischen Landtage dieser Paragraph angenommen worden ist, sich bestimmen lassen sollen, ihm ihre Zustimmung zu ertheilen. Die Herren müßen aus eigener Überzeugung dem Paragraphe zustimmen ober nicht. Wenn Sie meine Herren! glauben, daß die Gründe, die Hr. Ganahl dafür vorgebracht hat, daß dieser Paragraph zurückzuweisen oder daß ein Zusatz anzunehmen sei, welcher der Zurückweisung des Gesetzes gleich kommt, richtig und stichhaltig seien, dann werden Sie so stimmen, wie Herr Ganahl will. Ich glaube aber, daß seine Gründe gerade für die Annahme dieses Paragraphen sprechen. Ich glaube die Zulassung der Enteignung des Wassers ist allerdings sowohl im Interesse der Landwirthschaft als auch der Industrie gelegen und ich glaube, diese Enteignung ist um so weniger zu beanständen, als sie unter voller Entschädigung desjenigen geschieht, der das Eigenthum hat. Es wird zudem das Eigenthum nur demjenigen entzogen werden können, der es selbst zu benützen nicht in der Lage ist, oder der es nicht selbst benützen will — also aus diesen Gründen, meine Herren werden Sie mir zustimmen, und diesen Paragraph annehmen. Waren Sie anderer Ansicht, würden Sie ihn zurückweisen. Karl Ganahl: Ich muß nochmals das Wort ergreifen. Hr. Dr. Fetz hat soeben gesagt, daß dieses Gesetz sowol im Interesse der Industrie als auch im Interesse der Landwirthschaft sei. Ich als Industrieller wünsche mir dieses Gesetz gar nicht, wir haben derartigen Zwang gar nicht nothwendig und ich glaube im Namen der Mehrzahl der Industriellen erklären zu können, daß sie gar 439 nicht wünschen, daß ihnen das Recht zugestanden werde, jedem das Eigenthum nehmen können gegen eine angemessene Entschädigung. Es heißt im Gesetze nicht einmal gegen volle Entschädigung. Was nun die Landwirthschaft anbetrifft; so glaube ich, daß dieselbe gar kein besonderes Interesse daran hat. Unser Land ist ganz anders gestaltet als jene Länder, für welche das Gesetz eigentlich berechnet ist. Das Gesetz über Entwässerung, über Wassergenossenschaften u. dgl. ist in unserem Lande nach meiner Ansicht nicht anwendbar, es bringt der Landwirthschaft überhaupt keinen Vortheil; aber jenen welche eine Fabrik oder irgend ein anderes Unternehmen gründen wollen, denen bringt es Vortheile. Jeder, der irgend ein Wasserwerk anlegen will, hat vermöge des Gesetzes das Recht zu verlangen, daß man ihm seine Wasserleitung durch jedes fremde Eigenthum ungehindert führen lasse. Durch jedes Gut, durch jeden Ziergarten, wo immer er will, muß man ihn das Wasser leiten lassen. Er ist berechtiget, zu sagen: da will ich durch, ich will durch dein Gut, durch deinen Garten; deine Einwendungen gelten nichts, ich leiste dir eine angemessene Entschädigung. So spricht das Gesetz. O. L. G. R- Hämmerle: Ich muß nochmals ums Wort bitten. Ich kann dem nicht vollkommen beistimmen, was Herr Karl Ganahl gesagt hat. Ich glaube, dos Gesetz wird auch bei uns Anwendung finden, es ist nicht blos für die Industriellen. Stellen wir z. B. den Fall, Jemand hat für sein Haus kein Wasser, daß aber sein Nachbar mehr Wasser hat, als er braucht. Nun sagt das Gesetz, daß das entbehrliche Wasser abgetreten werden muß. Es ist dies ein Vortheil, den sich auch Einer, der kein Industrieller ist, verschaffen kann. Das gilt für die Bewässerung und das dürfte auch in Vorarlberg vorkommen, daß man zu diesem Zwecke Wasser braucht, welches sich beim Nachbar befindet — er muß das entbehrliche Wasser gegen angemessene Entschädigung abtreten. Nun will man aus dem Worte „angemessen" herausfinden, daß da von einer wirklichen Entschädigung nicht die Rede sei. Was aber angemessen ist, entspricht auch den Verhältnissen; aber mehr zu fordern und zu verlangen, als den Verhältnissen entspricht, das würde eine Unbilligkeit in sich begründen. Dann muß ich auch noch auf die Bestimmung aufmerksam machen des Beispieles wegen, das Herr Ganahl angeführt hat. Ich habe das Gesetz zwar nicht vor Augen, allein, so viel ich mich erinnere, sagt der letzte Absatz, daß, wenn durch die Nutzung eines Wassers der Grund, auf welchem dasselbe sich befindet, für den Besitzer selbst sehr viel an Werth einbüßt, daß er nicht nur das Recht habe, eine angemessene Entschädigung zu verlangen, sondern sogar eine Ablösung de« Grundes. Wenn also Jemand einen Springbrunnen wegbringen wollte, so hätte er das Recht zu verlangen, daß er ihm den Grund des Ziergartens abkauft. Da ist ziemlich Rücksicht getragen auf die Verhältnisse des Besitzers eines Wassers. Gsteu: Ich habe auch etwas zu berichtigen. Herr K. Ganahl har nämlich gesagt, dieses Gesetz habe für uns in Vorarlberg und namentlich für die Landwirthschaft in Vorarlberg keine Bedeutung. Ich bin nicht dieser Ansicht. Ich glaube, daß dieses Gesetz für die Landwirthschaft in Vorarlberg von großer Bedeutung ist und namentlich bezüglich der Entwässerung. Es ist häufig die Entwässerung dadurch gehemmt, weit der Nachbar keinen Abzugsgraben sich gefallen lassen will; nun nach diesem Paragraphe muß er sich einen solchen gefallen lassen. Es ist leider eine allgemeine Beschwerde. Da aber jede Sache zwei Seiten hat, auf der einen Seite, wenn man Jemanden mit Zwang etwas nehmen muß so kann 440 man natürlich denken, daß er es nicht gerne hergibt; aber anderseits, wenn dadurch das allgemeine Beste erzielt wird, so muß er sich das gefallen lassen. Ich gebe das zu, daß man einem Einzelnen wenn ihm Schaden zugefügt wird, oder daß er ein Opfer bringen muß, wenn er nicht gesetzlich dazu verpflichtet wäre, eine Sache nicht abkaufen könnte; das gebe ich zu. Aber aus der andern Seite muß man auch berücksichtigen, daß durch dieses Gesetz eine allgemein nützliche Sache erzweckt, ermöglicht werden kann und aus diesem Grunde, weil ich für das allgemeine Wohl mehr bin, als für das Interesse Einzelner, so muß ich dem beistimmen, weil man es nicht anders machen kann. Ich hätte wohl gerne einen Nachsatz gewünscht, daß nämlich, wenn Jemand ein Recht weg gibt oder ein Wasser weggeben muß, er es später, wenn er es selbst wieder braucht, zurücknehmen könnte, aber das scheint mir eben nicht möglich zu sein. Landeshauptmann: Da Niemand mehr das Wort zu ergreifen wünscht, erkläre ich die Debatte für geschlossen. Herr Berichterstatter haben das Wort. Dr. Jussel: Ich muß dem Herrn Dr. Fetz bemerken, daß er das Wort „wichtige Unternehmung" nicht richtig gedeutet bat, wenn er dabei annimmt, daß die Antragsteller eine gewisse Classe von Personen begünstigen wollten. Ich erlaube mir zu bemerken, daß wichtigere Unternehmungen nicht immer Fabriken sein müßen; man kann auch andere Sachen durchführen müssen, die nicht in die Fabrikation einschlagen. Ich erlaube mir nur ein Beispiel zu bringen. Kann in einem größern Orte nicht eine Badeanstalt sehr erwünscht sein? — und eben um die Durchführung einer solchen Badeanstalt möglich zu machen, wäre allenfalls der § 27 anwendbar, weil er da sogar einen öffentl. allgem. u. jedenfalls einen überwiegenden und größeren Nutzen bringen könnte. Die Antragsteller haben nicht im Mindesten daran gedacht, eine gewisse Classe von Personen zu begünstigen; denn diese Begünstigung wäre eine gehässige. Übrigens an einer Unternehmung können Viele theilnehmen, können Alle theilnehmen, Arme und Reiche und wir sehen, daß arme Leute, selbst überschuldete Leute an Unternehmungen theilnehmen. Was dann die Bemerkungen betrifft, daß die Zusätze so glatterdings gegen das Reichsgesetz verstoßen, so muß ich mir nur erlauben zu bemerken, daß im VIII. Abschnitte des Reichsgesetzes denn doch der Landesgesetzgebung die Ausführung der Anordnungen Vorbehalten ist; und es ist namentlich in die Hände der Landesgesetzgebung gelegt, ob sie den § 27 resp. § 15 des Reichsgesetzes wirksam machen wolle im Lande oder nicht. Nun kann ja der h Landtag allerdings, ohne an der Materie des Gesetzes einen Buchstaben zu ändern, erklären: ich will, daß dieses Gesetz ausgeführt wird, aber ich will, daß es nur dann ausgeführt wird, wenn ein überwiegender Vortheil es erfordert. Ich glaube, daß dies auch dem Geiste der bisherigen Gesetzgebung entspricht. Wenn schon der Hr. Abgeordnete Hämmerle sich aus das starre Festhalten am Eigenthumsrechte beruft und non possumus ausruft, so bemerke ich ihm, daß der § 365 des allg. bürg. Gesetzbuches, die Expropriation, das Anlasten des Eigenthums, nur aus öffentlichen vorwiegenden Rücksichten zuläßt. Wir finden aber auch im Wasserrechtsgesetze und gerade in dem verlesenen § 27 die Bestimmung, daß nur bei überwiegenden Vortheilen eine Abänderung aufgetragen wird. Also auch da schaut das Gesetz wieder die überwiegenden Vortheile an und ich glaube, es ist auch ganz in der Billigkeit gelegen, daß man einen Eigenthümer nicht antasten soll wegen einer Kleinigkeit, wie wenn etwa der Schaden um einen Kreuzer oder um 441 einen Gulden geringer wäre, als der Nutzen und als wenn das Eigenthum gar nicht angetastet würde. Der Antrag steht daher im Geiste des Wasserrechtsgesetzes, welches uns vorliegt; er steht im Geiste des § 365 des a. b, G. B. er steht auch als entsprechend in der Natur der Sache und in dem Rechtsgefühle eines jeden Menschen, wonach man das Eigenthum heilig halten und nicht stören soll, wenn nicht ein überwiegender Vortheil es fordert. Die Antragsteller wollen die Anwendung des § 27, sie wollen also, daß die Begünstigung des Wasserrechtsgesetzes zum Wohle nicht allein der Fabrikation sondern namentlich der Landwirthsch.it zur Ausführung komme; sie wollen dabei aber jene Anwendung beseitiget sehen, die dem Geiste des Gesetzes, die dem Geiste der Gerechtigkeit nicht tut« spricht, ändern in ein unnöthige Härte ausarten würde. Regierungsvertreter: Ich kann in eine Discussion über das Eigenthumsrecht nicht eintreten; ich will nur ganz kurz bemerken, daß das Wasserrechtsgesetz, in dem die fragliche Bestimmung im § 15 enthalten ist, ein sanktionirtes Reichsgesetz ist und jede daßelbe abändernde Bestimmung daher ohne Zweifel die Nichtsanktionirung zur Folge haben würde. Ich kann daher den Herren nur die Annahme des Regierungsentwurfes empfehlen. Landeshauptmann: Der § 27, wie er in scher Regierungsvorlage steht, bildet keinen Gegenstand unserer Abstimmung, denn er ist, wie der Herr Statthaltereirath eben sagte, nur der Ausfluß eines bereits von Er. Majestät sanctionirten Gesetzes. Ich kann nur den Zusatzantrag der Minorität des Comites zur Abstimmung zu bringen. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter, denselben nochmals zu verlesen. Dr. Jussel: Der Zusatz des § 27, an dessen Wortlaut die Antragsteller auch kein Jota zu ändern verlangen, lautet so: „Die Bestimmungen sub littera a und b füllen übrigens nur dann in Anwendung „kommen, wenn es sich um wichtige Unternehmungen handelt und daraus ein überwiegender „Vortheil sich ergiebt." Landeshauptmann: Ich ersuche diejenigen Herren, die diesem Zusatze beistimmen, sich von den Sitzen zu erheben. (Abgelehnt.) Ich bitte im Vortrage weiter zu fahren. Dr. Jussel: (Verliest den § 47 der Regierungsvorlage wie folgt:) durch Regulirungsbauten im Bereiche derselben gewonnene Grund u. „fällt denjenigen zu, welche die Kosten der Unternehmung tragen; jedoch, wenn die „Unternehmung denselben zur besseren Verlandung „Der Boden muß oder Befestigung des Users nicht mehr „bedarf, den Anrainern auf Verlangen gegen Erstattung des Werthes abgetreten werden." Bei diesem Paragraph findet das Comite die Weglassung des zweiten Satzes zu beantragen, des Inhalts: „muß jedoch 2C. abgetreten werden." Wenn einmal das Gesetz Jemanden das Eigenthum zuspricht, so glaubte das Comite, daß er auch in seinem Eigenthumsrechts nicht unnöthig beschränkt werden sollte und hat deßhalb auf Streichung des zweiten Absatzes den Antrag gestellt und zwar um so mehr, weil auch faktisch Fälle 442 Vorkommen, wo durch Regulierungsbauten große Gelände Boden gewonnen werden und wirklich keine Billigkeit dafür sprechen könnte, daß der Boden dem nächsten kleinsten Grundbesitzer zugemittelt werden müßte. Das Comite beantragt, den Paragraph in folgender Fassung: „der durch Regulierungsbauten im Bereiche derselben gewonnene Grund uBoden „fällt denjenigen zu, welche die Kosten der Unternehmung tragen." Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? (Niemand.) Da dies nicht der Fall ist, bitte ich die h. Versammlung um Abstimmung über den Antrag des Comite. (Angenommen.) Dr. Jussel: (Verliest den § 50 wie folgt:) „Wenn zur augenblicklichen Verhütung großer Gefahr durch Ufer- oder Dammbrüche oder durch Überschwemmungen schleunige Maßregeln ergriffen werden müssen, so sind auf Verlangen der politischen Behörde, oder wenn diese nicht am Orte der Gefahr „ihren Sitz hat, des Vorstehers des bedrohten Gemeindebezirkes die benachbarten Gemeinden gegen angemessene Entschädigung verpflichtet, die erforderliche Hilfe zu leisten." „Wird für solche Hilfeleistungen eine Entschädigung gefordert, so sind dieselben von „der politischen Behörde nach ihrem Geldwerthe festzustellen und die hiernach entfallende „Entschädigung auf die Gemeinden, denen die Hilfe geleistet wurde, verhältnißmäßig „umzulegen." In diesem Paragraphen beantragt das Comite in der ersten Alinea die Streichung der Worte: „gegen angemessene Entschädigung." Der Grund liegt darin, weil es sich um Hilfe in Gefahren handelt und man glaubt bei dem allgemeinen Gefühl für die Mitmenschheit und Mitbevölkerung und für die Unglücklichen, daß eine Entschädigung bei unserer Bevölkerung nicht gefordert werde, auch eigentlich nicht billig sei. Jedenfalls will man diese Worte streichen, um doch wenigstens nicht gleichsam Entschädigung vorzuschreiben und es einfach demjenigen, der die Hilfe leistet, an die Hand geben, ob er allenfalls eine Entschädigung fordern wolle; es ist dann das Mittel nicht entzogen, Entschädigung anzusprechen, da in der Alinea 2 Vorsorge dafür getroffen i >, indem es heißt: „wird für solche Hilfeleistungen eine Entschädigung gefordert, so sind dieselben von „der politischen Behörde nach ihrem Geldwerthe festzustellen und die hienach entfallende Entschädigung auf die Gemeinden, denen die Hilfe geleistet wurde, verhältnißmäßig umzulegen." Landeshauptmann: Wünscht Jemand das Wort? (Niemand.) Wenn dies nicht der Fall ist, so gehe ich zur Abstimmung über, über den Antrag des Comite, welchen ich nochmals verlesen werde, er lautet: (Verliest obigen Paragraphen mit Hinweglassung der Worte: „gegen angemessene Entschädigung.) Ich bitte um Abstimmung hierüber. (Angenommen.) Dr. Jussel: (Verliest den § 87 nach der Regierungsvorlage, wie folgt: 443 „In dem Erkenntnisse der politischen Behörde ist beim Eintritte der im § 37 (§ 17 „der Reichsgesetzes) vorgezeichneten Bedingung zugleich eine Bestimmung über die Art und „Größe der zu leistenden Entschädigung zu treffen, weiche letztere bei Abgang eines Einverständnisses der etwa vorhandenen Tabulargläubiger beider Tabularbehörde zu erlegen ist. „Wenn die Betheiligten sich dabei nicht beruhigen, so ist der Betrag der Entschädigung durch den richtigen Befund mit Zuziehung beider Theile zu bestimmen. „Doch darf die Ausübung der Dienstbarkeit oder die Enteignung nicht gehindert „werden, sobald das Erkenntniß der politischen Behörde in Rechtskraft erwachsen und der „vorläufig ermittelte Entschädigungs- oder Ablösungsbetrag gerichtlich erlegt oder die jährliche Entschädigung sicher gestellt ist." Hier beantragt das Comite die Unterstellung der Worte „Hypothekargläubiger" an die Stelle des Wortes „Tabulargläubiger", und an die Stelle des Wortes „Tabularbehörde" des Wortes „Realinstanz" und zwar aus dem einfachen Grunde, weil Vorarlberg kein Grundbuch, sondern nur ein Verfachbuch hat. Es würde sonach der Paragraph nach dem Antrage des Comite zu lauten haben: „In dem Erkenntnisse der politischen Behörde ist beim Eintritte der im § 37 (§17 „des R. G.) vorgezeichneten Bedingung zugleich eine Bestimmung über die Art und Größe „der zu leistenden Entschädigung zu treffen, welche letztere bei Abgang eines Einverständnisses der etwa vorhandenen Hypothekargläubiger bei der Realinstanz zu erlegen ist rc." Landeshauptmann: Wenn Niemand weiter das Wort zu ergreifen gewillt ist, so ersuche ich die Herrn um Abstimmung hierüber. (Angenommen.) Alle übrigen Paragraphe sind vom Comite zur Annahme in der Fassung der Regierungsvorlage beantragt. Jene Herren, welche gewillt sind, alle übrigen Paragraphe der vorliegenden R.-V. en bloc anzunehmen, bitte ich sich zu erheben. (Angenommen.) Ich werde auch die dritte Lesung in Vorschlag bringen, weil Alles zum Schlusse drängt (Angenommen.) Ich ersuche daher diejenigen Herrn, welche den eben berathenen Gesetzentwurf über die Benützung, Leitung und Abwehr der Gewässer j» dritter Lesung entgiltig anzunehmen gesonnen sind, ersuche ich sich von bin Sitzen zu erheben. (Angenommen.) Wir kommen nun zum weitern Gegenstände nämlich zum Berichte der Comites über Herrn Dr. Jussels Referat betreffend die Rheinkorrection. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter das Wort zu nehmen. Osten: Ich muß die h. Versammlung vor Allem um Nachsicht bitten, da es mir mehr gegönnt war, wegen der Kürze der Zeit einen ausführlichen Bericht zu erstatten, da er daher jedenfalls sehr mangelhaft sein wird. (Verliest den Comitebericht wie folgt:) Hoher Landtag! Ihrin der XII. Sitzung zur Berichterstattung über den Bericht des Vertreters des Landesausschußes bei der internationalen Rheinkommission bestelltes Comite erstattet folgenden Bericht: 444 Zuvorderst glaubt ihr Comite erklären zu müssen, daß der Vertreter des Landes bei der internationalen Rheinkommission, Herr Dr Jussel die Interessen der Rheingemeinden so viel möglich, stimmte die Interessen des Landes mit besonderer Berücksichtigung des Landtagsbeschlusses vom 22-Dec 1866 in anerkennenswerther Weise vertreten habe. Ihr Comite glaubt aus dem zur Berichterstattung zugewiesenen Berichte folgende Thatsachen entnehmen und zur Berücksichtigung hervorheben zu müssen: 1. Die am 25 Mai d. J. in Ragatz versammelt gewesene internationale Rheinkommission hat die Anträge der hiezu beauftragten Ober Ingenieure über Regulierung der beidseitigen Uferbauten, über Wuhr- und Dammhöhe und Entfernung, sowie über Feststellung der bezüglichen Linien als rationel, richtig zur Annahme den beidseitigen Regierungen empfohlen. Durch die beantragte Regulierung der Uferbaulinie erleidet die bisher von beiden Seiten eingehaltene Rezeßlinie der ganzen Strecke von Montlingen bis Monstein vielfache Veränderung. Schweizerseits wird sie bisherige Rezeßlinie thatsächlich jetzt schon nicht mehr anerkannt und wird nach der neu beantragten Linie gebaut. — Von den diesseitigen Rheingemeinden ist gegen die beantragte Linie mehr oder weniger und besonders über die Dammlinie Einsprache erhoben werden. Es fällt nun vor Allem nothwendig, daß, wenn die neu beantragte Wuhrlinie als technisch richtig, rationel und nothwendig anerkannt werden müßte, zuvörderst in Folge besten die neue Rezeßlinie mittelst Staatsvertrag mit der Schweiz festgestellt werden muß. 2. Schweizerischerseits ist erklärt worden, daß, wenn man die beantragte Wuhrlinie nicht an» nehme, sie auf die alte Rezeßlinie keine Rücksicht nehmen und so bauen werden, wie sie es für gut befinden uno es ihr Interesse erheische. Dies wird auch schweizerseits thatsächlich durch Aufführung von starken Userverbauungen von Montlingen abwärts bewiesen, so zwar, daß, wenn diesteils nicht gleich stark gebaut werden wird, der Rhein in her Strecke von Mader bis Ems beim ersten Hochwasser zum Ausbruch kommen muß. Es müssen, wenn man diesem Übel vorbeugen will, Mittel zur Verbauung beschafft werden. 3. Alles, Techniker, Sachverständige und die Uferbewohner sind darin einig, daß, je weiter die Correction des Rheines in seinem obern Laufe fortschreite, desto mehr steige die Gefahr der Überschwemmung in seinem untern Laufe; es sei daher, wenn man die mittlern und untern Rheingemeinden nicht dem gänzlichen Verderben Preis geben wolle, eine kürzere Ausleitung des Rheines von Bruck abwärts, so wie der obern Kriesern-Monsteindurchstich eine unabweisliche, unaufschiebbare Nothwendigkeit Die dem Comite kurz zugemessene Zeit gestattete demselben nicht, des Näheren auf diese wichtige Landesangelegenheit eingehen zu können, glaubt aber in Erwägung des Vorgebrachten folgende Anträge stellen zu müssen: Ein hoher Landtag wolle beschließen: 1. Es sei eine h k. k. Regierung ungesäumt zu ersuchen, Hochdieselbe wolle die von der in Ragatz versammelt gewesenen Rheinkommission den beidseitigen Regierungen zur Annahme empfohlene 445 Regulirung der beiderseitigen Uferverbauungslinien durch sachverständige Techniker überprüfen und mit möglichster Berücksichtigung der Wünsche der Rheingemeinden, wenn annehmbar, feststellen lasten, so wie die sich in Folge besten ergebende neue Rezeßlinie mittelst Staatsvertrag mit der Schweiz richtig stellen. 2. Hochdieselbe wolle für die, wegen den schweizerseits aufgeführten Bauten bedrohten Stellen von Mäder abwärts nothwendigen Verbauungen genügende Geldmittel fleißig machen und zur rechtzeitigen Ausfolgung anweisen. 3. Hochdieselbe wolle zur Prüfung der vorhandenen Rheinkorrections Projekte sowie zur Prüfung des Sachverhaltes an Ort und Stelle unbeteiligte wasserbaukundige Ingenieure von Deutschland, Belgien oder England berufen, auf Grund deren Anträge mit bet Schweiz eine Vereinbarung zur rationel radikalen Correction des Rheines wenigstens von Kriesern bis in den See zu versuchen und wenn möglich mit möglichster Wahrung der Interessen des Landes Vorarlberg in Ausführung zu bringen zu suchen und 4. schließlich sei Hochdieselbe zu ersuchen, eine kürzere Ausleitung des Rheines von Bruck abwärts ohne gleichzeitige Ausführung des oberen Kriesern-Monstein-Durchstiches nicht zu bewilligen. Die ersten zwei Anträge wurden einstimmig angenommen: der dritte jedoch nur mit drei Stimmen. Die Minorität behielt sich vor die Gründe ihre« Ablehnens im Hause selbst vorzubringen. Bregenz, 26. Oktober 1869. Dr Martignoni, Obmann. Gsteu Berichterstatter. Hohe Versammlung! Ich bedaure sehr, daß uns erst in den letzten Stunden dieser Antrag zur Berichterstattung übergeben worden ist. Ich glaube diese Angelegenheit wäre so wichtig gewesen, daß man sie früher hätte einbringen dürfen. Es ist eine Landesaugelegenheit, worüber das Land schon lange Jahre klagt und wenn wir nicht viel thun können, so hätten wir doch da allenfalls jetzt über nöthige Verfügungen Anträge bringen können. Heute, nachdem der Schluß der Session bereits da ist, läßt sich nicht viel mehr machen. Jedoch fühle ich mich verpflichtet, diese Anträge zu empfehlen und habe auch die Pflicht, sie zu begründen. Ich muß nochmals die h. Versammlung bitten, daß sie mir Geduld schenkt; ich bin eben nur ein Bauer und fühle, einer solchen Aufgabe kaum genügen zu können. Bei der versuchten Vereinbarung in Innsbruck die meines Wissens im 1.1858 versucht wurde ist leider keine zu Stande gekommen. Die schweizerischen Vertreter der Sache sind weggegangen und haben ein Promemoria der österreichischen Regierung zurückgelassen mit der ausdrücklichen Erklärung, daß sie an den Fussach Harder-Durchstich festhalten müssen und daß, wenn dieser Durchstich zur 446 Ausführung nicht vereinbart werden könne, sie es der Macht der Thatsachen überlasten müssen, das am Ende durchzuführen. Meine Herren, die Thatsachen haben gesprochen Im letzten Jahre hat die Macht der Thatsachen die Linie bezeichnet, welche der Rhein naturgemäß nehmen solle. Er ist bei Montlingen eingebrochen und bei Mondstein hinaus. Das wäre wirklich die von der Natur bezeichnete Linie, welche der Rhein in dieser Gegend nothwendig nehmen sollte. Die Schweiz war natürlich im letzten Herbste bemüßiget, den Riß, den die Macht der Thatsachen in ihre Wuhrungen geschaffen hatte, wieder zu verbauen. Bekanntlich hat man aber schon länger die Nothwendigkeit eingesehen, daß der Rhein wenigstens doch in einigen Punkten durch Zusammenziehung Wuhrbauten rektifizirt werde. Von dieser Ansicht ist die Schweiz ausgegangen und hat bei der österreichischen Regierung um eine Commission angesucht um zu bestimmen, wie und wo diele Linie festgestellt werden sollte. Leider hat die österreichische Regierung den Schweizern zum drittenmal keine Antwort gegeben und ich kann also das Vorgehen der österreichischen Behörden — mögen sie heißen, wie sie wollen — durchaus nicht als richtig anerkennen und ich fühle mich verpflichtet, einen Tadel dafür auszusprechen. (Rufe: sehr gut.) Die Schweizer haben natürlich das Übel wegschaffen müssen und haben gebaut und zwar zu unserem Schaden. Sie haben die alte Rezeßlinie nicht beachtet und haben über dieselbe hinaus gebaut. Erst, nachdem diese Überbauten stattgefunden halten, sind wiederholt Beschwerden der diesseitigen Rheingemeinden eingelaufen. Die Kommission ist endlich zusammen gekommen; diese hat beschlossen, es sei die Feststellung der Linie zweien Ingenieuren zu übergeben, welche einer zweiten Versammlung der Commission ihre Anträge vorzulegen hatten. Diese zweite Commissionsverhandlung hat in Ragaz stattgefunden und die von den ernannten Ingenieuren beantragten technischen Linien wurden selbst von unserer Seite und zwar sowohl des Regierungsvertreters als auch des Landesvertreters als technisch richtig anerkannt. Die österreichischen Gemeinden haben sich mit diesen technisch anerkannten