18691022_lts009

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Letzte Änderung 03.07.2021, 10:45
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp02,lts1869,lt1869,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. IX. Sitzung am 22 Oktober 1869. unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Sebastian von Froschauer Im Beisein der Regierungsvertreter, k. k. Statthaltereirath Karl Schwertling und k. k. Landes-Schulinspektor Wolf. Gegenwärtig sämmtliche Abgeordnete. Beginn der Sitzung um 9 1/4 Uhr Vormittags. Landeshauptmann: Ich eröffne die Sitzung. (Sekretär verliest das Protokoll der Vorhergehenden). Ich nehme die Fassung des Protokolls für genehmiget an, da keine Einwendung gegen dasselbe erhoben wird. In der Zwischenzeit wurde mir ein Gesuch zugeführt der Gemeinden Schruns, Bartolomäberg und St. Anton um Einreihung der Montafonerstraße in die Kategorie der Konkurrenzstraßen. Ich würde mir erlauben, dieses Gesuch dem sogenannten Rechenschaftsbericht-Comite zur Berichterstattung zuzuweisen. Da keine Einwendung erfolgt, nehme ich es für zugestanden an. Überreicht wurde mir ferner durch Herrn Abgeordneten Hämmerle ein Ansuchen des k. k. Gymnasiallehrers A. Äußerer in Feldkirch um eine Subvention von 300 fl. zur Herstellung des botanischen Gartens des k. k. Gymnasiums daselbst. Ich würde mir erlauben, wenn keine Einwendung erfolgt, dieses Gesuch dem Petitionsausschusse zur Berichterstattung zuzuweisen. (steine Einwendung) Es ist angenommen. Wir gehen über zur Tagesordnung und ersuche den Herrn Berichterstatter mit dem zweiten Abschnitte des Gesetzesentwurfes, betreffend die Regelung der Errichtung, der Erhaltung und des Besuches der öffentlichen Volksschulen zu beginnen. 190 Dr. Fetz: (Verliest Z. 21 der Regierungsvorlage, welcher ohne Bemerkung angenommen wurde, ferner §. 22.) O. L. G. R. Hämmerle: Ich bitte ums Wort. Wenn meine Herren bei einem Duell einer der Gegner die Waffe bereits in die Scheide gesteckt hat und der andere noch berechtigt ist, zum Stoße auszuholen, so kann man darauf gefaßt sein, daß der Letztere in 100 Fällen 99 mal den Gegner in den Sand strecken wird. Dieß ist ungefähr die bedenkliche Lage, in der ich mich gegenüber dem Hrn. Berichterstatter befinde, wenn ich mit Anträgen rücksichtlich der in Berathung befindlichen Gesetzesvorschläge auftrete. Ich habe mir verglommen, wenigstens so oft es sich nicht um sehr wichtige Dinge handelt, keine Anträge mehr zu stellen, sondern nur Bemerkungen zu machen und es lediglich dem Wohlwollen des Hrn. Berichterstatters zu überlassen, ob er von meinen Anschauungen Notiz zu nehmen beliebe oder nicht. In diesem betrachteten Fall befinde ich mich rücksichtlich des §. 22, Ich würde nämlich der Meinung sein, daß die Eingangsworte des Paragraph wie folgt zu lauten hätten: „Kinder, welche wegen eines geistigen oder körperlichen Gebrechens oder eines anderen Hindernisses wegen die öffentliche Schule u. s. w." Ich würde diese Worte einschalten, insbesondere aus Rücksicht auf den §. 2 des Gesetzes, wie er aus der gestrigen Abstimmung hervorgegangen ist. Aus dieser Abstimmung ergiebt sich, daß es dahin kommen kann, daß 2, 5 oder 10 Kinder gar keinen Volksunterricht genießen, weil die Bedingungen nicht eintreffen, unter welchen die Bezirkschulbehörde glaubt, einen Excurrendo- oder Expositur-Unterricht gestatten zu müssen. In diesem Falle ist offenbar ein Hinderniß vorhanden, welches nicht in geistigen und körperlichen Gebrechen fliegt, und dennoch die Wirkung nach sich ziehen würde, daß eine öffentliche Volksschule von diesen Kindern nicht besucht werden könnte. Landeshauptmann: Stellen Hr. Abgeordneter Hämmerle keinen bestimmten Antrag? O. L. G. R. Hämmerle: Durchaus nicht. Gsteu: Um unsern Hrn. Berichterstatter nicht gar zu sehr in Anspruch nehmen zu müssen, glaube ich dem Antrage oder vielmehr der Ausführung des Hrn. Vorredners entgegentreten zu müssen. Ich glaube im §. 10 ist für alle Kinder gesorgt, da heißt es: „Die Einschulung hat zum Zwecke, sämmtlichen, inneihalb des Schulsprengels wohnenden schulpflichtigen Kindern die Möglichkeit der Ausnahme in eine Schule und die regelmäßige Theilnahme am Unterrichte derselben zu sichern." Da ist für jedes Lind eines jeden Schulbezirkes gesorgt. Die Landesschulbehörde nimmt die Eintheilung vor und hat bei dieser Eintheilung darauf zu sehen, daß jedes Haus zu einem Schulsprengel gehört. Folglich ist hier die Möglichkeit kaum denkbar, daß das eine oder andere Kind nicht eingeschult wäre. Wenn die Eltern ihre Pflicht nicht erfüllen, so steht der Ortsschulbehörde das Recht zu, dieselben an die Pflicht zu mahnen, nötigenfalls mit Strafen einzuschreiten, wie es im Absatz 2 191 des 21 dieser Gesetzes vorgezeichnet ist. Ich glaube, wir würden da etwas Überflüssiges machen, was der Hr. Abgeordnete Hämmerle hier vorschlägt. O. L. G. R. Hämmerle: Ich bitte nochmals ums Wort. Ich wäre dem Hrn. Gsteu sehr dankbar, wenn er mir die Aufklärung dahin gegeben hätte, daß alle Kinder den Schulunterricht empfangen können und daß diejenigen, welche ihn empfangen sollen, ihn auch wirklich empfangen. Allein durch den §. 10 glaube ich, ist dar nicht erreicht, denn dort wird nur gesagt, daß alle innerhalb des Schulsprengeis wohnenden, schulpflichtigen Kinder, eingeschult werden, d. h. sie werden der Schule zugeschrieben, aber ob diese Kinder zu dieser Schule auch gelangen können, das ist eine andere Frage, das ist die materielle Frage. Wenn ein Hinderniß besteht, wie es der §. 2. voraussetzt, und zwar (in örtliches Hinderniß, so wird durch einen Excurrendo- oder ExpositurUnterricht gesorgt. Nun aber — so hat der Landtag entschieden — steht der Bezirksschulbehörde zu, auch zu erklären: wir sind nicht in der Lage, einen solchen besonderen Unterricht ertheilen zu lassen, es sind zu wenig Kinder vorhanden, oder die Entfernung ist zu groß, oder es ist kein Unterlehrer da, oder endlich, dir Kosten sind zu bedeutend; kurz es kann der Fall eintreten, daß ein Schulkind eines Hindernisses wegen die Schule zu besuchen, diesen Unterricht nicht empfangen kann. So glaube ich wenigstens den §. 10 auslegen zu müssen. Dieser §. 10 setzt die Einschulung nach der Grundlage des §. 1 und 2 voraus; d. h. im § 1 ist gesagt: eine öffentliche Volksschule ist überall zu errichten, wo mindestens 40 schulpflichtige Kinder sich befinden, welche mehr als eine halbe Meile zum Schulhaus zurückzulegen hatten. Wenn nun aber nicht 40 Kinder vorhanden sind, sondern allenfalls nur 20, so müssen sie mehr als eine halbe Meile zur Schule gehen- sie müssen vielleicht eine ganze Meile zur Schule gehen. Wenn diese Kinder im Winter mehr als eine halbe Meile Weges zurückzulegen haben, so wird mir der Hr. Gsteu doch zugeben, daß damit dem Schulbesuche dieser Kinder ein unüberwindliches Hinderniß entgegenstehe. Wenn kein Expositur- Excurrendo Unterricht stattfindet, so sehe ich nicht ein, wie da der § 10 Abhilfe gewähre; die Kinder werben eingeschult sein, das gebe ich zu, ob sie aber die Schule besuchen, das ist eine andere Frage. Gsteu: Für diesen Fall, den der geehrte Hr. Vorredner uns vorgeführt hat, ist eben im Ausschuß durch den Nachsatz des 2 gesorgt worden. Ich muß es besonders betonen, daß man dort keine Zahl festgesetzt hat, sondern es der Bezirksschulbehörde überlassen, eine Expositur- oder eine ExcurrendoStation festzustellen. Man wird doch der Bezirksschulbehörde dieses Zutrauen schenken, daß, wenn 3 dis 4 Kinder vorhanden sind, sie dieselben nicht ohne Unterricht lasse. Ich glaube, damit wäre Allen geholfen. Wenn man kein Vertrauen in die Bezirksschulbehörde setzt, so nützt weder das Eine noch das Andere. O. L. G. R. Hämmerle: Ich muß sagen, daß ich sowohl in die Bezirks- als auch in die Laudesschulbehörde das volle Vertrauen setze. Allein die Frage ist einfach die, ob nicht mit der 192 Bestimmung des §. 2 der Fall eintreten kann, daß einzelne schulpflichtige Kinder keinen Unterricht erhalten. Das ist einfach die Frage. Wenn Hr. Gsteu mir bewiesen hätte, daß es unmöglich ist, daß es solche schulpflichtige Kinder gebe, dann würde ich die Einschaltung für höchst überflüssig halten. Man wird mir aber zugeben müssen, daß Kinder nicht blos wegen geistigen und körperlichen Gebrechen, sondern auch aus andern Gründen vom Schulbesuch abgehalten werden; wenn nämlich im Sinne des §. 2 wegen örtlichen Verhältnissen, oder wegen zu grober Entfernung die Bezirksschulbehörde den Excurrendo- oder Expositur-Unterricht nicht bewilligen kann, dann glaube ich, ist mein Antrag gerechtfertigt und ich meine eben, die Eltern dieser Kinder werden wegen Versäumniß der Schule nicht strafbar erscheinen. Derlei schulpflichtige Kinder werden in das Verzeichniß jener Kinder eingetragen werden muffen, welchen Eben die ausnahmsweise Bewilligung, die Schule nicht zu besuchen, zugestanden wird; ohnedem sind die Eltern strafbar. Das ist die praktische Folge, die sich aus dem §. 22 und 23 ergibt, denn Kinder, die nicht in dem Verzeichniße stehen, sind als solche anzusehen, welche ohne irgend einen Rechtstitel vom Schulbesuche sich enthalten. Dr. Jussel: Ich Halle den Zusatz ebenfalls für überflüssig; denn nach meiner Anschauung hat der Paragraph eine ganz andere Klasse von Kindern im Auge. Er berüchsichtigt nämlich jene Kinder, in „deren Person" das Hinderniß des Besuches des Volksschulunterrichtes liegt, — das ist bei den geistigen und körperlichen Gebrechen der Fall — und die sonst vom Schulunterrichte diepensirt erscheinen, weit sie z. B. zu Hause Privatunterricht genießen. Was die anderen Kind.-c anbelangt, die wegen anderen Hindernissen die Schule nicht besuchen können, so ist für dieselben bereits im §. 2 vorgesorgt. Landeshauptmann: Da keiner der Herren mehr das Wort verlangt, schließe ich die Debatte, Herr Berichterstatter haben das Wort. Dr. Fetz: Wenn ich als Berichterstatter am Schlusse der Debatte das Wort ergreife, so geschieht es nicht, um einen unbewaffneten Gegner in den Sand zu strecken, sondern deßwegen, weil es hier wie überall Kampfregeln gibt, wonach der eine nach dem andern und nicht beide zugleich stoßen können. Wenn ich das Wort nicht ergreifen würde, dann wäre ich derjenige, welcher sich ohne Gegenwehr in den Sand strecken ließe und das will ich auch nicht. Ich glaube, daß in diesem speziellen Falle die Hrn. Abgeordneten Esten und Jussel ganz Recht haben. Der §. 22 hat eben besondere Hindernisie, die in der „Person" der betreffenden Kinder vorkommen, zum Gegenstande und enthebt diese Kinder von der Verpflichtung des Besuches der öffentlichen Volksschule. Anders verhält es sich bezüglich des Zusatzes zu § 2. Er bezweckt, daß, wenn es in einem gegebenem Falle für einzelne Kinder schwer fein würde, die öffentliche Volksschule zu besuchen, ihnen insofern eine Erleichterung verschafft werde, daß sie durch eine Expositur» oder Excurrendo-Station einen Unterricht empfangen können; der Verpflichtung zum Besuche der Schule sollen sie deßwegen aber nicht enthoben sein. Die Bezirksschulbehörde, welche über die Nothwendigkeit einer solchen Expositur- oder ExcurrendoStation nach unseren Beschlüssen zu entscheiden hat, die hat eben nur auf die Anzahl der Kinder, welche auf diese Expositur- oder Excurrendo Station angewiesen sind, angemessene Rücksicht zu nehmen. 193 Es ist nicht gesagt, daß, wenn etwa nur zwei, drei oder vier Kinder und nicht etwa zehn bis zwölf solche Kinder vorhanden sind, die Expositur unter allen Umständen zu entfallen habe — im Gegentheile — meiner Ansicht nach ist es unzweifelhaft, wenn auch nur zwei bis drei Kinder vorhanden wären, daß mindestens das weniger kostspielige Auskunftsmittel der Excurrendo-Station beschafft werde. Es ist übrigens kein besonderer Antrag gestellt worden und ich beantrage, daß über §. 22 einfach abgestimmt werde. Landeshauptmann: Diejenigen Herren, welche §. 22, wie er eben verlesen wurde, anzunehmen gedenken, wollen sich erheben, (angenommen.) Dr. Fetz: (Verliest die 23 und 24, welche ohne Bemerkung nach der Regierungsvorlage angenommen wurden; ferner einen neuen § 25 lautend: „Die Landesschulbehörde kann mit Rücksicht auf die örtlichen Verhältnisse bewilligen, daß unbeschadet der Bestimmung des §. 31 schultüchtige Kinder während der Sommer-Monate von dem Schulbesuche befreit werden.") Landeshauptmann: Ich eröffne die Debatte hierüber. Feuerstein: Ich bitte ums Wort. Dieser Paragraph ist vom Ausschusse abgeändert worden. Früher hat es geheißen: „in den Monaten Mai bis einschließlich September". Ich halte die jetzige Fassung für eine unklare. Was heißt eigentlich „Sommermonate?" Welcher Zeitraum wird damit festgestellt? Ist die Zeit der Sommermonate von Mitte Mai bis einschließlich September verstanden, oder sind die Sommermonate die drei Monate nach dem Kalender? — wenn das der Fall wäre, würde ich jedenfalls beantragen, daß statt der jetzigen Fassung, die frühere Fassung des Ausschusses, wo es heißt: „in den Monaten Mai bis einschließlich September" zum Beschlusse erhoben würde; denn diese Fassung ist wenigstens für die Verhältnisse, welche in den Bergen Tirols und Vorarlbergs besitzen, eine viel praktischere. In den Berggemeinden ziehen nämlich die Bauern Mitte Mai bis anfangs Juli in die Maiensäße, dort hat jeder Bauer eine Hütte und die ganze Familie bezieht die Maiensäss. Wenn nun von dem Landesschulrathe darauf bestanden werden müßte, daß den Kindern erst mit 21. Juni die Erlaubniß gegeben werden dürfe, von der Schule befreit zu fein, so wären namentlich die armen Bauern genöthigt, ihre Kinder bis dort in Kost und Pflege an andere Orte zu geben — ein anderer Ausweg würde nicht stattfinden können. Ich finde es natürlich, daß eine solche Bewilligung vom Landesschulrathe nur solchen Eltern gestaltet werden wild, welche die Mittel nicht erschwingen können und wo andere bedeutende Hindernisse obwalten. Ich glaube, daß man dem Landesschulrathe das Recht, solche Schulkinder zu befreien, getrost überlassen dürfe. Diese Behörde wird von diesem Rechte keinen Mißbrauch machen und deßwegen beantrage ich, daß man die bestimmtere Fassung, nämlich: „in den Monaten Mai bis einschließlich September" beibehalten solle. Landeshauptmann: Hr. Feuerstein beantragen also, daß es im §. 25 heiße: „das schulpflichtige Kinder in den Monaten Mai bis einschließlich September von dem Schulbesuche befreit werden." 194 Regierungsvertreter: Es wird gewiß Niemand in Abrede stellen, daß aus didaktisch-pädagogischen Rücksichten eine Unterbrechung der Schule durch fünf volle Monate nicht im Interesse der schulpflichtigen Kinder liege. Man hat im Ausschusse daher auch diese Bestimmung „in den Monaten Mai bis einschließlich September" abgeändert und dafür gesagt: „in den Sommermonaten zeitweilig." Durch Abänderung dieser Bestimmung will man eben den rücksichtswürdigen Verhältnissen einzelner Landestheile Rechnung tragen, indem man dem Landesschulrath das Recht einräumt, m solchen Fällen eine zeitweilige Unterbrechung der Schule aus die Dauer des Bedarfes eintreten zu lassen, ohne daß es eine Unterbrechung von fünf Monaten sein müsse, die nicht nothwendig ist und die den Bedürfnissen der Schule nicht entsprechen würde. Wenn z. B. im Bregenzerwalde die Kinder im Mai mit ihren Eltern ans die Vorsäße ziehen, so würde der Landesschulrath dann eine zeitweilige Unterbrechung der Schule von 5 bis 6 Wochen, z. B. bis Anfangs Juli, wo die Vorsäßen wieder verlassen werden, eintreten lassen können. Ist aber eine allgemeine B-stimmung da, daß die Unterbrechung durch fünf Monate dauern müsse, so würde dem Landesschulrathe das Recht benommen sein, im Interesse der Schule eine kürzere Frist zu bestimmen. Würde er dann eine solche vornehmen, so wäre nur Veranlassung zu Klagen über vexatorische Maßregeln gegeben. Mit Rücksicht auf diese Umstände glaube ich auch einrathen zu sollen, daß man die Bestimmung: „zeitweilig mährend der Sommermonate" beibehalte. Karl Ganahl: Die Gründe, welche der Herr Regierungsvertreter vorgeführt hat, haben den Ausschuß veranlaßt, die frühere Fassung: „in den Monaten Mai bis einschließlich September" zu streichen. Man hatte damals, als man die frühere Fassung beantragte, besondere Rücksicht genommen auf die Verhältnisse des Bregenzerwaldes; später kam man aber im Ausschusse zur Überzeugung, daß es denn doch nicht angehe, die Kinder durch fünf Monate den Schulbesuch entbehren zu lassen und aus diesem Grunde hat man die Fassung angenommen: „mährend der Sommermonate" und ich muß umsomehr daraus bestehen, weil nicht nur die Berggemeinden sondern auch die Landgemeinden die Begünstigung nach der früheren Fassung mißbrauchen könnten. Es kommt nämlich nicht nur in den Berggemeinden sondern in vielen Landgemeinden vor, daß im Sommer gar keine Schule abgehalten wird. Das will nun aber das neue Schulgesetz nicht mehr und das wollen auch wir nicht mehr. Deßwegen bin ich der Ansicht, daß die zweite Fassung „während der Sommer Monate" zu verbleiben habe. Feuerstein. Ich beabsichtige durch meine Beantragung, daß der § 25 in der früheren Fassung angenommen werde, — durchaus nicht für den Bregenzerwald allein einen Ausnahmszustand zu verlangen. Ich bin im Gegentheil der Ansicht, daß die h. Laudesschulbehörde von dieser ihrer eingeräumten Befugniß nur in äußerst berücksichtigenswerthen Fällen Gebrauch machen werde, daß diese Befreiung nur für einzelne Kinder eintreten werde, bei denen eben der Schulbesuch beinahe unmöglich wäre. Übrigens muß ich aber bemerken, daß eben gerade diese Fassung, wie sie vorgeschlagen ist, für den Bregenzerwald namentlich unpassend wäre. In den Sommermonaten sind die Kinder im Bregenzerwalde zu Hause. Es ist eben nur im Monate Mai bis Anfangs Juli der Fall, 195 wo die Bauern fortziehen. In den Sommermonaten ziehen die meisten wieder in ihre Heimath zurück. Karl Ganahl: Ich glaube, wir dürfen du getrost es der Landesschulbehörde überlassen, auf die besondern Verhältnisse der Berggemeinden Rücksicht zu nehmen und sie wird es ganz bestimmt auch thun. Die Landesschulbehörde wird überhaupt das thun, was im Interesse der Eltern und zum Wohle der Kinder ist. Ich glaube daher, daß wir dies füglich derselben überlassen können. O. L. G, R. Hämmerle: Die Bestimmung, welche vom Comite hier im Gesetze eingefügt werden soll, ist allerdings zu bedauern, weil sie eine Bresche in das System des Volksschulunterrichtes legt, da dieses die Schule als ganzjährig und obligat auffasst. Allein ich will anerkennen, daß in unserem Lande besondere Verhältnisse obwalten, welche den Besuch der Sommerschule in manchen Gegenden als mit zu großen Hindernissen verknüpft erscheinen lassen. Ich will zugeben, daß im Gesetze eine Ausnahme gemacht werden soll; jedoch Ausnahmen, die nicht als ein Rückschritt erscheinen dem gegenüber, was bereits die bestehenden Gesetze verfügen. Soviel mir bekannt, ist in Tirol und Vorarlberg die Sommerschule bereits als obligat eingeführt. Wenn man so weit gehende Bestimmungen, wie sie beantragt werden, in das Gesetz aufnimmt, so ist das nach meiner Anschauung offenbar ein Rückschritt dem gegenüber, was bis jetzt als gesetzliche Vorschrift bestand. Übrigens glaube ich, daß vielleicht dem Zwecke, welchen der Herr Abgeordnete Feuerstein im Auge hat, in anderer Weise Rechnung getragen werden könnte und daß dennoch diese Bestimmung, wie sie beantragt wird, in so enge Grenzen könnte eingeengt werden, daß sie nicht mehr als Rückschritt erschiene. Ich würde daher den Antrag stellen, ich vergesse mich immer, soll heißen die Bemerkung machen und es dem Herrn Feuerstein überlassen einen förmlichen Antrag vorzubringen, etwa dahin gehend: „die Landesschulbehörde kann mit Rücksicht auf die örtlichen und andere Verhältnisse bewilligen, daß unbeschadet der Bestimmung des §. 33 schulpflichtige Kinder in den Monaten Mai bis einschließlich September, zeitweilig von dem Schulbesuche befreit werden." In keinem Fall darf jedoch diese Befreiung mit Einschluß der Ferien eine mehr als drei monatliche, außer der Ferienzeit eine mehr als zweimonatliche Unterbrechung des Schulbesuches zur Folge haben. Ich glaube, es wird dadurch sowohl den didactisch-pädagogischen Rücksichten als auch den besonderen Verhältnissen Rechnung getragen. Hochw. Bischof: Ich kann mich mit der Ansicht des Herrn O. L. G. R. Hämmerle zum Theil vereinigen. Es kommt mir etwas sonderlich vor, daß durch den beantragten Paragraph völlig mit dem Finger hingedeutet wird auf die Interessen vieler Eltern des Bregenzer Waldes. Ich glaube aber, daß gleiche Interessen auch aus dem Lande hie und da stattfinden, ja noch größere, welche im nicht minderen Grade der Berücksichtigung würdig sind. Wenn der Schulbehörde sogar aus Rücksicht für eine bestmimte Gegend ein solche; Recht eingeräumt würde, so müßte das bei andern von noch größern Mißständen gedrängten Eltern eine 196 Art Unzufriedenheit und Eifersucht oder wie ich es nennen soll, Hervorrufen. Ich glaube mich nicht auf einzelne Umstände des Lebens berufen zu klirr, dergleichen sind den Herren allen bekannt und Ich trage daher ans eine Fassungsänderung in der Weise an, daß der Paragraph lauten würde: „die Landesschulbehörde kann mit Rücksicht auf die örtlichen Verhältnisse bewilligen, daß unbeschadet der Bestimmung des § 32 schulpflichtige Kinder zeitweilig vom Schulbesuch befreit werden.“ Die Landesschulbehörde wird sicher nicht fortlaufende Ausnahmen von drei, vier oder fünf Monaten gestatten; aber sie hat doch auch das Recht, nicht nur im Bregenzerwald, sondern, auch anderswo rücksichtswürdige Umstände in Betracht zu ziehen und nach Gewicht derselben irgend eine Ausnahme, ein Ausbleiben von der Schule auf mindere oder längere Zeil, vielleicht nur auf gewisse Tage zu bewilligen. Gsteu: Ich huldige der Ansicht, daß, wenn das Gesetz wirksam werden soll, wenn es in das Bewußtsein des Volkes eindringen soll, es nothwendig aus dem Bedürfniß des Volkes herausgewachsen sein muß. Mit dieser Ansicht muß ich eben den Paragraph, wie er hier steht, vertheidigen. Das Bedürfniß unseres Landes und zwar bereits des größten Theiles unseres Landes namentlich in den Berggemeinden nicht nur des Bregenzerwaldes, wie Herr Feuerstein sagt, wo die Bauern Mitte Mai und Juni hauptsächlich mit ihren Rindern auf den Alpen sind, ist ein allgemeines; auch im Walserthal und in Montafon sind sie ebenso von Anfangs Juli bis Ende September auf den Alpen. Ta ist es den ganzen Sommer hindurch glatterdings unmöglich, daß die Kinder in die Schule kommen können. Es ist also da ein Verhältniß vorhanden, welches geradezu es unmöglich macht, daß die Eltern ihre Kinder im Sommer in die Schule schicken können. Se. bischöfl. Gnaden hat gesagt, es seien auch anderswo im Lande rücksichtswürdige Fälle vorhanden, die allenfalls eine zeitweilige Enthebung von der Schulpflicht bedingen könnten. Ta glaube ich entgegnen zu müssen, daß, soweit meine Erfahrungen reichen, wirklich solche Fälle vorhanden sind nämlich namentlich in Orten, wo Fabriksetablissements sich befinden. Da sind gewöhnlich arme Leute, und die Bezirksschulbehörde wird immer von ihnen gedrängt, daß sie ihre Kinder armuthehalber nothwendig zur Arbeit brauchen und daher nicht in die Schule schicken können — dem möchte ich entgegentreten. Im Winter sollen alle Kinder die Schule besuchen müßen. Nur da, wo örtliche Verhältnisse wirklich den Schulbesuch unmöglich machen, wie es tu den Berggemeinden der Fall ist, sollen Ausnahmen eintreten, nicht aber dort, wo nur subjektive Verhältnisse wie in Fabriksorten vorkommen. Soweit meine Erfahrungen reichen, wäre es vom größten Nachtheil für das Land, wenn die Landesschulbehörde Leuten, welche zu nachlässig sind und ihre Kinder, lange bevor sie reif wären aus der Schule nehmen wollen, solche Ausnahmsfälle eintreten ließe. Die Armuth wird öfter nur vorgeschützt, die Armuth ist nicht immer allein schuld, sondern oftmals die Gleichgiltigkeit und Liederlichkeit der Eltern. Ich glaube, daß mit dem Paragraph, wie er hier steht, Allen geholfen ist. Bezüglich dessen, was Herr Feuerstein will, daß man die Monate bezeichnen solle, bemerke ich nur, daß unsere Fassung mit dem allgemeinen Ausdrucke — Sommermonate — genügen wird. 197 Die Landesschulbehörde wird nicht so astronomisch genau vorgehen und den Mai und Juni ausnehmen, sondern wie es im allgemeinen Sprachgebrauchs heißt: Sommermonate sind bei uns Mai bis Oktober. Ich beantrage den Paragraph, wie er hier steht und wie ihn der Ausschuß beschlossen hat, anzunehmen. Landeshauptmann: Es welcher festgesetzt September, " und der „zeitweilig von dem liegen Gegenanträge vor, einer des Hrn. Feuerstein, wissen will, „in den Monaten Mai bis einschließlich zweite des Hw. Hrn. Bischof, welcher besagt, Schulbesuche befreit werden." Wünscht noch jemand das Wort? O. L. G. R. Hämmerle: Ich habe nur eine kleine Bemerkung zu machen, über den Satz, wie er hier steht: „mit Rücksicht auf die örtlichen Verhältnisse". Es könnte der Fall eintreten, daß gerade das Beiwort örtlich auf die Entscheidung der Landesschulbehörde etwas beengend wirken könnte. Ich stelle mir vor, es könnten nicht nur örtliche Verhältnisse, sondern auch andere hier bestimmend einwirken. Nehmen wir z. V. an; im Montafon besteht, soviel ich erfahren habe, die Gepflogenheit, daß die dortigen Kinder im Sommer auf Arbeit ins Schwabenland gehen, damit die Württemberger ihre Kinder in die Schule schicken können und unsere Kinder für sie arbeiten. Dieß gilt von den armen Leuten. Wenn aber ein bemittelter Montafoner, um eines elenden Gewinnes willen, seine Kinder ins Schwabenland schickt, damit die Württemberger ihre Kinder unterrichten lassen können, so wäre ich damit nicht einverstanden. Ich würde also beantragen, nicht beantragen, sondern nur bemerken, ich verspreche mich immer, damit die Landesschulbehörde freie Hand habe, bei Beurtheilung, der Verhältnisse gerade das Wort „örtlich" auszulassen. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? Karl Ganahl: Ich wünsche nur einen Beisatz zu machen und würde beantragen zu sagen: „mit Rücksicht aus die örtlichen und anderen Verhältnisse." Feuerstein: Ich bitte diesen Zusatz des Herrn Ganahl auch in meinen Antrag auszunehmen. Landeshauptmann: Combiniren Sie sich mit diesem Antrag Hochw. Hr. Bischof? Bischof: Ich combinire mich mit diesem Antrage. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? (Niemand.) Sohin erkläre ich die Debatte für geschlossen und ertheile dem Herrn Berichterstatter das Wort. Dr. Fetz: Nach meiner Ansicht kommt der Antrag, den der Ausschuß gestellt hat, dem Bedürfnisse, das hier zur Befriedigung gelangen soll, vollkommen und in den dem Gesetze entsprechendsten Sinne entgegen. In der Regierungsvorlage ist eine ähnliche Bestimmung nicht ausgenommen gewesen und der Grund ist einleuchtend. Wie der Herr Abgeordnete Hämmerle, der leider einen Antrag nicht gestellt hat, bemerkt, setzt das Volksschulgesetz und die Bestimmungen, welche der Minister zur Ausführung des Volksschulgesetzes getroffen hat, eine ganzjährige Volksschule voraus. Es ist nun im Ausschusse von einigen der Herren und insbesonders von solchen, welche Gebirgsgegende 198 angehören, hervorgehoben worden, daß der Besuch der Sommerschule vielfach in Gebirgsgegenden unmöglich sein würde. Es ist zugleich gesagt worden, daß das gegen die bisher bestandene Übung wäre, u. daß die obligatorische Einführung des Schulbesuches auch in Sommermonaten auf einen beinahe unbezwingbaren Widerstand stoßen würde. Das ist der Grund, warum wir geglaubt haben, eine ähnliche Bestimmung, wie sie der § 25 enthält, im Gesetze aufnehmen zu sollen. Es ist unsere Ansicht dahin gegangen, daß dort, wo bisher mehrere Kinder in den Sommermonaten in die Schule nicht gegangen sind, daß, sage ich, dort und nur dort mit Rücksicht auf die bestehenden Verhältnisse von der Landesschulbehörde zeitweilig Dispensirungen vom Schulbesuche in den Sommermonaten eintreten können. Heute liegen Anträge vor, die diesen Gedanken vollständig verlassen und ich für meine Person gestehe, daß ich in diesen Anträgen eine große Gefahr erblicke. Der Antrag, den Se. bischöfl. Gnaden gestellt hat, ist allgemein und weitgehend. Die Landesschulbehörde soll unter allen Umständen mit Rücksicht auf was immer für Verhältnisse das ganze Jahr hindurch gewissen Kindern gestatten, die Schule nicht zu besuchen. Da heißt es: „die Landesschulbehörde kann mit Rücksicht aus die örtlichen Verhältnisse bewilligen, daß unbeschadet der Bestimmung des § 32 schulpflichtige Kinder zeitweilig von dem Schulbesuche befreit werden." Dieser Antrag entfernt sich vollständig von den Bestimmungen, welche zur Ausführung des Volksschulgesetzes vom Minister für Cultus und Unterricht erlassen worden sind, und dieser Antrag ist, wie ich glaube, für unser Land auch ganz und gar nicht nothwendig. Wie der Herr Abgeordnete Gsteu bemerkt hat, ist es vollkommen zulässig und ganz zweckentsprechend, daß im Herbste, im Winter und im Frühjahre überall u. allüberall der Schulbesuch den Kindern zur Pflicht gemacht werde. Es ist nur mit Rücksicht aut gewisse örtliche Verhältnisse im Lande wünschenswerth, daß die Landesschulbehörde gewisse Kinder vom Besuche der Schule, aber nur in Sommermonaten, dispensiren könne. Das wollen wir auch durch unsern Antrag bezwecken, Ich glaube, daß der Begriff Sommermonate genügend klar ist, um diesem Bedürfnisse vollkommen entgegenzukommen. Wenn es im Kalender heißt, daß der Sommer am 21. Juni beginne, so wird Niemand bezweifeln, daß der Juni ein Sommermonat ist. Ich glaube sogar, daß, wo man die sogenannten Voralpen im Mai bezieht, man schon die Hälfte des Mai zu den Sommermonaten rechnet. In dieser Richtung wird man nicht dem geringsten Anstande begegnen. Wir haben eine namentliche Bezeichnung der Monate, innerhalb welcher diese Dispensation eintreten kann, nicht gegeben. Wir haben deßhalb „während der Sommermonate" gesetzt, statt in „den Monaten Mai bis einschließlich September, " einmal weil wir glaubten, daß das Gesetz dadurch meritorisch gar keinen Abtrag leiden und in Wirklichkeit die Sache auf dasselbe hinauskommen werde, dann aber auch, weil man gesagt hat, daß aus pädagogischen Rücksichten die Aufzählung der Monate bedenklich erscheine. Wir glaubten nachgeben zu dürfen, weil, ich wiederhole es, nach meiner innigsten Überzeugung, an der Sache selbst dadurch nichts alterirt wird. Ich bitte meine Herren, wohl zu berücksichtigen, daß, indem sie den § 25 votiren, Sie eine Bestimmung votiren, welche an sich nicht im Interesse des Landes und des Unterrichtes gelegen ist. Es wäre wünschenswerth und besser, wenn die Eltern ihre Kinder in die Sommerschule schicken müßten. 199 es wäre wünschenswerth und bester, daß die Kinder auch die Sommerschule besuchen, weil sie dann um so eher in der Lage sein werden, diejenigen Nachweisungen zu liefern, welche nach § 32 verlangt werden. Damit sie vorn Schulbesuche definitiv befreit werden können. Wenn Kinder nur ein halbes Jahr in die Schule gehen dürfen, so werden sie auch mehr Jahre brauchen, bis sie diese in § 32 geforderte Befähigung erhalten. Ich bitte Sie also meine Herren, den Paragraph so anzunehmen, wie das Comite ihn beantragt hat, und jene weitgehenden Abänderungen zurückzuweisen, die von anderer Seite beantragt worden sind. Landeshauptmann: Ich werde zuerst den Abänderungsantrag Sr. bischöfl. Gnaden als weitestgehenden zur Abstimmung bringen, hierauf jenen des Herrn Feuerstein und bann zurückkommen auf den Antrag des Comite's. Auch werde ich bezüglich des Antrages des Herrn Ganahl nach der Reihenfolge vorgehen. Diejenigen Herren, welche gewillt sind, diesen § 25 anstatt des Ausdruckes „während der Sommermonate zeitweilig", wie ihn das Comite beantragt, blos „zeitweilig von den Schulbesuche befreit werden" bitte ich sich zu erheben. (Abgelehnt.) Diejenigen Herrn, welche dem Antrage des Herrn Feuerstein dahin gehend: „die Landesschulbehörde kann mit Rücksicht auf die örtlichen Verhältnisse bewilligen, daß unbeschadet der Bestimmung des § 31 schulpflichtige Kinder in den Monaten Mai bis einschließlich September von dem Schulbesuche befreit werden." beizustimmen gedenken, wollen sich erheben. (Abgelehnt.) Ich bringe nun den § 25 nach der Fassung des Ausschusses zur Abstimmung mit Vorbehalt, daß ich besonders abstimmen lasten werde über den Zusatz des Herrn Ganahl. Er lautet: „die Landesschulbehörde kann mit Rücksicht auf die örtlichen Verhältnisse bewilligen, daß unbeschadet der Bestimmung des § 31 schulpflichtige Kinder während der Sommermonate von dem Schulbesuche befreit werden." Ich bitte um Abstimmung hierüber. (Angenommen.) Jene Herren, welche nach dem Antrage des Herrn Ganahl nach dem Worte „örtliche Verhältnisse, " die Worte: „und anderer Verhältnisse" noch beigesetzt wissen wollen, wollen sich erheben. (Angenommen.) Ich werde nun bei den folgenden Paragraphen, um den Herren mit dem Aufstehen von den Sitzen nicht lästig zu fallen, da, wo keine Einwendung erfolgt, blos erklären: der Paragraph ist angenommen. Sind die Herrn damit einverstanden? (Zustimmung.) Ich bitte weiter zu fahren. Dr. Fetz: (Verliest die §§ 25, 26, 27, 28, und 29 der Regierungsvorlage resp. §§ 26, 27, 28, 29 u. 30 der Ausschußanträge, ferner § 30 resp. 31 welch letzterer nach dem Ausschußantrage lautet: „Inhaber von Fabriken, Gewerben, Bergbauen, Torfstichen, welche bei ihnen beschäftigte „Kinder vom regelmäßigen Schulbesuche abhalten, verfallen in die in den §§ 25, 28 und 30 bezeichneten Strafen. " 200 O. L. G. R. Hämmerle: Ich glaube, daß die vorgenommene Abänderung keine ganz glückliche gewesen sei. Ich entdeckte im § 33 eine Bestimmung, welche sich auf die Fabriksinhaber bezieht. Es heißt der zweite Absatz des § 33, das gleiche gilt bezüglich der Inhaber von Fabriken, Gewerben u. s, w., welche die bei ihnen beschäftigten Kinder vom Schulbesuche abhalten. Wir hätten also dieselbe Bestimmung zwei mal. Sie sehen auch im § 34, das die beiden Übertretungen als zwei verschiedene Übertretungen betrachtet werden, es werden die beiden §§ 30 und 33 zitirt. Daraus geht hervor, daß der § 30 von etwas anderem reden muß als der § 33. Nach § 30, wie ihn das Comite beantragt, begehen die Inhaber von Fabriken ec., welche die bei ihnen beschäftigten Kinder vom regelmäßigen Schulbesuche abhalten, eine Übertretung und im § 33 ist wieder gesagt, jene Inhaber von Fabriken, welche die bei ihnen beschäftigten Kinder vom Schulbesuche abhalten, begehen eine Übertretung. Nun kommt mir allerdings vor, daß die Bestimmung des § 30 nach der ursprünglichen R.V. eine weitergehende und vielleicht strengere Bestimmung war; denn der Fabriksbesitzer wird sich vielleicht in Verlegenheit befinden, wenn er die bei ihm beschäftigten Kinder zum Schulbesuche anhalten soll. Wenn man das Wort dahin auffaßt, daß er darüber zu wachen habe, ob die Kinder, die er allenfalls von der Fabrik wegschickt, wirklich in die Schule gehen oder ob sie sich auf den öffentlichen Plätzen herumtummeln; dann meine ich, müßte man bei diesem Paragraph nothwendigerweise eine solche Verpflichtung der Fabriks- oder Gewerbebesitzer, auf die Fälle einschränken, in denen nicht die Aufsicht Seitens der Eltern oder deren Stellvertreter ausgeübt werden kann. Nur dann ist es natürlich und kann es als Verpflichtung eines anderen erscheinen, diese Aussicht im Namen der Eltern oder deren Stellvertreter zu üben. Ich würde mir die Bemerkung erlauben, daß vielleicht die Fassung des § 30 in einer etwas genaueren Form gegeben werden könnte, allenfalls so: „Inhaber von Fabriken, Gewerben u. f. w., welche die bei ihnen beschäftigten und dadurch der unmittelbaren Aussicht der Eltern oder deren Stellvertreter entzogenen Kinder nicht zum regelmäßigen Schulbesuche anhalten, verfallen u. s. w. Dr. Fetz: Ich erlaube mir auf dasjenige, was Herr Abgeordnete Hämmerle gesagt hat, sofort zu entgegnen, weil ich glaube, daß es wir gelingen werde, die Bedenken, die er rücksichtlich des § 33 geäußert hat, zu zerstreuen. Die §§ 30 und 33 nach der R.V. haben verschiedene Fälle, haben nicht die ganz gleichen Fälle hu Auge. Der § 30 der R.-D. handelt von den Übertretungen rücksichtlich der vorstehenden Paragrapbe. Der § 33 handelt von der Übertretung in Rücksicht auf die §§ 31 und 32. Wenn der Herr Abgeordnete Hämmerle den ganzen § 33 lesen wird, so wird er finden, daß dort nicht bloß von den Besitzern der Fabriken, sondern auch von den Eltern und deren Stellvertretern die Rede ist, gerade wie früher auch von den Eltern u. deren Stellvertretern die Rede war. Es ist in den §§ 31 und 32 normirt, daß die Kinder vor dem Austritt aus der Schule ihre Befähigung durch ein Zeugniß ausweisen müssen. So lange sie das Zeugniß nicht erlangen, dürfen sie nicht austreten, wenn sie auch das 14. Lebensjahr überschritten haben. 201 Wenn ungeachtet sie das 14 Lebensjahr überschritten aber das Zeugniß nicht erlangt haben die Eltern und deren Stellvertreter Die Kinder vom Schulbesuche abhalten, verfallen sie nach dem § 33 in die Strafe; und in dem analogen Falle sind auch die Fabriksbesitzer strafbar, wenn sie bereits 14 Jahr alle Kinder, welche das Zeugniß nicht erlangt haben, vom Schulbesuche abhalten. Im Gegentheile, gerade die ganz so lautet, wie die Regierung im ersten will, als was wir sagen unmöglich zumuthen, daß aus der Fassung des zweiten Absatzes des § 33, unsere Fassung des § 31 lautet, geht hervor, daß Falle im § 31 eigentlich auch nichts anders sagen wollten; denn das kann man einem Fabriksbesitzer er die Kinder zum Unterricht anhalten soll. Dazu ist er nicht verpflichtet. Er braucht sie nur nicht abzuhalten. Wenn er sie abhält, dann ist er strafbar, sonst aber nicht. Karl Ganahl: Ich habe im Ausschusse erklärt, daß ich der Ansicht sei, der $ 33 der R.-V. betreffe nur die Fabriksschulen. Wenn dies der Fall ist, so ist es ganz in der Ordnung, daß der Paragraph bestimmt daß der Fabriksbesitzer jene Kinder die in seine — die Fabriksschule — gehen, zur Schule anhält. Ich glaube, daß es nicht anders zu verstehen sei. Indessen meine Herrn Collegen haben eine andere Meinung gehabt und ich habe deßhalb den Antrag gestellt — der Antrag geht nämlich von mir aus — statt des Wortes „anhalten" zu sagen „abhalten;" denn wenn der Fabriksbesitzer die Kinder von der Schule abhält, so ist er strafbar wie jeder andere, wie dies auch der Herr Berichterstatter auseinander gesetzt hat; aber ihm die Verpflichtung auferlegen, daß er die Kinder zum Besuche der Schule auch anhalte, das wäre zu weit gegangen. Wenn der Fabriksbesitzer die Kinder zur Schulzeit entlaßt, so hat er seine Schuldigkeit gethan. Eine Verpflichtung, nachzusehen, ob sie wirklich in die Schule gehen, oder ob sie aus der Gasse herumlaufen, hat er aber nicht. Das ist die Pflicht der Eltern und nicht des Fabriksbesitzers. Diese Verpflichtung hätte er nur dann, wenn er eine eigene Fabriksschule hielte. Ich wiederhole, daß ich der Meinung bin, die Gesetzgebung habe in diesem Falle nur die Fabriksschule verstanden und nicht anderes, weil aber die Herren, wie ich eben gesagt habe, nicht der Ansicht sind, habe ich die Abänderung beantragt u. glaube die hohe Versammlung könne die Abänderung unbedingt annehmen. Dr. Bikl: Ich glaube, daß man, um den Gegenstand der Frage gehörig zu erörtern zu können, vorzüglich auf den § 24 des Reichsschulgesetzes Rücksicht nehmen müsse. Es heißt dort: „die Eltern oder deren Stellvertreter, sowie die Inhaber von Fabriken und Gewerben, sind für den regelmäßigen Schulbesuch der schulpflichtigen Kinder verantwortlich und können zur Erfüllung dieser Pflicht, durch Zwangsmittel angehalten werden. Das Nähere hierüber bestimmt die Landesgesetzgebung." Das Nähere hierüber also hat, was die Eltern anbelangt, die Landesgesetzbebung in dem § 29 bestimmt. Was nun die Fabriksbesitzer betrifft, so ist darüber im Landesgesetz nicht die Rede. Es kommt eben im § 30 resp. 31 die Bestimmung vor, daß die Inhaber von Fabriken und Gewerben welche diesen Anforderungen des § 24 des Reichsschulgesetzes nicht nachkommen, auf die dort angedeutete Weise zu bestrafen seien. 202 Ich stelle daher den Antrag, daß der Paragraph ivie er in der Regierungsvorlage enthalten ist, genehm zu halten wäre; nur dürfte es zur näheren Bestimmung der Sache vielleicht zweckmäßig erscheinen, statt des Wortes „Schulbesuch", zu setzen: „Besuch der Fabrikschule, " wie es vom Comite ursprünglich beantragt wurde. Karl Ganahl: Mit diesem Antrag des Hrn Dr. Bikl kann ich mich vollkommen einverstanden erklären. Es war diese Abänderung wirklich früher schon so im Komite beantragt. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort zu nehmen? Feuerstein: Ich beantrage, daß der Paragraph, wie er nach der Regierungsvorlage erscheint, beibehalten werde. O. L. G. R. Hämmerle: Ich glaube Herr Dr. Bikl hat wohl daran gethan, uns auf die Bestimmungen des §. 24 des Volksschulgesetzes aufmerksam zu machen, nachdem das Prinzip welches bereits sanktionirt und im Gesetze ausgestellt wurde, hierdurch die Landesgesetzgebung zur genauen Durchführung kommen muß. Dieser Paragraph stellt also im Allgemeinen die Verpflichtung der eitern, deren Stellvertreter und der Inhaber von Fabriken und Gewerben in der Weise fest, daß sie für den regelmäßigen Schulbesuch der schulpflichtigen Kinder verantwortlich gemacht werden. Nun fassen wir die Verhältnisse der Gewerbe und Fabriksbesitzer insbesondere ins Auge: Entweder besteht eine Fabriksschule oder nicht. Besteht eine Fabriksschule so muß die Verpflichtung des Fabrikbesitzers dahin ausgelegt werden, daß derselbe verpflichtet ist, die Kinder zum Besuche der Fabriksschule anzuhalten und daß er dann straffällig wird, wenn er das nicht thut. Besteht keine Fabriksschule, so macht der §. 24 des Volksschulgesetzes den Fabriksbesitzer dafür verantwortlich, daß die Kinder dennoch in die Schule gehen. Er darf die Kinder wenigstens nicht während der Schulzeit in der Fabrik behalten. Würde er das thun, so wäre er strafbar. Dieses Vorgehen der Fabriksbesitzer könnte man unter das Wort „vom Schulbesuche abhalten" bringen. Allein damit wäre noch nicht Alles gesagt. Er hat auch die Verpflichtung, die Kinder, die bei ihm in die Fabrik gehen, zum Schulbesuche anzuhalten, das heißt: er darf sie nicht blos während der Zeit, in welcher die Schule abgehalten wird, in seiner Fabrik nicht beschäftigen, sondern er muß sie auch in die Schule fortschicken, wenn die Schulglocke läutet. Thut er das nicht und hat er sie zum Schulbesuche nicht angehalten, so wird er straffällig. Nun glaube ich, daß ein Korrektiv darin gefunden werden müßte, daß man für den Fabriksbesitzer eigentlich im Sinne des Volksschulgesetzes in gewissen Fällen eine subsidiäre Haftung haben müsse, wenn die Ältern oder deren Stellvertreter nicht nahe sind. Ich kann nicht einsehen, warum der Fabriksbesitzer so weitgehende Verpflichtungen haben sollte, wenn der Bauer, dessen Kind in die Fabrik geht, vielleicht der nächste Nachbar von der Fabrik selbst ist. Da kann sich der Bauer selbst bekümmern, ob sein Kind in die Schule geht oder nicht; deßwegen habe ich die Bemerkung fallen lassen, ob man nicht durch Einfügung von einigen Worten, welche den Mangel einer unmittelbaren Aufsicht seitens der Eltern bezeichnet, diese Verpflichtung des Fabriksbesitzers in einer näheren Weise bestimmen könnte. Was Herr Dr. Fetz vorgebrocht hat, ist allerdings sehr geistreich und scharfsinnig bemerkt. Allein ich muß gestehen, daß ich dennoch nicht recht von dem überzeugt bin, was Herr Dr. Fetz rücksichtlich der §§. 30 und 33 vorgebracht hat. Der §. 33 im ersten Absatze bezieht sich allerdings auf 203 die vorangehenden Fälle der §§. 31 32, rücksichtlich der Eltern und deren Stellvertreter. Allein der Nachsatz oder die letzte Alinea des §. 33 spricht im Allgemeinen von den Inhabern von Fabriken und Gewerben, welche die bei ihnen beschäftigten Kinder vom Schulbesuche abhalten. Herr Dr. Fetz glaubt, daß auch hier nur die zwei vorausgehenden Fälle, Paragraph 31 und 32, ins Auge zu fassen seien, welche nämlich ein Abhalten von dem Schulbesuche jener Kinder bezeichnet, welche schon 14 Jahre alt sind, aber noch nicht ein Zeugniß, welches sie von der Verpflichtung des Schulbesuches enthebt, erhalten hätten. Allein ich bin nicht dieser Ansicht. Ich glaube, es ist hier im Allgemeinen die Rede, daß der Fabriksbesitzer strafbar sei, wenn er die Kinder vom Schulbesuche abhält, aus dem einfachen Grunde, weil es rücksichtlich der Eltern und deren Stellvertreter schon früher vorkommt, daß, wenn sie Kinder in andern Fällen, als in denen der §§. 31 und 32, das heißt, vor Zurücklegung des 14 Jahres vom Schulbesuche abhalten, daß diese Eltern u. Stellvertreter nach §. 27 wegen Nachlässigkeit bestraft werden. Dort ist aber von Fabriksbesitzern rc. keine Rede. Also glaube ich, daß der Nachsatz des §. 33 die Verantwortlichkeit der Fabriksbesitzer, betreffend die Abhaltung vom Schulbesuche in allgemeiner Form regelt, was bei den Eltern nicht mehr Platz greifen könnte, da bereits schon früher davon die Rede war. Ich meine, daß der §. 30 und 33 in der von dem Comite vorgeschlagenen Fassung ungefähr dasselbe sagen würde. Ich wäre der unmaßgeblichen Meinung, daß der §. 30 jedenfalls eine genauere und deutlichere Bestimmung erfahren sollte, damit die Verpflichtung der Fabriks- und Gewerbebesitzer in einer ganz bestimmten Form ausgedrückt würde. Gsteu: Mir scheint es, der §. 30, wie er hier in der Regierungsvorlage steht, kann lediglich nur aus die Fabriksschule Bezug haben, ich kann wenigstens nichts Anderes daraus entnehmen; denn da sagt der §. 9 im zweiten Absatze des Volksschulgesetzes: „an den Fabriksschulen (§. 60) muß die Unterrichtsdauer mindestens 12 Stunden wöchentlich betragen, welche auf die einzelnen Tage der Woche möglichst gleichmäßig zu vertheilen sind. Die Unterrichtsstunden sind nur zwischen 7 Uhr Morgens und 6 Uhr Abends mit Ausnahme der Mittagsstunde anzusetzen." Der §. 60 lautet: „Für Kinder, welche in Fabriken oder größeren Gewerbsunternehmungen beschäftiget werden und dadurch an dem Unterrichte in der Gemeindeschule Theil zu nehmen verhindert sind, haben die Fabriksinhaber nach den über die Einrichtung öffentlicher Volksschulen bestehenden Normen entweder allein oder in Verbindung mit andern Fabriksherren selbständige Schulen zu errichten". Ich glaube, dieser §. 30 bezieht sich lediglich auf Fabriksschulen und das ist auch, wie die Regierungsvorlage sagt, vollkommen richtig; die sind verpflichtet, ihre Kinder in die Fabriksschule anzuhalten, daß sie aber verpflichtet wären im Allgemeinen, das kann ich mir nicht wohl denken, dann würden die Fabriksherren als Vormünder über die Kinder gestellt; anders könnte ich mir den Paragraph nicht denken. Ich glaube, daß er lediglich sich nur auf solche Fabriksschulen bezieht. 204 Ich beantrage deßhalb daß der Paragraph angenommen werde, wie ihn der Ausschuß in seiner ersten Fassung angenommen hat, nämlich mit dem Beisatze: „regelmäßigen Besuch der Fabriksschule". O. L. G. N. Hämmerle: Ich glaube, was der Herr Abgeordnete Gsteu vorgebracht hat, ist vollkommen unrichtig; wenn er den §. 30 der Regierungsvorlage nochmals lesen wird, wird er sich sehr schnell davon überzeugen. Es ist nicht blos die Rede von Fabriksbesitzern sondern auch von Gewerben, Bergbauen und Torfstichen. Nun muß ein Bauer, welcher ein Torflager hat, die Kinder, die bei ihm beschäftiget sind, demnach in die Fabriksschule schicken. Von dem kann doch offenbar nicht die Rede sein. Das ist der klarste Beweis, daß der § 30 von dem Besuche der Volksschulen handelt. Wäre nur von Fabriksherren die Rede, so könnte man das Gegentheil allerdings zugeben, nachdem aber von Gewerben, Bergbauen und Torfstichen die Rede ist, so kann es doch Niemanden einfallen, daß der Inhaber solcher Gewerke verpflichtet sei, die Kinder welche er beschäftiget, in die Fabriksschule zu schicken, da oft in einer 10 Meilen weiten Entfernung keine existirt. Karl Ganahl: Ich beantrage Schluß der Debatte. Landeshauptmann: Diejenigen Herren, welche dem Antrage des Herrn Karl Ganahl „Schluß der Debatte" beistimmen, wollen sich erheben. (Angenommen). Herr Berichterstatter haben das Wort. Dr. Fetz: Ich muß zunächst dem Herrn Abgeordneten Gsteu, eine Aufklärung verschaffen, die ich ihm zufälliger Weise in vollkommen ausreichender Art verschaffen kann. Es liegt mir ein Erlaß des Ministers für Kultus und Unterricht vor, aus dem hervor geht, daß in dem §. 30 resp. 31 nicht die Fabriksschulen gemeint sind. Ich bitte hievon Kenntniß zu nehmen. Was nun die Bemerkungen des Herrn Abgeordneten Hämmerle betrifft, so muß ich auf dasjenige, was ich vorhin gesagt habe, zurückkommen. Der §. 30 resp. 31 dann § 33 resp. 34 nach unseren Anträgen -haben allerdings zwei verschiedene Dinge im Auge. Ich wiederhole, daß der §. 31 die vorhergehenden Paragraphe und die Vernachlässigung der den Besitzern von Fabriken und Gewerben mit Rücksicht auf die vorangehenden Paragraphe obliegenden Verpflichtungen tn Aussicht hat und daß §. 34 auf die ihm unmittelbar vorhergehenden §§. 32 und 33 Bezug hat. Wenn man das nicht annehmen würde, müßte man zur Konsequenz kommen, daß der Regierungsentwurf, die Besitzer von Fabriken, das einemal mit Strafen bedroht, wenn sie die Kinder zum regelmässigen Schulbesuch nicht anhalten und das zweitemal, wenn sie die Kinder vom regelmäßigen Schulbesuch abhalten. Was soll aber das heißen? Ich glaube der Sinn des §. 30 resp. 31 ist festgestellt. Es kann sich nur mehr darum handeln, wie man ihn formuliren soll. Der Antrag des Ausschusses geht dahin: Inhaber der Fabriken ec. ec. welche die bei ihnen beschäftigten Kinder von regelmäßigen „Schulbesuche abhalten, verfallen in die, in den §§. 26, 28 und 30 bezeichneten Strafen." Die Regierungsvorlage bestimmt, daß die Fabriksbesitzer welche die bei ihnen beschäftigten Kinder »ich! zum regelmäßigen Schulbesuch anhalten, der Strafe verfallen sollen. Darin stimmen wir 205 alle überein, daß es die Verpflichtung des Fabrikbesitzers ist, die schulpflichtigen Kinder nicht zu behindern, dem Schulbesuche nachzukommen. So weit geht zweifellos die Verpflichtung des Fabrikbesitzers und derjenige, der dieser Verpflichtung entgegen handelt, verdient daß er gestraft wird. Der Inhalt aber des §. 31 nach der Regierungsvorlage ist viel weiter gehend und ich glaube die Regierung selbst hat den weitgehenden Sinn ni41 gewollt, den man hineinlegen könnte und müßte, wenn man den §. wörtlich auslegt. Im §. 34 der Regierungsvorlage heißt es. „Eltern oder deren Stellvertreter, welche außer diesen beiden Fällen Kinder vor Erlangung jenes Zeugnisses von der Schule „ferne halten, " das ist so viel „abhalten." Wenn nun die Eltern oder deren Stellvertreter nicht weitergehende Verpflichtungen haben sollen, als blos die Kinder nicht abzuhalten, wie es der §. 33 normirt, warum soll man den Fabrikbesitzern die Verpflichtung zumuthen, die Kinder zum Schulbesuch anzuhalten. Man könnte in das „Anhalten" auch den Sinn legen, daß der Fabrikbesitzer dafür zu sorgen hätte, daß sie wirklich in die Schule hineingehen. Soweit kann seine Verpflichtung nicht gehen. Seine Verpflichtung kann nur so weit gehen, daß er nichts zuläßt, wodurch die Kinder vom Schulbesuch abgehalten werden, daß er die Kinder während der Schulstunden nicht beschäftigt, daß er nicht zugibt, daß Angestellte die Kinder vom Schulbesuche abhalten. Das ist das Nichtige, das ist das Vernünftige, das ist die Verpflichtung die dem Fabriksbesitzer obliegt, darüber hinaus aber keine weitere. Ich glaube, daß die Bestimmungen wie sie der Ausschuß beantragt hat, vollkommen entsprechend und ausreichend sind und ich muß es wiederhole», daß ich schon deßwegen der Ansicht bin, daß die Regierung selbst bei dem Entwurfe dieses Gesetzes sich die Sache nicht anders gedacht hat, weil der §. 33 der Regierungsvorlage im Absätze 2 gerade so abgefaßt ist, wie wir den §. 31 abgefaßt haben wollen. Auch das Reichsgesetz vom 14. Mai 1869, ist dieser Bestimmung nicht entgegen; denn wenn das Reichsgesetz dieser Bestimmung entgegen wäre, so hätte die Regierung im §. 33 selbst einen Antrag vorgelegt, der dem Reichsgesetze entgegen wäre und das kann man der Regierung in diesem Falle gewiß nicht zumuthen. Ich würde also die Herren ersuchen, den §. in der Fassung, wie wir sie beantragten, anzunehmen. Landeshauptmann: Bei diesem Paragraphe 30 der Regierungsvorlage nach unserer Fassung §. 31 liegt ein Antrag des Hrn. Bikl vor; 6er dahin geht, dem Worte „Schulbesuche" unterzustellen „Besuche der Fabrikschulen. Weiteres hat Herr Feuerstein beantragt, daß die Regierungsvorlage wieder ausgenommen werde. Ich werbe zuerst über den Antrag des Hrn. Dr. Bikl abstimmen lassen, weil dieser eine Abänderung des Ausschußantrages ist. Dem Ansinnen des Hrn. Feuerstein wird entsprochen werde, sobald das Resultat des Ausschußantrages bekannt sein wird. Sollte nämlich dieser abgelehnt werden, so werde ich auf die Regierungsvorlage zurückgehen. Hr. Dr. Bikl beantragt den Paragraph so zu fasten. 206 „Inhaber von Fabriken rc. rc., welche die bei ihnen beschäftigten Kinder vom regelmäßigen Schulbesuch abhalten, verfallen rc." Diejenigen welche diesem Sinne beistimmen, wollen sich gefälligst erheben. (Ist abgelehnt). Ich bringe nun den §. 31 nach dem Ausschußantrage zur Abstimmung, er lautet: „Inhaber von Fabriken rc. welche die bei ihnen beschäftigten Kinder vom regelmäßigen Schulbesuche abhalten, verfallen in die in den §. 26, 29 und 30 bezeichneten Strafen." Ich bitte um Abstimmung hierüber. (Ist angenommen) Ich bitte den Hrn. Berichterstatter weiter zu fahren. Dr. Fetz: (Verliest die §§. 31, 32 und 33 der Regierungsvorlage resp, die §§, 32. 33 und 34 des Ausschußantrages). O. L. G. N. Hämmerle: Nachdem der §. 31 in der Fassung wie ihn das Comite vorgeschlagen hakte, angenommen wurde, so glaube ich, daß der größeren Deutlichkeit wegen, bei der Bestimmung des §. 33 (Regierungsvorlage) ebenfalls ein Bezug auf Die beiden vorhergehenden §§. 31 und 32 ausgenommen werden sollte; man könnte sich sonst versucht fühlen, hinter den nämlichen Worten, auch den nämlichen Sinn zu suchen. Landeshauptmann: Stellen Sie einen Antrag Herr Hämmerle? O. L. G. N. Hämmerle: Nein, ich mache nur eine Bemerkung. Landeshauptmann: Ich ersuche Hrn. Berichterstatter in der Verlesung weiter zu fahren. Dr. Fetz: (Verliest §. 35 resp. 34 Regierungsvorlage.) Gsteu: Ich bitte ums Wort. Mir mangelt in diesem ganzen Gesetze, nachdem doch Strafen bestimmt werten, namentlich bezüglich der Geldstrafen, die Bestimmung, wohin sie zu fließen haben. Ich erlaube mir daher den Antrag zu stellen: daß die in den §§ 21, 26, 28, 31 und 34 erwähnten Strafen in die Lehrerpensionskaste zu fließen haben. Es ist dies ein selbstständiges Gesetz und man weiß nicht, wohin diese Strafen fließen sollen. Landeshauptmann: Herr Gsteu wünscht diesem Paragraph beizusetzen: Die verhängten Geldstrafen haben in die Lehrerpensionskassa zu fließen. O. L. G. R. Hämmerle: Ich halte diesen Zusatz für vollkommen überflüssig, weil im §. 82 der anderen R.-V. und in Nro. 4 ausdrücklich gesagt ist: „als besondere Zuflüsse werden der Pensionskassa zugewiesen: Die Strafgelder, welche in Folge von Strafverfügungen von Schulbehörden eingehen." Also gerade das, was der Herr Gsteu beantragt haben will Dr. Bikl: Bezüglich des § 35 beantrage ich auf die R.-V. zurückzugehen, nämlich anstatt des Wortes „Ortsschulbehörde, " unterzustellen „Bezirksschulbehörde" um wenigstens diese gesetzliche Bestimmung mit dem im vorigen Jahre beschlossenen Schulaufsichtsgesetz in Einklang zu bringen, wo es nämlich im § 23 sub 6 heißt: Der Bezirksschulbehörde, kommt die Anwendung der Zwangsmittel in den gesetzlich bestimmten Fällen zu. Gsteu: Ich glaube nochmal beantragen zu sollen, nachdem ich das Gesetz durchgegangen habe, daß, da überall im ganzen Gesetze Strafen verhängt werden, es auch bestimmt werde, wohin sie zu fließen haben. 207 Das zweite Gesetz sagt wohl, daß diese Strafgelder in die Pensionskassa zu fließen haben, aber ich meine, es sollte die Sache auch hier bestimmt werden. Karl Ganahl: Ich begreife den Herrn Esten wirklich nicht, heißt es doch ganz deutlich: als besondere Zuflüsse werden der Pensionskassa zugewiesen: die Strafgelder welche in Folge von Strafverfügungen der Schulbehörden eingehen. Deutlicher und bestimmter kann nach meiner Ansicht nicht gesprochen werden. O. L. G. R. Hämmerle: Gegenüber dem, was Herr Dr. Bikl angeführt hat, erlaube ich mir die Bemerkung, daß sonderbarer Weise im § 8 des Schulaufsichtsgesetzes, wo vom Ortschulrathe gesprochen wird, auch eine Bestimmung vorkommt, welche sich eben aus die Sträflichkeit des vernachlässigten Schulbesuches bezieht. Da heißt es im Punkt 8: „Dem Octsschulrathe kommt es zu, die jährliche Schulbeschreibung zu verfassen, den Schulbesuch auf jede mögliche Art zu befördern und wegen Vernachlässigung desselben die im Gesetze bestimmten Strafen zu verhängen." Ich glaube man kann also mit dem Gesetze über die Schulaufsicht in der Hand, sowol die Bestimmungen der R.-V. als auch den abgeänderten Paragraph des Comite rechtfertigen. Landeshauptmann: Wenn Niemand mehr das Wort verlangt, erkläre ich die Debatte für geschlossen und ertheile dem Herrn Berichterstatter das Wort. Dr. Fetz: Der Antrag des Herrn Gsteu scheint mir parlamentarisch betrachtet, an einem sehr wesentlichen Gebrechen zu leiden, da er Kassen voraussetzt, die vorläufig gar nicht existiren. Wenn einmal das Gesetz über die Anstellung der Lehrer in Angriff genommen wird, wird uns auch die Frage zur Berathung vorgelegt werden, ob wir Pensionskassen, in welche die Strafgelder fließen, gründen sollen. Vorläufig wissen wir nicht, ob wir überhaupt solche Kaffen bekommen werden. Ich sehe nicht ein, wie wir jetzt schon beschließen können, wohin diese Strafgelder fließen sollen. Die Pensionskassen sind vorläufig eine imaginäre Größe. Allerdings, wenn wir die Bestimmung des Gesetzes über die Pensionirung der Lehrer annehmen werden und wenn nach diesem Gesetze Pensionskassen geschaffen werden, dann wird man bestimmen können, daß die Strafgelder in die Pensionskassa fließen sollen. Vorläufig fällt das weg. Landeshauptmann: Herr Dr. Bikl zieht seinen Antrag zurück. Ich bringe nun den § 35 nach dem Antrage des Ausschusses zur Abstimmung. „Die Verhängung der in den §§ 26, 28, 31 und 34 erwähnten Strafen kommt in erster Instanz der Ortsschulbehörde zu. „Das Verfahren richtet sich nach jenen Vorschriften, welche die Untersuchung und Entscheidung über im allgemeinen Strafgesetz nicht vorgesehene Übertretungen regeln." Ich bitte um Abstimmung hierüber. (Ist angenommen.) Herr Gsteu beantragt hier einen Zusatz lautend: „die verhängten Geldstrafen, haben in die Lehrerpensionskassa einzufließen." Ich bitte um Abstimmung. (Ist abgelehnt.) Wollen Herr Berichterstatter im Vortrag weiter fahren. 208 Dr. Fetz: (Verliest § 35 und 36 9L$. resp. 36 und 37 nach der Fassung des Ausschusses, welche ohne Debatte angenommen werden; ferner den § 37 resp. 38 in der vom Comite beantragten Fassung wie folgt:) § 38. Das lediglich im Gesetze begründete Schulpatronat hat sammt allen damit verbundenen Rechten und Wichten zu entfallen, nur Schulpatronate, welche auf anderen Titeln beruhen, bleiben aufrecht." „Die Errichtung und Erhaltung der nothwendigen Volksschulen §§ 1, 5 und 12, ist eine Angelegenheit einer Ortsgemeinde, welche demnach sowohl alle sachlichen Bedürfnisse derselben, als auch die Bezüge des Lehrpersonals zu bestreiten hat. „Falls in einem Schulsprengel nebst der Ortsgemeinde der Schule andere Gemeinden oder Theile anderer Gemeinden inkorporirt sind, so sind diese Auslagen von den inkorporirten Gemeinden und Gemeindebestandtheilen gemeinsam in dem Verhältnisse der von denselben zu entrichtenden directen ärarischen Steuern zu tragen." „Im Falle der Unvermögenheit einer Orts- resp. Schulgemeinde zur vollständigen Deckung der erwähnten Auslagen, hat oas Land den Ausfall zu bestreiten." „Über diese Unvermögenheit hat die Landesvertretung von Fall zu Fall zu entscheiden und zugleich den Beitrag, den das Land zu tragen hat, so wie die Art und die Dauer der Betragsleistung festzusetzen." Landeshauptmann: Ich eröffne die Debatte. O. L. G. R. Hämmerle: Ich würde es für zuträglich halten, die einzelnen Absätze dieses Paragraphen, indem sie alle sehr wichtige Bestimmungen enthalten, abgesondert zur Discussion gelangen zu lassen, indem ich mich sonst über viele Gegenstände weitläufig zu verbreiten hätte und darunter die Deutlichkeit der Debatte leiden dürfte. Landeshauptmann: Sind die Herren damit einverstanden, daß ich jeden Absatz abgesondert zur Debatte bringe. (Wird zugestimmt.) Ich werde also auch so vorgehen. Der erste Absatz des § 37 nach unserer Fassung 38 lautet: (Berliest wie oben.) Da Niemand sich zum Worte meldet, erkläre ich diesen Absatz für angenommen. Der zweite Absatz lautet: (Verliest die Errichtung .... bis bestreiten hat) Ich eröffne die Debatte hierüber. O. L. G. R. Hämmerle: Als ich, meine geehrten Herren, in die Generaldebatte mit dem Antrage auf Vertagung eintrat, um ein Princip zu vertreten, welches auch der Regierung bei Erlassung des Gesetzentwurfes vorgeschwebt hatte, mutzte ich vielleicht darauf gefaßt fein, in dieser Ansicht im Landtage allein zustehen. Dem war jedoch nicht so. Ich habe im h. Landtage selbst Bundesgenossen für meine Anschauungen gewonnen. Bundesgenoffen, die theils offen für meine Anschauungen in die Schranken traten theils dieselben in anderer Weise unterstützten. Insbesondere aber ermuthigt mich auf meiner Ansicht zu beharren, der Umstand, daß unter die offenen Bundesgenossen solche zu zählen waren, welche den Landgemeinden angehören. 209