18680910_lts008

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Letzte Änderung 03.07.2021, 10:42
Gemeinde Landtag
Bereich oeffentlich
Schlagworte: ltp02,lts1868,lt1868,ltm_
Dokumentdatum 2021-06-27
Erscheinungsdatum 2021-06-27
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Inhalt des Dokuments

Vorarlberger Landtag. am 10. September 1868 unter dem Vorsitze des Herrn Landeshauptmannes Sebastian von Froschauer. Gegenwärtig 19 Abgeordnete Landesfürstlicher Kommissär Herr Statthaltereirath Karl Schwertling. Hochw. Herr Bischof beurlaubt. Beginn der Sitzung um 9 1/4 Uhr. Vormittags. Landeshauptmann: Die Sitzung ist eröffnet. Vernehmen Sie, verehrte Herrn, das Protokoll der vorhergehenden. (Sekretär verliest dasselbe). Da keine Einwendung gegen die Fassung des Protokolls erhoben wird, nehme ich dasselbe als zugestanden an. Mir wurde heute ein Antrag des Hrn. Abg. Gsteu überreicht, betreffend ein Ersuchen an die hohe f. k. Regierung, um Vorlage des Wehrgesetz Entwurfes, zu stellen. Ich erlaube mir diesen Antrag zur Kenntniß des hohen Hauses zu bringen. (Sekretär verliest wie, folgt:) Antrag, betreffs Ersuchens an die hohe Regierung um Vorlage des Wehrgesetz Entwurfes Hoher Landtag! In der 6. Sitzung der V. Session vom 20. Dezember 1866 hat der hohe Landtag beschlossen: „es sei die hohe Regierung zu ersuchen, Hochdieselbe wolle dem Landtage durch Vorlage des dem Reichsrathe zur verfassungsmäßigen Behandlung seinerzeit vorzulegenden Wehrgesetzentwurfes Gelegenheit geben, seine Wünsche dieserwegen im Allgemeinen und im Besondern mit Rücksicht auf die Verhältnisse Vorarlbergs darlegen und dießbezügliche Anträge stellen zu können. Die Gründe die diesen Beschluß hervorriesen sind nun heute im erhöhten Grade 78 vorhanden; weil ein Wehrgesetzentwurf bereits vorbereitet ist, und ganz sicher derselbe dem Reichsrathe, sobald derselbe seine Sitzungen wieder aufnehmen wird, zur verfassungsmäßigen Behandlung vorgelegt werden wird. In Erwägung, daß das das Wehrgesetz, wenn nicht das Wichtigste — doch eines der wichtigsten Gesetze des Staates ist — das nicht etwa nur die Steuerkraft des Volkes — sondern selbst das Leben und Blut des Einzelnen in Anspruch nimmt — in die Volkswirthschaftlichen und persönlichen Verhältnisse aller Volksklassen tief einschneidet; in Erwägung, daß von der angemessenen Lösung der Wehrfrage zugleich auch die Ordnung unserer arg zerrütteten Staatsfinanzen abhängt; in Erwägung ferner, daß durch das neue Wehrgesetz auch unsere verfassungsmäßig zu Stande gekommene L. V. O. berührt werden dürfte, erlaubt sich der Gefertigte den Antrag zu stellen; der hohe Landtag wolle beschließen: „es sei die hohe Regierung durch den h. Landesausschuß unverzüglich zu ersuchen; Hochdieselbe wolle durch ehemöglichste Vorlage des dem Reichsrathe vorzulegenden Wehr- gesetz-Entwurfes dem Landtage Gelegenheit geben, seine Wünsche dieserwegen im Allgemeinen und im Besonderen mit Rücksicht auf die Verhältnisse Vorarlbergs aussprechen und dießfällige Anträge aus Grund des §. 19 Litt, b der L. O. stellen und sowohl der hohen Regierung, als auch dem hohen Reichsrathe zur geneigtesten Berückstchtigung vorbringen zu können". Bregenz, den 10. September 1868. Jos. Ant. Gsteu, L. A. Ich werde diesen Antrag auf die Tagesordnung einer der nächsten Sitzungen stellen. Wir gehen zur Tagesordnung über. Der erste Gegenstand ist der Antrag der Hrn. Abgeordneten Dr. Jussel, Karl Ganahl, Dr. Bickl, Dr. Fetz, Feuerstein, Lins, Scheffknecht, Peter und Bertschler um Erlassung einer Dankadresse an Se. Majestät den Kaiser und einer Vertrauensadresse an das hohe k. k. Gesammtministerium. Ich ertheile einem der Herrn Antragsteller das Wort und bitte, es zur Begründung seines Antrages zu ergreifen Dr. Jussel: Ich habe im Jahre 1866 hier an dieser Stelle meine Überzeugung ausgesprochen, daß die Wohlfahrt des Menschen im großen Ganzen und im Einzelnen Lebenszweck sei, und daß, so lange Völker auf dem Erdboden sich finden, auch zwei Institutionen, nämlich Kirche und Staat, diesem Zwecke zuzusteuern, den Beruf hatten. Ich habe dabei auch ausgesprochen, daß sowohl die Kirche als der Staat den geraden engen Weg der Wahrheit und Gerechtigkeit nie verlassen dürfen, weil Wahrheit und Recht dem Wesen, der Natur und der Würde des Menschen entsprechen, weil Wahrheit und Recht die Grundlagen der sittlichen Weltordnung ausmachen, und weil jede Abweichung vom Wege der Wahrheit und des Rechtes unerbittlich sofort in den Bereich der Lüge und Zwietracht führt. Ich knüpfe an diese meine alten und festgehaltenen Grundsätze an und die gegenwärtigen 79 Zeitverhältnisse veranlassen mich, hier an dieser Stelle die Frage aufzuwerfen, oh wohl Kirche und Staat bei der Gleichheit ihrer Zwecke, aber bei Verschiedenheit ihrer Mittel zur Erreichung des Zweckes friedlich und ohne gegenseitige Beeinträchtigung neben einander bestehen können. Ich habe die Genugthuung diese Frage mit meiner vollsten Überzeugung bejahen zu können. Ich schreite nun zur Ausführung sine ira et Studio aber entschieden um unumwunden. Da Sie alle, meine Herrn Katholiken sind und vom katholischen Gewissen auf die aufgeworfene Frage in Zweifel zu ziehen versucht worden ist und noch fort versucht wird, so finde ich mich bewogen vollständig und durchgängig mich auf den Standpunkt des Katholizismus zu stellen und vom Standpunkte des Katholizismus auf die Behauptung, die ich aufgestellt habe, zu rechtfertigen. Ich berufe mich diesfalls auf die größte Autorität, die kein Katholik bei Seite setzen kann, auf den größten Sittenlehrer der Welt, ich berufe mich auf den gottgesandten Stifter der katholischen Kirche selbst, ich berufe mich auf Jesum Christum den Nazarener und König und trete mit der Behauptung voran, daß das Leben und die Lehre Christi den thatsächlichen Beweis geliefert haben, daß für den Menschen die strenge Pflichterfüllung sowohl als Katholik wie auch als Staatsbürger vereinbarlich sei. Ich übergehe das alte Testament und gehe zum neuen Testamente über und erlaube mir einige Citate zu bringen. Das Evangelium Mathäus 21. Kap. 1—9 Vers sagt; Christus sandte zwei Jünger ab und befahl ihnen, nach Jerusalem zu gehen und seinen Einzug zu verkünden. Er trug ihren auf: Saget der Tochter Sion, siehe, dein König kommt zu dir, sanftmüthig, er sitzt auf einer Eselin, aus dem Füllen der tragbaren Eselin. Sofort hat Christus unter dem Jubel der Bevölkerung ohne irdischen Prunk ohne Abzeichen irdischer Macht, ohne Szepter, ohne Krone, ohne Schwert den Einzug in Jerusalem gehalten. Seine Bennennung als König wurde aber auch alsbald als Anlaß ausgebeutet, ihn hochverrätherischer Gedanken und Absichten zu beschuldigen, und ihn deßhalb bei der Regierung zu verdächtigen. Es hatte auch diese Anklage zur Folge, daß wirklich seine Gefangennehmung verfügt wurde. Als daselbst der heilige Petrus das Schwert zog, auch bereits den Malchus verwundet hätte, gebot ihm Christus „Halt! keinen Widerstand"! Er selbst reichte seine Hände hin, ließ sich binden, ließ sich vor Gericht führen und ließ das Todesurtheil über sich ergehen. Der römische Landpfleger Pilatus stellte an ihn die Frage: „Bist Du König?" Christus antwortete: „Du hast es gesagt, ich bin Köttig, ich bin dazu geboren, ich bin dazu in die Welt gekommen, von der Wahrheit Zeugniß zu geben. Mein Reich ist nicht von dieser Welt." So zu lesen im Evangelium Johanni 18. Kap. 1—40 Vers und 19. Kap. 1—42 Vers. Nach dem Evangelium Mathäus 22. Kap. 34—46. Vers ist zu lesen und kommt wohl auch öfter im Evangelium vor, daß Christus sagte: „Das erste Gebot ist, Du sollst lieben den Herrn Deinen Gott über Alles, von ganzem Herzen, aus Deiner ganzen Seele; aus Deinem ganzen Gemüthe und aus allen Deinen Kräften." „Das zweite Gebot ist. Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst; und diese beiden Gebote begreifen das ganze Gesetz in sich." Nach dem Evangelium Markus 16. Kap. 14—20. Vers hat Christus seinen Aposteln und 80 Jüngern den Auftrag gegeben: „Gehet hinaus in die Welt und prediget das Wort Gottes, prediget das Evangelium allen Geschöpfen". Ferner nach dem Evangelium Mathäi 22 Kap. 15—23 Vers ist Christus die verfängliche Frage vorgelegt worden: „Ist es wohl erlaubt, dem Kaiser Zins zu zahlen?" Christus wendete sich an die Fragesteller und sagte: Ihr Heuchler, gebet mir die Zinsmünze! Nachdem er diese erhalten hatte, wies er auf das Bildniß, das diese Münze zeigte und er fragte sie, „wessen ist dieses Bild?" Auf die Antwort sodann, daß es das Bild des Kaisers sei, sagte er: „So gebet dem Kaiser was des Kaisers ist, und Gott, was des Gottes ist". Als einer aus dem Volke nach dem Evangelium Lukas 12. Kap. 13—14. Vers, an Christus die Bitte stellte: „Meister, sage meinem Bruder, daß er die Erbschaft mit mir theile", antwortete ihm Christus: «Mensch, wer hat mich zum Richter und Erbtheiler über Euch ausgestellt?" Diese letzte Antwort ist im Zusammenhange unzweifelhaft leicht verständlich. Indeß habe ich hier die heilige Schrift von dem Domherrn und Domkapitular Dr. Jos. Franz Allioli, ein mit Approbation des hl. Stuhles herausgegebenes Werk und dieses erklärt zu der Antwort Christi folgendes, daß nämlich Christus sagte: „Mensch, dieses geht den weltlichen Richter an, dazu bin ich nicht gekommen. Ich lehre und vertheile nur die ewige Erbschaft." Zugleich wollte der göttliche Heiland dazu ermahnen, sich nicht in weltliche Händel zu mischen, sonderndem göttlichen Dienste zu obliegen. — Ohne mich des weitern in der heiligen Schrift zu ergehen, führe ich nur noch an, daß Christus zu wiederholten Malen gesagt hat: „Ich bin das Licht, ich bin die Wahrheit, ich bin die Gerechtigkeit, " und daß er bei jedem Anlaß zu seinen Aposteln, zu seinen Jüngern und Anhängern den Gruß sprach: „der Friede sei mit Euch." Er hat in vielen Beispielen, insbesondere in dem Beispiele vom barmherzigen Samaritan und der bußfertigen Zöllner an den Tag gelegt, wie er blos die innere Gesinnung der Beurtheilung unterziehe. Aus diesen Ausführungen glaube ich mit Grund folgenden Schluß ziehen zu können: Das Reich Christi, die katholische Kirche ist nicht ein Reich dieser Well, es ist fein Reich der Liebe und des Friedens, ein Reich der Wahrheit und Gerechtigkeit, ein Reich, das nur den Gedanken, die Gesinnung seinem Urtheil unterwirft. Es ist ein Reich, berufen das Wort Gottes und nur das Wort Gottes zu verkünden und durch gute Beispiele und Werke der Liebe die Menschheit zur Veredlung und Vervollkommnung zu führen. Der Staat ist ein Reich dieser Welt, ist demnächst dazu berufen, das irdische Wohl des Menschen anzustreben, er ist daher berufen, durch Gesetze einen Zustand zu schaffen, wodurch die gesellige Ordnung, das Leben der Menschen neben einander ermöglicht wird; er hat aber auch hiebei nach Wahrheit und Gerechtigkeit vorzugehen, weil ohne diese die sittliche Weltordnung gar nicht möglich ist. Ich ziehe den weiteren Schluß, daß sowohl die Kirche als der Staat zwei verschiedene Reiche, zwei abgegränzte Reiche sind, daß sowohl das eine als das andere ein vollständig abgesondertes abgegränztes Gebiet hat, und dieses Gebiet sowohl für die Kirche als für den Staat unverletzlich und unveräußerlich ist, das für die Kirche die Gränze des Bereiches ihrer Wirksamkeit das Dogma bildet, daß für den Staat aber die Schaffung von Gesetzen zur geselligen Ordnung und Handhabung 81 dieser Gesetze den Bereich der Wirksamkeit ausmacht. Christus hat das faktisch auf die unzweifel- Weise dargethan. Ich berufe mich nur auf das, was ich oben ausgeführt habe. — Christus hat von der Verkündung des Wortes Gottes, sich durch staatliche Einrichtungen und Verhältnisse nicht abhalten [offen, er hat das Wort Gottes verkündet und möchten die Folgen sein, welche sie wollten. Mit dieser Verkündigung des Wortes Gottes hat er seine Mission abgeschlossen, er hat aber auch die staatlichen Rechte vollkommen anerkannt. Er hat dem Petrus untersagt, gewalthätigen Widerstand zu leisten; er hat selbst seine Hände hingereicht, sich binden- er hat das Todesurtheil über sich ergehen lassen. — Ich führe hier noch an, daß Pilatus an Christus die Frage stellte: „Bist Du ein König?" und daß ihm Christus antwortete: „Ja, ich bin es;" und daß Pilatus selbst überzeugt war, daß hier kein Hochverrath vorliege, daß er noch einen Versuch machte, Christum zu retten. Es war gerade eine Zeit, wo er Gelegenheit hatte, eine Begnadigung auszuüben. Er ließ dem Volke die Wahl zwischen Barabbas dem Mörder und Aufrührer und Christus und das aufgehetzte und aufgewigelte Volk verlangte den Tod Christi. Christus aber hat über sich ergehen lassen, was die Staatsgewalt anbefohlen hatte, obwohl das Urtheil offenbar ein ungerechtes war, obwohl «s Schwäche von Pilatus war, daß er der aufgehetzten Menge nachgegeben hat, anstatt daß er zur Pflicht gestanden wäre, und mit Händewaschen und dem Ausrufe: »Ich wasche meine Hände, ich habe keine Schuld an dem Blute dieses Gerechten, " hat er das Unrecht noch nicht zum Rechte gemacht. Christus hat sich aber auch enthalten, in Steuersachen, wie wir gehört haben, in Erbvertheilungssachen u. dgl. Geschäfte sich einzudrängen. In weltlichen Sachen hat er aber auch der Obrigkeit Gehorsam geleistet. Sie alle, meine Herren werden in Schule und Kirche ebenso gut wie ich vernommen haben, daß die weltliche Obrigkeit wie die geistliche von Gott eingesetzt sei und daß wir derselben Gehorsam schuldig seien. — Es läßt sich nun wahrlich nicht absehen, warum jetzt auf einmal der Katholik, der Staatsbürger der Obrigkeit nicht mehr Gehorsam schuldig sein sollte. Es kann keinen Grund hiefür geben, und am allerwenigsten könnte ein Grund dafür der Umstand abgeben, daß der Staat sich nicht als Drathpuppe als Marionette herabwürdigen lassen will. — Ich enthalte mich weiterer Schlußfolgerungen, ich will keine Unannehmlichkeiten, keine Rekriminationen, ich will keine Vorwürfe machen, ich will nicht beleidigen, ich will nur überzeugen und den Frieden fördern, und dadurch die Kräftigung unseres geliebten Vaterlandes und unseres Reiches anstreben. Allein ich glaube hiemit dargethan zu haben, daß ich mit Grund die Frage bejaht habe, daß Staatsbürger und Katholik vollständig vereinbarlich in ihren Pflichten sind. — Ich gehe nun über, zu zeigen, daß das Staatsgrundgesetz vom 21. Dezember 1867 sich vollständig innerhalb der Sphäre der staatlichen Wirksamkeit gehalten habe und mit der Lehre und dem Leben Christi in bestem Einklange stehe. Es steht zunächst ausgesprochen in den Staatsgrundgesetzen: „Die Kirche ist frei, das Dogma ist unantastbar Die Kirche ist selbstständig und unabhängig, " aber eben so wird ausgesprochen: „Der Staat ist selbstständig und unabhängig auf dem Gebiete der Gesetzgebung, in seiner Wirksamkeit zur Schaffung und Realisirung der sittlichen und geselligen Weltordnung."— Ich glaube diese Hauptgrundsätze der Staatsgrundgesetze wird Jedermann nach den Worten Christi mehr als gegründet erkennen müssen, denn Christus hat sein Reich als ein Reich nicht dieser, den Staat aber als ein Reich dieser Welt erklärt. Er hat selbst diesen Unterschied aufgestellt. Das Staatsgrundgesetz erklärt, die Krone ist heilig und unverletzlich und nur die Minister sind verantwortlich; die Krone theilt das Recht der Gesetzgebung mit 82 dem Volke, will also, daß die Wünsche, die weltlichen Bedürfnisse der Bevölkerungen strengstens beachtet werden. Niemand wird darin etwas finden, was mit der Lehre Christi in Widerspruch stehen könnte. Das Staatsgrundgesetz sorgt aber nicht nur für das Volk, für die Menschheit im Großen Ganzen, sondern es hat auch für jeden einzelnen Menschen gesorgt. Es hat die Rechte, welche der Natur, dem Wesen, der Würde des Menschen entsprechen, die als angeborne Menschenrechte bezeichnet werden, feierlich verkündet, anerkannt und garantirt. So stehen alle Staatsbürger gleich vor dem Gesetze, alle öffentlichen Ämter sind nur nach der Befähigung allen Staatsbürgern gleich zugänglich. Das Eigenthum ist frei, Belastungen des Eigenthums, die wieder in jene finstern Zeiten der Leibeigenschaft und Sklaverei zurückführen könnten, sind für immer abgeschafft. Die Freiheit der Person, das Hausrecht, das Briefgeheimniß sind garantirt. Die von Gott gegebene Sprache, die Mittheilung, sei es in Wort, Schrift oder Druck ist unter den für die gesellige Ordnung erforderlichen Schranken garantirt. Es ist nicht erlaubt mit Feuer und Schwerdt eine Überzeugung, wäre sie auch eine religiöse, aufzudrängen. Das Gewissen ist frei und es steht das gewiß auch mit der Lehre Christi nicht im Mindesten in Widerspruch, schon der Natur der Sache nach, weil es die innere Überzeugung sein muß, die innere Überzeugung aber mir der Gewalt nie aufgedrängt werden kann. Ebendeßhalb steht auch in dieser Beziehung das Staatsgrundgesetz vollständig in Einklang mit der Lehre Christi, mit dem Katholizismus. Die Anlagen, die der Mensch auf die Welt bringt, sollen entwickelt werden. Die vielen Beispiele, die Christus selbst mit den Talente und den Pfunden aufstellte, weisen darauf hin, daß auch nach der Lehre Christi die Anlagen entwickelt und der Geist vervollkommt werden soll, weil gerade durch Bildung die Veredlung des Herzens ermöglicht wird. Das Schlußkapitel der Grundgesetze sagt: „Alle Völkerstämme des Staates sind gleich berechtigt und jeder Volksstamm hat ein unverletzliches Recht auf Warung und Pflege seiner Nationalität und Sprache. Die Gleichberechtigung aller landesüblichen Sprachen in Schule, Amt und öffentlichen Leben wird vom Staate anerkannt." Ich weiß wirklich nicht ein Gesetz herauszusuchen, das mehr auf christlicher Liebe und Freiheit nach allen Seiten beruht, das allen Ansprüchen so gerecht wird, die man mit Billigkeit und Recht an dasselbe stellen kann. Wo uns das Jahr 1866 hingeführt hat, meine Herrn, wissen wir leider alle nur zu gut; allein, wenn die Noth am größten ist, ist die Hilfe auch am nächsten! Se. Majestät der Kaiser Franz Joseph hat unverzagt mit Muth und Kraft das Ruder des Staatsschiffes ergriffen und es aus dem einzig möglichen Wege noch durch alle Furchen und Klippen in die Freiheit geführt. Franz Joseph I. hat aus Liebe zu seinen Völker» mit den alten Traditionen gebrochen und der Bund zwischen Fürst und Volk war gleich da und durch die Staatsgrundgesetze besiegelt. Se. Majestät hat durch Muth, durch Weisheit, durch Beharrlichkeit in dieser Weise einen unblutigen Sieg erfochten, einen Sieg, wie Österreich noch keinen gleichen erfochten hat. Österreich steht jetzt als der unübertroffene Hort der Dreiheit und Gerechtigkeit in Europa da. Das mag denn uns doch gewiß auch verpflichten, daß wir Se. Majestät dem Kaiser unsern Dank ausdrücken, einem Ministerium aus Männern, die so thatkräftig zu diesem großen Sieg mitgewirkt haben, die mit persönlicher Aufopferung die Lasten übernommen haben, die schwere Aufgabe, die Staatsgrundgesetze durchzuführen, den Ausbau Österreichs zur Vollendung zu bringen, dürfen 83 wir doch gewiß mit Recht unser Vertrauen schenken und wir dürfen ihnen zurufen: „Fahret fort auf der betretenen Bahn mit Beharrlichkeit und mit Ernst, es ist der rechte Weg! Verehrteste Herrn Abgeordnete! Was ich gesprochen, ist rein meine innigste Überzeugung. Ich erkläre aber auch, daß ich es nach meinen Anschauungen für unser Aller Pflicht halte, mit Rücksicht auf die gegenwärtigen Zeitverhältnisse, zur Beschwichtigung unserer lieben Landsleute, zur Beschwichtigung des Landes, zur Förderung des Reiches, in das Land hinauszurufen: Ihr bleibt wie wir bei der Religion unserer Altvordern, bleibt aber auch bei der treuen Pflichterfüllung gegen den Kaiser und das Vaterland! (Bravo!) Ich erwarte deßhalb, daß auch Sie, Verehrteste Herrn Abgeordnete in diesem Sinne meinem Antrage beistimmen werden. Ich würde der Wichtigkeit der Sache willen ein Komite von fünf Mitgliedern beantragen. Übrigens erlaube ich mir zu bemerken, daß meine Unterschrift auf dem Antrage nur zufällig voransteht, weil ich eben die Sache aufgesetzt und geschrieben habe. Alle die Herrn, die mit mir unterschrieben sind, haben solidarisch unterschrieben. Übrigens haben wir die Gründe mit einander nicht näher erörtert und ich bitte, insofern einer der Herrn Mitunterfertiger mit den Ausführungen, die ich vorgebracht habe, sich nicht einverstanden erklären sollte, ihm das Wort zur Begründung des Antrages zu ertheilen. (Mehrseitiges Bravo). Landeshauptmann: Da ich alle Herrn Unterzeichner als solidarisch annehmen muß und es die Gepflogenheit ist, nur Einem Herrn das Wort zu ertheilen, dasselbe aber bereits Herr Dr. Jussel ergriffen hat, so kann ich auch nicht weiter einwilligen, daß ein zweiter das Wort zur Begründung des Antrages erhebe. Ich bringe also den Antrag selbst nach unserer Geschäftsordnung und zwar den Antrag des Herrn Dr. Jussel: „es sei dieser Vorschlag einem zu erwählenden Ausschuß von fünf Mitgliedern zur Beurtheilung und Berichterstattung zu überwerfen, " zur Abstimmung." Jene Herren, die diesem Antrag beistimmen, bitte ich sich gefälligst zu erheben. (Ist einstimmig angenommen). Ich werde ersuchen, zur Wahl dieser Herrn sogleich zu schreiten. Ich bitte sieben Mitglieder zu bezeichnen, weil zwei als Ersatzmänner zu gelten haben. (Wahl). Ich ersuche die Herrn Christ. Ganahl und Lins das Skrutinium vorzunehmen. Christ Ganahl: Es wurden 19 Stimmzettel abgegeben. Lins: Es erhielten die Herrn Dr. Jussel 17 Dr. Fetz 18, Dr. Bickl 14, Bertschler 15, Ganahl 11, Peter 10 und Feuerstein 10 Stimmen. Landeshauptmann: Es sind also die Herrn Dr. Fetz, Dr. Jussel, Bertschler, Dr. Bickl und Karl Ganahl als Ausschußmitglieder und die Herrn Peter und Feuerstein als Ersatzmänner gewählt. Ich bitte die Herrn, welche in den Ausschuß gewählt wurden, nach der Sitzung sich zu konstituiren. Der zweite Gegenstand unserer heutigen Tagesordnung ist der Ausschußbericht über die Bitte der Parzelle Muntlix peto Verwarung des Frödisch und Frutzbaches. Wollen der Herr Berichterstatter so gefällig sein, den Vortrag zu halten. 84 Dr. Bickl: (Verliest den gedruckten Komitebericht mit der einschlägigen Eingabe der Parzelle Muntlix an den Landesausschuß). Diese Vorstellung und Bitte hat der Landesausschuß dem hohen Landtage vorgelegt und wie bemerkt, geht die Bitte dahin, um Anordnung einer gerechteren Vertheilung der Wuhrlast. Landeshauptmann: Die Debatte ist eröffnet über diesen Gegenstand. Wünscht keines der Herrn das Wort zu nehmen? Gsteu: Ich bitte um das Wort. Das Komite bringt da in der Begründung seines Antrages den Satz vor, daß die Parzelle Muntlix nicht einmal eine gegründete Veranlassung habe, sich über eine Ungerechtigkeit in Vertheilung der fraglichen Wuhrlast zu beklagen. Diesem Grundsatz muß ich schon entgegen treten. Die Gemeinde Muntlix ist vermöge ihrer Lage — an den beiden Flüssen hingebettet — in schlimmer Lage, sie muß also die ganze Last übernehmen; sie ist täglich in Gefahr, ob nicht ihre Häuser und Gründe übermurrt werden. Die übrigen Theile der Gemeinde u. z die größer» Theile sind im Gebirge gelegen, die dießfalls gar keine Befürchtung zu tragen haben, und es ist der Gemeinde Mundlix mit ihrer geringen Häuserzahl und ihrer bekanntlich armen Bevölkerung, unmöglich, diese große Last zu tragen und ich glaube, daß sie Anlaß hat, sich der Überlastung zu beklagen, namentlich auch in Bezug auf die Nichtbetheiligung der übrigen Parzellen, daß sie der kleinen Parzelle gar nicht helfen sollen, die übergroße Last zu tragen. Die andern Parzellen haben auch an allen Gemeindegründen und Gemeindenutzungen gleiche Rechte wie die Parzelle Muntlix und haben auch selbst Gründe, wie die Parzelle Muntlix anführt, die innerhalb dieser Parzelle liegen und durch bessere Wuhrung dem Wasser abgerungen wurden, Antheil. Es ist mir unbegreiflich, wie eben die größere Anzahl der Parzellen der kleinern Parzelle, die jedenfalls in der Gemeindevertretung in der Minderheit ist, nicht beistehen sollen und mit diesem Ausdruck kann ich mich nicht einverstanden erklären Ebenfalls scheint mir die Anwendung des Wasserbau Normales vom Jahre 1830 auf diese Parzelle und diesen Gegenstand auch nicht gerechtfertigt. Das Wasserbau-Normale setzt voraus, daß alle Betheiligten nach Verhältniß des Nutzens oder Abwendung der drohenden Gefahr zur Wuhrlast beizutragen haben. Es entspricht diese Begründung der gleichmäßigen Betheiligung. Hier aber ist die einzelne Parzelle Muntlix betheiligt, alle übrigen Parzellen haben keine Furcht, daß sie Schaden leiden. Sie sind im Gebirge gelegen und haben wegen Zerstörungen keinen Anlaß beizutragen. Ich muß erklären, daß dies von den übrigen Parzellen gewissermassen — ich kann mich nicht recht ausdrücken — eine Unverschämtheit ist — da sie doch mit Muntlix zu einer Gemeinde gehören und auch die vorhandenen Gemeindegüter nutzen wie die andern — daß sie sich dieser Last entledigen und rein nur der Minderheit übertragen wollen und ich glaube auch, daß, weil sie reinen Nutzen und Schaden dabei erleiden, die Anwendung des bezogenen Gesetzes nicht am Platze ist. Ich habe die Sache zu wenig studirt und kann speziell keinen Antrag stellen und mir blos Bemerkungen erlauben. Dr. Thurnherr: Nach meiner Ansicht handelt es sich in der vorliegenden Frage lediglich darum, ob der hohe Landtag die Kompetenz der landesfürstlichen Behörden anerkenne oder nicht. Erkennt der hohe Landtag die Kompetenz der l. f. Behörden an — und ich glaube, er kann mit Rücksicht auf die Bestimmungen der Gemeinde-Ordnung nichts anderes thun — so ist die Frage erledigt u. z. in allen drei Instanzen erledigt, und es läßt sich weiters nichts machen 85 Erkennt aber der hohe Landtag die Kompetenz der l. f. Behörden in berührter Angelegenheit nicht an, so könnte man in eine weitere Verhandlung eingehen. Nach meiner Ansicht sind die l. f. Behörden kompetent, es läßt sich also nichts weiteres vorkehren. Dr. Jussel: Nur eine kleine Bemerkung. Auch mir liegt die Sache nicht ganz recht mit der Gemeinde Muntlix; indeß bin ich auch der Ansicht, wie mein Herr Vorredner vorgebracht hat, daß, da die Sache in gehörigem Instanzenzuge entschieden ist, der hohe Landtag nicht kompetent sei und muß daher dem Komiteantrag beistimmen. Esten: Ich bitte nochmals ums Wort- Ich würde denn doch auch den hohen Landtag darauf aufmerksam machen, daß er verpflichtet ist, für einzelne Theile des Landes und für einzelne Gemeinden im Allgemeinen Sorge zu tragen. Wenn man die Sache reiflich erwägt, so ist in Bezug auf die Überbürdung der ganzen Last der Wuhrung auf die kleine Parzelle Muntlix gewiß eine Unbilligkeit vorhanden und ich glaube, daß der hohe Landtag berufen- ist, dieser Unbilligkeit gewissermaßen Ausdruck zu geben. Das wird mir Niemand zurückweisen können, daß diese Sache unbillig ist, daß nämlich die Wuhrlust einer kleinen Parzelle einer Gemeinde, die unmöglich diese Wuhrlast zu tragen im Stande ist, übertragen werde. Wie gesagt, wie die Sache zu handhaben ist, weiß ich nicht. Ich habe den Gegenstand zu wenig durchgegangen, da ich mich mit andern Fragen, die mir wichtiger schienen, mehr beschäftigt habe. Ich glaube also die Frage dahin beantragen zu sollen, daß sie nochmals dem Komite zurückgegeben werde, um, wie dieser Unbilligkeit abgeholfen werden könne, Bericht zu erstatten. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort? (Niemand) Die Debatte ist also geschlossen. Haben Hr. Berichterstatter noch etwas beizufügen? Dr. Bickl: Sämmtliche Herrn Vorredner sind offenbar damit einverstanden und haben nichts einzuwenden, daß der Landtag gar nicht in der Lage ist und keine Kompetenz habe, die Bitte um Anordnung einer gerechteren Vertheilung der Wuhrlast zu gewähren, somit ist der ganze Gegenstand erledigt. Was die Bemerkung betrifft, daß die Parzelle Muntlix sich auch nicht geradezu zu beklagen habe, so erscheint diese gerechtfertigt. Entweder hatte die Parzelle Muntlix früher das Recht, die übrigen Parzellen in Konkurrenz zu ziehen oder nicht. Hatte sie das Recht dazu, so ist vieles Recht durch das Wasserbau-Normale vom Jahre 1830 nicht erloschen und die übrigen Parzellen werden zu verhalten sein, auch in der Folge bei Ausführung des Wasserbau-Normales vom Jahre 1830 bei diesen Wuhrungen mitzuwirken. In welcher Weise das zu veranlassen ist, welchen Nutzen jeder Theil daraus zieht, das zu ermitteln, wird Sache der Sachverständigen sein; denn wenn die Parzellen Batschuns, Buchenbrunn und Dafins eine Verpflichtung hatten, so erleidet dieselbe bei dem Neubau, wenngleich er nach dem Wasserbau-Normale vom Jahre 1830 vorgenommen wird, doch keinen Abbruch, weil eben bei Entscheidung über die Nützlichkeit des Baues auch diese Verpflichtung von den Sachverständigen in Rechnung gebracht werden muß, wenn jene Parzellen nicht unmittelbar von dem Wasser selbst benachtheiligt sind, so können sie doch eine Verpflichtung zur Baukonkurrenz haben. Deßhalb glaube ich auch, es dürfte der hohe Landtag jene Bemerkung des Komite's im Wesentlichen nicht zu beanstanden finden. Landeshauptmann: Ich werde vorerst den Antrag des Herrn Gsteu, der ein ver. tagender ist, zur Abstimmung bringen. Sollte er fallen, so gehe sich auf den Antrag des Komite's 82 zurück. Herr Gsteu hatte beantragt, es sei diese Sache noch einmal dem Komite zur Berichterstattung und Würdigung zuzuweisen. Diejenigen Herrn, welche diesem Antrage beizutreten willens sind, ersuche ich, sich von den Sitzen zu erheben. (Minorität). Er ist gefallen. Ich gehe nun über zur Abstimmung über den Antrag des Komite's. Er lautet: Der hohe Landtag wolle beschließen: „Hochderselbe halte sich nicht für kompetent, eine Änderung der vom k. k. Bezirksamts Feldkirch mit Erkenntniß vom 4. August 1865 bezüglich der Wasserschutzbauten am Frutz- und Frödischbache ausgesprochenen Konkurrenzpflicht anzuordnen." Ich bitte um Abstimmung hierüber. (Majorität). Dieser Antrag ist angenommen. Der dritte Gegenstand ist der Ausschußbericht über die Regierungsvorlage wegen Zerstückung und Verfügbarkeit des Grundbesitzes. Es wurde in einer frühern Sitzung die Verhandlung über diesen Gegenstand über Antrag des Herrn Dr. Fetz abgebrochen und erscheint nun wiederholt auf der Tagesordnung. Ich werde nochmals die General-Debatte hierüber gestatten und erkläre sie für eröffnet. Wünscht einer der Herrn nochmals das Wort in der General-Debatte zu nehmen. Dr. Fetz: Es ist in der vorigen Sitzung beschlossen worden, daß die Verhandlung über den vorliegenden Gesetzentwurf vertagt werde. Ich habe damals mir zu bemerken erlaubt, daß ich wider die Regierungsvorlage selbst und namentlich wider den Gesetzentwurf, wie er aus der Hand des Komite's hervorgegangen ist, einige Bedenken habe. Meine Ansicht, meine Herrn, geht dahin, daß diese Bedenken nur dann behoben werden können, wenn der Gesetzentwurf neuerdings im Komite einer Berathung unterzogen werde. Ich für meine Person halte die Sache für wichtig genug, um den Antrag zu stellen, daß neuerdings die Verhandlung vertagt werde, und erlaube mir jenen beizufügen, daß das Komite um zwei fernere Mitglieder ergänzt werde, daß anstatt drei — fünf Mitglieder gewählt werden. Ich habe in der vorigen Sitzung bereits bemerkt, daß die Wünsche und Anschauungen des Landes über die vorliegende Regierungsvorlage in vielfacher Beziehung auseinandergehen. Wie wir gehört haben, sieht man in einigen Gegenden es als wünschenswerth an, daß die Grundzerstückung bis in die äußersten Gränzen gestattet werde, in andern Gegenden hinwieder ist man der Ansicht, daß dadurch das gemeinsame Wohl gefährdet würde, und man hegt den Wunsch, daß, wenn es möglich ist, ein bestimmtes MinimalMaaß festgesetzt werde. Ich glaube, daß das Komite diese Wünsche allerdings in Erwägung ziehen könne; es ist möglich, daß man gewisse Schranken festsetze und gleichwohl die politische Bevormundung, über welche sich das Komite so sehr aufhält, fallen lasse. Der Gesetzentwurf, wie er hier vorliegt, behandelt im §. 1 das Wegfallen der politischen Bewilligung, wenn es sich um die Trennbarkeit der Grundstücke oder einzelner Gattungen des Grundbesitzes handeln soll. Es heißt daselbst „daß die in Vorarlberg in Folge politischer Gesetze und Verordnungen bestehende Untrennbarkeit einiger Gattungen des Grundbesitzes aufzuheben sei." Der folgende Paragraph ist die Ausführung des im §. 1 enthaltenen Grundsatzes. In dem letztern ist davon die Rede, daß es jedem Grundeigenthümer gestattet sei, über seine Grundstücke unter Lebenden und auf den Todesfall frei zu verfügen, ohne daß er an gewisse Einschränkungen 83 gebunden sei. Für einen Fachmann mag das klar sein, daß hier die Testaterbfolge gemeint sei, und daß die Intestaterbfolge, die meines Wissens auf dem Lande die Regel bildet, nicht berührt wird. Es ist aber sehr fraglich, ob, wenn überhaupt ein neues Gesetz gemacht wird, die Intestaterbfolge, die öfter als die Teststerbfolge vorkommt, nicht auch in den Bereich der Gesetzgebung gezogen werden soll. Mir wenigstens schiene eine Inkonsequenz darin zu liegen, wenn es einerseits dem Vater oder Erblasser vollkommen frei gestellt ist, durch ein Testament oder Codtzill zu bestimmen daß und wie unter seinen Kindern die ihm gehörigen Grundstücke, und zwar physisch getheilt werden sollens während andererseits, sobald die Intestaterbfolge eintritt, die früheren theilweise beschränkenden Gesetze fortbestehen würden. Eins weitere Frage, die meines Erachtens einer Erörterung zu unterziehen wäre, ist dasjenige, was am Schlusse des §. 3 vorkommt, wo es heißt: „Das Gleiche gilt von den Vorschriften, welche die Evidenzhaltung des Grundbesitzes zum Behufe der Besteuerung bezwecken. Damit sind wohl die Katastral-Arbeiten gemeint. Ich für meine Person, ich gestehe es offen, mache es mir schwer klar, wie die Grundzerstücklung vorgenommen werden soll ohne irgend welche Kontrolle, und zugleich die Evidenzhaltung des Katasters und die Aufrechthaltung derjenigen Vorschriften, welche die Besteurung betreffen, zu geschehen habe. Ich halte die ganze Frage nicht für eine sogenannte Freiheitsfrage, sondern sie ist rein socialer Natur. Da handelt es sich wesentlich darum, was das Beste ist, es handelt sich darum, was eben für die Wohlfahrt des Landes im Großen und Einzelnen zuträglich ist. Wenn die Ansicht durchdringen sollte, daß es für einige Gegenden besser sei, wenn eine Beschränkung in der Verfügbarkeit über die Grundstücke fortbesteht, dann halte ich es für unsere Pflicht, daß wir bei der Beschränkung bleiben sollen, oder, daß wir, wenn wir es im Stande sind, etwas Besseres festsetzen, oder Vorschlägen und abwarten, was die Regierung darüber verfügen wird. Man hat in einigen Theilen der österreichischen Monarchie in dieser Beziehung Erfahrungen gemacht, in Ländern zwar, die allerdings nicht mehr unter der Krone Österreichs stehen, dort hat das Gesetz so wie es hier vorliegt, meines Wissens bestanden. Diese Erfahrungen sind aber durchaus nicht darnach angethan, uns aufzumuntern, daß wir zugreifen und diese Gesetzesvorlage ohne weiters annehmen. Man muß in dieser Sache ein Hauptgewicht darauf legen, was in der Folge mit dem bäuerlichen Hypothekarkredit werden soll. Der bäuerliche Hypothekarkredit beruht mit auf den Gesetzen, welche bezüglich des Verkehres mit den Grundstücken bestehen. Ich besorge, daß, wenn wirklich eine unbeschränkte Vertheilung und Zerstücklung des Grundes und Bodens zulässig sein sollte, dadurch der Kredit des bäuerlichen Grundbesitzes außerordentlich leiden werde. Das, meine Herrn, sind die Bedenken, die ich geltend mache und wegen welcher ich den Antrag für gerechtfertigt halte, den ich mir zu stellen erlaube. Derselbe geht dahin, daß die Verhandlung über die vorliegende Gesetzesvorlage neuerdings vertagt werde und daß das Komite, welches zur Berathung und Berichterstattung über die Regierungsvorlage niedergesetzt wurde, um zwei weitere Mitglieder verstärkt werde. Gsteu: Ich bin der persönlichen Überzeugung, daß die hohe Regierung auf der Durchführung dieser Gesetzesvorlage beharren werde, weil sie gewissermassen der Ausfluß ist von den §§. 4 und 6 unseres jetzt bestehenden Staatsgrundgesetzes vom 21. Dezember über die persönlichen Rechte, jedoch um die Sache, weil sie so tief einschneidend ist in die volkswirthschaftlichen Verhältnisse, 84 recht klar zu stellen, stimme ich dem Antrage meines geehrten Herrn Vorredners bei und möchte nur -noch den weitern Antrag stellen — weil im Komite gegenwärtig aus vier Bezirken schon Abgeordnete sind — daß die zwei noch zu wählenden Mitglieder aus denjenigen Bezirken gewählt werden, welche im Komite noch nicht vertreten sind. Es wären dieses die Bezirke Montafon und Feldkirch. Dr. Thurnherr: Aus welchen Mitgliedern, wenn ich fragen darf, besteht denn das. Komite derzeit? Landeshauptmann: Aus den Herrn Dr. Bickl, Peter und Hirschbühl. Ich kann natürlich den Herrn keine beschränkende Bestimmung vorschreiben. Der Wunsch des Herrn Gsteu ist Ihnen bekannt gegeben worden, es hängt nur von Ihnen ab, in wieferne Sie diesem Wunsche Erfüllung, zu geben gedenken. Schwärzler: Es wäre auch der Bezirk Bregenz gar nicht vertreten, wenn der Antrag des Herrn Gsteu durchginge. Ich glaube, daß man also keine Beschränkung setzen soll. Landeshauptmann: Ich habe es eben bemerkt. Der Wunsch des Herrn Gsteu ist Ihnen vorgetragen worden, ich kann aber keine Beschränkung Ihrer Beschlüsse festsetzen. Wünscht noch einer der, Herrn das Wort zu nehmen? (Niemand). Wo nicht, so erkläre ich die Debatte für geschlossen. Haben Herr Berichterstatter noch etwas beizufügen? Dr. Bickl: Ich finde gegen die Vertagung dieses Gegenstandes durchaus nichts einzuwenden, ebensowenig gegen die Verstärkung des Komite's, weil der Gegenstand wirklich von einer außerordentlichen Tragweite ist. Übrigens freut es mich, daß wenigstens das Prinzip auf welches der Antrag des Komite's gegründet ist, nicht im Geringsten angegriffen wurde. Landeshauptmann: Ich nehme den Antrag des Herrn Dr. Fetz als Gesammtantrag an und bringe ihn ungetrennt zur Abstimmung, wofern keine Einwendung dagegen erhoben wird. Er geht dahin, daß die Verhandlung über diesen Gegenstand vertagt und zugleich eine Vermehrung des Komite's um zwei Mitglieder beschlossen werde. Jene Herren, die dem Antrage beistimmen, bitte? ich gefälligst sich zu erheben. (Ist angenommen). Ich bitte die Herren drei Mitglieder zu wählen, zwei als wirkliche Ausschußmänner, denen auch ein Ersatzmann beigegeben wird. (Wahl.). Ich ersuche die Herrn Schneider und Christian Ganahl das Skrutinium vorzunehmen. Schneider: Es sind 19 Stimmzettel abgegeben worden. Christ. Ganahl: Die meisten Stimmen erhielten Herr Schwärzler 10, Dr. Fetz 10, Dr. Thurnherr 9 Stimmen. Landeshauptmann: Somit sind die Herren Dr. Fetz und Schwärzler als Ausschußmänner und Herr Dr. Thurnherr als Ersatzmann in dieses Komite berufen. Der vierte Gegenstand der heutigen Verhandlung ist der Komitebericht betreffend die Verwendung der Lermoosergelder zum Baue der Irrenanstalt in Valduna. Ich bitte den Herrn Dr. Fetz als Referent das Wort zu nehmen. Dr. Fetz: (Verliest den gedruckten Komitebericht). Landeshauptmann: Ich eröffne die General-Debatte, wünscht einer der Herren das Wort zu nehmen? 89 Karl Ganahl: Es ist wahrlich sehr erfreulich, daß es uns gelungen ist, sämmtliche Gemeinden dahin zu bringen, daß sie einwilligten, es seien die Lermoosergelder zur Verwendung der Irrenanstalt Valduna zu bestimmen. Wenn auch einige Gemeinden Vorbehalte gemacht haben in Beziehung auf ihre Rechtsansprüche, so haben diese nach meiner Ansicht keine Bedeutung nachdem es erwiesen, daß die förmliche Ausgleichung eine reine Unmöglichkeit ist. Ich glaube daher, daß wir annehmen dürfen, die Sache sei geordnet, weil ohne Zweifel von keiner Seite mehr Ansprüche werden gemacht werden. Ich wiederhole also; daß wir die Sache als geordnet betrachten dürfen und zwar geordnet zum Wohle des Landes und zur Ehre der Gemeinden. Gsteu: Ich beantrage, da diese Anträge des Komites der Sache vollkommen entsprechen, eine en bloc Annahme aller 4 Anträge. Landeshauptmann: Verlangt keiner der Herren mehr das Wort? (Niemand). Sohin erkläre ich die Debatte für geschlossen. Hr. Berichterstatter haben Sie noch etwas beizufügen? Dr. Fetz. Nein. Landeshauptmann: Hr. Gsteu beantragt, daß diese Anträge en bloc angenommen werden sollen. Ist die hohe Versammlung gewillt zur en bloc Annahme zu schreiten? Diejenigen Herren, welche die en bloc Annahme zuzulassen gedenken, bitte ich sich zu erheben. (Ist angenommen). Ich werde nun zur Abstimmung über die Anträge selbst schreiten und sie nochmals verlesen. (Verliest die Komite-Anträge.) Ich bitte diejenigen Herren, die diese Anträge anzunehmen gedenken, sich von den Sitzen zu erheben. (Angenommen). Der 5. Gegenstand ist der Ausschußbericht über das Gesuch der Stadt Bregenz um Bewilligung zur Erbebung eines sogenannten Beisäßgeldes. Ich ersuche den Berichterstatter Hr. Dr. Jussel das Wort zu nehmen, Ausschuß-Bericht über das Gesuch der Stadtgemeinde Bregenz um Erwirkung der Berechtigung zum Fortbezuge der Beisäßgelder. Hoher Landtag! Die Vertretung der Stadtgemeinde Bregenz spricht die Berechtigung an, von Gemeindemitgliedern, welche das Heimathsrecht in der Stadt Bregenz nicht durch Geburt oder Einkauf, sondern in anderer Weise wie durch Ankauf, Aufenhalt rc. erworben hatten, ein Beisäßgeld in dem Betrage zu beziehen, welcher den Zinsen der Bürgereinkauftaxe entspricht. Solcher Bezug bestand faktisch seit unfürdenklichen Zeiten und zwar auch wehrfältig durch behördliche Entscheidungen gestützt worden. Dagegen aber wurden die Heimathsberechtigten auch zu den Nutzungen des Gemeinde- und großen Theils des Bürgervermögens zugelassen und blieben lediglich Stiftungen auf Grund stiftbrieflicher Vorbehalte der Bürgern allein zur Benützung. Durch diese 90 Auflage wurden die Heimathsberechtigten, welche sich dieselbe nolens volens gefallen lassen mußten, der Bürgerklasse in Nutzungen nahezu gleichgestellt und hatten in Bezug auf Lasten jedoch das Beisäßgeld über die allgemeinen Gemeinde-Umlagen hin zu leisten, so daß die Bürger und Heimathsberechtigten zu sagen nur Eine Klasse von Gemeindegliedern und zwar die einzige bildeten, weil nach dem Gemeindegesetze vom Jahre 1816 die übrigen Personen in der Gemeinde zu den Fremden zählten. Als dann aber daß Gemeindegesetz vom 17. März 1849 in Wirksamkeit getreten und verschiedene Gattungen von Gemeindemitgliedern aufstellte, änderte sich damit die rechtliche Sachlage, allein das Beisäßgeld wurde dennoch fortbezogen. Das Gemeindegesetz vom 22. April 1864 erweiterte durch die Ausdehnung des Begriffes der steuerpflichtigen Gemeindemitgliedschaft die Kluft noch mehr und hatte über die Beschwerdeführung des Heimathsberechtigten Baltus Schelling die endgültige Entscheidung des Landesausschusses vom 4. Jänner 1868 Z. 1443 zur Folge, wornach die Berechtigung zum Bezüge des Beisäßgeldes principiell abgesprochen und Rekurrent Schelling von der Zahlung solcher Auflage losgezählt wurde. Da nun die Vertretung der Stadtgemeinde dennoch die Anerkennung der Berechtigung zu solchem Bezüge beim h. Landtage in Anspruch nimmt, sieht sich der Petitionsausschuß im Hinblicke auf die Gründe des Landesausschusses nicht in der Lage, die Berechtigung zum fraglichen Bezüge anzuerkennen und die allgemeine Einführung oder Fortbehebung desselben für die Stadtgemeinde Bregenz zu bevorworten. Wenn auch mit dem Hofkanzleidekrete vom 25. August 1819 der fernere Bezug dieser Abgabe der Stadtgemeinde Bregenz ausdrücklich zugestanden worden und nachträgliche Entscheidungen die Stadt in diesem Bezüge schützten, so ist doch das bezogene Hofkanzleidekret nicht als eine Art Privilegiumsertheilung für alle Muffige Zeiten, sondern blos als eine Administrativmaßregel angepaßt den damaligen Verhältnißen und der damals wirksamen Gemeindeordnung zu betrachten. Mit der Änderung der frühern Verhältnisse und mit der gänzlichen Umwandlung der Gemeindeordnung verlor die bezogene Administrativverfügung als Beigabe zur Gemeindeordnung mit dieser ihre Kraft und die jetzt geltenden Prinzipien schließen unvereinbare Verfügungen aus, welche andere Prinzipien zur Grundlage hatten. Die jetzige Gemeindeordnung erkennt keine Bestimmungen neben sich, welche mit ihren Hauptgrundsätzen im Wiederspruche stehen. §. 9 Absatz 1 der Gemeindeordnung bestimmt, daß die Gemeindeglieder an den Rechten wie an den Pflichten und Lasten der Gemeinde Theil nehmen und läßt nicht zu, daß die eine oder andere Klasse der Gemeindeglieder mit einer nur sie allein treffenden Abgabe in Beziehung auf den Mitgenuß am Gemeindegute und Gemeindevermögen belastet werde, sondern verlangt vielmehr gleichmäßige Belastung aller Gemeindeglieder. Es sind daher alle Gemeindeglieder nach §. 6 in Lasten ganz gleich zu stellen, und nur den Bürgern nach §. 6 Absatz 1 kömmt die Nutzung von dem besondern Bürgervermögen zu; allein es kann nicht angehen, den andern Gemeindegliedern nach §. 6 Absatz 2 und 3 Bürgernutzungen gegen Zahlung aufzuoktroiren und ihre Mitgliedschaft an der Gemeinde an weitere Bedingungen zu knüpfen als das Gesetz selbst sie geknüpft hat, es muß lediglich der freien Vereinbarung zwischen Gemeinde und Gemeindeglied anheimgestellt bleiben, ob ein Einkauf in das Bürgervermögen und in die 91 besondern Bürgenutzungen statt finde. Da sonach das Beisäßgeld mit der Gemeindeordnung nicht vereinbarlich erscheint, sieht sich der Petitionsausschuß bemüßiget, den Antrag zu stellen: „Der hohe Landtag wolle beschließen, es sei das Gesuch der Stadtgemeinde Bregenz um Erwirkung der prinzipiellen Berechtigung zum Fortbezuge der Beisäßgelder und der Befugniß zur ferneren faktischen Einhebung derselben in bisheriger Weise abzuweisen. Bregenz, den 7. September 1868. Karl Ganahl. Obmann. Dr. A. Jußel, Berichterstatter. Dr. Jus sei: Aus den Akten geht auch hervor, daß vor mehreren Jahren in der Gemeinde Hard die ganz gleiche Frage im Rekurswege erledigt worden ist. Es ist die Sache bis zum hohen Ministerium gekommen und das Ministerium hat entschieden, das also der Bezug der Beisäßgelder nach dem bestehenden Gemeinde-Gesetze nicht mehr Platz greisen könne. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Wort in dieser Anlage zu ergreifen? (Niemand). Da dies nicht der Fall ist, so erkläre ich die Debatte für geschlossen. Wir kommen nun zur Abstimmung. Der Antrag des Petitionsausschusses lautet: „Der hohe Landtag wolle beschließen, es sei das Gesuch der Stadtgemeinde Bregenz um Erwirkung der prinzipiellen Berechtigung zum Fortbezuge der Beisäßgelder und der Befugniß zur fernern faktischen Einhebung derselben in bisheriger Weise abzuweisen." Diejenigen Herren, die diesem Antrage beistimmen, bitte ich sich von den Sitzen zu erheben (Angenommen). 6. Gegenstand ist der Ausschußbericht über das Gesuch der Gemeinde Klösterle-Stuben um Vermittlung der Holzbedarfsbedeckung für Stuben. Hr. Berichterstatter Dr. Jussel wollen gefälligst den Vortrag halten. Ausschuß-Bericht über das Gesuch der Gemeinde Klösterle-Stuben um Vermittlung der Holzbedarfsdeckung für Stuben. Hoher Landtag! Die Gemeinde Klösterle-Stuben stellt in dem eingereichten Gesuche vor, daß die Parzelle Stuben, vormals eine selbstständige Gemeinde, auf ihrem Teritorium gar keinen Holzbestand mehr habe, und wenn ihr nicht Holz aus Waldungen aus dem Teritorium der Parzelle Klösterle zur Bedarfsdeckung verschafft würde, zu existiren aufhören müßte, da mit Rücksicht auf die örtlichen Verhältnisse ein anderwärtiger Holzbezug nicht zur Verfügung stehe und nicht erschwingbar wäre. 92 Der Gemeinde-Ausschuß der Gesammtgemeinde stellt dar, daß im Dezenium 1820 bei dem Anlässe, wo auf einmal die Gesammtwaldungen vom k. k, Ärar in Anspruch genommen worden, der abgeschlossene Vergleich, womit bestimmte Waldungen als Eigenthum des Ärars anerkannt, die übrigen aber als Gemeindewaldungen belassen wurden, sich lediglich auf Klösterle mit Danöfen beziehe und die so verbliebenen Waldungen auch höchst kümmerlich ausreichen, den Bedarf blos für Klösterle mit Danöfen zu decken, da die k. k. Forstbehörden bei den Forsttagsatzungen die Bedarfsanmeldungen stets bedeutend zustutzen und seit Jahren auf strenge Nothwendigkeit des Sparsystemes hinweisen. Dagegen aber wollen die k. k. Forstbehörden den berührten Vergleich auch für Stuben abgeschlossen behaupten, und so sei bei den hohen Landesbehörden Abhilfe nicht zu gewärtigen, sondern falle das Einschreiten beim hohen Ministerium unerläßlich. Als Grund des Zuwartens wird hervorgehoben, daß Se. kais. Hoheit der durchlauchtigste Statthalter Karl Ludwig schon vor mehreren Jahren durch eine eigene Abordnung vom Sachverhalte in Kenntniß gesetzt, und die erbetene Abhilfe zugesichert, jedoch die Gemeinde darauf verwiesen habe, vorerst den Zeitpunkt abzuwarten, wo die Ablösung der Servituten auf den ärarialischen Wäldern gepflogen sein werde. Dieser Zeitpunkt sei nun gekommen und eine Erhebung an Ort und Stelle müsse die Thatsache herausstellen, daß auf dem Teritorium von Stuben kein Holzstand sich vorfinde, daß Stuben zu seiner Existenz die Anweisung des Bedarfes an Holz aus dem nächst an und unten gelegenen Gebiete von Klösterle, den Kohlgruben und Heiligen Wald benöthige, und daß die Parzelle Klösterle sammt dem Weiler Danöfen mit den ihr vergleichsweise belassenen Waldungen nur höchst kümmerlich den Bedarf gedeckt finde. Deßhalb wird gebeten der hohe Landtag wolle das Gesuch dem hohen Ministerium vorlegen und wärmstens zur Berücksichtigung empfehlen. Der Petitionsausschuß findet in der Erwähnung, daß es sich um die Existenz einer Gemeindeparzelle von mindestens 30 Familien handelt, und daß überdieß diese Parzelle in der hohen Lage an der Arlbergstraße als der einzigen Verbindungsstraße mit Tirol und dem Reiche auch aus Staatsrücksichten von Wichtigkeit erscheine, zunächst es sich um Erhebung der Richtigkeit der angeführten Verhältnisse handle, im Falle der Richtigkeit aber Abhilfe ein dringendes Geboth der Gerechtigkeit erscheine, den Antrag zu stellen: „Es wolle der hohe Landtag beschließen, daß das Gesuch der Gemeinde Klösterle-Stuben um Deckung des Holzbedarfes für die Parzelle Stuben durch Anerkennung oder Gewährung der Einforstung in den ärarialischen Waldungen auf dem Teritorium vom Klösterle dem hohen Ministerium vorzulegen und wärmstens zur Berücksichtigung anzuempfehlen sei." Bregenz, am 7. September 1868. Karl Ganahl Obmann. Dr. Jussel: Berichterstatter. 93 Dr. Jussel. Ich habe noch beizufügen, das die Forstbehörden des Landes sich bisher nicht geneigt gezeigt haben, auf ein Gesuch der Gemeinde Klösterle einzugehen. Wie schon im Jahre 1820 das Ärar auf einmal alle Waldungen, die bisher als Gemeindewaldungen angesehen worden sind, als Eigenthum des Staates erklärt und gesucht hat, solche Waldungen, welche nicht absolut nothwendig zur Bedarfsdeckung für das Land waren, dem Ärar zu vindiziren, haben die Gemeinden Klösterle und Stuben sich anfänglich sehr geweigert, diesfalls eine Konzession zu machen. Sie stellten nämlich vor, daß sie in ihrer hohen Lage einen außerordentlichen Holzbedarf haben; es müssen die Häuser aus Holz gebaut sein, es muffe so zu sagen das ganze Jahr hindurch geheitzt werden. Es seien Wildbäche, die energisch Holzwuhrungen erheischen; dann für Brücken sei Holz erforderlich, für Telegraphenstangen u. dgl, Allein es wird behauptet, daß den Gemeindevertretern stets von den leitenden Forstbeamten die Versicherung gegeben worden sei, daß am Ende doch immer die Waldungen da seien und dem Staate bleiben, und wenn die Waldungen, welche den Gemeinden überlassen wurden, nicht zureichend feilt sollten, immer noch diese Staatswaldungen zur Holzbedarfsdeckung her« halten müssen. Unter diesen Zusicherungen nur wollen sich die Gemeindevertretungen Herbeigelassen haben, mit dem Ärare im Jahre 1826 Vergleiche zu schließen, worin mehrere Waldungen, wie der Kohlengruben, Heiligenwald, Nenzing-Gasterwald u. dgl. als ärarisches Gut erklärt, die übrigen Waldungen dem Bezirke der Gemeinde Klösterle überlassen wurden. Bei dieser Verhandlung ist jedoch nur ein einzigesmal ein Vertreter der Gemeinde Stuben zugegen gewesen. Alle andere Male sind nur die Vertreter der Gemeinde Klösterle da gewesen. Die Gemeinde Klösterle, und zwar nicht nur die Parzelle Stuben, sondern auch die Parzelle Klösterle behauptet, daß auch der Vergleich nur mit der Parzelle Klösterle, wozu der Weiler Danöfen gehört, abgeschlossen worden sei und daß der Vergleich Stuben gar nicht berühre. Es liegen auch zwei Gründe vor, aus denen man diese Annahme für gerechtfertigt erklären könnte. Der eine besteht darin, daß die Waldungen, welche zufolge des Vergleiches Klösterle mit Danöfen als Gemeindewaldung zur Bedarfsbedeckung überlassen worden sind, so wenig ergiebig sind, daß sie nur höchst kümmerlich für die Parzelle Klösterle mit Danöfen allein den Bedarf zu decken vermögen; daß schon seit Jahren bei den Forsttagsatzungen die Anmeldungen gestrichen wurden und daß das strengste Sparsystem anempfohlen und eingeführt worden ist. Stuben behauptet nun — und es scheint richtige Thatsache zu sein — daß es jetzt keinen Holzbestand mehr auf seinem Gebiete habe; es habe so von der Parzelle Klösterle die Bedarfsdeckung in Anspruch nehmen müssen. Die Parzelle Klösterle habe gesagt: „ich habe selbst nicht einmal so viel, um hinreichend nachhaltig den Bedarf zu decken. Ich kann nichts hergeben und übrigens ist ein Vergleich von den Vertretern der Gemeinde KlösterleDanöfen abgeschlossen worden. Du mußt dich an die Waldungen halten, die da für das Ärar ausgeschieden worden sind." So ist es denn gekommen, daß diese beiden Gemeinden vorgetreten sind mit der Bitte, es möchten die Waldungen, die im Jahre 1826 als ärarische Waldungen ausgeschieden worden sind, zur Bedeckung des Holzbedarfes für Stuben herhalten- Ich sage Ihnen, Abhilfe war keine zu gewärtigen von den Forstbehörden. Ich machte die Bemerkung, ja wenn es sich um die Existenz handelt, da wird man Stuben doch Holz geben müssen! allein da hat es geheißen, ja der Staat hat keine Schuldigkeit; wenn eine Gemeinde sich nicht mehr zu erhalten vermag, muß sie aufhören. Dieser schroffen Äußerung gegenüber der Gemeinde-Parzelle Stuben muß ich mir schon einige 94 Bemerkungen erlauben und namentlich mein Vertrauen ausdrücken, daß das hohe Ministerium die Gerechtigkeit von einem andern Gesichtspunkte auffasse« möge. Um einige Staatswaldungen zu bekommen, hat man nicht nur in Vorarlberg, sondern auch anderwärts alle Waldungen als Staatsgut erklärt und es hat das dem Ärare auch große Schwierigkeiten verursacht. Es sind viele ja tausende Prozesse deßwegen bei dem Fiskus in Innsbruck anhängig gemacht worden und man hat dann hingearbeitet, daß die Sache in ein besseres Geleise komme. Es ist dann namentlich in Bezug auf diese Verhältnisse im Jahre 1847 eine Verordnung herausgekommen, die mäßigend eingewirkt hat. Ich glaube auch — wenn man die Sache ganz natürlich betrachtet — der Staat besteht aus Gemeinden und aus Ländern, darin liegt seine ganze Existenz. Es liegt in der Pflicht seiner Selbsterhaltung, daß er für das Land und die Gemeinden sorge, denn ich glaube, es habe die Natur selbst den Fingerzeig gegeben, wie das geschehen muffe. In dem Lande, wo Wälder wachsen, werden sie wohl zunächst von der Natur bestimmt sein, den Bedarf dieser Länder zu decken, um so mehr, da das Holz so gut wie andere Artikel zu den unentbehrlichsten Lebensbedürfnissen des Menschen gehört. Ich glaube daher, daß die Wälder des Landes Vorarlberg, abgesehen von der Frage, ob sie Staats- oder Gemeindewaldungen sind, von der Natur dazu bestimmt sind, zuerst für die Existenz des Landes zu sorgen, den Bedarf des Landes zu decken, und daß blos der Überschuß von Holz allenfalls vom Ärar nach anderen Orten hin veräußert oder verwendet werden sollte. Wie es sich in Bezug auf das ganze Land verhält, muß es auch in Bezug auf die Gemeinden angenommen werden. Ich glaube daß die Waldungen, die auf dem Territorium der Gemeinden Stuben und Klösterle vorhanden sind, auch zunächst berufen sind, den Bedarf der Gemeinde Stuben-Klösterle zu decken, und daß erst der Überschuß anders wohin verwendet werden sollte. Deßwegen glaube ich und hoffe, daß der hohe Landtag einverstanden sein werde, daß das Gesuch der Gemeinden Stuben-Klösterle unterstützt werde. Landeshauptmann: Wünscht über diesen Antrag noch einer der Herren das Wort zu nehmen? Dr Bickl: Mir sind diese Verhältnisse Klosterthals ziemlich bekannt. Im Jahre 1826, wo die Eigenthums-Purifikation der dortigen Waldungen vorgenommen wurde, erging eine Aufforderung an alle Gemeinden des Klosterthals bekannt zu geben, wie viel sie Holz brauchen. Die Regierung hatte sich damals ziemlich willfährig gezeigt, den Gemeinden das Maß zu geben, das sie beantragt haben. Im Jahre 1826 war die Parzelle Stuben vereint mit der Gemeinde Klösterle. Die Parzelle Stuben war auch im Jahre 1826 durch einen eigenen Ausschußmann vertreten und dasjenige Protokoll, welches eigentlich die Ausscheidung der Waldungen beantragt, ist gerade von einem solchen Ausschuß, man unterschrieben Ob nun von Seite der Beamten, welche diese Ausscheidung veranlaßten, mündliche Zusicherungen gemacht worden seien, welche in dem Vergleiche nicht ausgenommen wurden, kann ich nicht wohl wissen und wird auch schwer zu konstatiren sein. Auffallend ist es aber, daß im Jahre 1832 förmliche Vergleiche ausgenommen wurden, und zwar gerade in dem Sinne, wie sie im Jahre 1826 projektirt waren, und daß in jenen Vergleichen eben keine Erweiterung der Holzbezugsrechte bemerkt erscheinen. Ich glaube, daß von solchen Zusicherungen keine Rede gewesen sein dürfte. Es ist auch wohl nicht anzunehmen, daß die politischen Beamten in solche Zusicherungen sich eingelassen haben ohne dieselben protokollarisch aufzunehmen. Was die Bitte selbst anbelangt, so begründet die Parzelle Stuben hiemit die Schwierigkeit ihr Holzbedürfniß zu decken. Man muß aber auch bedenken, daß 95 anderen Gemeinden nicht zu nahe getreten werden könne, denn andere Gemeinden des Thales befinden sich in der gleichen Lage, zwar nicht so augenscheinlich, aber doch wirklich, denn der Nothstand bezüglich des Holzes geht aus der Praxis hervor, und ich muß konstatiren, daß die Parzelle Stuben bisher das Holz eben so wohlfeil, ja vielleicht wohlfeiler hat beziehen können, als die Stadtgemeinde Bludenz. Die Stadtgemeinde Bludenz hatte bis heuer gar keine Waldungen gehabt auf eigenem Grund und Boden; keine einzige Tanne hatte sie, die ihr als anerkanntes Eigenthum gehörte. In neuester Zeit sind ihr endlich Zusicherungen gemacht worden von Seite des Forst-Ärars, daß die auf ihren Parzellen, auf dem eigenen Territorium gelegenen Waldungen als Eigenthum der Stadtgemeinde Bludenz anerkannt werden. Diese Waldungen können aber den Bedarf des Holzes noch bei weitem nicht decken, sondern die Stadtgemeinde Bludenz spricht das Einforstungsrecht auch in die Waldungen der Gemeinde Klösterle an, um so mehr, als sie dasselbe durch viele Jahrhunderte ausgeübt hat, und zwar gerade in den Waldungen, welche von Seite der Parzelle Stuben in Anspruch genommen wurden. Ich glaube, daß die Parzelle Stuben sich vorzüglich an die Parzelle Klösterle halten muß, und daß die Parzelle Klösterle verpflichtet ist, ihr den Bedarf des Holzes auszuzeigen. Deßwegen glaube ich, es sei nicht einzugehen auf den Antrag des Petitions-Komite, sondern es wäre jedenfalls noch vorher zu erheben, ob wirklich die Noth der Parzelle Stuben derart ist, wie sie dargestellt erscheint. Landeshauptmann: Wenn Herr Dr. Bickl einen Antrag stellen, so bitte ich, denselben zu formuliren. Gsteu: Es scheint mir, sich hauptsächlich darum zu bandeln, ob die Gemeinde-Parzelle Stuben noch existiren soll: denn eine so hoch gelegene Gemeinde kann, wenn sie kein Holz mehr hat, nicht mehr existiren. Wie der Herr Berichterstatter aus dem Ausweise entnimmt, so ist im ganzen Gemeinde- Bezirke kein Holz vorhanden, sie muß das Holz au8 anderen Orten beziehen, sie muß Gelegenheit haben, das Holz zu beziehen; wie mir scheint, hat sie diese Gelegenheit aus den Staatswaldungen, die da vorhanden sind, die aber von anderen Gemeinden auch angesprochen werden. Wenn man der Parzelle Stuben keinen Antheil zuweist, so ist sie genöthiget, ihren Holzbedarf vom Lande zu beziehen, und das ist bei ihrer hohen Lage unmöglich. Bisher hat sie noch Holz genug gehabt, wie es scheint, ist aber jetzt der Vorrath ganz ausgegangen. Die Stadtgemeinde Bludenz, die an die gleichen Wälder Anspruch macht, könnte ihr Holz füglich noch von andern Orten wie aus Montafon, aus dem Brandnerthal rc. beziehen, während der Parzelle Stuben lediglich der besagte Wald zu Gebote steht. Ich glaube diese Eingabe bevorworten zu müßen, um so mehr, da für die Parzelle Stuben die von wegen des Übergangs über den Arlberg eine unumgängliche Nothwendigkeit ist, daher um ihre Existenz ferner möglich zu machen, ihr thunlichst zu helfen Pflicht wird. Ich möchte noch bemerken, wie der Herr- Berichterstatter gesagt hat, daß die Herren Forstbeamten ausgesprochen haben: „wenn sie, die Parzelle Stuben, nicht mehr existiren könne, so muß sie aufhören zu existiren, " daß eine solche Äußerung rücksichtslos ist. Ich bitte also die hohe Versammlung, dem Antrage des Comite beizustimmen. Landeshauptmann: Wünscht vielleicht einer der Herren über den Antrag des Herrn Dr. Bickl das Wort zu nehmen? Schwärzler: Ich glaube, daß, wenn diese Bitte dem hohen Forstärar vorgelegt werden wird, dasselbe diese Sache schon eingehend untersuchen werde, und daß es nicht unsere Sache ist, 96 dieses zu thun. Es handelt sich hier um forstärarische Waldungen, mehr um ein Gutachten, als um eine Bewilligung, und so glaube ich, daß man beim Antrag des Komites stehen bleiben soll. Landeshauptmann: Wünscht noch Jemand das Dort? (Niemand.) Somit erkläre ich die Debatte für geschlossen. Haben Herr Berichterstatter noch etwas bei« zufügen? Dr. Jussel: Ich wünsche vorher den Antrag des Herrn Dr. Bickl näher kennen zu lernen (Dr. Bickl verliest seinen formulirten Antrag, dahin lautend: , es sei, vor die Litte der Parzelle Stuben in Erwägung gezogen werden könne der Nothstand derselben, somit der Preis, um welchen sie das Holz bisher theurer beziehen mußte, als die benachbarten Gemeinden und als namentlich die Stadt Bludenz, genauer zu erheben." Ich erlaube mir zu bemerken, daß es sich hier durchaus nicht darum handeln kann, zu entscheiden oder sich darüber auszulassen, ob der Vergleich mit der Parzelle Klösterle allein, oder mit der Gesammtgemeinde